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Interview<br />
„Für viele Firmen zu teuer“<br />
StB/RA/FAInsR Cornelius Nickert ist Partner einer Kanzlei in Offenburg.<br />
In Ba<strong>de</strong>n-Württemberg leitet er zahlreiche Seminare zur Sanierungsberatung für Steuerberater.<br />
SteuerConsultant: Welche Firmen können<br />
vom Schutzschirmverfahren profitieren?<br />
Cornelius Nickert: Für die klassischen kleinen<br />
und mittleren Unternehmen wird die<br />
Sanierung unter einem Schutzschirm in <strong>de</strong>r<br />
Regel zu teuer. Ein solches Verfahren kostet<br />
min<strong>de</strong>stens 50.000 Euro – inklusive Gerichtsgebühren<br />
und Honoraren für die Berater und<br />
<strong>de</strong>n Sachwalter.<br />
Erfahrungsgemäß kommt das Verfahren für<br />
Dienstleistungsunternehmen erst ab einem<br />
Jahresumsatz von min<strong>de</strong>stens 5 Millionen<br />
Euro in Betracht, bei Han<strong>de</strong>lsunternehmen<br />
zumeist erst ab 15 Millionen Euro Jahresumsatz.<br />
SteuerConsultant: Hat sich das neue<br />
Schutzschirmverfahren bisher bewährt?<br />
Nickert: Durchaus, wenn auch hohe rechtliche<br />
Hür<strong>de</strong>n bestehen. Winkt das Gericht<br />
<strong>de</strong>n Antrag durch, gelingt die Sanierung in<br />
<strong>de</strong>n meisten Fällen.<br />
SteuerConsultant: Woran scheitern die<br />
Antragsteller?<br />
Nickert: Es muss nachgewiesen wer<strong>de</strong>n, dass<br />
die Zahlungsunfähigkeit noch nicht eingetreten<br />
ist und dass eine positive Fortführungsprognose<br />
besteht.<br />
Voraussetzung dafür ist, dass nachvollziehbare<br />
Planzahlen vorliegen. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
Kleinunternehmen zeigen hier Defizite, weil<br />
sie oft nicht gut organisiert sind und kein<br />
aktuelles Rechnungswesen haben.<br />
SteuerConsultant: Ein insolvenzerfahrener<br />
Berater stellt eine Bescheinigung aus.<br />
Genügt das nicht?<br />
Nickert: Es kommt durchaus vor, dass <strong>de</strong>r<br />
Antrag abgelehnt wird. Die Voraussetzungen<br />
müssen in nachprüfbarer Weise zur<br />
Überzeugung <strong>de</strong>s Gerichts dargelegt wer<strong>de</strong>n.<br />
Darin besteht die Schwierigkeit. Die<br />
Planungsrechnung hat <strong>de</strong>rart zu erfolgen,<br />
dass ein unabhängiger, geschäftserfahrener<br />
Dritter die Planung aus sich heraus in angemessener<br />
Weise nachvollziehen kann. Dies<br />
wird nur anhand einer integrierten Planung<br />
möglich sein. Es wird eine Darstellung gemäß<br />
<strong>de</strong>s anerkannten Prüfungsstandards IDW PS<br />
800 erfor<strong>de</strong>rlich sein.<br />
SteuerConsultant: Das Schutzschirmverfahren<br />
setzt eine positive Fortführungsprognose<br />
voraus. Wie ist diese nachzuweisen?<br />
Nickert: Die Sanierungsfähigkeit ist anhand<br />
eines Konzeptes darzustellen. Das beinhaltet<br />
eine kurze Erläuterung <strong>de</strong>r wirtschaftlichen<br />
Entwicklung <strong>de</strong>r vergangenen drei Jahre<br />
sowie eine Analyse <strong>de</strong>r Krisenursachen und<br />
eine vollständige Auflistung <strong>de</strong>r Sanierungsmaßnahmen.<br />
Außer<strong>de</strong>m erwartet das Gericht<br />
eine Planung für die nächsten zwei Jahre,<br />
inklusive Finanzplanung und kurzfristiger<br />
Liquiditätsplanung.<br />
SteuerConsultant: Die Bescheinigung<br />
darf nur ein in Insolvenzsachen erfahrener<br />
Berufsträger ausstellen, explizit auch Steuerberater.<br />
Welche Qualifikation muss <strong>de</strong>r<br />
Experte mitbringen?<br />
Nickert: Es wird ein Nachweis <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen<br />
insolvenzrechtlichen und betriebswirtschaftlichen<br />
Kompetenz erfor<strong>de</strong>rlich<br />
sein. Dieser ergibt sich zum Beispiel aus einer<br />
Auflistung <strong>de</strong>r bis dato erfolgreich begleiteten<br />
Mandate.<br />
Wer an <strong>de</strong>r Erstellung mehrerer Gutachten<br />
nach <strong>de</strong>m Standard IDW S 6 o<strong>de</strong>r vergleichbarer<br />
Standards beteiligt war, wird diese<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen grundsätzlich erfüllen.<br />
SteuerConsultant: Was ist vor Antragstellung<br />
vom Unternehmer und seinem Berater<br />
zu klären?<br />
Nickert: Sicherlich gilt es, bereits im Vorfeld<br />
die Gläubiger ins Boot zu holen. Seit <strong>de</strong>r<br />
Reform können sie das Verfahren zwar nur<br />
ablehnen, wenn sie nachweisen können, dass<br />
sie schlechter gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Dennoch sollte insbeson<strong>de</strong>re die Hausbank<br />
vorab informiert wer<strong>de</strong>n. Denn es gilt, während<br />
<strong>de</strong>s Verfahrens die Liquidität <strong>de</strong>r Firma<br />
zu sichern.<br />
getroffen wer<strong>de</strong>n. Schließlich wird <strong>de</strong>r Unternehmer<br />
sie nicht begleichen können. „Das<br />
erfor<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>taillierte Kenntnisse, die Unternehmer<br />
in <strong>de</strong>r Regel nicht haben“, so Nickert.<br />
Ein insolvenzerfahrener Berater kennt solche<br />
Fallstricke und die Details <strong>de</strong>s Verfahrens.<br />
Insolvenzberatung lukrativ,<br />
aber große Haftungsrisiken<br />
Eigentlich also gute Chancen für Sachkundige,<br />
sich mit <strong>de</strong>r Insolvenzberatung ein<br />
lukratives Geschäftsfeld zu erschließen.<br />
Eigentlich – <strong>de</strong>nn für Steuerberater, die ihre<br />
Kanzlei allein führen, wird es schwierig,<br />
sich ein Stück vom Kuchen zu sichern. Da<br />
die Insolvenz- und Sanierungsberatung eine<br />
beson<strong>de</strong>re Qualifikation erfor<strong>de</strong>rt, könnte<br />
eine Weiterbildung zum Fachberater ein<br />
Einstieg sein. Nickert warnt allerdings: „Die<br />
Haftungsrisiken sind enorm.“ Das Wagnis<br />
sieht auch Reimer. Er gibt zu<strong>de</strong>m zu be<strong>de</strong>nken:<br />
„Die Insolvenzberatung erfor<strong>de</strong>rt freie<br />
Kapazitäten. Für kleinere Praxen wird es viel<br />
zu teuer, dafür qualifizierte Mitarbeiter zu<br />
bin<strong>de</strong>n.“<br />
StB Martin Zerwer, <strong>de</strong>r eine Kanzlei mit fünf<br />
Mitarbeitern im nie<strong>de</strong>rsächsischen Zeven<br />
führt, kooperiert <strong>de</strong>shalb lieber mit einem<br />
Insolvenzverwalter, statt selbst in dieses<br />
Beratungsfeld einzusteigen. Zerwer übernimmt<br />
innerhalb einer solchen Sanierungsberatung<br />
für <strong>de</strong>n Insolvenzverwalter einzelne<br />
Leistungen.<br />
Steuerkanzlei<br />
organisiert Lohnbuchhaltung<br />
„Zum Beispiel organisieren wir während<br />
<strong>de</strong>r Insolvenz die Lohnbuchhaltung o<strong>de</strong>r<br />
das Rechnungswesen <strong>de</strong>r Unternehmen und<br />
geben Unterstützung bei <strong>de</strong>r Planungsrechnung<br />
sowie bei spezifischen steuerrechtlichen<br />
Fragestellungen <strong>de</strong>r Sanierung.“ Die<br />
Tätigkeit zähle zwar nicht zu seinem Kerngeschäft,<br />
bringe ihm aber <strong>de</strong>nnoch „einen guten<br />
Ertrag“ ein.<br />
36 SteuerConsultant 2 _ 13 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>