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Fachbeiträge<br />
Sozialrecht<br />
» Horst Marburger, Geislingen<br />
Verkehrsunfälle als Arbeitsunfälle<br />
unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r neueren<br />
Rechtsprechung<br />
Die gesetzliche Unfallversicherung erbringt nach Eintritt von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten vielfältige<br />
Leistungen. Aber auch die Arbeitgeber wer<strong>de</strong>n durch Arbeitsunfälle stark betroffen, wie durch die<br />
Entgeltfortzahlung im Arbeitsunfähigkeitsfall. Außer<strong>de</strong>m haben sie diese Unfälle zu mel<strong>de</strong>n.<br />
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer Tätigkeit,<br />
die <strong>de</strong>n Versicherungsschutz begrün<strong>de</strong>t, also einer versicherten Tätigkeit.<br />
Dabei sind – so bestimmt es § 8 Abs. 1 Sozialgsetzbuch-Siebtes-<br />
Buch – SGB VII – Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf <strong>de</strong>n<br />
Körper einwirken<strong>de</strong> Ereignisse, die zu einem Gesundheitsscha<strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r zum Tod führen.<br />
In <strong>de</strong>r Praxis machen Verkehrsunfälle einen wesentlichen Teil <strong>de</strong>r<br />
Arbeitsunfälle aus. Es sind hier zwei Gruppen von Unfällen zu unterschei<strong>de</strong>n,<br />
nämlich zum einen reine Arbeitsunfälle und zum an<strong>de</strong>ren<br />
sog. Wegeunfälle. Bei <strong>de</strong>r ersten Gruppe wird in <strong>de</strong>r Praxis von<br />
Betriebsunfällen gesprochen. Es geht hier darum, dass <strong>de</strong>r Unfall<br />
sich bei einer betrieblichen Tätigkeit ereignet.<br />
» 1. Betriebliche Tätigkeit<br />
Bei einer betrieblichen Tätigkeit im vorstehen<strong>de</strong>n Sinne kann es sich<br />
natürlich auch um einen Verkehrsunfall han<strong>de</strong>ln. Ein solcher Verkehrsunfall<br />
kann sich auf einem Betriebsweg ereignen, <strong>de</strong>r beispielsweise<br />
vom Betrieb zu einer Baustelle <strong>de</strong>s Betriebes führt. Nicht angesprochen<br />
sind hier Fahrten vom Betrieb nach Hause o<strong>de</strong>r umgekehrt<br />
(vgl. dazu die Ausführungen unter 4.). Welcher Art die betriebliche<br />
Tätigkeit ist, ist zunächst ohne Be<strong>de</strong>utung. Auch bei einem Verkehrsunfall<br />
ist allerdings die sog. doppelte Kausalität notwendig, die allgemein<br />
für das Bestehen eines Arbeitsunfalls gefor<strong>de</strong>rt wird. Dabei ist<br />
die haftungsbegrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r haftungsausfüllen<strong>de</strong>n Kausalität<br />
zu unterschei<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>r haftungsbegrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Kausalität geht es<br />
um <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen Unfall und versicherter Tätigkeit.<br />
Dagegen stellt die haftungsausfüllen<strong>de</strong> Kausalität <strong>de</strong>n Zusammenhang<br />
zwischen <strong>de</strong>r Schädigung (Verletzung) und <strong>de</strong>m Unfall dar.<br />
In diesem Zusammenhang ist das Urteil <strong>de</strong>s BSG vom 24.7.2012 1 zu<br />
beachten. Es ging dabei um <strong>de</strong>n Unfall <strong>de</strong>s Testfahrers eines <strong>de</strong>utschen<br />
Automobilherstellers. Dieser fuhr bei einer Erprobungsfahrt auf<br />
einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien, als bei einer Geschwindigkeit<br />
von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs platzte. Er<br />
kam von <strong>de</strong>r Fahrbahn ab, durchbrach die Leitblanke und blieb in<br />
einem Wäldchen stehen.<br />
Der zuständige Unfallversicherungsträger stellte fest, dass ein<br />
Arbeitsunfall mit (als Unfallfolgen bezeichneten) bestimmten Gesundheitserstschä<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>n Bereichen <strong>de</strong>r Brustwirbelsäule, <strong>de</strong>r Hüfte<br />
rechts und <strong>de</strong>s Sprunggelenks links lag. Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> eine<br />
Brustkorbprellung und eine Verstauchung <strong>de</strong>r Halswirbelsäule als<br />
Arbeitsunfall anerkannt. Im Übrigen wur<strong>de</strong> festgestellt, dass <strong>de</strong>r<br />
Bandscheibenvorfall auf Höhe 6/7 <strong>de</strong>s Halswirbelkörpers keine „Folge<br />
<strong>de</strong>s Arbeitsunfalls“ sei.<br />
Hinsichtlich <strong>de</strong>s Bandscheibenvorfalls wur<strong>de</strong> also bestritten, dass<br />
<strong>de</strong>r notwendige Zusammenhang zwischen Schädigung und Unfall<br />
gegeben ist. Das Lan<strong>de</strong>ssozialgericht (LSG), das im Berufungsverfahren<br />
<strong>de</strong>n Fall zu behan<strong>de</strong>ln hatte, folgte <strong>de</strong>r Argumentation <strong>de</strong>s<br />
Unfallversicherungsträgers nicht und stellte auch in Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>m Bandscheibenvorfall einen Arbeitsunfall fest. Dagegen hat<br />
<strong>de</strong>r Unfallversicherungsträger Revision eingeleitet.<br />
Das BSG hat die Entscheidung <strong>de</strong>s LSG aufgehoben und <strong>de</strong>n Fall<br />
zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz (LSG) zurückgewiesen.<br />
Das BSG wies dabei darauf hin, dass objektive Verursachung<br />
(Kausalität) einen nach <strong>de</strong>m jeweils neuesten anerkannten Stand<br />
<strong>de</strong>r einschlägigen Fachkun<strong>de</strong> (Erfahrung, Wissenschaft) geprüften<br />
und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen Ursache und<br />
Wirkung be<strong>de</strong>utet. Dafür reicht ein örtlicher und zeitnaher Zusammenhang<br />
nicht aus.<br />
Vorab sind die mögliche Ursache und die mögliche Wirkung festzustellen.<br />
Dabei ist jeweils ein juristischer Vollbeweis erfor<strong>de</strong>rlich. Dann<br />
ist im Blick auf Arten (also ohne individuelle Randbedingungen) von<br />
<strong>de</strong>rartigen Ursachen und Wirkungen <strong>de</strong>r neueste Stand <strong>de</strong>r anerkannten<br />
Erfahrungen über Ursachenzusammenhänge zwischen ihnen<br />
festzustellen (Beweiserleichterung: juristische Wahrscheinlichkeit).<br />
Schließlich ist zu klären, ob und wie diese Erfahrungssätze (nach <strong>de</strong>n<br />
Regeln <strong>de</strong>r Fachkun<strong>de</strong>) auf <strong>de</strong>n konkreten Fall anzuwen<strong>de</strong>n sind (juristische<br />
Wahrscheinlichkeit). Diese tatsächlichen Feststellungen sind<br />
ordnungsgemäß in <strong>de</strong>n Rechtsstreit so einzuführen, dass die Beteiligten<br />
sie ausreichend prüfen und ggf. weitere Beweiserhebungen<br />
beantragen können.<br />
Damit ein Betriebsunfall bei einem Verkehrsunfall vorliegt, muss<br />
sich <strong>de</strong>r Unfall auf einem Betriebsweg ereignen. Das war bei <strong>de</strong>m<br />
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