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Perspektivenwechsel in der Einwanderungsgesellschaft Deutschland

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Oktober 2013<br />

Diskurs<br />

Expertisen und Dokumentationen<br />

zur Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

<strong>Perspektivenwechsel</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

Grundlagen für e<strong>in</strong>e neue<br />

Migrations- und Integrationspolitik<br />

Gesprächskreis<br />

Migration und Integration<br />

I


Positionspapier im Auftrag <strong>der</strong> Abteilung Wirtschaftsund<br />

Sozialpolitik <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

<strong>Perspektivenwechsel</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

Grundlagen für e<strong>in</strong>e neue<br />

Migrations- und Integrationspolitik<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe:<br />

Dieter Fils<strong>in</strong>ger<br />

Matthias Geisthardt<br />

Tillmann Löhr<br />

Thilo Scholle<br />

Günther Schultze<br />

Berater<strong>in</strong> und Berater:<br />

Steffen Angenendt<br />

Wolfgang Barth<br />

Talibe Süzen


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Vorbemerkung 3<br />

Zusammenfassung 4<br />

1. Die Perspektive e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ers 6<br />

2. <strong>Perspektivenwechsel</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Integrations- und Migrationspolitik s<strong>in</strong>d notwendig 8<br />

3. Perspektivwechsel 1:<br />

E<strong>in</strong> neues Verständnis von Integration zur Grundlage <strong>der</strong> Politik machen 10<br />

4. Perspektivwechsel 2:<br />

Die Bundespolitik, Bundesm<strong>in</strong>isterien und nachgeordnete Behörden <strong>in</strong>terkulturell<br />

öffnen 15<br />

5. Perspektivwechsel 3:<br />

Kohärente Migrationspolitik gestalten 20<br />

6. Perspektivwechsel 4:<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gsschutz und humanitäres Aufenthaltsrecht auf frühzeitige Teilhabe<br />

ausrichten 25<br />

7. Perspektivwechsel 5:<br />

Neuordnung <strong>der</strong> Organisation und <strong>der</strong> Zuständigkeiten <strong>der</strong> Migrations- und<br />

Integrationspolitik ist erfor<strong>der</strong>lich 29<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe 33<br />

Publikationen des Gesprächskreises Migration und Integration <strong>der</strong><br />

Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema (e<strong>in</strong>e Auswahl) 35<br />

Diese Publikation wird mit Mitteln <strong>der</strong> DKLB-Stiftung geför<strong>der</strong>t.<br />

Dieses Positionspapier wird von <strong>der</strong> Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik <strong>der</strong> Fried rich-<br />

Ebert-Stiftung veröffentlicht. Es gibt die persönliche Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />

wie<strong>der</strong>.<br />

Impressum: © Friedrich-Ebert-Stiftung | Herausgeber: Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik <strong>der</strong><br />

Friedrich-Ebert-Stiftung | Godesberger Allee 149 | 53175 Bonn | Fax 0228 883 9205 | www.fes.de/wiso |<br />

Gestaltung und Collage: pellens.de | Fotos: Fotolia, PhotoAlto, iStockFoto | Druck: bub Bonner Universitäts-<br />

Buchdruckerei | ISBN: 978 - 3 - 86498 - 655 - 0 |<br />

E<strong>in</strong>e gewerbliche Nutzung <strong>der</strong> von <strong>der</strong> FES herausgegebenen Medien ist ohne schriftliche Zustimmung<br />

durch die FES nicht gestattet.


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Vorbemerkung<br />

Die Bundespolitik ist nach e<strong>in</strong>em langen Dornröschenschlaf erwacht und hat<br />

<strong>in</strong> den letzten Jahren zahlreiche Initiativen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Integrations- und Migrationspolitik<br />

e<strong>in</strong>geleitet: Es gibt immer weniger Politiker, die leugnen, dass<br />

<strong>Deutschland</strong> zu e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsland geworden ist. Die Integrationsgipfel<br />

und die Islamkonferenzen haben stattgefunden, es gibt e<strong>in</strong> nationales Integrationsprogramm<br />

und die rechtlichen Möglichkeiten für qualifizierte Arbeitskräfte<br />

aus Drittstaaten, nach <strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>zureisen, wurden erleichtert.<br />

Und trotzdem greifen diese Reformen zu kurz: Es fehlt z. B. e<strong>in</strong> Selbstverständnis<br />

<strong>in</strong> Politik und Gesellschaft, das nicht zwischen den „E<strong>in</strong>heimischen“<br />

und den „E<strong>in</strong>gewan<strong>der</strong>ten“ unterscheidet und stattdessen e<strong>in</strong> neues gesellschaftliches<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit<br />

beschreibt.<br />

Der Gesprächskreis Migration und Integration <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung hat<br />

deshalb e<strong>in</strong>e Expertengruppe e<strong>in</strong>berufen, um notwendige <strong>Perspektivenwechsel</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Migrations- und Integrationspolitik auf bundespolitischer Ebene zu<br />

erarbeiten. In dieses Positionspapier s<strong>in</strong>d weiterh<strong>in</strong> Ergebnisse von Workshops,<br />

Konferenzen und Publikationen des Gesprächskreises Migration und<br />

Integration e<strong>in</strong>geflossen.<br />

Die hier präsentierten Vorschläge dienen <strong>der</strong> Weiterentwicklung dieser für<br />

den Zusammenhalt <strong>der</strong> Gesellschaft wesentlichen Politikfel<strong>der</strong>.<br />

Günther Schultze<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Leiter des Gesprächskreises Migration und Integration<br />

3


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Zusammenfassung<br />

Trotz <strong>der</strong> vielfältigen Aktivitäten auf Bundesebene zur Migrations- und<br />

Integrationspolitik <strong>in</strong> den vergangenen Jahren fehlt nach wie vor e<strong>in</strong><br />

schlüssiges Gesamtkonzept. Diese Politikfel<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d zentral für die<br />

W eiterentwicklung <strong>der</strong> Demokratie, die Sicherung des Wohlstandes<br />

und die Beteiligung <strong>der</strong> deutschen Politik an <strong>der</strong> Bewältigung <strong>in</strong>ternationaler<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen. Wir schlagen deshalb fünf <strong>Perspektivenwechsel</strong><br />

auf bundespolitischer Ebene vor:<br />

Perspektivwechsel 1<br />

E<strong>in</strong> neues Verständnis von Integration zur Grundlage<br />

<strong>der</strong> Politik machen<br />

E<strong>in</strong> weiter gefasstes Integrationsverständnis <strong>in</strong> mo<strong>der</strong>nen, heterogenen<br />

Gesellschaften bezieht alle Menschen und Gruppen e<strong>in</strong> und ist nicht<br />

auf E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er und auf kulturelle und religiöse<br />

Aspekte beschränkt. „Integration“ <strong>in</strong> „die“ Gesellschaft gibt es nicht.<br />

Vielmehr s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>zelnen Lebensbereiche und die Institutionen die<br />

Orte, <strong>in</strong> denen das Zusammenleben gel<strong>in</strong>gt und Zugangswege geöffnet<br />

o<strong>der</strong> verschlossen werden. Ziel <strong>der</strong> Integrationspolitik ist <strong>der</strong> Abbau<br />

sozialer Ungleichheit und die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit.<br />

Rassistisches Denken und Verhalten ist aufzudecken und zu bekämpfen.<br />

E<strong>in</strong> sorgfältiger, reflexiver Umgang mit Begriffen ist notwendig, um Ausgrenzungen<br />

zu vermeiden. Die Begriffe „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen“ und „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er“<br />

und „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>erfamilien“ sollten verstärkt <strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Diskussion verwendet werden.<br />

Perspektivwechsel 2<br />

Die Bundespolitik, Bundesm<strong>in</strong>isterien und nachgeordnete<br />

Behörden <strong>in</strong>terkulturell öffnen<br />

Die Bundespolitik, beson<strong>der</strong>s die Bundesm<strong>in</strong>isterien und nachgeordnete<br />

Behörden, müssen sich <strong>in</strong>terkulturell öffnen. Nicht mehr die Probleme<br />

und Schwierigkeiten, die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er<br />

haben o<strong>der</strong> machen, dürfen im Mittelpunkt stehen. Interkulturelle<br />

Öffnung ist vielmehr e<strong>in</strong> systematischer, zeitbeanspruchen<strong>der</strong> und<br />

ressourcenaufwändiger Prozess <strong>der</strong> Weiterentwicklung von Politikfel<strong>der</strong>n<br />

und Organisationen <strong>in</strong>sgesamt. Bei Gesetzes<strong>in</strong>itiativen ist z. B. zu<br />

prüfen, welche Wirkungen sie h<strong>in</strong>sichtlich des Abbaus sozialer Ungleichheit<br />

haben. E<strong>in</strong> <strong>in</strong>terkulturelles Personalmanagement und e<strong>in</strong><br />

„E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er-Budget<strong>in</strong>g“ s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>zuführen. E<strong>in</strong>e unabhängige Evaluation<br />

<strong>der</strong> Migrations- und Integrationspolitik ist für e<strong>in</strong>e kohärente<br />

Politikgestaltung notwendig.<br />

4


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Kohärente Migrationspolitik gestalten<br />

Perspektivwechsel 3<br />

Notwendig ist e<strong>in</strong>e kohärente Migrationspolitik. <strong>Deutschland</strong> wird<br />

auch <strong>in</strong> Zukunft aus wirtschaftlichen Gründen auf weitere E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungen<br />

angewiesen. Zur Mil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Folgen <strong>der</strong> demografischen Entwicklung<br />

ist e<strong>in</strong>e systematische E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungspolitik erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Neben den bereits e<strong>in</strong>geleiteten Öffnungsprozessen ist die E<strong>in</strong>führung<br />

e<strong>in</strong>es Punktesystems als Steuerungs<strong>in</strong>strument s<strong>in</strong>nvoll. Im Inland<br />

muss für E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung geworben und im Ausland das Selbstverständnis<br />

als E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsland glaubhaft präsentiert werden. Migrationsund<br />

Entwicklungspolitik müssen besser verzahnt werden. H<strong>in</strong>sichtlich<br />

<strong>der</strong> Freizügigkeitsrechte <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU darf es ke<strong>in</strong> Zwei-Klassen-Europa geben.<br />

Die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung darf nicht zu Lohndump<strong>in</strong>g, Verdrängungsprozessen<br />

und unzumutbaren Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen führen.<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gsschutz und humanitäres Aufenthaltsrecht auf<br />

frühzeitige Teilhabe ausrichten<br />

Perspektivwechsel 4<br />

Der Flüchtl<strong>in</strong>gsschutz und das humanitäre Aufenthaltsrecht s<strong>in</strong>d auf<br />

frühzeitige Teilhabe <strong>der</strong> Flüchtl<strong>in</strong>ge auszurichten. Bisher bleibt <strong>der</strong> Aufenthaltsstatus<br />

vieler Flüchtl<strong>in</strong>ge über Jahre unsicher, obwohl sich ihre<br />

Lebensperspektive <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> verfestigt. Deshalb sollten frühzeitig<br />

Integrationsangebote gemacht werden. Die räumliche Beschränkung<br />

des Aufenthaltes von Flüchtl<strong>in</strong>gen sollte aufgehoben und die sozialen<br />

Leistungen an die realen Bedürfnisse angepasst werden. Die Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

<strong>in</strong> Sammelunterkünften sollte die Ausnahme, die <strong>in</strong> Wohnungen<br />

die Regel se<strong>in</strong>. Die Bewohner<strong>in</strong>nen und Bewohner <strong>der</strong> Quartiere<br />

sollten an den Planungsprozessen frühzeitig beteiligt werden. Auf<br />

euro päischer Ebene ist e<strong>in</strong>e neue Regelung zur solidarischen Verantwortungsteilung<br />

bei <strong>der</strong> Aufnahme von Asylbewerbern notwendig.<br />

Neuordnung <strong>der</strong> Organisation und <strong>der</strong> Zuständigkeiten <strong>der</strong><br />

Migrations- und Integrationspolitik ist erfor<strong>der</strong>lich<br />

Perspektivwechsel 5<br />

E<strong>in</strong>e neue Organisation <strong>der</strong> Zuständigkeiten <strong>der</strong> Migrations- und Integrationspolitik<br />

muss <strong>der</strong> gewachsenen Bedeutung dieser Politikfel<strong>der</strong><br />

gerecht werden. Wir schlagen vor, das durchsetzungsstarke Bundesm<strong>in</strong>isterium<br />

für Arbeit und Soziales fe<strong>der</strong>führend mit diesen Aufgaben<br />

zu betrauen. Im Bundesm<strong>in</strong>isterium des Innern sollen aufenthaltsrechtliche<br />

Fragen und Regelungen zur Staatsangehörigkeit verbleiben.<br />

Das Bundesamt für Migration und Flüchtl<strong>in</strong>ge sollte aufgespalten und<br />

die jeweiligen Fachabteilungen diesen beiden M<strong>in</strong>isterien zu geordnet<br />

werden. Das Amt <strong>der</strong> Beauftragten <strong>der</strong> Bundesregierung für Migration,<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge und Integration ist aufzulösen. Die Antidiskri m<strong>in</strong>ierungsstelle<br />

des Bundes soll aufgewertet und ausgebaut werden.<br />

5


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

1. Die Perspektive e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ers<br />

Integration<br />

aktuelles Thema<br />

Mehmet ist e<strong>in</strong> politisch <strong>in</strong>teressierter und aktiver Bürger. In den 1960er<br />

Jahren aus <strong>der</strong> Türkei nach <strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>gewan<strong>der</strong>t, ist er <strong>in</strong>zwischen<br />

verheiratet und hat zwei <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> geborene und nun erwachsene<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Im Betrieb wurde er <strong>in</strong> den Betriebsrat gewählt und<br />

hat auch für den kommunalen Integrationsrat kandidiert. Er hat die<br />

gesellschaftliche und politische Debatte <strong>der</strong> letzten Jahre <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

<strong>in</strong>tensiv verfolgt. Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite ist er erfreut, dass auch die<br />

Bundespolitik das Thema „Integration“ entdeckt hat und <strong>in</strong> den Medien<br />

über „Integrationsgipfel“ und „Islamkonferenzen“ berichtet wird.<br />

Und trotzdem ist Mehmet unsicher geworden und fragt sich, ob dieses<br />

Land ihn je so akzeptieren wird, wie er ist.<br />

Rassismus nimmt zu<br />

Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass 2010 e<strong>in</strong> Buch mit dem<br />

Titel „<strong>Deutschland</strong> schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen“<br />

große Aufmerksamkeit <strong>in</strong> den Medien f<strong>in</strong>det und auf breite Zustimmung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung stößt. Er empf<strong>in</strong>det es als blanken Rassismus,<br />

wenn <strong>der</strong> Autor behauptet, die Bevölkerung <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> werde<br />

durch Zuwan<strong>der</strong>er und Zuwan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen, vor allem durch muslimische,<br />

immer dümmer, weil sie aufgrund ihrer genetischen Ausstattung weniger<br />

<strong>in</strong>telligent seien.<br />

Rechtsextremismus<br />

ist Bedrohung<br />

Im November 2011 wurde dann entdeckt, dass die Gruppe „Nationalsozialistischer<br />

Untergrund“ (NSU) über viele Jahre h<strong>in</strong> zehn Morde und<br />

zahlreiche Banküberfälle verübt hat. Ermordet wurden acht türkische<br />

und e<strong>in</strong> griechischer E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er sowie e<strong>in</strong>e Polizist<strong>in</strong>. Deutsche Ermittlungsbehörden<br />

schlossen bei ihren Ermittlungen von Beg<strong>in</strong>n an<br />

e<strong>in</strong>en rechtsextremistischen H<strong>in</strong>tergrund aus und vermuteten „Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen<br />

im Auslän<strong>der</strong>milieu“. Auch die Medien berichteten<br />

von „Dönermorden“. Der vom Bundestag e<strong>in</strong>gesetzte NSU-Untersuchungsausschuss<br />

deckte zahlreiche Ermittlungspannen, e<strong>in</strong> schweres<br />

Versagen <strong>der</strong> Sicherheitsdienste und e<strong>in</strong>e systematische Bl<strong>in</strong>dheit gegen<br />

Rassismus und Rechtsextremismus auf. Dies alles führt dazu, dass<br />

Mehmets Vertrauen <strong>in</strong> den deutschen Staat und die deutschen Sicherheitsbehörden<br />

massiv gestört ist.<br />

Islamfe<strong>in</strong>dlichkeit<br />

verstärkt sich<br />

Immer häufiger wird er außerdem im Betrieb gefragt, ob er Moslem sei,<br />

was er von Zwangsheirat, Ehrenmorden und Kopftüchern halte und<br />

wie er die Menschenrechtslage im muslimischen Land XY e<strong>in</strong>schätze,<br />

obwohl er we<strong>der</strong> von dort kommt noch jemals dort war. Er merkt, dass<br />

e<strong>in</strong> neues Fe<strong>in</strong>dbild wirksam ist: „Islam“ und „Muslime“.<br />

6


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Irritiert ist er auch, wenn er von <strong>der</strong> Bundeskanzler<strong>in</strong> hört: „Der Ansatz<br />

für Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert.“ Die Bundesrepublik<br />

<strong>Deutschland</strong> hatte doch nie e<strong>in</strong> politisches Programm o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Selbstverständnis<br />

dieser Art! An<strong>der</strong>erseits erlebt er die vielfältigen und bunten<br />

Lebensformen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Stadtteil. Wie soll denn etwas scheitern,<br />

das es als politische Ideologie und Programmatik nie gab, an<strong>der</strong>erseits<br />

aber seit langem Alltag ist?<br />

Politik ignoriert Vielfalt<br />

Und schließlich liest er auch die zahlreichen Papiere und Aktionspläne<br />

von politischen und gesellschaftlichen Gruppen, Parteien und Vere<strong>in</strong>en,<br />

die gutgeme<strong>in</strong>t und <strong>in</strong> positiver Absicht „Integration“ verbessern<br />

und „kulturelle Vielfalt“ för<strong>der</strong>n wollen. Aufmerksam verfolgt er die<br />

Talkshows zum Thema, die zum Teil skandalisierend, zum Teil aufklärerisch<br />

wirken sollen. Es wimmelt dort von Formulierungen wie: „Viele<br />

Menschen s<strong>in</strong>d zu uns gekommen...“, „wer hier rechtmäßig lebt, gehört<br />

zu uns“, „und deshalb muss sich, wer hier lebt, an die Gesetze<br />

halten“. Und dann fragt er sich: Wer ist denn mit „uns“ geme<strong>in</strong>t, gehöre<br />

ich nach 40 Jahren immer noch nicht dazu? Wer ist denn „wir“ und<br />

wer s<strong>in</strong>d „die An<strong>der</strong>en“? Warum müssen alle immer, wenn es um<br />

Integra tion geht, betonen, dass man Gesetze e<strong>in</strong>halten muss? Wenn er<br />

diese Selbstverständlichkeiten hört, spürt er das Misstrauen gegen alle<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen.<br />

Unterscheidung „Wir“<br />

und „die An<strong>der</strong>en“<br />

Auch mit se<strong>in</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n diskutiert er darüber. Sie berichten von ihren<br />

Erfahrungen bei <strong>der</strong> Arbeitssuche, bei <strong>der</strong> schon ihr ausländisch kl<strong>in</strong>gen<strong>der</strong><br />

Name die Chancen schmälert. Und durch die Frage „Wo kommst<br />

du denn her?“ und die dann auf ihre Antwort „aus Essen“ nachgeschobene<br />

Frage „Und wo kommst du eigentlich her?“ fühlen sie sich ausgegrenzt<br />

und nicht anerkannt. Deshalb und weil sie wegen ihrer Zweisprachigkeit<br />

und ihrer guten Schulausbildung auch <strong>in</strong>teressant für den<br />

boomenden türkischen Arbeitsmarkt s<strong>in</strong>d, studieren sie <strong>in</strong>zwischen<br />

die dortigen Stellenangebote.<br />

2. Generation:<br />

Chancen auf an<strong>der</strong>en<br />

Arbeitsmärkten<br />

Wie wird die gegenwärtige Entwicklung und Diskussion <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern wahrgenommen?<br />

• Es wird ihnen vermittelt, dass sie nicht willkommen s<strong>in</strong>d und <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Probleme<br />

verursachen.<br />

• Sie erleben vielfältige Diskrim<strong>in</strong>ierungen und Ausgrenzungen im Alltag, im Beruf und<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung.<br />

• Rechtsextremismus und Rassismus stellen e<strong>in</strong>e spürbare Bedrohung ihrer Existenz und<br />

Lebensweise dar.<br />

• <strong>Deutschland</strong> hat noch ke<strong>in</strong> Selbstverständnis als E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft entwickelt,<br />

das e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames „Wir-Gefühl“ unabhängig von <strong>der</strong> ethnischen Herkunft beschreibt.<br />

7


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

2. <strong>Perspektivenwechsel</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Integrations- und Migrationspolitik<br />

s<strong>in</strong>d notwendig<br />

Diese fiktive, lei<strong>der</strong> aber realistische Erfahrungen von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern aufgreifende Fallgeschichte verdeutlicht die Notwendigkeit<br />

von <strong>Perspektivenwechsel</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Migrations- und Inte grationspolitik.<br />

Zahlreiche Aktivitäten<br />

auf Bundesebene<br />

Erst <strong>in</strong> den 2000er Jahren ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundespolitik die E<strong>in</strong>sicht gewachsen,<br />

dass <strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft ist und die Integration<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er und ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe darstellt. In den vergangenen<br />

Jahren gab es auf Bundesebene zahlreiche Initiativen. Zu nennen s<strong>in</strong>d<br />

etwa die Integrationsgipfel, die Islamkonferenzen, <strong>der</strong> Nationale Aktionsplan<br />

Integration (NAP), das Nationale Integrationsprogramm<br />

(NIP) und die Programme und Maßnahmen des Bundesamtes für<br />

Migration und Flüchtl<strong>in</strong>ge (BAMF). Verschiedene M<strong>in</strong>isterien haben<br />

eigene För<strong>der</strong> programme aufgelegt.<br />

Die neue Integrationspolitik stellt zweifellos e<strong>in</strong>en Fortschritt dar.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs stehen die tatsächlichen Erfolge und Wirkungen <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em<br />

Verhältnis zu <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Aktivitäten und ihrer medialen Präsentation.<br />

• Das Risiko arm zu werden lag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung 2010 bei<br />

14,5 Prozent, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund bei<br />

26,2 Prozent. 1<br />

• Migrant<strong>in</strong>nen und Migranten s<strong>in</strong>d etwa doppelt so häufig auf Sozialhilfe<br />

angewiesen wie Deutsche ohne Migrationsh<strong>in</strong>tergrund. 2<br />

• Bei den Arbeitslosen s<strong>in</strong>d Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

überrepräsentiert: Während ca. 20 Prozent <strong>der</strong> Bevölkerung e<strong>in</strong>en<br />

Migrationsh<strong>in</strong>tergrund hat, s<strong>in</strong>d es 35 Prozent bei den Arbeitslosen<br />

im Jahr 2012. 3<br />

1 Als arm gelten Personen, <strong>der</strong>en verfügbares Nettoe<strong>in</strong>kommen unter 60 Prozent des Durchschnittse<strong>in</strong>kommens<br />

liegt. Vgl. Beauftragte <strong>der</strong> Bundesregierung für Migration, Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />

und Integration 2012: Zweiter Integrations<strong>in</strong>dikatorenbericht, Berl<strong>in</strong>, S. 86f.<br />

2 Vgl. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Arbeit und Soziales (Hrsg.) 2009: Wirkungen des SGB II auf Personen<br />

mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund.<br />

3 Vgl. Bundesagentur für Arbeit. Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund auf dem deutschen<br />

Arbeitsmarkt, Juni 2013.<br />

8


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

• Der Anteil <strong>der</strong> jungen Erwachsenen zwischen 25 und 34 Jahren ohne<br />

beruflichen Bildungs- und Hochschulabschluss s<strong>in</strong>kt, aber bei den<br />

jungen Erwachsenen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund liegt er weiterh<strong>in</strong><br />

mehr als dreimal so hoch. 4<br />

• Alle bisherigen <strong>in</strong>ternationalen vergleichenden Bildungsstudien<br />

(PISA, Iglu, TIMMS) haben bestätigt, dass die mit e<strong>in</strong>em Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

verbundenen Disparitäten <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> größer s<strong>in</strong>d<br />

als <strong>in</strong> den meisten an<strong>der</strong>en OECD-Staaten. Daran hat sich trotz e<strong>in</strong>iger<br />

Verbesserungen bis heute nichts geän<strong>der</strong>t.<br />

Benachteiligungen<br />

<strong>in</strong> verschiedenen<br />

Bereichen<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Migrationspolitik gibt es ambivalente Entwicklungen.<br />

E<strong>in</strong>erseits wurden die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten nach <strong>Deutschland</strong><br />

für (Hoch-)Qualifizierte <strong>in</strong> den vergangenen Jahren erleichtert, die<br />

Bleibeperspektiven für ausländische Hochschulabsolventen verbessert<br />

und <strong>Deutschland</strong> hat zum<strong>in</strong>dest zögerlich die Freizügigkeit für die<br />

neuen mittel- und osteuropäischen EU-Län<strong>der</strong> e<strong>in</strong>geführt. An<strong>der</strong>erseits<br />

s<strong>in</strong>d aber die arbeitsmarktbezogenen Steuerungs <strong>in</strong>strumente nach wie<br />

vor unzureichend, und vor allem werden die Migrations- und Integrationspolitik<br />

immer noch nicht als zusammenhängende Bereiche<br />

betrachtet.<br />

Reformen <strong>der</strong><br />

Migrationspolitik<br />

unzureichend<br />

Die Bedeutung dieser Politikfel<strong>der</strong> für die Zukunft unserer Gesellschaft<br />

werden unterschätzt und Reformen nur halbherzig angegangen. Auch<br />

die <strong>in</strong>stitutionelle Verankerung <strong>der</strong> Integrations- und Migrationspolitik<br />

muss neu geregelt werden.<br />

Organisationsstruktur<br />

<strong>in</strong>adäquat<br />

E<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Reformstau gibt es bei <strong>der</strong> Entwicklung e<strong>in</strong>er humanen<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gspolitik, wie diverse Gerichtsurteile belegen, die <strong>der</strong><br />

Politik den gesetzlichen Verän<strong>der</strong>ungsbedarf aufgezeigt haben.<br />

Neue Flüchtl<strong>in</strong>gspolitik<br />

Wir halten deshalb <strong>Perspektivenwechsel</strong> <strong>in</strong> fünf zentralen Bereichen<br />

für notwendig.<br />

4 Vgl. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Arbeit und Soziales 2013: Der vierte Armuts- und Reichtumsbericht<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung, Bonn, S. 212.<br />

9


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

3. Perspektivwechsel 1: E<strong>in</strong> neues Verständnis von Integration<br />

zur Grundlage <strong>der</strong> Politik machen<br />

Ke<strong>in</strong> enger<br />

Integrationsbegriff<br />

„Integration“ ist e<strong>in</strong> Dauerthema <strong>in</strong> <strong>der</strong> politischen und alltäglichen<br />

Kommunikation. Der Begriff wird dort fast ausschließlich im Zusammenhang<br />

mit „Migrant<strong>in</strong>nen und Migranten“ benutzt. Wir wenden<br />

uns gegen diese e<strong>in</strong>seitige und verkürzte Verwendung des Integrationsbegriffs.<br />

Die Kritikpunkte s<strong>in</strong>d:<br />

ke<strong>in</strong>e vollständige<br />

„Anpassung“<br />

Bildung und Arbeit<br />

nicht ausblenden<br />

• Integration wird als e<strong>in</strong>e Anstrengung verstanden, die nur von den<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern erwartet wird.<br />

• Integrationsbereitschaft wird gleichgesetzt mit e<strong>in</strong>er vollständigen<br />

Anpassung (Assimilation) an die Erwartungen <strong>der</strong> Mehrheitsgesellschaft;<br />

die Bereitschaft <strong>der</strong> alte<strong>in</strong>gesessenen Bevölkerung zur Aufnahme<br />

und Anerkennung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er<br />

wird dagegen nicht thematisiert. In diesem Verständnis ersche<strong>in</strong>t<br />

Integration „gelungen“, wenn E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er<br />

„unsichtbar“ geworden s<strong>in</strong>d.<br />

• Die Beobachtung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er erfolgt primär<br />

<strong>in</strong> Bezug auf kulturelle Fragen, wobei die „Kultur“ <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gewan<strong>der</strong>ten<br />

zumeist als defizitär wahrgenommen und für Integrationsschwierigkeiten<br />

verantwortlich gemacht wird.<br />

• Dagegen bleiben die gesellschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen, z. B. die Strukturen<br />

des Bildungssystems und des Arbeitsmarkts und die Institutionen<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beobachtung des Integrationsgeschehens<br />

meist ausgeblendet.<br />

• Dieser enge Integrationsbegriff wird auch auf die dritte Generation<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>erfamilien angewandt, obwohl diese Menschen hier<br />

geboren und aufgewachsen s<strong>in</strong>d. Spezielle Maßnahmen und Programme,<br />

die für Neu-E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er und -E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>nvoll<br />

s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d für sie unangemessen. Sie müssen vielmehr zur Zielgruppe<br />

<strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik werden<br />

und <strong>der</strong> Gesetzgeber muss sie vor Diskrim<strong>in</strong>ierung schützen.<br />

Neu<strong>in</strong>terpretation von „Integration“<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund mehren sich die Stimmen, die statt „Integration“<br />

an<strong>der</strong>e Leitkonzepte wie „Inklusion“ „Teilhabe“, „Diversität“ o<strong>der</strong><br />

„Interkultur“ vorschlagen. Wir wollen jedoch am Integrations begriff<br />

festhalten, dabei aber die Anregungen <strong>der</strong> neueren Diskussion aufnehmen.<br />

10


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Wir plädieren für e<strong>in</strong>en weiter gefassten Integrationsbegriff, <strong>der</strong> auf alle<br />

Menschen und Gruppen anwendbar ist: Integration <strong>in</strong> die Gesellschaft<br />

bedeutet E<strong>in</strong>beziehung <strong>in</strong> die Gesellschaft, wofür auch die Begriffe <strong>der</strong><br />

Zugehörigkeit und Teilhabe angemessen s<strong>in</strong>d. Integration <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

me<strong>in</strong>t den Zusammenhalt <strong>der</strong> Gesellschaft <strong>in</strong>sgesamt. Mo<strong>der</strong>ne Gesellschaften<br />

haben es beständig mit Integrationsproblemen zu tun, die<br />

meist eben nicht durch E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung verursacht s<strong>in</strong>d.<br />

Integration betrifft<br />

alle Menschen und<br />

Gruppen<br />

Integrationspolitik für alle muss die Wirklichkeit mo<strong>der</strong>ner Gesellschaften<br />

anerkennen. Diese zeichnen sich durch wachsende Vielfalt aus und<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> sich <strong>in</strong>terkulturell. Die Bevölkerung unterscheidet sich z. B.<br />

h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Milieu- und Schichtzugehörigkeit, Bildungsniveaus,<br />

E<strong>in</strong>kommenssituation, Familienformen und Wohnsituationen. Außerdem<br />

prägen unterschiedliche soziale Netzwerke, kulturelle Vorlieben<br />

und politische, religiöse und weltanschauliche Orientierungen die<br />

gesellschaftliche Wirklichkeit.<br />

Vielfalt mo<strong>der</strong>ner<br />

Gesellschaften<br />

Mo<strong>der</strong>ne Gesellschaften stehen mith<strong>in</strong> vor <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

Zusammenhalt unter <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gung von Vielfalt zu sichern. Wir plädieren<br />

nachdrücklich für e<strong>in</strong>e Integrationspolitik, die e<strong>in</strong>seitige Assimilationsansprüche<br />

an E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen aufgibt und<br />

auf dem Konzept e<strong>in</strong>er pluralistischen Integration ruht. Die Grundlage<br />

des Zusammenlebens s<strong>in</strong>d Recht und Gesetz.<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

„Zusammenhalt“<br />

Unsere Leitidee ist, dass es allen Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern ermöglicht<br />

werden muss, e<strong>in</strong> selbstbestimmtes Leben zu führen. Dies setzt die Anerkennung<br />

durch an<strong>der</strong>e und e<strong>in</strong>en gleichberechtigten Zugang zu den<br />

ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Ressourcen <strong>der</strong><br />

Gesellschaft voraus. Dabei hängen die Lebenschancen von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern ganz wesentlich von ihrem rechtlichen<br />

Status und von ihrem Zugang zu Bildung, Wohnraum, Erwerbsarbeit<br />

und sozialen Sicherungssystemen ab.<br />

Gleichberechtigten<br />

Zugang ermöglichen<br />

Integration <strong>in</strong> „die“ Gesellschaft gibt es nicht. Integration und die Verwirklichung<br />

von Lebenschancen von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong> wan<strong>der</strong>ern<br />

und von Alte<strong>in</strong>gesessenen vollziehen sich im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Kita, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Grundschule, im Vere<strong>in</strong>, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaft, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Partei, im Betrieb. Institutionen öffnen Zugangswege o<strong>der</strong> bauen<br />

Zugangsbarrieren auf. Im Stadtteil lebt man zusammen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeit<br />

trifft man sich. Ob das Zusammenleben problemlos gel<strong>in</strong>gt o<strong>der</strong><br />

schwierig ist, hängt nicht zuletzt von den Fähigkeiten <strong>der</strong> beteiligten<br />

Akteure zur Anerkennung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en ab, von ihren <strong>in</strong>terkulturellen<br />

Kompetenzen und ihrer Bereitschaft, Kompromisse auszuhandeln. Verteilungs-<br />

und Anerkennungskonflikte gibt es <strong>in</strong> allen mo<strong>der</strong>nen Gesellschaften,<br />

durch E<strong>in</strong>wan <strong>der</strong>ung werden sie vielfältiger. Das politische<br />

Augenmerk ist vor allem auf solche Mechanismen zu richten, die aus<br />

(kultureller) Verschiedenheit soziale Ungleichheit erwachsen lassen.<br />

Integration <strong>in</strong> „die“<br />

Gesellschaft gibt es<br />

nicht<br />

11


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Unterschiedliche<br />

Dimensionen <strong>der</strong><br />

Integration<br />

S<strong>in</strong>nvoll ist die Unterscheidung von struktureller Integration (z. B. E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung<br />

<strong>in</strong> Arbeit und Beschäftigung), sozialer Integration (z. B. Netzwerke,<br />

Freundschaften, Gruppenzugehörigkeiten), kultureller Integration<br />

(z. B. berufliche und schulische Kenntnisse, Sprachniveau, normative<br />

Orientierung) und identifikativer Integration (z. B. Zugehörigkeitsgefühle<br />

zur Gesellschaft). Es ist jedoch auch aus wissenschaftlicher<br />

Perspektive strittig, <strong>in</strong> welcher Beziehung diese Bereiche zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

stehen. Offensichtlich ist nur, dass die strukturelle Integration <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Regel die Beteiligungschancen <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Integrationsbereichen<br />

prägt und dass sich kulturelle und normative Integrationsansprüche <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er zunehmend heterogenen Gesellschaft nicht abschließend def<strong>in</strong>ieren<br />

lassen. Auch diese Dimensionen <strong>der</strong> Integration betreffen alle<br />

Menschen.<br />

Wir müssen erkennen, dass es auch <strong>in</strong> unserer Gesellschaft Rassismus<br />

gibt. Die Aufarbeitung <strong>der</strong> NSU-Morde hat dies gezeigt (siehe E<strong>in</strong>leitung).<br />

Rassistische Denkstrukturen zeichnen sich aus durch:<br />

• die nachdrückliche Betonung von tatsächlichen o<strong>der</strong> fiktiven Unterschieden<br />

von Menschen;<br />

• die Wertung dieser Unterschiede zum Nutzen des Rassisten und zum<br />

Schaden des Opfers;<br />

• die Verabsolutierung und Verallgeme<strong>in</strong>erung dieser Unterschiede auf<br />

e<strong>in</strong>e ganze Gruppe;<br />

• die Legitimierung von Privilegien, ja sogar von Aggressionen und<br />

Gewalt, gegenüber den Ausgegrenzten.<br />

Rassismus aufdecken<br />

Werden sche<strong>in</strong>bare biologische o<strong>der</strong> genetische Unterschiede zur Grundlage<br />

des Denkens und Handelns genommen, spricht man von biologischem<br />

Rassismus; dienen kulturelle Differenzierungen <strong>der</strong> Ausgrenzung,<br />

handelt es sich um kulturellen Rassismus. Zur Integrationspolitik gehört<br />

für uns deshalb e<strong>in</strong>e Aufdeckung von rassistischen Denkstrukturen <strong>in</strong><br />

allen Bereichen sowie ihre Bekämpfung.<br />

Soziale Gerechtigkeit<br />

und Anerkennung<br />

als Ziel<br />

Im Gegensatz dazu s<strong>in</strong>d soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit<br />

Werte, die für den Zusammenhalt <strong>der</strong> Gesellschaft entscheidend s<strong>in</strong>d.<br />

Das Gleichheitspostulat darf aber nicht nur auf die Ausgangsbed<strong>in</strong>gungen<br />

bezogen bleiben, son<strong>der</strong>n muss auch die Gerechtigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Verteilung von Lebenschancen (Verteilungsgerechtigkeit, Teilhabegerechtigkeit)<br />

e<strong>in</strong>beziehen.<br />

Gleichberechtigte Teilhabe und kulturelle Anerkennung s<strong>in</strong>d Leitl<strong>in</strong>ien<br />

e<strong>in</strong>er konsequenten Integrationspolitik. Sie ist darauf ausgerichtet,<br />

allen Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern e<strong>in</strong>e ökonomisch gesicherte Existenz,<br />

e<strong>in</strong>e selbstständige Lebensführung und kulturelle Entfaltung zu ermöglichen.<br />

Sie muss vor allem die Lebensperspektiven von marg<strong>in</strong>alisierten<br />

Bevölkerungsgruppen verbessern.<br />

12


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Wodurch zeichnet sich das neue Integrationsverständnis aus?<br />

• E<strong>in</strong> weiter gefasster Integrationsbegriff bezieht sich auf alle Menschen und Gruppen<br />

unserer Gesellschaft.<br />

• Er ist nicht auf kulturelle und religiöse Aspekte des Zusammenlebens begrenzt.<br />

• Integration <strong>in</strong> „die“ Gesellschaft gibt es nicht. Mo<strong>der</strong>ne Gesellschaften s<strong>in</strong>d vielfältig<br />

differenziert <strong>in</strong> unterschiedliche Lebensbereiche, Bevölkerungsgruppen und Milieus.<br />

• Die Institutionen e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft müssen sich <strong>der</strong> ethnischen, sozialen<br />

und kulturellen Vielfalt <strong>der</strong> Bevölkerung anpassen und Zugangswege schaffen.<br />

• Rassistisches Denken und Handeln s<strong>in</strong>d aufzudecken und zu bekämpfen.<br />

• Das Ziel <strong>der</strong> Integrationspolitik ist <strong>der</strong> Abbau sozialer Ungleichheiten und die Verwirklichung<br />

sozialer Gerechtigkeit.<br />

Zugehörigkeit anerkennen und Ausgrenzung vermeiden<br />

Der deutschen E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft fällt es schwer, e<strong>in</strong>e angemessene<br />

Bezeichnung für E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er und ihre<br />

hier geborenen K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu f<strong>in</strong>den.<br />

Der Begriff „Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund“ wurde erstmals im<br />

Jahr 2005 vom Statistischen Bundesamt im Rahmen des Mikrozensus<br />

verwendet. Das war hilfreich, um das vorher unterschätzte Ausmaß <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung nach <strong>Deutschland</strong> sichtbar zu machen. Nun wurde<br />

deutlich, dass je<strong>der</strong> fünfte E<strong>in</strong>wohner <strong>Deutschland</strong>s e<strong>in</strong>en Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

hat.<br />

Kategorie: Menschen<br />

mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

Gleichwohl ist <strong>der</strong> Begriff problematisch, weil viele Betroffene mit<br />

dieser Zuschreibung nichts anfangen können. Sie sehen vielmehr ihre<br />

Zugehörigkeit zur Gesellschaft <strong>in</strong> Frage gestellt. Außerdem reduziert<br />

das Merkmal „Migrationsh<strong>in</strong>tergrund“ <strong>in</strong>dividuelle E<strong>in</strong>maligkeit <strong>in</strong><br />

unzulässiger Weise.<br />

Auch das unter bevölkerungsstatistischen Gesichtspunkten durchaus<br />

begründbare Nationenkonzept kann zu neuen Grenzziehungen führen.<br />

Angesichts <strong>der</strong> höchst unterschiedlichen Lebenslagen ist es <strong>in</strong>zwischen<br />

unangemessen, verallgeme<strong>in</strong>ernd von „den“ Italienern, Vietnamesen<br />

o<strong>der</strong> Rumänen zu sprechen. Nationale Herkunft ist nur e<strong>in</strong><br />

Aspekt <strong>der</strong> Lebenslage von Individuen und Bevölkerungsgruppen.<br />

Grenzziehung durch<br />

Nationenkonzept<br />

E<strong>in</strong>en Beitrag zu e<strong>in</strong>er Integrationspolitik leisten h<strong>in</strong>gegen empirische<br />

Analysen, die auf die Zugehörigkeit von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

zu bestimmten Milieus abstellen. Milieus s<strong>in</strong>d geprägt durch<br />

Neuer Ansatz:<br />

Milieukonzepte<br />

13


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Wertorientierungen, Lebensstile und soziale Lagen. Menschen des<br />

gleichen Milieus, aber mit unterschiedlichem Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

verb<strong>in</strong>det z. B. mehr mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> als Landsleute aus unterschiedlichen<br />

Milieus.<br />

Reflexiver Umgang<br />

mit Begrifflichkeiten<br />

erfor<strong>der</strong>lich<br />

Nationale Stereotypen prägen oft unbewusst unsere Alltagswahrnehmung<br />

und unsere Weltsicht. Nötig ist deshalb e<strong>in</strong> bewusster Umgang<br />

mit ethnischen und kulturellen Kategorisierungen im öffentlichen Diskurs.<br />

Nationale Herkunft, kulturelle Eigenheit sowie ethnische und<br />

religiöse Zugehörigkeit s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Wesensmerkmale von Menschen.<br />

Ihre Bedeutung lässt sich nur im Kontext sozialer Prozesse <strong>der</strong> Fremdund<br />

Selbstzuschreibung verstehen. E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er<br />

entwickeln z. B. B<strong>in</strong>destrich-Identitäten, wie „Deutsch-Türke“ o<strong>der</strong><br />

hybride Identitätskonstruktionen wie „Kölner mit türkischer Herkunft“,<br />

die verschiedene Welten und Erfahrungen zusammenb<strong>in</strong>den.<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er als positiv<br />

besetzte Begriffe<br />

Für die politische und gesellschaftliche Debatte schlagen wir vor, verstärkt<br />

die Begriffe „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er“, „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>familien“<br />

zu verwenden und von <strong>der</strong> „zweiten bzw. dritten E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ergeneration“<br />

zu sprechen. In wissenschaftlichen Analysen können<br />

durchaus an<strong>der</strong>e Kategorisierungen s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, wobei die jeweiligen<br />

Ziele <strong>der</strong> Untersuchungen deutlich gemacht werden sollten.<br />

Weshalb s<strong>in</strong>d Begriffe und Kategorisierungen so wichtig?<br />

• Begriffe prägen die Weltsicht und Bewertungen von Menschen, bestimmen Diskurse und<br />

können e<strong>in</strong>- o<strong>der</strong> ausgrenzend wirken.<br />

• Der Begriff „Mensch mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund“ hat die Tatsache deutlich gemacht, dass<br />

<strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsland ist. Als Begriff zur Beschreibung <strong>der</strong> differenzierten<br />

Lebenslagen und Lebenswelten <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er ist er aber ungeeignet.<br />

• E<strong>in</strong> sorgfältiger, reflexiver Umgang mit kulturellen und ethnischen Zuschreibungen ist<br />

erfor<strong>der</strong>lich.<br />

• Verwendet werden sollten vor allem die Begriffe „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er“<br />

und „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>erfamilien“.<br />

14


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

4. Perspektivwechsel 2: Die Bundespolitik, Bundesm<strong>in</strong>isterien<br />

und nachgeordnete Behörden <strong>in</strong>terkulturell öffnen<br />

Wenn <strong>Deutschland</strong> kulturell, ethnisch und von den Lebensformen her<br />

vielfältiger wird, muss sich auch die Integrationspolitik auf Bundesebene<br />

diesen Verän<strong>der</strong>ungen anpassen. Notwendig ist e<strong>in</strong> strategisches<br />

Gesamtkonzept.<br />

Als Begriff für diese umfassende Strategie hat sich „Interkulturelle Öffnung“<br />

(IKÖ) durchgesetzt. Er konkurriert mit an<strong>der</strong>en Begriffen, wie<br />

z. B. „Integration als Querschnittsaufgabe“ o<strong>der</strong> „Integrations-Ma<strong>in</strong>stream“<br />

o<strong>der</strong> „Cultural Ma<strong>in</strong>stream“. Neuerd<strong>in</strong>gs ist „Diversity Management“<br />

mo<strong>der</strong>n. Wichtiger als e<strong>in</strong>e Debatte um die Bezeichnung s<strong>in</strong>d<br />

aber die Inhalte und Ziele dieser Konzepte.<br />

Interkulturelle Öffnung<br />

als umfassende Strategie<br />

Bei <strong>der</strong> Umsetzung von Konzepten zur Interkulturellen Öffnung <strong>in</strong> Institutionen,<br />

Ämtern und Unternehmen erfolgt häufig e<strong>in</strong>e zweifache Engführung:<br />

Zum e<strong>in</strong>en wird darunter lediglich die E<strong>in</strong>stellung von Menschen<br />

mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund verstanden, die dann für „Integration“<br />

zuständig s<strong>in</strong>d. Die Fort- und Weiterbildung <strong>der</strong> gesamten Belegschaft,<br />

<strong>in</strong>klusive <strong>der</strong> Führungskräfte, mit dem Ziel <strong>der</strong> <strong>in</strong>terkulturellen<br />

Kompetenzvermittlung gerät so aus dem Blickfeld. Zum an<strong>der</strong>en wird<br />

die Interkulturelle Öffnung auf die Gestaltung spezifischer an E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er gerichteter Angebote verengt. Beson<strong>der</strong>s<br />

wichtig ist jedoch z. B. die Öffnung <strong>der</strong> kommunalen Regelangebote für<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er.<br />

Ke<strong>in</strong>e Engführung des<br />

Konzeptes<br />

Der grundlegende <strong>Perspektivenwechsel</strong> e<strong>in</strong>es IKÖ-Konzeptes auf Bundesebene<br />

besteht dar<strong>in</strong>, dass nicht mehr die (angeblichen o<strong>der</strong> tatsächlichen)<br />

Probleme und Schwierigkeiten, die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er<br />

machen o<strong>der</strong> haben, im Mittelpunkt stehen. Gefragt wird<br />

vielmehr, wie sich Organisationen und politische Konzepte än<strong>der</strong>n<br />

müssen, um dem Ziel <strong>der</strong> Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft näher zu kommen.<br />

Organisationen fit<br />

machen für die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft<br />

Interkulturelle Öffnung ist e<strong>in</strong> Instrument mit dem Ziel <strong>der</strong> gleichberechtigten<br />

Teilhabe und <strong>der</strong> Verwirklichung von Chancengleichheit<br />

von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern und ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> allen<br />

Lebensbereichen und <strong>in</strong> allen Politikfel<strong>der</strong>n. Das Beson<strong>der</strong>e ist, dass<br />

IKÖ-Prozesse die gesamte Organisation und e<strong>in</strong> gesamtes Politikfeld<br />

und nicht nur e<strong>in</strong>zelne Themen und Bereiche betreffen.<br />

15


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Wie kann e<strong>in</strong> solcher Prozess organisiert werden?<br />

Phasen <strong>der</strong> IKÖ<br />

Der Prozess <strong>der</strong> Interkulturellen Öffnung ist zeit- und ressourcenaufwändig.<br />

Wenn er erfolgreich se<strong>in</strong> soll, ist e<strong>in</strong>e „strategische Steuerung“<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Sie umfasst die Phasen: Vorbereitung und Sensibilisierung,<br />

Bestandsaufnahme, Ziele vere<strong>in</strong>baren und Handlungsfel<strong>der</strong> festlegen,<br />

Handlungskonzepte entwickeln und umsetzen und Wirkungen analysieren<br />

und <strong>in</strong> neue Handlungskonzepte e<strong>in</strong>fließen lassen. Integrationsund<br />

Migrationspolitik s<strong>in</strong>d nicht mit e<strong>in</strong>em speziellen Programm o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>em Gesetz abgeschlossen, son<strong>der</strong>n werden so als Daueraufgabe staatlicher<br />

Politik def<strong>in</strong>iert und konzipiert.<br />

„Top-Down“- und<br />

„Bottom-Up“-Pr<strong>in</strong>zip<br />

Von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung ist, dass <strong>der</strong> gesamte Prozess „von oben<br />

gewollt“ (Top-Down) und „von unten getragen“ (Bottom-Up) wird.<br />

E<strong>in</strong>geleitet wird die IKÖ mit e<strong>in</strong>er Vorbereitungs- und Sensibilisierungsphase.<br />

IKÖ kann nur funktionieren, wenn die Bundesregierung und die<br />

Bundesm<strong>in</strong>ister diese Verän<strong>der</strong>ungen wollen und den Prozess <strong>in</strong>itiieren<br />

und aktiv mittragen. Migrations- und Integrationspolitik müssen zur<br />

Chefsache werden. Es muss e<strong>in</strong> neues Leitbild, e<strong>in</strong> neues Selbstverständnis<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft formuliert werden, das die<br />

oben beschriebene Teilung <strong>der</strong> Bevölkerung <strong>in</strong> „Wir“ und „Die“ überw<strong>in</strong>det.<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Bundesregierung ist es, diese politische Prioritätensetzung<br />

<strong>in</strong> die M<strong>in</strong>isterien und nachgeordneten Behörden zu tragen, um so den<br />

Politik- und Perspektivwechsel <strong>in</strong> Gang zu setzen. Es folgt e<strong>in</strong>e nicht zu<br />

kurze Phase, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Abteilungen, Referate und sonstigen Arbeitse<strong>in</strong>heiten<br />

dieses neue Leitbild diskutieren und die Relevanz für ihre<br />

Arbeit e<strong>in</strong>schätzen.<br />

Bestandsaufnahme <strong>in</strong><br />

den Organisationen<br />

Alle M<strong>in</strong>isterien listen auf, welche speziellen Angebote zur Integrationsför<strong>der</strong>ung<br />

bestehen und <strong>in</strong> welchen Bereichen sie mit E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsfragen<br />

befasst s<strong>in</strong>d. Auch durchforsten sie die Politikbereiche, bei<br />

denen Fragen <strong>der</strong> Integration und Migration nicht im Mittelpunkt stehen<br />

o<strong>der</strong> noch nicht berücksichtigt s<strong>in</strong>d. Bundesprogramme s<strong>in</strong>d z. B.<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern<br />

zu evaluieren. Gesetze müssen auf ihre Auswirkungen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Verwirklichung von Chancengleichheit überprüft werden.<br />

Konkrete<br />

Zielformulierung<br />

Bei <strong>der</strong> Zielentwicklung müssen alle Beteiligten e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />

Ziele, wie z. B. „Wir wollen die Integration verbessern“ o<strong>der</strong> „Wir werden<br />

die Teilhabemöglichkeiten <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er erhöhen“, bleiben <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel wirkungslos, weil niemand weiß, was konkret getan werden<br />

soll. Entscheidend ist, dass die Ziele e<strong>in</strong>en engen Bezug zur Praxis haben.<br />

Sie sollten dem SMART-Pr<strong>in</strong>zip (spezifisch, messbar, attraktiv,<br />

realistisch und term<strong>in</strong>iert) folgen.<br />

16


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Analog zum „Gen<strong>der</strong>-Budget<strong>in</strong>g“ sollte weiterh<strong>in</strong> bei <strong>der</strong> Haushaltserstellung<br />

und Mittelvergabe e<strong>in</strong> „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er-Budget<strong>in</strong>g“ umgesetzt<br />

werden mit dem Ziel, die Gleichstellung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er zu för<strong>der</strong>n. Die Verteilung <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Ressourcen hat<br />

unmittelbaren E<strong>in</strong>fluss auf die Lebensverhältnisse e<strong>in</strong>zelner Gruppen.<br />

Die E<strong>in</strong>nahmen und Ausgaben des Staates sollten h<strong>in</strong>sichtlich ihrer<br />

Wirkungen zum Abbau <strong>der</strong> Benachteiligungen von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern überprüft werden.<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er-Budget<strong>in</strong>g<br />

Und schließlich ist e<strong>in</strong> systematisches <strong>in</strong>terkulturelles Personalmanagement<br />

<strong>der</strong> M<strong>in</strong>isterien zentraler Bestandteil <strong>der</strong> Interkulturellen Öffnung.<br />

Hierzu gehören z. B. das Personalmarket<strong>in</strong>g, die Personalauswahl,<br />

die Personalführung und die Personal- und Organisationsentwicklung<br />

und die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>in</strong>terkulturellen Kompetenz aller Beschäftigten.<br />

Interkulturelles<br />

Personalmanagement<br />

Was heißt Interkulturelle Öffnung auf Bundesebene?<br />

• Bisherige Ansätze <strong>der</strong> Interkulturellen Öffnung auf Bundesebene greifen zu kurz.<br />

• Interkulturelle Öffnung ist e<strong>in</strong> systematischer, zeitbeanspruchen<strong>der</strong> und ressourcenaufwändiger<br />

Prozess <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung von Politikfel<strong>der</strong>n und Organisationen.<br />

• Interkulturelle Öffnung muss durch die Spitzen <strong>der</strong> Politik und <strong>der</strong> M<strong>in</strong>isterien e<strong>in</strong>geleitet<br />

werden und muss die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter <strong>in</strong> den M<strong>in</strong>isterien e<strong>in</strong>beziehen.<br />

• E<strong>in</strong> „E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er-Budget<strong>in</strong>g“ sollte e<strong>in</strong>geführt werden.<br />

• Bei Gesetzes<strong>in</strong>itiativen ist z. B. systematisch zu prüfen, welche Wirkungen sie h<strong>in</strong>sichtlich<br />

des Abbaus sozialer Ungleichheit von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern haben.<br />

• E<strong>in</strong> systematisches <strong>in</strong>terkulturelles Personalmanagement ist e<strong>in</strong>zuführen.<br />

Integrationsmonitor<strong>in</strong>g und Evaluation<br />

Integrationsmonitor<strong>in</strong>g und Evaluation s<strong>in</strong>d zentrale Bestandteile zur<br />

Weiterentwicklung <strong>der</strong> Integrationspolitik. Die Bundesregierung hat<br />

2009 und 2012 Integrations<strong>in</strong>dikatorenberichte vorgelegt. Zudem gibt<br />

es zahlreiche empirische Forschungsprojekte, u. a. vom Sachverständigenrat<br />

deutscher Stiftungen für Integration und Migration, die neue<br />

Ergebnisse und Sichtweisen <strong>in</strong> die Diskussionen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen.<br />

Integrationsmonitor<strong>in</strong>g<br />

wichtig<br />

Die bisher vorliegenden Ergebnisse leisten wichtige Beiträge für e<strong>in</strong>e<br />

differenzierte Analyse des Integrationsgeschehens. Kritisch anzumerken<br />

ist jedoch, dass die Beobachtung des Integrationsgeschehens im<br />

Wesentlichen aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft erfolgt,<br />

sich auf die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er konzentriert und<br />

Neue Fragestellungen<br />

und Indikatoren s<strong>in</strong>d<br />

nötig<br />

17


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

die Integrationsbereitschaft <strong>der</strong> alte<strong>in</strong>gesessenen Bevölkerung vernachlässigt.<br />

Die fortschreitende Vielfalt <strong>der</strong> (Migrations-)Bevölkerung erlaubt<br />

aber immer weniger verallgeme<strong>in</strong>ernde Aussagen: Generationenzugehörigkeit,<br />

regionale Gesichtspunkte, Migrationsbiographien, Integrationsverläufe<br />

und Integrationsmuster spielen z. B. e<strong>in</strong>e Rolle. So<br />

zeigen die Integrations<strong>in</strong>dikatorenberichte unter an<strong>der</strong>em, dass <strong>der</strong><br />

Migrationsh<strong>in</strong>tergrund im H<strong>in</strong>blick auf die Teilhabechancen an Bedeutung<br />

verliert, wenn an<strong>der</strong>e Faktoren wie z. B. Alter, Geschlecht,<br />

Bildung, E<strong>in</strong>kommen, e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />

Integrationsmonitor<strong>in</strong>g<br />

<strong>in</strong> Sozialberichterstattung<br />

<strong>in</strong>tegrieren<br />

Deshalb ist e<strong>in</strong>e grundlegende Neuausrichtung des Integrationsmonitor<strong>in</strong>gs<br />

nötig. Stärker zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d schicht- bzw. milieuspezifische<br />

Faktoren, die Integrationsbereitschaft <strong>der</strong> alte<strong>in</strong>gesessenen<br />

Bevölkerung und die Perspektive <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er.<br />

Längerfristig sollte die Integrationsberichterstattung <strong>in</strong> die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Sozial- und Bildungsberichterstattung <strong>in</strong>tegriert werden. Die Aufmerksamkeit<br />

sollte verstärkt auf jene Mechanismen gerichtet werden, die<br />

bewirken, dass aus Heterogenität soziale Ungleichheiten resultieren.<br />

Die Vielfalt von Berichterstattungen führt e<strong>in</strong>erseits zu Unübersichtlichkeit,<br />

an<strong>der</strong>erseits wird dadurch das Wissen vermehrt. Es sollte geprüft<br />

werden, ob Doppelarbeit durch e<strong>in</strong> abgestimmtes Monitor<strong>in</strong>gkonzept<br />

vermieden werden kann. S<strong>in</strong>nvoll ist sicherlich e<strong>in</strong>e systematische<br />

Zusammenführung <strong>der</strong> Befunde zur Erleichterung politischer<br />

Planungsprozesse.<br />

Evaluation als Grundlage<br />

e<strong>in</strong>er kohärenten<br />

Politikgestaltung<br />

Evaluation ist e<strong>in</strong> Verfahren, um wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse<br />

über die Wirkungen von Politiken, Programmen und Maßnahmen<br />

zu gew<strong>in</strong>nen. Sie bedient sich <strong>der</strong> Daten aus Monitor<strong>in</strong>gs, aber aus<br />

Monitor<strong>in</strong>g-Daten kann nicht umstandslos auf Wirkungen geschlossen<br />

werden.<br />

Die Bundesregierung hat bisher auf e<strong>in</strong>e systematische Evalua tion <strong>der</strong><br />

Umsetzung des Nationalen Aktionsplans verzichtet. Zwar erfolgt e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>terne Fortschrittskontrolle <strong>der</strong> beteiligten Akteure, die aber den Ansprüchen<br />

e<strong>in</strong>er objektiven und umfassenden Evaluation nicht genügt.<br />

Es fehlt e<strong>in</strong>e externe und langfristig angelegte (Wirkungs-)Evaluation<br />

<strong>der</strong> Inte grationspolitik des Bundes und se<strong>in</strong>er Instrumente, wie sie <strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>en Politikfel<strong>der</strong>n (z. B. Arbeitsmarkt- und Familienpolitik) praktiziert<br />

wird.<br />

Die Evaluation von Integrationspolitiken stellt e<strong>in</strong> bisher vernachlässigtes<br />

Feld dar. Angesichts zukünftiger Migrationsbewegungen und<br />

transnationaler Vernetzungen steht die Migrations- und Integrationspolitik<br />

vor neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen. E<strong>in</strong>e unabhängige Beobachtung<br />

und Evaluation <strong>der</strong> Migrations- und Integrationspolitik ist Grundlage<br />

e<strong>in</strong>er zukunftsorientierten Politik.<br />

18


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Weshalb ist e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung von Integrationsmonitor<strong>in</strong>g und Evaluation wichtig?<br />

• Die bisherigen Berichte konzentrieren sich e<strong>in</strong>seitig auf die „Integrationsleistungen“<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen.<br />

• Die „Integrationsbereitschaft“ <strong>der</strong> alte<strong>in</strong>gesessenen Bevölkerung gerät zu selten <strong>in</strong><br />

den Blick.<br />

• E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsspezifische Indikatoren und allgeme<strong>in</strong>e Indikatoren zur Beschreibung<br />

<strong>der</strong> Lebenslage s<strong>in</strong>d mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu verb<strong>in</strong>den.<br />

• Längerfristig sollte die Integrationsberichterstattung <strong>in</strong> die allgeme<strong>in</strong>e Sozial- und<br />

Bildungsberichterstattung <strong>in</strong>tegriert werden.<br />

• E<strong>in</strong>e unabhängige Evaluation <strong>der</strong> Migrations- und Integrationspolitik des Bundes fehlt<br />

bisher, ist aber für e<strong>in</strong>e kohärente Politikgestaltung notwendig.<br />

19


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

5. Perspektivwechsel 3: Kohärente Migrationspolitik gestalten<br />

Bisherige Reformbemühungen s<strong>in</strong>d unzureichend<br />

Unvollendete<br />

Reformen<br />

Die deutsche Migrationspolitik wurde <strong>in</strong> den vergangenen 15 Jahren –<br />

seit die rot-grüne Regierungskoalition 1998 den jahrzehntelangen<br />

Stillstand <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Migrationspolitik beendete – grundlegend<br />

reformiert. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d die Reformen bis heute unvollendet und es<br />

wurde auch nicht offensiv genug für sie geworben. Die bisherige<br />

Öffnung war nicht ausreichend: Der Fachkräftebedarf wird aufgrund<br />

<strong>der</strong> demografischen Alterung und Schrumpfung so schnell wachsen,<br />

dass nicht nur die <strong>in</strong>ländischen Arbeitskräftepotenziale bei Frauen,<br />

Menschen mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung, schlechter Qualifizierten, Älteren und<br />

bereits hier lebenden E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen sehr viel besser<br />

genutzt werden müssen. Auch die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung muss ausgeweitet<br />

werden, und dafür muss im In- und Ausland aktiv geworben werden.<br />

Hier muss e<strong>in</strong> Perspektivwechsel erfolgen, und die Arbeitsmarkt- und<br />

Beschäftigungspolitik muss so mit <strong>der</strong> Migrationspolitik abgestimmt<br />

werden, dass e<strong>in</strong>e kohärente Politik entsteht.<br />

Neue E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten<br />

eröffnet<br />

Mit <strong>der</strong> Reform des Staatsangehörigkeitsrechts von 2000, <strong>der</strong> Greencard-Regelung<br />

von 2001, die den deutschen Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte<br />

öffnete, sowie <strong>der</strong> Reform des Aufenthaltsgesetzes 2004 hat die<br />

rot-grüne Koalition ab 1998 die Weichen für e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ne Migrationspolitik<br />

gestellt. Die nachfolgenden Regierungen haben weitere Reformen<br />

unternommen. So wurde für hier ausgebildete ausländische<br />

Akademiker und Akademiker<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> Arbeitsmarktzugang erleichtert.<br />

Zudem wurde das deutsche Recht an neue EU-Richtl<strong>in</strong>ien angepasst,<br />

vor allem durch die „Blaue Karte EU“, die Hochqualifizierten nahezu<br />

unbeschränkte E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten bietet. Zudem wird<br />

<strong>der</strong>zeit die Beschäftigungsverordnung reformiert, so dass nun auch<br />

Beschäftigte <strong>in</strong> Ausbildungsberufen, also Fachkräfte, Zugang zum deutschen<br />

Arbeitsmarkt erhalten können, wenn sie bestimmte Voraussetzungen<br />

erfüllen.<br />

Punktesystem fehlt<br />

Angesichts <strong>der</strong> immensen demografischen Herausfor<strong>der</strong>ungen, vor<br />

denen <strong>Deutschland</strong> steht, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im H<strong>in</strong>blick auf die Alterung<br />

und Schrumpfung <strong>der</strong> erwerbstätigen Bevölkerung und die zunehmend<br />

ungleiche demografische Entwicklung, s<strong>in</strong>d diese Reformschritte aber<br />

immer noch unzureichend. Nicht nur im H<strong>in</strong>blick auf das Reformtempo,<br />

son<strong>der</strong>n auch auf den Reformumfang. Wichtige Elemente e<strong>in</strong>er<br />

umfassenden Arbeitsmigrationspolitik fehlen. So ist das System trotz<br />

<strong>der</strong> jüngeren Reformen immer noch zu stark nachfrageorientiert; an-<br />

20


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

gebotsorientierte Elemente, vor allem e<strong>in</strong> qualifikationsorientiertes<br />

Punktesystem, s<strong>in</strong>d zu schwach ausgeprägt.<br />

E<strong>in</strong> großes Manko <strong>der</strong> bisherigen Reformen ist zudem, dass sie nicht<br />

h<strong>in</strong>reichend öffentlich kommuniziert wurden. Die bisherigen Versuche<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung, um Zustimmung für die migrationspolitische<br />

Öffnung zu werben, s<strong>in</strong>d zu begrüßen, aber nicht ausreichend. Bislang<br />

führen politische und wirtschaftliche Entschei<strong>der</strong> die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsdebatte<br />

immer noch weitgehend unter sich, e<strong>in</strong>e breite öffentliche<br />

Debatte gibt es nicht. Diese aber wäre für die Akzeptanz weiterer E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung<br />

notwendig. Das gilt auch für viele kle<strong>in</strong>e und mittelständische<br />

Unternehmen, die noch nicht erkannt haben, dass <strong>Deutschland</strong><br />

mit den jüngsten Reformen <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong> im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich<br />

offenes E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungssystem hat. Schließlich wird die Öffnung<br />

auch im Ausland noch nicht h<strong>in</strong>reichend wahrgenommen, trotz <strong>der</strong><br />

jüngsten Bemühungen <strong>der</strong> Bundesregierung um e<strong>in</strong>e bessere Außendarstellung<br />

über das Internet.<br />

Öffentliche Debatte<br />

fehlt<br />

Die Folge ist die paradoxe Situation, dass <strong>Deutschland</strong> zwar <strong>in</strong>zwischen<br />

gute E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten bietet, aber immer noch nicht als<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsland gilt. Die ger<strong>in</strong>ge Zahl von <strong>in</strong> jüngerer Zeit e<strong>in</strong>gewan<strong>der</strong>ten<br />

qualifizierten Arbeitsmigrant<strong>in</strong>nen und -migranten kann<br />

dafür als Beleg dienen; sie ist e<strong>in</strong> deutlicher H<strong>in</strong>weis auf strukturelle<br />

Schwächen gerade bei <strong>der</strong> Kommunikation <strong>der</strong> Reformen. Diese Schwächen<br />

werden sich, wenn nicht gegengesteuert wird, angesichts <strong>der</strong><br />

zunehmenden Konkurrenz mit an<strong>der</strong>en alternden und schrumpfenden<br />

Industriestaaten um qualifizierte Arbeitskräfte negativ bemerkbar machen.<br />

Es droht die Gefahr, dass an<strong>der</strong>e Staaten, die eher als e<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsfreundlich<br />

wahrgenommen werden, dann auch tatsächlich die<br />

erwünschte E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung erhalten.<br />

<strong>Deutschland</strong> wird nicht<br />

als E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsland<br />

wahrgenommen<br />

Grundlegende For<strong>der</strong>ungen für die weitere Migrationspolitik<br />

Erstens muss die begonnene Reform <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsregelungen<br />

zügig vollendet werden, wobei neue angebotsorientierte Elemente, darunter<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e e<strong>in</strong> Punktesystem, aufzunehmen s<strong>in</strong>d. Dabei ist<br />

beson<strong>der</strong>er Wert darauf zu legen, dass die Regelungen aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bezogen<br />

s<strong>in</strong>d und sich ergänzen; vor allem aber müssen die Übergänge<br />

zwischen verschiedenen Statusgruppen (befristet o<strong>der</strong> unbefristet, qualifiziert<br />

o<strong>der</strong> hoch qualifiziert) erleichtert werden. Zudem müssen die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Regelungen e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungssystem „aus e<strong>in</strong>em Guss“ ergeben;<br />

die Regelungen müssen klar, e<strong>in</strong>fach, verständlich und leicht umzusetzen<br />

se<strong>in</strong>. Dazu müssen die bestehenden Regelungen weiter durchforstet<br />

werden, und überflüssige und verzichtbare Regelungen müssen<br />

gestrichen werden. Das gilt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für Regelungen, die aus Angst<br />

vor Massene<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungen verabschiedet wurden und die noch den<br />

Geist <strong>der</strong> früheren Abwehrpolitik gegenüber E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung atmen.<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungssystem<br />

„aus e<strong>in</strong>em Guss“<br />

21


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Willkommenskultur<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Zweitens muss <strong>der</strong> faktische Paradigmenwechsel zu e<strong>in</strong>er offenen E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungspolitik<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> und im Ausland auch kommuniziert<br />

und gelebt werden. Im Inland muss die neue E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungspolitik<br />

mit dem H<strong>in</strong>weis auf den demografischen Wandel, die <strong>in</strong>ternationale<br />

Wettbewerbsfähigkeit und den Beitrag von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern zu Wohlstand und Entwicklung <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> begründet<br />

werden, und es muss aktiv für sie geworben werden. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

muss die Information und Ansprache von Unternehmen und Gewerkschaften<br />

verbessert werden, und es muss e<strong>in</strong>e breite öffentliche Debatte<br />

unter E<strong>in</strong>beziehung gesellschaftlicher Organisationen stattf<strong>in</strong>den. Es<br />

reicht nicht aus, Gesetze zu verabschieden, sie müssen auch gesellschaftlich<br />

verankert werden. E<strong>in</strong>e Willkommenskultur <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

muss auf <strong>der</strong> Überzeugung beruhen, dass E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung – gleich ob<br />

befristet, wie<strong>der</strong>holt o<strong>der</strong> dauerhaft – im Interesse <strong>Deutschland</strong>s ist und<br />

dass Integration nicht nur e<strong>in</strong>e staatliche und betriebliche Aufgabe ist,<br />

son<strong>der</strong>n auch bedeutet, <strong>in</strong> den Nachbarschaften auf die neuen Mitbürger<br />

und Mitbürger<strong>in</strong>nen zuzugehen. Hier s<strong>in</strong>d vielfältige bürgerschaftliche<br />

Initiativen und Ansätze denkbar, die öffentlich unterstützt werden<br />

sollten. Ähnliches gilt auch für die Vermittlung <strong>der</strong> neuen Politik<br />

im Ausland. Hierzu müssen im Ausland Informationskampagnen organisiert<br />

werden, <strong>in</strong> denen potenzielle E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

klar und präzise über die deutsche Rechtslage, die faktischen Arbeitsmöglichkeiten<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> und generell über das Leben <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

<strong>in</strong>formiert werden. Zudem müssen kompetente Ansprechstellen<br />

im Ausland e<strong>in</strong>gerichtet werden, an die sich E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungswillige<br />

wenden können.<br />

Verb<strong>in</strong>dung<br />

von Migrations- und<br />

Entwicklungspolitik<br />

Drittens muss e<strong>in</strong>e größere Kohärenz mit an<strong>der</strong>en Politikbereichen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

mit <strong>der</strong> Entwicklungspolitik, hergestellt werden. Zu oft noch<br />

werden E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungssteuerung und Entwicklungspolitik als getrennte<br />

Politikbereiche betrachtet und vollzogen. Das wi<strong>der</strong>spricht nicht nur<br />

dem verän<strong>der</strong>ten Charakter des globalen Wan<strong>der</strong>ungsgeschehens, das<br />

immer stärker von temporären und zirkulären Wan<strong>der</strong>ungen geprägt<br />

ist. Auch Rückwan<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d zunehmend e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegraler Bestandteil<br />

von Arbeitsmigration und müssen daher bei <strong>der</strong> Konzeption von Programmen<br />

systematisch mitbedacht werden. Die Verb<strong>in</strong>dung zwischen<br />

den Politikbereichen muss auch stärker <strong>in</strong> den Blick genommen werden,<br />

weil E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er <strong>in</strong>zwischen alle<strong>in</strong> schon<br />

durch ihre Rücküberweisungen e<strong>in</strong>en weitaus größeren f<strong>in</strong>anziellen<br />

Entwicklungsbeitrag leisten als die gesamte staatliche Entwicklungshilfe<br />

aller Industriestaaten. Positive Entwicklungswirkungen entstehen<br />

aber nicht von selbst, son<strong>der</strong>n dann, wenn es faire Vere<strong>in</strong>barungen mit<br />

den Herkunftslän<strong>der</strong>n gibt, die Migration gut geregelt ist, Bra<strong>in</strong>dra<strong>in</strong> 5<br />

vermieden wird, die Rechte <strong>der</strong> Migrant<strong>in</strong>nen und Migranten gewahrt<br />

5 Unter „Bra<strong>in</strong>dra<strong>in</strong>“ wird die Auswan<strong>der</strong>ung von (hoch-)qualifizierten Arbeitskräften verstanden,<br />

die zu gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Schäden <strong>in</strong> den Auswan<strong>der</strong>ungslän<strong>der</strong>n<br />

führt.<br />

22


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

werden und die Migration entwicklungspolitisch begleitet wird, etwa<br />

durch migrationspolitische Beratung für die Herkunftslän<strong>der</strong>, durch<br />

e<strong>in</strong>e Erleichterung von Rücküberweisungen o<strong>der</strong> durch Unterstützung<br />

<strong>der</strong> entwicklungspolitischen Aktivitäten von Diasporas.<br />

Viertens erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e größere Kohärenz auch <strong>in</strong>stitutionelle Reformen.<br />

Gerade bezüglich <strong>der</strong> Frage, wie sich welche Ressorts bei <strong>der</strong> Gestaltung<br />

<strong>der</strong> Migrationspolitik abstimmen, wer die Koord<strong>in</strong>ierung übernimmt,<br />

wer über die Mittel zur Unterstützung von Migration und Integration<br />

verfügt und wie die Abstimmung auf europäischer Ebene erfolgen soll,<br />

besteht Klärungsbedarf. Dabei dürfen <strong>in</strong>stitutionelle Reformen und Än<strong>der</strong>ungen<br />

von Zuständigkeiten nicht Selbstzweck se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>er<br />

größeren Wirksamkeit, Transparenz und Sichtbarkeit <strong>der</strong> staatlichen<br />

Bemühungen dienen (siehe Perspektivwechsel 5).<br />

Institutionelle<br />

Reformen nötig<br />

Fünftens kann E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung nur dann positive gesellschaftliche Wirkungen<br />

entfalten, wenn Verdrängung, Ausbeutung und Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

auf dem Arbeitsmarkt verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t und die Rechte <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er gewahrt werden. Immer noch erleben E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen<br />

und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er <strong>in</strong> bestimmten Betrieben, aber auch<br />

<strong>in</strong> vielen privaten Haushalten, unzumutbare Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen.<br />

Neue Pflegekonzepte s<strong>in</strong>d deshalb nötig. Die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es gesetzlichen<br />

M<strong>in</strong>destlohns könnte helfen, die schlimmsten Ausbeutungsverhältnisse<br />

<strong>in</strong> den Betrieben zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Entscheidend s<strong>in</strong>d härtere<br />

Strafen für krim<strong>in</strong>elle und ausbeuterische Arbeitgeber und strengere<br />

Kontrollen. Dafür müssen allerd<strong>in</strong>gs auch die personellen und f<strong>in</strong>anziellen<br />

Voraussetzungen geschaffen werden. Wichtig ist ferner, die<br />

Umgehung von Arbeitnehmerrechten durch Sche<strong>in</strong>selbstständigkeit<br />

zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />

Ke<strong>in</strong>e Ausbeutung und<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung auf<br />

dem Arbeitsmarkt<br />

Sechstens stellt schließlich <strong>der</strong> Umgang mit E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern<br />

aus ärmeren EU-Staaten, <strong>der</strong>zeit vor allem Bulgarien und<br />

Rumänien, e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung dar. Diese E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung<br />

wird, wie alle e<strong>in</strong>schlägigen Untersuchungen zeigen, zu Unrecht pauschal<br />

als „Armutswan<strong>der</strong>ung“ abgewertet. In Wirklichkeit ist diese E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung<br />

so vielschichtig wie die aus an<strong>der</strong>en jüngeren Beitrittslän<strong>der</strong>n<br />

auch und umfasst auch viele qualifizierte E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen.<br />

Es ist entscheidend, dass die Politik immer wie<strong>der</strong> darauf<br />

verweist, dass für Bulgaren und Rumänen die gleichen Freizügigkeitsrechte<br />

wie für alle an<strong>der</strong>en EU-Bürger gelten und dass es ke<strong>in</strong> „Zwei-<br />

Klassen-Europa“ geben darf. Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit wird<br />

für diese Län<strong>der</strong> Anfang 2014 e<strong>in</strong>geführt.<br />

Ke<strong>in</strong> „Zwei-Klassen-<br />

Europa“<br />

In manche deutsche Kommunen wan<strong>der</strong>n verstärkt Roma und S<strong>in</strong>ti aus<br />

diesen Län<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>. Gründe für ihre Auswan <strong>der</strong>ung s<strong>in</strong>d ihre Perspektivlosigkeit<br />

und massive Diskrimi nierungen <strong>in</strong> den Herkunftslän<strong>der</strong>n.<br />

Die Verbesserung ihrer Lebens situation <strong>in</strong> den Herkunftslän<strong>der</strong>n ist<br />

e<strong>in</strong>e dr<strong>in</strong>gende gesamteuropäische Aufgabe. Die beson<strong>der</strong>s betroffenen<br />

Lebenssituation<br />

von S<strong>in</strong>ti und Roma<br />

verbessern<br />

23


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Kommunen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> müssen bei <strong>der</strong> Bewältigung dieser neuen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen verstärkt durch die Län<strong>der</strong> und den Bund unterstützt<br />

werden. Für die Verbesserung <strong>der</strong> Lebenssituation von Roma und<br />

S<strong>in</strong>ti <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> ist die Entwicklung und Umsetzung e<strong>in</strong>er Gesamtstrategie<br />

von Europäischer Union, Bund, Län<strong>der</strong>n und Kommunen<br />

dr<strong>in</strong>gend notwendig. Der auch <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> weitverbreitete<br />

Antiziganismus als e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Art von Rassismus muss gesell -<br />

schaftlich bekämpft werden.<br />

Weshalb ist e<strong>in</strong>e neue kohärente Migrationspolitik nötig?<br />

• Zur Mil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Folgen <strong>der</strong> demografischen Alterung und Schrumpfung ist e<strong>in</strong>e gezielte<br />

und systematische E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungspolitik erfor<strong>der</strong>lich.<br />

• <strong>Deutschland</strong> hat zwar <strong>in</strong> den letzten Jahren die Türen vor allem für Hochqualifizierte<br />

geöffnet, es fehlt aber nach wie vor im Ausland e<strong>in</strong> Image als E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsland.<br />

• Die Reformen müssen weiterentwickelt werden, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e ist die Zeit für die E<strong>in</strong>führung<br />

e<strong>in</strong>es Punktesystems als E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungs<strong>in</strong>strument überfällig.<br />

• Migrations- und Entwicklungspolitik müssen besser verzahnt werden.<br />

• Die Politik muss durch Gesetze und Kontrollen verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, dass E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungen zu<br />

Verdrängungsprozessen, Lohndump<strong>in</strong>g und unzumutbaren Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen führen.<br />

• H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Freizügigkeitsrechte <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU darf es ke<strong>in</strong> Zwei-Klassen-Europa geben.<br />

• Die Lebensperspektive von S<strong>in</strong>ti und Roma <strong>in</strong> Europa muss verbessert werden. Antiziganismus<br />

als beson<strong>der</strong>e Form des Rassismus ist zu bekämpfen.<br />

24


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

6. Perspektivwechsel 4: Flüchtl<strong>in</strong>gsschutz und humanitäres<br />

Aufenthaltsrecht auf frühzeitige Teilhabe ausrichten<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Die Lebenssituation von Asylbewerbern ist ebenso wie die von Geduldeten<br />

rechtlich auf e<strong>in</strong> Provisorium ausgerichtet. Der aufenthaltsrechtliche<br />

Status von Asylbewerbern ist erst nach Abschluss des Verfahrens<br />

geklärt: Entwe<strong>der</strong> werden sie als Asylberechtigte, Flüchtl<strong>in</strong>ge o<strong>der</strong> subsidiär<br />

Schutzberechtigte anerkannt und erhalten e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis<br />

mit den daraus resultierenden Rechten, o<strong>der</strong> sie werden abgelehnt<br />

und müssen ausreisen. Geduldete bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

formalisierten Illegalität: E<strong>in</strong> Aufenthaltstitel wurde nicht erteilt, aber<br />

solange e<strong>in</strong> tatsäch liches o<strong>der</strong> rechtliches Abschiebungsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis<br />

besteht, wird die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt.<br />

Rechtliches Provisorium<br />

Dementsprechend provisorisch ist <strong>der</strong> Aufenthalt bei<strong>der</strong> Gruppen ausgestaltet.<br />

Asylbewerber dürfen <strong>in</strong>nerhalb des ersten Jahres nicht arbeiten.<br />

Ihre Bewegungsfreiheit ist durch die so genannte Residenzpflicht<br />

beschränkt. Sie haben ke<strong>in</strong>en Zugang zu Integrationskursen. Sie s<strong>in</strong>d<br />

vielfach <strong>in</strong> dezentral gelegenen Geme<strong>in</strong>schaftsunterkünften untergebracht.<br />

Sie erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz,<br />

also e<strong>in</strong>e materielle und gesundheitliche Fürsorge, die unterhalb <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Regelsysteme liegt. Die Lage von Geduldeten ist weitgehend gleich.<br />

Soziales Provisorium<br />

Aber wie verhält es sich mit dem verme<strong>in</strong>tlich provisorischen Aufenthalt<br />

tatsächlich? Schauen wir auf die Asylbewerber: 2012 betrug die<br />

Gesamtschutzquote – Anerkennung als Asylberechtigte, Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />

o<strong>der</strong> subsidiär Schutzberechtigte – 27,7 Prozent, im Schnitt <strong>der</strong> vergangenen<br />

fünf Jahre 28,5 Prozent. H<strong>in</strong>zugerechnet werden muss die –<br />

empirisch nicht erhobene, Praktikern zufolge aber erhebliche – Zahl<br />

<strong>der</strong>er, <strong>der</strong>en Asylantrag erst vor dem Verwaltungsgericht Erfolg hat.<br />

E<strong>in</strong> erheblicher Anteil bleibt also schon aufgrund <strong>der</strong> Anerkennung<br />

als schutzbedürftig langfristig <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>.<br />

Tatsächlich längerer<br />

Aufenthalt<br />

Zum aufenthaltsrechtlichen Verbleib <strong>der</strong> übrigen 71,5 Prozent gibt es<br />

ke<strong>in</strong>e Studien. Es ist davon auszugehen, dass auch von ihnen viele bleiben.<br />

Zum e<strong>in</strong>en dürften manche e<strong>in</strong>e Legalisierung des Aufenthalts<br />

durch Wechsel <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e Aufenthaltszwecke vollziehen, etwa durch<br />

Heirat o<strong>der</strong> Geburt von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Zum an<strong>der</strong>en ist<br />

davon auszugehen, dass e<strong>in</strong> weiterer Anteil abgelehnter Asylbewerber<br />

25


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

wegen Ausreiseh<strong>in</strong><strong>der</strong>nissen nicht abgeschoben werden kann und sich<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> zuletzt rund 85.000 Geduldeten wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>det (Stichtag<br />

8/2012). Und auch bei diesen erweist sich die Idee des Provisoriums<br />

als realitätsfern: Von den Geduldeten lebten 2012 immerh<strong>in</strong> 46 Prozent<br />

länger als sechs Jahre <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>. Von den langjährig Geduldeten<br />

wie<strong>der</strong>um haben viele über verschiedene Bleiberechtsregelungen<br />

zwischen 2006 und 2012 den Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Aufenthaltserlaubnis gefunden.<br />

Kurzum: Viele, vielleicht gar <strong>der</strong> größere Teil von Asylbewerbern<br />

und Geduldeten, bleiben.<br />

Frühzeitig Teilhabe<br />

ermöglichen<br />

Stellt sich dies im E<strong>in</strong>zelfall heraus, setzt <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuelle <strong>in</strong>tegrationspolitische<br />

Reparaturbetrieb an: Nach langjährigem Aufenthalt ohne<br />

Zugang zu Integrationsmaßnahmen holen die Betroffenen Sprachkenntnisse<br />

nach, werden <strong>in</strong> Qualifizierungsmaßnahmen vermittelt<br />

und ihre Re<strong>in</strong>tegration <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt angestrebt. Hier muss e<strong>in</strong><br />

Perspektivwechsel e<strong>in</strong>setzen, <strong>der</strong> teils schon vollzogen wird: Es gilt<br />

nüchtern anzuerkennen, dass viele Asylbewerber und Geduldete dauerhaft<br />

bleiben. Statt langjähriger Des<strong>in</strong>tegration muss frühzeitig gesellschaftliche<br />

Teilhabe ermöglicht werden. Den Betroffenen gibt dies mehr<br />

Selbstbestimmung, dem Staat spart es Arbeits- und Kostenaufwand.<br />

Dafür s<strong>in</strong>d folgende Maßnahmen zentral:<br />

Arbeitsmarktzugang<br />

erleichtern<br />

Räumliche Beschränkung<br />

des Aufenthaltes<br />

aufheben<br />

Zugang zu<br />

Integrationskursen<br />

Asylbewerberleistungsgesetz<br />

reformieren<br />

• Der Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber ist durch die Neufassung<br />

<strong>der</strong> so genannten Aufnahmebed<strong>in</strong>gungen-Richtl<strong>in</strong>ie auf<br />

EU-Ebene schon auf neun Monate abgesenkt worden. Es steht den<br />

Mitgliedstaaten frei, diese neun Monate noch zu unterschreiten,<br />

also früheren Zugang zu ermöglichen – e<strong>in</strong> Freiraum, den sie nutzen<br />

sollten.<br />

• Die Beschränkung des räumlichen Aufenthaltes, oft als Residenzpflicht<br />

bezeichnet, ist zum e<strong>in</strong>en dadurch abgeschwächt worden,<br />

dass bei Arbeitsaufnahme e<strong>in</strong>e generelle Ausnahmeregelung gilt.<br />

Zum an<strong>der</strong>en haben mittlerweile zehn Bundeslän<strong>der</strong> den landesweiten<br />

Aufenthalt ermöglicht, teilweise auch zwischen e<strong>in</strong>zelnen Bundeslän<strong>der</strong>n.<br />

Überfällig ist <strong>der</strong> nächste Schritt, die räumliche Beschränkung<br />

des Aufenthaltes für Asylbewerber und Geduldete ganz<br />

aufzuheben. Allerd<strong>in</strong>gs ist es gerechtfertigt, die Betroffenen weiter<br />

dazu zu verpflichten, ihren Wohnsitz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Geme<strong>in</strong>de,<br />

e<strong>in</strong>em Landkreis o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em Bundesland zu nehmen, um e<strong>in</strong>en gerechten<br />

Kostenausgleich zwischen den Kommunen zu gewährleisten.<br />

• Ebenso sollte Asylbewerbern und Geduldeten <strong>der</strong> Zugang zu Integrationskursen<br />

ermöglicht werden, wie es die Integrationsm<strong>in</strong>isterkonferenz<br />

2012 gefor<strong>der</strong>t hat.<br />

• Zuletzt wirkt auch das Asylbewerberleistungsgesetz des<strong>in</strong>tegrierend –<br />

von ger<strong>in</strong>geren Leistungen, e<strong>in</strong>schließlich mediz<strong>in</strong>ischer, bis h<strong>in</strong><br />

zum Sachleistungspr<strong>in</strong>zip und <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaftsunterkünften.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat es 2012 für verfas-<br />

26


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

sungswidrig erklärt, ohne dass <strong>der</strong> Gesetzgeber bislang Konsequenzen<br />

gezogen hat. Ob man das Gesetz umfassend reformiert o<strong>der</strong> abschafft,<br />

sicher ist, dass die Leistungen für Asylbewerber und Geduldete<br />

neu geregelt werden müssen und dabei dem oben genannten<br />

<strong>in</strong>tegrativen Gedanken Rechnung getragen werden muss.<br />

• Das be<strong>in</strong>haltet auch e<strong>in</strong>e Neuorientierung bei <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong><br />

Asylbewerber: Geme<strong>in</strong>schaftsunterkünfte sollten nicht länger die<br />

Regel, son<strong>der</strong>n die Ausnahme se<strong>in</strong>. Besser ist e<strong>in</strong>e Verteilung auf<br />

Wohnungen über das gesamte Stadtgebiet. Im Übrigen muss bei <strong>der</strong><br />

Unterbr<strong>in</strong>gung von Asylbewerbern stets vor Ort aufgeklärt und um<br />

Verständnis geworben werden, etwa durch Quartiersmanagement.<br />

Nur so lassen sich Vorurteile abbauen und ablehnende Reaktionen<br />

<strong>der</strong> Bewohner und Bewohner<strong>in</strong>nen vermeiden.<br />

Sammelunterkünfte<br />

vermeiden, Verteilung<br />

auf Wohnungen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Europäischen Union<br />

E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> wichtigsten Herausfor<strong>der</strong>ungen auf EU-Ebene ist die Frage<br />

nach e<strong>in</strong>er solidarischen Verantwortungsteilung.<br />

E<strong>in</strong> Asylbewerber hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU nur Anspruch auf e<strong>in</strong> Asylverfahren.<br />

Daher bedarf es e<strong>in</strong>er Verteilung <strong>der</strong> Zuständigkeiten. Diese s<strong>in</strong>d <strong>der</strong>zeit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> so genannten Dubl<strong>in</strong>-Verordnung normiert. Im Regelfall begründet<br />

sie die Zuständigkeit für den Mitgliedstaat, auf dessen Territorium<br />

<strong>der</strong> illegale Grenzübertritt erfolgt ist. Folglich haben die Mitgliedstaaten<br />

an den Außengrenzen die Zuständigkeit für überproportional viele<br />

Anträge und klagen, überlastet zu se<strong>in</strong>. Die Asylbewerber <strong>in</strong>des s<strong>in</strong>d<br />

alle<strong>in</strong> gelassen: In Griechenland beispielsweise gibt es nur ger<strong>in</strong>ge<br />

Chancen, überhaupt e<strong>in</strong>en Antrag stellen zu können. Selbst wer dies<br />

schafft, hat m<strong>in</strong>imale Anerkennungschancen, und während des Verfahrens<br />

drohen Obdachlosigkeit o<strong>der</strong> Inhaftierung. Auch aus an<strong>der</strong>en<br />

Mitgliedstaaten, beispielsweise Ungarn, berichten NGOs ähnliche<br />

Zustände. H<strong>in</strong>zu kommt, dass die Anerkennungs-, Verfahrens- und<br />

Aufnahmebed<strong>in</strong>gungen auf dem Papier EU-weit gleich s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Praxis aber bis heute drastisch ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>klaffen. Längst hat sich unter<br />

NGOs <strong>der</strong> treffende Begriff <strong>der</strong> Asyl-Lotterie durchgesetzt.<br />

Aufnahme- und<br />

Anerkennungsverfahren<br />

Klar ist deshalb, dass das ungerechte Zuständigkeitssystem langfristig<br />

durch e<strong>in</strong> solidarisches System <strong>der</strong> Verantwortungsteilung ersetzt werden<br />

muss. Zu klären ist aber noch, wie dies klug gestaltet werden könnte:<br />

Zurück zum „free-choice“-Pr<strong>in</strong>zip, wonach e<strong>in</strong> Asylbewerber selbst<br />

wählen kann, wo er beantragt? Umverteilung von Personen analog<br />

zum Königste<strong>in</strong>er Schlüssel anhand von Quoten? F<strong>in</strong>anzieller Ausgleich<br />

anhand abstrakter Quoten? Zwischenformen zwischen den genannten<br />

Ansätzen?<br />

Solidarische<br />

Verantwortungsteilung<br />

27


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Die Suche nach e<strong>in</strong>er Alternative zu Dubl<strong>in</strong> berührt den menschenrechtskonformen<br />

Umgang mit Schutzsuchenden und damit Grundwerte<br />

<strong>der</strong> EU. Zudem ist sie für die europäische Integration als solche<br />

bedeutsam, weil sie die Frage nach dem solidarischen Umgang <strong>der</strong><br />

Mitgliedstaaten untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stellt. Zuletzt berührt sie auch die Integration<br />

<strong>in</strong> den betroffenen Mitgliedstaaten – Elendslager und Obdachlosigkeit<br />

stoßen die Betroffenen aus und spalten die Gesellschaft.<br />

Weshalb ist die Neuausrichtung <strong>der</strong> Flüchtl<strong>in</strong>gspolitik notwendig?<br />

• Der rechtliche Aufenthaltsstatus vieler Asylbewerber und Geduldeter bleibt über Jahre<br />

häufig provisorisch, obwohl sich ihre Lebensperspektive <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> verfestigt.<br />

• Deshalb sollten bereits frühzeitig Integrationsangebote gemacht und Teilhabemöglichkeiten<br />

eröffnet werden.<br />

• Die räumliche Beschränkung des Aufenthaltes von Asylbewerbern ist gänzlich aufzuheben<br />

und die sozialen Leistungen für Asylbewerber und Geduldete müssen an die realen<br />

Bedürfnisse angepasst werden.<br />

• Sammelunterkünfte sollten vermieden und die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> Wohnungen zur Regel<br />

werden. Bei <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung s<strong>in</strong>d die Bewohner<strong>in</strong>nen und Bewohner <strong>in</strong> den Quartieren<br />

<strong>in</strong> Planungsprozesse e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />

• Auf <strong>der</strong> europäischen Ebene ist e<strong>in</strong>e solidarische Verantwortungsteilung aller Mitgliedsstaaten<br />

bei <strong>der</strong> Aufnahme von Asylbewerbern e<strong>in</strong>e dr<strong>in</strong>gende Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />

28


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

7. Perspektivwechsel 5: Neuordnung <strong>der</strong> Organisation und <strong>der</strong><br />

Zuständigkeiten <strong>der</strong> Migrations- und Integrationspolitik ist erfor<strong>der</strong>lich<br />

Strukturen <strong>der</strong> Integrationspolitik<br />

Wer Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe politisch ernst nehmen<br />

will, muss sie strukturell wirkungsvoll verankern. Bei <strong>der</strong> Frage,<br />

wer für die Integrationspolitik zuständig se<strong>in</strong> soll, muss die Durchsetzungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Institution im Mittelpunkt stehen.<br />

Kriterium:<br />

Durchsetzungsfähigkeit<br />

Die Integrationspolitik ist <strong>in</strong> den letzten Jahren <strong>in</strong> öffentlichen Behörden<br />

und M<strong>in</strong>isterien stärker <strong>in</strong>stitutionell verankert worden. Dies gilt<br />

für alle Ebenen im fö<strong>der</strong>alen System. Bereits seit 1980 gab es beispielsweise<br />

<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen mit den „RAA“ (Regionale Arbeitsstellen<br />

zur För<strong>der</strong>ung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen aus Zuwan<strong>der</strong>erfamilien)<br />

Strukturen für die Integrationsarbeit vor Ort. In den Landesm<strong>in</strong>isterien<br />

bildeten sich seit den 1980er Jahren erste Referate und Gruppen mit<br />

Zuständigkeiten für <strong>in</strong>tegrationspolitische Themen. Mittlerweile führen<br />

<strong>in</strong> den meisten Bundeslän<strong>der</strong>n die für Integration zuständigen<br />

M<strong>in</strong>isterien diese Aufgabe auch <strong>in</strong> ihrer offiziellen Bezeichnung. Die<br />

konkreten Zuschnitte s<strong>in</strong>d dabei sehr unterschiedlich: In <strong>der</strong> Mehrzahl<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> ist Integration dem Arbeits- und/o<strong>der</strong> Sozialm<strong>in</strong>isterium<br />

zugeordnet. E<strong>in</strong> Bundesland, Baden-Württemberg, hat e<strong>in</strong> eigenständiges<br />

Integrationsm<strong>in</strong>isterium.<br />

Unterschiedliche<br />

Lösungen <strong>in</strong> den<br />

Län<strong>der</strong>n<br />

In <strong>der</strong> Regel haben diese Landesm<strong>in</strong>isterien gesetzgeberische und verwaltungstechnische<br />

Zuständigkeiten für die För<strong>der</strong>ung von Chancengleichheit<br />

und von zivilgesellschaftlichem Empowerment. Nur <strong>in</strong><br />

Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz ist das für Integration zuständige M<strong>in</strong>isterium auch<br />

für das Auslän<strong>der</strong>- und Aufenthaltsrecht zuständig. Neben den M<strong>in</strong>isterien<br />

besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bundeslän<strong>der</strong>n zudem die Position des „Integrationsbeauftragten“<br />

fort, <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en wurde dieses Amt <strong>in</strong> die Struktur<br />

des jeweils zuständigen M<strong>in</strong>isteriums e<strong>in</strong>gefügt.<br />

Gerade die für die rechtliche Situation von E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong><strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ern<br />

und ihrer Nachkommen entscheidenden Gesetzesmaterien<br />

bef<strong>in</strong>den sich also i.d.R. außerhalb <strong>der</strong> Zuständigkeit <strong>der</strong> Integrationsm<strong>in</strong>isterien.<br />

29


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Unzureichende Kompetenzen<br />

des Amtes <strong>der</strong><br />

Bundes-Integrationsbeauftragten<br />

Auf <strong>der</strong> Bundesebene ist das Amt <strong>der</strong> Integrationsbeauftragten im<br />

Bundeskanzleramt angesiedelt. Ausreichende Zuständigkeiten besitzt<br />

es aber nicht. Im Kern beschränkt sich die Tätigkeit <strong>der</strong> Integrationsstaatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />

auf die Funktion als „Ombudsmann“ bzw. „Ombudsfrau“<br />

für die E<strong>in</strong>gewan<strong>der</strong>ten. Die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> die Hierarchie im<br />

Bundeskanzleramt schränkt die Möglichkeit, diese Rolle auch tatsächlich<br />

wahrzunehmen, deutlich e<strong>in</strong>. Zudem fehlt dem Amt e<strong>in</strong>e angemessene<br />

operative Zuständigkeit: Es ist zwar bei Gesetzes<strong>in</strong>itiativen<br />

beteiligt und kann <strong>der</strong> Bundesregierung Vorschläge machen und Stellungnahmen<br />

zuleiten, verfügt aber nicht über ausreichende eigene<br />

Mittel zur Umsetzung von Programmen und Initiativen, die über symbolisches<br />

Handeln h<strong>in</strong>ausgehen. Außerdem ist <strong>der</strong> Integrationsstaatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />

durch die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> die Hierarchie des Bundeskanzleramtes<br />

die Möglichkeit zum offenen Konflikt mit an<strong>der</strong>en M<strong>in</strong>isterien<br />

weitgehend verstellt. Das Bundeskanzleramt ist e<strong>in</strong> koord<strong>in</strong>ierendes<br />

M<strong>in</strong>isterium, das für die politische Fe<strong>in</strong>abstimmung zwischen den<br />

Häusern sorgen muss, nicht aber <strong>in</strong> jede Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung um e<strong>in</strong>zelne<br />

Fragestellungen gehen kann.<br />

Momentan: BMI und<br />

BAMF zuständig<br />

Faktisch wird die Integrationspolitik auf Bundesebene im Bundes<strong>in</strong>nenm<strong>in</strong>isterium<br />

(BMI) bestimmt. Neben <strong>der</strong> Zuständigkeit für das<br />

Auslän<strong>der</strong>- und Aufenthaltsrecht sowie für das Staatsangehörigkeitsrecht<br />

verfügt das BMI mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />

(BAMF) über e<strong>in</strong>e große nachgeordnete Behörde. Das BAMF ist<br />

u. a. für die Umsetzung von För<strong>der</strong>programmen und die Organisation<br />

<strong>der</strong> Integrationskurse zuständig und betreibt auch wissenschaftliche<br />

Forschung.<br />

Im Ergebnis wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Wahrnehmung die Integrationspolitik<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung vor allem als Sicherheitspolitik wahrgenommen.<br />

Die Art <strong>der</strong> Durchführung von „Integrationsgipfel“ und<br />

„Islamgipfel“ haben zudem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit dazu beigetragen, das<br />

Thema Integrationspolitik vor allem mit „dem“ Islam zu verb<strong>in</strong>den.<br />

Zudem passt die Ressortierung auf Bundes- und auf Län<strong>der</strong>ebene nicht<br />

zusammen, was die Aushandlungsprozesse im fö<strong>der</strong>alen System erschwert.<br />

E<strong>in</strong> M<strong>in</strong>isterium, das entsprechend <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Perspektivwechseln formulierten<br />

Kriterien Politik betreiben könnte, ist also auf Bundesebene<br />

nicht vorhanden. Die „Aufwertung“ des Amtes <strong>der</strong> Integrationsbeauftragten<br />

als Position im Kanzleramt ist über Symbolpolitik nicht h<strong>in</strong>ausgekommen.<br />

Die schwerpunktmäßige Verankerung von Integrationspolitik<br />

im Innenm<strong>in</strong>isterium führt zu e<strong>in</strong>er politischen Engführung des<br />

Themenspektrums.<br />

30


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Wir schlagen vor:<br />

Die Integrationspolitik sollte als eigenständige Abteilung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Bundesm<strong>in</strong>isterium verankert werden. Dies würde zum e<strong>in</strong>en das Thema<br />

endlich ernsthaft „an den Kab<strong>in</strong>ettstisch“ br<strong>in</strong>gen, und zum an<strong>der</strong>en<br />

auch das M<strong>in</strong>isterium für die Umsetzung <strong>der</strong> Politik zuständig<br />

machen, das sie auch formuliert hat.<br />

Als erste Option bietet sich u. E. e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> das Bundesm<strong>in</strong>isterium<br />

für Arbeit und Soziales an. Gesellschaftliche Teilhabe erfolgt<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> nach wie vor <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie über Teilhabe auf dem<br />

Arbeitsmarkt. Gerade hier s<strong>in</strong>d Benachteiligungen aktuell zudem beson<strong>der</strong>s<br />

hoch. Durch diese neue Zuständigkeitsregelung ist auch e<strong>in</strong>e<br />

Verb<strong>in</strong>dung von Migrations- und Integrationspolitik leichter möglich.<br />

Wie oben ausgeführt (Perspektivwechsel 3) gehen wir von e<strong>in</strong>er stärkeren<br />

Neue<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> Zukunft aus; neue Instrumente <strong>der</strong> arbeitsmarktbezogenen<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungssteuerung s<strong>in</strong>d nötig. Neben <strong>der</strong><br />

eigenen Umsetzung <strong>der</strong> Integrationspolitik wäre für das M<strong>in</strong>isterium<br />

entscheidend, den Gedanken <strong>der</strong> Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe<br />

auch <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit den an<strong>der</strong>en M<strong>in</strong>isterien voranzutreiben.<br />

Aus diesem Grund ist es wichtig, die Integrationspolitik bei<br />

e<strong>in</strong>em „starken“, durchsetzungsfähigen M<strong>in</strong>isterium anzusiedeln, das<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Bundesregierung über Verhandlungsmacht und E<strong>in</strong>fluss<br />

verfügt. Diese neue Zuordnung würde nicht nur <strong>der</strong> Ressortierung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> entsprechen, son<strong>der</strong>n böte auch vielfältige<br />

fachpolitische Anknüpfungsmöglichkeiten. Das BMAS hat auch Erfahrungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Projektför<strong>der</strong>ung und <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit Wohlfahrtsverbänden<br />

und an<strong>der</strong>en freien Trägern.<br />

Fe<strong>der</strong>führung sollte<br />

im BMAS liegen<br />

Nötig wäre zudem e<strong>in</strong> Umbau <strong>der</strong> auslän<strong>der</strong>rechtlichen Zuständigkeiten<br />

im BMI. Die Auslegung und Weiterentwicklung des Aufenthaltsrechts<br />

sollte <strong>in</strong> Zukunft von <strong>der</strong> Prämisse „Wie können die Leute mit<br />

dem für sie besten Aufenthaltsstatus hier bleiben“ geleitet werden. E<strong>in</strong><br />

solcher Kulturwandel ersche<strong>in</strong>t möglich, wenn er von <strong>der</strong> Haus spitze<br />

gewollt und e<strong>in</strong>gefor<strong>der</strong>t wird. E<strong>in</strong>e vollständige Herauslösung des Auslän<strong>der</strong>-<br />

und Aufenthaltsrechts aus dem Innenm<strong>in</strong>isterium ersche<strong>in</strong>t<br />

aktuell nicht möglich.<br />

BMI weiter zuständig<br />

für Aufenthaltsrecht<br />

Geän<strong>der</strong>t werden müsste die Struktur und die Zuordnung des BAMF.<br />

Die auf Flüchtl<strong>in</strong>gsaufnahme und Flüchtl<strong>in</strong>gsschutz orientierten Arbeitse<strong>in</strong>heiten<br />

sollten im Zuständigkeitsbereich des BMI verbleiben,<br />

aber die für die Inte grationspolitik relevanten Arbeitse<strong>in</strong>heiten sollten<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues beim Arbeits- und Sozialm<strong>in</strong>isterium angesiedeltes „Bundesamt<br />

für Integration“ überführt werden. Auch die Zuständigkeit für<br />

die Ausgestaltung und Umsetzung <strong>der</strong> Integrationskurse sollten dah<strong>in</strong><br />

verlagert werden.<br />

Zuständigkeiten des<br />

BAMF neu regeln<br />

31


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Amt <strong>der</strong> Integrationsbeauftragten<br />

auflösen,<br />

Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsstelle<br />

aufwerten<br />

Das Amt <strong>der</strong> Integrationsbeauftragten wird aufgelöst. Wichtig ist<br />

jedoch, e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Ombudsfunktion <strong>der</strong> Integrationsbeauftragten<br />

zu erhalten: Hier bietet sich e<strong>in</strong>e Aufwertung <strong>der</strong> Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsstelle<br />

des Bundes an. Erhalten bliebe neben <strong>der</strong> Zuständigkeit für Diskrim<strong>in</strong>ierungen<br />

von Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund die Zuständigkeit<br />

für die weiteren Tatbestände des Allgeme<strong>in</strong>en Gleichbehandlungsgesetzes<br />

(AGG). E<strong>in</strong>e solche Zuordnung würde auch das Problem<br />

des Rassismus für e<strong>in</strong> gutes Zusammenleben ernst nehmen.<br />

Die Integrationspolitik würde <strong>in</strong> Zukunft auf Bundesebene dann zum<br />

e<strong>in</strong>en durch e<strong>in</strong> neues Bundesm<strong>in</strong>isterium für Arbeit, Integration und<br />

Soziales und zum an<strong>der</strong>en durch e<strong>in</strong> neu aufgestelltes Bundesm<strong>in</strong>isterium<br />

des Innern verkörpert. Daneben kümmert sich die Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsstelle<br />

um die Sichtbarmachung und Bekämpfung von Diskrim<strong>in</strong>ierungen.<br />

Wie sollte e<strong>in</strong>e Neuordnung <strong>der</strong> Integrations- und Migrationspolitik aussehen?<br />

• Die neue Organisation sollte dem gewachsenen politischen Stellenwert e<strong>in</strong>er Integrationsund<br />

Migrationspolitik für unsere Gesellschaft gerecht werden.<br />

• Die Zuordnung <strong>der</strong> Integrationspolitik zum „starken“ durchsetzungsfähigen Arbeits- und<br />

Sozialm<strong>in</strong>isterium ersche<strong>in</strong>t angemessen.<br />

• Das Auslän<strong>der</strong>- und Aufenthaltsrecht sollte beim BMI verbleiben.<br />

• Die Aufgabenbeschreibung und -zuordnung des BAMF sollten den neuen Strukturen<br />

angepasst werden.<br />

• Das Amt <strong>der</strong> Integrationsbeauftragten ist aufzulösen.<br />

• Die Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsstelle des Bundes wird aufgewertet und ausgebaut.<br />

32


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />

Prof. Dr. Dieter Fils<strong>in</strong>ger ist Soziologe und Erziehungswissenschaftler,<br />

seit 2008 Professor für Sozialwissenschaftliche Grundlagen, Sozialpolitik<br />

und Evaluation an <strong>der</strong> Fakultät für Sozialwissenschaften <strong>der</strong> Hochschule<br />

für Technik und Wirtschaft (HTW) des Saarlandes, seit 2009 auch<br />

Dekan <strong>der</strong> Sozialwissenschaftlichen Fakultät. Wissenschaftlicher Leiter<br />

<strong>der</strong> Forschungs- und Transferstelle „Gesellschaftliche Integration und<br />

Migration“ (GIM). Se<strong>in</strong>e Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen<br />

u. a. <strong>in</strong> den Themenfel<strong>der</strong>n Migration, Integration und Interkulturalität,<br />

Bildung, sozialer Raum und soziale Integration, Evaluation im<br />

Bildungsbereich und von sozialen Dienstleistungen, qualitative Forschungsmethoden<br />

und Politikberatung.<br />

Matthias Geisthardt ist Politikwissenschaftler und wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter bei Mechthild Rawert, MdB, stellvertretende Sprecher<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Arbeitsgruppe Migration und Integration <strong>der</strong> SPD-Bundestagsfraktion.<br />

Dr. Tillmann Löhr ist als Referent bei <strong>der</strong> Bundestagsfraktion <strong>der</strong> SPD<br />

zuständig für E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung, Asyl und Integration sowie Datenschutz.<br />

Während des juristischen Referendariats arbeitete er u. a. beim<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gshoch kommissariat <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen, bevor er über<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>flüchtl<strong>in</strong>ge promovierte. Er gibt freiberuflich Fortbildungen und<br />

veröffentlicht regelmäßig zum Flüchtl<strong>in</strong>gs- und Menschenrechtsschutz<br />

sowie zu mi grationsrechtlichen Fragen.<br />

Thilo Scholle ist Jurist, arbeitet als Referent im M<strong>in</strong>isterbüro des M<strong>in</strong>isteriums<br />

für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW <strong>in</strong> Düsseldorf,<br />

wo er u. a. für das Themenfeld Integrationspolitik zuständig war.<br />

Von Sommer 2012 bis Frühjahr 2013 war er als Leiter Fachpolitik<br />

Arbeit, Integration und Soziales an die Vertretung des Landes Nordrhe<strong>in</strong>-<br />

Westfalen beim Bund <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> abgeordnet. Ehrenamtlich ist er u. a.<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> des bundesweiten Informations- und Dokumentationszentrums<br />

für Antirassismusarbeit e.V. (IDA), das sich neben an<strong>der</strong>em auch<br />

dem Thema Interkulturelle Öffnung von Jugendverbänden widmet.<br />

33


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Günther Schultze ist wissenschaftlicher Mitarbeiter <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung<br />

Wirtschafts- und Sozialpolitik <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung und Leiter<br />

des Gesprächskreises Migration und Integration. Ziel des Gesprächskreises<br />

s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen <strong>in</strong><br />

politische Entscheidungsprozesse und die Entwicklung nachhaltiger<br />

Inte grationskonzepte. Neben <strong>der</strong> Organisation von Diskursen zwischen<br />

Wissenschaft, Politik und Praxis ist er für die Herausgabe wissenschaftlicher<br />

Analysen, Policy-Papers und Tagungsdokumentationen verantwortlich.<br />

Berater<strong>in</strong> und Berater<br />

Dr. Steffen Angenendt, Berl<strong>in</strong>.<br />

Wolfgang Barth, Berl<strong>in</strong><br />

Dr. Talibe Süzen, Berl<strong>in</strong><br />

34


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

Publikationen des Gesprächskreises Migration und Integration <strong>der</strong><br />

Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema (e<strong>in</strong>e Auswahl)<br />

Olbermann, Elke 2013: Das Alter wird bunter – Lebenslagen älterer Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

und Handlungsbedarfe für Politik und Gesellschaft, WISO direkt.<br />

Schultze, Günther; Thränhardt, Dietrich (Hrsg.) 2013: Migrantenorganisationen – Engagement, Transnationalität<br />

und Integration, WISO Diskurs.<br />

Schultze, Günther; Süzen, Talibe (Hrsg.) 2013: Sozialraumorientierung und Interkulturalität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialen<br />

Arbeit, WISO Diskurs.<br />

Foroutan, Naika 2012: Muslimbil<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> – Wahrnehmungen und Ausgrenzungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Integrationsdebatte,<br />

WISO Diskurs.<br />

Huth, Susanne 2012: Freiwilliges und bürgerschaftliches Engagement von Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

– Barrieren und Türöffner, WISO direkt.<br />

Reichwe<strong>in</strong>, Alfred; Rashid, Khadidja 2012: Interkulturelle Öffnung <strong>in</strong> Kommunen und Verbänden,<br />

WISO Diskurs.<br />

Pielage, Patricia; Pries, Ludger; Schultze, Günther (Hrsg.) 2012: Soziale Ungleichheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft:<br />

Kategorien, Konzepte, E<strong>in</strong>flussfaktoren, WISO Diskurs.<br />

Boos-Nünn<strong>in</strong>g, Ursula 2011: Migrationsfamilien als Partner von Erziehung und Bildung, WISO Diskurs.<br />

Franke, Thomas 2011: Auswirkungen <strong>der</strong> Mittelkürzungen im Programm Soziale Stadt: s<strong>in</strong>d die Entwicklung<br />

benachteiligter Stadtteile und lokale Integrationsprozesse gefährdet?, WISO Diskurs.<br />

Trosien, Norbert 2011: Resettlement-Programm – auch s<strong>in</strong>nvoll für <strong>Deutschland</strong>, WISO direkt.<br />

Beicht, Ursula; Granato, Mona 2011: Prekäre Übergänge vermeiden – Potenziale nutzen: junge Frauen und<br />

Männer mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund an <strong>der</strong> Schwelle von <strong>der</strong> Schule zur Ausbildung, WISO Diskurs.<br />

Baas, Timo; Brücker, Herbert 2010: Wirkungen <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ungen aus den neuen mittel- und<br />

ost europäischen EU-Staaten auf Arbeitsmarkt und Gesamtwirtschaft, WISO Diskurs.<br />

Fils<strong>in</strong>ger, Dieter 2010: Ethnische Unterscheidungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft: e<strong>in</strong>e kritische<br />

Analyse, WISO Diskurs.<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.) 2010: Sprache ist <strong>der</strong> Schlüssel zur Integration: Bed<strong>in</strong>gungen des Sprachlernens<br />

von Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund, WISO Diskurs.<br />

Scholle, Thilo 2010: Objekte politischer Fürsorge o<strong>der</strong> gleichberechtigte Akteure? Zur politischen Parti zipation<br />

junger Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund, WISO direkt.<br />

Geißler, Ra<strong>in</strong>er 2010: Die Sozialstruktur <strong>Deutschland</strong>s: aktuelle Entwicklungen und theoretische Erklärungsmodelle,<br />

WISO Diskurs.<br />

Nullmeier, Frank 2010: Kritik neoliberaler Menschen- und Gesellschaftsbil<strong>der</strong> und Konsequenzen für e<strong>in</strong><br />

neues Verständnis von „sozialer Gerechtigkeit“, WISO Diskurs.<br />

35


WISO<br />

Diskurs<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.) 2009: E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft <strong>Deutschland</strong>: Wege zu e<strong>in</strong>er sozialen und<br />

gerechten Zukunft, WISO Diskurs.<br />

Bendel, Petra 2009: Europäische Migrationspolitik: Bestandsaufnahme und Trends, WISO Diskurs.<br />

Fils<strong>in</strong>ger, Dieter 2008: Bed<strong>in</strong>gungen erfolgreicher Integration: Integrationsmonitor<strong>in</strong>g und Evaluation,<br />

WISO Diskurs.<br />

Angenendt, Steffen 2008: Die Steuerung <strong>der</strong> Arbeitsmigration <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>: Reformbedarf und Handlungsmöglichkeiten,<br />

WISO Diskurs.<br />

Schultze, Günther 2007: E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsland ohne E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungspolitik: Chancen e<strong>in</strong>er gesteuerten Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

nach <strong>Deutschland</strong>, WISO direkt.<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.) 2007: Schule <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsgesellschaft, WISO Diskurs.<br />

Die Publikationen können über die digitale Bibliothek <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

heruntergeladen werden:<br />

http://www.fes.de/wiso/content/publikationen/p_migration.php<br />

36


Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

WISO<br />

Diskurs<br />

37 33


ISBN: 978 - 3 -86498 - 655 - 0<br />

Neuere Veröffentlichungen <strong>der</strong> Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

Wirtschaftspolitik<br />

<strong>Deutschland</strong> – e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>märchen<br />

WISO direkt<br />

Wirtschaftspolitik<br />

Was man bei <strong>der</strong> Reduzierung <strong>der</strong><br />

Staatsschulden beachten muss<br />

WISO direkt<br />

Außenwirtschaft<br />

Europäische Wettbewerbsdesorientierung<br />

WISO direkt<br />

Nachhaltige Strukturpolitik<br />

Vorschlag zur Neuordnung des F<strong>in</strong>anzausgleichs<br />

WISO direkt<br />

Europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />

Staatsgläubigerpanik ist ke<strong>in</strong>e Eurokrise!<br />

WISO direkt<br />

Steuerpolitik<br />

Für e<strong>in</strong>en produktiven und solide f<strong>in</strong>anzierten<br />

Staat – E<strong>in</strong>nahmen und Dienstleistungsstaat<br />

stärken<br />

WISO direkt<br />

Arbeitskreis Mittelstand<br />

Innovative Ansätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beratung von<br />

Migrant<strong>in</strong>nen und Migranten mit<br />

Gründungsambitionen – Potenziale aus <strong>der</strong><br />

akademischen Gründungslehre nutzen<br />

WISO direkt<br />

Gesprächskreis Verbraucherpolitik<br />

Energiearmut als Querschnitts-Herausfor<strong>der</strong>ung –<br />

Impulse für e<strong>in</strong>e politische Strategie<br />

WISO direkt<br />

Gesprächskreis Verbraucherpolitik<br />

Verbraucherperspektiven bei <strong>der</strong> EEG-Reform<br />

WISO direkt<br />

Arbeitskreis Innovative Verkehrspolitik<br />

Frühzeitige Bürgerbeteiligung für e<strong>in</strong>e<br />

effizientere Verkehrs<strong>in</strong>frastrukturplanung<br />

WISO Diskurs<br />

Arbeitskreis Stadtentwicklung, Bau und Wohnen<br />

Das Programm Soziale Stadt – Kluge Städtebauför<strong>der</strong>ung<br />

für die Zukunft <strong>der</strong> Städte<br />

WISO Diskurs<br />

Gesprächskreis Sozialpolitik<br />

Zukunft <strong>der</strong> Krankenhäuser<br />

Mehr Qualität, flächendeckende Versorgung<br />

und gerechte F<strong>in</strong>anzierung<br />

WISO Diskurs<br />

Gesprächskreis Sozialpolitik<br />

Gute Pflege vor Ort<br />

Das Recht auf eigenständiges Leben im Alter<br />

WISO Diskurs<br />

Gesprächskreis Arbeit und Qualifizierung<br />

Weiterbildungsbeteiligung<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an e<strong>in</strong>e Arbeitsversicherung<br />

WISO Diskurs<br />

Arbeitskreis Arbeit-Betrieb-Politik<br />

Humanisierung <strong>der</strong> Arbeit braucht Forschung<br />

WISO direkt<br />

Arbeitskreis Dienstleistungen<br />

Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen –<br />

soziale Innovationen denken lernen<br />

WISO Diskurs<br />

Gesprächskreis Migration und Integration<br />

Das Alter wird bunter – Lebenslagen älterer<br />

Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund und<br />

Handlungsbedarfe für Politik und Gesellschaft<br />

WISO direkt<br />

38<br />

Volltexte dieser Veröffentlichungen f<strong>in</strong>den Sie bei uns im Internet unter<br />

www.fes.de/wiso

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