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Leseprobe I - Verlag Modernes Lernen

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Psychomotorische Übungsbehandlung<br />

47<br />

6. Therapeutische Ansätze zur Förderung<br />

der ganzheitlichen Entwicklung:<br />

Darstellung und kritische Bewertung<br />

6.1 Ernst J. Kiphard: Psychomotorische Übungsbehandlung<br />

6.1.1 Kurzbiographie 1<br />

Ernst J. Kiphard wurde 1923 in Eisenach geboren.<br />

Während des Zweiten Weltkrieges war er Oberleutnant. Nach dem<br />

Kriegsende arbeitete er sechs Jahre als Zirkusartist, war Clown und<br />

Trapezakrobat. Danach begann er ein Studium in Köln, wo er sich<br />

schwerpunktmäßig mit Pädagogik, Psychologie und Sport befasste. Anschließend<br />

war er 20 Jahre lang in der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

Hamm als Diplom-Sportlehrer tätig.<br />

Er hat in den 50er und 60er Jahren in Zusammenarbeit mit Dr. med.<br />

Helmut Hünnekens das Therapiekonzept der Psychomotorischen<br />

Übungsbehandlung (= PMÜ) bei Kindern mit Bewegungs-, Lern- und<br />

Verhaltensstörungen im klinisch-heilpädagogischen Bereich entwickelt.<br />

Unter Mitarbeit von Ingrid Schäfer entstand der Trampolin-Körperkoordinationstest<br />

(TKT), und zusammen mit Georg Kesselmann wurden<br />

Grundlagen eines Körperkoordinationstestes für Kinder (KTK)<br />

ausgearbeitet.<br />

Kiphard gilt als einer der Mitbegründer der Psychomotorik. Er gehörte<br />

1976 zu den Initiatoren des „Aktionskreises Psychomotorik“. 1/2<br />

Im selben Jahr promovierte er an der Uni Bremen und hatte an der<br />

Universität Frankfurt a. M. von 1980-89 eine Professur für Prävention<br />

und Rehabilitation (Motopädagogik) inne.<br />

In der Kinderzirkusarbeit mit behinderten und nichtbehinderten Kindern<br />

war er ebenfalls aktiv.<br />

1<br />

Vgl.: Kiphard, Ernst J.: Ausgewählte Themen der Motopädagogik und Mototherapie.<br />

sowie: Zur Effizienz der Wahrnehmungs- und Bewegungsförderprogramme nach<br />

Marianne Frostig. S. 140.<br />

2<br />

Vgl.: Kiphard, Ernst J.: Psychomotorik als Prävention und Rehabilitation. S. 262.<br />

3<br />

Der „Aktionskreis Psychomotorik“ ist eine interdisziplinäre Interessengemeinschaft<br />

von Psychologen, Sportwissenschaftlern, Medizinern und Fachleuten der Behindertenpädagogik.


48<br />

Psychomotorische Übungsbehandlung<br />

Durch seine Kurse, Vorträge und Gastprofessuren, unter anderem in<br />

den Vereinigten Staaten, machte er die Psychomotorik auch im Ausland<br />

bekannt<br />

Ernst J. Kiphard ist vielfacher Buch- und Filmautor zu Themen der<br />

Motopädagogik und -therapie, aber auch der Akrobatik und Clownerie.<br />

Vor sieben Jahren bekam er das Bundesverdienstkreuz und heute lebt<br />

er im Ruhestand.<br />

6.1.2 Die Psychomotorische Übungsbehandlung<br />

Nach Kiphards Ansicht nimmt die Psychomotorik eine Zwischenstellung<br />

ein und füllt die „Lücke zwischen Physiotherapie und Psychotherapie“.<br />

4<br />

Die Entwicklung des Kleinkindes sieht Kiphard als stark umweltbestimmt.<br />

Aus der anfänglichen völligen Abhängigkeit des Säuglings, in<br />

der er langsam beginnt, Außenreize wahrzunehmen und reflexartig<br />

auf diese zu reagieren, entwickelt der kleine Mensch sehr bald eine<br />

gewisse Selbständigkeit, die sich besonders deutlich in der Lösung<br />

der Mutter-Kind-Bindung manifestiert. Daraus erwächst eine „aktive<br />

Umweltbegegnung“, die zuerst in Form von Anpassung an diese und<br />

später durch verändernden Eingriff in sie geschieht. 5<br />

Die Erweiterung der motorischen Fähigkeiten im Laufe der Kindesentwicklung<br />

vergrößert auch die allgemeinen Kenntnisse des Kindes<br />

von seiner direkten Umwelt. Schrittweise werden nun die verschiedenen<br />

Kulturtechniken und Handwerke erlernt und „perfektioniert“. Auch<br />

die sozialen Kontakte werden erweitert.<br />

In diesem Prozess hat für Kiphard der „Körper mit seinen ständig<br />

wachsenden Bewegungs- und Ausdrucksmöglichkeiten eine Vermittlerrolle<br />

zur dinglichen und personalen Umwelt.“ 6<br />

Eine Störung der eigenen Körper-Identität ist daher für Kiphard z. B.<br />

die Ursache für viele psychosomatische Störungen.<br />

Indikation<br />

Die Mototherapie dient der „Behandlung von Retardierungen und Störungen<br />

im psychomotorischen Leistungs- und Verhaltensbereich“.<br />

4<br />

Vgl.: Kiphard, Ernst J.: Ausgewählte Themen der Motopädagogik und Mototherapie.<br />

S. 12 ff.<br />

5<br />

Kiphard bezieht sich hierbei auf die Intelligenzentwicklung nach Piaget – vgl. Begriffe<br />

Akkomodation/Assimilation.<br />

6<br />

Kiphard, Ernst J.: Psychomotorik als Prävention und Rehabilitation. S. 11.


Psychomotorische Übungsbehandlung<br />

49<br />

Dazu zählen Teilleistungs-, Hirnfunktionsstörungen (MCD), oben genannte<br />

psychosomatische Störungen und psychoreaktive Beschwerden. 7<br />

Auffallend häufig sind nach Kiphards Aussagen sensomotorische Koordinationsstörungen,<br />

die sich entweder in Bewegungs- und Ausdrucksarmut<br />

oder aber in Hyperkinesien (oft bei MCD) zeigen. Auch ist die<br />

Störung der feinmotorischen Fähigkeiten sehr viel öfter anzutreffen<br />

als Fehlfunktionen der Grobmotorik („Symptom der motorischen Ungeschicklichkeit“),<br />

was Kiphard als Ursache von Beeinträchtigungen<br />

des Gesamtentwicklungsprozesses ansieht.<br />

Bei älteren Kindern sind außerdem häufig Wahrnehmungsstörungen<br />

beim kognitiven Prozess der Gestalterfassung zu konstatieren. 8<br />

Da die Motorik in umfassendem Sinne mit Störungen in den verschiedensten<br />

Verhaltensbereichen zusammenhängen kann, ist eine interdisziplinäre<br />

Diagnostik vonnöten. Sie muss sowohl auf der funktionalen,<br />

als auch auf der intentionalen und der Leistungsebene 9 stattfinden<br />

und unter ganzheitlichen Gesichtspunkten durchgeführt werden.<br />

Möglich sind die Erstellung eines sensomotorischen Entwicklungsgitters<br />

zur Lokalisierung von Entwicklungsrückständen, Elternbefragungen<br />

und Tests zu Einzelfertigkeiten (z. B. Handgeschick) oder auch<br />

der KTK bei leichten motorischen Funktionsstörungen (u. a. bei<br />

MCD). 10<br />

Die PMÜ ist eine „vorbereitende Basistherapie auf breitester Funktionsebene“.<br />

11<br />

Ziel dieser Therapieform ist es, einen „Ausgleich zwischen innerer<br />

Gefühlsdynamik und äußerem Bewegungsverhalten“ zu schaffen<br />

und dem Kind zu helfen, Konflikte psychomotorisch zu lösen, gestörte<br />

Verhaltensweisen abzubauen und die Gesamtpersönlichkeitsentwicklung<br />

in geordnete Bahnen zu führen.<br />

Demgegenüber stellt Kiphard die sensomotorische Therapie (Sensorische<br />

Integrationsbehandlung= SIB) als Ansatz mit dem Schwerpunkt<br />

des „elementaren Sinnes- und Bewegungstrainings“ dar, der vor<br />

allem Störungen des perzeptiv-kommunikativen Regulationssystems<br />

zu beheben sucht.<br />

7<br />

Neuhäuser, Gerhard: Das Therapiekonzept der Psychomotorik. S. 123 ff.<br />

8<br />

Vgl.: Kiphard, Ernst J.: Psychomotorik als Prävention und Rehabilitation. S. 184.<br />

9<br />

Siehe Anhang zur Mehrdimensionalen Motodiagnostik: S. 155, Abb. 7.<br />

10<br />

Kiphard, Ernst J.: Psychomotorik als Prävention und Rehabilitation. S. 162 ff.<br />

11<br />

ebd.: S. 186.


50<br />

Psychomotorische Übungsbehandlung<br />

Ausgehend von der Annahme, dass bei Kleinkindern besonders Wahrnehmungs-<br />

und Bewegungsstörungen, bei älteren Kindern aber eher<br />

psychomotorische Verhaltensstörungen im Vordergrund stehen, sieht<br />

Kiphard eine Akzentuierung entweder im sensomotorischen oder im<br />

psychomotorischen Bereich, also getrennte Behandlung entweder nach<br />

SIB oder nach PMÜ, als notwendig an. 12<br />

In das Konzept der PMÜ sind neben den psychomotorischen auch<br />

sensomotorische Elemente einbezogen. In den Gruppentherapiestunden<br />

(6-8 Kinder) kommen beispielsweise Übungen zum Sinnes- und<br />

Körperschema, grob- und feinmotorischen Training, ergänzend auch<br />

Übungen zur Selbstbeherrschung, Rhythmik oder der Kreativität vor.<br />

Bei Bedarf (schwere motorische, kognitive bzw. emotionale Behinderungen)<br />

wird die Hilfe parallel auf eine Einzeltherapie ausgeweitet.<br />

Es gibt keine festgelegten Leistungsanforderungen, das Angebot<br />

an Geräten ist für jeden Schwierigkeitsgrad geeignet, so dass man<br />

dem Anspruch einer kindgemäßen Therapie gerecht wird.<br />

Seine [Kiphards] Methode hebt sich ganz bewusst von den rein<br />

therapeutischen Ansätzen ab, [sic!] und will dem Kind erst einmal<br />

Freude an der Bewegung und Vertrauen in seinen Körper und in<br />

sich selber geben, um ihm so zu helfen, mit sich und seiner Umwelt<br />

besser zurecht zu kommen. 13<br />

Die Altersgrenzen begründet er mit den naturgemäßen Einschränkungen<br />

der Wirksamkeit von psychomotorischer Gruppentherapie a) bei<br />

Kindern unter vier Jahren, die nur in Begleitung der Eltern teilnehmen<br />

können und b) bei Kindern im Beginn der Pubertät, deren Neigungen<br />

und Interessen mit mehr sportbezogenen Formen entgegenzukommen<br />

wäre, was nicht in den Möglichkeiten dieser Therapieform<br />

liegt.<br />

Anfangsziel der PMÜ bei größeren Kindern ist es, motorische Frustrationen<br />

und negative Vorerfahrungen im Bereich der Motorik zu<br />

nehmen und anstelle dessen „lustbetonte und persönlich erfolgreiche<br />

Bewegungs- und Sozialerfahrungen“ zu etablieren. Stärken<br />

werden hervorgehoben, durch Bestätigung und Lob wird das<br />

Selbstvertrauen des Kindes aufgebaut. An Defiziten und Störungen<br />

der Bewegung und Wahrnehmung wird mit Hilfe individueller Übungsangebote<br />

(-programme) gearbeitet.<br />

12<br />

Vgl. ebd.: S. 181.<br />

13<br />

Jung-Kappeler, Barbara: Die Behandlung der zerebralen Bewegungsstörungen.<br />

S. 138.


Psychomotorische Übungsbehandlung<br />

51<br />

Chaotische, motorisch ungezielt erscheinende Aktionen werden durch<br />

den Therapeuten nicht etwa abgeblockt, sondern als Teil der Entwicklung<br />

angesehen, in dessen Verlauf das Kind lernt, seine Aggressionen<br />

und andere Gefühlsäußerungen besser zu beherrschen bzw. anders zu<br />

verarbeiten.<br />

Das Verhalten soll durch die psychomotorischen Übungen in vier Persönlichkeitsbereichen<br />

verändert werden:<br />

1. sensomotorisch: Erfahrungserweiterung, Leistungsaufbau<br />

2. affektiv: Erlebnisfreude, Selbstvertrauen, Kraftgefühl<br />

3. sozial: Verhaltenssteuerung, Kontakt, Kooperation<br />

4. kognitiv: „Handlungsintelligenz“, Problemlösung, Kreativität 14<br />

Der Übungsleiter (= Therapeut) motiviert das einzelne Kind und stellt<br />

ihm „Bewegungsfragen“, indem er Geräte anbietet und fragt, ob das<br />

Kind „hier heraufklettern, balancieren, herunterspringen usw.“ kann. 15<br />

Je konstruktiver die Bewegungsantworten werden, desto besser gelingt<br />

die Anpassung an neue Situationen. Dadurch wird die kognitive<br />

Entwicklung ebenfalls stimuliert. 16<br />

Im Bereich der Frühförderung, die vor allem bei sehr kleinen und<br />

schwerbehinderten älteren Kindern Anwendung findet, sieht Kiphard<br />

zusätzlich zu den bereits genannten psychomotorischen Übungen die<br />

Notwendigkeit, Wahrnehmungsübungen des Tastens, Riechens und<br />

Schmeckens in das Programm aufzunehmen.<br />

Mit diesen Elementen erfährt das Gehirn zusätzliche Stimulation und<br />

durch ein sehr behutsames, langsames Vorgehen von einem zum nächsten<br />

Entwicklungsschritt wird der Aufbau der wichtigen Grundfunktionen<br />

fundamentiert.<br />

Neben der therapeutischen Arbeit in den jeweiligen Institutionen erachtet<br />

Kiphard die Einbeziehung der Eltern in den Behandlungsplan<br />

als ein notwendiges Element, da die Therapie zeitlich begrenzt ist<br />

und der Behandlungserfolg z. B. durch „Haustrainingsprogramme“<br />

gerade bei schwer retardierten Kindern sehr gut unterstützt werden<br />

kann. 17<br />

Er nennt deshalb die Mutter die „Haupt-Therapeutin“, deren „Mit-<br />

Therapeuten“ der Kindesvater und Geschwister sein können. Die Auf-<br />

14<br />

Kiphard, Ernst J.: Mototherapie I. S. 124.<br />

15<br />

Kiphard, Ernst J.: Psychomotorik als Prävention und Rehabilitation. S. 185.<br />

16<br />

Vgl. ebd.: S. 184 f.<br />

17<br />

Vgl. ebd.: S. 181.


52<br />

Psychomotorische Übungsbehandlung<br />

gabe des Berufstherapeuten ist für Kiphard eher die eines „Entwicklungsberaters“,<br />

der Tips und Hinweise für phantasievolle, abwechslungsreiche,<br />

spielerische Übungen zuhause gibt. 18<br />

Neuerungen des psychomotorischen Therapieansatzes finden sich in<br />

vielen Bereichen. Erst einmal wurde der Begriff Übung bzw. Training<br />

ersetzt durch den der „psychomotorischen Situationen“, was den Charakter<br />

des Therapieablaufs nach strikten Übungsvorgaben nimmt. Der<br />

Handlungsrahmen soll „lebensnaher und komplexer“ sein und „situativ<br />

sinnvolle Wahrnehmungs- und Bewegungsaktivitäten auslösen“, so<br />

dass sich die Lernprozesse ganzheitlicher gestalten.<br />

Aus demselben Grund sollten nicht nur einzelne Sportgeräte, sondern<br />

auch Bewegungslandschaften und -baustellen (Miedzinski 1983) zur<br />

Verfügung stehen. 19<br />

Einen Kritikpunkt sieht Seewald 20 in der Tatsache, dass die PMÜ zu<br />

sehr „ein Kind ihrer Zeit“ ist. Kiphard hat sich in der Erarbeitung<br />

seines psychomotorischen Therapiekonzeptes an den Bedürfnissen und<br />

Lebensbedingungen der Kinder in den 60er und 70er Jahren orientiert,<br />

was sicherlich auch logisch nachzuvollziehen ist. Das Phänomen<br />

der Kindheit hat sich jedoch in den vergangenen 30 Jahren<br />

mit zunehmender Geschwindigkeit stark gewandelt. Die Veränderungen<br />

betreffen nicht nur die gesellschaftliche Umwelt, in der die<br />

Verknappung der Lebensräume für Kinder zu verzeichnen ist, sondern<br />

auch das soziale Gefüge in den Familien selbst.<br />

Dies wird auch in den geführten Interviews bestätigt.<br />

Frau (D) beispielsweise weist darauf hin, dass die Zunahme von Wahrnehmungsstörungen<br />

in den vergangenen Jahren zum großen Teil auf<br />

störende Umweltfaktoren, fehlende Spiel-Räume für Kinder und zunehmenden<br />

Medienkonsum zurückzuführen sei. Ergänzend dazu ist<br />

auch die Aussage von Frau (B) zu sehen, die eine Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten<br />

aufgrund von sozial schwachen Familienkonstellationen<br />

feststellt.<br />

Seewald konstatiert, dass „halt- und sinngebende Institutionen wie<br />

Familie, Verein, religiöse Gemeinschaften etc. an Kraft verloren haben“.<br />

Der Informationsfluss über „verschiedene Lebenswelten und Lebensstile“<br />

nimmt mit Hilfe der Medien weiter zu und vergrößert „die<br />

Anforderungen an die eigene Sinnfindungsfähigkeit bereits in der Kindheit“.<br />

18<br />

ebd.: S. 169 f.<br />

19<br />

Vgl.: Kiphard, Ernst J.: Entwicklungen und Perspektiven. S. 177 ff.<br />

20<br />

Vgl.: Seewald, Jürgen: Der „Verstehende Ansatz.“ S. 4 f.


Psychomotorische Übungsbehandlung<br />

53<br />

Das führt zu einem verstärkten Zwang zu früher Verselbständigung<br />

der Kinder, wie es noch nicht dagewesen ist und auch von Kiphard<br />

nicht voraussehbar war. Die Folge dessen ist aber, dass in der Psychomotorischen<br />

Übungsbehandlung zu viele Vorgaben enthalten sind:<br />

die Kinder werden „zu viel angeleitet und zu wenig zu eigenen Sinnfindungen<br />

angeregt“.<br />

Ein weiterer Schwachpunkt des Konzeptes wird von Seewald in der<br />

Tatsache gesehen, dass die Kinder in einer gewissen Art „spezifisch<br />

vorsozialisiert“ sein müssen, um überhaupt in der Lage zu<br />

sein, positive Reaktionen auf die Behandlung zeigen zu können. Einem<br />

Kind, das sich nicht für Sport oder Bewegung im allgemeinen<br />

„erwärmen“ kann, dem „der Sinn fürs motorische <strong>Lernen</strong> und Üben“<br />

fehlt, ist mit einer PMÜ nur schwer zu helfen. 21<br />

Dem stehen jedoch die Aussagen der Praktiker abschwächend gegenüber,<br />

nach denen die meisten Kinder auf die PMÜ (nach mehr oder<br />

minder langer Motivationsphase) eindeutig positiv reagieren, was aber<br />

sicherlich auch in der modifizierten Anwendung des Therapieansatzes<br />

nach Kiphard fußt.<br />

Weiterhin wird von Frau (D) darauf hingewiesen, dass das theoretische<br />

Fundament der Psychomotorischen Übungsbehandlung nicht ausreichend<br />

gelegt ist und viele therapeutische Indikationen ohne empirisch<br />

nachgewiesene Erfolge durchgeführt werden. Kiphards Therapieansatz<br />

ist sehr „praxisbezogen“.<br />

Auch Frau (E) spricht von einer „sehr spärlichen theoretischen Basis“,<br />

die ihr schon bei der Psychomotorik-Ausbildung nach Kiphard<br />

aufgefallen sei.<br />

Trotz alledem wird die PMÜ jedoch durchweg als notwendige und gute<br />

Voraussetzung für die Behandlung von Sinnes- und Wahrnehmungsstörungen<br />

gewürdigt.<br />

Insgesamt erweist sich die PMÜ [...] als nach wie vor wichtig, voller<br />

Anregungen und nachdenkenswerter Vorbilder, wenn sie im<br />

KIPHARD‘schen Sinne aufgefasst wird. 22<br />

21<br />

ebd.: S. 5.<br />

22<br />

ebd.: S. 5.


54<br />

Integrative Therapie<br />

6.2 Marianne Frostig: Integrative Therapie<br />

6.2.1 Kurzbiographie 23<br />

Die 1906 in Wien geborene Marianne Frostig absolvierte erst eine<br />

Ausbildung als Rhythmiklehrerin und später als Ergotherapeutin (Beschäftigungs-<br />

und Arbeitstherapie). Beeinflusst wurde sie vor allem<br />

durch den Begründer der psychoanalytischen Pädagogik August Aichhorn,<br />

aber auch durch Charlotte Bühler (Entwicklungspsychologin) und<br />

Phyllis Maslow, unter deren Mitarbeit sie die erste Testreihe „zur Feststellung<br />

der Entwicklung der visuellen Wahrnehmung“ 24 entwarf.<br />

Durch die pädagogische und therapeutische Arbeit mit sozial benachteiligten<br />

Kindern mit Lernstörungen und Verhaltensauffälligkeiten und<br />

ihre Beurteilung der Förderung dieser Kinder in den verschiedenen<br />

vorhandenen Einrichtungen kam Marianne Frostig zu der Erkenntnis,<br />

dass eine bessere Entwicklung nur durch gezielte Unterstützung<br />

und neue Hilfsformen möglich sei.<br />

Nach ihrer Übersiedlung in die Vereinigten Staaten gründete sie ein<br />

eigenes Institut – das „Marianne Frostig Center of Educational Therapy“<br />

in Los Angeles, in welchem sie auf der Basis ihrer Fachkenntnisse<br />

aus der Psychologie, der Pädagogik und weiterer Wissenschaften<br />

therapeutisch arbeitete.<br />

Sie studierte pädagogische Psychologie, lehrte an der Universität von<br />

Südkalifornien, wo sie auch in Austausch mit Jean Ayres trat, und<br />

gab auf Vortragsreisen ihr Wissen weiter.<br />

Im Jahre 1985 verstarb sie.<br />

6.2.2 Die Frostigtherapie<br />

Die Grundlagen dieses Therapieansatzes liegen vor allem in der Erkenntnis,<br />

dass bestimmte Lernstörungen durch ganz konkrete Wahrnehmungsstörungen<br />

verursacht sind. Frostig stellte nach einer Zeit<br />

der Beschäftigung vorrangig mit Störungen des visuellen Systems im<br />

Bereich der Pädiatrie fest, dass alle Wahrnehmungsbereiche eine gewisse<br />

Leistungsfähigkeit entwickeln müssen und man daher nicht einen<br />

Bereich alleine fördern kann.<br />

In ihrer Konzeption einer Therapie für lerngestörte und -behinderte<br />

Kinder versuchte Marianne Frostig, interdisziplinär eine Möglichkeit<br />

zu finden, die Wahrnehmung zu verbessern.<br />

23<br />

Vgl.: Schaefgen, Rega: Marianne Frostig und Jean Ayres. S. 204 f.<br />

24<br />

ebd.: S. 207.


Integrative Therapie<br />

55<br />

Frostig rät [...] zur permanenten Grenzüberschreitung. Nichts war<br />

ihr so zuwider wie fachspezifische Scheuklappen. [...] So sind die<br />

tragenden Prinzipien der Frostig-Einstellung die Offenheit gegenüber<br />

neuen Erkenntnissen, ganz gleich, aus welcher wissenschaftlichen<br />

Disziplin sie kommen mögen, die Pflicht zur Interdisziplinarität,<br />

die Integration aller Erkenntnisse über Diagnose und Therapie<br />

in Akten eigener Dignität, die Forderung nach wissenschaftlicher<br />

Kontrolle des Tuns und natürlich die ethische Grundhaltung,<br />

jedem Kind sein Bildungsrecht zu ermöglichen. 25<br />

Schon in der Wahl des Namens des „Marianne Frostig Center of Educational<br />

Therapy“, in dem nach Frostigs Vorstellungen gearbeitet und<br />

das Programm weiterentwickelt wird, zeigt sich die Einstellung, dass<br />

hier Förderung über die „normale“ Schulpädagogik hinaus angestrebt<br />

wird, indem der Begriff „Schule“ umgangen und anstelle dessen die<br />

Worte „Therapie“ und „Zentrum“ verwendet werden.<br />

Klientel und Behandlungsschwerpunkt<br />

Grundsätzlich ist das Frostig-Programm auf alle Kinder anwendbar,<br />

wobei der Schwerpunkt in der Bewegungserziehung liegt. So bieten<br />

sich Übungen zum Körperbewusstsein, zur schöpferischen Bewegung<br />

sowie die Integration von Bewegungsübungen in das Training<br />

psychologischer Fertigkeiten und schulischen Wissens an.<br />

Die Hauptklientel stellen lern- und bewegungsbeeinträchtigte<br />

Kinder dar, für deren besondere Schwierigkeiten (Störungen, Behinderungen,<br />

Verhaltensauffälligkeiten) Marianne Frostig Übungsanregungen<br />

entwickelt hat. 26<br />

Ursachen der Störungen<br />

Frostig sieht die Grundproblematik der Lernstörungen in einer Entwicklungsverzögerung<br />

und Unausgeglichenheit (z.B. bei Hyperaktivität),<br />

wobei Verzögerungen in allen Bereichen gemeint sind, die<br />

die Lernfähigkeit beeinflussen. Darüber hinaus zählt sie „übergeordnete<br />

Störungen oder Dysfunktionen der Gesamtregulierung des<br />

Nervensystems“ 27 hinzu.<br />

Nach Frostigs Ansicht ist der psychische Zustand und der Verlauf der<br />

sensomotorischen Entwicklung von Kindern stark mit der Ausbildung<br />

von „Bewegungsfertigkeiten“ verbunden.<br />

25<br />

Lockowandt, Oskar: Frostig Integrative Therapie. S. 8.<br />

26<br />

Vgl.: Frostig, Marianne: Bewegungserziehung. S. 132 ff.<br />

27<br />

ebd.: S. 134.


56<br />

Integrative Therapie<br />

Gleichzeitig mit der Förderung physischer und psychischer Prozesse<br />

sollen sowohl in den Schulen als auch direkt in der Bewegungstherapie<br />

die „Senso-Motorik, Sprache, Wahrnehmung, höhere kognitive<br />

Funktionen, emotionale und soziale Entwicklung“ verbessert werden. 28<br />

Hierzu führt sie im einzelnen psychologische Funktionen und assoziative<br />

Prozesse auf und zeigt mit Hilfe von Beispielen anderer Autoren<br />

in ihrem Buch über die Bewegungserziehung, welche konkreten<br />

Übungsformen zur Förderung angebracht sind.<br />

Die psychologischen Funktionen unterteilt Frostig dabei in Sprachentwicklung,<br />

visuelle Wahrnehmung, Vorstellungsvermögen, auditive<br />

Wahrnehmung, höhere kognitive Funktionen sowie Begriffsbildung 29 ,<br />

während sie die assoziativen Prozesse in Hauptgruppen, die durch<br />

verschiedene Aufgaben unterschieden sind (z. B. die Verbindung der<br />

Wahrnehmungen mehrerer Sinnesorgane) 30 , gliedert.<br />

Sie macht deutlich, dass es keine klaren Grenzziehungen zwischen<br />

diesen Bereichen gibt, rät auch zu ergänzenden anderen Therapieformen,<br />

betont aber in ihrem gesamten Werk die Bedeutung der Arbeit<br />

an den Bewegungsfunktionen („Hauptakzent auf der Entwicklung von<br />

Bewegungsfertigkeiten“). 31<br />

Diagnostik<br />

Um einen spezifischen Handlungsplan aufzustellen, sind Diagnose<br />

und Beurteilung sowohl der kognitiven Kindesentwicklung (Tests), als<br />

auch die Beachtung der Biographie und des Milieus des Kindes notwendig.<br />

32<br />

Eine sehr genaue Diagnostik ist notwendig, die von kompetenten Therapeuten<br />

(z. B. im Frostig-Center) durchgeführt werden sollte.<br />

In Deutschland werden in den Frostig-Zentren vorrangig vier Tests<br />

(in der deutschen Bearbeitung) genutzt:<br />

1. FROSTIGS Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung (FEW)<br />

2. WEPMAN-Test<br />

3. Hamburg Wechsler Intelligenztest für Kinder (HAWIK und HA-<br />

WIK-R)<br />

4. Psycholinguistischer Entwicklungstest (PET) 33<br />

28<br />

ebd.: S. 86.<br />

29<br />

Vgl. ebd.: S. 87 ff.<br />

30<br />

Vgl. ebd.: S. 102 f.<br />

31<br />

ebd.: S. 94.<br />

32<br />

Vgl.: Lockowandt, Oskar: Frostig Integrative Therapie. S.175 ff.<br />

33<br />

ebd.: S. 34.


Integrative Therapie<br />

57<br />

Mit Hilfe der Bewegungsförderprogramme erfolgt, vorrangig auf der<br />

Basis der Kenntnis der in den Testreihen gefundenen Bewegungsdefizite,<br />

ein Übungsaufbau, mit dem die jeweiligen Defizite ausgeglichen<br />

werden sollen.<br />

Ihr 1969 herausgegebenes motorisches Übungslernprogramm („Move<br />

– Grow – Learn. Movement Education Activities“ bzw. in der deutschen<br />

Fassung „BWL – Bewegen – Wachsen – <strong>Lernen</strong>. Bewegungserziehung“)<br />

enthält genaue Anweisungen für die Praxis.<br />

Zur Frage nach spezifischen Methoden äußerte sich Marianne Frostig<br />

selbst in der Weise, dass sie statt mit einigen eingeschränkten Methoden<br />

mit einer Fülle von Elementen arbeite und aus diesem Grunde<br />

eher von einer sogenannten „Frostig – Einstellung“ als von einer<br />

Methodenlehre zu sprechen sei, um ein „Gesamtziel“ zu erreichen.<br />

Dazu sind verschiedene Voraussetzungen notwendig, die hier<br />

nur kurz vorgestellt werden sollen:<br />

– die Individualisierung als Forderung der genau auf das einzelne<br />

Kind abgestimmten Gestaltung des „Erziehungsprogramms“,<br />

– die Motivation des Kindes mit Hilfe unterschiedlicher Mittel und<br />

Geduld,<br />

– vielfältige Methoden, die genaue Kenntnisse des Therapeuten verlangen<br />

und<br />

– die Systematisierung des therapeutischen Vorgehens, genaueste<br />

Planung des individuellen Programmsablaufes (Phasen von Programm<br />

und Zeitdauer). 34<br />

Weiterentwicklungen<br />

Der eigentlichen Intention Frostigs kommt beispielsweise der neue<br />

Leiter des ersten Frostig-Zentrums in den USA (Pasedena/California),<br />

Bennett Ross, nach. Er entwarf in den vergangenen Jahren neue<br />

Methoden, wie z.B. sogenannte Bewegungslandschaften und -baustellen,<br />

und unter seiner Leitung hat sich das Zentrum entschieden weiterentwickelt.<br />

Ziel sind die schnellstmögliche Wiedereingliederung entweder in die<br />

alte oder eine andere, besser geeignete Schule, der Abbau der Störungen<br />

und die Unterstützung der Entwicklung zu „unabhängigen, selbstbewussten,<br />

kreativen, hilfsbereiten und fürsorglichen Menschen“. 35<br />

34<br />

Vgl. ebd.: S. 177 f.<br />

35<br />

Reich, Franziska: Zweieinhalb Wochen im Frostig-Center. S. 402.


58<br />

Integrative Therapie<br />

Wie Reich in ihrem Beitrag in der Zeitschrift für Heilpädagogik 36 über<br />

eine dortige Hospitation schreibt, ist das Zentrum mit vielseitigen Förderbereichen<br />

ausgestattet und gliedert sich in Abteilungen 37 , deren<br />

spezifische Aufgaben und Funktionen alle wieder in dem Ziel zusammengeführt<br />

werden, den Kindern eine optimale Förderung angedeihen<br />

zu lassen.<br />

Die Kinder, die mit einer Lernbeeinträchtigung, aber normalem Intelligenzquotienten<br />

im Alter von 6-18 Jahren aufgenommen werden, bekommen<br />

im Frostig- Zentrum eine Rundum-Betreuung.<br />

In der Einteilung des Zentrums in die verschiedenen Bereiche und<br />

den Verknüpfungen seiner Teile wird sehr deutlich, wie eine ganzheitliche<br />

Arbeit möglich ist.<br />

Neben dem größten Bereich, der Schule, gibt es z. B. die Diagnoseabteilung.<br />

Dort werden von einem Arbeitsteam, das sich aus Vertretern verschiedener<br />

Berufsgruppen zusammensetzt und von der Diagnosedirektorin<br />

geleitet wird, mit Hilfe von Elterngesprächen und Testreihen die Anamnese<br />

vor Aufnahme der Kinder, Diagnosekonferenzen, gemeinsame<br />

Diskussion und Zusammenfassung der Testergebnisse, Beratung der<br />

Eltern, Lehrer, Ärzte, Empfehlungs- und Diagnoseabschlussberichte<br />

durchgeführt. Außerdem werden ambulante Spiel- und Familientherapien<br />

angeboten.<br />

Der psychologische Dienst besteht aus Sozialarbeitern und klinischen<br />

Psychologen, die Beratung von Eltern und Klassenlehrern sowie<br />

ambulante Psychotherapien, Familien- und Gruppentherapien und<br />

Trainingsprogramme anbieten, und es auch anderen Kindern außerhalb<br />

des Zentrums ermöglichen, bestimmte Dienste in Anspruch zu<br />

nehmen.<br />

Durch den sogenannten Außendienst, die Beratungs- und Erziehungsabteilung,<br />

wird Öffentlichkeitsarbeit betrieben; weiterhin bietet man<br />

dort Seminare zu Themen in Verbindung mit Lernbehinderung an.<br />

Die Kinder, die das Zentrum wieder verlassen, werden durch die Tutoren-<br />

und Übergangsdienste betreut, welche Kontakt zu den Lehrern<br />

der neuen Schule und den Eltern halten.<br />

Im Zentrum bieten sie ergänzend zur Schulförderung Einzel- und<br />

Kleingruppenarbeit an, in der therapeutisch an Sprache, Bewegung<br />

und Wahrnehmung gearbeitet wird.<br />

Die Analyse der Wirksamkeit der verschiedenen Programme, Erziehungsund<br />

Therapiemethoden und Materialien findet in einer Finanz-, Geld-<br />

36<br />

Vgl. ebd.<br />

37<br />

Übersicht über die Abteilungen des Marianne Frostig Zentrums siehe Anhang S. 157, Abb. 9.


Integrative Therapie<br />

59<br />

beschaffungs- und Public-Relation-Abteilung statt.<br />

Durch die ständige Überprüfung der Arbeit entwickelt sich das Frostig-Konzept<br />

stetig weiter.<br />

Die Umsetzung der Frostig’schen Einstellungen erfolgt auch im Zentrum<br />

nach den anfangs benannten Schwerpunkten: Wahrnehmungsförderung,<br />

Ganzheitlichkeit, Individualisierung, verhaltenstherapeutische<br />

Maßnahmen, Motivation der Schüler, interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

und Engagement der Mitarbeiter.<br />

Reich beschreibt einige Prinzipien im einzelnen.<br />

Zum Thema der Wahrnehmungsförderung fand sie heraus, dass<br />

„ein isoliertes Wahrnehmungstraining nach Frostig [...] in den Klassen<br />

nicht mehr durchgeführt“ wird, sondern verschiedene Übungen in<br />

den Unterricht miteingefügt werden bzw. durch die Tutoren an diesem<br />

Problem gearbeitet wird. 38<br />

Die Ganzheitlichkeit ist in dem Sinne gemeint, dass die Kinder in<br />

ihrem ganzen Sein betrachtet werden müssen. Dem kommt man mit<br />

unterschiedlichsten Methoden nach. Sprache und Bewegung werden<br />

durch Sprach- und Bewegungstherapien in den Klassen oder einzeln<br />

gefördert, die Kreativität lässt sich mit musischen Fächern anregen.<br />

Da die gute „emotionale Befindlichkeit der Schüler“ als Voraussetzung<br />

für einen erfolgreichen Lernprozess angesehen wird, sind Lehrer<br />

und Therapeuten sehr sensibel für persönliche Schwierigkeiten<br />

der Kinder.<br />

Es gibt immer die Möglichkeit des Austausches, der Information des<br />

Lehrers über den derzeitigen Gemütszustand seiner Schüler und der<br />

Hilfe bei schwierigen Problemen.<br />

Die Achtung vor der Würde jedes einzelnen Kindes, die ebenfalls<br />

in Frostigs Programm gefordert wird, lässt sich so praktizieren.<br />

Psychologische Betreuung ist zusätzlich möglich, wenn emotionale oder<br />

verhaltensbedingte Störungen auftreten.<br />

Die Erziehung zu einem angemessenen Sozialverhalten wird unterstützt<br />

durch Elternarbeit, Familientherapie, Einzeltherapien und<br />

sogenannte „Elterntrainings“.<br />

Der Anspruch der Individualisierung zeigt sich in der sehr genauen<br />

Diagnostik und den darauf aufbauenden individuellen Förderprogrammen,<br />

die einer immerwährenden diagnostischen Überprüfung und<br />

Aktualisierung unterliegen.<br />

In den einzelnen Schulklassen gibt es eine zusätzliche „Binnendifferenzierung“,<br />

d. h. die Kinder arbeiten im Unterricht nicht nur in<br />

38<br />

Reich, Franziska: Zweieinhalb Wochen im Frostig-Center. S. 405.


60<br />

Integrative Therapie<br />

Kleingruppen, sondern zeitweise auch einzeln. Dabei steht die Hilfe<br />

der Lehrer immer zur Verfügung (sog. „rotierendes System“).<br />

Ausgangspunkt sind stets die Stärken des Kindes, die eine Basis für<br />

die Entwicklung des Selbstvertrauens und den Ausgleich vorhandener<br />

Schwächen darstellen.<br />

Weiterhin geht es im Einzelförderprogramm um Nachhilfe in verschiedenen<br />

Fächern sowie um spezielle Trainings für Gedächtnisleistungen,<br />

Wahrnehmung und Techniken des <strong>Lernen</strong>s. Ergänzend dazu<br />

stehen Erziehungstherapeuten zur Verfügung, die auch während der<br />

regulären Unterrichtszeit einen Raum für Einzelförderung, spezielle<br />

Aufgaben und zum „time out“ bereithalten.<br />

Letzteres ist eine der verhaltenstherapeutischen Maßnahmen, die<br />

dann Anwendung finden, wenn ein Kind einmal nicht dem Unterricht<br />

folgen kann und die anderen bei der Arbeit stört. In diesem Falle<br />

wird der Schüler gebeten, aus der Klasse zu gehen.<br />

Das Arbeiten außerhalb der Klassengruppe wird allerdings vom<br />

Lehrer nicht als Strafe deklariert. Vielmehr werden umgekehrt der<br />

Aufenthalt und die Mitarbeit im Klassenzimmer so positiv zu besetzen<br />

versucht, dass sie als „Privileg“ gelten. 39<br />

Weiterhin werden positive Verstärker für angemessenes Verhalten (z.<br />

B. Lob) eingesetzt, wozu hauptsächlich Verstärkungssysteme (Stempel,<br />

Karteikarten, Aufkleber) aus der Verhaltensmodifikation angewandt<br />

werden. 40<br />

Die Motivation der Schüler zum <strong>Lernen</strong> wird durch die Gestaltung<br />

des Unterrichts mit Themen, die die Schüler gerade besonders interessieren,<br />

erreicht. Dazu ist die sensible Beobachtung der Kinder durch<br />

den Lehrer notwendig.<br />

Das Prinzip der Freude am <strong>Lernen</strong> wird durch das „Anknüpfen der<br />

Unterrichtsinhalte an den [sic!] Interessen der Kinder und durch den<br />

Bezug der Inhalte zum Alltag der Schüler“ sowie „durch Förderung<br />

der Eigenaktivität der Kinder“ verwirklicht. 41<br />

Auch die Möglichkeit, Selbst- und Mitbestimmung in der Schule zu<br />

praktizieren, wirkt sich positiv auf die Gesamtentwicklung der Schüler<br />

aus. Dies geht übrigens soweit, dass der Name des Zentrums durch<br />

mehrheitlichen Beschluss der Kinder geändert wurde in „Frostig<br />

School“, weil sie sich durch die vorherige Bezeichnung diskriminiert<br />

fühlten.<br />

39<br />

ebd.: S. 410.<br />

40<br />

Vgl. ebd.<br />

41<br />

ebd.: S. 411.


Integrative Therapie<br />

61<br />

Zur interdisziplinären Zusammenarbeit sind bereits einige Aussagen<br />

durch die Vorstellung der Struktur der Einrichtung gemacht<br />

worden. Ergänzend zu erwähnen wäre wohl noch, dass es wöchentliche<br />

Konferenzen gibt, an denen alle Pädagogen, Therapeuten usw.<br />

teilnehmen und wo Probleme in Zusammenhang mit bestimmten Schülern<br />

besprochen werden, Förder- und Therapiepläne zur Diskussion<br />

stehen und neue Maßnahmen beratschlagt werden.<br />

Voraussetzung dafür ist die genaue Eignungsprüfung von neu Einzustellenden<br />

und ein ausreichendes Engagement für die Durchsetzung<br />

und Weiterentwicklung der Frostig-Konzepte. 42<br />

Kritik am Frostig-Test und Übungsprogramm<br />

Kiphard kritisiert die Testreihe Frostigs in vielerlei Hinsicht. Er führt<br />

den Nachweis verschiedener Autoren an, dass visuelle Wahrnehmungsstörungen<br />

nicht, wie Frostig annahm, zwingend das schulische <strong>Lernen</strong><br />

negativ beeinflussen bzw. dass z. B. lesegestörte Kinder nicht<br />

nachweisbar visuell wahrnehmungsgestört sind.<br />

Die eigentliche Zielsetzung aber sieht Kiphard in dem Bestreben Frostigs,<br />

schon frühzeitig, nämlich bereits im Kindergartenalter, Wahrnehmungsstörungen<br />

diagnostisch mit Hilfe der Entwicklungstests feststellbar<br />

zu machen, um einem Schulversagen vorzubeugen.<br />

Die Vorgabe von Übungen in Frostigs „Übungslernprogramm“ stellt<br />

einen weiteren Kritikpunkt dar. Wie Kiphard schreibt, besteht die<br />

Gefahr, dass die Anwender der Verantwortung enthoben werden, selbst<br />

zu denken und ihnen ein allzu einfaches Rezept für starre Übungsfolgen<br />

in die Hände gelegt wird, was sicher nicht im Sinne von Frostig<br />

ist.<br />

Statt offener Bewegungssituationen mit selbstbestimmten Handlungsmöglichkeiten<br />

[...] werden die Kinder [...] regelrecht trainiert.<br />

[...] Bei einem solchermaßen reglementierten Funktionstraining<br />

bleibt wenig Raum für Eigeninitiative und Kreativität. 43<br />

So wird bei unreflektierter und unsensibler Anwendung der Übungen<br />

keine Möglichkeit zum flexiblen Erlernen bestimmter motorischer Fähigkeiten<br />

gelassen, was die Umsetzung des Gelernten in das Alltagsgeschehen<br />

verhindert und von Kiphard als zu „defektorientiertes Vorgehen“<br />

44 betrachtet wird.<br />

42<br />

Vgl. ebd.: S. 413.<br />

43<br />

Kiphard, Ernst J.: Zur Effizienz der Wahrnehmungs- und Bewegungsförderprogramme<br />

nach Marianne Frostig. S. 142.<br />

44<br />

ebd.


62<br />

Integrative Therapie/Sensorische Integrationsbehandlung<br />

Weiterhin führt Kiphard aus, dass Marianne Frostig „immer wieder<br />

dahingehend fehlinterpretiert“ wurde, dass „sie eine Verfechterin<br />

einseitiger visuell-perzeptiver Trainingsmaßnahmen gewesen“ sei, was<br />

aber nicht richtig wäre. Vielmehr wären die Nutzer der Frostig-<br />

Übungsprogramme zu kritisieren, „die der Einfachheit halber die den<br />

Übungsblättern vorausgehenden sensomotorisch-ganzkörperlichen Sensibilisierungssequenzen<br />

weglassen“ und so das wichtige Element der<br />

„dreidimensionalen motorischen und sensorischen Vorübungen“ aussparen.<br />

45<br />

Hierzu ist zu erwähnen, dass auch einige der befragten Praktiker<br />

im Punkt der vollständigen Anwendung der Frostig-Testreihe von Frostigs<br />

Intention abweichen. Jedoch wird die partielle Testanwendung<br />

mit der Begründung gerechtfertigt, dass der Gesamttest ungeeignet<br />

und z. B. für eine Anfangsdiagnostik zu umfangreich ist, seine teilweise<br />

Verwendung aber einiges an zusätzlichen Informationen über<br />

das Verhalten des Kindes und seine Schwierigkeiten enthält, auf die<br />

in der praktischen Arbeit nicht verzichtet werden kann. Dass dabei<br />

der Testcharakter verlorengeht, also die Auswertung in der von Frostig<br />

entwickelten Form nicht mehr möglich ist, spielt für die Anwender<br />

offensichtlich keine so entscheidende Rolle wie für Kiphard.<br />

Frau (B) beispielsweise verwendet in ihrer Diagnostik neben Elementen<br />

aus reinen Motoriktests und dem Ayrestest (SCSIT) auch Teile<br />

des Frostig-Tests, die jedoch auf anderer Ebene als ursprünglich vorgesehen<br />

verwertet werden.<br />

6.3 Jean Ayres: Sensorische Integrationsbehandlung<br />

6.3.1 Kurzbiographie 46<br />

Geboren wurde Jean Ayres 1915 in Kalifornien. Nach einer Hochschulausbildung<br />

zur Ergotherapeutin begann sie, Menschen mit neurologischen<br />

Störungen (Hirnverletzte mit perzeptiven Störungen) therapeutisch<br />

zu behandeln.<br />

Ihr besonderes Interesse galt dabei der Parallele zu Wahrnehmungsstörungen<br />

bei Kindern.<br />

45<br />

ebd.: S. 140 ff.<br />

46<br />

Vgl.: Schaefgen, Rega: Marianne Frostig und Jean Ayres. S. 205-214 sowie: Majewski,<br />

Andreas: Sensorische Integration.


Sensorische Integrationsbehandlung<br />

63<br />

Anschließend studierte sie pädagogische Psychologie, um auf ihre vielen<br />

offenen Fragen zu Ursachen und hilfreichen Methoden bei Störungen<br />

dieser Art Antworten zu erhalten.<br />

Sie war in einem Hirnforschungsinstitut in Los Angeles tätig und erforschte<br />

ab 1950 vor allem die Ursachen von Lernstörungen bei amerikanischen<br />

Schulkindern.<br />

Aus ihren dort erlangten neurophysiologischen Kenntnissen heraus<br />

gründete sie eine Privatklinik („Ayres Clinic“), wo sie neue Behandlungsmethoden<br />

anwandte. An dieser Stelle entwickelte sie auch „die<br />

sensorische Integrationstherapie (=SIB) als basale Wahrnehmungsbehandlung<br />

für perceptiv schwer gestörte Kinder, Jugendliche und Erwachsene“.<br />

47<br />

Außerdem erarbeitete sie 1972 eine Testreihe, den „Southern California<br />

Sensory Integration Test“ (= SCSIT).<br />

Durch ihre staatlich unterstützten Forschungsprojekte kam sie zu der<br />

Annahme, dass häufig eine basale Perzeptionsstörung für Lernstörungen<br />

verantwortlich ist. Sie erlangte grundlegende „Erkenntnisse über<br />

die Hirnfunktionsweisen und ihre Beeinflussung“. 48<br />

Neben der Ursachenforschung brachte sie auch einen wichtigen Beitrag<br />

zur Analyse der Wirksamkeit von therapeutischen Maßnahmen.<br />

Zeitgleich mit Marianne Frostig lehrte sie an der Universität von Südkalifornien<br />

und entwarf, wie ihre Kollegin, ein pädagogisch-psychologisches<br />

Therapiekonzept für Kinder mit gestörter Wahrnehmungsverarbeitung,<br />

welches in Heil- und Sonderpädagogik, sowie zunehmend<br />

auch in der Psychomotorik Anwendung findet.<br />

Ab 1973 widmete sie sich verstärkt der Verbesserung des Tests (SC-<br />

SIT) und entwickelte, auch im Austausch mit Frostig, daraus den standardisierten<br />

SIPT („Sensory Integration and Practice Test“).<br />

Sie starb im Jahr 1988 73jährig in Los Angeles.<br />

6.3.2 Die Sensorische Integrationsbehandlung 49<br />

Jean Ayres’ Therapieansatz ist ein konkretes Hilfsangebot für Kinder<br />

mit Entwicklungsproblemen. Es hat seinen Ursprung in der ergotherapeutischen<br />

Einzelbehandlung und ist seit den 50er Jahren zu<br />

einem modernen gruppentherapeutischen Konzept und festen Bestandteil<br />

der Psychomotorik entwickelt worden.<br />

47<br />

Schaefgen, Rega: Marianne Frostig und Jean Ayres. S. 212.<br />

48<br />

ebd.: S. 211.<br />

49<br />

Vgl.: Ayres, A. Jean: Bausteine der kindlichen Entwicklung. S. 71-95.


64<br />

Sensorische Integrationsbehandlung<br />

Sensorische Integration als natürlicher Vorgang<br />

Die sensorische Integration ist nach Ayres’ Auffassung naturgegeben,<br />

d. h. jedes Kind setzt sich normalerweise mit sich und seiner Umwelt<br />

auseinander, wobei durch Sinnesreize Anpassungsreaktionen im Zuge<br />

von neuronalen Prozessen ausgelöst werden.<br />

Wird im Mutterleib oder während der ersten Lebensmonate diese Entwicklung<br />

beeinträchtigt, so kann es zu weitreichenden Störungen kommen.<br />

Diesen soll am besten mit natürlichen Mitteln begegnet werden.<br />

Nur wenn die Entwicklungsprobleme auch bei sorgfältiger Beobachtung<br />

und Förderung durch die Eltern nicht „von alleine verschwinden“,<br />

sollte die Sensorische Integrationsbehandlung aufgenommen<br />

werden.<br />

Jean Piaget, der erstmalig die Zusammenhänge zwischen der kindlichen<br />

Intelligenzentwicklung und der Auseinandersetzung mit der<br />

Umwelt und daraus folgenden Lernprozessen sah, wird von Jean Ayres<br />

als ein wichtiger Grundlagenforscher genannt.<br />

Er beschrieb, dass nicht nur die Kinder sich ihrer Umwelt anpassen,<br />

sondern diese auch die Umwelt nach ihren eigenen Bedürfnissen verändern<br />

und sich gefügig machen.<br />

Piaget beobachtete, dass sich Kinder selber fortwährend neue Lernprozesse<br />

schaffen und so zu immer neuen Erfahrungen und Empfindungen<br />

gelangen. 50<br />

Im Therapiekonzept von Jean Ayres kommt dem taktilen System<br />

primäre Bedeutung zu. Dies begründet Ayres damit, dass die Bildung<br />

des Organs der Haut und damit des taktilen Systems phylogenetisch<br />

schon bei den frühesten Lebewesen und ontogenetisch beim<br />

menschlichen Embryo in den ersten Lebenswochen ausgebildet ist und<br />

daher die grundlegende Funktion der taktilen Empfindungsfähigkeit<br />

alle anderen neuralen Prozesse beeinflusst.<br />

Daraus leitet Ayres ab, dass bei den meisten Krankheiten des ZNS<br />

das taktile System mitbeteiligt sein muss. 51<br />

Als zweitwichtigstes System sieht Ayres das vestibuläre System.<br />

Seine weitreichende Wirkung auf andere Systeme beruht darauf, dass<br />

es „Verbindungen mit nahezu allen anderen Abschnitten des Großhirns“<br />

52 hat. Danach folgt in dieser Einordnung die Propriozeption.<br />

Auf diese drei Basis- oder Nah-Sinne baut die SIB auf. 53<br />

50<br />

Vgl.: Kapitel 5 zu entwicklungspsychologischen Grundlagen.<br />

51<br />

Vgl.: Ayres, A. Jean: Bausteine der kindlichen Entwicklung. S. 55.<br />

52<br />

ebd.: S. 97.<br />

53<br />

Majewski, Andreas: Sensorische Integration. S. 85.


Sensorische Integrationsbehandlung<br />

65<br />

Ursachen für Störungen<br />

Darüber, wie sensorische Integrationsstörungen verursacht werden,<br />

gibt es nach Ayres’ Einschätzung sehr unterschiedliche Meinungen und<br />

noch keine abgeschlossenen Erkenntnisse.<br />

Einige Forscher sehen Gründe in einer leichten, angeborenen, ererbten<br />

Hirnschädigung, andere verweisen auf die Zunahme von Umweltgiften<br />

und -verschmutzung, deren Aufnahme in den Körper zu cerebralen<br />

Störungen führen kann. Eine sensible Phase ist weiterhin der<br />

Geburtsvorgang, wo Sauerstoffmangel im Hirn Schädigungen hervorrufen<br />

kann.<br />

Neben diesen Erklärungsversuchen sieht Jean Ayres als Ursachen auch<br />

eine Reizunterversorgung, das Fehlen von Bewegung, Spiel und sensorischer<br />

Stimulation während der ersten Lebensjahre, in denen sich<br />

die sensomotorische Entwicklung hauptsächlich vollzieht.<br />

Außerdem gibt es eine „innere Mangelsituation an sinnlicher Wahrnehmung“,<br />

wenn nämlich die vielfältigen Umweltreize nicht in ausreichendem<br />

Maße aufgenommen, registriert, weitergeleitet und integriert<br />

werden können. 54<br />

Symptome<br />

Jedes der zu behandelnden Kinder hat nach Ayres’ Aussage „seine<br />

eigene Symptomatik“. 55<br />

Kinder mit einer schlechten sensorischen Integration können sich oft<br />

nicht situationsgerecht und sinnvoll verhalten. Das <strong>Lernen</strong> fällt ihnen<br />

schwer, sie sind unausgeglichen und können sich selten mit innerer<br />

Befriedigung in die Umgebung einfügen.<br />

Je nach Störungsschwere fallen die Störungen mehr oder weniger auf.<br />

Vom Zeitpunkt der Intervention und der richtigen Beurteilung durch<br />

die Eltern des Kindes kann aber mitunter viel abhängen.<br />

Gefährlich [ist es,] anzunehmen, dass ein Kind aus seinen Problemen<br />

herauswachsen wird. Denn diese Einstellung verhindert, dass<br />

das Kind in dem Alter, in dem es ihm nützen könnte, fachliche<br />

Hilfe bekommt. 56<br />

Bei geringen Abweichungen gelingt es dem Kind möglicherweise,<br />

seine Probleme soweit zu kompensieren, dass diese gar nicht sichtbar<br />

werden. Seine Empfindungsintegration ist dann aber nur in ei-<br />

54<br />

Vgl.: Ayres, A. Jean: Bausteine der kindlichen Entwicklung. S. 75 ff.<br />

55<br />

ebd.: S. 79.<br />

56<br />

ebd.: S. 80.

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