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ICOM Deutschland Mitteilungen 2010

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Umschau<br />

Fotos: Museumsdienst Köln, Karin Rottmann<br />

Der Museumsdienst Köln stellte ausgewählte Projekte vor: Im Community-Programm (Foto links) besuchen Mütter mit ihren Kindern einen<br />

„Sprachkurs“ im Museum Ludwig. Im Workshop „Von Babylon nach Köln“ (Foto rechts) setzen sich jugendliche Migranten anhand von Kunstwerken<br />

mit ihren Wurzeln, ihrem <strong>Deutschland</strong>bild und ihren Zukunftsperspektiven auseinander.<br />

zwar noch im „Klassenzimmer“ statt,<br />

doch ab und an verlagert sich der Unterricht<br />

ins Museum – zur großen<br />

Zufriedenheit der Kursteilnehmer. Bundes<br />

weit wurden einige Projekte durchgeführt,<br />

mit dem Ziel, die Integration<br />

der Migranten zu fördern. Sie sind allerdings<br />

räumlich und zeitlich begrenzt,<br />

eine längerfristige Begleitung steht<br />

noch aus. Der Museumsdienst Köln<br />

dagegen hat das Thema Integration<br />

dauerhaft in seinem Angebot verankert.<br />

In kurzen und sehr lebhaften Intermezzi<br />

zwischen den Vorträgen stellte<br />

er eine Auswahl seiner Projekte vor.<br />

In Österreich wird Integration wohl<br />

mit Zurückhaltung betrachtet. Initiativen<br />

der Museen für Migrantengruppen<br />

sind selten, als fehle eine Art Gebrauchsanweisung.<br />

Wie es gehen kann,<br />

hat ein quick lebendiges Beispiel aus<br />

London gezeigt. Das Horniman Museum,<br />

klein aber fein, hat es geschickt<br />

verstanden, Menschen unterschiedlichster<br />

Herkunft in die Museumsarbeit<br />

– also auch ein Stück weit in das<br />

Leben des Stadtviertels – zu integrieren.<br />

Von der Erforschung der Sammlungen<br />

über die Gestaltung der Ausstellungen<br />

bis hin zu den museumspädagogischen<br />

Angeboten, die betroffene<br />

community wird nach Kräften eingebunden.<br />

Mit Erfolg, wie es scheint.<br />

Trends<br />

Bundesweit zeichnen sich drei Trends<br />

für integrative Museumsprojekte ab.<br />

Erstens gliedert sich das Erlernen der<br />

deutschen Sprache anhand der Ausstell<br />

ungen hervorragend in museumspädagogische<br />

Programme ein. Hierzu gibt<br />

es mittlerweile zahlreiche Beispiele.<br />

Der zweite Handlungstrend bekräftigt<br />

das Aneignen von Wissen über die<br />

neue Heimat. Ob Ansporn zum Besuch<br />

der städtischen Museen oder Schulklassenprogramme<br />

mit besonderer Fragestellung,<br />

das Ziel ist es, das Museum<br />

als Ort der Vermittlung in den Vordergrund<br />

zu stellen. Besonders effizient<br />

wird es, wenn Migranten in die sen<br />

Programmen selber zu Vermitt lern werden,<br />

indem sie andere Besucher durch<br />

die Ausstellungen führen.<br />

Der dritte erkennbare Trend bekräftigt<br />

ein gegenseitiges Kennenlernen<br />

auf gleicher Augenhöhe. Menschen mit<br />

Migrationshintergrund werden als<br />

gleichberechtigter Bestandteil der neuen<br />

Heimat anerkannt, deren Einfluss<br />

auf ihre Entwicklung gewürdigt wird.<br />

So ist es nur gerecht, auch über sie und<br />

vor allem von ihnen zu lernen. Ihre Objekte<br />

erhalten Einzug in den Sammlungen,<br />

ihre Werte werden in den Museen<br />

gewürdigt und aufgearbeitet.<br />

Integration erfolgt durch Institutionalisierung.<br />

Fragen<br />

Doch es ist nicht alles Gold was glänzt.<br />

Ob Schüchternheit oder Desinteresse,<br />

viele Migranten ignorieren die Angebote<br />

der Museen weiterhin. Wo und<br />

vor allem wie sind sie zu erreichen?<br />

Lohnt sich der hohe Aufwand, der<br />

für diese verhältnismäßig kleine Zielgruppe<br />

aufzubringen ist? Grundlegender<br />

ist noch die Frage, ob die Museen<br />

überhaupt diese Integrationsaufgabe<br />

übernehmen sollen? Der Tenor der<br />

Vor träge und Diskussionen war, dass<br />

die Museen grundsätzlich ihre Rolle<br />

in der Integration der Menschen mit<br />

Migrationshintergrund stärken wollen<br />

und sollen und dass sie auch teilweise<br />

dazu in der Lage sind. Teilweise. Vorausgesetzt<br />

es werden nicht sämtliche<br />

Ressourcen eingebunden zum Leidwesen<br />

der anderen Aufgaben eines Museums<br />

oder der anderen Zielgruppen.<br />

Die Herausforderung ist es wert.<br />

Migranten sind nicht nur unter den<br />

Besuchern selten, sie sind bedauerlicherweise<br />

auch unter den Wissenschaft lern<br />

in Museen kaum anzutreffen, hieß es<br />

mehrmals. Eine unausgesprochene Frage<br />

schwebte in den Raum: Wie viele<br />

von uns Tagungsteilnehmern haben eigentlich<br />

den besagten Migrationshintergrund?<br />

Dr. Stéphanie Wintzerith ist selbständige<br />

Be sucherforscherin. Sie führt Besucherbefragun<br />

gen und Evaluationen auf nationaler und<br />

internationaler Ebene für Museen und weitere<br />

Kultureinrichtun gen durch. Sie ist Mitglied<br />

des Vorstandes von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>;<br />

swi@wintzerith.de<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 53

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