ICOM Deutschland Mitteilungen 2010
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Aktuelles<br />
Foto: Müller-Karpe<br />
Der illegale Verkauf eines antiken Goldgefäßes, die<br />
Sicherung im Römisch-Germanischen Zentralmuseum<br />
und eine geplante „Rettungsaktion“ sorgten im Sommer<br />
2009 für enorme Medienresonanz (hier F.A.Z. vom<br />
29. Juni 2009).<br />
Michael Müller-Karpe nutzte dieses Interesse, um erneut<br />
auf die fortgesetzte Antikenhehlerei hinzuweisen.<br />
Indizien, die belegen, dass archäologische Funde unbekannter Herkunft regelmäßig aus strafbaren Handlun gen<br />
herrühren und daher nicht verkehrsfähig sind:<br />
1. Archäologische Funde legaler Herkunft haben immer einen Fundort.<br />
Bei Funden illegaler Herkunft wird dieser allerdings, zur Vermeidung<br />
von Rückgabeforderungen und strafrechtlichen Konsequenzen,<br />
regelmäßig gefälscht, verschleiert oder ganz verschwiegen.<br />
2. In allen Ländern mit Fundstellen antiker Hochkulturen ist die rechtliche<br />
Situation archäologischer Funde strikt geregelt. Von Beschränkungen<br />
sind sowohl der Eigentumserwerb als auch die Ausfuhr betroffen.<br />
Die meisten Länder haben zum Schutz der archäologischen<br />
Stätten archäologisches Kulturgut ihres Territoriums zu öffentlichem<br />
Eigentum erklärt und den Handel mit diesen Objekten verboten.<br />
Auch in <strong>Deutschland</strong> bestehen solche Schatzregale (mit Ausnahme<br />
von Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen). Aber auch da, wo Antiken<br />
noch nicht im Rahmen von Schatzregalen Staatseigentum<br />
sind, gilt zumindest die Hadrianische Teilung (§ 984 BGB), d. h. der<br />
Finder erwirbt lediglich hälftig Eigentum an dem Fund. Eine Hälfte<br />
gebührt dem Eigentümer der Fundstelle. Fremd, im Sinne des Gesetzes,<br />
ist eine Sache auch bei bestehendem Miteigentum. Die Ausfuhr<br />
von Antiken steht regelmäßig unter staatlichem Genehmigungsvorbehalt.<br />
3. Insoweit Eigentumserwerb und Ausfuhr überhaupt möglich sind,<br />
entstehen dabei immer amtliche Dokumente. Antiken legaler Herkunft<br />
sind daher regelmäßig mit gültigen Papieren des Landes der<br />
Fundstelle versehen.<br />
4. Ein gutgläubiger Erwerb ohne die genannten Legalitätsnachweise<br />
wird durch § 932 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Danach ist ein „Erwerber<br />
[…] nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge<br />
grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer<br />
gehört.“ Einem Käufer kann die Tatsache, dass archäologische<br />
Funde regelmäßig von eigentumsrechtlichen Restriktionen betroffen<br />
sind und die Ausfuhr regelmäßig unter staatlichem Genehmigungsvorbehalt<br />
steht, nur vorsätzlich oder grob fahrlässig unbekannt<br />
bleiben. Diesbezügliche Bestimmungen bestehen seit vielen<br />
Generationen: die Hadri anische Teilung seit zweitausend Jahren, Exportverbote<br />
in Griechenland z. B. seit 1834, im Osmanischen Reich<br />
und seinen Nachfolgestaaten seit 1869 und im Iran seit 1930. Er muss<br />
wissen, dass sich die illegale Herkunft einem objektiven Betrachter<br />
als die überwiegend wahr schein liche geradezu aufdrängt. Das gilt<br />
insbesondere auch für Händler, die ihren Lebensunterhalt mit der<br />
Vermarktung von Sachen bestreiten, die regelmäßig von solchen<br />
Restriktionen betroffen sind.<br />
5. Auch andere, Gutgläubigkeit voraussetzende, Möglichkeiten des<br />
Eigentumserwerbs, im Wege öffentlicher Versteigerung (§ 935 BGB)<br />
oder des Ersitzens (§§ 937 ff. BGB), scheiden damit aus.<br />
6. Die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB, wonach bis zum Beweis<br />
des Gegenteils der Besitzer einer Sache als deren Eigentümer gilt,<br />
wird durch das Fehlen der Nachweise, die bei Antiken legaler Herkunft<br />
regelmäßig vorhanden sind, widerlegt. Zu diesen Nachweisen<br />
zählen amtliche Fundmeldungen, gültige Exportdokumente<br />
des Landes der Fundstelle und Belege, dass die Antike bereits verbracht<br />
worden war, bevor das Herkunftsland einschlägige Gesetze<br />
und Bestimmungen in Kraft setzte.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 11