ICOM Deutschland Mitteilungen 2010
ICOM Deutschland Mitteilungen 2010
ICOM Deutschland Mitteilungen 2010
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
<strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong><br />
ISSN 1865-6749 | Heft 32 (17. Jahrgang)<br />
Museen für ein gesellschaftliches Miteinander<br />
Vorreiter im transkulturellen Dialog<br />
Die Ethik des Sammelns<br />
Vom schwierigen Geschäft der Auslese<br />
Illegaler Handel mit Kulturgut<br />
<strong>Deutschland</strong> als Paradies für Antikenhehler?
“Entdecken<br />
Sie Ihre<br />
Möglichkeiten!”<br />
Vorstand<br />
Präsident:<br />
Dr. Klaus Weschenfelder, praesident@icom-deutschland.de<br />
Vorstandsmitglieder:<br />
Prof. Dr. Rosmarie Beier-de Haan, beier@dhm.de<br />
Prof. Dr. Lothar Jordan, iclm.jordan@gmx.de<br />
Dr. Christoph Lind, christoph.lind@mannheim.de<br />
Dr. Anette Rein, ar_welten@yahoo.de<br />
Dr. Gerhard Winter, gerhard.winter@senckenberg.de<br />
Dr. Stéphanie Wintzerith, swi@wintzerith.de<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Dr. Klaus Weschenfelder<br />
Johanna Westphal M. A.<br />
Geschäftsstelle <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>:<br />
Johanna Westphal M.A.<br />
Beate von Törne M.A.<br />
Juliana Ullmann M.A.<br />
In der Halde 1, 14195 Berlin<br />
Tel.: +49 30 69504525<br />
Fax: +49 30 69504526<br />
icom@icom-deutschland.de<br />
www.icom-deutschland.de<br />
Redaktion: Anke Ziemer M.A., a.ziemer@t-online.de<br />
Gestaltung: Claudia Heckel, Berlin, www.besseresdesign.de<br />
Druck: Oktoberdruck, Berlin<br />
Copyrights liegen bei den Autoren und Fotografen.<br />
Inhaber von Bildrechten, die wir nicht ermitteln konnten,<br />
bitten wir um Kontaktaufnahme.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge entsprechen nicht<br />
unbedingt der Meinung der Redaktion oder der Herausgeber.<br />
Titelfotos: Jürgen Hohmuth / zeitort.de; Jowa I. Kis-Jovak; Peter Omachen;<br />
Grassi-Museum; Museum für Naturkunde Berlin; Touriseum;<br />
Norbert Kleiner; Deutsches Meeresmuseum Strahlsund, ozeaneum;<br />
Christoph Sandig, Leipzig; Helena Horn; Stadtmuseum Luxemburg<br />
2009, Christoph Weber<br />
Seit mehr als 25 Jahren beschäftigt sich Adlib mit dem<br />
Sammlungs- und Wissensmanagement im Kulturerbe.<br />
Anwenderfreundlichkeit und Flexibilität haben bereits<br />
mehr als 1800 Kunden weltweit überzeugt, davon über<br />
800 große und kleine Museen in Europa. Wenn Sie wissen<br />
möchten, wie wir auch Ihre Arbeit leichter machen<br />
können, rufen Sie uns an oder senden Sie uns eine Email.<br />
Adlib Information Systems GmbH<br />
tel. +49 (0)30-75518555<br />
info@adlibsoft.com<br />
www.adlibsoft.com<br />
Heft 32 (17. Jahrgang)<br />
Erscheinungsweise: seit 2004 einmal im Jahr<br />
Auflage: 5.000<br />
Gefördert durch die Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong> mit einer<br />
Zuwendung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und<br />
Medien<br />
Berlin, Mai <strong>2010</strong><br />
ISSN 1865-6749<br />
Adlib. Software, die Sie weiterbringt.
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
zu Beginn des Jahres konnte <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> das viertausendste<br />
Mitglied in seinen Reihen willkommen heißen<br />
und seine Stellung als mitgliederstärkstes Nationalkomitee<br />
im Internationalen Museumsrat weiter festigen. Der<br />
große Zuspruch gibt unserem Verband Auftrieb und signalisiert<br />
ein Zusammenrücken von Museumsverantwortlichen<br />
und wachsendes Interesse am Gedankenaustausch.<br />
Zugleich wird in den Aufnahmeanträgen deutlich, in welchem<br />
Maße sich das Spektrum der Museumsberufe in den<br />
letzten Jahren ausdifferenziert hat, vor allem aber, wie sich<br />
die Verhältnisse der Beschäftigung verändert haben. Nicht<br />
alle Aufnahmeanträge können bewilligt werden, mitunter<br />
muss auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass<br />
im Laufe einer beruflichen Biographie zwar die persönli che<br />
Nähe zur Museumsarbeit erhalten bleibt, das Arbeitsgebiet<br />
sich aber davon entfernt. Für das Funktionieren eines Fachverbandes<br />
ist die Professionalität seiner Mitglieder von hoher<br />
Bedeutung, denn es kommt auch darauf an, aus diesem<br />
Potential schöpfen zu können, wenn es um die Debatte von<br />
Museumsthemen auf lokaler und insbesondere auf internationaler<br />
Ebene geht. Jedes Mitglied des deutschen Nationalkomitees<br />
sollte deshalb auch in einem internationalen<br />
Komitee aktiv sein. Ihnen die Entscheidung für eines der<br />
etwa dreißig internationalen Komitees zu erleichtern, sollen<br />
auch die Berichte über deren Arbeit in den <strong>Mitteilungen</strong><br />
dienen.<br />
Besonderes Engagement bei der Mitarbeit im Weltverband<br />
zeigt seit langem Hans-Martin Hinz als Präsident des<br />
deutschen Nationalkomitees von 1999 bis 2004, Präsident<br />
von <strong>ICOM</strong> Europe von 2002 bis 2005 und Mitglied des<br />
Exekutivrates seit 2004. <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> hat Hans-<br />
Mar tin Hinz als Kandidaten für das Amt des Präsidenten<br />
von <strong>ICOM</strong> vorgeschlagen, das im November in Shanghai<br />
nach dem Ende der Amtszeit von Alissandra Cummins neu<br />
besetzt wird. Hans-Martin Hinz ist ein ausgezeichneter Bewerber,<br />
durch sein jahrelanges, engagiertes Wirken verfügt<br />
er über ein dichtes Netzwerk, das weit über Europa hinausreicht.<br />
Diplomatisches Geschick und strategisches Denken<br />
lassen im Falle seiner Wahl die weitere Entwicklung von<br />
<strong>ICOM</strong> in einem günstigen Licht erscheinen. Dies ist besonders<br />
deshalb sehr wünschenswert, als der Internationale<br />
Museumsrat in Bezug auf Mitgliederbetreuung und Finanzverwaltung<br />
in der Zukunft vor nicht geringen Herausforderungen<br />
steht. Als Kandidatin für den Exekutivrat hat<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als erfahrene und versierte Museumskollegin<br />
sein Vorstandsmitglied Rosmarie Beier-de Haan<br />
vorgeschlagen, ferner kandidiert auf Vorschlag von ICLM<br />
unser hoch geschätztes Vorstandsmitglied Lothar Jordan.<br />
Vorstand und Geschäftsstelle von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
versuchen, für ihre Mitglieder und mit ihren Mitgliedern<br />
Wege zur Bewältigung der Anforderungen aufzuzeigen, die<br />
in einer sich rasch wandelnden Gesellschaft an die Museumswelt<br />
gestellt werden. Mit der gemeinsam mit <strong>ICOM</strong><br />
Ös terreich und unter der Federführung von <strong>ICOM</strong> Schweiz<br />
bewerkstelligten Übersetzung und Herausgabe des 2004<br />
überarbeiteten und erweiterten <strong>ICOM</strong> Code of Ethics for<br />
Museums ist die weltweit anerkannte Grundlage der Museumsarbeit<br />
in ihrer aktuellen Form verfügbar. Die E t h is c h e n<br />
Richtlinien für Museen von <strong>ICOM</strong> sind ein unentbehrliches<br />
Hilfsmittel bei dem Bestreben, bei aller gesell schaftlicher<br />
Entwicklung, das Essentielle des Museumswesens zu<br />
bewahren. Der Kampf gegen den ungesetzlichen Handel<br />
mit dem Kultur- und Naturerbe gehört ebenso dazu wie<br />
die Reflektion musealer Kernaufgaben, wie sie in der diesjährigen<br />
Jahrestagung unter dem Thema „Die Ethik des<br />
Sammelns“ verfolgt werden soll. Ergänzend zu den Kooperationen<br />
mit anderen <strong>ICOM</strong>-Komitees oder dem Deutschen<br />
Museumsbund wird <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> in Kürze eine eigene<br />
Reihe unter dem Titel „<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – Beiträge<br />
zur Museologie“ beginnen.<br />
Museumsarbeit bedeutet zu einem großen Teil Vermittlungsarbeit<br />
in einem Medium ästhetischer Gestaltung. Um<br />
den hohen Ansprüchen der Museumsverantwortlichen bei<br />
<strong>ICOM</strong> entgegenzukommen, wird an dem Erscheinungsbild<br />
der <strong>Mitteilungen</strong> weiter gefeilt. Durch ein optimiertes<br />
Layout in Text und Bild und durch redaktionelle Eingriffe,<br />
etwa durch Zwischenüberschriften oder zugespitzte Bildunterschriften<br />
sollen das Interesse an den Inhalten geweckt<br />
und die Lesbarkeit erleichtert werden. Für das erfolgreiche<br />
Bemühen um eine anregende Lektüre danke ich den Autorinnen<br />
und Autoren ebenso wie den Mitarbeiterinnen der<br />
Geschäftsstelle, der Redakteurin und der Gestalterin.<br />
Vor uns liegen die Jahrestagung in Leipzig und die Generalkonferenz<br />
in Shanghai, zwei ausgezeichnete Gelegenheiten<br />
zum Gespräch und zum Gedankenaustausch auf nationaler<br />
und internationale Ebene. Ich freue mich auf viele<br />
Begegnungen mit Ihnen und verbleibe bis dahin<br />
mit freund lichen Grüßen<br />
Ihr<br />
Dr. Klaus Weschenfelder<br />
Präsident <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Foto: privat
Inhalt<br />
Foto: unesco, F. Fatosme<br />
Foto: wikipedia, Sergey Meniailenko<br />
Aktuelles<br />
Museen für ein gesellschaftliches Miteinander<br />
33. Internationaler Museumstag <strong>2010</strong> ............................4<br />
Neuordnung der Mitgliedsbeiträge<br />
<strong>ICOM</strong>-Generalversammlung<br />
hat neue Berechnungsgrundlage verabschiedet .................5<br />
Viertausendstes Mitglied begrüßt<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> wächst weiter ................................5<br />
Die Ethik des Sammelns<br />
Einladung zur Jahrestagung und Mitgliederversammlung <strong>2010</strong><br />
von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> .........................................6<br />
Museums for Social Harmony<br />
Einladung zur 22. Generalkonferenz von <strong>ICOM</strong> in Shanghai .......8<br />
<strong>Deutschland</strong> als Paradies für zwielichtige Antikenhändler?<br />
Zum Umgang mit archäologischem Kulturgut<br />
„lückenhafter“ Provenienz . .................................... 10<br />
Der Internationale Museumstag: Eine Erfolgsgeschichte<br />
soll 2011 neuen Schwung erhalten<br />
Das UNESCO-Programm „Memory of the World“<br />
wird 2011 Partner von <strong>ICOM</strong> .................................. 14<br />
Rückblick<br />
Tourismus – Fluch oder Segen?<br />
Höhepunkte des Internationalen Bodesee-Symposiums 2009 . . 18<br />
Die Kunst und Kultur der Einmischung<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> ist im Deutschen Kulturrat aktiv. . . . . . . . . . . . . 25<br />
Tätigkeitsbericht 2009 des Präsidenten<br />
von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> ....................................... 26<br />
Protokoll der Mitgliederversammlung 2009 .................... 29<br />
„Um fremden Wert willig und frei anzuerkennen<br />
und gelten zu lassen, muss man eigenen haben.“<br />
Laudatio auf York Langenstein ................................. 30<br />
Internationale Komitees<br />
Meisterwerke per Mausklick<br />
<strong>ICOM</strong> unterstützt den Ausbau von Europeana .................. 32<br />
Die internationalen Komitees stellen sich vor<br />
International Committee for Museums<br />
and Collections of Fine Arts (ICFA) ............................. 35<br />
International Committee for Conservation (<strong>ICOM</strong>-CC) .......... 36<br />
Tagungsberichte<br />
Concepts and Project Outcomes<br />
ICAMT – International Committee for Architecture<br />
and Museum Techniques ...................................... 37<br />
Wie authentisch können Freilichtmuseen sein?<br />
AEOM – Association of European Open-Air Museums .......... 38<br />
2 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Foto: Jürgen Hohmuth / zeitort.de<br />
Foto: Museumsdienst Köln, Karin Rottmann<br />
The Documentation in the XXI Century:<br />
Connecting the Information of Cultural Heritage<br />
CIDOC – International Committee of Documentation .......... 39<br />
From Strangers to Friends<br />
ALHFAM – Association for Living History,<br />
Farm and Agricultural Museums ............................... 40<br />
The Intersection of Art and Technical Innovation<br />
ICDAD – International Committee of Collections and Museums<br />
of Decorative Arts and Design ................................. 41<br />
Making the World Smaller:<br />
Crossing Boundaries with Exhibitions<br />
ICEE – International Committee for Exhibition Exchange ........ 42<br />
Portuguese Glass in an European Context<br />
GLASS – International Committee for Museums<br />
and Collections of Glass ....................................... 43<br />
Museums and Faith<br />
ICMAH – International Committee for Museums<br />
and Collections of Archaeology and History .................... 44<br />
Museums for Reconciliation and Peace.<br />
Roles of Ethnographic Museums in the World<br />
ICME – International Committee for Museums<br />
and Collections of Ethnography ............................... 45<br />
Die Reisen der Schriftsteller<br />
ICLM – International Committee for Literary Museums .......... 46<br />
Cultural Heritage and Biodiversity –<br />
A New Challenge for Mediation Through Museums<br />
NATHIST – International Committee for Museums<br />
and Collections of Natural History ............................. 48<br />
New Enthusiasts for an Old Subject:<br />
Transforming Numismatic Exhibitions for the Future<br />
<strong>ICOM</strong>ON – International Committee of Money<br />
and Banking Museums ........................................ 49<br />
Staff and Training in Regional Museums<br />
ICR – International Committee for Regional Museums .......... 50<br />
ICTOP – International Committee for the Training<br />
of Personnel .................................................. 51<br />
Umschau<br />
Das Eigene und das Fremde. Museen und Integration<br />
Jahrestagung des Bundesverbandes Museumspädagogik . ..... 52<br />
Museum – Migration – Kultur – Integration<br />
Gründung eines Arbeitskreises beschlossen ................... 54<br />
Publikationen ................................................. 55<br />
Bestellschein für Publikationen von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> ......... 55<br />
Veranstaltungen ............................................ 57<br />
Museum Security. Problems, Trends and Solutions<br />
ICMS – International Committee on Museum Security .......... 47<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 3
AKTuelles<br />
33. Internationaler Museumstag<br />
Museen für ein gesellschaftliches Miteinander<br />
Foto: <strong>ICOM</strong><br />
Unter dem Motto „Museums for Social Harmony – Museen<br />
für ein gesellschaftliches Miteinander“ begehen die<br />
Museen im Mai <strong>2010</strong> weltweit den 33. Internationalen Mus<br />
eu m s t a g . In <strong>Deutschland</strong>, Österreich und der Schweiz findet<br />
das Ereignis am Sonntag, dem 16. Mai <strong>2010</strong>, statt.<br />
Die in Abstimmung mit den <strong>ICOM</strong>-Nationalkomitees<br />
<strong>Deutschland</strong>, Schweiz und Österreich und dem Deutschen<br />
Museumsbund festgelegte deutsche Formulierung „Museen<br />
für ein gesellschaftliches Miteinander“ lädt alle Museen<br />
ein, sich mit eigenen Beiträgen an der Gestaltung eines anregenden<br />
und vielseitigen Programms für die Bürger ihrer<br />
Stadt, ihrer Region oder ihres Landes zu beteiligen.<br />
Möglichkeiten zur Umsetzung des Mottos<br />
Orte der Begegnung: Museen bieten Menschen aus allen<br />
ge sellschaftlichen Schichten und allen Generationen die<br />
Chance, mehr über andere, aber auch über sich selbst zu erfahren.<br />
Generationenübergreifende und interkul turelle Programme:<br />
Zeitzeugen berichten über his torische Ereignisse und<br />
tauschen sich mit nachfolgenden Generationen aus,<br />
junge Men schen führen Erwachsene, Jugendliche führen<br />
Kinder, gemeinsame Aktionen für unterschiedliche soziale<br />
und eth nische Gruppen, Projekte zur Partizipation.<br />
Vermittlung kultureller Vielfalt: Kulturelle Vielfalt bedeutet<br />
eine wichtige Ressource für unsere Gesellschaft.<br />
Museen bieten die Chance, die Neugier auf das Eigene und<br />
das Andere, oft noch Unbekannte zu wecken und vor Ort<br />
mehr übereinander zu erfahren. Kulturelle Vielfalt zeigt<br />
sich sowohl in den Objekten der Museumssammlungen als<br />
auch im Wissen über diese Sammlungen und findet Ausdruck<br />
im immateriellen Kulturerbe in Form von Musik,<br />
Tanz, traditionellem Handwerk, in der Literatur sowie in<br />
einer unterschiedlichen religiösen Lebenspraxis.<br />
Bieten Sie Ihren Besuchern Museumsfeste mit Musik-,<br />
Tanz- und Theaterveranstaltungen oder Lesungen an!<br />
Ehrenamtliches Engagement: In Zeiten gesellschaftli cher<br />
Veränderungen lässt sich ein wachsendes bürgerschaftli ches<br />
Engagement beobachten. Die zunehmende Bedeutung von<br />
Freundeskreisen und Eh renamtlichen in den Museen unterstreicht,<br />
dass Museen heute verstärkt als Orte bürgerschaft<br />
li chen Engagements ver stan den werden. Gewäh ren<br />
Sie Ihren Besuchern einen Blick hinter die Ku lissen und stellen<br />
Sie die Arbeit der Ehrenamtlichen vor!<br />
Koordinierungsstellen für Initiativen in der Gesellschaft:<br />
Museen laden heute mehr denn je auch zur Mitwirkung<br />
bei Aktionen ein, die Vernetzung und Verbindungen schaffen.<br />
Kooperieren Sie mit anderen Einrichtungen, gewinnen<br />
Sie Partner in Schulen, Vereinen und Betrieben oder in örtlichen<br />
Sparkassen! Der Internationale Museumstag wird<br />
von zahlreichen Stiftungen und Verbänden der Sparkassen-<br />
Finanzgruppe unterstützt.<br />
Der Internationale Museumstag wird vom Internationalen<br />
Museumsrat (<strong>ICOM</strong>) seit 1977 jährlich ausgerufen. Er<br />
verfolgt das Ziel, auf die Bedeutung und die Vielfalt der<br />
Museen aufmerksam zu machen. Gleichzeitig ermuntert<br />
er Besucher, die in den Einrichtungen bewahrten Schätze<br />
zu erkunden. Daher ist der Eintritt in die Museen an diesem<br />
Tag in der Regel frei.<br />
In <strong>Deutschland</strong> steht das Ereignis unter der Schirmherrschaft<br />
des Präsidenten des Bundesrates, des Präsidenten<br />
des Senats der Freien Hansestadt Bremen, Bürgermeister<br />
Jens Böhrnsen.<br />
Zum Auftakt des Internationalen Museumstages findet<br />
am 15. Mai <strong>2010</strong> zum sechsten Mal europaweit die von<br />
Frankreich initiierte „Nacht der Museen“ statt.<br />
Das Motto des Internationalen Museumstages <strong>2010</strong><br />
bie tet zahlreiche Anknüpfungen, dem Ideenreichtum sind<br />
keine Grenzen gesetzt. Wir freuen uns mit Ihnen auf einen<br />
lebendigen Internationalen Museumstag, der zu ei nem Fest<br />
für die Besucher und die Mitarbeiter der Museen wird.<br />
Johanna Westphal<br />
Geschäftsführerin <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Weitere Informationen:<br />
www.museumstag.de und http://icom.museum/imd.html<br />
4 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Aktuelles<br />
Neuordnung der Mitgliedsbeiträge<br />
Der Internationale Museumsrat vereinigt 28.000 Mitglieder<br />
in 137 Ländern, die sich in 115 Nationalkomitees und<br />
dreißig internationalen Komitees organisieren. Hinzu kommen<br />
mehrere Regionalgruppen und Kooperationspartner,<br />
mit denen <strong>ICOM</strong> weltweit zusammenarbeitet.<br />
Angesichts der Fülle der Aufgabenbereiche scheint eine<br />
Anhebung der Mitgliedbeiträge unausweichlich zu sein.<br />
Die Zahl der Mitarbeiter im Generalsekretariat in Paris<br />
mit zwanzig Hauptamtlichen und einigen Praktikanten ist<br />
durchaus überschaubar, aber vor allem das Jahresbudget<br />
von rund 3,2 Millionen Euro (Soll 2009) nimmt sich bescheiden<br />
aus. Ein Großteil ist durch die Personal- und Reisekosten<br />
der Ge schäftsstelle gebunden. E-Mail-Verkehr und<br />
Telefonkonferenzen reichen allein nicht aus, um die Interessen<br />
der Mu seumslandschaft weltweit angemessen zu unterstützen,<br />
dazu braucht es auch persönliche Begegnungen.<br />
<strong>ICOM</strong> ist auch ein Verband der Mitglieder. Neben der Infrastruktur<br />
muss aber auch die inhaltliche Arbeit, die in<br />
den Komitees stattfindet, angemessene Berücksichtigung<br />
finden. Dort werden Strategien zur Optimierung der Museumsarbeit<br />
erdacht und erprobt, Handreichungen und Untersuchungen<br />
erarbeitet und durch sie wird die Bedeutung<br />
der Museen für die Gesellschaft vor Ort sichtbar gemacht.<br />
Seit langem fordern sie bessere Unterstützung. Derzeit erhalten<br />
die internationalen Komitees einen Zuschuss von<br />
5,30 Euro pro Mitglied und einen Sockelbetrag von siebenhundert<br />
Euro im Jahr. Dies reicht kaum aus, um Tagun gen<br />
zu finan zieren, geschweige denn Ergebnisse zu publizie ren<br />
und zu kommunizieren. Die Nationalkomitees erhalten gar<br />
keine strukturelle Förderung, sie müssen sich durch zu sätzliche<br />
Gebühren, Zuwendungen und Spenden finanzieren.<br />
Es gibt zwei Wege, um die Situation zu verbessern, beide<br />
müssen gleichzeitig beschritten werden: Die Verringerung<br />
bzw. Umwidmung von Ausgaben und die Steigerung der<br />
Einnahmen. Es bleibt eine wichtige Aufgabe des Generalsekretariats,<br />
seine Ausgaben auf Notwendigkeit und Effizienz<br />
hin zu überprüfen, ferner hat <strong>ICOM</strong>-Generaldirektor<br />
Julien Anfruns das Fundraising zu einem seiner Ziele<br />
erklärt. Schließlich kann auch die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge<br />
die Finanznot lindern. Die <strong>ICOM</strong>-Generalversammlung<br />
hat daher in ihrer Sitzung vom 9. Juni 2009<br />
beschlossen, die vom <strong>ICOM</strong>-Generalsekretariat vorgeschlagene<br />
neue Gebührenpolitik versuchsweise für das Jahr<br />
<strong>2010</strong> einzuführen, und hat das Exekutivkomitee aufgefordert,<br />
mit den Mitgliedern über zukünftige Gebührenstrukturen<br />
zu beraten sowie Einsparpotentiale zu ermitteln, um<br />
nationale und internationale Komitees zu fördern, die solcher<br />
Hilfe dringend bedürfen.<br />
Das in diesem Beschluss anklingende Solidaritätsprinzip<br />
bestimmt die vorgeschlagene Gebührenordnung. Alle Länder<br />
sind auf der Basis eines UNO-Kaufkraftvergleichs in vier<br />
Kategorien mit unterschiedlicher Gebührenhöhe eingeteilt.<br />
Während individuelle Mitglieder der finanzschwächs ten Länder<br />
20 Euro pro Jahr zahlen müssen, werden für Einzelmitglieder<br />
der reichsten Länder 62 Euro fällig, 4 Euro mehr<br />
als zuvor. Den Mitgliedern des deutschen Nationalko mi tees<br />
wurde diese Erhöhung des Grundbetrages, die vollständig<br />
nach Paris abgeführt wird, in der Jahresrechnung mitgeteilt.<br />
Etwas komplizierter verhält es sich bei institutionellen<br />
Mitgliedern. Zu den vier Länderkategorien kommt eine neue<br />
Eingruppierung nach dem Jahresbudget der Museen zum<br />
tragen, anstelle der Anzahl von Mitarbeitern, wie bislang<br />
(siehe www.icom-deutschland.de/mitgliedschaft-institutionelle-mitgliedschaft.php).<br />
Diese Regelung konnte <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> bisher erst „virtuell“ umsetzen, das heißt, alle<br />
institutionellen Mitglieder wurden durch die Geschäftsstelle<br />
provisorisch geschätzt und in das neue Schema eingepasst.<br />
Die neue, höhere oder niedrigere Gebühr aber wird<br />
noch nicht erhoben, da der Abgleich mit den betroffenen<br />
Mitgliedern noch im Gange ist. Da sich für einige Museen<br />
der Beitrag deutlich erhöhen wird, bedarf es einiger Überzeugungsarbeit,<br />
diese Mitglieder zu halten. Die Argumente<br />
dafür sind gewichtig: Einerseits sollen sich die Leistungen<br />
von <strong>ICOM</strong> für seine Mitglieder verbessern, andererseits<br />
soll durch Entlastung der <strong>ICOM</strong>-Mitglieder in Schwellenländern<br />
deren Integration in den Weltverband gefördert<br />
werden.<br />
Dr. Klaus Weschenfelder<br />
Präsident <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Viertausendstes Mitglied<br />
begrüßt<br />
Foto: <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> konnte im Februar <strong>2010</strong><br />
Julien Chapuis, den Leiter der Skulpturensammlung<br />
und des Museums für Byzantinische<br />
Kunst SMB, als sein viertausends tes Mitglied<br />
begrüßen. Geschäftsführerin Johanna Westphal<br />
überbrach te einen Blumenstrauß als Willkommensgruß.<br />
„Ich bin gespannt auf die Arbeit im<br />
deutschen Nationalkomitee von <strong>ICOM</strong> und<br />
überzeugt, dass die Mitgliedschaft für meine<br />
Berufstätigkeit wie auch für mich persönlich<br />
ein Gewinn sein wird“, versicherte Julien Chapuis.<br />
Mit viertausend Mitgliedern ist <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> weiterhin das mitgliederstärkste<br />
Nationalkomitee.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 5
Aktuelles<br />
Die Ethik des Sammelns<br />
Wenn sich Museen im Spannungsfeld zwischen Etatknappheit und ungesteuertem Objektzustrom<br />
bewegen, geraten die ethischen Grundsätze des musealen Sammelns zur<br />
Herausforderung. <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> lädt zum Austausch über die Erfahrungen mit<br />
dem Sammelalltag in Museen ein. Die Jahrestagung und die Mitgliederversammlung<br />
finden vom 23. bis 25. September <strong>2010</strong> in Leipzig statt.<br />
Die Jahrestagung <strong>2010</strong> führt uns in<br />
eine Museumsstadt von herausragender<br />
Bedeutung. Mit einer Reihe von<br />
glanzvollen Eröffnungen hat Leipzig<br />
in den letzten Jahren diesen Rang bekräftigt.<br />
Das Grassi-Museum für Angewandte<br />
Kunst mit seiner einfühlsam<br />
restaurierten Art-Déco-Pfeilerhalle wird<br />
einen exquisiten Rahmen für die diesjährige<br />
Tagung von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />
die sich dem Thema „Et hik des<br />
Sammelns“ zu wenden wird, bieten.<br />
Im Rahmen der Jahrestagung wird<br />
auch die Mitgliederversammlung mit<br />
der Wahl der neuen Präsidentin oder<br />
des neuen Präsidenten und des Vorstands<br />
durchgeführt. Am 23. September<br />
beginnt die Tagung mit einer<br />
Abendveranstaltung im Museum der<br />
bildenden Künste Leipzig.<br />
Sammeln als öffentlicher Auftrag<br />
Die ethische Dimension des Sammelns<br />
resultiert aus der Verantwortung des<br />
Museums gegenüber dem Sammlungsgegenstand,<br />
sei er von Menschenhand<br />
gemacht oder von der Natur hervorgebracht,<br />
gegenüber dem Künstler oder<br />
Hersteller und gegenüber der Gesellschaft,<br />
zu deren Nutzen gesammelt<br />
wird. Sammeln erfordert eine Menge<br />
an Ressourcen, Arbeitskraft und Geld,<br />
es handelt sich nicht um eine marginale,<br />
sondern um eine zentrale Aufgabe<br />
des Museums. Sammeln heißt,<br />
Erinnerung zu bewahren, aber auch<br />
ein Bild von der Vergangenheit zu gestalten.<br />
Wegen der großen Bedeutung<br />
des Sammelns für die Ausbildung eines<br />
geschichtlichen und kulturellen Bewusstseins<br />
muss das Museum hinsichtlich<br />
seiner Sammlungstätigkeit zum<br />
ei nen seine grundsätzliche Haltung dazu<br />
und zum anderen die Voraussetzungen<br />
dafür und die Konsequenzen daraus<br />
ständig überprüfen.<br />
Im beschleunigten globalen Handel<br />
mit Artefakten und Gegenständen der<br />
Natur sind die Gefahren gewachsen,<br />
mit ungesetzlich gehandelten Angeboten<br />
konfrontiert zu werden, zumal<br />
auch in vielen Ländern die Aufmerksamkeit<br />
für die eigene kulturelle Überlieferung<br />
gestiegen ist und der rechtliche<br />
Rahmen weltweit deutliche Vorgaben<br />
zugunsten des Verbleibs von Kulturund<br />
Naturgütern in den Herkunftsländern<br />
bestimmt. Die mas senhaften<br />
Enteignungen im Nationalsozialismus<br />
und die kriegsbedingt verbrachten<br />
Kunst- und Kulturgüter stellen eine<br />
weitere Herausforderung an die Ethik<br />
des Sammelns dar, die sich nur langsam<br />
im Bewusstsein aller Verantwortlichen<br />
festsetzt.<br />
Wenn das Sammeln<br />
zum Problem wird<br />
Nicht wenige Konstellationen gibt es,<br />
die dem Museum die Verantwortung<br />
für das Sammeln aus der Hand gleiten<br />
lassen. Wegen des Fehlens eigener Mittel<br />
überlassen Museen den Aufbau von<br />
Sammlungen Privatpersonen und sehen<br />
sich nicht selten mit der Tatsache<br />
konfrontiert, dass eine mit fachlicher<br />
Unterstützung des Museums sorgsam<br />
aufgebaute Sammlung plötzlich in alle<br />
Winde zerstreut wird. Auch national<br />
wertvolles Kulturgut in Privatbesitz<br />
stellt Museen und deren Träger vor besondere<br />
Aufgaben, wenn Verkäufe vorgesehen<br />
sind oder gar Abwanderung<br />
droht. Rückkäufe, die aufgrund von<br />
Versteigerungsterminen unter Zeit<br />
Foto: Grassi-Museum<br />
6 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Aktuelles<br />
druck erfolgen, zwingen oft zu konzertierten<br />
Aktio nen.<br />
Aber nicht nur finanzielle Probleme<br />
beeinflussen die Sammlungstätigkeit.<br />
Strategien des Sammelns mit Blick auf<br />
Gegenwartsdokumentation oder Alltagskultur,<br />
Präsentation oder Lagerung<br />
von sehr großen Sammlungsgegenständen,<br />
Notgrabungen und an deres<br />
mehr fordern Entscheidungen über das<br />
Sammeln. Fehlende Lagerkapazitäten<br />
oder ungesteuerter Zufluss von Sammlungsobjekten<br />
führen inzwischen sogar<br />
schon zum Nachdenken über Stra tegien<br />
des „Entsammelns“. Schließ lich<br />
sollen alle Sammlungsobjekte im Museum<br />
wissenschaftlich erfasst, zumindest<br />
aber konservatorisch hinreichend<br />
behandelt werden, wozu erhebliche<br />
Re ssourcen erforderlich sind. Die Verantwortung<br />
für das Sammlungsgut endet<br />
nicht mit dem Erwerb und es gehört<br />
zu den ethischen Verpflichtungen,<br />
Sammeln und Bewahren in Einklang<br />
zu bringen.<br />
Open Box<br />
Die Leipziger Tagung wird den Kernfragen<br />
des Sammelns im gesamten<br />
Spektrum des Museumswesens nachgehen.<br />
Neben zwei Sektionen mit<br />
Haupt vorträgen wird auch diesmal<br />
wieder eine „Open Box“ für kurze<br />
Beiträge angeboten. Wegen ihres großen<br />
Erfolgs auf dem Internationalen<br />
Bodensee-Symposium 2009 ist das<br />
Forum für weitere Beiträge aus den<br />
Reihen der Mitglieder auch ein Programmpunkt<br />
unserer diesjährigen Jahrestagung<br />
in Leipzig. Am Samstag,<br />
dem 25. September <strong>2010</strong>, bietet die<br />
„Open Box“ Gelegenheit, in Kurzreferaten<br />
von maximal fünf Minuten Dauer<br />
zum Themenkreis der Tagung zu<br />
spre chen. Dabei kann es sich um Best-<br />
Practice-Beispiele ebenso handeln wie<br />
um grundsätzliche Überlegungen.<br />
Interessierte, die in diesem Rahmen<br />
sprechen möchten, senden uns bitte<br />
ihre Vorschläge bis spätestens zum<br />
31. Juli <strong>2010</strong>. Bitte geben Sie Ihren<br />
Namen, Ihre Einrichtung und Ihr Thema<br />
an (gegebenenfalls auch, ob und in<br />
welcher Form Sie Abbildungen zeigen<br />
wollen) und fügen Sie eine ca. acht zeilige<br />
Zusammenfassung bei! Bei ei ner<br />
größeren Anzahl von Angeboten treffen<br />
wir eine Auswahl: Wir werden dabei<br />
den Zeitpunkt der Anmeldung und<br />
die Bedeutung der jeweiligen Beiträge<br />
als Ergänzung des Tagungsprogramms<br />
berücksichtigen.<br />
Wahl des Vorstandes<br />
von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Auf der Mitgliederversammlung <strong>2010</strong><br />
in Leipzig werden die Präsidentin oder<br />
der Präsident und die Vorstandsmitglieder<br />
für die Amtszeit 2011 bis 2013<br />
gewählt. Für die Mitarbeit im Vorstand<br />
sind sechs Sitze zu vergeben. Auch<br />
wenn es sich um ein Ehrenamt handelt,<br />
wird die Bereitschaft erwartet, sich aktiv<br />
in die laufenden Aufgaben wie auch<br />
in die Entwicklung zukunfts orien tierter<br />
Perspektiven unserer in ter na tio nal<br />
ausgerichteten Arbeit einzubringen.<br />
Die Mit glieder des am tierenden Vorstands,<br />
einschließlich des Präsidenten,<br />
die für eine zweite Amtsperiode zur<br />
Verfügung stehen, werden sich ebenso<br />
wie neu vorgeschlagene Kandidatinnen<br />
und Kandidaten aus dem Kreis<br />
der Mitglieder zur Wahl stellen.<br />
Nach der Vorstellungsrunde der Kandidatinnen<br />
und Kandidaten in der Mitgliederversammlung<br />
erfolgt die Personalaussprache.<br />
Anschließend wer den<br />
in getrennten und geheimen Wahl gängen<br />
die Präsidentin oder der Präsi dent<br />
und dann die übrigen Vorstands mitglie<br />
der gewählt. Wir bitten alle Kandidatinnen<br />
und Kandidaten für die<br />
Vorstandswahlen oder für das Amt<br />
der Präsidentin oder des Präsiden ten,<br />
ihre Kandidatur bis spätestens zum<br />
31. Juli <strong>2010</strong> der Geschäftsstelle von<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> schriftlich mitzuteilen.<br />
Wir stützen uns dabei auf<br />
den bei <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> bisher beachteten<br />
Wahlmodus, aber auch auf<br />
die Wahlregularien des Internationalen<br />
Museumsrats <strong>ICOM</strong>.<br />
Mitte August werden die Bewerberinnen<br />
und Bewerber auf unserer Webseite<br />
bekannt gegeben.<br />
Mitglieder können bei Nichtanwesenheit<br />
ihr Stimmrecht auf andere<br />
stimmberechtigte Mitglieder schriftlich<br />
übertragen, wobei jedes Mitglied<br />
zur Vertretung von höchstens zwei<br />
abwesenden Mitgliedern bevollmächtigt<br />
werden kann. Eine Vorlage zur<br />
Übertragung des Stimmrechts erhalten<br />
Sie in der Geschäftsstelle.<br />
Der Vorstand lädt Sie herzlich zu<br />
der Jahrestagung und zur Mitgliederversammlung<br />
<strong>2010</strong> in Leipzig ein und<br />
wir freuen uns auf eine Begegnung<br />
und einen gemeinsamen Austausch mit<br />
Ihnen. Nutzen Sie diesen Anlass dazu,<br />
<strong>ICOM</strong> zu einem lebendigen Forum<br />
ambitionierter Museumsschaffender zu<br />
machen.<br />
Der Vorstand <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Weitere Informationen:<br />
www.icom-deutschland.de<br />
Themenvorschläge für die „Open Box“ und<br />
Kandidatenvorschläge für die Wahl des Vorstandes<br />
bitte an:<br />
icom@icom-deutschland.de<br />
Die Jahrestagung von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
wird in der wiedereröffneten Pfeilerhalle<br />
(Foto links) des Grassi-Museums in Leipzig<br />
stattfinden. Wie viele Mu seen <strong>Deutschland</strong>s,<br />
so steht auch das Grassi-Museum vor<br />
der museumsethisch bedeutsa men Frage,<br />
wie mit Artefakten ungesicherter Herkunft<br />
zu verfahren sei. Die auf den Emporen der<br />
Pfeilerhalle präsentierte Ausstellung<br />
„Asiatische Kunst. Impulse für Europa“<br />
enthält iranische Bildfliesen (Foto rechts),<br />
deren Provenienz nicht vollständig<br />
geklärt ist.<br />
Foto: Christoph Sandig, Leipzig<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 7
Aktuelles<br />
Museums for Social Harmony<br />
Wie können wir in einer pluralistischen Gesellschaft harmonisch miteinander leben?<br />
Und wie sollten Museen uns dabei unterstützen? Schwierige Fragen, über die<br />
sich Museumsfachleute einsam den Kopf zerbrechen oder im interkulturellen Dialog<br />
nach Antworten suchen können. Die 22. <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz will vom 7. bis<br />
12. November <strong>2010</strong> in Shanghai die Plattform für Ideen und Erfahrungen bieten.<br />
„The concept of harmony is both meaningful<br />
for mankind as a whole and emblematic of<br />
Oriental cultures. The main features of social<br />
harmony are dialogue, tolerance, co-existence<br />
and development, which are based on pluralism,<br />
diversity, competition and creativity. At<br />
its core is the ability to get on together whilst<br />
accepting difference – the effort to find<br />
common ground without jettisoning distinctive<br />
identities. Social har mony is multitiered:<br />
it encompasses harmony between all<br />
ethnic groups and cultures (between the<br />
dominant culture and subcultures and<br />
between the cultures of different social<br />
classes); harmony in the sense of respect for<br />
a country or a culture; harmony between<br />
different re ligions; and harmony between<br />
Man and Nature.“<br />
An Laishun<br />
Organizing Committee<br />
Working Group on the theme of the<br />
22nd <strong>ICOM</strong> General Conference<br />
Alle drei Jahre findet die <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz<br />
statt. Hier werden die<br />
Weichen für die Politik des Weltverbandes<br />
der Museen gestellt. Neben den<br />
Diskussionen zu einem übergreifenden<br />
Thema treffen sich die internationalen<br />
Komitees zu ihren Jahreskonferenzen,<br />
tagen Executive Council und Advisory<br />
Committee und werden die Gremien<br />
neu gewählt. Die Tagung bietet zudem<br />
Gelegenheit für eine breite Kommunikation<br />
unter den Museumskollegin nen<br />
und -kollegen.<br />
In diesem Jahr richtet das <strong>ICOM</strong>-<br />
Nationalkomitee China vom 7. bis<br />
12. November <strong>2010</strong> die 22. <strong>ICOM</strong>-<br />
Generalkonferenz und die 25. <strong>ICOM</strong>-<br />
Generalversammlung in Shanghai aus.<br />
Das Generalthema lautet in der englischen<br />
Version „Museums for Social<br />
Harmony“ und ist eine Übertragung<br />
aus der chinesischen Sprache, in der<br />
der Begriff „Harmonie“ im Sinne von<br />
Ausgewogenheit in vielfältiger Form<br />
verwendet wird.<br />
Die Generalversammlung wählt in<br />
Shanghai das 16 Personen umfassende<br />
Executive Council, das aus elf Mitgliedern,<br />
einem Schatzmeister, zwei<br />
Vizepräsidenten, einem Präsidenten<br />
und dem Vorsitzenden des Advisory<br />
Committee (von Amtes wegen) besteht.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> hat Hans-Martin<br />
Hinz, den ehemaligen Präsidenten<br />
von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und <strong>ICOM</strong><br />
Europe und derzeit Mitglied des Executive<br />
Council, als Kandidaten für das<br />
Präsidentenamt vorgeschlagen. Ferner<br />
wird Rosmarie Baier-de Haan, Generalsekretärin<br />
von ICMAH und Mitglied<br />
im Vorstand von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />
auf Vorschlag des Deutschen National<br />
komitees für das Executive Council<br />
kandidieren.<br />
Reisekostenzuschüsse<br />
stehen zur Verfügung<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> fördert wie bei<br />
früheren Generalkonferenzen die Teilnahme<br />
deutscher Mitglieder mit Reisekostenzuschüssen.<br />
Vorbehaltlich der<br />
Bewilligung des Zuwendungsgebers<br />
stehen für eine bestimmte Anzahl von<br />
Interessierten Reisekostenzuschüsse<br />
von bis zu 400 Euro zur Verfügung.<br />
Das Jüdische Museum Berlin bringt mit<br />
dem Programm „On.Tour – Das JMB<br />
macht Schule“ Teilaspekte der<br />
Dauerausstellung auf Schulhöfe und<br />
in Klassenzimmer.<br />
Foto: Jüdisches Museum Berlin, Foto: Sönke Tollkühn<br />
Foto: Jüdisches Museum Berlin, Foto: Sönke Tollkühn<br />
8 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Aktuelles<br />
Foto: Walter Larrimore, NMAI<br />
Das National Museum of the American Indian, Smithsonian Institution, lädt die indigene und die nicht indigene Bevölkerung zur Auseinandersetzung<br />
mit der Geschichte, dem zeitgenössischen Leben und den Erfahrungen der indigenen Völker Amerikas ein. Ziel ist, gegenseitiges<br />
Verständnis und kulturelle Versöhnung zu ermöglichen als Basis für ein künftiges gemeinsames Miteinander.<br />
Voraussetzung für die Bezuschussung<br />
ist ein wissenschaftlicher Beitrag zur<br />
Konferenz (z. B. das Halten eines Vortrages),<br />
eine besondere Funktion in der<br />
Gremienarbeit (z. B. die Tätigkeit als<br />
Vorstandsmitglied oder als Generalsekretär)<br />
oder das Mitwirken bei der<br />
Vorbereitung und Durchführung der<br />
Konferenz und seiner Fach tagungen.<br />
Daneben wird die Anfertigung eines<br />
Berichtes sowohl für die Reisekostenabrechnung<br />
als auch für die Veröffentlichung<br />
in den Mitteilun gen von<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> erwartet.<br />
Das aktuelle Programm und alle<br />
wei teren Informationen zu Anmeldung,<br />
Gebühren und Visum bietet die<br />
Webseite zur <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz<br />
www.icom<strong>2010</strong>.org.cn. Die notwendi<br />
gen Formulare für die Beantragung<br />
eines Visums sind über die Botschaft<br />
der Volksrepublik China in der Bundes<br />
republik <strong>Deutschland</strong> erhältlich,<br />
www.china-botschaft.de. Allgemeine<br />
In formationen zur Metropole Shanghai<br />
finden Sie unter www.shanghai.gov.cn.<br />
Bitte beachten Sie, dass die Höhe<br />
der Teilnahmegebühr zeitlich gestaffelt<br />
ist. Eine frühe Anmeldung lohnt<br />
sich.<br />
Wir bitten alle deutschen <strong>ICOM</strong>-<br />
Mitglieder, sich vor Antritt ihrer Reise<br />
in der Geschäftsstelle von <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> zu melden. Wir planen<br />
ein gemeinsames Treffen der deutschen<br />
Teilnehmer in Shanghai und möchten<br />
Sie rechtzeitig dazu einladen.<br />
Konferenz-Tour<br />
Im Rahmen der Generalkonferenz findet<br />
vom 30. Oktober bis 5. November<br />
<strong>2010</strong> eine von <strong>ICOM</strong> Europe in Kooperation<br />
mit <strong>ICOM</strong> China und <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> veranstaltete Konferenz-<br />
Tour durch die Städte Xian, Loyang,<br />
Kaifung und Zhengzhou zum Thema<br />
„Respecting Cultural Heritage for Our<br />
Common Future“ statt.<br />
Der Internationale Museumstag<br />
greift in diesem Jahr das Thema der<br />
<strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz auf und wird<br />
in <strong>Deutschland</strong> am 16. Mai <strong>2010</strong> unter<br />
dem Motto „Museen für ein gesellschaftliches<br />
Miteinander“ began gen.<br />
Näheres hierzu finden Sie im Internet<br />
www.museumstag.de und in dieser Ausgabe<br />
der <strong>Mitteilungen</strong> auf Seite 4.<br />
Johanna Westphal<br />
Geschäftsführerin <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Weitere Informationen:<br />
www.icom<strong>2010</strong>.org.cn<br />
Botschaft der VR China in <strong>Deutschland</strong>:<br />
www.china-botschaft.de<br />
Shanghai: www.shanghai.gov.cn<br />
Fragen zum Reisekostenzuschuss:<br />
icom@icom-deutschland.de<br />
Konferenz-Tour: www.icom-euope.org<br />
„In the United States, as elsewhere,<br />
contemporary society is constantly in search<br />
of vehicles – ‚safe places’ – for the consideration<br />
and debate of social and cultural<br />
questions and issues that need resolution and<br />
reconciliation if, ultimately, ‚social harmony’<br />
is to be achieved and preserved.<br />
I do not pretend that museums alone are<br />
capable of shouldering this considerable<br />
social and cultural challenge, but I believe the<br />
vision and conception seminal and worthy<br />
of consideration as a matter of 21st century<br />
museology and, more importantly, social<br />
responsibility. Social harmony, whether local<br />
or global, requires the capacity, culturally and<br />
socially, to eliminate boundaries that divide<br />
– and I hope and trust that museums, in the<br />
future, will advance this noble aspiration.“<br />
W. Richard West, Jr.<br />
Founding Director and Director Emeritus<br />
National Museum of the American Indian<br />
Smithsonian Institution<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 9
Aktuelles<br />
<strong>Deutschland</strong> als Paradies<br />
für zwielichtige Antikenhändler?<br />
Machen sich die deutschen Behörden zu Handlangern von Kriminellen? Zum Umgang<br />
mit archäologischem Kulturgut „lückenhafter“ Provenienz an einem Beispiel<br />
Gastbeitrag von Michael Müller-Karpe<br />
Ein „Deutsch-irakischer Archäologenkrimi“ um ein antikes<br />
Goldgefäß hat jüngst die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit<br />
auf ein Problem gelenkt, das so gar nicht zum<br />
Selbstverständnis einer Kulturnation passen will: die in<br />
<strong>Deutschland</strong> weitgehend unbehelligt florierende Antikenhehlerei.<br />
Das Goldgefäß wurde im September 2005, auf Veranlassung<br />
des Verfassers, vom Zoll bei einem Auktionshaus in<br />
München sichergestellt und dem Römisch-Germanischen<br />
Zentralmuseum (RGZM) zur wissenschaftlichen Untersuchung<br />
und Begutachtung überstellt. Es war ohne Fundortangabe<br />
und ohne Legalitätsdokumente des Landes der Fundstelle<br />
versteigert worden.<br />
Nach den Feststellungen des vom Verfasser erstellten<br />
Gutachtens handelte es sich bei dem Gefäß nicht, wie vom<br />
Auktionshaus angegeben, um ein etwa zweitausend Jahre<br />
altes Erzeugnis der römischen Kaiserzeit, sondern um ein<br />
viereinhalbtausend Jahre altes Gefäß der sumerischen Hochkultur<br />
Mesopotamiens und damit um eines der weltweit<br />
ältesten Goldgefäße überhaupt. Es stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
aus einem geplünderten Königsgrab im Südirak.<br />
Die Rechtslage ist eigentlich klar<br />
Archäologische Funde unterliegen im Irak einem Schatzregal.<br />
Sie befinden sich damit regelmäßig im öffentlichen<br />
Eigentum der Republik Irak, falls die Ausnahme nicht<br />
durch gültige Dokumente des Herkunftsstaates (z. B. Exportlizenzen)<br />
nachgewiesen wird.<br />
Zum Tatbestand der Hehlerei bzw. gewerbsmäßigen<br />
Hehlerei tritt bei der Veräußerung von archäologischem<br />
Kulturgut aus dem Irak regelmäßig ein Verstoß gegen das<br />
Außenwirtschaftsgesetz (§ 34 Abs. 4): Nach der Verordnung<br />
EG 1210/2003 (Art. 3 Abs. 1) sind die Einfuhr und<br />
Ausfuhr von und der Handel mit irakischen Kulturgütern<br />
in der Europäischen Union verboten, wenn sie illegal von<br />
irakischen Orten entfernt wurden oder ein begründeter<br />
Verdacht besteht, dass die Kulturgüter unter Verstoß gegen<br />
die einschlägigen irakischen Gesetze und Bestimmungen<br />
aus Irak verbracht wurden. Dieses Verbot gilt nicht, wenn<br />
nachgewiesen wird, dass die Kulturgüter vor dem 6. August<br />
1990 aus Irak ausgeführt wurden oder den irakischen<br />
Einrichtungen zurückgegeben werden (Art. 3 Abs. 2).<br />
Die Chronologie eines Rechtsstreites<br />
Am 3. Juni 2009 erwirkte das Auktionshaus beim Münchner<br />
Finanzgericht einen Beschluss, der den Zoll verpflichtete,<br />
das Goldgefäß dem Gericht zwecks „Inaugenscheinnahme“<br />
vorzulegen. Darauf hin forderte der Zoll vom<br />
RGZM die Herausgabe des Goldgefäßes.<br />
Nachdem die Münchner Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen<br />
in dieser Sache bereits eingestellt hatte – obwohl<br />
weder legitimierende Dokumente noch der von der EU-<br />
Verordnung geforderte Nachweis beigebracht wurden –<br />
kündigte der Zoll gegenüber dem Verfasser an, das Gefäß<br />
an das Auktionshaus herauszugeben, falls das Gericht<br />
feststellen sollte, dass der Zoll bei der Sicherstellung aus<br />
formalen Gründen nicht zuständig war.<br />
Diese Ankündigung fügte sich in eine unrühmliche Tradition<br />
handelsfreundlicher Entscheidungen, mit denen<br />
deutsche Strafverfolgungsbehörden – insbesondere auch<br />
in München – die Interessen derer, die aus der Zerstörung<br />
von Kulturdenkmälern Gewinn ziehen, höher bewerteten<br />
als die international längst anerkannten Belange des Kulturgüterschutzes.<br />
So stellte das Landgericht München I in<br />
seinem Beschluss vom 24. Juni 2008 (Az. 8 Qs 3/08) bezüglich<br />
türkischer Antiken fest, dass bei einer „Güterabwägung<br />
zwischen dem berechtigten Interesse der Republik<br />
Türkei an dem Erhalt ihres Kulturgutes und dem Recht<br />
der Gewahrsamsinhaber an der Verwertung ihrer Gegenstände<br />
letzteren Interessen den Vorzug zu geben ist“.<br />
Für den Verfasser ergab sich das Dilemma, dass er, als<br />
Behördenvertreter, einerseits dem Beschluss eines deutschen<br />
Gerichtes Folge zu leisten hat, andererseits aber durch die<br />
Herausgabe des Goldgefäßes möglicherweise die Voraussetzung<br />
dafür schaffen würde, dass mit diesem fortgesetzt<br />
Hehlerei betrieben wird. Im Kern ging es in dieser Sache<br />
somit auch um die Frage, ob ein Behördenvertreter durch<br />
eine andere Behörde gezwungen werden kann, an der Begehung<br />
einer Straftat mitzuwirken.<br />
Hinzu kam, dass der Botschafter der Republik Irak den<br />
Verfasser explizit gebeten hatte, das Gefäß bis zur abschließenden<br />
eigentumsrechtlichen Klärung durch das letztinstanzlich<br />
zuständige Gericht zu verwahren und nicht herauszugeben.<br />
Er befürchtete, dass durch eine Herausgabe<br />
des Gefäßes an das Auktionshaus, der tatsächlichen Eigentümerin<br />
– der Republik Irak – die Möglichkeit genommen<br />
werden könnte, auf rechtsstaatlichem Weg in den<br />
Besitz ihres Eigentums zu gelangen.<br />
Ein Ignorieren dieser – berechtigten – Bitte wäre auch<br />
insofern bedenklich gewesen, als dies negative Auswirkungen<br />
auf die engen wissenschaftlichen Beziehungen des<br />
RGZM zum irakischen Antikendienst hätte haben können:<br />
Auf der <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz 2004 in Seoul gab<br />
Donny George Youkhanna, damals Direktor des iraki schen<br />
Natio nalmuseums, bekannt, dass Forscher und Institutionen,<br />
die den Handel mit archäologischen Funden zweifelhafter<br />
Herkunft – in welcher Form auch immer – unter<br />
10 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Aktuelles<br />
Foto: Müller-Karpe<br />
Der illegale Verkauf eines antiken Goldgefäßes, die<br />
Sicherung im Römisch-Germanischen Zentralmuseum<br />
und eine geplante „Rettungsaktion“ sorgten im Sommer<br />
2009 für enorme Medienresonanz (hier F.A.Z. vom<br />
29. Juni 2009).<br />
Michael Müller-Karpe nutzte dieses Interesse, um erneut<br />
auf die fortgesetzte Antikenhehlerei hinzuweisen.<br />
Indizien, die belegen, dass archäologische Funde unbekannter Herkunft regelmäßig aus strafbaren Handlun gen<br />
herrühren und daher nicht verkehrsfähig sind:<br />
1. Archäologische Funde legaler Herkunft haben immer einen Fundort.<br />
Bei Funden illegaler Herkunft wird dieser allerdings, zur Vermeidung<br />
von Rückgabeforderungen und strafrechtlichen Konsequenzen,<br />
regelmäßig gefälscht, verschleiert oder ganz verschwiegen.<br />
2. In allen Ländern mit Fundstellen antiker Hochkulturen ist die rechtliche<br />
Situation archäologischer Funde strikt geregelt. Von Beschränkungen<br />
sind sowohl der Eigentumserwerb als auch die Ausfuhr betroffen.<br />
Die meisten Länder haben zum Schutz der archäologischen<br />
Stätten archäologisches Kulturgut ihres Territoriums zu öffentlichem<br />
Eigentum erklärt und den Handel mit diesen Objekten verboten.<br />
Auch in <strong>Deutschland</strong> bestehen solche Schatzregale (mit Ausnahme<br />
von Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen). Aber auch da, wo Antiken<br />
noch nicht im Rahmen von Schatzregalen Staatseigentum<br />
sind, gilt zumindest die Hadrianische Teilung (§ 984 BGB), d. h. der<br />
Finder erwirbt lediglich hälftig Eigentum an dem Fund. Eine Hälfte<br />
gebührt dem Eigentümer der Fundstelle. Fremd, im Sinne des Gesetzes,<br />
ist eine Sache auch bei bestehendem Miteigentum. Die Ausfuhr<br />
von Antiken steht regelmäßig unter staatlichem Genehmigungsvorbehalt.<br />
3. Insoweit Eigentumserwerb und Ausfuhr überhaupt möglich sind,<br />
entstehen dabei immer amtliche Dokumente. Antiken legaler Herkunft<br />
sind daher regelmäßig mit gültigen Papieren des Landes der<br />
Fundstelle versehen.<br />
4. Ein gutgläubiger Erwerb ohne die genannten Legalitätsnachweise<br />
wird durch § 932 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Danach ist ein „Erwerber<br />
[…] nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge<br />
grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer<br />
gehört.“ Einem Käufer kann die Tatsache, dass archäologische<br />
Funde regelmäßig von eigentumsrechtlichen Restriktionen betroffen<br />
sind und die Ausfuhr regelmäßig unter staatlichem Genehmigungsvorbehalt<br />
steht, nur vorsätzlich oder grob fahrlässig unbekannt<br />
bleiben. Diesbezügliche Bestimmungen bestehen seit vielen<br />
Generationen: die Hadri anische Teilung seit zweitausend Jahren, Exportverbote<br />
in Griechenland z. B. seit 1834, im Osmanischen Reich<br />
und seinen Nachfolgestaaten seit 1869 und im Iran seit 1930. Er muss<br />
wissen, dass sich die illegale Herkunft einem objektiven Betrachter<br />
als die überwiegend wahr schein liche geradezu aufdrängt. Das gilt<br />
insbesondere auch für Händler, die ihren Lebensunterhalt mit der<br />
Vermarktung von Sachen bestreiten, die regelmäßig von solchen<br />
Restriktionen betroffen sind.<br />
5. Auch andere, Gutgläubigkeit voraussetzende, Möglichkeiten des<br />
Eigentumserwerbs, im Wege öffentlicher Versteigerung (§ 935 BGB)<br />
oder des Ersitzens (§§ 937 ff. BGB), scheiden damit aus.<br />
6. Die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB, wonach bis zum Beweis<br />
des Gegenteils der Besitzer einer Sache als deren Eigentümer gilt,<br />
wird durch das Fehlen der Nachweise, die bei Antiken legaler Herkunft<br />
regelmäßig vorhanden sind, widerlegt. Zu diesen Nachweisen<br />
zählen amtliche Fundmeldungen, gültige Exportdokumente<br />
des Landes der Fundstelle und Belege, dass die Antike bereits verbracht<br />
worden war, bevor das Herkunftsland einschlägige Gesetze<br />
und Bestimmungen in Kraft setzte.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 11
Aktuelles<br />
Foto: Carabinieri T. P. V. Italia<br />
Zabalam. Die Ruine dieser sumerischen Stadt im Süden des Irak hatte fünftausend Jahre weitgehend unversehrt im Boden überdauert. Sie<br />
wurde durch Raubgrabungen, zur Versorgung des nimmersatten internationalen Antikenmarktes mit Hehlerware, vollständig vernichtet.<br />
stützen, künftig von der Forschung in den Museen des Irak<br />
ausgeschlossen sein werden.<br />
Vor diesem Hintergrund setzte sich der Verfasser für<br />
eine einvernehmliche Lösung ein. Unter Hinweis auf die<br />
irakische Bitte regte er an, die Inaugenscheinnahme in den<br />
Räumen des RGZM vorzunehmen. Dieser Vorschlag führte<br />
zu Irritationen, die in der Ankündigung des Zolls gipfelten,<br />
notfalls den Tresor des RGZM gewaltsam – mit dem<br />
Schweißbrenner – öffnen zu wollen. Wegen des gro ßen Medieninteresses<br />
(sieben Fernsehanstalten hatten angekün digt,<br />
die Schweißaktion filmen zu wollen) wurden drei Ab holtermine<br />
vom Zoll kurzfristig abgesagt. Beim vierten Termin<br />
wurde das Gefäß dem Zoll dann – „freiwillig“ – übergeben.<br />
Das Zwischenergebnis<br />
Nachdem ein vom Gericht bestellter Zweitgutachter in<br />
Berlin die Feststellungen des Verfassers bestätigte und eine<br />
vom Auktionshaus beauftragte Gegengutachterin nicht in<br />
der Lage war, die Datierung des Gefäßes in die römische<br />
Kaiserzeit fristgerecht nachzuweisen, bestätigte das Finanzgericht<br />
München am 25. September 2009 die irakische<br />
Herkunft des Goldgefäßes und schloss sich damit<br />
voll inhaltlich den Feststellungen des Verfassers an. Eine<br />
Revision wurde nicht zugelassen. Das Auktionshaus legte<br />
dagegen Beschwerde ein.<br />
Inzwischen kündigte der Käufer des Goldgefäßes, ein<br />
Rechtsanwalt und Topmanager eines weltweit – auch im<br />
Irak – operierenden Konzerns, an, die wertvolle Antike dem<br />
Irak zurückgeben zu wollen. Er sei Sammler, aber kein<br />
Hehler. Diese Erkenntnis kam ihm bei einem Telefonanruf<br />
des irakischen Kulturattachés im Januar <strong>2010</strong>. Der Jurist<br />
hatte das Goldgefäß gut vier Jahre zuvor für 1.200 Euro<br />
ersteigert – trotz des Vorbehalts, unter dem die Versteigerung<br />
wegen der irakischen Eigentumsansprüche erfolgte.<br />
Er hatte vom Zoll schriftlich die Aushändigung des Gefäßes<br />
gefordert, da man ihm die illegale Herkunft des Gefäßes<br />
gefälligst nachzuweisen habe. Damit brachte er die<br />
irakische Botschaft, die als Verfahrensbeteiligte von der<br />
Staatsanwaltschaft Akteneinsicht erhielt, auf seine Spur.<br />
Aber das grundsätzliche Problem ist nicht gelöst<br />
Auch wenn sich nunmehr bezüglich des Verbleibs des Goldgefäßes<br />
die einzig akzeptable Lösung abzeichnet – die<br />
Rückgabe an den rechtmäßigen Eigentümer, das irakische<br />
Nationalmuseum in Bagdad – ist damit der Fall als solcher<br />
nicht gelöst: Der Fundort ist weiterhin unbekannt, die illegalen<br />
Netzwerke sind nach wie vor intakt und weitere<br />
bedeutende Antiken, darunter Gold- und Silberfunde, die<br />
aus demselben mutmaßlichen Königsgrab stammen können,<br />
wurden bisher nicht sichergestellt: Trotz mehrfacher<br />
Bitten des Verfassers sahen sich die deutschen Strafverfolgungsbehörden<br />
dazu nicht in der Lage.<br />
Wenigstens die aus dem Grab gewühlten Beigaben sollten<br />
gesichert werden. Die Informationen, die mit der undoku<br />
mentierten Zerstörung des Fundkontextes vernichtet<br />
wurden, sind ohnehin unwiederbringlich verloren. Ungestörte<br />
Königsgräber wurden im Irak letztmalig vor mehr<br />
als achtzig Jahren von Archäologen entdeckt und ausgegraben<br />
(im Königsfriedhof in Ur). Man stelle sich vor, welche<br />
Erkenntnisse die Untersuchung eines intakten Königsgrabes<br />
des 3. Jahrtausends v. Chr. mit den heute der Archäologie<br />
zur Verfügung stehenden Möglichkeiten hätte erbringen<br />
können!<br />
12 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Aktuelles<br />
Kulturelles Erbe wird – mit Hilfe deutscher Gerichte –<br />
weiterhin illegal gehandelt<br />
Der hier skizzierte Fall ist symptomatisch für den Umgang<br />
mit archäologischem Kulturgut zweifelhafter Herkunft.<br />
Ohne den Druck einer empörten Öffentlichkeit – und den<br />
beherzten Einsatz der irakischen Botschaft in Berlin – wäre<br />
das Goldgefäß vermutlich längst an die mutmaßlichen Hehler<br />
zurückgegeben. Wenn es in der Vergangenheit überhaupt<br />
zu Ermittlungen und Sicherstellungen bei solchen<br />
Delikten kam, war dies meist das Ergebnis. Antikenhändler<br />
verfügen über gut bezahlte und durchsetzungsstarke<br />
Anwälte.<br />
Die Vermarktung von archäologischen Funden ungeklärter<br />
Herkunft bildet den finanziellen Anreiz für Raubgrabungen<br />
und die dadurch verursachte undokumentierte<br />
Zerstörung der im Fundkontext gespeicherten Informationen.<br />
Wer solche Dinge kauft, erwirbt damit nicht nur die<br />
Patenschaft für das konkrete Raubgrabungsloch, aus dem<br />
diese Funde gewühlt wurden. Er ist auch verantwortlich<br />
für die Zerstörungen, die künftig mit dem von ihm gezahlten<br />
Geld finanziert werden.<br />
Diesem Sachverhalt tragen Fachverbände, etwa <strong>ICOM</strong><br />
und die deutschen Kunsthandelsverbände, im Rahmen von<br />
Selbstverpflichtungen Rechnung: Sie verbieten ihren Mitgliedern,<br />
sich an Import, Export, an dem Kauf oder der<br />
Übertragung von Gegenständen zu beteiligen, die gestohlen,<br />
illegal exportiert oder illegal ausgegraben wurden.<br />
Soweit Theorie und moralischer Anspruch. Die Praxis ist<br />
leider eine andere: UNESCO und FBI schätzen das Handelsvolumen<br />
mit Kulturgut illegaler Herkunft auf jährlich<br />
sechs bis acht Milliarden US-Dollar. Damit zählt der<br />
Antikenhandel, ne ben Rauschgift-, Waffen- und Menschenhandel,<br />
zu den umsatzstärksten illegalen Erwerbsquellen.<br />
Angesichts dieser Gewinne wäre auch ein Heer<br />
von Antikenwächtern machtlos. In der Marktwirtschaft<br />
bestimmt bekanntlich die Nachfrage das Angebot. Daher<br />
muss der Schutz der archäologischen Stätten bei einer<br />
wirksamen Bekämpfung der Antikenhehlerei ansetzen.<br />
Strafverfolgungsbehörden und Museen können Antikenhehlerei<br />
nur gemeinsam eindämmen<br />
Vor diesem Hintergrund ist ein Umdenken, insbesondere<br />
auch auf Seiten der Strafverfolgungsbehörden, dringend geboten.<br />
Die hier zu verzeichnenden Defizite resultieren zum<br />
einen aus einer Verkennung der erheblichen Gemeinschädlichkeit<br />
der durch den Handel mit archäologischen Funden<br />
ungeklärter Herkunft verursachten Raubgrabun gen, zum<br />
anderen aber – und vor allem – aus einer Verkennung des<br />
Regeltatbestandes.<br />
Die vermutete legale Herkunft und eine daraus abgeleitete<br />
angebliche Verkehrsfähigkeit von provenienzlosen archäologischen<br />
Funden sind eine Fiktion, die mit der Realität<br />
wenig gemein haben: Antiken, die ohne nachvollziehbare<br />
Herkunftsangabe und ohne gültige Dokumente des Landes<br />
der Fundstelle gehandelt werden, sind regelmäßig illegaler<br />
Herkunft (siehe Seite 11).<br />
Wer die Ausnahme von der Regel für sich in Anspruch<br />
nimmt, hat das tatbestandliche Vorliegen eines Ausnahmesachverhaltes<br />
nachzuweisen. Das kann geschehen durch<br />
die genannten Dokumente des Landes der Fundstelle oder<br />
durch den Nachweis, dass die Funde bereits vor Inkrafttreten<br />
der einschlägigen Gesetze und Bestimmungen verbracht<br />
worden waren. Daraus folgt, dass bezüglich im<br />
Handel angebotener Antiken „lückenhafter“ Provenienz<br />
ein Eigentumserwerb durch den Veräußerer regelmäßig<br />
nicht stattgefunden hat.<br />
Diese Erkenntnis beginnt sich zunehmend durchzusetzen,<br />
wie Gerichtsentscheide aus jüngster Zeit, z. B. in Gießen,<br />
zeigen. Hinzu tritt die Möglichkeit der Sicherstellung<br />
und Einziehung auf dem Verwaltungsweg nach dem Gefahrenabwehrrecht<br />
(Präventive Gewinnabschöpfung). In<br />
dieser Hinsicht wegweisend ist das Vorgehen der Staatsanwaltschaft<br />
Hannover (Az. 4161 Js 41528/03) und der Ordnungsbehörde<br />
von Hannover: 618 Münzen und vier weitere<br />
römische Antiken ohne legitimierende Nachweise wurden,<br />
mangels Verkehrsfähigkeit, im Rahmen eines Geldwäscheverfahrens<br />
sichergestellt und eingezogen. Die Funde wurden<br />
dem Kestner-Museum übergeben, da sie keiner konkreten<br />
Straftat, wie z. B. einer Raubgrabung, zugeordnet werden<br />
konnten und der tatsächliche Eigentümer sich auch auf<br />
anderem Weg nicht ermitteln ließ.<br />
Dieser Präzedenzfall kann – und wird – erhebliche Auswirkungen<br />
auf den Handel mit provenienzlosen Antiken<br />
haben. Betroffen sind hunderttausende archäologische<br />
Funde, die derzeit noch – illegal – vermarktet werden. Ziel<br />
ist die Vermeidung der schädlichen Auswirkungen der Antikenhehlerei<br />
– einer der übelsten Geißeln der Menschheit.<br />
Hierfür ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Archäologen<br />
und Strafverfolgungsbehörden dringend notwendig.<br />
Für die öffentlichen Museen erwächst daraus die Verpflichtung,<br />
die Funde in ihre Obhut zu nehmen, deren tatsächli che<br />
Eigentümer nicht mehr ermittelt werden können. Gleichzeitig<br />
eröffnet sich damit aber auch die Chance, Raubgrabungsfunde<br />
für die Wissenschaft und die Öffentlichkeit zu<br />
sichern, ohne dass die Museen – durch Hehlerei – selbst<br />
Kulturzerstörung fördern.<br />
Dr. Michael Müller-Karpe ist Archäologe am Römisch-Germanischen<br />
Zentralmuseum in Mainz. Seine Forschungen gelten vornehmlich<br />
Metallfunden aus Mesopotamien. In diesem Bereich führt er auch<br />
kriminalarchäologische Untersuchungen in enger Kooperation mit<br />
Polizei, Zoll und Staatsanwaltschaften durch. Er engagiert sich gegen<br />
den weltweiten illegalen Antikenhandel und berät den Kulturausschuss<br />
des Deutschen Bundestages in Fragen des Kulturgüterschutzes;<br />
muellerkarpe@rgzm.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz: www.rgzm.de<br />
Reinhard Dietrich: Antiken, Recht und Markt, in: Kunstrechtspiegel<br />
4/2008, Magazin des Instituts für Kunst und Recht IFKUR e. V.,<br />
S. 174–181:<br />
http://ifkur.de/images/dokumente/kunstrechtsspiegel0408.pdf<br />
Aktivitäten der Deutschen UNESCO-Kommission gegen illegalen<br />
Handel mit Kulturgut:<br />
www.unesco.de/kulturgutschutz.html<br />
Informationen von Interpol zum illegalen Handel mit Kunstgegenständen:<br />
www.interpol.int/Public/WorkOfArt/Default.asp<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 13
Aktuelles<br />
Der Internationale Museumstag:<br />
Eine Erfolgsgeschichte soll 2011 neuen<br />
Schwung erhalten<br />
Die Idee, jährlich im Mai auf die Bedeutung der Museen hinzuweisen, hat sich inzwischen<br />
weltweit durchgesetzt. Immer mehr Museen beteiligen sich an der gemeinsamen<br />
Aktion und sprechen die Besucher mit speziellen Programmen an. Auch wenn<br />
der Internationale Museumstag nach mehr als dreißig Jahren längst etabliert ist, sollten<br />
wir stets neue Gestaltungsmöglichkeiten und Kooperationspartner suchen – für<br />
den Internationalen Museumstag 2011 ist das UNESCO-Programm „Memory of the<br />
World“ als Projektpartner gewonnen.<br />
Lothar Jordan<br />
Zu den großartigsten Erfindungen<br />
des <strong>ICOM</strong> gehört der Internationale<br />
Museumstag, der seit 1977 jährlich<br />
weltweit um den 18. Mai begangen<br />
wird. Seit 1992 steht er unter einem<br />
wechselnden Motto (zum Internationalen<br />
Museums tag <strong>2010</strong> siehe Seite 4).<br />
Im Jahr 2008 haben mehr als zwan <br />
zigtausend Museen in neunzig Staaten<br />
den Internationalen Museumstag gefeiert.<br />
In <strong>Deutschland</strong> wird er seit vielen<br />
Jahren erfolgreich von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und vom<br />
Deutschen Museumsbund gemeinsam betreut.<br />
Trotz der großen Erfolge an Besucherzahlen, an gesteigerter<br />
öffentlicher Aufmerksamkeit und trotz des gemeinsamen<br />
Mottos und eines eigens für diesen Tag entworfenen<br />
Plakates scheint das Potential des Internationalen<br />
Museumstages nicht annähernd ausgeschöpft. Eine Ursache<br />
dafür könnte sein, dass sich international zahlreiche<br />
Anlässe etabliert haben, Museumsbesucher mit interessanten<br />
Sonderprogrammen anzusprechen. Dies könn te verwirrend<br />
sein, so dass der Internationale Museumstag nicht<br />
von allen Akteuren gleichermaßen als ein weltumspannendes<br />
Ereignis wahrgenommen wird. In Frankreich gibt<br />
es etwa die „Nacht der Museen“ kurz vor dem Internationalen<br />
Museumstag, in <strong>Deutschland</strong> haben sich regional<br />
unterschiedliche Traditionen von „Langen Nächten der<br />
Museen“ herausgebildet.<br />
Die aktive <strong>ICOM</strong>-Familie<br />
Dennoch ist es für <strong>ICOM</strong> ein Glücksfall, dass mit dem<br />
Internationalen Museumstag ein gemeinschaftliches Museumsprojekt<br />
existiert. Denn der weiter wachsende globale<br />
Verband mit derzeit rund dreißigtausend Mitgliedern<br />
und 118 nationalen Komitees und zudem mit einem<br />
im Verhältnis zur Größe winzigen Budget hat ein bedeutendes<br />
Problem: Es ist schwer, weltweite gemeinschaftli che<br />
Aktionen durchzuführen. Zwar haben alle <strong>ICOM</strong>-Mitglieder<br />
einen Mitgliedsausweis und es gibt den weltweit<br />
anerkannten <strong>ICOM</strong> Code of Ethics for Museums, der über<br />
den <strong>ICOM</strong> hinaus die Standards für Definitionen, Aufgaben<br />
und Handlungsnormen in Museen setzt. Aber eine<br />
weltweite gemeinschaftliche Bewegung wird weder durch<br />
Mitglieds ausweis noch Code allein ausgelöst.<br />
Wie bei allen <strong>ICOM</strong>-Aktivitäten, so basiert auch der Erfolg<br />
des Internationalen Museumstages hauptsächlich auf<br />
dem Engagement der Mitglieder. Das jeweilige Motto wird<br />
zwar in Paris festgelegt, und die Aktivitäten werden von den<br />
Nationalkomitees koordiniert, aber es sind natürlich die<br />
Mitglieder und Museen vor Ort, ihre Freundeskreise und<br />
ihre Partner, die die Initiative mit Leben erfüllen. Eine frühzeitige<br />
Vorbereitung des Internationalen Museumstages<br />
2011 bietet die Chance, an die zahlreichen Facetten des<br />
Mottos anzuknüpfen und im Rahmen neuer Gestaltungsideen<br />
und Kooperationen selbst aktiv zu werden.<br />
Motto 2011: Museums and Memory<br />
Im Juni 2009 hat der <strong>ICOM</strong> auf Vorschlag des Internationalen<br />
Komitees für Literaturmuseen (ICLM) beschlossen,<br />
das Motto für 2011 „Museums and Memory“ zu<br />
nennen sowie einen Partner mit ins Boot zu holen. Erstmals<br />
wird der Internationale Museumstag in Kooperation<br />
mit der UNESCO, konkret mit „Memory of the World“,<br />
dem Programm für das Weltdokumentenerbe, durchgeführt.<br />
Nach Möglichkeit sollen weitere Partner gewonnen<br />
werden.<br />
Eine deutsche Übersetzung des Mottos gibt es bisher<br />
nicht. Memory ist am ehesten mit „Gedächtnis“ zu übersetzen,<br />
doch schwingt immer auch etwas „Erinnerung“<br />
mit (engl.: remembrance). Gedächtnis ist die menschliche<br />
Fähigkeit, Informationen und Eindrücke der Vergangenheit<br />
abrufbar aufzubewahren. Es sind daher wichtige Fragen,<br />
wie diese Eindrücke und Informationen aufbewahrt<br />
und zu welchem Zweck sie abgerufen bzw. erinnert werden.<br />
Diese Verbindung von Gedächtnis und Erinnerung<br />
findet sich häufig in den viel beachteten jüngeren Arbeiten<br />
zu Gedächtniskultur und Erinnerungsorten, so z. B. von<br />
Aleida Assmann und Pierre Nora.<br />
14 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Aktuelles<br />
Weltweit begehen immer mehr Museen mit zahlreichen Aktivitäten<br />
den Internationalen Museumstag. In Nigeria wurde im vergangenen<br />
Jahr die „Miss Museum“ gekührt (Foto links), in Madrid fand im Museo<br />
de Escultura ein Gitarrenkonzert statt (Foto rechts).<br />
In den Museen finden wir sowohl Gedächtnis und Erinnerung<br />
als auch die Reflexion über sie. Museen sind zugleich<br />
bewahrende und aktivierende Einrichtungen, in<br />
denen sich Kulturen, Staaten, Gemeinschaften und Individuen<br />
anhand von Objekten – lassen wir die Formen immateriellen<br />
und neuerdings auch digitalen Kulturerbes hier<br />
beiseite – aus der Vergangenheit und anhand der Darstellung<br />
und Erläuterung ihrer Zusammenhänge kompetent<br />
informieren können. Sie enthalten darüber hinaus Anregungen<br />
für die Gestaltung der Gegenwart und der Zukunft.<br />
Als weltumspannendes Netz bilden Museen einen zentralen<br />
menschheitlichen Gedächtnisspeicher. Zugleich aktivieren<br />
sie dieses Gedächtnis im Dienste der Gesellschaft<br />
– mit Vorschlägen zur Veränderung oder Beibehaltung von<br />
Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern. Die spezifischen<br />
Möglichkeiten der Museen, Vergangenheit und<br />
Zukunft miteinander zu verbinden, dürften in einer Zeit<br />
der Globalisierung und Transformationen noch wichtiger<br />
werden, in einer Zeit, die immer wieder überraschende Wendungen<br />
und historische Brüche und Einbrüche mit sich<br />
bringt.<br />
So können Museen ihre Potentiale nutzen<br />
Der Internationale Museumstag 2011 und sein Motto „Museums<br />
and Memory“ geben den Museen die besondere Gelegenheit,<br />
einer breiten Öffentlichkeit und den Museumsförderern<br />
zu vermitteln, was zur Pflege dieses Gedächtnisses<br />
erforderlich ist und worin dabei der Gewinn für die Gesellschaft<br />
besteht.<br />
Gerade in Zeiten, in denen vielen Museen Events und<br />
Entertainment als Königsweg anempfohlen werden, sollten<br />
wir den Blick wieder auf die stille, grundlegende Tätigkeit<br />
lenken. Diese besteht vor allem darin, museale Sammlungen<br />
zu erweitern, zu pflegen und zu erschließen (siehe<br />
Seite 6, Die Ethik des Sammelns). Ferner sollten Museen<br />
stets auf die Zerbrechlichkeit und Gefährdung der Objekte,<br />
auf die Anforderungen an ihre Aufbewahrung, Konservierung,<br />
Restaurierung und Digitialisierung verweisen<br />
– und natürlich auf das, was für ihre lehrreiche, anregende<br />
und unterhaltsame Präsentation erforderlich ist. Denn in<br />
den Museen geht es um den Gehalt dieses Gedächtnisses,<br />
die Vielfalt der Kenntnisse, Vorstellungen, Empfindungen,<br />
Phantasien und Anregungen, die damit verbunden sind<br />
oder daraus hervorgehen, es geht von der Bedeutung der<br />
Museen für die Menschheit bis zur Bedeutung für einzelne<br />
Nationen, Kommunen, Minderheiten, Gruppen und Personen.<br />
Um die Wichtigkeit der Museen zu unterstreichen und<br />
die Wirkung der Aktivitäten 2011 zu verstärken, gewinnt<br />
<strong>ICOM</strong> Partner, die mit ähnlichen Aufgaben befasst sind,<br />
so zum Beispiel das UNESCO-Programm „Memory of the<br />
World“.<br />
Das UNESCO-Programm „Memory of the World“ –<br />
das Gedächtnis der Menschheit<br />
Das UNESCO-Programm „Memory of the World“ (MoW)<br />
ist ein weltumspannendes Netzwerk mit herausragenden<br />
Dokumenten: z. B. wertvollen Buchbeständen, Partituren,<br />
Bild-, Ton- und Filmdokumenten. Mit dem „World Cultural<br />
and Natural Heritage“ und dem „Intangible Cultural<br />
Heritage“ gehört es zu den drei UNESCO-Welterbe-Programmen,<br />
die das menschheitliche Kultur- und Naturerbe<br />
in hervorragenden Beispielen bewahren helfen und vermitteln<br />
sollen.<br />
Das Weltdokumentenerbe-Programm „Memory of the<br />
World“ wurde 1992 nach der Zerstörung der Nationalbibliothek<br />
in Sarajewo ausgerufen. Da bei der Bombardierung<br />
die Buchbestände fast vollständig verbrannten, will<br />
das UNESCO-Programm weltweit das Bewusstsein schärfen<br />
für: die Bedeutung von Dokumenten aller Trägerformen,<br />
von Papier bis zu Film und Internet, für das humane<br />
Selbstverständnis und die Widerspiegelung der Vielfalt von<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 15
Aktuelles<br />
Foto: akg-images<br />
Foto: SMB-PK, Ethnologisches Museum, Martin Franken<br />
Kulturen und Sprachen sowie für die Gefährdung von Dokumenten<br />
durch Kriege, Naturkatastrophen und unsachgemäße<br />
Unterbringung.<br />
Öffentlich sichtbar wird das vielfältige Programm vor<br />
allem durch das Weltregister herausragender Dokumente.<br />
Es umfasst derzeit 193 Dokumente, darunter die Magna<br />
Carta, ein Meilenstein nicht nur der englischen Verfassungsgeschichte;<br />
das älteste noch erhaltene Manuskript des Korans<br />
„Mushaf von Othman“ aus Usbekistan; der Nachlass<br />
von Fryderyk Chopin; die Tagebücher der Anne Frank in<br />
Ams terdam; die Dokumente des Prozesses Südafrika gegen<br />
Nelson Mandela.<br />
Ziel von „Memory of the World“ ist es, dokumentarische<br />
Zeugnisse von außergewöhnlichem Wert in Archiven,<br />
Bibliotheken und Museen zu sichern und auf neuen informationstechnischen<br />
Wegen, vor allem durch Digitalisierung,<br />
zugänglich zu machen.<br />
Neben dem Weltregister gibt es weltregionale (z. B. für den<br />
asiatisch-pazifischen Raum) und nationale Register. Hinzu<br />
kommen Konservierungs- und Digitalisierungsprojekte.<br />
Während der 35. Generalkonferenz der UNESCO im<br />
Oktober 2009 haben wir mit einer speziellen Ausstellung<br />
für „Memory of the World“ geworben. Durch zahlreiche<br />
Ausstellungstafeln, die außen am Pariser UNESCO-Gebäude<br />
angebracht waren, wurde die Aufmerksamkeit der<br />
Delegierten aus aller Welt täglich erneut auf die Schätze<br />
des „Weltgedächtnisses“ gelenkt.<br />
In <strong>Deutschland</strong> wird das Programm innerhalb der Deutschen<br />
UNESCO-Kommission durch ein MoW-Komitee unter<br />
der Leitung von Joachim-Felix Leonhard betreut. Zur<br />
Zeit haben 66 Staaten ein solches Komitee. Das 1999 gegründete<br />
deutsche MoW-Komitee ist mit zehn in das Weltregister<br />
aufgenommenen Dokumenten sehr erfolgreich<br />
und arbeitet verstärkt an nationalen und internationalen<br />
Projekten der Vernetzung. Zu den deutschen Dokumenten<br />
zählen z. B. die Edison-Zylinder mit historischen Tonaufnahmen,<br />
Goethes literarischer Nachlass, „Metropolis“ von<br />
Fritz Lang, die Partitur von Beethovens 9. Sinfonie, das<br />
Han dexemplar der Kinder- und Hausmärchen der Brüder<br />
Grimm, der Briefwechsel des Universalgelehrten Gottfried<br />
Wilhelm Leibniz und seit kurzem das Nibelungenlied.<br />
Expertise bündeln und Wirkung verstärken<br />
Angesichts der großen Schnittmenge zwischen Aufgaben<br />
und Interessen der Museen sowie des Weltdokumentenerbe-Programms<br />
liegt ein verstärktes Zusammenwirken nahe.<br />
<strong>ICOM</strong> und UNESCO können zusammen aufmerksam<br />
machen auf: die Grundlagen unseres gemeinsamen Gedächtnisses,<br />
die Gefährdung seiner materiellen Träger, die<br />
Fragen der Konservierung bzw. Sicherung und des Zugangs<br />
durch traditionelle und moderne Techniken, die Probleme<br />
in der Feststellung und Vermittlung der Bedeutung und<br />
der Gehalte der Dokumente sowie auf die gesellschaftliche<br />
Rolle der Museen in der Bewahrung und Aktivierung des<br />
kulturellen Gedächtnisses von Gemeinschaften und Individuen.<br />
Zur Partnerschaft in diesen Belangen sind hierzulande<br />
nicht nur <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, der Deutsche Museumsbund<br />
und die Deutsche UNESCO-Kommission aufgerufen,<br />
sondern auch die internationalen Komitees von <strong>ICOM</strong>. Wir<br />
sollten zudem Kooperationen mit Museumsassoziationen<br />
wie der Association des Musées de la Grande Région<br />
(AMGR, Museen im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Lothringen,<br />
Luxemburg, Wallonien und der deutschsprachigen<br />
Gemeinschaft Belgiens) und mit Archiven und Bibliotheken<br />
initiieren.<br />
Schulen sind bereits vielfach Partner der Museen. Besondere<br />
Aktionen am Internationalen Museumstag 2011<br />
können das bekräftigen. Ferner könnten die Besucher aus<br />
16 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Aktuelles<br />
Foto: AFF Basel, CH / AFS Amsterdam, NL<br />
Zum „Weltdokumentenerbe“ gehören u. a. illuminierte Handschriften aus dem Kloster Reichenau<br />
(links), Edison-Walzen mit traditionellen Musikaufnahmen (Mitte) und die Tagebücher der Anne<br />
Frank (rechts, Foto freigegeben zur Förderung des UNESCO-Memory-of-the-World-Programmes).<br />
einer Vorauswahl dasjenige Dokument auswählen, das sie<br />
für das wichtigste oder interessanteste halten – mit kurzer<br />
Begründung.<br />
Die Partnerschaft der Museen mit Universitäten und<br />
Fachhochschulen ist teilweise schon gut entwickelt, scheint<br />
aber mancherorts noch ausbaufähig. In Forschung und<br />
Lehre teilen diese Einrichtungen mit den Museen ein Interesse<br />
an bestimmten Themen und konkret an der Nutzung<br />
der Dokumente in Museen, mag es sich um das menschheitliche,<br />
nationale oder regionale Gedächtnis handeln –<br />
oder um fachspezifische Dokumente. Gemeinsame Diskussionen<br />
und andere Veranstaltungen von Museums- und<br />
Universitätsangehörigen legen einerseits das gemeinsame<br />
Interesse, andererseits aber auch die unterschiedlichen Betrachtungsweisen<br />
offen.<br />
Dabei müssen nicht immer große Projekte initiiert werden.<br />
Bei einem Thema wie memory wäre der Internationale<br />
Museumstag 2011 eine hervorragende Gelegenheit, z. B.<br />
neue Web-Projekte vorzustellen. Künstler können eingeladen<br />
werden, um das Gedächtnis, das die Museen darstellen,<br />
kreativ zu beleben. Auf die Bedeutung kultureller Viel falt,<br />
die die deutschen Museen schon aufgrund ihrer Vielzahl<br />
und Differenziertheit verkörpern, kann auch beim Thema<br />
memory hingewiesen werden. Für die kulturelle Vielfalt,<br />
nicht nur die der Erinnerungskultur, spielen in <strong>Deutschland</strong><br />
die Museen eine besonders wichtige Rolle.<br />
<strong>ICOM</strong>: Nur globales Netzwerk oder auch kosmopolitischer<br />
Gemeinschaftssinn?<br />
Gelegentlich unterschätzen gerade kleine Museen und einzelne<br />
Museumsmitarbeiter ihr Potential, dem Internationalen<br />
Museumstag zum Erfolg zu verhelfen. Doch schon<br />
das Positionieren von Postern und Faltblättern, erst recht<br />
die Beantwortung von Besucherfragen zum Museumstag,<br />
zu <strong>ICOM</strong> und zu „Memory of the World“ helfen weiter.<br />
Es ist professionell und klug, den <strong>ICOM</strong> und den Internationalen<br />
Museumstag als globales Netzwerk zur Inter essen<br />
vertretung und Öffentlichkeitsarbeit der Museen zu<br />
nutzen und die Freundes- und Förderkreise verstärkt einzubeziehen.<br />
Aber die Professionalität wird sich umso positiver<br />
auswirken, je mehr sie auch von einem internationalen<br />
Gemeinschaftsgefühl beseelt ist.<br />
Dies könnte etwa durch Veranstaltungen mit Museen in<br />
Entwicklungsländern oder mit den Nachbarn oder wenigstens<br />
durch Hinweise auf sie gelingen. In jedem Fall wäre<br />
zu zeigen, dass alle das Anliegen, das menschheitliche Erbe<br />
zu bewahren, teilen: die Museen und ihre Partner wie Archive,<br />
Bibliotheken, Schulen, Universitäten und ihre Mitarbeiter.<br />
Insofern birgt der Internationale Museumstag 2011<br />
mit seiner starken Ausrichtung auf die Kooperation der<br />
Erbe-Einrichtungen und in seiner Verbindung mit einem<br />
UNESCO-Welterbe-Programm ein noch nie dagewesenes<br />
Potential für Zusammenarbeit und darüber hinaus auch<br />
eine Symbolik: In einer Zeit, in der das individuelle Glücksund<br />
Erfolgsstreben nicht nur zur hohen Produktivität von<br />
Gesellschaften und zur Realisierung von Freiheitsrechten<br />
führt, sondern auch zur Beschädigung von Gesellschaften<br />
und ihren Gestaltungsmöglichkeiten, kann eine weltweite<br />
Aktion wie der Internationale Museumstag in Erinnerung<br />
rufen, dass Gemeinschaftssinn ein Teil des menschheitlichen<br />
Erbes ist: Kosmopolitischer Gemeinschaftssinn ist<br />
eine Triebfeder unserer Arbeit am kulturellen Gedächtnis.<br />
Der wahre Mitgliedsausweis, die wahre Mitgliedskarte<br />
von <strong>ICOM</strong>, ist daher die Weltkarte, in der alle Museen<br />
miteinander vernetzt eingezeich net sind.<br />
Professor Dr. Lothar Jordan ist Mitglied im Vorstand von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
und Präsident von ICLM. Er vertritt im UNESCO-Programm<br />
„Memory of the World“ als Mitglied des Marketingausschusses des<br />
International Advisory Committee die Sparte der Museen;<br />
iclm.jordan@gmx.de<br />
Weitere Informationen:<br />
UNESCO-Programm „Memory of the World“:<br />
www.unesco.org/webworld/mow<br />
Deutsche UNESCO-Komission, Komitee „Gedächtsnis der Menschheit“:<br />
www.weltdokumentenerbe.de<br />
Literatur zu Gedächtniskultur und Erinnerungsorten:<br />
Assmann, Aleida: Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur<br />
und Geschichtspolitik, C. H. Beck, München 2006.<br />
Nora, Pierre: Erinnerungsorte Frankreichs, C. H. Beck, München 2005.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 17
Rückblick<br />
Tourismus – Fluch oder Segen?<br />
Pilgerfahrt, Grand Tour oder Urlaubsreise – seit der Antike steuern Touristen die Kulturstätten<br />
an – und produzieren damit ein Problem. Denn Tourismus ist unberechenbar:<br />
Er kann Verständigung und Arbeitsplätze schaffen, Krisengebiete befrieden,<br />
Kulturinvestitionen anziehen, aber ebenso wirtschaftliche Entwicklung<br />
behindern, Landstriche „verrummeln“ und Kulturschätze vernichten. Während sich<br />
die einen weniger Tourismus wünschen, sehnen sich die anderen nach mehr. Die<br />
Konflikte zwischen Kultur und Ökonomie scheinen bisweilen unüberbrückbar. Aber<br />
die Akteure gehen aufeinander zu und suchen gemeinsam nach dem richtigen Maß.<br />
Stéphanie Wintzerith<br />
Foto: wikipedia, Sergey Meniailenko<br />
18 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
RÜCKBLICK<br />
„Touristen zerstören wonach sie suchen, wenn sie es gefunden<br />
haben“. Dieser Satz von Hans Magnus Enzensberger<br />
ließ jeden Tagungsteilnehmer schaudern. Wir, die wir<br />
als Vertreter von Museen und Denkmälern für den Erhalt<br />
des historischen und kulturellen Erbes zuständig sind, wir<br />
müssen dieses wertvolle Gut vor den Horden der zerstörenden<br />
Barbaren schützen. Bloß keine Touristen hereinlassen!<br />
Andererseits ist dieses Erbe ein gemeinsames, das laut<br />
den Ethischen Richtlinien für Museen der Öffentlichkeit<br />
zugänglich sein muss – und zwar ohne Einschränkungen<br />
ob der geographischen Herkunft der Interessenten. Also sollten<br />
selbst Touristen willkommen sein. Woran erkennt man<br />
den Touristen eigentlich? Verhält er sich im Museum anders<br />
als der Ein heimische? Würden die Museen und Denkmäler<br />
ohne den Tourismus überhaupt überleben können?<br />
Wir reisten an den schönen Bodensee. Somit waren auch<br />
wir Kulturtouristen. Offensichtlich wurden wir aber nicht<br />
fündig, denn verwüstet haben wir meines Wissens nichts.<br />
Wir tagten friedlich zum Thema „Museen und Denkmäler<br />
– Historisches Erbe und Kulturtourismus“. Unter diesem<br />
Motto fand vom 18. bis 20. Juni 2009 das Internationale<br />
Bodensee-Symposium in Lindau statt, das von den<br />
nationalen <strong>ICOM</strong>-Komitees von <strong>Deutschland</strong>, der Schweiz<br />
und Österreich in Kooperation mit ihren <strong>ICOM</strong>OS-Pendants<br />
veranstaltet wurde. Es ging um Chancen und Risiken<br />
des Kulturtourismus, um Strategien und Möglichkeiten<br />
für Museen und Denkmäler.<br />
Aber braucht der Tourismus auch die Kultur?<br />
Aus der Sicht des <strong>ICOM</strong>OS-Präsidenten Michael Petzet ist<br />
die Waagschale der Gefahren schwerwiegend gefüllt. „Tourismus<br />
verbraucht Kultur. Kultur braucht keinen Tourismus“,<br />
so sein Credo. Tatsächlich stehen er und seine <strong>ICOM</strong>OS-<br />
Kollegen in erster Reihe, um die Schäden zu beurteilen.<br />
Massentourismus hat schon vor Jahrzehnten herausragende<br />
Stätten wie die Höhle von Lascaux in Frankreich so<br />
unwiderruflich beschädigt, dass sie nur noch aus gewählten<br />
Spezialisten zugänglich sind. Alle anderen besuchen eine<br />
Nachbildung. Wäre sie nie entdeckt worden, würde sie heute<br />
noch bestens erhalten im Verborgenen erstrahlen – nur<br />
wüssten nicht einmal die Wissenschaftler davon. Das wiederum<br />
wäre ebenfalls ein großer Verlust. Auch Pompeji ist<br />
heute ein Weltkulturerbe in erbärmlichem Zustand. Die<br />
Reste der römischen Stadt sind regelrecht von Touristen<br />
zertrampelt und von Souvenir-Steinchen-Jägern geplündert<br />
Die Kultur braucht den Tourismus<br />
Tourismus hat sich als wesentlicher Wirtschaftsfaktor etabliert.<br />
Kaum ein Land, eine Region oder eine Stadt, die<br />
sich nicht um den Besuch ferner Gäste bemüht. Er erweitert<br />
die Absatzmärkte und sichert Arbeitsplätze. Er ist der<br />
drittgrößte Wirtschaftssektor weltweit. Hans-Martin Hinz,<br />
promovierter Geograph und Vorsitzender der von <strong>ICOM</strong><br />
und World Federation of Friends of Museums (WFFM) getra<br />
genen Arbeitsgruppe Kulturtourismus, schilderte zum<br />
Auftakt der Tagung eindrucksvoll, wie eng Tourismus und<br />
Kultur ineinander verflochten sind. Das weltweite Phänomen<br />
wird auf internationaler Ebene gehandhabt. 1998<br />
wurde die erste <strong>ICOM</strong>-Resolution zum Umgang mit Tourismus<br />
verabschiedet, 1999 die <strong>ICOM</strong>OS-Charta zum internationalen<br />
Kulturtourismus und der Global Code of<br />
Ethics for Tourism der World Tourism Organisation (WTO).<br />
Im Jahr 2000 wird erneut bekräftigt, dass das kulturelle<br />
Erbe kein Konsumprodukt ist oder werden darf, 2003 verfasst<br />
die UNESCO ihre Universal Declaration on Cultural<br />
Diversity and Tourism.<br />
Der Massentourismus und die damit einhergehende Vereinheitlichung<br />
bestimmte lange Zeit das Bild. Nun geht der<br />
Tourismus-Trend eher zu einem individuell gestalteten<br />
Freizeitverhalten. Reisende und Bereiste treten zunehmend<br />
intensiver in Kontakt und sollten die Gelegenheit zum Austausch<br />
nutzen. Museen stehen dabei an vorderster Front.<br />
Museen und Tourismus bieten sich gegenseitig Wachs tumschancen:<br />
Zum einen erhöhen Touristen die Besuchszahlen<br />
– die immer noch als ein Erfolgskriterium der Museen gelten<br />
–, zum anderen sind einige Häuser attraktive touris ti sche<br />
Argumente und fördern so den Tourismus. Auf einer tieferen<br />
Ebene ist die sinnstiftende Institution Museum ein Ort,<br />
in dem Identitäten erklärt und gefestigt werden (können),<br />
also auch inhaltlich zum Tourismuserlebnis beitragen.<br />
Hans-Martin Hinz<br />
Museen und Touristen – Enjoying Without Destroying<br />
Als Ergebnis von Urbanisierung, Produktivitätssteigerungen und Mo <br />
bilitätsentwicklung hat der Tourismus einen massenhaften Charak ter<br />
angenommen und ist inzwischen ein bedeutender Wirtschaftsbereich.<br />
In den „Gründerjahren“ kam es zu „frühindus triellen“ Aus wirkungen,<br />
die seit den 1970er Jahren weltweit Korrekturmaßnahmen<br />
nach sich zogen mit dem Ziel, Massentourismus in ökologisch und<br />
sozial verträgliche Bahnen zu lenken.<br />
In diesem Prozess gewannen Museen an Bedeutung und wurden ein<br />
wichtiges Marketingobjekt. Bekannte Museumsstandorte, Ausgrabungsstätten<br />
und historische Bauten erfahren aufgrund ihrer Architektur,<br />
historischen Bedeutung oder als sogenannte Leuchttürme<br />
inzwischen ein zu hohes Besucheraufkommen und somit eine Überlastung.<br />
Während Museen an weniger bekannten Standorten versuchen,<br />
stärker vom Kulturtourismus zu profitieren.<br />
Die Schnittstellen zwischen Tourismus und Museen vergrößerten<br />
sich durch die neue konzeptionelle Arbeit der Museen: Museumsbesucher<br />
entwickelten qualitätsvollere Ansprüche, auf die sich die Angebotsseite<br />
eingestellt hat. Die Kulturakteure haben in ihren For derungen<br />
nach größerer Nachhaltigkeit des Kulturtourismus nun stärker<br />
den Touristen als handelnde Person im Blick, der durch Auf klärung<br />
motiviert werden soll, ein umfassenderes Verständnis für Kultur und<br />
Natur aufzubringen. Museen wird dabei eine verantwortungs volle<br />
Rolle zugebilligt. Nachhaltigkeitseffekte durch Museumsarbeit zu<br />
erzielen, wäre daher ein bedeutender Dienst der Museen an der Gesellschaft.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 19
RÜCKBLICK<br />
worden, ganz zu schweigen von den unsachgemäßen Einbauten.<br />
Trotz aller Schattenseiten gibt es dennoch einige Beispiele,<br />
in denen der (erwartete) Tourismus zum Erhalt<br />
des kulturellen Erbes beiträgt. Man denke an die Anziehungskraft<br />
der UNESCO-Auszeichnung „Weltkulturerbe“<br />
vor allem für asiatische Touristen, das damit verknüpfte<br />
Pres tige und nicht zuletzt die dazugehörenden<br />
fi nanziellen Ein nahmen. Man denke auch besonders an<br />
die weltberühm ten, aber gesprengten Buddhas in der afghanischen<br />
Provinz Bamiyan. Die Erforschung der Trümmerhaufen<br />
und der Wiederaufbau mit fachgerechter Unterstützung<br />
von <strong>ICOM</strong>OS sind von großer symbolischer<br />
und kultureller Bedeutung, wenn auch überwiegend damit<br />
begründet, dass die Buddhas eines Tages die Hauptattraktion<br />
der Region für den zukünftigen Tourismus werden<br />
sollen. Somit schließt sich der Kreis. Die bekanntesten<br />
Sehenswürdigkeiten erregen mehr Aufmerksamkeit und<br />
haben oft bessere Chancen, erhalten bzw. restauriert zu<br />
werden.<br />
Es gibt nicht den einen Touristen, sondern nur viele<br />
verschiedene<br />
Ebenso wie das kulturelle Erbe der Menschheit sollte Tourismus<br />
differenziert betrachtet werden. Massen- sei nicht mit<br />
Kulturtourismus gleichzustellen, erklären die Touristiker.<br />
Im Schnitt ändert sich die Aufenthaltsdauer: Kurzreisen<br />
von bis zu drei Übernachtungen sowie Städte- und Kulturtourismus<br />
liegen im Trend. Ein kulturelles Angebot ist somit<br />
wesentlich für die Positionierung eines Standortes und<br />
das dazugehörende Tourismusmarketing. Bildungsmotive<br />
stehen allerdings meistens nicht im Vordergrund der<br />
Reiseentscheidung, sondern Faktoren wie das Gesamtbild<br />
des Reiseziels und der Zugang zu Informationen für die<br />
Vor- und Nachbereitung der Reise sowie direkt vor Ort.<br />
Michael Petzet<br />
Weltkulturerbe und Tourismus<br />
Der vielfach mit Denkmälern, historischen Stätten und Kulturlandschaften<br />
operierende nationale und internationale Tourismus ist in<br />
manchen Ländern anscheinend der einzige Grund, weshalb Denkmäler<br />
geschützt werden – wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung<br />
als Attraktion für den Fremdenverkehr. Ein „sanfter“ Tourismus kann<br />
sich natürlich auch positiv auf die Denkmäler auswirken. Massentourismus<br />
hingegen, dem in den vergangenen Jahrzehnten schon<br />
ganze Kulturlandschaften geopfert wurden, stellt nach wie vor eine<br />
erhebliche Gefahr dar.<br />
Im Übrigen bleibt es enttäuschend, dass sich die Tourismusindustrie,<br />
trotz gegenteiliger Zusicherungen bei den üblichen Konferenzen zum<br />
Thema Tourismus und Denkmalpflege, im Allgemeinen nicht nennenswert<br />
für den Erhalt der Denkmäler engagiert, und das, obwohl<br />
dieser Industriezweig jährlich Milliarden umsetzt: Die Tourismusindustrie<br />
beutet das Kulturerbe durch Übernutzung aus, was fatale<br />
Folgen haben kann – man denke etwa an die viel besuchten ägyptischen<br />
Denkmäler – und sie leistet leider keinen ernstzunehmenden<br />
finanziellen Beitrag zu Schutz und Erhalt unseres historischen Erbes.<br />
Die vorgestellten Fallstudien zum Thema „Weltkulturerbe und Tourismus“<br />
zeigen mögliche Gefahren, aber auch Chancen.<br />
Foto: wikipedia – Cottbus<br />
Stefanie Lenhard<br />
Was ist Kulturtourismus – vom Verschmelzen<br />
zweier Begriffe?!<br />
Kulturtourismus ist trotz Wirtschaftskrise ein Zweig, der weiterhin<br />
Konjunktur hat. Was aber verbirgt sich hinter diesem Sachverhalt<br />
bzw. welche Schwierigkeiten der Begriffsbestimmung ergeben sich?<br />
Was ist Kultur und was Tourismus, und wie sieht die Zukunft des<br />
Kulturtourismus aus?<br />
Einige Antworten lassen sich rasch finden. Kultur und Tourismus<br />
besitzen als Gemeinsamkeiten z. B. Komplexität und Dynamik. Darüber<br />
hinaus lässt sich sowohl mit Kultur als auch mit Tourismus Politik<br />
machen und von beiden Sachverhalten geht Entwicklung aus.<br />
Schwieriger wird es mit den Unterschieden und Abgrenzungen.<br />
Kultur und Tourismus – in welchem Verhältnis stehen sie zueinander?<br />
Tourismus im Sinne von Reisekultur ist wohl ein Teilaspekt von<br />
Kultur. Wo aber verläuft die Trennlinie? Gehören diese Begriffe und<br />
Phänomene getrennt, verbunden oder bedingt das Eine das Andere?<br />
Foto: Grand Canal © UNESCO / Junaid Sorosh-Wali<br />
20 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
RÜCKBLICK<br />
Museen und Denkmäler sind Teile einer Erlebniskette,<br />
die vom Kunsttourismus über den Museums-, Kultur- und<br />
kulturellen Eventtourismus bis hin zum Städte-Touring<br />
geht. Die schiere Anwesenheit eines Museums reicht nicht<br />
aus, um aus Touristen Besucher zu machen. Die Konkurrenz<br />
zwischen den kulturellen Einrichtungen ist groß, auch<br />
zwischen den Museen. Die erste Empfehlung von Hansrue di<br />
Müller lautet: Markenbildung. Damit sind eine Analyse<br />
der eigenen Stärken und Schwächen, eine fundierte Kenntnis<br />
der alternativen Angebote und eine genaue Untersuchung<br />
der Zufriedenheit der Besucher erforderlich. Der Museumsbesuch<br />
ist in vielen Fällen eine Freizeitaktivität und somit<br />
stark vom Erlebniswert abhängig. Daher die zweite Empfehlung:<br />
auf Erlebnisse setzen. Diese allerdings kann kein<br />
Museum erstellen. Es kann Ereignisse gestalten, die dann<br />
in der persönlichen Erfahrung des Besuchers zum Erlebnis<br />
werden, was ein hohes Maß an Besucherorientierung voraussetzt.<br />
Dies wiederum bedeutet, seine Besucher beziehungsweise<br />
seine Zielgruppe zu kennen. An wen richten sich die Museen<br />
überwiegend, an Touristen und an die lokale Bevölkerung<br />
gleichermaßen? In den hohen Bergen Südtirols etwa<br />
empfangen achtzig Museen jährlich 1,5 Millionen Besucher,<br />
davon 95 Prozent Touristen. Jeder zweite Tourist besucht<br />
mindestens ein Museum. Grund genug, dem Tourismus<br />
ein eigenes Museum zu widmen, das Touriseum. Der<br />
Tourismus trägt zur Verdichtung der Museumslandschaft<br />
bei, die ihrerseits die Attraktivität der Tourismusregion<br />
steigert. Auf Reisen stellen sich andere Fragen als im Alltag.<br />
Ein Reisender hat die Verantwortung, etwas über das<br />
bereiste Land zu erfahren, das wiederum in der Pflicht steht,<br />
solche Informationen bereit zu stellen, wozu Museen hervorragend<br />
in der Lage sind. Da die Einheimischen ihre Freizeit<br />
auf die gleiche Art verbringen, wie es Touristen tun,<br />
beispielsweise mit einem Museumsbesuch, sollten die Angebote<br />
auch auf sie abgestimmt sein.<br />
Foto: Fondation Beyeler, Beyeler Museum AG, F. Dix<br />
Hansruedi Müller<br />
Die Bedeutung von Museen in der Erlebniskette<br />
touristischer Destinationen<br />
Die Bedeutung des Städtetourismus hat in den letzten Jahren deutlich<br />
zugenommen. Der Kulturtourismus wird primär als wichtiger<br />
Teil des Städtetourismus verstanden und beinhaltet schwerpunktmäßig<br />
Reisen mit kulturellen Motiven. Oft stehen die bildenden<br />
Künste mit den Kunstmuseen im Vordergrund, doch sind sie nur eine<br />
der möglichen Formen kultureller Attraktionen. Bei der Weiterentwicklung<br />
des kulturellen Angebotes wird primär auf das wachsende<br />
Interesse der Einheimischen hingewiesen, doch werden Museen im<br />
Zusammen hang mit der touristischen Profilierung immer wichtiger,<br />
denn der Konkurrenzkampf zwischen den Destinationen wird zunehmend<br />
über Attraktionen geführt.<br />
In einer Studie des Forschungsinstituts für Freizeit und Tourismus<br />
(FIF) der Universität Bern wurden die Wechselwirkungen zwischen<br />
Kunstmuseen und Tourismus untersucht. Sie basiert auf einer Befragung<br />
von Touristen in fünf Kunstmuseen der Schweiz. Kernstück<br />
der Arbeit ist die Beurteilung von Wichtigkeit und Zu friedenheit mit<br />
den Angebotselementen durch die Kunst touristen. Zudem werden<br />
die Kunsttouristen mit Hilfe einer Cluster analyse in vier Kundensegmente<br />
mit spezifischen Neigungen unterteilt.<br />
In der modernen Erlebnisgesellschaft wird die Verbindung von Reisen<br />
und Kultur immer populärer. Deshalb kommt bei der touristischen<br />
Angebotsentwicklung der thematischen Inszenierung von Museen<br />
und Denkmälern eine zentrale Bedeutung zu.<br />
Paul Rösch<br />
Wie viele Touristen brauchen Museen – wie viele<br />
Museen brauchen Touristen?<br />
Das Gastgeberland hat die Pflicht, die Gäste über die Kultur und die<br />
Entwicklung des Landes zu informieren. Museen sind die kulturellen<br />
Visitenkarten des Landes und deshalb verpflichtet, die Eigenarten<br />
und das Besondere herauszustreichen und diese den Touristen fachgerecht<br />
zu präsentieren.<br />
Gäste stellen viele Fragen an die Tourismusregion und sind im Urlaub<br />
für Kultur empfänglich, daher brauchen Touristen Museen. Museen<br />
dürfen sich diese Chancen nicht entgehen lassen. Aber auch der<br />
Gast hat seine Verpflichtung. Entscheidet er sich für einen Urlaub in<br />
einem Touristenland, so hat auch er die Pflicht, sich über die Kultur<br />
des Landes zu informieren.<br />
Foto: Touriseum<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 21
Rückblick<br />
Ethik versus Wirtschaftlichkeit<br />
Andernorts gestaltet sich die Beziehung zum Tourismus<br />
nicht ganz so harmonisch wie im Touriseum. Insbesondere<br />
Gedenkstätten für Opfer der Zeit des Nationalsozialismus<br />
haben einen zwiespältigen Bezug zu Touristen. Ihre<br />
Aufgabe ist nicht, kurzweiligen Zeitvertreib anzubieten,<br />
sondern in aller Würde Mahnung und Aufklärung zu leisten.<br />
Die behandelten Themen beziehen sich auf Leid und<br />
Grauen. Dies sind schwierige Voraussetzungen, um sich als<br />
touristische Destination zu definieren, zumal der „Grusel“-<br />
oder rechts-politisch bedingte Tourismus mehr als unerwünscht<br />
ist. Noch verstehen sich die Gedenkstätten nicht<br />
als Museen. Der Widerstand der lokalen Bevölkerung gegen<br />
diese Einrichtungen ist immer noch erheblich, so dass<br />
es nur mit großer Mühe gelingt, Werbematerial auszulegen<br />
oder Wegbeschilderungen einzurichten. Andererseits liegt<br />
ihre Bestimmung darin, Besucher zu empfangen, auch Touristen.<br />
Besucherorientierung bedeutet hier vor allem zielgruppengerechte<br />
Vermittlung. Was in Museen selbstverständlich<br />
sein sollte, nämlich eine gewisse Infrastruktur,<br />
gestaltet sich in Gedenkstätten äußerst problematisch: Kann<br />
man dort eine Cafeteria einrichten? Einen Laden? Wo<br />
können sich die Besucher ausruhen?<br />
Besucherorientierung darf sich nicht ausschließlich auf<br />
die großen Besuchergruppen beziehen, denn auch Menschen<br />
mit eingeschränkter Mobilität beispielsweise sind reiselustig<br />
und besuchen gerne die entsprechend eingerichteten<br />
Mu seen. Das Potential dieser touristischen Zielgruppe wird<br />
oft unterschätzt. Nicht so in der Veste Coburg etwa, in der<br />
viel Wert auf die Barrierefreiheit gelegt wird. Nach dem<br />
Prinzip „Tue Gutes und berichte darüber“ sind Zugänglichkeit<br />
für Rollstuhlfahrer und mobilitätseingeschränkte<br />
Personen, Informationen in Gebärdensprache sowie weitere<br />
spezifische Angebote für Menschen mit Behinderungen<br />
natürlich einzurichten, aber auch zu kommunizieren. Sie<br />
Foto: Fotolia, astoria<br />
Foto: Veste Coburg<br />
Wulff Eberhard Brebeck<br />
Gedenkstätten und Tourismus – eine Erkundung<br />
Touristen besuchen als Teil allgemeiner Reiseangebote auch Gedenkstätten<br />
für Opfer des Nationalsozialismus und werden dort im<br />
Rahmen von Besucherprogrammen betreut. Aber nur ein kleiner Teil<br />
der Gedenkstätten spricht Touristen aktiv an und arbeitet im Kontext<br />
eines Marketingkonzeptes mit Reiseunternehmen zusammen.<br />
Dass Gedenkstättentouristen nur zögerlich umworben werden, erklärt<br />
sich aus dem Selbstverständnis der Gedenkstätten und ihrer<br />
Position im erinnerungskulturellen Kontext: In der Bundesrepublik<br />
sind sie meist auf bürgerschaftliche Initiative gegen Widerstände<br />
der lokalen Bevölkerung entstanden und fühlen sich diesem starken<br />
pädagogischen Impuls bis heute verpflichtet. In der DDR waren sie<br />
Teil des staatlich verordneten Antifaschismus und mussten sich nach<br />
der Wende sowohl mit der NS-Zeit neu auseinandersetzen als auch<br />
oft ihre verschwiegene Geschichte als Speziallager des sowjetischen<br />
Geheimdienstes aufarbeiten. Beide Konzepte des „gesellschaftlichen<br />
Auftrags“ lassen sich nur schwer mit den werbenden Aktivitäten einer<br />
touristischen Destination vereinbaren.<br />
Zaghaft bemühen sich einige Gedenkstätten um die Integration in<br />
ein regionales Fremdenverkehrsbild, sie erweitern etwa ihr Spektrum<br />
an Veranstaltungen (Konzerte, Zeltlager, „Lange Nacht“) oder an Infrastruktur<br />
(Museumsshop, Café) – aber sie senken nicht ihren Standard<br />
an Informations- und Nachdenkangeboten.<br />
Klaus Weschenfelder<br />
Museen als Leistungsträger für barrierefreien Tourismus – Zum<br />
Beispiel: Der Museum-Sign-Language-Guide<br />
In <strong>Deutschland</strong> leben rund neun Millionen Menschen mit einer anerkannten<br />
Behinderung, die Mehrheit von ihnen ist hilfebedürftig.<br />
Zugleich nehmen Behinderte in hohem Maße am Erwerbsleben teil.<br />
Sie übernehmen Pflichten und haben das Recht der Teilhabe am gesellschaftlichen<br />
Leben. Behinderte sind an Reisen mit Museumsbesuchen<br />
oder Besichtigungen ebenso interessiert wie Nichtbehinderte,<br />
benötigen jedoch einen barrierefreien Zugang. Tourismus planer, Behindertenbeauftragte<br />
und Kultureinrichtungen sollten be sonderes<br />
Augenmerk auf diese Bevölkerungsgruppe legen und durch gemeinsame<br />
Anstrengungen barrierefreien Tourismus erleichtern.<br />
Den etwa 80.000 Hörgeschädigten sind häufig die üblichen Wege<br />
der Kommunikation verschlossen. Da Museen meist keine Gebärdensprachendolmetscher<br />
bereitstellen können, bleibt den Gehörlosen das<br />
Vermittlungsinstrument der persönlichen Führung verwehrt. Video-<br />
Guides mit Gebärdensprachenführungen ist daher ein Ange bot, das<br />
Gehörlose zu einem Besuch motivieren kann. Gefördert aus EU-Mitteln<br />
haben sich im Jahr 2008 drei Museen in Österreich, Slowenien<br />
und <strong>Deutschland</strong> mit Schulungszentren für Gehörlose zusammengeschlossen<br />
und Museum-Sign-Language-Guides (MSLG) zur Präsen<br />
tation auf Video-Guide-Geräten entwickelt. In mehreren Evaluierungs<br />
schritten wurde die Qualität des MSLG verbessert. Der MSLG<br />
dient als qualifiziertes Instrument innerhalb der Servicekette eines<br />
barrierefreien Tourismus.<br />
22 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Rückblick<br />
sind Argumente für eine kleine, dennoch sehr motivierte<br />
Zielgruppe, die viel Wert auf die Qualität ihres Besuches<br />
legt. Barrierefreiheit als (touristisches) Alleinstellungsmerkmal?<br />
Vorerst, aber mit dem langfristigen Ziel, dass diese<br />
überall eine Selbstverständlichkeit wird.<br />
Bewegung in alle Richtungen<br />
Museen sind Bestandteile des kulturellen Angebotes und<br />
tragen somit zur Attraktivität einer Region bei. Allerdings<br />
ist es mit einer passiven Haltung nicht getan. Sie müssen<br />
aktiv werden, interessante Produkte bieten, selber Angebote<br />
aufbauen und vermarkten. Am Beispiel Graubünden<br />
wird deutlich, wie ein kreatives Museums- und Kulturmarketing<br />
die Aufmerksamkeit der Touristen auf die Region<br />
und ihre Einrichtungen ziehen kann. Gut informierte<br />
Hotel-Rezeptionisten etwa sind die besten Multiplikatoren,<br />
die den Gästen fundierte Empfehlungen geben können, so<br />
die Grundidee eines erfolgreichen Führungs- und Informationsprogramms.<br />
Selbst mit kleinem Budget können Museen viel erreichen.<br />
Kreativität ist Trumpf, es muss nicht immer elitär-kulturell<br />
zugehen. Im Gegenteil: Wirtschaftliches Denken ist<br />
nicht unvereinbar mit der unantastbaren Würde der Kultur,<br />
so Martina Dillmann. Kleine Nettigkeiten prägen die<br />
Erinnerungen an den Besuch und fördern die Mundpropaganda.<br />
Packages und Pauschalangebote können auch mit<br />
wenig finanziellen Mitteln eingerichtet werden, sie finden<br />
ihre Klientel. Andere Akteure wie etwa Hotellerie, Stadtführungen,<br />
Fremdenverkehrsämter oder Transportgesellschaften<br />
können als Partner gewonnen werden. Hochglanz<br />
broschüren enden meistens im Abfall, freundlicher<br />
Besucherservice dagegen macht Eindruck. Das wichtigste<br />
ist und bleibt die Kommunikation und die Präsenz des Museums<br />
oder des Denkmals bei allen Multiplikatoren, die<br />
Touristen empfangen und gegebenenfalls informieren.<br />
Stéphanie Wintzerith<br />
Zusammen ist man stärker – Von Museumspässen und<br />
Erlebniskarten im deutschsprachigen Raum<br />
Museumspässe und Tourismus(erlebnis)karten florieren. Es gibt kaum<br />
eine Region, eine Stadt, gar eine kulturelle Einrichtung, in der keine<br />
dieser Karten Gültigkeit hat. Die Vermutung liegt nahe, dass sie den<br />
Museen, Denkmälern, Monumenten und weiteren Touristenattrak tionen<br />
Vorteile bringen – Es geht um mehr Besucher und einen höheren<br />
Bekanntheitsgrad. Pässe und Karten sind (meistens) eine wirkungsvolle<br />
Werbeplattform. Zusammen ist man stärker.<br />
Um Käufer zu überzeugen, müssen diese Pässe auch dem Besucher<br />
Vorteile bieten: Von Ermäßigungen über Transportgelegenheiten bis<br />
hin zum Gratiseintritt, die Modalitäten sind sehr vielfältig. Entfallen<br />
dem Museum aber dadurch Eintrittsgelder oder entstehen anderweitige<br />
Mehreinnahmen, die diese ausgleichen oder gar übersteigen?<br />
Auch die finanzielle Bilanz für die teilnehmenden Häuser ist sehr unterschiedlich.<br />
Viel mehr als reine Marketingprodukte haben Museumspässe oft auch<br />
einen ideellen Wert: Sie sind Netzwerke – zusammen ist man eben<br />
stärker. Einige entstanden aus dem Willen, ein Instrument zur Förderung<br />
des grenzüberschreitenden Kulturaustausches zu schaffen oder<br />
sind mit Qualitätsstandards verknüpft. Beispiele aus dem deutschsprachigen<br />
Raum eignen sich hervorragend, um ein Familien porträt<br />
dieser Museumspässe zu zeichnen. Bleibt dann die entscheidende<br />
Frage: Was bringen sie den Museen, Denkmälern und teil nehmenden<br />
Institutionen? Was bringen sie den Nutzern?<br />
Foto: www.bad-bad.de<br />
Martina Dillmann<br />
Tourismusmarketing in der Praxis: Erfolg mit kleinem Budget<br />
Die Weltwirtschaftskrise hat inzwischen auch die ehemals boomende<br />
Branche des Tourismus erreicht. Der nationale Inland- und Incoming-Tourismus<br />
legt eine „Wachstumspause“ ein, die mit einem leichten<br />
Rückgang der Reiseaktivitäten verbunden ist. Doch das Reisen zu<br />
Kulturdenkmälern und zu kulturellen Veranstaltungen wird auch in<br />
den nächsten Jahren wesentlicher Bestandteil der Freizeitaktivitäten<br />
sein. Für Kulturbetriebe mit überregionaler Ausstrahlung bedeutet<br />
dies die Möglichkeit zusätzlicher finanzieller Einnahmen über den<br />
Verkauf von Eintrittstickets, Publikationen und Merchandising.<br />
Will man erfolgreiches touristisches Marketing betreiben, so ist eine<br />
enge partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Kultur- und Tourismuswirtschaft<br />
Grundvoraussetzung. Ortsansässige Tourismusverbände<br />
stellen in diesem Zusammenhang die wichtigsten Partner dar.<br />
Wie aber können auf dieser Basis mit nur geringem finanziellen Aufwand<br />
touristische Besucher geworben werden? Was sind konkrete<br />
Maßnahmen hierfür? Beispiele aus der Praxis zeichnen Handlungsschwerpunkte<br />
auf und skizzieren Wege zu einer erfolgreichen Vermarktung.<br />
Foto: Hildesheimer Marketinggesellschaft mbH<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 23
Rückblick<br />
Ziel: Begegnung auf Augenhöhe<br />
Die Vorträge waren allesamt ein Plädoyer für mehr gegenseitigen<br />
Respekt. Es richtet sich einerseits an die Touristen,<br />
die behutsamer mit den besuchten Einrichtungen<br />
umgehen sollten. Die Gefahren und Risiken des Tourismus<br />
wurden verstärkt aus der Sicht der Denkmalpflege<br />
betont. Allein die Notwendigkeit, auf internationalem Niveau<br />
Charta und Abkommen zu vereinbaren, zeugt von<br />
großem Verbesserungspotential. Doch in den Augen der<br />
Museen bietet Tourismus auch Chancen und Gewinne.<br />
Sie müssen einfallsreich auf die Bedürfnisse der Touristen<br />
eingehen und vor allem Kommunikation kreativ gestalten.<br />
Was gut für den Touristen ist, ist auch für die anderen<br />
Besucher gut. So richtet sich andererseits das Plädoyer<br />
an die Museen und Denkmäler: Wer Touristen nur<br />
als Träger eines gut gefüllten Geldbeutels sieht, den es zu<br />
schröpfen gilt, wird langfristig nicht bestehen können.<br />
Dr. Stéphanie Wintzerith ist selbständige Besucherforscherin. Sie<br />
führt Besucherbefragungen und Evaluationen auf nationaler und internationaler<br />
Ebene für Museen und weitere Kultureinrichtun gen<br />
durch. Sie ist Mitglied des Vorstandes von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>;<br />
swi@wintzerith.de<br />
Weitere Intormationen:<br />
Vollständiges Tagungsprogramm, Abstracts der Referate, Texte von<br />
Deklarationen und Resolutionen zum Thema Tourismus:<br />
www.icom-deutschland.de/archiv-2009.php<br />
Im Juli <strong>2010</strong> erscheint der Tagungsband zum Internationalen Bodensee-Symposium<br />
2009, herausgegeben von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, Bestellung<br />
ist mit dem Bestellschein auf Seite 55 möglich.<br />
Charlotte Schütt<br />
Bergferienregion Graubünden – die Zusammenarbeit zwischen<br />
Museen und Tourismusorganisationen<br />
Aufgabe der Kulturmarketingstelle, einem von zahlreichen Entwicklungsschwerpunkten<br />
im Regierungsprogramm der Graubündner Regierung,<br />
ist es, die kulturelle Vielfalt des Kantons als Reichtum bewusster<br />
zu machen und im Rahmen des touristischen Angebotes<br />
besser zur Geltung zu bringen. Basisinformationsmittel bildet die<br />
neu aufgebaute Internetplattform www.graubündenkultur.ch. Neben<br />
verschiedensten Marketing- und PR-Aktivitäten, z. B. für Musikfestivals,<br />
unterstützt die Kulturmarketingstelle die drei kantonalen<br />
Museen, das Bündner Kunstmuseum, das Rätische Museum und das<br />
Bündner Naturmuseum, bei museumsübergreifenden Projekten insbesondere<br />
im Bereich der touristischen Vermarktung. Die drei Museen<br />
befinden sich in Chur, der Kantonshauptstadt mit 35.000 Einwohnern,<br />
und sind aus den wichtigsten Tourismusdestinationen wie<br />
Arosa, Flims-Laax, Davos-Klosters oder Lenzerheide in weniger als<br />
einer Stunde erreichbar.<br />
Drei Beispiele werden vorgestellt: der Kinderstadt(museums)plan<br />
Chur, das Museen-Kombi Chur sowie als unspektakuläre, aber sehr<br />
erfolgreiche Maßnahme Führungen und Informationsabende für<br />
Gäs teberaterinnen in Tourist-Offices und für Hotel-Rezeptionistinnen.<br />
Foto: Amt für Kultur, Kanton Graubünden<br />
Peter Omachen<br />
Historische Hotels erhalten und betreiben<br />
Jährlich ehrt <strong>ICOM</strong>OS Schweiz ausgewählte Eigentümer von Hotels<br />
und Restaurants mit dem Titel „Das historische Hotel“ oder „das historische<br />
Restaurant des Jahres“, die ihre Gebäude nach denkmalpflegerischen<br />
Grundsätzen erhalten und betreiben. Die Jury setzt sich<br />
zusammen aus Mitgliedern von <strong>ICOM</strong>OS Schweiz, aus Vertreterinnen<br />
der drei Partnerorganisationen Hotellerie Suisse, Gastro-Suisse und<br />
Schweiz-Tourismus und aus beigezogenen Experten. Ein wichtiges<br />
Beurteilungskriterium bilden die Unternehmensphilosophie und das<br />
Marketing, welche aus dem historischen Bestand heraus entwickelt<br />
sein müssen.<br />
Zu Beginn der Erfolgsgeschichte eines jeden historischen Hotels oder<br />
Restaurants steht die Erkenntnis, dass die historische Substanz kein<br />
Handicap, sondern ein Potential für den wirtschaftlichen Erfolg darstellt.<br />
Kurz: Die attraktive historische Substanz lockt Gäste an, und<br />
diese Einnahmen finanzieren den Erhalt. Ethik und Wirtschaftlichkeit<br />
bilden hier kein Gegensatzpaar, sondern bedingen sich gegenseitig –<br />
eine Win-Win-Situation für Denkmalpfleger und Touristiker.<br />
Neben der <strong>ICOM</strong>OS-Auszeichnung entwickelte sich die Gruppe der<br />
„Swiss Historic Hotels“. Darin sind Betriebe vereint, die den hohen<br />
Qualitätsanforderungen von <strong>ICOM</strong>OS Schweiz entsprechen. Das Marketing<br />
wird von Schweiz Tourismus besorgt. Und auch Hotellerie<br />
Suisse, jene Organisation, die in der Schweiz die Hotelsterne vergibt,<br />
verleiht ihr Prädikat „historisch“ ebenfalls nur noch nach den strengen<br />
Kriterien von <strong>ICOM</strong>OS Schweiz.<br />
Foto: Peter Omachen<br />
24 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Die Kunst und Kultur der Einmischung<br />
Die Perspektiven der Mitarbeit von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> im Deutschen Kulturrat<br />
Anette Rein<br />
Rückblick<br />
Der Deutsche Kulturrat (www.kulturrat.de) wurde 1981 als<br />
politisch unabhängige, überregionale Arbeitsgemeinschaft<br />
kultur- und me dien politischer Institutionen gegründet. Ziel<br />
war es, ein „Dachverband der Dachverbände“ zu werden.<br />
1995 wurde diese Arbeitsgemeinschaft in einen ge meinnützigen<br />
Verein überführt. 226 Kulturverbände haben sich<br />
in acht Sektionen dem Deutschen Kulturrat an geschlos sen.<br />
Der Deutsche Kulturrat ist Ansprechpartner für Politik<br />
und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Europäischen<br />
Union in allen kulturpolitischen Angelegenheiten. Ziel<br />
des Deutschen Kulturrates ist es, spartenübergreifende Fragen<br />
in die kulturpolitischen Diskussionen ein zubringen.<br />
Politik und Kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates,<br />
erscheint sechsmal jährlich und steht online zur Verfügung<br />
(www.kulturrat.de/puk_liste.php?rubrik=puk).<br />
So arbeitet der Deutsche Kulturrat<br />
Jede Sektion schlägt Vertreter für die neun Fachausschüsse<br />
des Deutschen Kulturrates vor. Diese werden vom Deutschen<br />
Kulturrat ad personam berufen, um als Fachleute aus<br />
den Mitgliedsorganisationen neben Gästen, die keiner Mitgliedsorganisation<br />
des Deutschen Kulturrates angehören,<br />
Empfehlungen und Stellungnahmen zu erarbeiten, kulturund<br />
medienpolitische Problemfelder zu benennen und Handlungsperspektiven<br />
aufzuzeigen.<br />
Jede der acht Sektionen ist im Sprecherrat und in der Delegiertenversammlung<br />
vertreten. Die Sprecher vermitteln die<br />
in den Fachausschüssen erarbeiteten Informationen an den<br />
Vorstand und sind zuständig für die Wahl und die Abberufung<br />
der Vorstandsmitglieder. Darüber hinaus beschließt<br />
der Sprecherrat die Arbeitsprogramme des Vereins und berät<br />
den Vorstand bei der Durchführung seiner Aufgaben.<br />
Der Deutsche Kunstrat<br />
Der Deutsche Kunstrat ist mit seinen 24 Mitgliederorganisationen<br />
eine der acht Sektionen des Deutschen Kulturrates.<br />
Als ein informeller Zusammenschluss von bun desweit<br />
agierenden Vereinigungen, in deren Mittelpunkt die<br />
bil dende Kunst steht, treffen sich die Interessenverbände der<br />
Künstler und Kunsthändler, der Restauratoren, Kritiker und<br />
institutionellen Vermittler regelmäßig, um aktuelle kulturpolitische<br />
Themen zu diskutieren. Im November 2009 fand<br />
z. B. im Kontext der Exponatec Cologne, der Inter nationalen<br />
Fachmesse für Museen, Konservierung und Kul turerbe,<br />
das Symposium „Erb Gut Kunst“ statt. Exper tin nen<br />
und Experten diskutierten über den Umgang mit kollektivem<br />
Kulturerbe und individuellen Künstlernachlässen.<br />
Mitwirkungsmöglichkeiten für <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Die Präsenz von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> in beiden Räten bietet<br />
viele Möglichkeiten einer Mitgestaltung von Informationen<br />
Trifft die Wirtschaftskrise nur kleine oder auch große Institutionen wie<br />
das Neue Museum in Berlin? Über Budgetfragen verständigen sich die<br />
Mitglieder des Fachausschusses Kulturfinanzierung im Deutschen<br />
Kulturrat.<br />
über Museen als inter- und transkulturelle außer schulische<br />
Lernorte zur Weiterleitung an übergeordnete Gremien.<br />
Durch die Ver netzung mit anderen Kulturverbänden können<br />
weitere Ko operationen entstehen und damit übergreifende<br />
Problemfelder im Kulturbereich differenzierter und<br />
umfassen der benannt werden. Museen als wichtige Wis sen s<br />
träger und Vermittler kulturellen Wissens werden durch<br />
die Beiträge von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> von den anderen Kulturverbänden<br />
noch besser wahrgenom men. Zu den kulturpolitischen<br />
Problemfeldern, zu deren Lösungen <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> beitragen kann, gehören zum Beispiel: die Folgen<br />
von neuen Lehrplänen auf Museumsbesuche von Schulklassen;<br />
die Veränderungen der Berufsbilder von Museumsmitarbeitern<br />
nach Einführung neuer Studienordnungen<br />
an den Universitäten; neben Problemen aufgrund fehlender<br />
Etats für die vielfältigen Aktivi täten der Häuser, was eine<br />
generationenübergreifende um fassende Wissensvermittlung<br />
der Museen erschwert, wenn nicht sogar verhindert.<br />
Durch seine Präsenz kann <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> nicht nur<br />
kulturpolitische Problemfelder aus musealer Sicht ergänzen,<br />
sondern auch Themen aus der internationalen Museumsszene<br />
und aus Kulturdebatten einbringen. Dieser Aspekt<br />
wird meiner Meinung nach künftig aufgrund der zunehmenden<br />
globalen Vernetzung immer wichtiger werden.<br />
Der Vorstand von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> freut sich über<br />
Ihre Themenvorschläge zu den Bereichen Bildung und Kulturfinanzierung.<br />
Dr. Anette Rein ist Vorstandsmitglied von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>. Sie vertritt<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> im Deutschen Kunstrat und im Deutschen<br />
Kulturrat in den Fachausschüssen Bildung und Kulturfinanzierung;<br />
ar_welten@yahoo.de<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 25
Rückblick<br />
Tätigkeitsbericht des Präsidenten von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> für 2009<br />
Gehalten vor der Mitgliederversammlung am 19. Juni 2009 in Lindau<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
ich möchte Sie sehr herzlich bei der Mitgliederversammlung 2009<br />
willkommen heißen, die in diesem Jahr im Rah men des gemeinsam<br />
mit <strong>ICOM</strong> Österreich, <strong>ICOM</strong> Schweiz und den Komitees des Internationalen<br />
Rates für Denkmalpflege <strong>ICOM</strong>OS in den drei Partnerländern<br />
ver anstalteten Internationalen Bodensee-Symposiums in Lindau stattfindet.<br />
Es freut mich, dass mit der Beteiligung von <strong>ICOM</strong>OS eine alte Tradition<br />
wieder auflebt: Bereits 1991 hatten die drei <strong>ICOM</strong>-National komitees<br />
der Bodensee-Anrainerstaaten zusammen mit den Schwes terverbänden<br />
der <strong>ICOM</strong>OS-Komitees aus ihren Ländern die Tagung<br />
„Museum und Denkmalpflege“ ausgerichtet.<br />
In der Einführung des damals amtierenden Präsidenten von <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> werden als Hauptanliegen, die den Internationalen<br />
Museumsrat und den Internationalen Rat für Denkmalpflege miteinander<br />
verbinden, „ … die Sorge um die Rettung des Historischen Kulturerbes<br />
und das Bemühen um die Erhaltung und Erlebensvermittlung<br />
beweglicher oder ortsgebundener Kultur- und Kunstwer ke“<br />
hervorgehoben. Bis heute hat sich an diesen tragenden Zielsetzungen<br />
nichts geändert, die nach wie vor die gute Nachbarschaft und<br />
gegebenenfalls auch die Zusammenarbeit von <strong>ICOM</strong> und <strong>ICOM</strong>OS<br />
als mit der UNESCO kooperierende Nichtregierungsorganisationen<br />
begründen.<br />
Meinen Bericht möchte ich zunächst mit der Darstellung der Entwicklung<br />
von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> im Spiegel der Mitgliederstatistik<br />
beginnen, um Ihnen anschließend die Eckdaten für den Haushaltsplan<br />
2009 vorzustellen.<br />
Mitgliederstatistik<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als die größte deutsche Organisation der Museen<br />
und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat weiter an Statur<br />
gewonnen und von 2005 bis heute einen Zuwachs von rund 1.150<br />
Mitgliedern zu verzeichnen. Wir freuen uns, dass sich das Wachstum<br />
kontinuierlich fortsetzt und dass wir allein im ersten Halbjahr 2009<br />
insgesamt 210 neue Mitglieder aufnehmen konnten. Mit nunmehr<br />
nahezu 3.900 Mitgliedern konnte <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> seine Stellung<br />
als das mitgliederstärkste Nationalkomitee im Weltverband des Internationalen<br />
Museumsrats weiter ausbauen. So hoffen wir, dass wir<br />
noch im laufenden Jahr das viertausendste Mitglied aufnehmen können.<br />
Dabei sind die Aufnahmeanträge im Hinblick auf den Charakter<br />
von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als professionel ler Fachverband der Museen<br />
und der Angehörigen der Museumsberufe von der Geschäftsstelle<br />
nach strengen professionellen Kriterien geprüft worden.<br />
Leider haben wir im Berichtsjahr auch Mitglieder verloren: Frau Dr. Doris<br />
Schmidt, vielen von Ihnen bekannt durch ihre fundierten Bei träge<br />
zur Kulturberichterstattung in der Süddeutschen Zeitung, und Herrn<br />
Uwe Obier, den ehemaligen Leiter der Städtischen Galerie in Lü denscheid.<br />
Darf ich Sie bitten, sich zum Gedenken an die verstor be nen<br />
Kolleginnen und Kollegen zu einer Schweigeminute zu erheben.<br />
Haushaltsplan<br />
Wie in den letzten Jahren wollen wir Sie auch in diesem Jahr über<br />
den Haushalt von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> unterrichten. Der Abschluss<br />
des Haushalts 2008, den wir Ihnen in der letzten Mitgliederversammlung<br />
in Amsterdam erläutert hatten, wird zur Zeit durch den<br />
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien als unseren<br />
Zuwendungsgeber geprüft.<br />
Der Haushaltsplan von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> für das Jahr 2009, der Ihnen<br />
heute in seinen Eckdaten vorgestellt wird, hat sich gegenüber<br />
den Haushalten der vergangenen Jahre kaum verändert. Er ist auch<br />
in der Verteilung der Mittel auf die einzelnen Ausgabengruppen<br />
relativ gleich geblieben. Dabei liegen die großen Ausgabenblöcke,<br />
die Personalausgaben für die Geschäftsstelle und die sächlichen Verwaltungsausgaben<br />
– darin sind auch die Ausgaben für die Pflege<br />
un serer Homepage und für die Herausgabe unserer <strong>Mitteilungen</strong><br />
enthalten – weitgehend fest.<br />
Doch möchte ich betonen, dass bei den Personalausgaben sowie bei<br />
den sächlichen Verwaltungsausgaben der Aufwand auf das wirklich<br />
Notwendige begrenzt wird, denn selbstverständlich haben wir den<br />
Wunsch, dass von den verfügbaren Mitteln ein möglichst großer Betrag<br />
für die inhaltliche Arbeit bereitgestellt werden kann.<br />
Im zweiten Teil der Haushaltsübersicht finden Sie die Ausgaben für<br />
die Veranstaltungen von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und für die Beihilfen zur<br />
Förderung der Teilnahme von <strong>ICOM</strong> Mitgliedern an Fachtagun gen<br />
im In- und Ausland.<br />
Veranstaltungen, erster Teil<br />
Nun möchte ich Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Ver anstal<br />
tungen in den neun Monaten seit unserer letzten Mitgliederver<br />
sammlung im Rahmen unserer Jahrestagung in Amsterdam vermitteln.<br />
Im Hinblick auf die bevorstehende Übergabe meines Amtes<br />
als Präsident von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> an einen Nachfolger erscheint<br />
es auch veranlasst, ein kurzes Resümee der vergangenen viereinhalb<br />
Jahre seit der Neuwahl des Vorstands im Dezember 2004 zu geben.<br />
Also zunächst zur Chronik der aktuel leren Ereignisse, die sich ganz<br />
überwiegend auch in der jüngsten Ausgabe der <strong>Mitteilungen</strong> spiegeln.<br />
Entsprechend den inhaltlichen Anliegen der Arbeit von <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong>, aktuelle kulturpolitische und gesellschaftliche Themen<br />
aufzugrei fen und zu vermitteln, stand die vom 9. bis 11. Oktober<br />
2008 in Ams terdam ausgerichtete Jahrestagung von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
unter dem Motto „Museum – Orte der kulturellen Bildung und<br />
Integration“.<br />
Warum wurde die Jahrestagung 2008 in Amsterdam veranstaltet?<br />
Diese an uns immer wieder herangetragene Frage möchte ich gerne<br />
vor der Mitgliederversammlung noch einmal beantworten: Zum einen<br />
setzt die Wahl eines Veranstaltungsorts im Ausland die schon<br />
von meinem Amtsvorgänger Hans-Martin Hinz ergriffene Initiative<br />
fort, die Jahrestagungen zu nutzen, um die Museumslandschaften<br />
und die kulturpolitischen Zielsetzungen vor allem in den europäi schen<br />
Nachbarländern kennen zu lernen und Kontakte zu den dor tigen<br />
<strong>ICOM</strong>-Nationalkomitees aufzubauen.<br />
Zum Anderen erschien die Wahl von Amsterdam als Tagungsort im Hinblick<br />
auf das Tagungsthema als besonders naheliegend: Tat säch lich hat<br />
die Hafenstadt Amsterdam als die größte Stadt der Nie der lande und<br />
das wirtschaftliche Zentrum eines ehemaligen Kolonialreichs eine<br />
ethnisch und kulturell besonders vielfältige Bevölkerung: Modelle<br />
des Zusammenlebens und der Integration von Zuwanderern sind<br />
hier schon lange vor dem „Nationalen Integrationsplan“ entwickelt<br />
worden, den die deutsche Bundesregierung im Jahr 2006 verabschiedet<br />
hat.<br />
Unsere Tagung wurde in Partnerschaft mit <strong>ICOM</strong> Niederlande und<br />
mit der Reinwardt-Akademie in Amsterdam geplant und durchgeführt:<br />
Zu besonderem Dank fühle ich mich Albert Scheffers, dem<br />
Präsidenten von <strong>ICOM</strong> Niederlande, verpflichtet.<br />
Die Reinwardt-Akademie erwies sich als ein ideales Forum für die<br />
Durchführung der Tagung, zumal dort die museologische Ausbildung<br />
stärker kulturpolitisch und interdisziplinär ausgerichtet ist als<br />
in <strong>Deutschland</strong>: Léontine Meijer-van Mensch, die als Kontaktperson<br />
zu unserer Geschäftsstelle die Tagung maßgeblich mit ausgerich-<br />
26 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Rückblick<br />
tet hat, sprach in ihrer Einführung schlagwortartig von „Heritology“,<br />
also von einer Ausrichtung der Ausbildung auf das kulturelle Erbe<br />
in seiner ganzen Breite. Museen und Museumsausbildung in Holland<br />
verstehen sich als Teil eines integrativen kulturellen Netzwerks,<br />
in dem die Zusammenarbeit mit Bibliotheken, Archiven sowie mit<br />
kulturellen Zentren angestrebt wird, die etwa auch in der stadtviertelbezogenen<br />
Kulturarbeit – und damit auch in Projekten der kulturellen<br />
Integration von Migranten – aktiv sind.<br />
Den Tagungsteilnehmern wurden faszinierende und in vielfältiger<br />
Weise anregende Eindrücke in Amsterdam und bei der Exkursion<br />
nach Haarlem zuteil. Dazu gehören nicht zuletzt auch der offene<br />
Umgang sowie die große und spontane Gastfreundschaft, die wir in<br />
einem Land erfahren haben, in dem auch die Schatten der gemeinsamen<br />
Geschichte noch präsent sind wie etwa an Orten wie dem<br />
Anne-Frank-Haus.<br />
Von Amsterdam nach München: Hier fand am 13. Januar 2009 im<br />
Staatlichen Museum für Völkerkunde eine Pressekonferenz anlässlich<br />
der Herausgabe der „Roten Liste der gefährdeten Antiken Perus“<br />
statt. Der neu bestellte Generaldirektor von <strong>ICOM</strong>, Julien Anfruns,<br />
ließ es sich nicht nehmen, diese jüngste Neuerscheinung in der<br />
Serie der „Roten Listen“, in der bereits Informationsschriften zur Bekämpfung<br />
des illegalen Handels mit Kulturgütern aus Afrika, dem<br />
Irak und Afghanistan erschienen sind, persönlich vorzustellen. Als<br />
Handreichung für die Zoll- und Polizeibehörden gedacht, mit denen<br />
<strong>ICOM</strong> eng zusammenarbeitet, aber auch als Information für Museen,<br />
den Kunsthandel und für Sammler sollen die „Roten Listen“ den Blick<br />
für illegal in den Handel gelangte Kulturgüter schärfen.<br />
Die Veranstaltung hat eine erfreulich breite Medienresonanz gefunden,<br />
so in der überregionalen Tagespresse wie etwa der Süddeutschen<br />
Zeitung und der Welt. Sie bot die Gelegenheit, den Einsatz des<br />
Internationalen Museumsrats und von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> für die Bewahrung<br />
des kulturellen Erbes öffentlichkeitswirksam zu vermitteln.<br />
Hier ist auch der Zusammenhang mit dem Beitritt der Bundesrepublik<br />
<strong>Deutschland</strong> zu den UNESCO-Übereinkommen gegen den illegalen<br />
Handel mit Kulturgut und über den Schutz und die Förderung<br />
der Vielfalt kultureller Ausdruckformen herzustellen, für deren Ratifizierung<br />
sich <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als größter, in einem internationalen<br />
Netzwerk agierender deutscher Museumsfachverband ebenfalls<br />
aktiv engagiert hat.<br />
Entwicklungen in der <strong>ICOM</strong>-Administration<br />
Der <strong>ICOM</strong>-Generaldirektor Julien Anfruns, der unserer Einladung<br />
zum Internationalen Bodensee-Symposium als Treffen der <strong>ICOM</strong>-<br />
Nationalkomitees von <strong>Deutschland</strong>, Österreich und der Schweiz folgend<br />
nach Lindau kommen und morgen zu Ihnen sprechen wird,<br />
ist derzeit dabei, den Weltverband und insbesondere das lange<br />
ohne hauptamtliche Führung arbeitende Generalsekretariat neu zu<br />
strukturieren. Geprägt durch seine Ausbildung an der École Nationale<br />
d‘Administration – die traditionell die Elite der französischen<br />
Verwaltungsbeamten ausbildet – sammelte er Erfahrungen im<br />
Dienst französischer Ministerien und der Diplomatie sowie zuletzt<br />
als Direktor der finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten am<br />
Louvre, wo er mit der strategischen Entwicklung befasst war. Julien<br />
Anfruns bringt für seine neue Aufgabe als Generaldirektor von <strong>ICOM</strong><br />
profunde Organisationserfahrung mit, neigt aber als französischer<br />
Spitzenbeamter auch zu zentralistischen Ordnungsvorstellungen.<br />
Diese Eigenschaften traten auch beim Jahrestreffen des Advisory<br />
Committee von <strong>ICOM</strong> und der sich daran anschließenden Generalversammlung<br />
hervor, die vom 8. bis 11. Juni 2009 in Paris stattfanden.<br />
Bei meinem kurzen Bericht stütze ich mich auf die Informationen<br />
unserer Vorstandsmitglieder Klaus Weschenfelder und Lothar<br />
Jordan, die in Paris dabei waren: Deutlich sichtbar nimmt Julien<br />
Anfruns die Zügel in die Hand und baut das Sekretariat zu einer<br />
zentralen Instanz aus, die auch gegenüber der Präsidentin und dem<br />
Executive Council mit Kompetenzanspruch auftritt.<br />
Man kann in dieser Machtverschiebung positive und negative Aspekte<br />
erkennen: Man darf erwarten, dass die Geschäfte künftig effizienter<br />
betrieben werden und dass sich das Sekretariat zu einem<br />
leistungsfähigeren Dienstleistungsorgan für die verschiedenen<br />
Gremien von <strong>ICOM</strong> sowie für deren Mitglieder entwickeln wird.<br />
Möglicherweise wird auch das Profil von <strong>ICOM</strong> geschärft und die<br />
Medienpräsenz verstärkt werden. Doch ist noch nicht absehbar, inwieweit<br />
Julien Anfruns sich auf Bedürfnisse der Verbandsarbeit auf<br />
der Ebene der internationalen und der nationalen Komitees einzulassen<br />
bereit ist: Insoweit wird man unsere Interessen in Zukunft<br />
noch prononcierter zu vertreten haben als bisher.<br />
Auf der Tagesordnung des Treffens in Paris stand auch eine Anhebung<br />
der Mitgliedsbeiträge, doch ist der Wunsch des neuen Generaldirektors,<br />
die Beiträge in den Jahren kontinuierlich um jeweils<br />
6 Euro zu erhöhen, nicht in Erfüllung gegangen: Als vermittelnder<br />
Vorschlag wurde die Anregung von <strong>ICOM</strong> Schweiz angenommen,<br />
die Beiträge <strong>2010</strong> um lediglich 4 Euro zu erhöhen und von weiteren<br />
Beitragsanpassungen zunächst einmal abzusehen.<br />
So bleibt abzuwarten, ob es Julien Anfruns gelingen wird, die erforderlichen<br />
Sponsorenmittel einzuwerben, um den Umbau des Sekretariats<br />
und die Neueinstellung qualifizierter Personen sowie weitere<br />
Zukunftsprojekte – ich verweise auf die nach wie vor dringliche<br />
Erneuerung der Mitglieder-Datenbank sowie auf die zeitgemäße<br />
Neugestaltung der <strong>ICOM</strong>-Webseite als Forum eines international<br />
vernetzten Weltverbands – finanzieren zu können.<br />
Im Herbst <strong>2010</strong> steht bekanntlich die Wahl des Executive Council<br />
von <strong>ICOM</strong> im Rahmen der Generalkonferenz in Shanghai an. Die<br />
Kandidaten für das Präsidentenamt sind allerdings noch nicht so<br />
recht aus der Deckung gegangen: Genannt werden die Namen von<br />
Rick West, ehemaliger Direktor des Museum of the American Indian<br />
in Washington und Vizepräsident im Executive Council, aber auch<br />
von Hans-Martin Hinz: Wir würden uns natürlich freuen, wenn Hans-<br />
Martin Hinz, ehemaliger Präsident von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und von<br />
<strong>ICOM</strong> Europe, als international erfahrener und geschätzter Kollege<br />
das Rennen machen sollte.<br />
Bei der Sitzung des Advisory Committee in Paris wurde auch das Thema<br />
für den Internationalen Museumstag 2011 beschlossen: Wenn<br />
der Vorschlag „Museums and Memory“ aufgegriffen wurde, dann<br />
dürfen wir unserem Vorstandsmitglied Lothar Jordan sehr herzlich<br />
gratulieren, der als Präsident des Internationalen Komitees der Literaturmuseen<br />
ICLM und als Mitglied im Subkomitee Marketing des<br />
UNESCO-Programms „Memory of the World“ den Antrag vertreten<br />
und in überzeugender Weise begründet hat. Im Mittelpunkt steht<br />
dabei das in Form von Literatur und Archivalien verkörperte „Gedächtnis<br />
der Menschheit“, das auch einen wichtigen Teil der Bestände<br />
unserer Museen darstellt.<br />
Veranstaltungen, zweiter Teil<br />
Nun wieder zurück von Paris nach <strong>Deutschland</strong> und den hier veranstalteten<br />
Tagungen der internationalen Komitees. Gerne hat <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> die Jahrestagung des International Committee for Decorative<br />
Arts and Design (ICDAD) unterstützt, das seine Jahrestagung<br />
vom 14. bis 17. Mai 2009 im Museum August Kestner in Hannover<br />
unter dem Motto „The Intersection of Art and Technical Innovation“<br />
veranstaltet hat. Zum zweiten Mal kamen die Experten von ICDAD<br />
in <strong>Deutschland</strong> zusammen, um die Wechselbeziehungen zwischen<br />
Kunst bzw. Design und dem technischen Fortschritt zu erörtern.<br />
Zur Eröffnung im Museum August Kestner in Hannover am 14. Mai<br />
2009 hat unser Vorstandsmitglied Anette Rein die Grüße von <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> übermittelt.<br />
Für den Herbst hat sich als weiteres internationales Komitee das International<br />
Committee for Architecture and Museum Techniques<br />
(ICAMT) angesagt, das für die Zeit vom 5. bis 7. November 2009 seine<br />
Jahrestagung in Berlin zum spannenden Thema „Museumskonzep te<br />
und ihre Realisierung“ plant. Im Rahmenprogramm sind Exkursio nen<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 27
Rückblick<br />
zu den neuen bzw. erneuerten Berliner Museen geplant. Unser Dank<br />
gilt im gegebenen Fall auch Hans-Martin Hinz, der die Durchführung<br />
der Tagung im Deutschen Historischen Museum mit Unterstützung<br />
von Generaldirektor Hans Ottomeyer ermöglicht hat.<br />
Auch die assoziierten Organisationen als Mitglieder der erweiter ten<br />
<strong>ICOM</strong>-Familie sind Teil des <strong>ICOM</strong>-Netzwerks. So unterstützt <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> auch die Jahrestagung des Internationalen Verbands der<br />
Transport- und Kommunikationsmuseen (IATM), die mehr oder weniger<br />
gleichzeitig mit unserem Internationalen Bodensee-Sym posium<br />
vom 15. bis 19. Juni 2009 im Verkehrsmuseum Dresden und im Deutsche-Bahn-Museum<br />
Nürnberg stattfindet. Den Teilnehmern wird nicht<br />
nur ein Vortragsprogramm zur Bedeutung der Transport- und Kommunikationsmuseen<br />
als attraktive Einrichtungen für die Öffentlichkeit,<br />
sondern auch ein umfangreiches Rahmenprogramm geboten.<br />
Publikationen<br />
Abschließend noch kurze Anmerkungen zu den Publikationsprojekten,<br />
die im Berichtszeitraum realisiert werden konnten bzw. vor<br />
der Veröffentlichung stehen:<br />
Die gute Zusammenarbeit mit dem Deutschen Museumsbund fin det<br />
Ihren Ausdruck auch in der Herausgabe gemeinsamer Handreichungen<br />
zur Museumsarbeit. Hierzu zählt die Broschüre Museumsberufe – Eine<br />
Europäische Empfehlung, die gemeinsam mit dem International<br />
Committee for Training of Personell (ICTOP) heraus gegeben wurde.<br />
Als spiritus rector steht hinter dieser Orientierungs hilfe zu den Museumsberufen<br />
Angelika Ruge als Präsidentin von ICTOP, die die Kriterien<br />
für die Berufsbilder mit Kolleginnen und Kollegen aus den europäischen<br />
Nachbarländern erarbeitet und ab gestimmt hat. Gerne<br />
spre che ich Frau Ruge für ihre Initiative noch einmal den Dank von<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> aus: Nur wer den Werdegang des Werks verfolgt<br />
hat, kann nachvollziehen, welcher Nachhaltigkeit – um nicht zu sagen<br />
Hartnäckigkeit – es bedurfte, um diese als Beitrag für die Professionalisierung<br />
des Berufsbildes der Museumsmitarbeiter nützliche<br />
Handreichung vorlegen zu können.<br />
Wir hoffen, dass in der Reihe der in Kooperation mit dem Deutschen<br />
Museumsbund realisierten Handreichungen demnächst eine weitere<br />
Schrift mit Empfehlungen für das Volontariat an Museen folgen<br />
wird, um Rahmenbedingungen für eine qualifizierte Ausbildung und<br />
eine angemessene Vergütung des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />
zu definieren.<br />
Gerne weise ich auf den Tagungsbericht zum letzten Internationalen<br />
Bodensee-Symposium in Schaffhausen im Juni 2006 zum Thema<br />
„Das Museum als Ort des Wissens“ hin, der von <strong>ICOM</strong> Schweiz als<br />
Gastgeber der Schaffhausener Tagung herausgegeben worden ist.<br />
Unmittelbar vor dem Erscheinen steht auch der Tagungsbericht Wissenschaftsmuseen<br />
im deutsch-französischen Dialog, der die Vorträge<br />
der in Kooperation von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> mit <strong>ICOM</strong> Frankreich im<br />
Deutschen Technikmuseum Berlin vom 14. bis 16. Oktober 2007 veranstalteten<br />
Tagung der Experten aus deutschen und französischen<br />
Wissenschaftsmuseen dokumentiert.<br />
Gemeinsam mit <strong>ICOM</strong> Schweiz und <strong>ICOM</strong> Österreich arbeiten wir<br />
derzeit auch an der Veröffentlichung der aktualisierten deutschen<br />
Fassung des <strong>ICOM</strong> Code of Ethics for Museums, die hoffentlich noch<br />
vor Jahresende herauskommen kann. Es ist ein Ansporn für uns, dass<br />
unser Mitglied Werner Hilgers mit einer Revision der deutschen Übersetzung<br />
schon eine wichtige Vorleistung erbracht hat, für die ich an<br />
dieser Stelle den Dank des Vorstands aussprechen möchte.<br />
Nachwahlen im Vorstand von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Diesem Überblick über die Aktivitäten und Projekte von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
im Berichtszeitraum möchte ich noch einen kurzen persönlichen<br />
Epilog folgen lassen – kurz, aber nicht ganz schmerzlos: Sie<br />
haben der Einladung zum Internationalen Bodensee-Symposium<br />
entnommen, dass die Nachwahl des Präsidenten und eines Vorstandsmitglieds<br />
auf der Tagesordnung stehen.<br />
Der Grund für meine Bitte um die Übernahme des Präsidentenamts<br />
durch einen Nachfolger sind aktuelle gesundheitliche Einschränkungen,<br />
die das Risiko mit sich bringen, dass ich die mit dem Präsidentenamt<br />
verbundenen Verpflichtungen nicht mehr mit der gebotenen<br />
Regelmäßigkeit wahrnehmen kann.<br />
Entsprechend den Bestimmungen unserer Geschäftsordnung hat<br />
der Vorstand einen Kandidaten als Nachfolger benannt, der Ihnen<br />
in der heutigen Mitgliederversammlung vorgestellt wird. Ich danke<br />
Herrn Klaus Weschenfelder, dass er sich, gestützt auf ein einstimmiges<br />
Votum des Vorstands, bereit erklärt hat, die mit der Funktion<br />
des Präsidenten verbunden Würden und Bürden zu übernehmen<br />
und sich in der Mitgliederversammlung zur Wahl zu stellen. Ich würde<br />
mich freuen, wenn Sie ihm ihr Vertrauen aussprechen würden.<br />
Das gleiche gilt für Stéphanie Wintzerith als jene Kollegin, die den<br />
bisher von Herrn Weschenfelder eingenommenen Vorstandssitz<br />
übernehmen soll. Auch ihr hat der Vorstand sein Vertrauen ausgesprochen,<br />
so dass wir die Mitglieder um ihr positives Votum bitten.<br />
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nachwahl sind von<br />
Herrn Rechtsanwalt Burghard von Bargen geprüft worden.<br />
Beide Kandidaten werden sich Ihnen im Anschluss an meinen Bericht<br />
und an die Entlastung des Vorstands persönlich vorstellen und<br />
gerne auf Ihre Fragen eingehen.<br />
Resümee<br />
Wenn man ein Amt übergibt, ist das ein Anlass, Bilanz der abgelaufenen<br />
Amtszeit zu ziehen: Welche seiner Zielsetzungen hat der<br />
mit dem Präsidenten im Dezember 2004 neu gewählte Vorstand<br />
mit Rosmarie Beier-de Haan, Anette Rein, Michael Eissenhauer, Udo<br />
Gößwald, Rainer Hofmann und Christoph Lind – bzw. in der zweiten<br />
Amtsperiode ab Dezember 2007 mit Lothar Jordan, Klaus Weschenfelder<br />
und Gerhard Winter als Nachfolger für die ausgeschiedenen<br />
Mitglieder Eissenhauer, Gößwald und Hofmann – verwirklichen oder<br />
der Verwirklichung näherbringen können?<br />
„Wir wollen etwas verändern bei <strong>ICOM</strong>“, mit dieser Devise waren wir<br />
angetreten. Die Perspektive richtete sich dabei nach außen wie nach<br />
innen. Was sich bewegt hat, lässt sich anhand der in den <strong>Mitteilungen</strong><br />
von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> jährlich publizierten Tätigkeitsberichte vor<br />
der Mitgliederversammlung im Einzelnen nachvollziehen.<br />
Schon in meinem eingangs abgegebenen Rechenschaftsbericht<br />
konnte ich darauf hinweisen, dass das kontinuierliche Wachstum des<br />
Mitgliederbestandes in den letzten Jahren erwarten lässt, dass wir<br />
in den nächsten Monaten mit der Aufnahme des viertausendsten<br />
Mitglieds rechnen dürfen. Auch wenn es auf Größe nicht allein ankommt,<br />
so hat <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als der größte Museumsfachverband<br />
in <strong>Deutschland</strong> und als weltweit größtes Nationalkomitee von<br />
<strong>ICOM</strong> in der Kulturpolitik wie auch in der internationalen Verbandsarbeit<br />
an Gewicht gewonnen.<br />
Die Situation in der Geschäftsstelle hat sich konsolidiert und die<br />
neue Struktur mit Johanna Westphal als allein verantwortlicher Geschäftsführerin<br />
hat sich bewährt. Im Team der Mitarbeiter gibt es<br />
eine klare Aufgabenverteilung und eine gute Zusammenarbeit zwischen<br />
Beate von Törne, Juliana Ullmann und Jan-Dirk Kluge.<br />
In Folge der gestiegenen Mitgliederzahl hat auch die Arbeitsbelastung<br />
durch die Mitgliederverwaltung und Mitgliederbetreuung zugenommen.<br />
Gerade in Phasen wie der Vorbereitung und Durchführung<br />
von Tagungen ist deshalb ein besonderes Engagement<br />
ge fordert, das sich auch hier in Lindau wieder bewährt hat. …<br />
Vollständige Fassung des Tätigkeitsberichtes:<br />
www.icom-deutschland.de/ueber-uns-taetigkeitsberichte.php<br />
Dr. York Langenstein<br />
Präsident <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
28 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Rückblick<br />
Protokoll der Mitgliederversammlung 2009 von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
19. Juni 2009<br />
Altes Rathaus, Bismarckplatz, Lindau<br />
Beginn der Mitgliederversammlung: 17:10 Uhr<br />
Anwesende Mitglieder: 44<br />
Der Vorstand ist vollständig anwesend.<br />
Der Präsident, Dr. York Langenstein, stellt fest, dass das erforderliche<br />
Quorum für eine Mitgliederversammlung nicht erreicht ist, und<br />
schließt die Sitzung. Gemäß § 4 (Absatz 3) der Geschäftsordnung<br />
von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> beruft der Präsident formlos eine neue Mitgliederversammlung<br />
ein, die um 17:15 Uhr eröffnet wird. Die satzungsmäßige<br />
Beschlussfähigkeit ist gegeben.<br />
1. Billigung der Tagesordnung<br />
Die vorliegende und den Mitgliedern rechtzeitig übermittelte Tagesordnung<br />
wird einstimmig gebilligt. Ergänzungen zur Tagungsordnung<br />
werden nicht gewünscht.<br />
2. Benennung der Protokollführung<br />
Als Protokollführer wird einstimmig das Vorstandsmitglied Professor<br />
Dr. Lothar Jordan benannt.<br />
3. Tätigkeitsbericht des Präsidenten und Vorstellung<br />
des Haushalts<br />
Der Präsident gibt einen Überblick über die Aktivitäten von <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> für den Zeitraum seit der letzten Mitgliederversammlung<br />
in Amsterdam (11. Oktober 2008) und stellt die Zahlen der<br />
Mitgliederentwicklung vor: 210 neue und reaktivierte Mitglieder,<br />
ins gesamt 3.890 Mitglieder (Stand: 1. Juni 2009). Die positive Mitgliederentwicklung<br />
ist ein Beleg für die erfolgreiche Arbeit von <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong>.<br />
In einer Schweigeminute wird der beiden Mitglieder gedacht, die im<br />
Berichtszeitraum verstorben sind: Dr. Doris Schmidt und Uwe Obier.<br />
Der Präsident stellt den Haushaltsplan von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> für das<br />
Jahr 2009 vor. Er informiert über die 2009 an das <strong>ICOM</strong>-Sekretariat in<br />
Paris abzuführenden Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen. Der jährliche<br />
Grundbeitrag für individuelle Mitglieder ist von derzeit 58 Euro<br />
auf 62 Euro für das Jahr <strong>2010</strong> erhöht worden. Weitere Erhöhungen<br />
in den nachfolgenden Jahren für die zwanzig (entsprechend dem<br />
Bruttosozialprodukt) „reichsten“ Länder sind vorgesehen. Zuvor soll<br />
das Ergebnis des Jahres <strong>2010</strong> ausgewertet werden.<br />
Der Präsident dankt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle<br />
für ihre Arbeit, auch insbesondere für die Organisation<br />
des Internationalen Bodensee-Symposiums.<br />
4. Aussprache zum Bericht<br />
Vorstand und Mitgliederversammlung schließen sich dem Dank des<br />
Präsidenten an die Geschäftsstelle an.<br />
Insbesondere der Mitgliedsbeitrag und die nach Paris abzuführenden<br />
Mittel werden in der Mitgliederversammlung diskutiert, nahezu<br />
einhellig in der Auffassung, dass zur Zeit weitere, insbesondere<br />
regelmäßig steigende Erhöhungen abgelehnt werden. Das Prinzip,<br />
das <strong>ICOM</strong>-Sekretariat und einkommensschwächere Komitees zu unterstützen,<br />
wird zugleich bekräftigt.<br />
5. Genehmigung des Jahresberichtes und Entlastung<br />
des Vorstandes<br />
Der Jahresbericht wird genehmigt. Auf Antrag wird der Vorstand<br />
ohne Gegenstimmen und bei einer Enthaltung sowie bei Enthaltung<br />
der Vorstandsmitglieder entlastet.<br />
6. Nachwahl des Präsidenten und eines Vorstandsmitgliedes<br />
Der Präsident erläutert der Mitgliederversammlung, dass er sein Amt<br />
aus gesundheitlichen Gründen ab sofort zur Verfügung stellen und<br />
aus dem Vorstand ausscheiden wird. Der Vorstand schlägt als seinen<br />
Nachfolger einstimmig Herrn Dr. Klaus Weschenfelder und als nachrückendes<br />
Vorstandsmitglied Frau Dr. Stéphanie Wintzerith vor, die<br />
beide der Geschäftsordnung entsprechend bis zum Jahresende <strong>2010</strong><br />
im Amt sein werden. Beide stellen sich vor.<br />
Die Mitgliederversammlung stimmt über die Vorschläge des Vorstandes<br />
ab. An der Abstimmung über den Vorschlag (Dr. Weschenfelder)<br />
zur Nachfolge des Präsidenten nehmen einschließlich der<br />
Vollmachten fünfzig Stimmberechtigte teil.<br />
Davon stimmen mit Ja: 47, Enthaltungen: 3.<br />
An der Abstimmung über den Vorschlag (Dr. Wintzerith) zur Nachfolge<br />
eines Vorstandsmitgliedes nehmen einschließlich der Vollmachten<br />
48 Stimmberechtigte teil.<br />
Davon stimmten mit Ja: 43, mit Nein: 3, Enthaltungen: 2.<br />
Dr. Klaus Weschenfelder und Dr. Stéphanie Wintzerith nehmen die<br />
Wahl an.<br />
Der neue Präsident würdigt die Verdienste und die Persönlichkeit<br />
des scheidenden Präsidenten Dr. York Langenstein.<br />
7. Verschiedenes<br />
Das im Advisory Committee von <strong>ICOM</strong> am 11. Juni 2009 beschlossene<br />
Thema des Internationalen Museumstages 2011, „Museums and<br />
Memory“, das in Kooperation mit dem UNESCO-Programm „Memory<br />
of the World“ (Weltdokumentenerbe) durchgeführt werden soll,<br />
wird von Professor Dr. Lothar Jordan erläutert. Er bittet Vorstand und<br />
Mitglieder von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, das in Thema und Kooperation<br />
liegende große Potential des Museumstages 2011 aktiv und kooperativ<br />
zu nutzen.<br />
Präsident Dr. Klaus Weschenfelder schließt die außerordentliche Mitgliederversammlung<br />
um 19:00 Uhr.<br />
Frankfurt (Oder), den 24. Juni 2009<br />
gez. Professor Dr. Lothar Jordan, Protokollführer<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 29
Rückblick<br />
„Um fremden Wert willig und frei<br />
anzuerkennen und gelten zu lassen,<br />
muss man eigenen haben.“<br />
Laudatio auf York Langenstein, gehalten am 19. Juni 2009<br />
auf der Mitgliederversammlung von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> in Lindau<br />
Foto: Damodar Frlan<br />
Foto: Udo Wiesinger<br />
Mit York Langenstein scheidet ein Urgestein der Museumslandschaft<br />
aus dem Amt, eine Persönlichkeit, die das Nationalkomitee<br />
des Internationalen Museumsrates in <strong>Deutschland</strong><br />
während der letzten dreizehn Jahren entscheidend<br />
geprägt hat. Als studierter Jurist und Kunsthistoriker, mit<br />
Berufserfahrung als Rechtsanwalt, Verlagslektor, Denkmalpfleger<br />
und seit 1993 als Leiter der Landesstelle für die<br />
Nichtstaatlichen Museen in Bayern war er prädestiniert für<br />
die Aufgabe des Präsidenten dieses Verbandes, verfügt er<br />
doch als Generalist im besten Sinne des Wortes über Expertise<br />
im gesamten Spektrum des Museumswesens.<br />
Zu seinem Credo gehört, Entscheidungsträgern in der<br />
Kul turpolitik die Bedeutung von Museen sichtbar zu machen,<br />
und, ganz wie es der strategische Plan von <strong>ICOM</strong> vorsieht,<br />
„to provide leadership on advocating the value of<br />
heritage“. Er hat sich dieser Aufgabe bei <strong>ICOM</strong> mit der gleichen<br />
Überzeugungskraft gewidmet wie in seiner Tätigkeit<br />
als Landesstellenleiter. Wer das Vergnügen hatte, seiner<br />
Ver abschiedung im Sommer vergangenen Jahres bei Kaiserwetter<br />
im Alten Hof in München beizuwohnen, wurde<br />
dort neben zahlreichen Persönlichkeiten des öffentlichen<br />
Lebens immerhin zweier Staatsminister gewahr, des amtierenden<br />
Wissenschaftsministers als seinem Dienstherren,<br />
aber auch des damals nicht mehr amtierenden Finanzministers,<br />
der sich von der Seitenbank aus schon mal mit Zwischenrufen<br />
in die Rede seines früheren Kabinettskollegen<br />
eingemischt hat. Wenn ein Finanzminister einem hochrangigen<br />
Museumsbeamten zur Verabschiedung die Ehre gibt,<br />
drückt sich darin einige Anerkennung aus.<br />
York Langensteins Karriere bei <strong>ICOM</strong> entwickelte sich<br />
rasant. Zwei Jahre nach seinem Eintritt in den Internationalen<br />
Museumsrat wurde er 1998 – in Abwesenheit, wie zu<br />
erfahren ist – in den Vorstand gewählt, und nach Ablauf<br />
der beiden Amtsperioden als Vorstandsmitglied schließlich<br />
2004 zum Präsidenten für die Amtszeit 2005–2007 gekürt.<br />
In seine erste Amtsperiode fiel eine Restrukturierung<br />
der Geschäftsstelle, die Verbesserung und Erweiterung der<br />
Kommunikation mit den Mitgliedern durch einen Relaunch<br />
der Homepage, eine Optimierung der jährlichen <strong>Mitteilungen</strong><br />
und die Einrichtung eines Newsletters, der von der<br />
Geschäftsstelle als wichtiges Instrument zur aktuellen Informationsvermittlung<br />
genutzt wird.<br />
Besondere Aufmerksamkeit schenkte York Langenstein<br />
den internationalen Kontakten im Weltverband, besonders<br />
der Verbindung zu <strong>ICOM</strong> Frankreich, die sich in gemeinsamen<br />
Tagungen 2005 und 2007 äußerte, zu <strong>ICOM</strong><br />
UK durch die Veranstaltung der gemeinsamen Jahrestagung<br />
2005 in London unter dem Motto „Museum Bridging<br />
Cultures“ und dem Austausch mit <strong>ICOM</strong> Europe<br />
sowie generell der verstärkten Information über die Aktivitäten<br />
der internationalen Komitees durch die dort inzwischen<br />
in großer Zahl vertretenen deutschen Mitglieder.<br />
Als gutem Netzwerker gilt ihm die Beteiligung von <strong>ICOM</strong><br />
als Nicht-Regierungsorganisation in nationalen und internationalen<br />
Verbänden auf verschiedenen Arbeitsebenen,<br />
sei es die UNESCO im Zusammenhang mit der Konvention<br />
über den Kulturgüterschutz, sei es die Bundesregierung<br />
bei der Erarbeitung des Nationalen Integrationsplans oder<br />
der Enquête-Kommission Kultur in <strong>Deutschland</strong>.<br />
Ein besonderes Anliegen war ihm die Mitwirkung in der<br />
Magdeburger Koordinationsstelle für Kulturgutverluste im<br />
Zusammenhang mit verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut<br />
und die Umsetzung des Washingtoner Abkommens<br />
von 1998 in <strong>Deutschland</strong>.<br />
Als letzten großen Arbeitsschwerpunkt, sicher der steinigste<br />
Acker, den er sich ausgesucht hat, vielleicht aber<br />
auch ein Feld, auf dem die deutsche <strong>ICOM</strong>-Initiative der<br />
letzten Jahre besonders und hoffentlich nachhaltig blühte,<br />
war die Initiierung von Reformen im Weltverband und seinen<br />
Gremien. Dazu gehört das Postulat, den nationalen<br />
30 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Rückblick<br />
Komitees mehr Geld zu lassen für die Durchführung ihrer<br />
Aufgaben ebenso wie die Forderung nach größerer Transparenz<br />
bei den Entscheidungsprozessen im Verband und bei<br />
der Umsetzung von Gremienbeschlüssen durch die Führungsspitze<br />
und die Administration, und schließlich die<br />
Bitte um eine Effizienzsteigerung des Verbandes.<br />
Diese Initiativen wurden von den Mitgliedern gewürdigt<br />
und bescherten ihm neue Aufgaben. Durch Beschluss der<br />
Generalversammlung 2007 in Wien wurde dem Präsidenten<br />
des Advisory Committee eine Arbeitsgruppe an die<br />
Seite gestellt, in der York Langenstein fortan die Nationalkomitees<br />
vertrat.<br />
Wer York Langenstein bei der Arbeit zusieht, merkt<br />
schnell, warum ihm so viel Vertrauen entgegengebracht<br />
und Verantwortung übertragen wird. Neben der Fachkompetenz<br />
liegt es an seiner Persönlichkeit.<br />
Ausgerüstet mitunter mit einem überdimensionierten<br />
Plastiksack, der nebenbei getätigte Souvenir- oder Antiquitäteneinkäufe<br />
aufzunehmen hat, vielleicht auch seine<br />
Fotoausrüstung, zieht er durch die Sitzungssäle der Arbeitsgruppen<br />
und Gremien nach einem vermutlich genau ausgetüftelten<br />
Zeitplan, immer zur richtigen Zeit am richtigen<br />
Ort, um beharrlich die Interessen von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
zu vertreten und Entwicklungen im Weltverband, die er<br />
für falsch hält, kritisch zu hinterfragen. Ich hatte den Eindruck,<br />
dass manch einem Versammlungsleiter die Schweißperlen<br />
auf die Stirn traten, wenn er im Saal erschien, denn<br />
er legte dabei eine Unerschütterlichkeit an den Tag, die keinem<br />
seiner Gesprächspartner entging. Diese Unbeirrbarkeit<br />
wäre aber kaum erfolgreich, wäre sie nicht mit höchstem<br />
diplomatischen Geschick gepaart, eine Gabe, die sein Vorgehen<br />
niemals als angriffslustig etwa erscheinen lässt, sondern<br />
immer als das, was es ist: als ausgewogen, produktiv,<br />
kooperativ.<br />
Wer York Langensteins Reden hört oder nachliest, wer<br />
seine Korrespondenz studiert, wozu ich in jüngster Vergangenheit<br />
reichlich Gelegenheit hatte, als er beschlossen<br />
hatte, mich auf die Amtsübernahme vorzubereiten – beinahe<br />
stündlich schlugen die E-Mails ein – erkennt schnell,<br />
dass er seinem Gegenüber immer zuerst mit Worten der<br />
Anerkennung und des Dankes begegnet. Und zwar nicht<br />
als leere Formeln oder taktische Tricks im Sinne einer captatio<br />
benevolentiae, sondern aus der Überzeugung, dass<br />
Respekt und Vertrauen die unabdingbaren Voraussetzungen<br />
für den gesellschaftlichen Diskurs und die alltägliche<br />
Arbeit sind. Auf ihn trifft Schopenhauers Wort zu: „Um<br />
fremden Wert willig und frei anzuerkennen und gelten zu<br />
lassen, muss man eigenen haben.“<br />
Diese vornehme Haltung akzeptiert die Eigenständigkeit<br />
des Gegenübers, weil ausgeprägte Individualität ein Kennzeichen<br />
seiner eigenen Persönlichkeit ist. Zu diesem inneren<br />
Adel gehört auch die äußere Erscheinungsform. Ein<br />
Kollege in Coburg hat mir einmal gesagt, York sähe so aus<br />
als hieße er von Langenstein. Wer von uns versteht es denn<br />
noch, eine Dame so selbstverständlich mit Handkuss zu begrüßen,<br />
und wer könnte souveräner als er das wadenfreie<br />
Beinkleid des Herrn in den Dresscode der internationalen<br />
Museumsgemeinschaft einführen.<br />
York Langenstein hat sich nicht geschont, er hat viel erreicht<br />
bei <strong>ICOM</strong>, auch weil er es immer verstand, seine<br />
Mitstreiter zu motivieren. Zum Glück wird er auch weiterhin<br />
für <strong>ICOM</strong> zur Verfügung stehen und wir werden seine<br />
Erfahrung, seine Kompetenz und seine Persönlichkeit auch<br />
gerne in Anspruch nehmen. Weil dies daher weniger Abschieds-<br />
als Dankesworte sind, können sie umso unbeschwerter<br />
vorgebracht werden. Lieber York, im Namen von<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, des Vorstandes, der Geschäftsstelle<br />
und aller Mitglieder sage ich herzlichen Dank und wünsche<br />
alles Gute, vor allem gute Gesundheit, wir freuen uns<br />
auf weitere Begegnungen mit Dir in der Weltgemeinschaft<br />
der Museen.<br />
Dr. Klaus Weschenfelder<br />
Mitglied des Vorstandes <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Foto: <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Foto: <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Foto: <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 31
Internationale Komitees<br />
Meisterwerke per Mausklick<br />
In Europa hat das digitale Kulturzeitalter begonnen. Eine multimediale Online-<br />
Biblio thek bietet freien Zugriff auf das kulturelle Erbe. Noch steckt das Projekt in den<br />
Kinderschuhen, soll aber schnell an Fahrt gewinnen. Auch <strong>ICOM</strong> leistet Entwicklungs-Hilfe,<br />
wenn es um mehr Sichtbarkeit für Museen geht.<br />
Monika Hagedorn-Saupe<br />
„Europeana ermöglicht eine Reise über Zei ten<br />
und Grenzen hinweg und regt zu neuen<br />
Gedanken darüber an, was unsere Kultur<br />
aus macht. Ich rufe nun alle europäischen<br />
Kulturinstitutionen, Verlage und Technologieunternehmen<br />
auf, Europeana mit weiteren<br />
digitalen Inhalten zu füllen. Europeana sollte<br />
allen Men schen die Gelegenheit bieten,<br />
interaktiv und kreativ ihr eigenes Stück<br />
europäischer Kultur zu schaffen und es mit<br />
anderen zu teilen.“<br />
Viviane Reding,<br />
EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft<br />
und Medien<br />
„Mit Europeana kombinieren wir Europas<br />
Wett bewerbsvorsprung in den Kommunikations-<br />
und Netztechnologien mit unserem<br />
reichen kulturellen Erbe. Europeana ist mehr<br />
als eine Bibliothek: Sie inspiriert die Europäer<br />
des 21. Jahrhunderts dazu, der Kreativität ihrer<br />
innovativen Vorfahren nachzueifern, wie es die<br />
treibenden Kräfte der Renaissance taten.<br />
Europeana ist ein deutlicher Beleg dafür, dass<br />
die Kultur im Zentrum der europäischen<br />
Integra tion steht.“<br />
José Manuel Barroso,<br />
Präsident der Europäischen Kommission<br />
www.europeana.eu<br />
Europeana ist im Aufbau. Die Internetplattform<br />
soll der interdisziplinäre<br />
zentrale Zugangspunkt zu den digitalisierten<br />
Beständen aus Museen, Archiven<br />
und Bibliotheken werden, so<br />
dass Forscher, beruflich Interessier te und<br />
die allgemeine Öffentlichkeit zukünftig<br />
Texte in Bibliotheken, Museumsobjekte<br />
und Sammlungen in Museen<br />
sowie Archivalien in den Ar chiven<br />
leich ter auffinden und vom Schreibtisch<br />
aus einsehen können.<br />
„Europe’s Cultural and Scientific<br />
Heritage at a Click of a Mouse“ – so<br />
das Motto der Europäischen Kommission,<br />
das sie mit der Initiative „i<strong>2010</strong>:<br />
Digital Libraries“ in ihrem siebten<br />
Rah menprogramm verfolgt. Die Webseite<br />
von Europeana wurde am 20. November<br />
2008 in Brüssel mit großer<br />
Presse-Resonanz der Öffentlichkeit<br />
vor gestellt. Dies führte zu einer hohen<br />
Anzahl an Zugriffen, denen der Server<br />
nicht gewachsen war und daher zeitweilig<br />
vom Netz ge nommen werden musste.<br />
Mit verbesserter Hard- und Software<br />
ging Europeana im Dezember<br />
2008 wieder online.<br />
Das durch die Europäische Kommission<br />
initiierte und po litisch wie finanziell<br />
stark geförderte, ambitionierte<br />
Vorhaben ist zwar noch ein Prototyp,<br />
umfasst aber bereits mehr als vier Millionen<br />
Einträge. Durch eine Reihe weiterer,<br />
von der Europäischen Union kofinanzierter<br />
Projekte wird Europeana<br />
intensiv ausgebaut und soll bis Herbst<br />
<strong>2010</strong> auf über zehn Millionen Einheiten<br />
anwachsen.<br />
Als Träger von Europeana wurde<br />
eine Stiftung niederländischen Rechts<br />
gegründet, in der die verschiedenen<br />
Sparten durch ihre Verbände vertreten<br />
sind: Für die Museen ist <strong>ICOM</strong><br />
Europe Mitglied geworden und wird<br />
auf Wunsch des Vorstandes von der<br />
Verfasserin vertreten.<br />
Europas digitale Bibliothek, digitales<br />
Museum und Archiv, soll – soweit<br />
dies rechtlich möglich ist – freien<br />
Zugang zum kulturellen Erbe der 27<br />
EU-Mitgliedstaaten geben. In Europeana<br />
wird der Nutzer Bücher, Karten,<br />
Ton auf nahmen, Gemälde, Filme,<br />
Fotos, Archivalien, historische und naturwissenschaftliche<br />
Bestände, die in<br />
unseren Kultureinrichtungen bewahrt<br />
werden, finden können.<br />
Die Oberfläche des Portals lässt sich<br />
bereits jetzt in den 23 Sprachen der<br />
EU-Mitgliedstaaten ansehen. Ziel für<br />
<strong>2010</strong> und 2011 ist zum einen, die Bestände<br />
deutlich zu erweitern, zum anderen<br />
die das Portal tragende Technik<br />
so weiterzuentwickeln, dass man eingegebene<br />
Einträge auch dann findet,<br />
wenn sie in einer anderen Sprache geschrieben<br />
werden. Die Schreibweisen<br />
„Karl der Große“, „Charlemagne“ und<br />
„Carlo Magno“ sollten dann gleichermaßen<br />
auf alle online verfügbaren Bestände<br />
verweisen.<br />
Als Europeana 2008 online ging,<br />
kamen fünfzig Prozent der Bestände<br />
aus Frankreich, jeweils zehn Prozent<br />
32 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
aus Großbritannien und aus den Niederlanden<br />
sowie acht Prozent aus<br />
Finnland. Der Anteil zahlreicher anderer<br />
europäischer Länder liegt bisher<br />
unter einem Prozent, diese sollen nun<br />
stärker beteiligt werden. Rund ein Prozent<br />
der Europeana-Bestände stammen<br />
aus <strong>Deutschland</strong>, bisher nur aus<br />
einigen großen Institutionen. Darunter<br />
befinden sich Beethovens 9. Sinfonie<br />
und Beethoven-Abbildungen sowie<br />
Filmmaterial zum Fall der Berliner<br />
Mauer.<br />
Durch das gemeinsame Auffinden<br />
von Quellen, die an unterschiedlichen<br />
Orten gehalten werden, sind völlig<br />
neue Erkenntnisse möglich und Nutzer<br />
werden vom europäischen Portal<br />
zu den Webseiten der einzelnen Museen,<br />
Bibliotheken und Archive geführt,<br />
wo diese ihre Informationen online<br />
zugänglich machen.<br />
Die Ergebnisse einer Suche im momentanen<br />
Prototyp sind jeweils gruppiert<br />
in vier Kategorien: Text, Bild,<br />
Vi deo und Ton. Die angezeigten Ergebnisse<br />
können auch nach Sprache, nach<br />
Land, nach Datenlieferant oder nach<br />
Zeitraum selektiert werden.<br />
Europeana soll das zentrale Zugangs<br />
portal werden, d. h. es sollen die<br />
Bestände der großen ebenso wie der<br />
mittleren und kleineren Einrichtungen<br />
gefunden werden. Dabei ist klar,<br />
dass aufgrund der Anzahl der europäischen<br />
Bibliotheken, Museen und Archive<br />
Europeana die digitalen Ma teria<br />
lien nicht direkt von jeder einzelnen<br />
Einrichtung beziehen kann, sondern<br />
diese durch sogenannte Aggregatoren<br />
übernehmen muss. Solche Aggregatoren<br />
gibt es teilweise schon oder sie sind<br />
im Aufbau.<br />
www.athenaeurope.org<br />
Für Museen gibt es hierzu das ebenfalls<br />
von der Europäischen Union geförderte<br />
Projekt Athena, durch das<br />
Museen unterstützt werden, die Digitalisate<br />
ihrer Bestände in E u r o p ea n a<br />
einzuspeisen. In den einzelnen Ländern<br />
wurden dazu nationale Ansprechpartner<br />
benannt. Für <strong>Deutschland</strong> sind<br />
dies: das Institut für Museumsforschung<br />
in Berlin und als Betreiber des<br />
Portals zu Büchern, Archiven und Museen,<br />
des BAM-Portals, das Bibliotheks-Service-Zentrum<br />
in Kon s tanz.<br />
Im Rahmen von Athena w e rd e n M u <br />
se umsdaten zusammengeführt und<br />
mit Hilfe eines speziellen Ins tru mentariums<br />
gebündelt an Europeana überg<br />
eb e n .<br />
In <strong>Deutschland</strong> soll, gefördert durch<br />
Bund und Länder, zudem ein nationales<br />
Portal mit dem derzeitigen Arbeitstitel<br />
„Deutsche digitale Bibliothek“<br />
aufgebaut werden, das die digitalen<br />
Bestände aus deutschen Kulturerbe-<br />
Einrichtungen zusam men führen und<br />
gebündelt an Europeana weitergeben<br />
soll.<br />
„Europe’s Cultural and Scientific<br />
Heritage at a Click of a Mouse“ – noch<br />
sind wir weit von diesem Ziel entfernt<br />
und noch ist Unterstützung aus vielen<br />
Richtungen nötig. Das Internatio nale<br />
Komitee für Dokumentation (CIDOC)<br />
berät zum Beispiel das Team von Europeana<br />
und beteiligt sich an der Entwicklung<br />
der erforderlichen Standards.<br />
Durch Zusammenarbeit und<br />
gemeinsame Anstrengungen können<br />
wir hier in den nächsten Jahren einen<br />
großen Schritt vorankommen.<br />
Das Institut für Museumsforschung<br />
freut sich über weitere Beiträge hierzu<br />
aus den deutschen Museen und steht<br />
für Informationen bereit.<br />
Professor Monika Hagedorn-Saupe vertritt<br />
in der Träger-Stiftung von Europeana die<br />
Sparte der Museen. Sie ist Sprecherin der<br />
Fachgruppe Dokumentation im Deutschen<br />
Museumsbund und Generalsekretärin von<br />
CIDOC; m.hagedorn@smb.spk-berlin.de<br />
Der Weg zu Europeana<br />
Die besitzende Einrichtung entscheidet, welche<br />
Bestände digitalisiert werden. Nach der<br />
Digitalisierung der Objekte muss die Kultureinrichtung<br />
sie für die Suche und Er geb nisanzeige<br />
verfügbar ma chen. Dies er fordert<br />
Kontextinformationen wie den Namen des<br />
Autors oder Schöpfers, Ort und Datum der<br />
Entstehung, Größe, Zustand, Ma terial, farbliche<br />
Eigenheiten etc.<br />
Beitrag der EU-Staaten<br />
Alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert, Europeana<br />
zu unterstützen: durch Investitio nen<br />
in die Digitalisierung; durch Schaffung nationaler<br />
Portale, die als „Sammelstellen“ dienen;<br />
durch Öffentlichkeitsarbeit, durch unmittelbaren<br />
Finanzbeitrag. Der eigentli che Betrieb<br />
von Europeana ist Sache der Kultureinrichtungen,<br />
die die Inhalte beisteuern und über das<br />
Know-how für die Verwaltung des Dienstes<br />
verfügen.<br />
Organisation der Europeana<br />
Ende 2007 wurde die European Digital Library<br />
Foundation gegründet. Sie konkretisiert die<br />
zwischen den beteiligten Einrichtungen geschlossene<br />
Vereinbarung über die Bereitstellung<br />
von Europeana. Die Stiftung steht allen<br />
Besitzern von Inhalten (Museen, Archi ve und<br />
Bibliotheken) sowie nationalen und europäischen<br />
Verbänden der Besitzer von Inhalten<br />
offen. Das Büro von Europeana ist bei der<br />
Niederländischen Nationalbibliothek in Den<br />
Haag angesiedelt.<br />
Europeana und Suchmaschinen<br />
Europeana ist kein gewerbliches Unternehmen,<br />
sondern ein Kulturprojekt. Es arbeitet<br />
treffsicherer als generische Suchmaschinen,<br />
d. h. weniger, aber genauere Ergebnisse. Qualität<br />
und Authentizität des Inhaltes sowie die<br />
Offenheit der beteiligten Institutio nen sind<br />
seine Stärken. Europeana hat einen umfangreicheren<br />
Auftrag als etwa Google-Buchsuche,<br />
da es zum Beispiel die Werke eines Malers<br />
mit Archivdokumenten oder Büchern von<br />
ihm oder über ihn verknüpft.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 33
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
Die internationalen Komitees<br />
stellen sich vor<br />
Die inhaltliche Arbeit von <strong>ICOM</strong> findet wesentlich in den international organisierten Komitees statt. Inzwischen gibt es<br />
dreißig verschiedene internationale Komitees, die selbständig arbeiten und durch einen Präsidenten, einen Generalsekretär<br />
und einen Vorstand vertreten sind. Die Komitees widmen sich den speziellen Bedürfnissen und Aufgabenstellungen<br />
eines bestimmten Museumstyps oder einer speziellen museumsfachlichen Disziplin.<br />
Der Weltverband wünscht sich eine stärkere Beteiligung deutscher <strong>ICOM</strong>-Mitglieder in den internationalen Komitees.<br />
Auch <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> begrüßt ihr Engagement sehr. Damit die Professionalität von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> gerade in<br />
internationalen Fragen gesichert ist, sollte jedes <strong>ICOM</strong>-<strong>Deutschland</strong>-Mitglied auch Mitglied eines internationalen Komitees<br />
sein. Voraussetzung für die Aufnahme in ein internationales Komitee ist eine individuelle oder ins titutionelle Mitgliedschaft<br />
bei <strong>ICOM</strong>. Weitere Informationen zum Beitritt zu einem der internationalen Komitees finden Sie auf unserer<br />
Webseite www.icom-deutschland.de.<br />
Foto: ICFA<br />
ICAMT, Foto: Jowa I. Kis-Jovak<br />
ICME, Foto: Lydia Icke-Schwalbe<br />
AEOM, Foto: Den Gamle Bey<br />
GLASS, Foto: Helena Horn<br />
ICR, Foto: Museo dello Cittá, Mantua<br />
ICLM, Foto: Angelika Reichardt<br />
ICDAD, Foto: Christian Tepper<br />
34 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
International Committee for Museums<br />
and Collections of Fine Arts – ICFA<br />
Die Teilnehmer des ICFA-Jahrestreffens 2009 haben in Rom auch die<br />
Kapito linischen Museen besucht, in deren Innenhof jüngst die vergoldete<br />
Bronze statue von Marc Aurel wieder aufgestellt wurde.<br />
ICFA wurde 1980, vor drei Jahrzehnten, gegründet und<br />
ist somit eines der älteren der dreißig internationalen Komitees,<br />
die Teil des <strong>ICOM</strong> sind. ICFA zählt etwa fünfhundert<br />
Mitglieder, Kuratoren und Direktoren aus Museen mit<br />
Sammlungen von Gemälden, Skulpturen, Zeichnun gen und<br />
Grafik Alter Meister bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert.<br />
Jedes Jahr organisiert der Vorstand des Komitees ein Treffen,<br />
um den Mitgliedern Gelegenheit zur Diskussion interessanter<br />
Themen und zum Meinungsaustausch über problematische,<br />
zur Debatte stehende Angelegenheiten zu geben.<br />
Themen der vorangegangenen Symposien waren unter anderem<br />
die Kontrolle des Im- und Exports von Kunstwerken<br />
(Venedig 1984), Sponsoring in Museen (Kopenhagen<br />
1991), das Museum im Bürgerkrieg (Budapest 1993), der<br />
Kunstmarkt und der illegale Handel in osteuropäischen<br />
Ländern (Posen 1997), private Sammler und Stifter (New<br />
York 2002), das Verhältnis von temporären Ausstellungen<br />
und ständigen Sammlungen (Dublin 2005), Kunstsammlungen<br />
im geschichtlichen Kontext (Coburg 2006) sowie<br />
die Rolle des Kurators – geschichtliche Perspektive und<br />
gegenwärtige Praxis (Wien 2007).<br />
Die jährlichen Treffen von ICFA bieten die Möglichkeit<br />
zum Aufbau enger Kontakte und der Zusammenarbeit mit<br />
den Nationalkomitees und Mitgliedern von <strong>ICOM</strong> in den<br />
betreffenden Veranstalterstädten oder -regionen. Die Zusammenkünfte<br />
beinhalten zusätzlich zahlreiche Besuche von<br />
Museen, Galerien, Ausstellungszentren, privaten Sammlungen<br />
und Künstlerhäusern in der Nachbarschaft des Tagungsortes.<br />
Gelegentlich wird das jährliche Treffen auch<br />
in mehreren Städten abgehalten, wie 2004 in Ljubljana,<br />
als die Delegierten jeweils einen Tag in Triest und Zagreb<br />
verbrachten, oder während des in Coburg organisierten<br />
Treffens 2006, als die Mitglieder auch Gotha, Weimar, Altenburg<br />
und Dresden besichtigten.<br />
2009 fand das jährliche Treffen des ICFA in Rom statt<br />
– organisiert in Zusammenarbeit mit dem <strong>ICOM</strong> Italien.<br />
Dabei wurde der Studientag beim Istituto nazionale per la<br />
Grafica zweigeteilt: Die Vormittagssitzung widmete man<br />
kurzen wissenschaftlichen Forschungsvorträgen, die italienische<br />
Museumsangestellte und ICFA-Mitglieder über<br />
das Thema „Rom und die Künste: die Künste in Rom von<br />
1860 bis 1911“ hielten. Die Nachmittagssitzung beschäftigte<br />
sich mit einer der bedeutenderen und dringlicheren<br />
aktuellen Angelegenheiten in der Welt der Kunstmuseen,<br />
nämlich mit der Frage der Leihgebühren für temporäre Ausstellungen.<br />
Zehn italienische und internationale Beiträger<br />
sprachen über die beträchtliche Vielfalt in den Strategien<br />
zwischen ihren Institutionen und in ihren Ländern in Bezug<br />
auf das Erheben von Leihgebühren für temporäre Ausstellungen.<br />
Es wurde deutlich, dass es offensichtlich keinen<br />
internationalen Standard und nicht einmal eine national<br />
vereinbarte Strategie in dieser Sache gibt.<br />
Im Rahmen der 22. Generalkonferenz von <strong>ICOM</strong>, die<br />
im November <strong>2010</strong> in Shanghai stattfinden wird, plant<br />
ICFA ein gemeinsames Treffen mit DEMHIST, GLASS<br />
und ICDAD (in Zusammenarbeit mit <strong>ICOM</strong> China). Thema<br />
des gemeinsamen Symposiums wird der kulturelle<br />
Transfer zwischen Ost und West, West und Ost unter dem<br />
Titel „Von der Seidenstraße zum Containerschiff: Artefakte,<br />
Umwelt und kultureller Transfer“ sein. Beim Symposium<br />
werden Sprecher aus allen vier internationalen Komitees<br />
und von unseren chinesischen Kollegen auftreten,<br />
um über geschichtliche und zeitgenössische Perspektiven<br />
des künstlerischen Austausches zu diskutieren.<br />
Zur Feier des dreißigjährigen Bestehens wird ICFA vom<br />
29. Juni bis 3. Juli <strong>2010</strong> ein außerplanmäßiges Treffen abhalten<br />
mit dem Ashmolean Museum of Art and Archaeology<br />
der Universität Oxford als Gastgeber. Veranstalter ist<br />
der frühere Präsident des ICFA, Dr. Christopher Brown,<br />
Direktor des Ashmolean, unter dessen Leitung jüngst die<br />
Arbeiten am 61 Millionen Pfund teuren neuen Gebäude<br />
abgeschlossen wurden, das die ständige Sammlung in einer<br />
neuen Anordnung zur Schau stellt, nämlich unter dem<br />
Motto „Crossing Cultures, Crossing Time“. Das Thema des<br />
Studientages im Ashmolean wird sein: „Neue Museumsgebäude<br />
und neue Ausstellungsstrategien für das 21. Jahrhundert.“<br />
Als weitere mögliche Orte für zukünftige ICFA-Treffen<br />
wurden Malta für das Jahr 2011 und in den folgenden<br />
Jahren der Mittlere Westen der USA und Russland diskutiert.<br />
Details der Entwicklung von ICFA, Konferenzberichte<br />
und andere Aktivitäten kann man auf der eigenen Webseite<br />
finden, die vergangenes Jahr von den Kunstsammlungen<br />
der Veste Coburg für ICFA eingerichtet wurde. ICFA begrüßt<br />
insbesondere die Teilnahme deutscher Kollegen auf<br />
den zukünftigen jährlichen Treffen.<br />
Weitere Informationen:<br />
Dr. Stephen Lloyd, Präsident von ICFA; stephen.lloyd@macace.net<br />
Konferenzberichte und weitere Materialien: http://icfa.icom.museum<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 35
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
Committee for Conservation – <strong>ICOM</strong>-CC<br />
Wie in einem guten Museum der Restaurator nicht fehlen<br />
darf, so bei <strong>ICOM</strong> auch nicht ein Komitee für Restaurierungsfragen,<br />
eben <strong>ICOM</strong>-CC. Als mit über 1.800 Mitgliedern<br />
größtes der internationalen Komitees vereinigt es vor<br />
allem Restauratoren, aber auch mit Re s taurierungsfragen<br />
befasste Naturwissenschaftler und in ter essierte Kuratoren.<br />
Und da die Zeit des Universalrestaurators längst passé ist,<br />
gibt es inzwischen 22 Arbeitsgruppen: Die meisten widmen<br />
sich Objekt- bzw. Materialgattungen, einige auch Querschnittsthemen<br />
wie Restaurierungsdokumentation, Ausbildung<br />
oder Theorie und Geschichte.<br />
Höhepunkt der Arbeit sind die abwechselnd in Europa<br />
bzw. Übersee stattfindenden dreijährlichen Konferenzen.<br />
Die 15. tagte mit rund siebenhundert Teilnehmern im September<br />
2008 in Neu Delhi, die nächste ist 2011 für Lissabon<br />
(www.icom-cc2011.org) vorgesehen. Die jeweils ca.<br />
150 Vor träge, die sich nur in Parallelsitzungen abwickeln<br />
lassen, werden in Preprints publiziert. Wegen ihrer Alleinstellung<br />
als einzige internationale Tagungsreihe zum Gesamtgebiet<br />
der Restaurierung ist sie bei Autoren – ob<br />
<strong>ICOM</strong>-Mitglied oder nicht – sehr beliebt, nur etwa vierzig<br />
Prozent der angebotenen Vorträge können nach Fachbegutachtung<br />
angenommen werden. <strong>ICOM</strong>-CC konnte in<br />
seinen Preprints mittlerweile über zweitausend Beiträge<br />
publizieren, deren Zusammenfassungen über die Art and<br />
Archaeological Tech nical Abstracts online frei recherchierbar<br />
sind (www.aata.getty.edu). Hinzu kommen die interim<br />
meetings, die von vielen Arbeitsgruppen zwischen den<br />
Gesamtkonferenzen veranstaltet werden. Deren Tagungsakten,<br />
wie sie bereits zum elften Mal für „Wet Organic Archaeological<br />
Materials“ (WOAM) oder zum fünften Mal<br />
für „Metals“ erschienen, geben einen aktuellen Überblick<br />
über Forschungsstand und -themen und sind aus der Restaurierungsausbildung<br />
nicht wegzudenken. Mit ihren Konferenzen<br />
und Publikationen hat das Komitee einen beachtlichen<br />
Beitrag zur Ent wicklung der heutigen Wissensbasis<br />
in der Restaurierung geleistet.<br />
<strong>ICOM</strong>-CC versteht sich als organischer Bestandteil von<br />
<strong>ICOM</strong>, so trug es zur <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz in Wien<br />
2007 eine eintägige Sitzung zum Thema „Managing a Finite<br />
Resource: Balancing Conservation and Use of Collections“<br />
bei. Allerdings kann es seine Bedeutung in der Restaurierungswelt<br />
nur sichern, wenn es über die Museumswelt hinausschaut.<br />
Schließlich stellen sich auch bei Kulturgütern<br />
außerhalb musealer Sammlungen fachlich ähnliche Restaurierungsprobleme.<br />
Die Nationalkomitees sollten daher<br />
Aufnahmeanträge von Restauratoren mit nachgewiesener<br />
Ausbildung unabhängig von ihrer Beschäftigungssituation<br />
liberal handhaben. Personen, die nicht <strong>ICOM</strong>-Mitglied werden<br />
können, steht auch eine Fördermitgliedschaft offen.<br />
Und auch Nicht-Mitglieder können sich mit den üblichen<br />
satzungsmäßigen Einschränkungen an der Facharbeit beteiligen.<br />
<strong>ICOM</strong>-CC leidet wegen des geringen Anteils an den Mitgliedsbeiträgen<br />
an ständiger Finanzknappheit, ein Schicksal,<br />
das es wohl mit manch anderem internationalen Komitee<br />
teilt. Mittel aus dem Förderverein fließen noch spärlich, für<br />
die Facharbeit der Arbeitsgruppen steht überhaupt kein Geld<br />
zur Verfügung. Umso wertvoller ist die Unterstützung des<br />
Getty Conservation Institutes, das traditionell den Druck<br />
Den Gemälderestauratoren des Berliner Bode-Museums obliegt die<br />
technologische Erforschung, Konservierung und Restaurierung der<br />
Werke. Sie werden dabei von Fotografen unterstützt, die nach neuesten<br />
Methoden großformatige Röntgen- und Infrarotaufnahmen<br />
erstellen.<br />
der Preprints unterstützt und Stipendien für Tagungsteilnehmer<br />
aus Nicht-Industriestaaten gewährt. Wurden früher<br />
die Mitglieder auf dem Postwege mit Rundschreiben<br />
und Newslettern informiert, so läuft dies mittlerweile kostengünstig<br />
über Internet und E-Mail. Dank der Förderung<br />
durch das Getty Grant Program konnte Ende 2008 eine<br />
neue, professionell betreute Homepage freigeschaltet werden.<br />
Manche Funktionen, wie etwa das Diskussionsforum<br />
oder die Registrierung als Arbeitsgruppenmitglied, werden<br />
von den Benutzern aber noch zu wenig angenommen. Auf<br />
Beschluss des Vorstands bleibt ein Teil der Informationen<br />
(z. B. jüngere Newsletter) eingeloggten Mitgliedern als<br />
Mehrwert vorbehalten. Die Meinungen zur Sinn haftigkeit<br />
dieser Politik sind vielfältig.<br />
Zwar haben sich immer wieder deutsche Mitglieder in Funktionen<br />
engagiert, es sei stellvertretend an die prägen de, langjährige<br />
Arbeit von Per Hoffmann (Deutsches Schifffahrtsmuseum<br />
Bremerhaven) bei WOAM erinnert. Trotzdem ist<br />
die Beteiligung deutscher Mitglieder an der Arbeit, gemessen<br />
etwa an der Zahl der Tagungsteilnehmer oder der Vortragenden,<br />
unterproportional. Man kann dies auch als Zeichen<br />
von Stärke deuten, da es bei uns eben einen starken<br />
Restauratorenverband, zahlreiche Fachtreffen und etliche<br />
Zeitschriften gibt. Die unabdingbare internationale Vernetzung<br />
und die offene Zusammenarbeit mit anderen Berufen<br />
im gleichen Verband kann aber nur eine Gruppe wie<br />
<strong>ICOM</strong>-CC bieten.<br />
Weitere Informationen:<br />
Professor Dr. Gerhard Eggert, Koordinator der Arbeitsgruppe Glas<br />
und Keramik innerhalb von <strong>ICOM</strong>-CC;<br />
gerhard.eggert@abk-stuttgart.de<br />
www.icom-cc.org<br />
16. dreijährliche Konferenz 2011 in Lissabon: www.icom-cc2011.org<br />
36 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
Tagungsberichte<br />
ICAMT – International Committee for Architecture<br />
and Museum Techniques<br />
Concepts and Project Outcomes<br />
Jahrestagung vom 5. bis 7. November 2009 in Berlin<br />
Luukje Plochg<br />
Unsere Jahrestagung stand unter dem Motto „ICAMT<br />
kommt nach Berlin“. Wir haben Berlin als Tagungsort gewählt,<br />
weil es mit seiner komplexen Geschichte nach 1989<br />
zu einem Zentrum der Entwicklung geworden ist. In vielerlei<br />
Hinsicht wurde Historisches mit Zeitgenössischem<br />
auf spektakuläre Weise verbunden – so auch in der Museumswelt.<br />
Im Zentrum der Tagung standen ausgewählte Berliner<br />
Museumsbauprojekte, die vorgestellt und in ihrer Realisierung<br />
diskutiert wurden. Wir waren neugierig auf die den<br />
Bauprojekten zugrundeliegenden Ideen und Konzepte, den<br />
Bauprozess sowie die Anpassungen, die in dessen Verlauf<br />
vorgenommen werden mussten. Die Referenten nahmen uns<br />
in ihren Vorträgen auf eine Reise mit, die sowohl aus Erfolgen<br />
als auch aus Rückschlägen bestand. Denn Ziel der Tagung<br />
war es, von den reichhaltigen Erfahrungen und dem<br />
gesammelten Wissen zu lernen und bei der Realisierung von<br />
zukünftigen Museumbauprojekten davon zu profitieren.<br />
Die 32 Tagungsteilnehmer kamen aus China, Russland,<br />
Amerika und zahlreichen europäischen Ländern, zusammen<br />
bildeten wir eine lebendige kosmopolitische Gruppe.<br />
Neben vielen Museumsmitarbeitern waren auch Architekten,<br />
Berater und Fachleute aus dem Bereich Beleuchtung<br />
und Sicherheit vertreten. Wir lernten das Deutsche Historische<br />
Museum, das Bode-Museum, das Neue Museum und<br />
das Jüdische Museum kennen.<br />
Im Deutschen Historischen Museum schilderte uns Generaldirektor<br />
Hans Ottomeyer seine Visionen zum Thema<br />
„Alt oder modern: Museumsarchitektur“. Hans-Martin<br />
Hinz machte uns mit der Berliner Museumslandschaft nach<br />
der deutschen Wiedervereinigung vertraut, und Ulrike<br />
Kretzschmar erzählte mit ansteckender Begeisterung über<br />
ihre Zusammenarbeit mit dem Architekten I. M. Pei und<br />
ihre Erfahrungen während und nach der Bauphase. Die<br />
anschließenden Führungen sowohl durch das Zeughaus<br />
als auch durch den Pei-Bau veranschaulichten das in den<br />
Präsentationen Diskutierte.<br />
Im Bode-Museum machte uns der Direktor Julien Chapuis<br />
mit der Geschichte und der Renovierung des Hauses<br />
vertraut. Martin Maischberger gab mit einer 3-D-Darstellung<br />
einen Überblick über die bereits realisierten und die<br />
noch ausstehenden Bauvorhaben der Museumsinsel. Im Anschluss<br />
wurden die technischen Aspekte thematisiert. Gabriele<br />
von Kardorff erläuterte diverse Aspekte, die bei der<br />
Entwicklung und Realisierung des Beleuchtungsplans für<br />
das Neue Museum bedeutend waren. Hans-Jürgen Harras<br />
ermöglichte uns einen Blick hinter die Kulissen der verschiedenen<br />
Formen von Sicherheitsvorkehrungen. Alexander<br />
Schwarz aus dem Büro David Chipperfield Architects<br />
hielt einen Vortrag über die Ideen und Konzepte für den<br />
Im Neuen Museum Berlin gab es so viel zu sehen und zu hören, dass<br />
die Zeit für den Rundgang kaum ausreichte.<br />
(Wieder-)Aufbau des Neuen Museums, wobei vor allem<br />
die Philosophie in Bezug auf „Sanierung versus Neubau“<br />
diskutiert wurde. Den Verlauf des Bauprozesses illustrierte<br />
er mit Vorher-Nachher-Bildern und machte uns neugierig<br />
auf die konkreten Ergebnisse. Für die Besichtigung des<br />
Museums war die Zeit auch beinah zu kurz bemessen.<br />
Bei einem Besuch der Berliner Museen sollte das Jüdi sche<br />
Museum nicht fehlen. Helmuth Braun erzählte von seiner<br />
wechselvollen Geschichte, während Bulent Dürmas die<br />
Schwierigkeiten schilderte, mit denen das Museum konfrontiert<br />
ist, wenn es statt der geplanten 250.000 Besucher<br />
pro Jahr 750.000 empfängt. Zum Abschluss führten uns<br />
beide durch die „dunklen Seiten“ des Gebäudes: von den<br />
Depots zu den Lüftungsanlagen und von den Werkstätten<br />
zum neuen Eingangsbereich.<br />
Nach drei Tagen Berlin waren alle beeindruckt von dem,<br />
was wir gehört und gesehen hatten, aber auch von der Offenheit,<br />
mit der über den gesamten Prozess – vom Konzept<br />
bis zum fertigen Projekt – gesprochen wurde, einschließlich<br />
der Erfolge und Rückschläge. Die Tagung vermittelte<br />
Erkenntnisse und Einsichten, die neuen Projekten zugute<br />
kommen werden. Darüber hinaus bot sich reichlich Gelegenheit<br />
für den Austausch mit Kollegen aus anderen Disziplinen<br />
und Ländern. Wir blicken auf eine erfolgreiche<br />
Konferenz in einer aufregenden Stadt zurück.<br />
Luukje Plochg arbeitet als Assistentin im Amsterdamer Architektenbüro<br />
Jowa; info@jowa.nl<br />
Weitere Informationen:<br />
Zusammenfassungen einiger Referate:<br />
www.icamt.com/contentitems/view/17/Berlin-2009<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 37
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
AEOM – Association of European Open-Air Museums<br />
Wie authentisch können Freilichtmuseen<br />
sein?<br />
24. zweijährliche Tagung vom 25. bis 30. August 2009<br />
in Aarhus, Dänemark<br />
Peter Lummel<br />
AEOM ist ein an <strong>ICOM</strong> angeschlossener Verband, der sich<br />
hauptsächlich aus dem Führungspersonal europäischer Freilichtmuseen<br />
zusammensetzt. In den alle zwei Jahre stattfindenden<br />
Tagungen geht es um den Austausch wissenschaftlicher,<br />
technischer und praktisch-organisatorischer<br />
Fragestellungen, die sich speziell auf Freilichtmuseen beziehen.<br />
Die 24. Tagung fand in Aarhus statt, Organisator<br />
und Gastgeber war Den Gamle By, das dänische Freilichtmuseum<br />
mit dem Schwerpunkt Stadtgeschichte.<br />
Die rund 120 Teilnehmer kamen überwiegend aus Europa<br />
sowie aus Japan, Australien, Kanada und den USA. Waren<br />
die früheren Konferenzen kleiner, länger und vor allem<br />
mit Exkursionen belegt, so gab es diesmal einen gewichtigeren<br />
Tagungsteil mit zwei Schwerpunktthemen und einem<br />
breit angelegten Erfahrungsaustausch der Mitglieder.<br />
Das Freilichtmuseum Den Gamle By in Aarhus präsentiert sich als<br />
Marktstadt zu Zeiten Hans Christian Andersens. Mit seinen historischen<br />
Gebäuden, Werkstätten, Geschäften und Gärten möchte es<br />
Geschichte zum Anfassen bieten.<br />
Als externer Gast eröffnete Frederik Stjernfelt von der<br />
Uni versität Aarhus die Konferenz mit dem ersten Schwerpunktthema<br />
„Der Mythos der Authentizität“. Authentizität<br />
ist – wie er leicht nachweisen konnte – ein in Freilichtmuseen<br />
gern genutzter Begriff. Stjernfelt differenzierte den<br />
Begriff und hob darauf ab, dass man in Museen immer<br />
nur Teile des Authentischen berücksichtigen könne. Dies<br />
gelte es nach innen wie nach außen zu kommunizieren. Er<br />
wies darauf hin, dass sich die Nutzung von Authentischem<br />
zwar mit anderen Kernaufgaben des Museums wie Sicherheit<br />
und Konservierung widerspreche, dass aber gerade<br />
das Authentische vom Mittelklassenpublikum gewünscht<br />
werde.<br />
Zu diesem Vortrag gab es zwei Kommentarvorträge von<br />
Monika Kania Schütz aus dem deutschen Freilichtmuseum<br />
an der Glentleiten und Henrik Zipsane aus dem schwedischen<br />
Freilichtmuseum in Jamtli. Monika Kania Schütz<br />
zitierte Niklas Luhmann („Authentizität ist die Kultform<br />
der Naivität“) und wies darauf hin, dass Besucher in Freilichtmuseen<br />
unterschiedliche Vorstellungen von Authentizität<br />
haben, auf die man als Museum nicht immer Einfluss<br />
nehmen könne. Museen – so Jan Vaessen aus Arnheim<br />
schon 1994 – rekonstruieren immer Authentizität. Henrik<br />
Zipsane ergänzte um die Beobachtung, dass Besucher der<br />
Institution Museum per se ein großes Vertrauen entgegenbrächten.<br />
In ihrer Informationspolitik müssten aber gerade<br />
Freilichtmuseen aufpassen, dieses Vertrauen nicht zu verspielen.<br />
Sie würden, so Zipsane, gern mit Slogans wie „Wir<br />
zeigen, wie das Leben früher war“ werben. Derartige Sätze<br />
ließen sich zwar gut kommunizieren, doch streng wissenschaftlich<br />
betrachtet, seien sie nicht haltbar.<br />
Das zweite Schwerpunktthema widmete sich der Frage,<br />
wie Freilichtmuseen heutige Besucher noch besser erreichen<br />
können. Hauptrednerin war hier die in Dänemark populäre<br />
Chefredakteurin der Zeitung Weekendavisen Dr. Anne<br />
Knudsen. Sie berichtete von Umfrageergebnissen unter Zeitungslesern,<br />
die belegten, dass trotz aller Unkenrufe gerade<br />
jüngere Menschen längere und sprachlich gute Artikel<br />
sehr wohl schätzten. Sie stellte den Museen die Frage, welche<br />
Konsequenzen sie hieraus für ihre Museumstexte ziehen<br />
wollten. Knudsen hatte die Kommunikation von Freilichtmuseen<br />
recherchiert und festgestellt, dass das dort<br />
vorhandene Wissen um historische Gebäude, um das Land<br />
und um Museumsobjekte in der Werbung meist nicht genannt<br />
würde. Stattdessen fand sie oft nur die Schönheit<br />
des Orts und die Freizeitmöglichkeiten im Museum aufgezählt.<br />
Marktpotentiale für Museen sah sie bei Wissen und<br />
Informationen. Enjoyable learning sei gefragt, allerdings<br />
könne der Wettbewerb mit PC-Spieleanbietern nicht gewon<br />
nen werden.<br />
Im Verlauf der Tagung gab es weitere diverse Beiträge<br />
von AEOM-Mitgliedern. Themen waren z. B. die Zugänglichkeit<br />
von Freilichtmuseen für Rollstuhlfahrer, Web-<br />
Portale für Museen, Themenjahre in Freilichtmuseen, die<br />
Grün dungsphase des niederländischen historischen Museums<br />
in Arnheim, der Bericht über eine „Zeitmaschine für<br />
Teenager“ oder die Erwähnung von europäischen Bildungsprogrammen<br />
für Freilichtmuseen.<br />
Die Konferenz besuchte sehr unterschiedliche Freilicht-<br />
Attraktionen, so zum Beispiel das Museumcenter Hanstholm,<br />
ein Freilichtmuseum für Kriegsgeschichte mit einem<br />
In-situ-Bunker, der 1940 bis 1944 als Teil der deutschen<br />
Befestigung gebaut wurde. Den Gamle By selbst war auch<br />
Thema der Tagung. Die Teilnehmer konnten hinter die Kulissen<br />
schauen und auch einen Blick auf mutige Neubauten<br />
des Freilichtmuseums werfen, mit denen man vor allem das<br />
junge Publikum binden wolle.<br />
Höhepunkt der Tagung war ein gemeinsames Abendessen<br />
mit der dänischen Königin Margarethe II. in einem<br />
Prachtsaal des Freilichtmuseums. Die nächste Konferenz<br />
wird Ende August 2011 in Tschechien und in der Slowakei<br />
stattfinden.<br />
Dr. Peter Lummel ist Museumsdirektor der Stiftung Domäne Dah lem<br />
– Landgut und Museum in Berlin und als Mitglied von ALHFAM offizielle<br />
Kontaktperson zu AEOM; lummel@domaene-dahlem.de<br />
38 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
CIDOC – International Committee of Documentation<br />
The Documentation in the XXI Century:<br />
Connecting the Information of Cultural<br />
Heritage<br />
Jahrestagung vom 27. September bis 1. Oktober 2009<br />
in Santiago, Chile<br />
Axel Ermert, Monika Hagedorn-Saupe<br />
Das CIDOC-CRM-Schema zeigt den Ausschnitt eines semantischen<br />
Netzes. Das Conceptual Reference Model (CRM) von CIDOC definiert<br />
Klassen und Beziehungen, wodurch es die Integration, Vermittlung<br />
und den Austausch heterogener Informationen zu Artefakten des<br />
kulturellen Erbes ermöglicht.<br />
An der Jahrestagung nahmen Delegierte aus rund vierzig<br />
Ländern teil, aus <strong>Deutschland</strong> waren sieben anwesend, eine<br />
Reihe weiterer Teilnehmer aus Europa, und die gastgebende<br />
Region Lateinamerika war gut vertreten. Die Anwesenheit<br />
etlicher Delegierter aus allen Teilen der Welt wurde<br />
durch die großzügige Förderung des Getty Grant Program<br />
ermöglicht.<br />
Nach der Eröffnungssitzung berichteten zunächst die<br />
Museen von Québec (Kanada) über transdisziplinäre Ansätze<br />
ihrer musealen Präsentationen, das Thema des Workshops<br />
vom Vortag aufgreifend. Dem folgte ein Beitrag von<br />
Susan Chung vom Museum Social Tagging Project (New<br />
York) unter besonderer Berücksichtigung der Multilingualität.<br />
Eine instruktive Übersicht über das Netzwerk, die<br />
Entwicklung und den gegenwärtigen Stand des Museumssystems<br />
Estlands gaben Indrek Eensaar und Kaise Jeeser.<br />
Im Workshop „Thesauri – AAT” stellte zunächst Murtha<br />
Baca, Leiterin des Getty Vocabulary Program, in dem der<br />
Arts and Architecture Thesaurus (AAT) angesiedelt ist, den<br />
übergreifenden Zusammenhang zwischen der Nutzung<br />
kontrollierten Vokabulars durch viele Museen und der Unterstützung<br />
dieses Prozesses durch webgestützte Prozesse<br />
vor. Im Anschluss berichteten zwei niederländische Kollegen<br />
von der Entwicklung der holländischen AAT-Übersetzung<br />
und ihrer nunmehr wieder installierten Anbindung<br />
an das Rijksbureau voor kunsthistorische Dokumentatie<br />
und seine Aufbereitung als Webservice. Darauf folgend<br />
gab es einen eindrucksvollen Einblick in die Organisationsstruktur<br />
und das Arbeitsbüro, das die chinesische AAT-<br />
Übersetzung in Taiwan erstellt. Diese erfolgt in mehreren<br />
Schritten, von denen der erste eine Rohübersetzung ist, die<br />
dann von Fachleuten geprüft wird.<br />
Ebenfalls zum Übersetzungsprozess und seinem aktuellen<br />
Stand referierte Lina Nagel aus der gastgebenden Direccion<br />
de bibliotecas, archivos y museos (DIBAM), die<br />
die spanische AAT-Übersetzung geleitet hat. Mehrere Tagungsteilnehmer<br />
bestätigten, dass der erste Schritt durch<br />
professionelle Übersetzungsbüros nicht so hilfreich war<br />
wie erwartet, und dass es in jedem Falle lohnt, die umfangreiche<br />
Belegliteratur des AAT für sein englischsprachiges<br />
Wortgut (rund 14.800 Titel) vor Übersetzungsbeginn<br />
daraufhin durchzusehen, ob die Werke auch in der<br />
Sprache existieren, in die übersetzt werden soll. Im Anschluss<br />
berichteten die Autoren über die geplante deutsche AAT-<br />
Übersetzung, für die als technische Arbeitsumgebung die<br />
Xtree-Software vom Digicult-Museen-SH-Projekt vorgesehen<br />
ist. Für alle Teilnehmer, die an der Übertragung des<br />
AAT in weitere Sprachen interessiert sind, war dieser Workshop<br />
zu AAT-Übersetzungen sehr lehrreich.<br />
Besondere Bedeutung erlangte auch der Workshop „Train<br />
the Trainers“. Für diesen bereiteten die Experten jeweils<br />
ein Thema didaktisch auf (z. B. Object ID gegen Objektdiebstahl,<br />
CIDOC-CRM, Datenformate, CIDOC Documentation<br />
Principles), präsentierten die einzelnen Arbeitsschritte<br />
und erprobten sie. Ziel war, die Materialien so weit<br />
zu entwickeln, dass sie später auch von Referenten vermittelt<br />
werden können, die nicht selbst Sachexperten oder Erarbeiter<br />
des Materials sind. Parallel zur Konferenz tagte<br />
auch die neue Arbeitsgemeinschaft „Datenaustauschformate“,<br />
die u. a. die Implementierung und Weiterentwicklung<br />
des gegenwärtig aus dem Museumdat-Datenformat<br />
und dem CDWA-Lite-Datenformat entwickelten zukünftigen<br />
Formats LIDO (Lightweight information for describing<br />
objects) bearbeitet und in der das Getty Research Institute<br />
und andere Organisationen, aus <strong>Deutschland</strong> etwa<br />
das Archiv Foto Marburg, vertreten sind.<br />
Schließlich berichteten Vertreterinnen u. a. aus Kolumbien<br />
und Brasilien über ihre nationalen Systeme zur Verzeichnung<br />
wertvollen Kulturguts und zur Registrierung<br />
von Verlusten und Diebstählen. Ferner informierte Georg<br />
Hohmann (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg)<br />
über das DFG-geförderte Projekt „Wissenschaftliche Kommu<br />
nikationsinfrastruktur“ (Wisski), die Autoren über das<br />
EU-Projekt Athena, und Maja Sojat-Bikic gab eine statistische<br />
Bestandsanalyse dazu, wie viele kroatische Museen<br />
digitale Inhalte in welcher Form anbieten.<br />
Die nächste CIDOC-Tagung wird im November <strong>2010</strong> im<br />
Rahmen der <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz in Shanghai stattfinden.<br />
Axel Ermert ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Museumsforschung<br />
in Berlin, Vorstandsmitglied von CIDOC;<br />
a.ermert@smb.spk-berlin.de<br />
Professor Monika Hagedorn-Saupe ist stellvertretende Leiterin des<br />
Instituts für Museumsforschung in Berlin und Generalsekretärin von<br />
CIDOC; m.hagedorn@smb.spk-berlin.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Dokumentation der CIDOC-Tagung 2009: www.cidoc2009.cl<br />
Aktuelle Informationen zu CIDOC: http://cidoc.mediahost.org<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 39
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
ALHFAM – Association for Living History, Farm and<br />
Agricultural Museums<br />
From Strangers to Friends<br />
39. Jahrestagung vom 6. bis 9. Juni 2009<br />
in Winston-Salem, USA<br />
Peter Lummel<br />
ALHFAM gibt es seit 1970 und legt wert darauf, eine Vereinigung<br />
„für“ und nicht „der“ fachlichen Vertreter zu sein.<br />
So finden sich unter ALFHAM feste, freie und freiwillige<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Freilichtmuseen, Agrarmuseen,<br />
historischen Einrichtungen, Naturparks und<br />
„lebendigen historischen Bauernhöfen“. Die Tagung wurde<br />
von rund 150 Kollegen aus den USA und Kanada besucht.<br />
Als europäische Vertreter nahmen neben mir in meiner Eigenschaft<br />
als Kontaktperson der Association of European<br />
Open-Air Museums (AEOM) zwei Kollegen aus England<br />
und Schottland an der Tagung teil.<br />
Diese begann mit einem Angebot von sechs halb- und<br />
ganztägigen Workshops. Experten gaben eine Fortbildung<br />
zu so unterschiedlichen Themen wie pferdegezogenes Pflügen<br />
mit Modellen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, Back-<br />
Workshop oder Obstanbau.<br />
Am zweiten Tag wurde die Tagung durch den Hauptred ner<br />
Robert Morgan offiziell eröffnet. Morgan stammt aus<br />
North Carolina, er ist durch Novellen wie z. B. Gap Creek<br />
oder Boone weltweit bekannt. Die Beschäftigung mit Daniel<br />
Boone war auch der Hintergrund für den Vortrag, in dem<br />
er das Leben des berühmten amerikanischen Pioniers und<br />
überzeugten Quäkers aus dem 18. Jahrhundert schilderte,<br />
der u. a. in Winston-Salem gelebt und gewirkt hatte.<br />
In den darauffolgenden Tagen gab es diverse meist 45-<br />
oder 90-minütige Veranstaltungen mit zahlreichen parallel<br />
laufenden Vorträgen. Beeindruckend war die Schilde rung<br />
der kleinen, aber feinen ALFHAM Farmers School. Hier<br />
wurde in den letzten Jahren der Versuch gestartet, mehr<br />
oder weniger verloren gegangene Fähigkeiten und Kenntnisse<br />
historischer Landwirtschaft zu rekonstruieren, zu<br />
praktizieren und in mehrtägigen sehr intensiven Workshops<br />
einem Kreis von zwei bis drei Personen weiterzugeben.<br />
Einer der Schwerpunkte der Tagung – passend zum<br />
Thema „From Strangers to Friends“ – war der Umgang<br />
mit Fördervereinen, Ehrenamtlichen und freiwilligen Mitarbeitern<br />
und Museumsbesuchern. So berichtete z. B. David<br />
Floyd aus dem Rural Life Museum in Baton Rouge in<br />
Louisiana über die Entwicklung der letzten zehn Jahre, in<br />
denen es gelang, die Anzahl der freiwilligen Mitarbeiter auf<br />
der Grundlage eines professio nellen Programms von dreißig<br />
auf 160 zu steigern. Die Vielzahl an Managementansätzen<br />
und -ideen mit Fortbildun gen, Anerkennungskultur,<br />
schriftlichen Vereinbarungen und einer gut durchdachten<br />
Informationspolitik war beeindruckend. Für die nordamerikanischen<br />
Museen galt als Selbst verständlichkeit, dass<br />
für Freiwillige ein klar benanntes Budget vorliegt, dass der<br />
feste Mitarbeiterstamm eine Weih nachtsfeier für die Freiwilligen<br />
durchführt und dass es spezielle Newsletter für<br />
und von freiwilligen Mitarbeitern sowie vertragliche Regelungen<br />
der Zusammenarbeit gibt.<br />
Ich selbst nahm in meinem Vortrag Bezug auf die globale<br />
Wirtschaftskrise und untersuchte, welch unterschiedlichen<br />
Wege deutsche bzw. europäische und US-amerikanische<br />
Museen in den letzten Jahrzehnten gegangen sind im Hinblick<br />
auf soziale und gesellschaftliche Ansprüche und Angebote.<br />
In der Diskussion zeigten sich nochmals deutlich<br />
die Unterschiede darin, dass amerikanische Museen in erster<br />
Linie an den wirtschaftlichen Erfolg denken (müssen)<br />
und eher den break even als z. B. gesellschaftliche Randgruppen<br />
im Blickwinkel haben.<br />
Generell war die globale Wirtschaftskrise ein dominierendes<br />
Thema auf der Tagung. Die Wirtschaftskrise hatte<br />
in den zurückliegenden Monaten in vielen US-amerikanischen<br />
Museen dafür gesorgt, dass durch den Verlust von<br />
Aktienvermögen zum Teil zahlreiche Mitarbeiter entlassen<br />
werden mussten und Bildungsprogramme zurückgefahren<br />
wurden. Auf diese Situation Bezug genommen wurde<br />
u. a. in den Beiträgen von Emma Rachael McDonald<br />
über Fundraising oder von Renee Shipko und Jeff Switzer<br />
über Spender.<br />
Ein mit Experten besetztes Podium machte deutlich, dass<br />
die globale Wirtschaftskrise eine negative Entwicklung der<br />
vergangenen Jahre nur beschleunigt hatte. Im Bereich living<br />
history ist offensichtlich seit Jahren der Personalstamm<br />
rückläufig. Neben hohen Kosten haben sich auch die Wünsche<br />
der Besucher verändert. Tiere auf dem Gelände, interessante<br />
Videofilme oder hands-on-Angebote sind laut<br />
Umfragen beliebter als living history. Der Wunsch nach Entspannung<br />
im Freilichtmuseum hat zugenommen. Hierfür<br />
benötigt man nicht unbedingt living history. Neue Medien<br />
hingegen werden nicht als Lösung per se präferiert. Die<br />
heterogen geführte Diskussion zeigte, dass man noch keine<br />
generelle Antwort auf das veränderte Besucherverhalten<br />
hat, dass aber sehr wohl der Austausch über Alternativen<br />
begonnen hat.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt war das Thema Entsammeln.<br />
Hier berichteten großen Museen wie z. B. das Henry Ford<br />
aus Dearborn oder das Canada Agricultural Museum in<br />
Ottawa, wie sie mit Deakzession umgehen. In einer lebhaften<br />
Diskussion erfuhr man von amerikanischen Beispielen,<br />
wo Museen sich aufgrund zurückgehender Gelder<br />
explizit zwischen Museumsschließung und Teilverkauf der<br />
Sammlung zu entscheiden hatten. Generell sah man in einer<br />
Deakzession von Sammlungsteilen auch die Chance für<br />
Museen, neue Richtungen einzuschlagen und das Museumsprofil<br />
zu aktualisieren und zu schärfen.<br />
Die Tagungsbeiträge werden bis zur nächsten Jahrestagung<br />
publiziert werden, die vom 20. bis 24. Juni <strong>2010</strong> in Old<br />
Stur bridge Village in Massachusetts zum Thema „The<br />
Roots and Branches of Living History“ stattfinden wird.<br />
Dr. Peter Lummel, Museumsdirektor der Stiftung Domäne Dahlem –<br />
Landgut und Museum in Berlin und als Mitglied von AEOM offizielle<br />
Kontaktperson zu ALHFAM; lummel@domaene-dahlem.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Rückblick auf die Jahrestagung 2009 und Programm der Jahrestagung<br />
<strong>2010</strong>: www.alhfam.org<br />
40 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
ICDAD – International Committee of Collections and<br />
Museums of Decorative Arts and Design<br />
The Intersection of Art and Technical<br />
Innovation<br />
Jahrestagung vom 14. bis 17. Mai 2009 in Hannover<br />
Reinald Franz, Wolfgang Schepers<br />
Nach 2004 in Berlin fand nun zum zweiten Mal eine Jahrestagung<br />
der Museen angewandter Kunst und Design in<br />
<strong>Deutschland</strong> statt – jedoch zum ersten Mal in der Geschichte<br />
in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Kein<br />
Museum war dafür besser geeignet als das Museum August<br />
Kestner – denn es beherbergt nach verschiedenen „Ringtauschen“<br />
unter den hannoverschen Museen alle hochkarätigen<br />
Werke des Kunsthandwerks, die man in den verschiedenen<br />
Museen Hannovers jemals zusammengetragen<br />
hat. Die Organisation der Tagung wurde sowohl inhaltlich<br />
wie technisch ganz maßgeblich von den deutschen Mitgliedern<br />
von ICDAD und des ICDAD-Vorstandes übernommen.<br />
Ein wohldurchdachtes, viertägiges Programm<br />
bot den Teilnehmern Einblicke in die spezifischen Qualitäten<br />
der Kunstlandschaft an der Leine.<br />
25 Fachkollegen aus <strong>Deutschland</strong>, Finnland, Griechenland,<br />
Kroatien, Norwegen, Österreich, Russland, der<br />
Schweiz und den USA nahmen an der Konferenz teil, die<br />
sich thematisch einer Kernfrage der angewandten Kunst<br />
und des Design widmete: Inwieweit beeinflusst der technische<br />
Fortschritt die Entwicklung der angewandten Künste?<br />
Referate zum Oberthema ließen die durch geschichtliche<br />
und nationale Prägung jeweils spezifischen Positionen der<br />
Fachkollegen klar werden.<br />
Am Vorabend der Tagung wurde – unter Beteiligung vieler<br />
Tagungsteilnehmer – die erste und einzige Ausstellung zur<br />
Geschichte des Gastgewerbes eröffnet: „Zu Gast – 4000<br />
Jahre Gastgewerbe“.<br />
Am ersten Tagungstag widmeten sich nach Begrüßungen<br />
durch die Kulturdezernentin, einem Vorstandsmitglied von<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, dem Direktor des Museum August<br />
Kestner und dem Präsidenten von ICDAD verschiedene<br />
Vorträge dem Generalthema. Einige seien hier besonders<br />
erwähnt: Dedo von Kerssenbrock-Krosigk, Düsseldorf,<br />
sprach über Glas des späten 17. Jahrhunderts, das Bergkristall<br />
und Rubin nachahmte. Ludmilla Dementieva berichtete<br />
über Tula-Objekte des Staatlichen Historischen<br />
Mu seums Moskau. Nela Tarbuk, Zagreb, stellte die Verbindungen<br />
zwischen Kunsthandwerk und Technologien in<br />
der Möbelproduktion her. Anschließend besuchten wir unter<br />
sachkundiger Führung den weltberühmten Barock-Garten<br />
von Hannover-Herrenhausen.<br />
Weitere innovative Materialien des Kunsthandwerks und<br />
des Design standen am folgenden Tag im Fokus: Kunststoffe<br />
und Design (Wolfgang Schepers, Hannover), Gusseisen<br />
(Martina Pall, Graz), die Materialien der Futuristen<br />
(Silvia Barisione, Genua) oder auch die zukünftigen Technologien<br />
der angewandten Kunst (Rainald Franz, Wien).<br />
Zu den Höhepunkten der Tagung zählte der Besuch der Fagus-Werke<br />
in Alfeld. Die Anlage wurde von Walter Gropius entworfen und gilt als<br />
ein erstes Beispiel der architektonischen Moderne. Gegenwärtig läuft<br />
ein Antragsverfahren für die Erklärung zum UNESCO-Weltkulturerbe.<br />
Das Besichtigungsprogramm brachte den Teilnehmern<br />
Highlights der angewandten Kunst und des Design in Niedersachsen<br />
näher. Dabei spannte sich der Bogen von aktuellen<br />
Positionen in Ausstellungen wie der Präsentation „Zu<br />
Gast“ im Museum August Kestner und dem Designzugang<br />
der Firma Wilkhahn bis zu den Objekten des Mittelalters,<br />
etwa den weltberühmten Tapisserien und Truhen aus dem<br />
Kloster Wienhausen. Besichtigungen in Hannover und in<br />
Celle sowie der Besuch der von Walter Gropius geplanten<br />
Fabrik für die Firma Fagus in Alfeld an der Leine, gegenwärtig<br />
im Antragsverfahren für die Erklärung zum Weltkulturerbe<br />
der UNESCO, dokumentierten die sehr vitalen<br />
Bemühungen um angewandte Kunst und Design in Niedersachsen.<br />
Dabei waren die Führungen der Fachkollegen<br />
vor Ort ein willkommener Anknüpfungspunkt für weiterführende<br />
Diskussionen und den fachlichen Austausch, der<br />
zu neuen Einschätzungen mancher Objekte, in jedem Fall<br />
aber zu einem Informationsgewinn für Besucher wie Wissenschaftler<br />
vor Ort führte.<br />
In der Mitgliederversammlung wurden nicht nur die zukünftigen<br />
Tagungsorte beschlossen (<strong>2010</strong> Niederlande),<br />
sondern auch Strategien entwickelt, wie noch mehr internationale<br />
Kolleginnen und Kollegen zur Mitarbeit in ICDAD<br />
motiviert werden können. Die Teilnehmer der diesjährigen<br />
Tagung knüpften jedenfalls viele neue Kontakte, die nicht<br />
nur in gemeinsamen (Ausstellungs-)Projekten münden werden.<br />
Dr. Rainald Franz, Österreichisches Museum für angewandte Kunst<br />
und Gegenwartskunst in Wien, ist Präsident von ICDAD.<br />
Dr. Wolfgang Schepers, Direktor des Museums August Kestner, Hannover,<br />
und Kurator der Sammlung Angewandte Kunst/Design, ist<br />
Mitglied des Vorstandes von ICDAD;<br />
Wolfgang.Schepers@hannover-stadt.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Bilder und Abstracts der Jahrestagung 2009:<br />
www.icdad-icom.com<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 41
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
ICEE – International Committee for Exhibition Exchange<br />
Making the World Smaller: Crossing<br />
Boundaries with Exhibitions<br />
Jahrestagung vom 9. bis 11. November 2009<br />
in Chicago, USA<br />
Christoph Lind<br />
Das große Interesse an der Jahrestagung zeigte sich eindrucksvoll<br />
in der Tatsache, dass bereits vor Beginn wegen<br />
unerwartet hoher Registrierungszahlen die Teilnehmerliste<br />
geschlossen und weitere Interessenten auf die diesjährige<br />
Sitzung in Shanghai vertröstet werden mussten. Nach diesem<br />
positiven Auftakt begrüßte eine sichtlich erfreute Nancy<br />
Zinn, Präsidentin von ICEE, und John McCarter, Präsident<br />
und Vorstandsvorsitzender des Field-Museums, die<br />
Teilnehmer in den Räumen des Field-Museums in Chicago,<br />
dessen Mannschaft zusammen mit ICEE die Tagung sehr<br />
professionell durchführte.<br />
Nach dem Willkommen wurde eine Hausführung mit<br />
dem Schwerpunkt Ausstellungsaktivitäten angeboten, der<br />
eine recht impulsive Eröffnungsrede von Carlos Tortolero,<br />
Gründungsdirektor des National Museum of Mexican Art,<br />
Chicago, über kulturelle Identität und besondere Wege,<br />
die se im Museum zu bedienen. Nach einem weiteren Museumsrundgang,<br />
diesmal im Backstagebereich, schloss sich<br />
der schon traditionelle „Marketplace of Exhibitions and<br />
Ideas“ an, vorbereitet und geleitet von Carina Jaatinen<br />
(Espoo, Finnland), den Abschluss bildete ein Abendempfang<br />
im Ausstellungsbereich des Field-Museums.<br />
Der folgende Tag war neuartigen Ausstellungsprojekten<br />
gewidmet, die den Rahmen der traditionellen Ausstellun gen<br />
in Teilbereichen verlassen; insbesondere wurden aktuelle<br />
Planungen vorgestellt, die eine Neuausrichtung traditioneller<br />
Sammlungspräsentationen und ihre – bislang vorhersehbaren<br />
– Konsequenzen erörterten: Marie Perrier und<br />
Edith Joseph, Ausstellungsplanerinnen des in Umsetzung<br />
befindlichen Musée des Confluences in Lyon, stellten die<br />
derzeitigen Planungen und die Neuausrichtung der Präsentation<br />
durch die aktualisierte Sammlungsgliederung und<br />
die Herausforderung einer eindrucksvollen und sehr eigenwertigen<br />
Architektur von Coop Himmelb(l)au vor. Als Fallstudie<br />
eines Ausstellungsprojekts mit fortdauernder Veränderung<br />
durch das Publikum präsentierte Wayne LaBar<br />
vom Liberty Science Center, Jersey City, ein Ausstellungsentwicklungsprojekt,<br />
welches zusammen mit den Besuchern<br />
vor- und weiterentwickelt wird.<br />
In der Nachmittagssitzung moderierte Anne-Catherine<br />
Hauglustaine vom Strasbourg Science Museum den Themenbereich<br />
„Traveling Culture and Traveling Science“, in<br />
dem sich der einleitende Beitrag – anknüpfend an die Vorstellung<br />
der Planungen für das Musée des Confluences –<br />
mit dem (Präsentations-)Verhältnis zwischen Naturwissenschaft<br />
und den Gesellschaften bzw. dem Publikum wid mete:<br />
„Exploring the Earth and Its Peoples – Balancing Science<br />
and Culture at The Field Museum“ zeigte die Multipolarität<br />
von sowohl Inhalten als auch Rezeptoren. Vor dem<br />
Hintergrund der eingehend besuchten Ausstellungs- und<br />
Backstagebereiche des Field-Museum war dieser Beitrag<br />
besonders aufschlussreich. In einem der spannendsten und<br />
genuin das Tagungsthema betreffenden Beiträge berichtete<br />
Hélène Vassal von der Projektgruppe Louvre Abu Dhabi<br />
über die Beweggründe, Planungen, Absichten und Herausforderungen<br />
dieses ehrgeizigen Projekts einer „Zweigstelle“<br />
des Louvre in der Hauptsstadt der Vereinigten Arabi schen<br />
Emirate. Insbesondere schilderte sie die Vorbereitungen bis<br />
zur Projektierung und dem Beginn der Ausstellungsplanungen,<br />
welche noch nicht abgeschlossen sind.<br />
Die Sektion „Mission versus Margin“ thematisierte am<br />
Beispiel des Didrichsen Art Museum in Helsinki Wanderausstellungen<br />
an kleinen Präsentationsorten. Die Bandbreite<br />
möglicher Themen für Wanderausstellungen lotete Bernd<br />
Heckner vom Senckenberg-Museum für Naturgeschichte,<br />
Frankfurt am Main, aus. Fallstudienartig berichtete er über<br />
die Herausforderungen von Objekttransporten von Südamerika<br />
nach Europa. Ausstellungen in sogenannten „Outpost-Museen“<br />
– neugegründete „Zweigstellen“ des Stammhauses<br />
– waren Gegenstand dreier interessanter Beiträge<br />
über die Ausweitung der Ausstellungstätigkeiten der Staatlichen<br />
Eremitage St. Petersburg in Amsterdam, des Louvre<br />
in Abu Dhabi und der neuen Outposts des Western Australian<br />
Museum in Perth.<br />
Am Mittwochvormittag fanden Fachbesuche im Art Institute,<br />
im Chicago History Museum, The Oriental Institute<br />
und im Museum of Science and Industry statt; während<br />
der Nachmittag vollständig dem Ausstellungsverkehr<br />
mit China gewidmet war: Sowohl Initiativen von der chinesischen<br />
Seite als auch Erfahrungsberichte zu chinesi schen<br />
Ausstellungspartnerschaften von amerikanischen Kollegen<br />
wurden eingehend besprochen. Abschließende Worte der<br />
Präsidentin Nancy Zinn beendeten diese interessante und<br />
erfolgreiche Tagung. Zusätzlich zu den Vorträgen gab es<br />
ausreichend Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.<br />
Dr. Christoph Lind, Abteilungsleiter Ausstellungsmanagement und Museumsvermittlung<br />
an den Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim, ist Mitglied<br />
des Vorstandes <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>; christoph.lind@mannheim.de<br />
Teilnehmer der ICEE-Jahrestagung besuchten unter anderem die<br />
Ausstellung „Evolving Planet“ im Chicagoer Field-Museum.<br />
Weitere Informationen:<br />
Rückblick auf das Programm der Jahrestagung 2009:<br />
www.ballodora.de/icee/<br />
42 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
GLASS – International Committee for Museums and<br />
Collections of Glass<br />
Portuguese Glass in an European<br />
Context<br />
Jahrestagung vom 10. bis 14. November 2009<br />
in Lissabon, Portugal<br />
Helena Horn<br />
Die Tagung begann mit Vorträgen der portugiesischen<br />
Wissenschaftler, aus denen eindrucksvoll hervorging, dass<br />
die portugiesischen Gläser den stilistischen Moden vor allem<br />
aus Italien und Spanien sowie aus England und <strong>Deutschland</strong><br />
folgten. Die Einflüsse lassen sich zum großen Teil<br />
direkt daraus ableiten, dass Glasmacher aus diesen Ländern<br />
in den portugiesischen Hütten gearbeitet haben. Es<br />
ging aus den Vorträgen hervor, dass das portugiesische Glas<br />
seit wenigen Jahren intensiv von Kunsthistorikern und Archäologen<br />
erforscht wird und konservatorische aber auch<br />
restauratorische Maßnahmen ergriffen werden.<br />
Ich selbst berichtete über stilistische Überschneidungen<br />
zwischen Azulejos und portugiesischem Glas zwischen dem<br />
15. und 18. Jahrhundert. Ergebnis des Vortrags war, dass<br />
lediglich allgemeine Stilmerkmale der jeweiligen Epochen<br />
aufzuspüren sind. Die Tendenz zu überbordenden ornamentalen<br />
Dekorationen erklärt sich durch den maurischen Einfluss<br />
in beiden Gruppen.<br />
Jan Kock und Karin Rühl widmeten sich Themen der Gegenwart.<br />
So konstatierte Jan Kock, dass Formen und Dekore<br />
zwar immer noch von dänischen Designern entworfen,<br />
dann aber in preiswert kalkulierenden Hütten Osteuropas<br />
oder Asiens produziert werden. Karin Rühl stellte die neu<br />
entstehenden Frauenauer Gläsernen Gärten vor. Raumgreifende<br />
Skulpturen werden in dem parkartigen Gelände<br />
rund um das Museum aufgestellt und reflektieren die Geschichte<br />
Frauenaus sowie die Natur und Umgebung.<br />
Alljährlich liegt der Schwerpunkt unserer Jahrestagung<br />
auf dem Besichtigungsprogramm. So besuchen wir nicht<br />
nur Museen, Archive und Sammlungen, sondern auch kommerzielle<br />
Galerien, Kirchen, Werkstätten, Forschungseinrichtungen<br />
oder Fabriken. Verantwortliche Kuratoren und<br />
Direktoren führen uns.<br />
In Lissabon hatten wir ein kompaktes Programm: Die<br />
Sammlungen des Museums Gulbenkian sind überwältigend<br />
reich. Die Kollektionen der Mamlukischen Gläser und der<br />
Glasmanufaktur Lalique zeigten das breite Spektrum des<br />
Museums auf höchtem Niveau. Die kostbaren Moscheeampeln<br />
des 14. Jahrhunderts aus dem Vorderen Orient<br />
waren spektulär und höchst elegant präsentiert.<br />
Die Glasfenster der Kathedrale Igreja de Nossa Senhora<br />
de Fatima, entworfen von José Sobral de Almada Negreiros,<br />
sind der Moderne Portugals verpflichtet. Almada Negreiros<br />
gehört zu den wichtigsten Künstlern dieser Epoche<br />
in Portugal. Er war in vielen künstlerischen Bereichen tätig:<br />
als Romancier, Maler, Karikaturist, Illustrator, Lyriker,<br />
Essayist, Tänzer, Bühnen- und Kostümbildner, Zeichner<br />
und Dramatiker. Er hat für Kirchen, Firmen, Fährhäfen<br />
oder die Universität Lissabon Entwürfe geliefert.<br />
Das Museu Nacional de Arte Antiga zeigte eine Sammlung<br />
spanischer Gläser aus Ildefonso de la Granja. Das Nationalmuseum<br />
für Archäologie im imposanten Gebäude<br />
Das Gulbenkian-Museum in Lissabon umfasst – entsprechend dem<br />
vielseitigen Kunstinteresse des Mäzens Calouste Gulbenkian – ein<br />
breites Spektrum an Kunstobjekten, darunter auch Moscheeampeln<br />
aus dem 14. Jahr hundert (Foto) sowie Mamlukische Gläser und Glasarbeiten<br />
von René Lalique.<br />
des Jeronimosklosters in Belém ist eines der bedeutendsten<br />
Bauwerke Portugals, errichtet im manuelinischen Baustil.<br />
Es hatte eine interessant inzenierte Ausstellung römischer<br />
Gläser.<br />
Der Besuch des Klosters von Santa Clara-a-Velha in Coimbra<br />
stand ebenfalls auf unserem Programm. Ein Film,<br />
der im wesentlichen historische Fotos oder Ansichten zeigte,<br />
aber künstlerisch äußerst stimmungsvoll mit Geräuschen<br />
hinterlegt war, machte elegische und dramatische Momente<br />
der wiederholten Zerstörung durch die Fluten des Rio Mondego<br />
auch emotional anschaulich. Die Nonnen besaßen<br />
eine beachtliche Menge an Gläsern, die in einem modernen<br />
Museumsgebäude vornehm und informativ ausgestellt<br />
sind. Angeschlossen sind dem Museum Restaurierungswerkstätten<br />
insbesondere für Glas.<br />
Ein Highlight war die Besichtigung des Glasmuseums in<br />
Marinha Grande. Untergebracht in der ehemaligen Villa<br />
der dortigen ersten Glasfabrik, sind vorwiegend Gläser der<br />
Real Fabrica de Vidros da Marinha Grande ausgestellt. Die<br />
Manufaktur wurde 1769 von den beiden englischen Kaufleuten<br />
William und John James Stephens gegründet und<br />
produzierte zunächst vor allem Tafelglas für den Adel und<br />
das reiche Bürgertum, später kam auch Pressglas hinzu.<br />
Bei den gemeinsamen Essen wurden so manche Fachgespräche<br />
geführt. Man erörterte nicht nur Gläser und andere<br />
Kunstschätze, sondern auch (eigene) Museumskonzeptionen,<br />
Ausstellungsgestaltungen sowie Kooperationen für<br />
gemeinsame Ausstellungen und Publikationen. Ein freundlicher,<br />
kollegialer, fröhlicher Diskurs auf allen Ebenen wird<br />
in diesem Komitee besonders gepflegt.<br />
Dr. Helena Horn, Kunsthistorikerin, arbeitet als wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin der Kunstsammlungen der Kreissparkasse Köln.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 43
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
ICMAH – International Committee for Museums and<br />
Collections of Archaeology and History<br />
Museums and Faith<br />
Jahrestagung vom 14. bis 16. Mai 2009 in Luxemburg<br />
Rosmarie Beier-de Haan<br />
Was waren Ausgangspunkt und Hintergrund der Tagung?<br />
Crispin Paine, Institute of Archaeology, University College<br />
London, und Begründer der Zeitschrift Material Religion:<br />
The Journal of Objects, Arts and Belief, hob in seinem Impulsreferat<br />
hervor, dass wir in einer Zeit leben, die durch<br />
ein ambivalentes Verhältnis zu Religion und Glaube gekennzeichnet<br />
ist: einerseits fortschreitende Säkularisierungsprozesse<br />
und Bedeutungsverlust der Kirchen, andererseits eine<br />
wachsende Tendenz zu religiösem Fundamentalismus in<br />
Ethik und Handeln. Gleichwohl scheinen Religion und Glaube<br />
in historischen Museen und Ausstellungen bis jetzt eher<br />
marginal zu sein. Paine konstatierte, dass die Museumswelt<br />
– nicht zuletzt aus einer säkularen Perspektive heraus<br />
– über Jahrzehnte Berührungsängste mit dem Thema hat.<br />
Dass sich das mittlerweile ändert, davon gaben auf der<br />
Konferenz die insgesamt vierzehn Referate und Statements<br />
beredt Zeugnis. Vier Schwerpunkte strukturierten den Tagesablauf<br />
und die Diskussionen:<br />
1. Museen in einer Zeit der Spannung zwischen Glauben<br />
und Gesellschaft: Inwieweit nehmen Museen in den aktuellen<br />
Aushandlungsprozessen der Religionen Stellung? Sind<br />
sie neutrale Beobachter, Chronisten? Oder intervenieren<br />
sie, zurückhaltend oder sogar Stellung beziehend? Können<br />
und sollten Museen dabei die Tiefe des Glaubens ausloten?<br />
2. Können historische Glaubenserfahrungen dar- und<br />
ausgestellt werden? Inwieweit lässt sich über die historische<br />
Betrachtung überhaupt die Glaubenserfahrung des Einzelnen<br />
in seiner Zei wiedergeben? (Inwieweit) lässt sie sich<br />
einem nicht (mehr) religiösen Publikum überhaupt nahe<br />
bringen?<br />
3. Glaube in der zeitgenössischen Kunst: Wie geht zeitgenössische<br />
Kunst mit dem Glauben um, zwischen Blasphemie<br />
und Provokation auf der einen Seite und individuellen<br />
Glaubensbekundungen auf der anderen? Was können Kuratoren<br />
kulturhistorischer Museen von der Annäherung der<br />
Kunstmuseen an das Thema lernen?<br />
4. Profane Objekte, sakrale Objekte: Als Museumsdinge<br />
sind vormalige Sakralgegenstände zwar profan geworden,<br />
doch bleibt nicht ein „Rest“? Altarwerke zum Beispiel<br />
können in einem Museum religiöse Andacht assoziieren.<br />
Gleichermaßen können Religiosa vom Museum temporär<br />
für religiöse Zwecke zur Verfügung gestellt werden – wie<br />
es etwa in australischen Museen der Fall ist. (Wie) vermitteln<br />
Museen zwischen dem Religiösen und dem Profanen?<br />
Wie viel Glaube „erlauben“ die Kuratoren im Museum?<br />
Zwei zentrale Erkenntnisse aus der Vielfalt der durchweg<br />
qualifizierten und reflektierten Vorträge seien an dieser<br />
Stelle hervorgehoben: Ob es sich um das Museum der Kulturen<br />
in Basel mit seiner Ausstellung „Festival des Lichts.<br />
Religiöse Vielfalt in einer Stadt“ (2004/05), das Bijbelsmuseum<br />
Amsterdam mit seinem kreativen pädagogischen<br />
Programm, das finnische Museum der Orthodoxen Kirche<br />
oder das New York City Tenement Museum mit seinen<br />
Besucherführungen durch die multikulturelle Einwanderungsgesellschaft<br />
handelte, durchgängig ist die Intention<br />
erkennbar, Glaube und Religion in einen gesellschaftli chen<br />
Kontext einzubetten, der auf Multiperspektivität sowie<br />
Perspektivwechsel und -verschränkung setzt.<br />
Zugleich gewinnen neben der historischen Präsentation<br />
im engeren Sinne zunehmend hybride, dialogische Formen<br />
der Darbietung an Gewicht. So arbeitet etwa das Musée de<br />
l’Europe, Brüssel, in seiner Ausstellung „God(s): A User’s<br />
Guide“ (2006) mit einer Theatergruppe, um Themen wie<br />
religiöse Konflikte und Gewalt sensibel aufzufangen. In<br />
Colonial Williamsburg, Virginia/USA, laden character interpreters<br />
dazu ein, im Gespräch den religiösen Einstellungen<br />
der Menschen der Kolonialzeit nachzuspüren. Mit<br />
solchen und ähnlichen Methoden ermöglichen Museen die<br />
unmittelbare Einbeziehung des Besuchers.<br />
Die Tendenz ist unverkennbar, dass Museen weltweit<br />
ihre Rolle zunehmend darin sehen, in ihren Ausstellungen<br />
einen „geschützten Raum“ zu schaffen, in dem Menschen<br />
unterschiedlicher Religionen dem Glauben und den religiösen<br />
Praktiken anderer offen und respektvoll begegnen. So<br />
können Museen – entsprechend ihren ethischen Grundsätzen<br />
– inklusiv und nachhaltig wirken.<br />
Professor Dr. Rosmarie Beier-de Haan, Sammlungsleiterin und Ausstellungskuratorin<br />
am Deutschen Historischen Museum, Berlin; Honorarprofessorin<br />
für Geschichte an der Freien Universität Berlin; Vorstandsmitglied<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und ICMAH; beier@dhm.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Ein illustrierter Tagungsband wird im Frühjahr <strong>2010</strong> erscheinen und<br />
im Buchhandel erhältlich sein oder über: www.icmah.icom.museum<br />
Blick in die Ausstellung „Glaubenssache“. Diese „Ausstellung für Gläubige<br />
und Nicht-Gläubige“ im Stadtmuseum Luxemburg wurde zeitgleich<br />
zur Konferenz präsentiert.<br />
44 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
ICME – International Committee for Museums and<br />
Collections of Ethnography<br />
Museums for Reconciliation and Peace.<br />
Roles of Ethnographic Museums in the<br />
World<br />
Jahrestagung vom 19. bis 24. Oktober 2009<br />
in Seoul, Südkorea<br />
Lydia Icke-Schwalbe, Lothar Stein, Rainer Hofmann<br />
König Sejong (1397–1450), dem in Seoul mehrere Statuen gewidmet<br />
sind: Er führte u. a. die koreanische Schrift ein, ordnete regelmäßige<br />
Niederschlagsaufzeichnungen an und förderte die Wissenschaften in<br />
allen Belangen.<br />
Zum zweiten Mal nach 2004 hatte das Nationale Ethnographische<br />
Museum von Korea die Ethnologen und Kulturwissenschaftler<br />
in der <strong>ICOM</strong>-Arbeitsgruppe eingeladen,<br />
„to raise awareness of <strong>ICOM</strong> and ICME in Asia“ und um<br />
die Kollegen aus aller Welt in den Reichtum des koreanischen<br />
immateriellen Kulturerbes einzuführen. Zum Hauptthema<br />
der Tagung waren daher Referate gefragt, die sich<br />
mit der Rolle und dem Selbstverständnis ethnographischer<br />
Museen und ihrer Stellung innerhalb ihrer jeweiligen Gesellschaft<br />
auseinandersetzten. Darüber hinaus sollten der<br />
Austausch über Präsentation und Interpretation von Kulturen<br />
aus anderen Teilen der Welt stimuliert und Austauschpläne<br />
angeregt werden. Teilnehmer aus rund vierzig<br />
Ländern, darunter fünf aus <strong>Deutschland</strong>, nahmen an der<br />
Tagung teil.<br />
Im Fokus von Aussöhnung und Frieden wurden am ersten<br />
Tag Beiträge u. a. zum Maya-Achi-Genozit in Guatemala,<br />
zur Spiritualität des Schamanismus in Korea, zur<br />
Rolle der slowenischen Ethnographie sowie zu Xenophobie<br />
in der Museumsarbeit (Lothar Stein) gehalten und diskutiert.<br />
In den Nachmittagsveranstaltungen stand die Viel falt<br />
musealer Kollektionen im Zentrum der Aufmerksamkeit.<br />
Mehrere koreanische Sammlungen stellten sich hier vor.<br />
Seit 2000 sind zahlreiche private und gesellschaftliche Spezialsammlungen<br />
entstanden, die das Leben in Tradition<br />
und gegenwärtigem Gestalten in folkloristischen Details<br />
belegen, pflegen und bewahren, z. B. das Kokdu Museum,<br />
das die figürliche Gestaltung von Bestattungsbahren sammelt,<br />
die im buddhistischen Ritual gebraucht wurden bzw.<br />
werden – ein bedeutendes kulturelles Erbe.<br />
Am zweiten und dritten Tag fanden alle Veranstaltungen<br />
auf dem Gelände des Nationalen Ethnographischen Museums<br />
von Korea statt, das eindrucksvoll in einem früheren<br />
Tempelbereich von Seoul eingerichtet und modern ausgebaut<br />
worden ist. Die Beiträge befassten sich mit Methoden<br />
und technologischen Formen der Aufbereitung von Sammlungen<br />
für den traditionellen Museumsbereich Bildung und<br />
Erziehung, vor allem in multikulturellen Gemeinschaften<br />
wie Kroatien, Bulgarien oder Israel, für visuelle Enzyklopädien<br />
und für die Nutzung in Wikimedia. Darüber hinaus<br />
standen die historisch gewordene gesellschaftliche Rolle der<br />
Museen in Europa und die moderne Kulturhausfunktion<br />
in jungen Nationalstaaten Asiens und Afrikas zur Debatte<br />
(Lydia Icke-Schwalbe, Anette Rein). Dem Hauptmotto der<br />
Tagung folgten auch die Beiträge über ein Dokumentationsprojekt<br />
des Fränkische-Schweiz-Museums zum Schicksal<br />
deutscher Soldaten in der Waffen-SS (Rainer Hofmann)<br />
und über Konzepte von Erinnerung und Gedenken (Bärbel<br />
Kerkhoff-Hader).<br />
Die verschiedenen musealen Umsetzungen in Südkorea<br />
konnten die Teilnehmer auf der Post-Konferenz-Tour eindrucksvoll<br />
erleben: vom Museum for Digitized Contents<br />
in Andong, das ohne jedes Objekt auskommt, über das<br />
getanzte Maskenmuseum in Hahoe mit den traditionellen<br />
Schnitzern der Ritualmasken und -figu ren bis zu koreanisch-buddhistischen<br />
Tempelanlagen und modernen regionalen<br />
Kunstmuseen. Das Museum in Andong besteht vollständig<br />
aus visionären Räumen, in denen virtuelle Welten<br />
der lokalen Vergangenheit projiziert werden in der Absicht,<br />
dem Besucher das wahre Bild von Andong, „the capital of<br />
Korean spiritual culture“, zu präsentieren. Wir besuchten<br />
auf dieser Reise historische Tempelanlagen, archäologische<br />
Ausgrabungsstätten, ein traditionel les koreanisches Dorf,<br />
erlebten einen traditionellen koreanischen Maskentanz,<br />
an dem sich die Teilnehmer auch aktiv beteiligen konnten.<br />
Die Jahreskonferenz 2009 wurde mit unvergleichlich<br />
großem Aufwand vorbereitet und sehr erfolgreich durchgeführt;<br />
ein Heer von Volontären sorgte für einen reibungslosen<br />
Ablauf sowie für ein stetiges Wohlgefühl der<br />
internationalen Teilnehmer, die mit insgesamt vier Tagungsbänden<br />
durch das übervolle Programm zu navigieren waren.<br />
Annette Fromm, ICME-Präsidentin, und Yang Jongsung,<br />
Leitender Kurator des Nationalen Ethnographischen Museums<br />
und Cheforganisator der gesamten Konferenz, gebührt<br />
höchste Anerkennung und Dank für die vollendete<br />
Führungsleistung.<br />
Dr. Lydia Icke-Schwalbe, Kustodin i. R., Museum für Völkerkunde<br />
Dresden; dr.ickeschwalbe@t-online.de; Dr. Lothar Stein, Direktor<br />
i.R., Museum für Völkerkunde Leipzig; LotharStein@gmx.de; Rainer<br />
Hofmann, Leiter des Fränkische-Schweiz-Museums Tüchersfeld/Pottenstein;<br />
hofmann@fsmt.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Die Referate der ICME-Jahrestagungen sind erreichbar unter:<br />
http://icme.icom.museum/<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 45
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
20. Jahrhunderts, der seine literarische Karriere Ende der<br />
zwanziger Jahre in Chateau Thierry, dem Geburtsort La<br />
Fontaines, begann und der später zu den Mitbegründern<br />
des Nationalmuseums für moderne chinesische Literatur<br />
gehörte.<br />
Sachalin 1890: Anton Tschechow dokumentierte die Lebensumstände<br />
der Gefangenen in der einstigen Strafkolonie. Elena Michailowa,<br />
Staatliches Literaturmuseum Russland, berichtete über eine Ausstellung,<br />
die Tschechows mehrmonatige Reise und die Entstehungsgeschichte<br />
seine Buches Die Insel Sachalin (1893) rekonstruiert hat.<br />
ICLM – International Committee<br />
for Literary Museums<br />
Die Reisen der Schriftsteller<br />
Jahrestagung vom 21. bis 23. September 2009 in<br />
Budapest, Ungarn<br />
Lothar Jordan<br />
Das Thema der Jahrestagung „Writers’ and Composers’<br />
Travels – Travelling Writers and Composers“ nahm das<br />
Motto des Internationalen Museumstages 2009 „Museen<br />
und Tourismus“ auf. Denn viele Reisen von Schriftstellern<br />
und Komponisten waren touristische Reisen, mag es auch<br />
unüblich sein, diesen Begriff im Zusammenhang mit der<br />
Kultur vergangener Zeiten anzuwenden.<br />
Welche aktuelle Bedeutung haben Reisen für Literaturmuseen?,<br />
wollten wir auf der Tagung gemeinsam erkunden.<br />
Immerhin sind die Reisen von Schriftstellern und Komponisten<br />
in vielfältiger Weise von Bedeutung. Am anschaulichsten<br />
wird es, wenn sie Spuren in den Werken hinterlassen<br />
haben oder direkt in literarisch bedeutende Reisebeschreibungen<br />
münden, so z. B. Johann Wolfgang von Goethes<br />
Italienische Reise oder Theodor Fontanes Wanderungen<br />
durch die Mark Brandenburg. Auch für das biographische<br />
und intellektuelle Verständnis der Dichter und Komponisten<br />
liefern ihre Reisen wichtige Quellen, zumal in einem<br />
internationalen und interkulturellen Kontext, denn Reisen<br />
waren auch früher wichtige Gelegenheiten zur Begegnung<br />
mit anderen Kulturen und Sitten, mit Gebräuchen und Sprachen,<br />
mit Menschen und mit Landschaften und wirkten<br />
vielfach inspirierend.<br />
Die meisten der zwanzig Vorträge erläuterten daher anhand<br />
von Beispielen, wie die Reisen der Schriftsteller z. B.<br />
in Ausstellungen umgesetzt werden können. Große Städte<br />
wie Paris oder London als Reiseziele sind dabei anscheinend<br />
von konstanter Attraktivität für die Museumsarbeit.<br />
Eine elegante Überleitung zu den <strong>ICOM</strong>-Konferenzen<br />
<strong>2010</strong> in China gelang Christiane Sinnig-Haas (Jean-de-la-<br />
Fontaine-Museum, Frankreich) mit ihrem Referat über Ba<br />
Jin, einen der bedeutendsten chinesischen Schriftsteller des<br />
Die Tagung fand großenteils im prächtigen Petöfi-Literaturmuseum<br />
in Budapest statt, dem größten Literaturmuseum<br />
Ungarns, das auch die Arbeit der Literaturmuseen<br />
und Schriftstellerhäuser landesweit koordiniert. Eröffnet<br />
wurde die Tagung mit Ansprachen von Annamária Vigh,<br />
Leiterin der Abteilung für öffentliche Sammlungen im ungarischen<br />
Kultur- und Bildungsministerium, das zu den<br />
Hauptförderern der Veranstaltung gehörte, von Zsuzsanna<br />
Renner, Präsidentin von <strong>ICOM</strong> Ungarn, und von Csilla E.<br />
Csorba, Generaldirektorin des Petöfi-Museums. Mit ihrem<br />
Team, insbesondere zusammen mit Gabriella Gulyás, hatte<br />
sie die fachlich und kulturell reichhaltige Veranstaltung<br />
vor Ort vorzüglich organisiert.<br />
Zum Rahmenprogramm gehörten Museumsbesuche (Petöfi,<br />
Liszt, Haydn u. a.), mehrere Konzerte sowie eine Besichtigung<br />
des ungarischen Parlamentsgebäudes, in dem wir<br />
auch vom Vizepräsidenten des Parlamentes empfangen wurden.<br />
Schließlich führte uns eine Exkursion nach Esztergom<br />
an die Grenze zur Slowakei. Dort haben wir neben der<br />
herausragenden Basilika auch das Mihály-Babits-Literaturmuseum<br />
besucht.<br />
Während der Jahrestagung wurden zwei Buchprojekte<br />
präsentiert: Zum einen konnte der Vorstand die Tagungsakten<br />
der Jahrestagung 2008 in Italien vorlegen. Zum anderen<br />
wurde das in Zusammenarbeit mit <strong>ICOM</strong> Italien und<br />
ICLM durchgeführte Buchprojekt Esporre la letteratura<br />
vorgestellt, das europäische, vor allem deutsche Beiträge zu<br />
Ausstellungen in Literaturmuseen nach Italien vermittelt.<br />
Die Mitgliederversammlung fand in Balatonfüred, gelegen<br />
am Plattensee, statt. Kollegen aus China erläuterten den<br />
übrigen 63 Teilnehmern einige Aspekte der <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz<br />
<strong>2010</strong> in Shanghai. Die Jahreskonferenz des<br />
ICLM wird dann ebenfalls in Shanghai stattfinden, zum<br />
Thema „Übersetzungen“. Diese sind sowohl für Literaturmuseen<br />
als auch für ein harmonisches Miteinander der<br />
Weltgesellschaft von zentraler Bedeutung. Ferner diskutierten<br />
wir die Perspektiven des von ICLM vorgeschlagenen<br />
Mottos zum Internationalen Museumstag 2011 „Museums<br />
and Memory“.<br />
Professor Dr. Lothar Jordan ist Präsident von ICLM und Mitglied des<br />
Vorstandes von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>; iclm.jordan@gmx.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Rückblick auf das Programm der Jahrestagung 2009:<br />
www.pim.hu/iclm<br />
ICLM-Vorstand (Hrsg.): Literary and Composer Museums and Research,<br />
Tagungsakten der Jahrestagung 2008 in Italien, Paris: <strong>ICOM</strong> und Florenz:<br />
Edizioni Polistampa, 2009.<br />
Kahrs, Axel; Gregorio, Maria (Hrsgg.): Esporre la letteratura. Percorsi,<br />
pratiche, prospettive, Bologna: CLUEB 2009.<br />
46 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
ICMS – International Committee on Museum Security<br />
Museum Security. Problems, Trends and<br />
Solutions<br />
Jahrestagung vom 14. bis 18. September 2009<br />
in Québec, Kanada<br />
Frauke van der Wall, Hans-Jürgen Harras<br />
Das gut gefüllte Programm bot neben Vorträgen zu den<br />
Themen Brandschutz, Einbruch- und Diebstahlschutz sowie<br />
Maßnahmen zur Sicherung in Museen einen Workshop<br />
mit David Tremain (Canadian Conservation Institute)<br />
und Barbara Roberts (freiberufliche Konservatorin) zur<br />
Frage, wie man sich auf Notfälle am besten vorbereitet,<br />
bei dem alle Teilnehmer ihre Erfahrungen und Meinungen<br />
beisteuern konnten.<br />
Einen Schwerpunkt der Tagung bildete die Sicherheit bei<br />
Sonderausstellungen mit hohen Sachwerten. Da die Museen<br />
weltweit mit hochkarätigen Sonderausstellungen Besucher<br />
anziehen möchten, gewinnen die Sicherheitsvorkehrungen<br />
zunehmend an Bedeutung. Am Beispiel der Ausstellung<br />
„Ors des Amériques“ im Musée de la Civilisation in Québec<br />
gab es mehrere Erfahrungsberichte der kanadischen Kollegen<br />
und der lokalen Polizei. Besonders erwähnenswert<br />
ist die enge Zusammenarbeit des Museums mit Polizei und<br />
Feuerwehr, die schon vom frühesten Planungsstadium an<br />
die Maßnahmen und ihre Durchsetzung mitgestalteten und<br />
dabei die Besonderheiten der Lage des Museums innerhalb<br />
der historischen Stadt mit ihren engen Straßen, der zeitweise<br />
komplizierten Verkehrssituation und den daraus resultierenden<br />
logistischen Anforderungen genau berücksichtigten.<br />
Eine so weitreichende Zusammenarbeit wäre<br />
in <strong>Deutschland</strong> zwar zu wünschen, aber aufgrund des Personalmangels<br />
in den entsprechenden Dienststellen wohl<br />
nicht möglich.<br />
In Gruppen haben wir die Sicherheitszentrale des Musée<br />
de la Civilisation besucht, die als Schaltstelle von vier<br />
Museen dient. Dort werden alle Alarmmeldungen dieser<br />
Museen empfangen, bearbeitet und durch Videobilder evaluiert.<br />
Des Weiteren besichtigten wir die loading docks, die<br />
ein Be- und Entladen von Kunsttransporten in geschlossenen<br />
und alarmgesicherten Räumen ermöglichen. Diese Bereiche<br />
sind zusätzlich durch strenge Zugangskontrollen<br />
geschützt. Ferner besuchten wir das neu erbaute Außendepot,<br />
das wiederum mehrere Museen und weitere Institutionen<br />
gemeinsam nutzen. Es ist von vornherein auf Erweiterung<br />
geplant und führt exemplarisch die verschiedenen<br />
Möglichkeiten vor, einzelne Abteilungen bedarfsgerecht<br />
un terzubringen und zu klimatisieren.<br />
Ganz andere Sicherheitsaspekte werden naturgemäß im<br />
Parlamentsgebäude wichtig, wie wir auf einer Visite erfahren<br />
konnten. Beeindruckend waren vor allem die zoomstarken<br />
Kameras, die eine genaue Beobachtung der Umgebung<br />
ermöglichen. Sicherheitskollegen erklärten uns die<br />
dahinterstehende Strategie: Man will auf eine starke Präsenz<br />
von Polizei und Militär verzichten und damit verhindern,<br />
dass gefährliche Situationen möglicherweise eskalieren.<br />
Die Tagungsteilnehmer informierten sich darüber, mit welchen Maßnahmen<br />
das Musée de la Civilisation in seinen Verladestationen das<br />
Be- und Entladen von Kunsttransporten auf höchstem Sicherheitsniveau<br />
garantiert.<br />
ICMS-Präsident Jürgen Harras hat uns den Jahresbericht<br />
vorgestellt, aus dem etwa der gemeinsame Workshop mit<br />
<strong>ICOM</strong> Malta zum Thema „Collection at Risks: Safeguarding<br />
Our Cultural Heritage“ im Mai 2009 zu nennen ist.<br />
Vierzig Teilnehmer aus den maltesischen Museen nahmen<br />
daran teil. Gemeinsam haben wir uns mit der Risikoeinschätzung<br />
befasst und Fragen diskutiert, die vor allem<br />
die Sicherheit in Kirchen auf Malta und Gozo betrafen.<br />
Denn dort werden vielfach bedeutende Kunstschätze gezeigt.<br />
Viele ICMS-Mitglieder nehmen an regionalen Konferenzen,<br />
an Schulungen und an der Erarbeitung von Checklisten<br />
teil und bringen ihre Erfahrungen auf dem Gebiet<br />
der Sicherung von Museen und Sammlungsbeständen in ihren<br />
Heimatländern ein. Auch international wird gern auf<br />
das Expertenwissen von ICMS-Mitgliedern zurückgegriffen,<br />
so z. B. bei einem Seminar der Universität von Porto<br />
zum Spezialthema „Vitrinen“, bei der ICMAH-Konferenz<br />
in New Orleans zum Thema „Museums and Disasters“<br />
und bei der Konferenz von <strong>ICOM</strong> Brasilien zum Thema<br />
„Safety in Museums“. Die Arbeitsgruppe zur Erstellung<br />
eines Handbuches zur Sicherheit in Museen kündigte an,<br />
dieses im Jahr <strong>2010</strong> als online verfügbare Publikation fertig<br />
zu stellen.<br />
Als Überraschungsgast konnten wir den Generaldirektor<br />
des <strong>ICOM</strong>, Julien Anfruns, begrüßen, er verfolgte die<br />
ersten Vorträge und Diskussionen der Konferenz mit großem<br />
Interesse. Ferner gab es wegen der überzeugenden Arbeit<br />
des Komitees während der Konferenz in Québec mehrere<br />
neue Mitgliederanmeldungen.<br />
Dr. Frauke van der Wall arbeitet als Kunsthistorikerin am Mainfränkischen<br />
Museum Würzburg;<br />
fraukevanderwall@mainfraenkisches-museum.de<br />
Dipl. Ing. Hans-Jürgen Harras leitet das Referat Sicherheit der Staatlichen<br />
Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und ist<br />
Präsident des ICMS; h.j.harras@smb.spk-berlin.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Rückblick auf das Programm der Tagung 2009, des Workshops mit<br />
<strong>ICOM</strong> Malta und Informationen zum ICMS-Treffen innerhalb der<br />
<strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz vom 7. bis 13. November <strong>2010</strong> in Shanghai<br />
unter: www.icms.icom.museum<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 47
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
NATHIST – International Committee for Museums<br />
and Collections of Natural History<br />
Cultural Heritage and Biodiversity –<br />
A New Challenge for Mediation Through<br />
Museums<br />
Jahrestagung vom 26. bis 29. Oktober 2009<br />
in Stralsund<br />
Gerhard Winter<br />
Julien Anfruns (Mitte) mit den Tagungsteilnehmern im Ozeaneum.<br />
Zu unserem Arbeitstreffen, an dem insgesamt 39 Kolleginnen<br />
und Kollegen aus 16 Ländern teilnahmen, hatten<br />
das Deutsche Meeresmuseum und das Ozeaneum in Stralsund<br />
eingeladen. Thematisch konzentrierten wir uns auf<br />
die Bedeutung der Biodiversität und des Klimawandels.<br />
Beides sind zentrale Themen nicht nur für naturwissenschaftliche<br />
Museen, sondern auch für die Zukunft der<br />
Menschheit und für unser Überleben auf der Erde. Seit dem<br />
Umweltgipfel in Rio de Janeiro 1992 sind sie aktuell und<br />
wir wollten analysieren, welchen Einfluss RIO 1992 bisher<br />
auf naturwissenschaftliche Museen hatte, welche Rolle<br />
diese bei der Vorbereitung auf den nächsten Umweltgipfel<br />
2012 spielen und was sie aufgrund ihrer Erfahrungen seit<br />
1992 zum Thema Klimawandel beitragen können. Wie<br />
kön nen sie aktive Partner beim Umweltgipfel 2012 (RIO+20)<br />
im Rahmen von <strong>ICOM</strong> und UNESCO werden?<br />
Die beiden Hauptreferenten haben das Tagungsthema<br />
aus verschiedenen Blickwinkeln dargestellt und somit eine<br />
lebhafte Diskussion angeregt. Volker Mosbrugger, Generaldirektor<br />
der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung,<br />
hat die Rolle und Verantwortung der naturwissenschaftlichen<br />
Museen für ihre zukünftige Forschungsarbeit und<br />
Ausstellungskonzeptionen dargestellt. Julien Anfruns, Generaldirektor<br />
von <strong>ICOM</strong>, sprach über „<strong>ICOM</strong> as Global<br />
Player“, die Bedeutung der internationalen Komitees, ihrer<br />
Zusammenarbeit und ihre Rolle im Rahmen des Strategischen<br />
Plans von <strong>ICOM</strong>.<br />
Am ersten Konferenztag waren die Beiträge in die Bereiche<br />
Biodiversität, Klimawandel und Ausstellungen gruppiert,<br />
in der Diskussion zeigte sich jedoch, dass der Klimawandel<br />
mit all seinen Facetten das Zentralthema war:<br />
Können wir den Klimawandel beeinflussen, und wenn ja,<br />
wie? Oder können wir uns nur dem Klimawandel anpassen?<br />
Am zweiten Konferenztag wurden erstmalig auf einer<br />
NATHIST-Tagung Arbeitsgruppen angeboten, in denen<br />
die Teilnehmer zu verschiedenen Themen ihre Erfahrungen<br />
zusammentrugen. Stellvertretend für die intensive Gruppenarbeit<br />
seien zwei Ergebnisse vorgestellt:<br />
In der Arbeitsgruppe „Biodiversity“ hat Sue Tunnicliffe<br />
auf die einzigartige Bedeutung von sogenannten Dioramen<br />
für das Lernen in naturwissenschaftlichen Museen<br />
hingewiesen. Ihr Beitrag ist inzwischen im NATHIST-<br />
Newsletter Nr. 29 erschienen und auf unserer Homepage<br />
erreichbar.<br />
Die Arbeitsgruppe „Natural History Museums and the<br />
Challenge of Climate Change“ entwickelte ein Konzept, das<br />
als weltweites <strong>ICOM</strong>-Projekt umgesetzt wird: NAT HIST<br />
wird versuchen, sich als Teilnehmer in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>ICOM</strong> und UNESCO am Umweltgipfel 2012 zu beteiligen.<br />
Unabhängig davon sollen 2012 weltweit in möglichst<br />
vielen naturwissenschaftlichen Museen koordinierte<br />
Ausstellungen zum Thema Klimawandel (CCE 2012 – Arbeitsakronym)<br />
an einen bestimmten Tag, gedacht ist an<br />
den Internationalen Museumstag 2012, eröffnet werden.<br />
Zur Vorbereitung wird unter Federführung von NAT HIST<br />
ein Lenkungsausschuss von zehn <strong>ICOM</strong>-Museen weltweit<br />
(New York, Sao Paulo, Kapstadt, Neu-Delhi, Shanghai,<br />
Bangkok, Frankfurt am Main, London, Paris, Wien)<br />
gebildet, der Konzept, Logo und Rahmenbedingun gen für<br />
die Teilnahme an dem Projekt entwickelt. Die interaktive<br />
Homepage zu diesem Projekt, die als Plattform für alle<br />
Ausstellungen oder Aktivitäten dient, soll im Rahmen der<br />
<strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz <strong>2010</strong> in Shanghai vorgestellt<br />
werden. Abschließend soll 2013 eine Publikation über<br />
dieses Projekt mit multikulturellem Ansatz erscheinen, das<br />
den interkulturellen Dialog zum Thema Klimawandel fördert.<br />
Insgesamt handelt es sich um ein sehr außergewöhnliches<br />
Projekt, das jedoch die weltweite Wahrnehmung von<br />
<strong>ICOM</strong> und NATHIST sehr stark fördern kann.<br />
Am dritten Konferenztag fand die Mitgliederversammlung<br />
statt. Neben Kurzberichten von Präsident, Geschäftsführerin,<br />
Schatzmeisterin berichteten die Partner von NAT<br />
HIST aus Shanghai vom Shanghai Science and Technology<br />
Museum (SSTM) über die Vorbereitungen der <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz.<br />
Das SSTM lädt NATHIST ein, am zweiten<br />
und dritten Tag in seinen Räumen zu tagen, und übernimmt<br />
alle dafür anfallenden Kosten. – Ein besonderes<br />
Beispiel, wie langjährige persönliche Kontakte die Kooperation<br />
fördern können.<br />
Dr. Gerhard Winter leitet den pädagogischen Dienst des Senckenberg-Naturmuseums.<br />
Er ist Vorstandsmitglied von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
und Präsident von NATHIST; gerhard.winter@senckenberg.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Zusammenfassungen der Referate:<br />
www.nathist.icom.museum<br />
48 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
<strong>ICOM</strong>ON – International Committee of Money and<br />
Banking Museums<br />
New Enthusiasts for an Old Subject:<br />
Transforming Numismatic Exhibitions<br />
for the Future<br />
16. Jahrestagung in Verbindung mit dem XIV. Internationalen<br />
Numismatischen Kongress vom 31. August<br />
bis 4. September 2009 in Glasgow, Großbritannien<br />
Roger Paul<br />
Tagungsort in der schottischen Metropole Glasgow war<br />
die ehrwürdige Universität. Etwa 520 Teilnehmer besuchten<br />
an vier Tagen die circa 420 numismatischen Vorträge,<br />
Podiumsdiskussionen und Arbeitskreise.<br />
Am Montagmorgen eröffneten der Rektor der Universität<br />
Glasgow, Sir Kenneth Calman, und der Präsident der<br />
Internationalen Numismatischen Kommission (INC), Michel<br />
Amandry, den Internationalen Numismatischen Kongress<br />
in der Wellington Church. Den Eröffnungsvortrag hielt<br />
Nicholas Mayhew, künftiger Präsident der Royal Numismatic<br />
Society. Er gab einen Überblick des schottischen<br />
Münzwesens. Danach begannen die Arbeitssitzungen der<br />
einzelnen Sektionen.<br />
Montagmittag wurden auf einem kleinen Empfang der<br />
Schweizerischen Numismatischen Gesellschaft, der Numismatischen<br />
Kommission der Länder in der Bundesrepublik<br />
<strong>Deutschland</strong> und der Deutschen Numismatischen Gesellschaft<br />
Reisestipendien an zehn Nachwuchswissenschaftler<br />
überreicht. Außerdem übergab Niklot Klüßendorf allen Stipendiaten<br />
ein persönlich gewidmetes Exemplar seines kürzlich<br />
erschienen numismatischen Lehrbuches. Am Abend lud<br />
die Stadtverwaltung von Glasgow zu einem Empfang in die<br />
Kelvingrove Art Gallery, dem bedeutendsten Museum Glasgows<br />
ein.<br />
Am Mittwoch fand die Jahrestagung von <strong>ICOM</strong>ON<br />
statt. Nach der Eröffnung durch die <strong>ICOM</strong>ON-Präsidentin<br />
Hortensia von Rothen wurde des tragisch verstorbenen<br />
Leiters der Geldgeschichtlichen Sammlung der Kreissparkasse<br />
Köln Thomas Lautz gedacht. Abschließend ging es<br />
in die Vorträge.<br />
Vertreter von sieben numismatischen Institutionen stellten<br />
ihre verbesserte, neue oder geplante Ausstellung vor.<br />
Anhand dieser Beispiele wurde der Wandel numismati scher<br />
Ausstellungen vom Präsentieren einer reinen Schatzkammer<br />
zu einer modernen didaktischen Ausstellung verdeutlicht.<br />
Es wurde gezeigt, dass das einfache Aneinanderreihen<br />
von glänzenden Gold- und Silberobjekten nicht mehr genügt,<br />
um vor dem interessierten Museumsbesucher zu bestehen.<br />
Vielmehr muss auch die Vermittlung geldgeschichtlicher<br />
Zusammenhänge von der Antike bis heute notwendiger Bestandteil<br />
der Ausstellung sein. Die numismatischen Objekte<br />
sollen daher nicht mehr nur als materiell wertvolle Exposita,<br />
sondern auch als Träger wichtiger Informationen,<br />
beispielsweise als sprechende Zeitzeugen für politische<br />
Geschichte, der Geld-, Wirtschafts-, Sozial- und Kunstgeschichte,<br />
präsentiert werden. Um dies erfolgreich zu praktizieren,<br />
gehört auch der Einsatz moderner Präsentationsund<br />
Lichttechnik sowie die Anwendung neuer, sonst<br />
bisher unüblicher Medien wie Filme, Computer und interaktive<br />
Spiele dazu.<br />
Wichtig sei es auch, dass nicht mehr nur der „normale“<br />
Bildungsbürger als Zielgruppe einer numismatischen Ausstellung<br />
angesprochen wird, sondern auch ältere Menschen<br />
und im Besonderen Kinder als neue Zielgruppen gewonnen<br />
werden. Die meist stiefmütterlich behandelte Museumspädagogik<br />
müsse mehr Einzug in numismatische Ausstellungen<br />
halten.<br />
Ursula Kampmann gab einen lebhaften Eindruck davon,<br />
wie eine Ausstellung für Kinder diesem Auftrag gerecht<br />
werden kann. Sie stellte die mobile Ausstellung der<br />
Staatlichen Münze Berlin „KleinGeld – eine Mitmach-<br />
Ausstellung für Kinder“ vor. Spielend erhalten hier Kinder<br />
einen Einstieg in das weite Feld der Numismatik. Anschließend<br />
hatten wir Gelegenheit, mit allen Referenten ins Gespräch<br />
zu kommen.<br />
Es bleibt zu hoffen, dass die Anregungen auch Gehör<br />
bei den Entscheidungsträgern finden und in kommenden<br />
Ausstellungen umgesetzt werden. Nur so kann es gelingen,<br />
auch zukünftig Besucher für das Thema Numismatik<br />
zu interessieren.<br />
Die Royal Numismatic Society und die British Numismatic<br />
Society luden alle Kongressteilnehmer zu einem<br />
Empfang in das Hunterian Museum der Universität von<br />
Glasgow. In zwangloser Atmosphäre konnte man neue<br />
Kontakte schließen und Kollegen, die man bisher nur von<br />
Buchtiteln kannte, persönlich kennenzulernen. Abschließend<br />
boten sich Exkursionsmöglichkeiten in die Southern<br />
Highlands, durch die Stadt Glasgow mit ihrer imposanten<br />
gotischen Kathedrale und den Bauten des schottischen Architekten<br />
Mackintosh sowie zu Schauplätzen der schottischen<br />
Geschichte wie z. B. die Antonine Wall an.<br />
Roger Paul, Dipl.- Museologe (FH), Depotverwalter des Münzkabinettes<br />
der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden;<br />
roger.paul@skd.museum<br />
Weitere Informationen:<br />
www.icom.org<br />
Die 17. <strong>ICOM</strong>ON-Jahrestagung findet <strong>2010</strong> in Verbindung mit der<br />
21. <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz in Shanghai statt; www.icomon.org<br />
Austragungsort des XV. Internationalen Numismatischen Kongresses<br />
wird 2015 Messina/Taormina sein.<br />
Ursula Kampmann hat in ihrem Vortrag die Ausstellung „KleinGeld –<br />
eine Mitmach-Ausstellung für Kinder“ der Staatlichen Münze Berlin<br />
vorgestellt. Als Souvenier erhielten dort die Kinder geprägte Münzen.<br />
Foto: Staatliche Münze Berlin<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 49
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
ICR – International Committee for Regional Museums<br />
Staff and Training in Regional Museums<br />
Jahrestagung vom 18. bis 24. Oktober 2009 in Mantua<br />
und Val Trompia, Italien<br />
Otto Lohr<br />
Welche Qualifikationen brauchen Mitarbeiter in Regionalmuseen?<br />
Welche Qualifizierungsangebote gibt es neben<br />
der universitären Ausbildung? Wie kann sich Museumspersonal<br />
weiterbilden? Sind Kooperationen zwischen Universität<br />
und Museum möglich? Diese Fragen im Blick, diskutierten<br />
die Mitglieder von ICR und ICTOP auf einer<br />
gemeinsam durchgeführten Jahrestagung in Mantua und<br />
Val Trompia.<br />
Drei Impulsreferate führten in das Tagungsthema ein:<br />
Irena Veselko aus Ljubljana betonte in ihrem Beitrag „The<br />
Importance of Being Educated”, dass sich die Aufgaben<br />
für die Kuratoren seit Bestehen der Museen grundlegend geändert<br />
hätten. Mit der Entwicklung von der adeligen Privatsammlung<br />
zum modernen Museum sei das Aufgabenspektrum<br />
der Kuratoren um einiges vielfältiger geworden.<br />
Waren die Museen in 1970er Jahren hauptsächlich Archäologie-,<br />
Geschichts- oder Kunstgeschichtsmuseen, standen<br />
in den 1980er Jahren Dokumentation und Konservierung<br />
der Sammlungen im Vordergrund. Seit den 1990er Jahren<br />
schob sich die Vermittlungsarbeit in den Mittelpunkt. Die<br />
wechselnden Schwerpunkte verlangen einen Wandel der<br />
Kom petenzen. Um das zu gewährleisten, ist eine permanente<br />
Weiterbildung des Museumspersonals nötig. Die Anforderungen<br />
an die Kuratoren beinhalten neben der Beherrschung<br />
ihres eigentlichen Fachgebiets auch Qualitäten als<br />
Manager, Kenntnisse auf dem Gebiet der Dokumentation<br />
und der Vermittlung, von Ausstellungen und Konservierung<br />
sowie verstärkt die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten.<br />
Um dem gerecht zu werden, ist ein lebenslanges Lernen<br />
erforderlich, das die Universität im Fachbereich „Museologie“<br />
anbieten könnte.<br />
Der Vortrag „The Role of ICTOP Defining Museum<br />
Courses“ von Elisabeth Caillet, <strong>ICOM</strong> France, thematisierte<br />
die unterschiedlichen Aufgabenbereiche in Museen und<br />
die dafür nötigen Fähigkeiten. In der Aus- und Weiterbildung<br />
erhält das Online-Training eine zunehmende Bedeutung,<br />
nicht nur durch die Tatsache, dass man unabhängig<br />
von Ort und Umgebung über beste Lehrer verfügen kann.<br />
Neben dem Online-Training kann die Universität nach wie<br />
vor eine große Rolle spielen, indem sie Theorie und praktische<br />
Erfahrung miteinander verbindet. Der Online-Kurs<br />
„Campus Cultura“ ermöglicht etwa die Ausbildung zusätzlicher<br />
Kompetenzen. Das Internationale Komitee ICTOP<br />
könnte sich gut in das Angebot integrieren, indem es auf<br />
seiner Homepage Repertorien und Kursbeispiele zugänglich<br />
macht.<br />
Alberto Garlandini, Vizedirektor für Kultur in der Region<br />
Lombardei, hob in seinem Beitrag „New Professionals<br />
and Volunteers of Contemporary Museums“ hervor, dass<br />
<strong>ICOM</strong> Italien bereits seit 2005 die Zukunft der Museen<br />
und seiner Mitarbeiter intensiv diskutiert. Sein Beitrag<br />
kreiste um die Fragen wie sich die Museen ändern und ob<br />
die <strong>ICOM</strong>-Definition für Museen noch zeitgemäß ist. Zur<br />
Verbesserung der Rolle des Museumspersonals entwarf Garlandini<br />
die Vision einer neuen Rolle für die Museen als<br />
Teil des Wandels in der Gesellschaft. Die Museen sollten<br />
den Menschen dabei helfen, ihre kulturelle und soziale Identität<br />
zu stärken. Ein weiteres Plus der Museen sei, dass sie<br />
Werte für die Regionen schaffen. In ungefähr 5.000 Museen<br />
in Italien arbeiten ca. 40.000 Menschen, hinzu kommen<br />
die ehrenamtlich Tätigen. Um ihren Interessen hinsichtlich<br />
Weiterbildung und Gestaltung von Arbeitsverträgen<br />
Nachdruck zu verleihen, sollten sich die Museumsmitarbeiter<br />
zusammenschließen. Dabei könnte <strong>ICOM</strong> in Verbindung<br />
mit der Europäischen Union in Europa eine bedeutende<br />
Rolle übernehmen. Beispielsweise könnte sie ein<br />
Projekt entwickeln, das die Beziehungen zwischen Museen<br />
und Universitäten verbessert, um so die Professionalität<br />
im Kulturbereich zu fördern und um das permanente<br />
Train ing als Recht des Museumspersonals und als Verpflichtung<br />
der Museumsträger zu verankern.<br />
In einer Reihe von Vorträgen wurden Beispiele für Ausund<br />
Weiterbildung von Museumsmitarbeitern auf universitärem<br />
Niveau, aber auch als Fortbildung in den Museen<br />
vorgestellt. Die verschiedenen Konzepte haben die Erkenntnis<br />
gemeinsam, dass eine kontinuierliche Weiterbildung unerlässlich<br />
ist. So tauschen in Serbien die Museumsmitarbeiter<br />
ihr Wissen in Workshops und Konferenzen aus, eine<br />
Zukunft wird in der Bildung von regionalen Trainingszentren<br />
für Museumsprofis gesehen. In Italien ist die Anerkennung<br />
der Museumsberufe für hauptamtliche Mitarbeiter<br />
bereits weit fortgeschritten, wie Anna Maria Visser Travagli<br />
ausführte. Evelyn Kaindl-Ranzinger und Metka Fujs berich<br />
teten von einem europäischen Projekt, das lebenslanges<br />
Lernen für ehrenamtliche Mitarbeiter im Kultur bereich<br />
fördert. Das Projekt bietet auch Training von hauptamtlichen<br />
Museumsmitarbeitern im Umgang mit den eh ren amtlichen<br />
an.<br />
Das vielfältige Rahmenprogramm beinhaltete neben der<br />
Eröffnung einer Ausstellung auch die Besichtigung der zahlreichen<br />
Museen in Mantua und im Val Trompia. Die Ausstellung<br />
„Museums – The World Inside“ mit Karikaturen<br />
von Geir Helgen, einem langjährigen ICR-Mitglied aus<br />
Norwegen, eröffnete der Generaldirektor von <strong>ICOM</strong> Julien<br />
Anfruns.<br />
An der von Alberto Garlandini, Mitglied des Vorstands<br />
von ICR, und seinem Team hervorragend organisierten<br />
Jahrestagung nahmen Museumsspezialisten aus zwanzig<br />
Ländern teil. Sie kamen aus Europa sowie Kanada, Mexiko,<br />
Kenia, den Vereinigten Arabischen Emiraten, China,<br />
Taiwan, Neuseeland und den USA. Gastgeber war das<br />
Stadt museum in Mantua. Unterstützt wurde die Tagung<br />
von der Comune di Mantova, der Regione Lombardia, der<br />
Comunità Montana di Valle Trompia und SIBCA Valle<br />
Trompia.<br />
Dr. Otto Lohr, Vizepräsident von ICR, arbeitet in der Landesstelle für<br />
die nichtstaatlichen Museen in Bayern, München. Dort ist er verantwortlich<br />
für die kunst- und kulturhistorischen Museen in Mittelfranken<br />
und der Oberpfalz sowie für die jüdischen Museen;<br />
otto.lohr@blfd.bayern.de<br />
50 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
INTERNATIONALE KOMITEES<br />
Ein Präparator des Museums für Naturkunde Berlin: Damit die Museumsmitarbeiter<br />
auch weiterhin erfolgreiche Forschung betreiben,<br />
attrak tive Ausstellungen erarbeiten und den wachsenden Besucherbedürfnissen<br />
gerecht werden können, benötigen sie regelmäßige<br />
Weiterbildung. Denn wie in jedem Unternehmen so ist auch in den<br />
Museen das gut ausgebildete Personal der Schlüssel zum Erfolg.<br />
ICTOP – International Committee for the Training<br />
of Personnel<br />
Staff and Training in Regional Museums<br />
Jahrestagung vom 18. bis 24. Oktober 2009 in Mantua<br />
und Val Trompia, Italien<br />
Angelika Ruge<br />
Wie wichtig heute die Fragen der Aus- und Weiterbildung<br />
im Museumsbereich sind, zeigte das Tagungsthema, unter<br />
dem sich die beiden Internationalen Komitees für die Ausbildung<br />
von Museumspersonal und für regionale Museen<br />
getroffen haben. Ein Dialog zwischen Theorie und Praxis<br />
war das Ziel dieser gemeinsamen Veranstaltung. Das wichtigste<br />
Ergebnis war, dass zwischen Anbietern von Ausbildung<br />
– hier Universitäten und Weiterbildungseinrichtun gen<br />
– und den nachfragenden Einrichtungen bereits vielfältige<br />
Kooperationen gibt. Jedoch sollte das Angebot noch spezifischer<br />
auf die Zielgruppen bezogen werden. Der stellvertretende<br />
Direktor für kulturelle Angelegenheiten in der<br />
Lombardei, Alberto Garlandini, verwies auf die Notwendigkeit,<br />
auch die freiwilligen Mitarbeiter in ei nem Museum<br />
in Weiterbildungsprogramme einzubeziehen. Die Ta gungsteilnehmer<br />
konnten sich beim Besuch des Palazzo Ducale<br />
di Revere, eines von Freiwilligen geführten Museums, von<br />
der Richtigkeit dieser Forderung überzeugen. Evelyn Kaindl-<br />
Ranzinger vom Verein zur Unterstützung der Museen und<br />
Sammlungen in der Steiermark, und ihre slowenische Kol legin<br />
Metka Fujs aus dem Regionalmuseum Murska Sobota<br />
stellten ein europäisches Projekt vor, das sich dieser Frage<br />
angenommen hat. Der Abschlussbericht wird in der nächsten<br />
Zeit verfügbar sein.<br />
Die Referenten aus Italien, Frankreich, China, Serbien,<br />
Kanada, der Schweiz, Dubai, England, Neuseeland, Slowenien,<br />
Kroatien und USA stellten Beispiele aus der Praxis<br />
vor. Alle unterstrichen die Bedeutung von Aus- und Weiterbildung<br />
für Museumstätigkeiten. Die regionalen Erfahrungsberichte<br />
zeigten wieder eine Breite von Aktivitäten<br />
und Wünschen. Die von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> mit ICTOP<br />
herausgegebene Broschüre zu den Museumsberufen war<br />
dabei immer wieder ein wichtiger Referenzpunkt. In manchen<br />
Ländern ist das Fortbildungssystem für Museumsberufe<br />
erst in den Anfängen, die Ausgangslage sehr unterschiedlich.<br />
So beklagte z. B. die serbische Teilnehmerin den<br />
schwierigen Zugang zu internationaler Literatur, in Dubai<br />
steckt dagegen die Professionalisierung der Museumsarbeit<br />
noch in den Anfängen. Alle Referenten betonten jedoch,<br />
dass Weiterbildung ein wichtiger Motor für eine entwicklungsfähige<br />
Museumsarbeit ist.<br />
Die verschiedenen Sichtweisen waren für ICTOP sehr<br />
anregend. Auf der einen Seite hat die Broschüre zu Museumsberufen<br />
auch international eine erfreuliche Wirkung<br />
gezeigt, auf der anderen Seite wurde deutlich, wie stark<br />
ICTOP auch künftig auf die Zusammenarbeit mit den verschiedenen<br />
nationalen und internationalen Komitees angewiesen<br />
ist. Auf einer Expertentagung zum Thema „Vom<br />
Fernstudium zu E-Learning“ im Herbst <strong>2010</strong> wollen wir<br />
daher ausloten, mit welchen methodischen und inhaltli chen<br />
Fragen der Aus- und Weiterbildung wir uns künftig intensiv<br />
beschäftigen müssen.<br />
Die Zusammenarbeit der beiden Komitees ICTOP und<br />
ICR mit der Region Lombardei war ausgezeichnet. Die<br />
Mu seumsbesuche in Mantua und Revere, sowie die Abstecher<br />
zu den neueingerichteten kleinen Museen im Val<br />
Trompia, der ehemaligen Waffenschmiede Oberitaliens,<br />
bo ten reiches Anschauungsmaterial für die Rolle einer hervorragenden<br />
Museumsplanung, die auf die regionalen<br />
Mög lichkeiten abgestimmt ist. Die italienische Gastfreundschaft<br />
war wieder überwältigend.<br />
Professor em. Dr. Angelika Ruge, lehrte Museumskunde an der Fachhochschule<br />
für Technik und Wirtschaft Berlin. Sie ist seit 2004 Präsidentin<br />
von ICTOP; angelika.ruge@online.de<br />
Weitere Informationen:<br />
Rückblick auf das Tagungsprogramm 2009 und Vorschau auf das<br />
Tagungsprogramm <strong>2010</strong>: http://ictop.icom.museum<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 51
UMSCHAU<br />
Das Eigene und das Fremde.<br />
Museen und Integration<br />
Das Potential der Museen, Zuwanderer anzusprechen, ist noch nicht ausgeschöpft.<br />
Einige Museen haben die Communities zwar fest im Blick, aber die Zahl der Programme<br />
für Migranten muss noch steigen. Erfolgreiche Projekte können als Vorbild dienen.<br />
Stéphanie Wintzerith<br />
„Ein Museum ist eine gemeinnützige, auf<br />
Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche<br />
Einrichtung im Dienste der Gesellschaft<br />
und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des<br />
Studiums, der Bildung und des Erlebens<br />
ma terielle und immaterielle Zeugnisse von<br />
Menschen und ihrer Umwelt beschafft,<br />
bewahrt, erforscht, bekannt macht und<br />
ausstellt.“<br />
Ethische Richtlinien für Museen von <strong>ICOM</strong>,<br />
Berlin <strong>2010</strong>, S. 29<br />
In der von <strong>ICOM</strong> formulierten Definition<br />
der Institution Museum steht<br />
es schwarz auf weiß: Museen sind Orte,<br />
in denen man die Kultur eines Raumes<br />
präsentieren bzw. kennen und<br />
ver stehen lernen kann. Sie bieten hervorragende<br />
Möglichkeiten, den Mitmenschen<br />
von nah und fern eine Kultur<br />
„greifbar“ zu machen.<br />
Dabei ist der Fremde nicht nur der<br />
Tourist, sondern auch der viel seltener<br />
im Blickfeld stehende Migrant. Wieso<br />
werden diese Möglichkeiten so selten<br />
von oder für Menschen genutzt, die<br />
sich längerfristig in einer ihnen fremden<br />
Umgebung niedergelassen haben?<br />
Welche Rolle können Museen in der<br />
Integration der Menschen mit Migrationshintergrund<br />
– so der etablierte<br />
Begriff – spielen?<br />
Der Museumsdienst Köln und der<br />
Bundesverband Museumspädagogik<br />
e. V. haben genau diese Frage für ihre<br />
gemeinsame Tagung aufgegriffen. In<br />
Köln drehte sich am 16. und 17. November<br />
2009 alles um „Das Eigene und<br />
das Fremde. Museen und Integration“.<br />
Milieus<br />
Ausländer gehen kaum ins Museum,<br />
so das gängige Klischee. Tatsächlich<br />
belegen einige Besucherstudien, dass<br />
Menschen mit Migrationshintergrund<br />
– sofern sie überhaupt erkennbar sind –<br />
in der Besucherstruktur tendenziell<br />
un terrepräsentiert sind, als sei dieser<br />
Mi grationshintergrund per se eine Zu <br />
gangs barriere. Doch entgegen aller Klischees<br />
ist nicht die Herkunft entscheidend,<br />
sondern das Milieu, in dem man<br />
lebt. Aus einer vom Sinus-Institut durchgeführten<br />
Studie geht eindrucksvoll hervor,<br />
dass Migranten unterschiedliche<br />
(Nicht-)Integrationsstrategien entwickeln<br />
und sich entsprechend in unterschiedliche<br />
Milieus eingliedern, die<br />
sich unter anderem durch ihr Kulturverhalten<br />
charakterisieren. Wie auch<br />
in der deutschen Bevölkerung entwickeln<br />
einige dieser Milieus nur wenig<br />
Affinität zum kulturellen Leben allgemein<br />
bzw. zu den Museen, wobei<br />
andere diese Affinität geradezu stärken.<br />
Projekte<br />
Ein kurzer Streifzug durch Europa ließ<br />
erkennen, dass Museen ihr Potential<br />
zur Förderung der Integration bei weitem<br />
nicht ausschöpfen. In <strong>Deutschland</strong><br />
schreibt der Gesetzgeber ein Mindestmaß<br />
an kulturellem und sprachlichem<br />
Wissen für Migranten vor, die sich<br />
dauerhaft in <strong>Deutschland</strong> niederlassen<br />
wollen. Integrations-, Orientierungsund<br />
Sprachkurse finden in der Regel<br />
52 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
Umschau<br />
Fotos: Museumsdienst Köln, Karin Rottmann<br />
Der Museumsdienst Köln stellte ausgewählte Projekte vor: Im Community-Programm (Foto links) besuchen Mütter mit ihren Kindern einen<br />
„Sprachkurs“ im Museum Ludwig. Im Workshop „Von Babylon nach Köln“ (Foto rechts) setzen sich jugendliche Migranten anhand von Kunstwerken<br />
mit ihren Wurzeln, ihrem <strong>Deutschland</strong>bild und ihren Zukunftsperspektiven auseinander.<br />
zwar noch im „Klassenzimmer“ statt,<br />
doch ab und an verlagert sich der Unterricht<br />
ins Museum – zur großen<br />
Zufriedenheit der Kursteilnehmer. Bundes<br />
weit wurden einige Projekte durchgeführt,<br />
mit dem Ziel, die Integration<br />
der Migranten zu fördern. Sie sind allerdings<br />
räumlich und zeitlich begrenzt,<br />
eine längerfristige Begleitung steht<br />
noch aus. Der Museumsdienst Köln<br />
dagegen hat das Thema Integration<br />
dauerhaft in seinem Angebot verankert.<br />
In kurzen und sehr lebhaften Intermezzi<br />
zwischen den Vorträgen stellte<br />
er eine Auswahl seiner Projekte vor.<br />
In Österreich wird Integration wohl<br />
mit Zurückhaltung betrachtet. Initiativen<br />
der Museen für Migrantengruppen<br />
sind selten, als fehle eine Art Gebrauchsanweisung.<br />
Wie es gehen kann,<br />
hat ein quick lebendiges Beispiel aus<br />
London gezeigt. Das Horniman Museum,<br />
klein aber fein, hat es geschickt<br />
verstanden, Menschen unterschiedlichster<br />
Herkunft in die Museumsarbeit<br />
– also auch ein Stück weit in das<br />
Leben des Stadtviertels – zu integrieren.<br />
Von der Erforschung der Sammlungen<br />
über die Gestaltung der Ausstellungen<br />
bis hin zu den museumspädagogischen<br />
Angeboten, die betroffene<br />
community wird nach Kräften eingebunden.<br />
Mit Erfolg, wie es scheint.<br />
Trends<br />
Bundesweit zeichnen sich drei Trends<br />
für integrative Museumsprojekte ab.<br />
Erstens gliedert sich das Erlernen der<br />
deutschen Sprache anhand der Ausstell<br />
ungen hervorragend in museumspädagogische<br />
Programme ein. Hierzu gibt<br />
es mittlerweile zahlreiche Beispiele.<br />
Der zweite Handlungstrend bekräftigt<br />
das Aneignen von Wissen über die<br />
neue Heimat. Ob Ansporn zum Besuch<br />
der städtischen Museen oder Schulklassenprogramme<br />
mit besonderer Fragestellung,<br />
das Ziel ist es, das Museum<br />
als Ort der Vermittlung in den Vordergrund<br />
zu stellen. Besonders effizient<br />
wird es, wenn Migranten in die sen<br />
Programmen selber zu Vermitt lern werden,<br />
indem sie andere Besucher durch<br />
die Ausstellungen führen.<br />
Der dritte erkennbare Trend bekräftigt<br />
ein gegenseitiges Kennenlernen<br />
auf gleicher Augenhöhe. Menschen mit<br />
Migrationshintergrund werden als<br />
gleichberechtigter Bestandteil der neuen<br />
Heimat anerkannt, deren Einfluss<br />
auf ihre Entwicklung gewürdigt wird.<br />
So ist es nur gerecht, auch über sie und<br />
vor allem von ihnen zu lernen. Ihre Objekte<br />
erhalten Einzug in den Sammlungen,<br />
ihre Werte werden in den Museen<br />
gewürdigt und aufgearbeitet.<br />
Integration erfolgt durch Institutionalisierung.<br />
Fragen<br />
Doch es ist nicht alles Gold was glänzt.<br />
Ob Schüchternheit oder Desinteresse,<br />
viele Migranten ignorieren die Angebote<br />
der Museen weiterhin. Wo und<br />
vor allem wie sind sie zu erreichen?<br />
Lohnt sich der hohe Aufwand, der<br />
für diese verhältnismäßig kleine Zielgruppe<br />
aufzubringen ist? Grundlegender<br />
ist noch die Frage, ob die Museen<br />
überhaupt diese Integrationsaufgabe<br />
übernehmen sollen? Der Tenor der<br />
Vor träge und Diskussionen war, dass<br />
die Museen grundsätzlich ihre Rolle<br />
in der Integration der Menschen mit<br />
Migrationshintergrund stärken wollen<br />
und sollen und dass sie auch teilweise<br />
dazu in der Lage sind. Teilweise. Vorausgesetzt<br />
es werden nicht sämtliche<br />
Ressourcen eingebunden zum Leidwesen<br />
der anderen Aufgaben eines Museums<br />
oder der anderen Zielgruppen.<br />
Die Herausforderung ist es wert.<br />
Migranten sind nicht nur unter den<br />
Besuchern selten, sie sind bedauerlicherweise<br />
auch unter den Wissenschaft lern<br />
in Museen kaum anzutreffen, hieß es<br />
mehrmals. Eine unausgesprochene Frage<br />
schwebte in den Raum: Wie viele<br />
von uns Tagungsteilnehmern haben eigentlich<br />
den besagten Migrationshintergrund?<br />
Dr. Stéphanie Wintzerith ist selbständige<br />
Be sucherforscherin. Sie führt Besucherbefragun<br />
gen und Evaluationen auf nationaler und<br />
internationaler Ebene für Museen und weitere<br />
Kultureinrichtun gen durch. Sie ist Mitglied<br />
des Vorstandes von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>;<br />
swi@wintzerith.de<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 53
UMSCHAU<br />
Werkstattgespräch „Museum – Migration – Kultur – Integration“<br />
Teilnehmer befürworten die Gründung des Arbeitskreises<br />
„Die Türken verweigern sich eisern der Integration“ titelte<br />
Welt Online Anfang 2009 nach der Veröffentlichung der<br />
Studie „Ungenutzte Potentiale – Zur Lage der Integration“<br />
des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Überschriften<br />
wie diese tragen dazu bei, dass der Begriff der Integration<br />
missverstanden wird: als alleinige Bringeschuld<br />
der Menschen mit Migrationshintergrund. Stattdessen sollten<br />
wir Integration als einen wechselseitigen Prozess betrachten,<br />
in dem Zuwanderungsland und Zugewanderte<br />
gleichermaßen gefordert sind.<br />
Ein klares Bekenntnis der Museen, ihren Beitrag zu diesem<br />
Prozess zu leisten, stand am Ende des Werkstattgesprächs<br />
„Museum – Migration – Kultur – Integration“ im<br />
Dezember 2009. Der Deutsche Museumsbund hatte bundesweit<br />
zu dieser im engen Schulterschluss mit <strong>ICOM</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> und dem Beauftragten der Bundesregierung<br />
für Kultur und Medien konzipierten und von Letzterem<br />
finanziell ermöglichten Veranstaltung nach Berlin eingeladen.<br />
Ziel war es unter anderem, der Diskussion über die<br />
2007 im Nationalen Integrationsplan formulierte Forderung<br />
der Bundesregierung nach einer Museums-AG „Museum –<br />
Migration – Kultur – Integration“ ein Forum zu bieten.<br />
In drei Vorträgen und drei Workshops beschäftigten sich<br />
Vertreter von rund sechzig Museen mit den zentralen Aspekten<br />
des Themas: Menschen mit Migrationshintergrund<br />
als Zielgruppe der Museen, Thematisierung von Migration<br />
in den Ausstellungen, Sammlungen und der Forschung sowie<br />
der interkulturellen Öffnung der Museumsstruktu ren.<br />
Das Werkstattgespräch profitierte ebenso von den praktischen<br />
Erfahrungen der Teilnehmer im Bereich der kulturellen<br />
Bildung und Integration im Museum wie von den<br />
Erkenntnissen, die diese auf vorangegangenen Tagungen gewonnen<br />
hatten; so z. B. auf Tagungen im Jahr 2009 in<br />
Dortmund und Köln (siehe Seite 52) oder auch auf der Jahrestagung<br />
2008 von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>. Unter dem Titel<br />
„Mu seen – Orte der kulturellen Bildung und Integration“<br />
wurden in Amsterdam deutsche und niederländische<br />
Erfahrungen im Bereich der kulturellen Bildung und Integration<br />
im Museum ausgetauscht sowie Projekte vorgestellt,<br />
die aufzeigten, wie Museen als Foren des interkulturellen<br />
Dialogs besser genutzt werden können (sie he <strong>Mitteilungen</strong><br />
2009, Seite 18 ff.).<br />
Auch dank dieser Voraussetzungen gelang es den Teilnehmern,<br />
im Rahmen des Werkstattgesprächs ein gemeinsames<br />
Memorandum zu erarbeiten. Hierin befürworten die<br />
unterzeichnenden Museen die im Nationalen Integrationsplan<br />
geforderte Gründung einer Museums-AG bzw. eines<br />
Arbeitskreises und schlagen konkrete Ziele und Aufgaben<br />
für diese vor.<br />
Ein wichtiges Ergebnis des Werkstattgesprächs ist, dass<br />
Informationen über die aktuelle Arbeit der Museen zu den<br />
Themen Migration und Integration fehlen. Zwei Projekte,<br />
die hier Abhilfe schaffen sollen, könnten an den geplanten<br />
Arbeitskreis angegliedert werden: Während der Landschaftsverband<br />
Westfalen-Lippe ein Internetportal plant, in dem<br />
Ausstellungsprojekte zu den Themen Migration und Integration<br />
vorgestellt werden, führen der Deutsche Museumsbund<br />
in Kooperation mit dem Bundesverband Museumspädagogik<br />
und dem Institut für Museumsforschung so wie<br />
mit fachlicher Unterstützung der Kulturstiftung der Länder,<br />
Bildungsinitiative KINDER ZUM OLYMP! und der<br />
Kunsthalle Emden eine Bestandsaufnahme der Bildungsund<br />
Vermittlungsarbeit in den deutschen Museen durch.<br />
Dabei werden unter anderem Projekte speziell für Menschen<br />
mit Migrationshintergrund erfragt und in einer Online-<br />
Datenbank veröffentlicht. Mittels beider Internetangebote<br />
können sich die Mitarbeiter der Museen über die Aktivitäten<br />
anderer Häuser informieren und Anregungen für<br />
ihre eigene Arbeit holen. Gleichzeitig ermöglichen sie den<br />
Museumsbesuchern und potentiellen Kooperationspartnern<br />
einen schnellen Zugriff auf diese Informationen. Mittels einer<br />
partiellen statistischen Auswertung wird im Falle der<br />
Bestandsaufnahme der Bildungs- und Vermittlungsarbeit<br />
außerdem regionalen wie überregionalen Museumsinstitutionen<br />
eine gänzlich neue Grundlage für kulturpolitische<br />
Forderungen verschafft: Erstmals erhalten diese dann repräsentative<br />
Daten darüber, wie es um die Bildungs- und<br />
Vermittlungsarbeit der Museen bestellt ist, wo Handlungsund<br />
Verbesserungsbedarf besteht und wo es finanzieller<br />
Unterstützung bedarf.<br />
Um diese und andere Projekte des nun zu gründenden<br />
Arbeitskreises erfolgreich durchführen zu können, bedarf<br />
es vor allem eines: der tatkräftigen Unterstützung der Museen.<br />
In dieser Hinsicht darf uns das Werkstattgespräch<br />
optimistisch stimmen, denn hier haben die Vertreter sich des<br />
Themas mit viel Engagement und Interesse angenommen.<br />
Weitere Informationen:<br />
Vera Neukirchen, Ansprechpartnerin des Projektes beim<br />
Deutschen Museumsbund; office@museumsbund.de<br />
Newsletter von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Schneller informiert<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> gibt seit Ende 2006 einen Newsletter<br />
heraus, der mehrmals im Jahr über Schwerpunkte der Arbeit<br />
und über wichtige Veranstaltungen und Ereignisse<br />
informiert. Diese Form der Kommunikation ist gut angenommen<br />
worden, zahlreiche Mitglieder von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
nutzen diesen Service bereits. Alle Mitglieder, die den<br />
Newsletter ebenfalls erhalten wollen, können sich in den<br />
Verteiler aufnehmen lassen.<br />
Senden Sie dazu eine Nachricht mit Ihrer E-Mail-Adresse<br />
an: icom@icom-deutschland.de.<br />
Nicht-Mitglieder können den Newsletter auf der Webseite<br />
www.icom-deutschland.de lesen.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.icom-deutschland.de/archiv-newsletter-archiv.php<br />
54 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>
UMSCHAU<br />
Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />
Rote Liste der gefährdeten<br />
Kulturgüter aus Mittelamerika<br />
und Mexiko<br />
herausgegeben von <strong>ICOM</strong>,<br />
Paris 2009, 16 Seiten<br />
Ethische Richtlinien für Museen<br />
von <strong>ICOM</strong><br />
Deutsche Fassung<br />
herausgegeben von <strong>ICOM</strong> Schweiz,<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und<br />
<strong>ICOM</strong> Österreich,<br />
Zürich <strong>2010</strong>, 32 Seiten,<br />
ISBN 978-3-9523484-5-1,<br />
Preis: 4 Euro, zzgl. Versandkosten<br />
Experten aus Mexiko, Guatemala, Belize, El Salvador, Honduras,<br />
Nicaragua, Costa Rica und Panama haben die Liste<br />
erarbeitet, um gegen die Plünderung und Zerstörung archäologischer<br />
Fundstätten in der Region, gegen den Diebstahl<br />
von Kulturgütern aus Kirchen und Museen sowie gegen<br />
den illegalen Handel damit vorzugehen.<br />
Der Internationale Museumsrat (<strong>ICOM</strong>) erarbeitet für<br />
die Krisen- und Konfliktregionen dieser Welt, die von Plünderungen<br />
und illegalem Handel mit Kulturgütern betroffen<br />
sind, „Rote Listen“ des gefährdeten kulturellen Erbes<br />
und stellt diese Museen, Sammlern, Händlern, Auktionshäusern,<br />
Behörden und Interpol mit dem Ziel zur Verfügung,<br />
den Export oder Verkauf zu verhindern.<br />
Download:<br />
www.icom-deutschland.de/publikationen.php<br />
Broschüre zu bestellen bei:<br />
<strong>ICOM</strong> Secretariat, Maison de l‘UNESCO<br />
1, rue Miollis, F - 75732 Paris cedex 15,<br />
Tel : +33 1 47340500, Fax: +33 1 43067862,<br />
E-Mail: secretariat@icom.museum<br />
Die vom Internationalen Museumsrat (<strong>ICOM</strong>) entwickelten<br />
und weltweit geltenden Ethischen Richtlinien für Museen<br />
bilden die Grundlage der professionellen Arbeit von<br />
Museen und Museumsfachleuten. <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> hat<br />
gemeinsam mit <strong>ICOM</strong> Schweiz und <strong>ICOM</strong> Österreich ei ne<br />
autorisierte deutsche Übersetzung des <strong>ICOM</strong> Code of Ethics<br />
for Museums erarbeitet.<br />
Der erste vollständige <strong>ICOM</strong> Code of Professional Ethics<br />
wurde am 4. November 1986 in Buenos Aires (Argentinien)<br />
durch die 15. <strong>ICOM</strong>-Generalversammlung einstimmig angenommen,<br />
am 6. Juli 2001 auf der 20. <strong>ICOM</strong>-Generalversammlung<br />
in Barcelona (Spanien) unter dem neu en<br />
Titel <strong>ICOM</strong> Code of Ethics for Museums ergänzt und am<br />
8. Oktober 2004 auf der 21. <strong>ICOM</strong>-Generalversammlung<br />
in Seoul (Südkorea) revidiert.<br />
Download: www.icom-deutschland.de/publikationen.php<br />
Broschüre zu bestellen bei:<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, In der Halde 1, 14195 Berlin,<br />
Tel.: +49 30 69504525, Fax: +49 30 69504526,<br />
E-Mail: icom@icom-deutschland.de<br />
bitte abtrennen<br />
Bestellung | Hiermit bestelle ich folgende Publikationen von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> aus der Liste der lieferbaren Schriften:<br />
Stk. Das Museum und die Dritte Welt. Hrsg. Hermann Auer, 1981, 357 Seiten, ISBN 3-598-10346-8 5,00 €<br />
Stk. Chancen und Grenzen moderner Technologien im Museum. Hrsg. Hermann Auer, 1986, 241 Seiten, ISBN 3-598-10631-9 5,00 €<br />
Stk. Museologie – Neue Wege – Neue Ziele. Hrsg. Hermann Auer, 1989, 289 Seiten, ISBN 3-598-10809-5 5,00 €<br />
Stk. Museum und Denkmalpflege. Hrsg. Hermann Auer, 1992, 257 Seiten, ISBN 3-598-11107-X 12,00 €<br />
Stk. Reif für das Museum? Ausbildung – Fortbildung – Einbildung. Hrsg. Hans-Albert Treff, 1995,<br />
258 Seiten, ISBN 3-87023-050-9 10,00 €<br />
Stk. Museen unter Rentabilitätsdruck. Engpässe – Sackgassen – Auswege. Hrsg. Hans-Albert Treff, 1998,<br />
279 Seiten, ISBN 3-00-002395-X 20,00 €<br />
Stk. Das Museum als Global Village. Versuch einer Standortbestimmung am Beginn des 21. Jahrhunderts.<br />
Hrsg. Hans-Martin Hinz, 2001, 162 Seiten, ISBN 3-631-37692-8 15,00 €<br />
Stk. Wissenschaftskommunikation – Perspektiven der Ausbildung – Lernen im Museum. Hrsg. <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />
<strong>ICOM</strong> Frankreich und Deutsches Technikmuseum, 2009, 166 Seiten, ISBN 978-3-631-58095-0 15,00 €*<br />
Stk. Definition des CIDOC Conceptual Reference Model, <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – Beiträge zur Museologie, Bd. 1,<br />
hrsg. und übersetzt aus dem Engl. von K. -H. Lampe, S. Krause, M. Doerr, <strong>2010</strong>, 208 Seiten, ISBN 978-3-00-030907-6 10,00 €<br />
Stk. Ethische Richtlinien für Museen von <strong>ICOM</strong>. Hrsg. <strong>ICOM</strong> Schweiz, <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und <strong>ICOM</strong> Österreich, <strong>2010</strong>,<br />
32 Seiten, ISBN 978-3-9523484-5-1 4,00 €<br />
Stk. Museen und Denkmäler – Historisches Erbe und Kulturtourismus. Tagungsband des Internationalen Bodensee-Symposiums 2009.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – Beiträge zur Museologie, Bd. 2, hrsg. von <strong>ICOM</strong> <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, <strong>2010</strong>, – <strong>Mitteilungen</strong> 170 Seiten, ISBN <strong>2010</strong> 978-3-00-028961-3<br />
| 55<br />
15,00 €** (ab August <strong>2010</strong> lieferbar)<br />
* 10,00 € für Mitglieder von <strong>ICOM</strong> und für Tagungsteilnehmer ; **10,00 € für Mitglieder von <strong>ICOM</strong> und <strong>ICOM</strong>OS sowie für Tagungsteilnehmer<br />
Alle Preise verstehen sich zuzüglich Versandkosten. Eine Mehrwertsteuer wird nicht erhoben.
Publikationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> –<br />
Beiträge zur Museologie · Band 1<br />
Definition des CIDOC<br />
Conceptual Reference Model<br />
herausgegeben und übersetzt<br />
aus dem Englischen von<br />
K.-H. Lampe, S. Krause, M. Doerr,<br />
Berlin <strong>2010</strong>, 208 Seiten,<br />
ISBN 978-3-00-030907-6,<br />
Preis: 10 Euro,<br />
zzgl. Versandkosten<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> - Beiträge zur Museologie · Band 2<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> –<br />
Beiträge zur Museologie · Band 2<br />
Museen und Denkmäler –<br />
Historis ches Erbe und Kulturtourismus.<br />
Tagungsband des<br />
Inter nationalen Bodensee-Symposiums<br />
2009, herausgegeben von<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, Berlin <strong>2010</strong>,<br />
170 Seiten, ISBN 978-3-00-028961-3,<br />
Preis: 15 Euro, zzgl. Versandkosten<br />
(Für Mitglieder von <strong>ICOM</strong>, <strong>ICOM</strong>OS und<br />
Tagungsteilnehmer: 10 Euro, zzgl. Versand)<br />
Das CIDOC-CRM ist definiert als formale Ontologie, die<br />
die Integration, Vermittlung und den Austausch heterogener<br />
Informationen des kulturellen Erbes in der Dokumentation<br />
ermöglicht. Seit 2006 ist das CIDOC-CRM als<br />
ISO 21127 standardisiert. In der aktuell vorliegenden Version<br />
5.0.1 definiert die CIDOC-CRM-Ontologie 86 Klassen,<br />
die sogenannten Entities, und 137 Beziehungen, die<br />
sogenannten Properties. Zunächst nur für die Domäne<br />
des kulturellen Erbes entwickelt, findet das CRM heute<br />
zunehmend auch Anwendung in anderen Wissensbereichen<br />
wie z. B. den Bibliothekswissenschaften.<br />
Zu bestellen bei:<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, In der Halde 1, 14195 Berlin,<br />
Tel.: +49 30 69504525, Fax: +49 30 69504526,<br />
E-Mail: icom@icom-deutschland.de<br />
Der Tagungsband enthält die Referate des Internationalen<br />
Bodensee-Symposiums 2009, das vom 18. bis 20. Juni in<br />
Lindau (Bodensee) stattgefunden hat. Der Vortragsteil wird<br />
mit dem einführenden Beitrag von Hans-Martin Hinz eröffnet.<br />
Es folgen die Beiträge der drei Themenrunden sowie<br />
der „Open Box“. Der Dokumentationsteil enthält die Grußworte<br />
der Repräsentanten der beteiligten Komitees sowie<br />
des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.<br />
Das Tagungsprogramm, ein Autorenverzeichnis und<br />
einige Fotos vom Tagungsgeschehen runden diesen Teil ab.<br />
Alle drei Jahre findet das Internationale Bodensee-Symposium<br />
der <strong>ICOM</strong>-Länder <strong>Deutschland</strong>, Österreich und<br />
Schweiz statt. Im Jahr 2009 wurde die Veranstaltung mit<br />
dem Internationalen Rat für Denkmalpflege <strong>ICOM</strong>OS als<br />
Kooperationspartner durchgeführt.<br />
Zu bestellen bei:<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, In der Halde 1, 14195 Berlin,<br />
Tel.: +49 30 69504525, Fax: +49 30 69504526,<br />
E-Mail: icom@icom-deutschland.de<br />
bitte abtrennen<br />
Bitte im ausreichend frankierten Umschlag einsenden.<br />
Bitte senden Sie mir die Publikationen und die Rechnung an folgende Adresse:<br />
Oder Bestellung von Newsletter oder Publikationen an:<br />
icom@icom-deutschland.de bzw. per Fax an: +49 30 69504526<br />
Vorname<br />
Name<br />
Institution<br />
Straße, Nr.<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
In der Halde 1<br />
14195 Berlin<br />
PLZ, Ort<br />
Datum<br />
Unterschrift<br />
Ich bin Mitglied von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und möchte den <strong>ICOM</strong>-Newsletter<br />
per E-Mail an folgende Adresse erhalten:<br />
Veranstaltungen<br />
Die Kunst des Lagerns<br />
15. Mai <strong>2010</strong><br />
Nacht der Museen<br />
http://nuitdesmusees.culture.fr<br />
16. Mai <strong>2010</strong><br />
Internationaler Museumstag<br />
Museen für ein gesellschaftliches Miteinander<br />
www.museumstag.de und<br />
http://icom.museum/imd.html<br />
26. bis 30. Juli <strong>2010</strong>, München<br />
Staatliches Museum für Völkerkunde<br />
Jahrestagung von SIBMAS<br />
(International Association of Libraries<br />
and Museums of the Performing Arts)<br />
Connecting Points: Performing Arts Collections<br />
Uniting Past and Future<br />
www.sibmas.org<br />
23. bis 25. September <strong>2010</strong>, Leipzig<br />
Grassi-Museum für Angewandte Kunst<br />
Jahrestagung und Mitgliederversammlung<br />
von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Die Ethik des Sammelns<br />
www.icom-deutschland.de<br />
30. Oktober bis 5. November <strong>2010</strong>,<br />
Xian, Loyang, Kaifung und Zhengzhou (China)<br />
<strong>ICOM</strong>-Europe-Tour und Konferenz<br />
in Kooperation mit <strong>ICOM</strong> China und<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
Respecting Cultural Heritage for<br />
Our Common Future<br />
www.icom-europe.org<br />
7. bis 12. November <strong>2010</strong>, Shanghai (China)<br />
<strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz<br />
Museums for Social Harmony<br />
www.icom<strong>2010</strong>.org.cn<br />
15. Mai 2011<br />
Internationaler Museumstag<br />
Museums and Memory<br />
www.museumstag.de und<br />
http://icom.museum/imd.html<br />
Die aktuellen Termine der Tagungen<br />
der internationalen Komitees finden Sie unter:<br />
http://icom.museum/calendar.html<br />
Bruynzeel verfügt über eine Fülle an Erfahrung in der<br />
Entwicklung kundenorientierter Aufbewahrungsmöglichkeiten<br />
für kostbare Museumgegenstände. Die Lösungen von<br />
Bruynzeel verfügen über einen weiteren Vorteil: Qualität<br />
und Schutz in Harmonie mit Ihren Sammlungen.<br />
Möchten Sie gerne sehen was Bruynzeel für Sie tun kann?<br />
www.bruynzeel.de<br />
MIT UNS ARCHIVIEREN SIE IN DIE ZUKUNFT<br />
Bruynzeel Archiv & Bürosysteme GmbH, Moselstraße 18, 41464 Neuss, Tel.: 02131 4099 0, www.bruynzeel.de
Aktuelle Informationen finden Sie unter<br />
www.icom-deutschland.de<br />
Informationen über den Weltverband, seine Komitees<br />
und Projekte können Sie aufrufen unter<br />
www.icom.museum<br />
<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
In der Halde 1 · 14195 Berlin<br />
Telefon +49 30 69504525<br />
Fax +49 30 69504526<br />
icom@icom-deutschland.de · www.icom-deutschland.de<br />
Gefördert aus Mitteln des