19.01.2014 Aufrufe

ICOM Deutschland Mitteilungen 2010

ICOM Deutschland Mitteilungen 2010

ICOM Deutschland Mitteilungen 2010

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

<strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong><br />

ISSN 1865-6749 | Heft 32 (17. Jahrgang)<br />

Museen für ein gesellschaftliches Miteinander<br />

Vorreiter im transkulturellen Dialog<br />

Die Ethik des Sammelns<br />

Vom schwierigen Geschäft der Auslese<br />

Illegaler Handel mit Kulturgut<br />

<strong>Deutschland</strong> als Paradies für Antikenhehler?


“Entdecken<br />

Sie Ihre<br />

Möglichkeiten!”<br />

Vorstand<br />

Präsident:<br />

Dr. Klaus Weschenfelder, praesident@icom-deutschland.de<br />

Vorstandsmitglieder:<br />

Prof. Dr. Rosmarie Beier-de Haan, beier@dhm.de<br />

Prof. Dr. Lothar Jordan, iclm.jordan@gmx.de<br />

Dr. Christoph Lind, christoph.lind@mannheim.de<br />

Dr. Anette Rein, ar_welten@yahoo.de<br />

Dr. Gerhard Winter, gerhard.winter@senckenberg.de<br />

Dr. Stéphanie Wintzerith, swi@wintzerith.de<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Dr. Klaus Weschenfelder<br />

Johanna Westphal M. A.<br />

Geschäftsstelle <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>:<br />

Johanna Westphal M.A.<br />

Beate von Törne M.A.<br />

Juliana Ullmann M.A.<br />

In der Halde 1, 14195 Berlin<br />

Tel.: +49 30 69504525<br />

Fax: +49 30 69504526<br />

icom@icom-deutschland.de<br />

www.icom-deutschland.de<br />

Redaktion: Anke Ziemer M.A., a.ziemer@t-online.de<br />

Gestaltung: Claudia Heckel, Berlin, www.besseresdesign.de<br />

Druck: Oktoberdruck, Berlin<br />

Copyrights liegen bei den Autoren und Fotografen.<br />

Inhaber von Bildrechten, die wir nicht ermitteln konnten,<br />

bitten wir um Kontaktaufnahme.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge entsprechen nicht<br />

unbedingt der Meinung der Redaktion oder der Herausgeber.<br />

Titelfotos: Jürgen Hohmuth / zeitort.de; Jowa I. Kis-Jovak; Peter Omachen;<br />

Grassi-Museum; Museum für Naturkunde Berlin; Touriseum;<br />

Norbert Kleiner; Deutsches Meeresmuseum Strahlsund, ozeaneum;<br />

Christoph Sandig, Leipzig; Helena Horn; Stadtmuseum Luxemburg<br />

2009, Christoph Weber<br />

Seit mehr als 25 Jahren beschäftigt sich Adlib mit dem<br />

Sammlungs- und Wissensmanagement im Kulturerbe.<br />

Anwenderfreundlichkeit und Flexibilität haben bereits<br />

mehr als 1800 Kunden weltweit überzeugt, davon über<br />

800 große und kleine Museen in Europa. Wenn Sie wissen<br />

möchten, wie wir auch Ihre Arbeit leichter machen<br />

können, rufen Sie uns an oder senden Sie uns eine Email.<br />

Adlib Information Systems GmbH<br />

tel. +49 (0)30-75518555<br />

info@adlibsoft.com<br />

www.adlibsoft.com<br />

Heft 32 (17. Jahrgang)<br />

Erscheinungsweise: seit 2004 einmal im Jahr<br />

Auflage: 5.000<br />

Gefördert durch die Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong> mit einer<br />

Zuwendung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und<br />

Medien<br />

Berlin, Mai <strong>2010</strong><br />

ISSN 1865-6749<br />

Adlib. Software, die Sie weiterbringt.


Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

zu Beginn des Jahres konnte <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> das viertausendste<br />

Mitglied in seinen Reihen willkommen heißen<br />

und seine Stellung als mitgliederstärkstes Nationalkomitee<br />

im Internationalen Museumsrat weiter festigen. Der<br />

große Zuspruch gibt unserem Verband Auftrieb und signalisiert<br />

ein Zusammenrücken von Museumsverantwortlichen<br />

und wachsendes Interesse am Gedankenaustausch.<br />

Zugleich wird in den Aufnahmeanträgen deutlich, in welchem<br />

Maße sich das Spektrum der Museumsberufe in den<br />

letzten Jahren ausdifferenziert hat, vor allem aber, wie sich<br />

die Verhältnisse der Beschäftigung verändert haben. Nicht<br />

alle Aufnahmeanträge können bewilligt werden, mitunter<br />

muss auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass<br />

im Laufe einer beruflichen Biographie zwar die persönli che<br />

Nähe zur Museumsarbeit erhalten bleibt, das Arbeitsgebiet<br />

sich aber davon entfernt. Für das Funktionieren eines Fachverbandes<br />

ist die Professionalität seiner Mitglieder von hoher<br />

Bedeutung, denn es kommt auch darauf an, aus diesem<br />

Potential schöpfen zu können, wenn es um die Debatte von<br />

Museumsthemen auf lokaler und insbesondere auf internationaler<br />

Ebene geht. Jedes Mitglied des deutschen Nationalkomitees<br />

sollte deshalb auch in einem internationalen<br />

Komitee aktiv sein. Ihnen die Entscheidung für eines der<br />

etwa dreißig internationalen Komitees zu erleichtern, sollen<br />

auch die Berichte über deren Arbeit in den <strong>Mitteilungen</strong><br />

dienen.<br />

Besonderes Engagement bei der Mitarbeit im Weltverband<br />

zeigt seit langem Hans-Martin Hinz als Präsident des<br />

deutschen Nationalkomitees von 1999 bis 2004, Präsident<br />

von <strong>ICOM</strong> Europe von 2002 bis 2005 und Mitglied des<br />

Exekutivrates seit 2004. <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> hat Hans-<br />

Mar tin Hinz als Kandidaten für das Amt des Präsidenten<br />

von <strong>ICOM</strong> vorgeschlagen, das im November in Shanghai<br />

nach dem Ende der Amtszeit von Alissandra Cummins neu<br />

besetzt wird. Hans-Martin Hinz ist ein ausgezeichneter Bewerber,<br />

durch sein jahrelanges, engagiertes Wirken verfügt<br />

er über ein dichtes Netzwerk, das weit über Europa hinausreicht.<br />

Diplomatisches Geschick und strategisches Denken<br />

lassen im Falle seiner Wahl die weitere Entwicklung von<br />

<strong>ICOM</strong> in einem günstigen Licht erscheinen. Dies ist besonders<br />

deshalb sehr wünschenswert, als der Internationale<br />

Museumsrat in Bezug auf Mitgliederbetreuung und Finanzverwaltung<br />

in der Zukunft vor nicht geringen Herausforderungen<br />

steht. Als Kandidatin für den Exekutivrat hat<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als erfahrene und versierte Museumskollegin<br />

sein Vorstandsmitglied Rosmarie Beier-de Haan<br />

vorgeschlagen, ferner kandidiert auf Vorschlag von ICLM<br />

unser hoch geschätztes Vorstandsmitglied Lothar Jordan.<br />

Vorstand und Geschäftsstelle von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

versuchen, für ihre Mitglieder und mit ihren Mitgliedern<br />

Wege zur Bewältigung der Anforderungen aufzuzeigen, die<br />

in einer sich rasch wandelnden Gesellschaft an die Museumswelt<br />

gestellt werden. Mit der gemeinsam mit <strong>ICOM</strong><br />

Ös terreich und unter der Federführung von <strong>ICOM</strong> Schweiz<br />

bewerkstelligten Übersetzung und Herausgabe des 2004<br />

überarbeiteten und erweiterten <strong>ICOM</strong> Code of Ethics for<br />

Museums ist die weltweit anerkannte Grundlage der Museumsarbeit<br />

in ihrer aktuellen Form verfügbar. Die E t h is c h e n<br />

Richtlinien für Museen von <strong>ICOM</strong> sind ein unentbehrliches<br />

Hilfsmittel bei dem Bestreben, bei aller gesell schaftlicher<br />

Entwicklung, das Essentielle des Museumswesens zu<br />

bewahren. Der Kampf gegen den ungesetzlichen Handel<br />

mit dem Kultur- und Naturerbe gehört ebenso dazu wie<br />

die Reflektion musealer Kernaufgaben, wie sie in der diesjährigen<br />

Jahrestagung unter dem Thema „Die Ethik des<br />

Sammelns“ verfolgt werden soll. Ergänzend zu den Kooperationen<br />

mit anderen <strong>ICOM</strong>-Komitees oder dem Deutschen<br />

Museumsbund wird <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> in Kürze eine eigene<br />

Reihe unter dem Titel „<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – Beiträge<br />

zur Museologie“ beginnen.<br />

Museumsarbeit bedeutet zu einem großen Teil Vermittlungsarbeit<br />

in einem Medium ästhetischer Gestaltung. Um<br />

den hohen Ansprüchen der Museumsverantwortlichen bei<br />

<strong>ICOM</strong> entgegenzukommen, wird an dem Erscheinungsbild<br />

der <strong>Mitteilungen</strong> weiter gefeilt. Durch ein optimiertes<br />

Layout in Text und Bild und durch redaktionelle Eingriffe,<br />

etwa durch Zwischenüberschriften oder zugespitzte Bildunterschriften<br />

sollen das Interesse an den Inhalten geweckt<br />

und die Lesbarkeit erleichtert werden. Für das erfolgreiche<br />

Bemühen um eine anregende Lektüre danke ich den Autorinnen<br />

und Autoren ebenso wie den Mitarbeiterinnen der<br />

Geschäftsstelle, der Redakteurin und der Gestalterin.<br />

Vor uns liegen die Jahrestagung in Leipzig und die Generalkonferenz<br />

in Shanghai, zwei ausgezeichnete Gelegenheiten<br />

zum Gespräch und zum Gedankenaustausch auf nationaler<br />

und internationale Ebene. Ich freue mich auf viele<br />

Begegnungen mit Ihnen und verbleibe bis dahin<br />

mit freund lichen Grüßen<br />

Ihr<br />

Dr. Klaus Weschenfelder<br />

Präsident <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Foto: privat


Inhalt<br />

Foto: unesco, F. Fatosme<br />

Foto: wikipedia, Sergey Meniailenko<br />

Aktuelles<br />

Museen für ein gesellschaftliches Miteinander<br />

33. Internationaler Museumstag <strong>2010</strong> ............................4<br />

Neuordnung der Mitgliedsbeiträge<br />

<strong>ICOM</strong>-Generalversammlung<br />

hat neue Berechnungsgrundlage verabschiedet .................5<br />

Viertausendstes Mitglied begrüßt<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> wächst weiter ................................5<br />

Die Ethik des Sammelns<br />

Einladung zur Jahrestagung und Mitgliederversammlung <strong>2010</strong><br />

von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> .........................................6<br />

Museums for Social Harmony<br />

Einladung zur 22. Generalkonferenz von <strong>ICOM</strong> in Shanghai .......8<br />

<strong>Deutschland</strong> als Paradies für zwielichtige Antikenhändler?<br />

Zum Umgang mit archäologischem Kulturgut<br />

„lückenhafter“ Provenienz . .................................... 10<br />

Der Internationale Museumstag: Eine Erfolgsgeschichte<br />

soll 2011 neuen Schwung erhalten<br />

Das UNESCO-Programm „Memory of the World“<br />

wird 2011 Partner von <strong>ICOM</strong> .................................. 14<br />

Rückblick<br />

Tourismus – Fluch oder Segen?<br />

Höhepunkte des Internationalen Bodesee-Symposiums 2009 . . 18<br />

Die Kunst und Kultur der Einmischung<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> ist im Deutschen Kulturrat aktiv. . . . . . . . . . . . . 25<br />

Tätigkeitsbericht 2009 des Präsidenten<br />

von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> ....................................... 26<br />

Protokoll der Mitgliederversammlung 2009 .................... 29<br />

„Um fremden Wert willig und frei anzuerkennen<br />

und gelten zu lassen, muss man eigenen haben.“<br />

Laudatio auf York Langenstein ................................. 30<br />

Internationale Komitees<br />

Meisterwerke per Mausklick<br />

<strong>ICOM</strong> unterstützt den Ausbau von Europeana .................. 32<br />

Die internationalen Komitees stellen sich vor<br />

International Committee for Museums<br />

and Collections of Fine Arts (ICFA) ............................. 35<br />

International Committee for Conservation (<strong>ICOM</strong>-CC) .......... 36<br />

Tagungsberichte<br />

Concepts and Project Outcomes<br />

ICAMT – International Committee for Architecture<br />

and Museum Techniques ...................................... 37<br />

Wie authentisch können Freilichtmuseen sein?<br />

AEOM – Association of European Open-Air Museums .......... 38<br />

2 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Foto: Jürgen Hohmuth / zeitort.de<br />

Foto: Museumsdienst Köln, Karin Rottmann<br />

The Documentation in the XXI Century:<br />

Connecting the Information of Cultural Heritage<br />

CIDOC – International Committee of Documentation .......... 39<br />

From Strangers to Friends<br />

ALHFAM – Association for Living History,<br />

Farm and Agricultural Museums ............................... 40<br />

The Intersection of Art and Technical Innovation<br />

ICDAD – International Committee of Collections and Museums<br />

of Decorative Arts and Design ................................. 41<br />

Making the World Smaller:<br />

Crossing Boundaries with Exhibitions<br />

ICEE – International Committee for Exhibition Exchange ........ 42<br />

Portuguese Glass in an European Context<br />

GLASS – International Committee for Museums<br />

and Collections of Glass ....................................... 43<br />

Museums and Faith<br />

ICMAH – International Committee for Museums<br />

and Collections of Archaeology and History .................... 44<br />

Museums for Reconciliation and Peace.<br />

Roles of Ethnographic Museums in the World<br />

ICME – International Committee for Museums<br />

and Collections of Ethnography ............................... 45<br />

Die Reisen der Schriftsteller<br />

ICLM – International Committee for Literary Museums .......... 46<br />

Cultural Heritage and Biodiversity –<br />

A New Challenge for Mediation Through Museums<br />

NATHIST – International Committee for Museums<br />

and Collections of Natural History ............................. 48<br />

New Enthusiasts for an Old Subject:<br />

Transforming Numismatic Exhibitions for the Future<br />

<strong>ICOM</strong>ON – International Committee of Money<br />

and Banking Museums ........................................ 49<br />

Staff and Training in Regional Museums<br />

ICR – International Committee for Regional Museums .......... 50<br />

ICTOP – International Committee for the Training<br />

of Personnel .................................................. 51<br />

Umschau<br />

Das Eigene und das Fremde. Museen und Integration<br />

Jahrestagung des Bundesverbandes Museumspädagogik . ..... 52<br />

Museum – Migration – Kultur – Integration<br />

Gründung eines Arbeitskreises beschlossen ................... 54<br />

Publikationen ................................................. 55<br />

Bestellschein für Publikationen von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> ......... 55<br />

Veranstaltungen ............................................ 57<br />

Museum Security. Problems, Trends and Solutions<br />

ICMS – International Committee on Museum Security .......... 47<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 3


AKTuelles<br />

33. Internationaler Museumstag<br />

Museen für ein gesellschaftliches Miteinander<br />

Foto: <strong>ICOM</strong><br />

Unter dem Motto „Museums for Social Harmony – Museen<br />

für ein gesellschaftliches Miteinander“ begehen die<br />

Museen im Mai <strong>2010</strong> weltweit den 33. Internationalen Mus<br />

eu m s t a g . In <strong>Deutschland</strong>, Österreich und der Schweiz findet<br />

das Ereignis am Sonntag, dem 16. Mai <strong>2010</strong>, statt.<br />

Die in Abstimmung mit den <strong>ICOM</strong>-Nationalkomitees<br />

<strong>Deutschland</strong>, Schweiz und Österreich und dem Deutschen<br />

Museumsbund festgelegte deutsche Formulierung „Museen<br />

für ein gesellschaftliches Miteinander“ lädt alle Museen<br />

ein, sich mit eigenen Beiträgen an der Gestaltung eines anregenden<br />

und vielseitigen Programms für die Bürger ihrer<br />

Stadt, ihrer Region oder ihres Landes zu beteiligen.<br />

Möglichkeiten zur Umsetzung des Mottos<br />

Orte der Begegnung: Museen bieten Menschen aus allen<br />

ge sellschaftlichen Schichten und allen Generationen die<br />

Chance, mehr über andere, aber auch über sich selbst zu erfahren.<br />

Generationenübergreifende und interkul turelle Programme:<br />

Zeitzeugen berichten über his torische Ereignisse und<br />

tauschen sich mit nachfolgenden Generationen aus,<br />

junge Men schen führen Erwachsene, Jugendliche führen<br />

Kinder, gemeinsame Aktionen für unterschiedliche soziale<br />

und eth nische Gruppen, Projekte zur Partizipation.<br />

Vermittlung kultureller Vielfalt: Kulturelle Vielfalt bedeutet<br />

eine wichtige Ressource für unsere Gesellschaft.<br />

Museen bieten die Chance, die Neugier auf das Eigene und<br />

das Andere, oft noch Unbekannte zu wecken und vor Ort<br />

mehr übereinander zu erfahren. Kulturelle Vielfalt zeigt<br />

sich sowohl in den Objekten der Museumssammlungen als<br />

auch im Wissen über diese Sammlungen und findet Ausdruck<br />

im immateriellen Kulturerbe in Form von Musik,<br />

Tanz, traditionellem Handwerk, in der Literatur sowie in<br />

einer unterschiedlichen religiösen Lebenspraxis.<br />

Bieten Sie Ihren Besuchern Museumsfeste mit Musik-,<br />

Tanz- und Theaterveranstaltungen oder Lesungen an!<br />

Ehrenamtliches Engagement: In Zeiten gesellschaftli cher<br />

Veränderungen lässt sich ein wachsendes bürgerschaftli ches<br />

Engagement beobachten. Die zunehmende Bedeutung von<br />

Freundeskreisen und Eh renamtlichen in den Museen unterstreicht,<br />

dass Museen heute verstärkt als Orte bürgerschaft<br />

li chen Engagements ver stan den werden. Gewäh ren<br />

Sie Ihren Besuchern einen Blick hinter die Ku lissen und stellen<br />

Sie die Arbeit der Ehrenamtlichen vor!<br />

Koordinierungsstellen für Initiativen in der Gesellschaft:<br />

Museen laden heute mehr denn je auch zur Mitwirkung<br />

bei Aktionen ein, die Vernetzung und Verbindungen schaffen.<br />

Kooperieren Sie mit anderen Einrichtungen, gewinnen<br />

Sie Partner in Schulen, Vereinen und Betrieben oder in örtlichen<br />

Sparkassen! Der Internationale Museumstag wird<br />

von zahlreichen Stiftungen und Verbänden der Sparkassen-<br />

Finanzgruppe unterstützt.<br />

Der Internationale Museumstag wird vom Internationalen<br />

Museumsrat (<strong>ICOM</strong>) seit 1977 jährlich ausgerufen. Er<br />

verfolgt das Ziel, auf die Bedeutung und die Vielfalt der<br />

Museen aufmerksam zu machen. Gleichzeitig ermuntert<br />

er Besucher, die in den Einrichtungen bewahrten Schätze<br />

zu erkunden. Daher ist der Eintritt in die Museen an diesem<br />

Tag in der Regel frei.<br />

In <strong>Deutschland</strong> steht das Ereignis unter der Schirmherrschaft<br />

des Präsidenten des Bundesrates, des Präsidenten<br />

des Senats der Freien Hansestadt Bremen, Bürgermeister<br />

Jens Böhrnsen.<br />

Zum Auftakt des Internationalen Museumstages findet<br />

am 15. Mai <strong>2010</strong> zum sechsten Mal europaweit die von<br />

Frankreich initiierte „Nacht der Museen“ statt.<br />

Das Motto des Internationalen Museumstages <strong>2010</strong><br />

bie tet zahlreiche Anknüpfungen, dem Ideenreichtum sind<br />

keine Grenzen gesetzt. Wir freuen uns mit Ihnen auf einen<br />

lebendigen Internationalen Museumstag, der zu ei nem Fest<br />

für die Besucher und die Mitarbeiter der Museen wird.<br />

Johanna Westphal<br />

Geschäftsführerin <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Weitere Informationen:<br />

www.museumstag.de und http://icom.museum/imd.html<br />

4 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Aktuelles<br />

Neuordnung der Mitgliedsbeiträge<br />

Der Internationale Museumsrat vereinigt 28.000 Mitglieder<br />

in 137 Ländern, die sich in 115 Nationalkomitees und<br />

dreißig internationalen Komitees organisieren. Hinzu kommen<br />

mehrere Regionalgruppen und Kooperationspartner,<br />

mit denen <strong>ICOM</strong> weltweit zusammenarbeitet.<br />

Angesichts der Fülle der Aufgabenbereiche scheint eine<br />

Anhebung der Mitgliedbeiträge unausweichlich zu sein.<br />

Die Zahl der Mitarbeiter im Generalsekretariat in Paris<br />

mit zwanzig Hauptamtlichen und einigen Praktikanten ist<br />

durchaus überschaubar, aber vor allem das Jahresbudget<br />

von rund 3,2 Millionen Euro (Soll 2009) nimmt sich bescheiden<br />

aus. Ein Großteil ist durch die Personal- und Reisekosten<br />

der Ge schäftsstelle gebunden. E-Mail-Verkehr und<br />

Telefonkonferenzen reichen allein nicht aus, um die Interessen<br />

der Mu seumslandschaft weltweit angemessen zu unterstützen,<br />

dazu braucht es auch persönliche Begegnungen.<br />

<strong>ICOM</strong> ist auch ein Verband der Mitglieder. Neben der Infrastruktur<br />

muss aber auch die inhaltliche Arbeit, die in<br />

den Komitees stattfindet, angemessene Berücksichtigung<br />

finden. Dort werden Strategien zur Optimierung der Museumsarbeit<br />

erdacht und erprobt, Handreichungen und Untersuchungen<br />

erarbeitet und durch sie wird die Bedeutung<br />

der Museen für die Gesellschaft vor Ort sichtbar gemacht.<br />

Seit langem fordern sie bessere Unterstützung. Derzeit erhalten<br />

die internationalen Komitees einen Zuschuss von<br />

5,30 Euro pro Mitglied und einen Sockelbetrag von siebenhundert<br />

Euro im Jahr. Dies reicht kaum aus, um Tagun gen<br />

zu finan zieren, geschweige denn Ergebnisse zu publizie ren<br />

und zu kommunizieren. Die Nationalkomitees erhalten gar<br />

keine strukturelle Förderung, sie müssen sich durch zu sätzliche<br />

Gebühren, Zuwendungen und Spenden finanzieren.<br />

Es gibt zwei Wege, um die Situation zu verbessern, beide<br />

müssen gleichzeitig beschritten werden: Die Verringerung<br />

bzw. Umwidmung von Ausgaben und die Steigerung der<br />

Einnahmen. Es bleibt eine wichtige Aufgabe des Generalsekretariats,<br />

seine Ausgaben auf Notwendigkeit und Effizienz<br />

hin zu überprüfen, ferner hat <strong>ICOM</strong>-Generaldirektor<br />

Julien Anfruns das Fundraising zu einem seiner Ziele<br />

erklärt. Schließlich kann auch die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge<br />

die Finanznot lindern. Die <strong>ICOM</strong>-Generalversammlung<br />

hat daher in ihrer Sitzung vom 9. Juni 2009<br />

beschlossen, die vom <strong>ICOM</strong>-Generalsekretariat vorgeschlagene<br />

neue Gebührenpolitik versuchsweise für das Jahr<br />

<strong>2010</strong> einzuführen, und hat das Exekutivkomitee aufgefordert,<br />

mit den Mitgliedern über zukünftige Gebührenstrukturen<br />

zu beraten sowie Einsparpotentiale zu ermitteln, um<br />

nationale und internationale Komitees zu fördern, die solcher<br />

Hilfe dringend bedürfen.<br />

Das in diesem Beschluss anklingende Solidaritätsprinzip<br />

bestimmt die vorgeschlagene Gebührenordnung. Alle Länder<br />

sind auf der Basis eines UNO-Kaufkraftvergleichs in vier<br />

Kategorien mit unterschiedlicher Gebührenhöhe eingeteilt.<br />

Während individuelle Mitglieder der finanzschwächs ten Länder<br />

20 Euro pro Jahr zahlen müssen, werden für Einzelmitglieder<br />

der reichsten Länder 62 Euro fällig, 4 Euro mehr<br />

als zuvor. Den Mitgliedern des deutschen Nationalko mi tees<br />

wurde diese Erhöhung des Grundbetrages, die vollständig<br />

nach Paris abgeführt wird, in der Jahresrechnung mitgeteilt.<br />

Etwas komplizierter verhält es sich bei institutionellen<br />

Mitgliedern. Zu den vier Länderkategorien kommt eine neue<br />

Eingruppierung nach dem Jahresbudget der Museen zum<br />

tragen, anstelle der Anzahl von Mitarbeitern, wie bislang<br />

(siehe www.icom-deutschland.de/mitgliedschaft-institutionelle-mitgliedschaft.php).<br />

Diese Regelung konnte <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> bisher erst „virtuell“ umsetzen, das heißt, alle<br />

institutionellen Mitglieder wurden durch die Geschäftsstelle<br />

provisorisch geschätzt und in das neue Schema eingepasst.<br />

Die neue, höhere oder niedrigere Gebühr aber wird<br />

noch nicht erhoben, da der Abgleich mit den betroffenen<br />

Mitgliedern noch im Gange ist. Da sich für einige Museen<br />

der Beitrag deutlich erhöhen wird, bedarf es einiger Überzeugungsarbeit,<br />

diese Mitglieder zu halten. Die Argumente<br />

dafür sind gewichtig: Einerseits sollen sich die Leistungen<br />

von <strong>ICOM</strong> für seine Mitglieder verbessern, andererseits<br />

soll durch Entlastung der <strong>ICOM</strong>-Mitglieder in Schwellenländern<br />

deren Integration in den Weltverband gefördert<br />

werden.<br />

Dr. Klaus Weschenfelder<br />

Präsident <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Viertausendstes Mitglied<br />

begrüßt<br />

Foto: <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> konnte im Februar <strong>2010</strong><br />

Julien Chapuis, den Leiter der Skulpturensammlung<br />

und des Museums für Byzantinische<br />

Kunst SMB, als sein viertausends tes Mitglied<br />

begrüßen. Geschäftsführerin Johanna Westphal<br />

überbrach te einen Blumenstrauß als Willkommensgruß.<br />

„Ich bin gespannt auf die Arbeit im<br />

deutschen Nationalkomitee von <strong>ICOM</strong> und<br />

überzeugt, dass die Mitgliedschaft für meine<br />

Berufstätigkeit wie auch für mich persönlich<br />

ein Gewinn sein wird“, versicherte Julien Chapuis.<br />

Mit viertausend Mitgliedern ist <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> weiterhin das mitgliederstärkste<br />

Nationalkomitee.<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 5


Aktuelles<br />

Die Ethik des Sammelns<br />

Wenn sich Museen im Spannungsfeld zwischen Etatknappheit und ungesteuertem Objektzustrom<br />

bewegen, geraten die ethischen Grundsätze des musealen Sammelns zur<br />

Herausforderung. <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> lädt zum Austausch über die Erfahrungen mit<br />

dem Sammelalltag in Museen ein. Die Jahrestagung und die Mitgliederversammlung<br />

finden vom 23. bis 25. September <strong>2010</strong> in Leipzig statt.<br />

Die Jahrestagung <strong>2010</strong> führt uns in<br />

eine Museumsstadt von herausragender<br />

Bedeutung. Mit einer Reihe von<br />

glanzvollen Eröffnungen hat Leipzig<br />

in den letzten Jahren diesen Rang bekräftigt.<br />

Das Grassi-Museum für Angewandte<br />

Kunst mit seiner einfühlsam<br />

restaurierten Art-Déco-Pfeilerhalle wird<br />

einen exquisiten Rahmen für die diesjährige<br />

Tagung von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />

die sich dem Thema „Et hik des<br />

Sammelns“ zu wenden wird, bieten.<br />

Im Rahmen der Jahrestagung wird<br />

auch die Mitgliederversammlung mit<br />

der Wahl der neuen Präsidentin oder<br />

des neuen Präsidenten und des Vorstands<br />

durchgeführt. Am 23. September<br />

beginnt die Tagung mit einer<br />

Abendveranstaltung im Museum der<br />

bildenden Künste Leipzig.<br />

Sammeln als öffentlicher Auftrag<br />

Die ethische Dimension des Sammelns<br />

resultiert aus der Verantwortung des<br />

Museums gegenüber dem Sammlungsgegenstand,<br />

sei er von Menschenhand<br />

gemacht oder von der Natur hervorgebracht,<br />

gegenüber dem Künstler oder<br />

Hersteller und gegenüber der Gesellschaft,<br />

zu deren Nutzen gesammelt<br />

wird. Sammeln erfordert eine Menge<br />

an Ressourcen, Arbeitskraft und Geld,<br />

es handelt sich nicht um eine marginale,<br />

sondern um eine zentrale Aufgabe<br />

des Museums. Sammeln heißt,<br />

Erinnerung zu bewahren, aber auch<br />

ein Bild von der Vergangenheit zu gestalten.<br />

Wegen der großen Bedeutung<br />

des Sammelns für die Ausbildung eines<br />

geschichtlichen und kulturellen Bewusstseins<br />

muss das Museum hinsichtlich<br />

seiner Sammlungstätigkeit zum<br />

ei nen seine grundsätzliche Haltung dazu<br />

und zum anderen die Voraussetzungen<br />

dafür und die Konsequenzen daraus<br />

ständig überprüfen.<br />

Im beschleunigten globalen Handel<br />

mit Artefakten und Gegenständen der<br />

Natur sind die Gefahren gewachsen,<br />

mit ungesetzlich gehandelten Angeboten<br />

konfrontiert zu werden, zumal<br />

auch in vielen Ländern die Aufmerksamkeit<br />

für die eigene kulturelle Überlieferung<br />

gestiegen ist und der rechtliche<br />

Rahmen weltweit deutliche Vorgaben<br />

zugunsten des Verbleibs von Kulturund<br />

Naturgütern in den Herkunftsländern<br />

bestimmt. Die mas senhaften<br />

Enteignungen im Nationalsozialismus<br />

und die kriegsbedingt verbrachten<br />

Kunst- und Kulturgüter stellen eine<br />

weitere Herausforderung an die Ethik<br />

des Sammelns dar, die sich nur langsam<br />

im Bewusstsein aller Verantwortlichen<br />

festsetzt.<br />

Wenn das Sammeln<br />

zum Problem wird<br />

Nicht wenige Konstellationen gibt es,<br />

die dem Museum die Verantwortung<br />

für das Sammeln aus der Hand gleiten<br />

lassen. Wegen des Fehlens eigener Mittel<br />

überlassen Museen den Aufbau von<br />

Sammlungen Privatpersonen und sehen<br />

sich nicht selten mit der Tatsache<br />

konfrontiert, dass eine mit fachlicher<br />

Unterstützung des Museums sorgsam<br />

aufgebaute Sammlung plötzlich in alle<br />

Winde zerstreut wird. Auch national<br />

wertvolles Kulturgut in Privatbesitz<br />

stellt Museen und deren Träger vor besondere<br />

Aufgaben, wenn Verkäufe vorgesehen<br />

sind oder gar Abwanderung<br />

droht. Rückkäufe, die aufgrund von<br />

Versteigerungsterminen unter Zeit­<br />

Foto: Grassi-Museum<br />

6 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Aktuelles<br />

druck erfolgen, zwingen oft zu konzertierten<br />

Aktio nen.<br />

Aber nicht nur finanzielle Probleme<br />

beeinflussen die Sammlungstätigkeit.<br />

Strategien des Sammelns mit Blick auf<br />

Gegenwartsdokumentation oder Alltagskultur,<br />

Präsentation oder Lagerung<br />

von sehr großen Sammlungsgegenständen,<br />

Notgrabungen und an deres<br />

mehr fordern Entscheidungen über das<br />

Sammeln. Fehlende Lagerkapazitäten<br />

oder ungesteuerter Zufluss von Sammlungsobjekten<br />

führen inzwischen sogar<br />

schon zum Nachdenken über Stra tegien<br />

des „Entsammelns“. Schließ lich<br />

sollen alle Sammlungsobjekte im Museum<br />

wissenschaftlich erfasst, zumindest<br />

aber konservatorisch hinreichend<br />

behandelt werden, wozu erhebliche<br />

Re ssourcen erforderlich sind. Die Verantwortung<br />

für das Sammlungsgut endet<br />

nicht mit dem Erwerb und es gehört<br />

zu den ethischen Verpflichtungen,<br />

Sammeln und Bewahren in Einklang<br />

zu bringen.<br />

Open Box<br />

Die Leipziger Tagung wird den Kernfragen<br />

des Sammelns im gesamten<br />

Spektrum des Museumswesens nachgehen.<br />

Neben zwei Sektionen mit<br />

Haupt vorträgen wird auch diesmal<br />

wieder eine „Open Box“ für kurze<br />

Beiträge angeboten. Wegen ihres großen<br />

Erfolgs auf dem Internationalen<br />

Bodensee-Symposium 2009 ist das<br />

Forum für weitere Beiträge aus den<br />

Reihen der Mitglieder auch ein Programmpunkt<br />

unserer diesjährigen Jahrestagung<br />

in Leipzig. Am Samstag,<br />

dem 25. September <strong>2010</strong>, bietet die<br />

„Open Box“ Gelegenheit, in Kurzreferaten<br />

von maximal fünf Minuten Dauer<br />

zum Themenkreis der Tagung zu<br />

spre chen. Dabei kann es sich um Best-<br />

Practice-Beispiele ebenso handeln wie<br />

um grundsätzliche Überlegungen.<br />

Interessierte, die in diesem Rahmen<br />

sprechen möchten, senden uns bitte<br />

ihre Vorschläge bis spätestens zum<br />

31. Juli <strong>2010</strong>. Bitte geben Sie Ihren<br />

Namen, Ihre Einrichtung und Ihr Thema<br />

an (gegebenenfalls auch, ob und in<br />

welcher Form Sie Abbildungen zeigen<br />

wollen) und fügen Sie eine ca. acht zeilige<br />

Zusammenfassung bei! Bei ei ner<br />

größeren Anzahl von Angeboten treffen<br />

wir eine Auswahl: Wir werden dabei<br />

den Zeitpunkt der Anmeldung und<br />

die Bedeutung der jeweiligen Beiträge<br />

als Ergänzung des Tagungsprogramms<br />

berücksichtigen.<br />

Wahl des Vorstandes<br />

von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Auf der Mitgliederversammlung <strong>2010</strong><br />

in Leipzig werden die Präsidentin oder<br />

der Präsident und die Vorstandsmitglieder<br />

für die Amtszeit 2011 bis 2013<br />

gewählt. Für die Mitarbeit im Vorstand<br />

sind sechs Sitze zu vergeben. Auch<br />

wenn es sich um ein Ehrenamt handelt,<br />

wird die Bereitschaft erwartet, sich aktiv<br />

in die laufenden Aufgaben wie auch<br />

in die Entwicklung zukunfts orien tierter<br />

Perspektiven unserer in ter na tio nal<br />

ausgerichteten Arbeit einzubringen.<br />

Die Mit glieder des am tierenden Vorstands,<br />

einschließlich des Präsidenten,<br />

die für eine zweite Amtsperiode zur<br />

Verfügung stehen, werden sich ebenso<br />

wie neu vorgeschlagene Kandidatinnen<br />

und Kandidaten aus dem Kreis<br />

der Mitglieder zur Wahl stellen.<br />

Nach der Vorstellungsrunde der Kandidatinnen<br />

und Kandidaten in der Mitgliederversammlung<br />

erfolgt die Personalaussprache.<br />

Anschließend wer den<br />

in getrennten und geheimen Wahl gängen<br />

die Präsidentin oder der Präsi dent<br />

und dann die übrigen Vorstands mitglie<br />

der gewählt. Wir bitten alle Kandidatinnen<br />

und Kandidaten für die<br />

Vorstandswahlen oder für das Amt<br />

der Präsidentin oder des Präsiden ten,<br />

ihre Kandidatur bis spätestens zum<br />

31. Juli <strong>2010</strong> der Geschäftsstelle von<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> schriftlich mitzuteilen.<br />

Wir stützen uns dabei auf<br />

den bei <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> bisher beachteten<br />

Wahlmodus, aber auch auf<br />

die Wahlregularien des Internationalen<br />

Museumsrats <strong>ICOM</strong>.<br />

Mitte August werden die Bewerberinnen<br />

und Bewerber auf unserer Webseite<br />

bekannt gegeben.<br />

Mitglieder können bei Nichtanwesenheit<br />

ihr Stimmrecht auf andere<br />

stimmberechtigte Mitglieder schriftlich<br />

übertragen, wobei jedes Mitglied<br />

zur Vertretung von höchstens zwei<br />

abwesenden Mitgliedern bevollmächtigt<br />

werden kann. Eine Vorlage zur<br />

Übertragung des Stimmrechts erhalten<br />

Sie in der Geschäftsstelle.<br />

Der Vorstand lädt Sie herzlich zu<br />

der Jahrestagung und zur Mitgliederversammlung<br />

<strong>2010</strong> in Leipzig ein und<br />

wir freuen uns auf eine Begegnung<br />

und einen gemeinsamen Austausch mit<br />

Ihnen. Nutzen Sie diesen Anlass dazu,<br />

<strong>ICOM</strong> zu einem lebendigen Forum<br />

ambitionierter Museumsschaffender zu<br />

machen.<br />

Der Vorstand <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Weitere Informationen:<br />

www.icom-deutschland.de<br />

Themenvorschläge für die „Open Box“ und<br />

Kandidatenvorschläge für die Wahl des Vorstandes<br />

bitte an:<br />

icom@icom-deutschland.de<br />

Die Jahrestagung von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

wird in der wiedereröffneten Pfeilerhalle<br />

(Foto links) des Grassi-Museums in Leipzig<br />

stattfinden. Wie viele Mu seen <strong>Deutschland</strong>s,<br />

so steht auch das Grassi-Museum vor<br />

der museumsethisch bedeutsa men Frage,<br />

wie mit Artefakten ungesicherter Herkunft<br />

zu verfahren sei. Die auf den Emporen der<br />

Pfeilerhalle präsentierte Ausstellung<br />

„Asiatische Kunst. Impulse für Europa“<br />

enthält iranische Bildfliesen (Foto rechts),<br />

deren Provenienz nicht vollständig<br />

geklärt ist.<br />

Foto: Christoph Sandig, Leipzig<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 7


Aktuelles<br />

Museums for Social Harmony<br />

Wie können wir in einer pluralistischen Gesellschaft harmonisch miteinander leben?<br />

Und wie sollten Museen uns dabei unterstützen? Schwierige Fragen, über die<br />

sich Museumsfachleute einsam den Kopf zerbrechen oder im interkulturellen Dialog<br />

nach Antworten suchen können. Die 22. <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz will vom 7. bis<br />

12. November <strong>2010</strong> in Shanghai die Plattform für Ideen und Erfahrungen bieten.<br />

„The concept of harmony is both meaningful<br />

for mankind as a whole and emblematic of<br />

Oriental cultures. The main features of social<br />

harmony are dialogue, tolerance, co-existence<br />

and development, which are based on pluralism,<br />

diversity, competition and creativity. At<br />

its core is the ability to get on together whilst<br />

accepting difference – the effort to find<br />

common ground without jettisoning distinctive<br />

identities. Social har mony is multitiered:<br />

it encompasses harmony between all<br />

ethnic groups and cultures (between the<br />

dominant culture and subcultures and<br />

between the cultures of different social<br />

classes); harmony in the sense of respect for<br />

a country or a culture; harmony between<br />

different re ligions; and harmony between<br />

Man and Nature.“<br />

An Laishun<br />

Organizing Committee<br />

Working Group on the theme of the<br />

22nd <strong>ICOM</strong> General Conference<br />

Alle drei Jahre findet die <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz<br />

statt. Hier werden die<br />

Weichen für die Politik des Weltverbandes<br />

der Museen gestellt. Neben den<br />

Diskussionen zu einem übergreifenden<br />

Thema treffen sich die internationalen<br />

Komitees zu ihren Jahreskonferenzen,<br />

tagen Executive Council und Advisory<br />

Committee und werden die Gremien<br />

neu gewählt. Die Tagung bietet zudem<br />

Gelegenheit für eine breite Kommunikation<br />

unter den Museumskollegin nen<br />

und -kollegen.<br />

In diesem Jahr richtet das <strong>ICOM</strong>-<br />

Nationalkomitee China vom 7. bis<br />

12. November <strong>2010</strong> die 22. <strong>ICOM</strong>-<br />

Generalkonferenz und die 25. <strong>ICOM</strong>-<br />

Generalversammlung in Shanghai aus.<br />

Das Generalthema lautet in der englischen<br />

Version „Museums for Social<br />

Harmony“ und ist eine Übertragung<br />

aus der chinesischen Sprache, in der<br />

der Begriff „Harmonie“ im Sinne von<br />

Ausgewogenheit in vielfältiger Form<br />

verwendet wird.<br />

Die Generalversammlung wählt in<br />

Shanghai das 16 Personen umfassende<br />

Executive Council, das aus elf Mitgliedern,<br />

einem Schatzmeister, zwei<br />

Vizepräsidenten, einem Präsidenten<br />

und dem Vorsitzenden des Advisory<br />

Committee (von Amtes wegen) besteht.<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> hat Hans-Martin<br />

Hinz, den ehemaligen Präsidenten<br />

von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und <strong>ICOM</strong><br />

Europe und derzeit Mitglied des Executive<br />

Council, als Kandidaten für das<br />

Präsidentenamt vorgeschlagen. Ferner<br />

wird Rosmarie Baier-de Haan, Generalsekretärin<br />

von ICMAH und Mitglied<br />

im Vorstand von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />

auf Vorschlag des Deutschen National<br />

komitees für das Executive Council<br />

kandidieren.<br />

Reisekostenzuschüsse<br />

stehen zur Verfügung<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> fördert wie bei<br />

früheren Generalkonferenzen die Teilnahme<br />

deutscher Mitglieder mit Reisekostenzuschüssen.<br />

Vorbehaltlich der<br />

Bewilligung des Zuwendungsgebers<br />

stehen für eine bestimmte Anzahl von<br />

Interessierten Reisekostenzuschüsse<br />

von bis zu 400 Euro zur Verfügung.<br />

Das Jüdische Museum Berlin bringt mit<br />

dem Programm „On.Tour – Das JMB<br />

macht Schule“ Teilaspekte der<br />

Dauerausstellung auf Schulhöfe und<br />

in Klassenzimmer.<br />

Foto: Jüdisches Museum Berlin, Foto: Sönke Tollkühn<br />

Foto: Jüdisches Museum Berlin, Foto: Sönke Tollkühn<br />

8 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Aktuelles<br />

Foto: Walter Larrimore, NMAI<br />

Das National Museum of the American Indian, Smithsonian Institution, lädt die indigene und die nicht indigene Bevölkerung zur Auseinandersetzung<br />

mit der Geschichte, dem zeitgenössischen Leben und den Erfahrungen der indigenen Völker Amerikas ein. Ziel ist, gegenseitiges<br />

Verständnis und kulturelle Versöhnung zu ermöglichen als Basis für ein künftiges gemeinsames Miteinander.<br />

Voraussetzung für die Bezuschussung<br />

ist ein wissenschaftlicher Beitrag zur<br />

Konferenz (z. B. das Halten eines Vortrages),<br />

eine besondere Funktion in der<br />

Gremienarbeit (z. B. die Tätigkeit als<br />

Vorstandsmitglied oder als Generalsekretär)<br />

oder das Mitwirken bei der<br />

Vorbereitung und Durchführung der<br />

Konferenz und seiner Fach tagungen.<br />

Daneben wird die Anfertigung eines<br />

Berichtes sowohl für die Reisekostenabrechnung<br />

als auch für die Veröffentlichung<br />

in den Mitteilun gen von<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> erwartet.<br />

Das aktuelle Programm und alle<br />

wei teren Informationen zu Anmeldung,<br />

Gebühren und Visum bietet die<br />

Webseite zur <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz<br />

www.icom<strong>2010</strong>.org.cn. Die notwendi<br />

gen Formulare für die Beantragung<br />

eines Visums sind über die Botschaft<br />

der Volksrepublik China in der Bundes<br />

republik <strong>Deutschland</strong> erhältlich,<br />

www.china-botschaft.de. Allgemeine<br />

In formationen zur Metropole Shanghai<br />

finden Sie unter www.shanghai.gov.cn.<br />

Bitte beachten Sie, dass die Höhe<br />

der Teilnahmegebühr zeitlich gestaffelt<br />

ist. Eine frühe Anmeldung lohnt<br />

sich.<br />

Wir bitten alle deutschen <strong>ICOM</strong>-<br />

Mitglieder, sich vor Antritt ihrer Reise<br />

in der Geschäftsstelle von <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> zu melden. Wir planen<br />

ein gemeinsames Treffen der deutschen<br />

Teilnehmer in Shanghai und möchten<br />

Sie rechtzeitig dazu einladen.<br />

Konferenz-Tour<br />

Im Rahmen der Generalkonferenz findet<br />

vom 30. Oktober bis 5. November<br />

<strong>2010</strong> eine von <strong>ICOM</strong> Europe in Kooperation<br />

mit <strong>ICOM</strong> China und <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> veranstaltete Konferenz-<br />

Tour durch die Städte Xian, Loyang,<br />

Kaifung und Zhengzhou zum Thema<br />

„Respecting Cultural Heritage for Our<br />

Common Future“ statt.<br />

Der Internationale Museumstag<br />

greift in diesem Jahr das Thema der<br />

<strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz auf und wird<br />

in <strong>Deutschland</strong> am 16. Mai <strong>2010</strong> unter<br />

dem Motto „Museen für ein gesellschaftliches<br />

Miteinander“ began gen.<br />

Näheres hierzu finden Sie im Internet<br />

www.museumstag.de und in dieser Ausgabe<br />

der <strong>Mitteilungen</strong> auf Seite 4.<br />

Johanna Westphal<br />

Geschäftsführerin <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Weitere Informationen:<br />

www.icom<strong>2010</strong>.org.cn<br />

Botschaft der VR China in <strong>Deutschland</strong>:<br />

www.china-botschaft.de<br />

Shanghai: www.shanghai.gov.cn<br />

Fragen zum Reisekostenzuschuss:<br />

icom@icom-deutschland.de<br />

Konferenz-Tour: www.icom-euope.org<br />

„In the United States, as elsewhere,<br />

contemporary society is constantly in search<br />

of vehicles – ‚safe places’ – for the consideration<br />

and debate of social and cultural<br />

questions and issues that need resolution and<br />

reconciliation if, ultimately, ‚social harmony’<br />

is to be achieved and preserved.<br />

I do not pretend that museums alone are<br />

capable of shouldering this considerable<br />

social and cultural challenge, but I believe the<br />

vision and conception seminal and worthy<br />

of consideration as a matter of 21st century<br />

museology and, more importantly, social<br />

responsibility. Social harmony, whether local<br />

or global, requires the capacity, culturally and<br />

socially, to eliminate boundaries that divide<br />

– and I hope and trust that museums, in the<br />

future, will advance this noble aspiration.“<br />

W. Richard West, Jr.<br />

Founding Director and Director Emeritus<br />

National Museum of the American Indian<br />

Smithsonian Institution<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 9


Aktuelles<br />

<strong>Deutschland</strong> als Paradies<br />

für zwielichtige Antikenhändler?<br />

Machen sich die deutschen Behörden zu Handlangern von Kriminellen? Zum Umgang<br />

mit archäologischem Kulturgut „lückenhafter“ Provenienz an einem Beispiel<br />

Gastbeitrag von Michael Müller-Karpe<br />

Ein „Deutsch-irakischer Archäologenkrimi“ um ein antikes<br />

Goldgefäß hat jüngst die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit<br />

auf ein Problem gelenkt, das so gar nicht zum<br />

Selbstverständnis einer Kulturnation passen will: die in<br />

<strong>Deutschland</strong> weitgehend unbehelligt florierende Antikenhehlerei.<br />

Das Goldgefäß wurde im September 2005, auf Veranlassung<br />

des Verfassers, vom Zoll bei einem Auktionshaus in<br />

München sichergestellt und dem Römisch-Germanischen<br />

Zentralmuseum (RGZM) zur wissenschaftlichen Untersuchung<br />

und Begutachtung überstellt. Es war ohne Fundortangabe<br />

und ohne Legalitätsdokumente des Landes der Fundstelle<br />

versteigert worden.<br />

Nach den Feststellungen des vom Verfasser erstellten<br />

Gutachtens handelte es sich bei dem Gefäß nicht, wie vom<br />

Auktionshaus angegeben, um ein etwa zweitausend Jahre<br />

altes Erzeugnis der römischen Kaiserzeit, sondern um ein<br />

viereinhalbtausend Jahre altes Gefäß der sumerischen Hochkultur<br />

Mesopotamiens und damit um eines der weltweit<br />

ältesten Goldgefäße überhaupt. Es stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

aus einem geplünderten Königsgrab im Südirak.<br />

Die Rechtslage ist eigentlich klar<br />

Archäologische Funde unterliegen im Irak einem Schatzregal.<br />

Sie befinden sich damit regelmäßig im öffentlichen<br />

Eigentum der Republik Irak, falls die Ausnahme nicht<br />

durch gültige Dokumente des Herkunftsstaates (z. B. Exportlizenzen)<br />

nachgewiesen wird.<br />

Zum Tatbestand der Hehlerei bzw. gewerbsmäßigen<br />

Hehlerei tritt bei der Veräußerung von archäologischem<br />

Kulturgut aus dem Irak regelmäßig ein Verstoß gegen das<br />

Außenwirtschaftsgesetz (§ 34 Abs. 4): Nach der Verordnung<br />

EG 1210/2003 (Art. 3 Abs. 1) sind die Einfuhr und<br />

Ausfuhr von und der Handel mit irakischen Kulturgütern<br />

in der Europäischen Union verboten, wenn sie illegal von<br />

irakischen Orten entfernt wurden oder ein begründeter<br />

Verdacht besteht, dass die Kulturgüter unter Verstoß gegen<br />

die einschlägigen irakischen Gesetze und Bestimmungen<br />

aus Irak verbracht wurden. Dieses Verbot gilt nicht, wenn<br />

nachgewiesen wird, dass die Kulturgüter vor dem 6. August<br />

1990 aus Irak ausgeführt wurden oder den irakischen<br />

Einrichtungen zurückgegeben werden (Art. 3 Abs. 2).<br />

Die Chronologie eines Rechtsstreites<br />

Am 3. Juni 2009 erwirkte das Auktionshaus beim Münchner<br />

Finanzgericht einen Beschluss, der den Zoll verpflichtete,<br />

das Goldgefäß dem Gericht zwecks „Inaugenscheinnahme“<br />

vorzulegen. Darauf hin forderte der Zoll vom<br />

RGZM die Herausgabe des Goldgefäßes.<br />

Nachdem die Münchner Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen<br />

in dieser Sache bereits eingestellt hatte – obwohl<br />

weder legitimierende Dokumente noch der von der EU-<br />

Verordnung geforderte Nachweis beigebracht wurden –<br />

kündigte der Zoll gegenüber dem Verfasser an, das Gefäß<br />

an das Auktionshaus herauszugeben, falls das Gericht<br />

feststellen sollte, dass der Zoll bei der Sicherstellung aus<br />

formalen Gründen nicht zuständig war.<br />

Diese Ankündigung fügte sich in eine unrühmliche Tradition<br />

handelsfreundlicher Entscheidungen, mit denen<br />

deutsche Strafverfolgungsbehörden – insbesondere auch<br />

in München – die Interessen derer, die aus der Zerstörung<br />

von Kulturdenkmälern Gewinn ziehen, höher bewerteten<br />

als die international längst anerkannten Belange des Kulturgüterschutzes.<br />

So stellte das Landgericht München I in<br />

seinem Beschluss vom 24. Juni 2008 (Az. 8 Qs 3/08) bezüglich<br />

türkischer Antiken fest, dass bei einer „Güterabwägung<br />

zwischen dem berechtigten Interesse der Republik<br />

Türkei an dem Erhalt ihres Kulturgutes und dem Recht<br />

der Gewahrsamsinhaber an der Verwertung ihrer Gegenstände<br />

letzteren Interessen den Vorzug zu geben ist“.<br />

Für den Verfasser ergab sich das Dilemma, dass er, als<br />

Behördenvertreter, einerseits dem Beschluss eines deutschen<br />

Gerichtes Folge zu leisten hat, andererseits aber durch die<br />

Herausgabe des Goldgefäßes möglicherweise die Voraussetzung<br />

dafür schaffen würde, dass mit diesem fortgesetzt<br />

Hehlerei betrieben wird. Im Kern ging es in dieser Sache<br />

somit auch um die Frage, ob ein Behördenvertreter durch<br />

eine andere Behörde gezwungen werden kann, an der Begehung<br />

einer Straftat mitzuwirken.<br />

Hinzu kam, dass der Botschafter der Republik Irak den<br />

Verfasser explizit gebeten hatte, das Gefäß bis zur abschließenden<br />

eigentumsrechtlichen Klärung durch das letztinstanzlich<br />

zuständige Gericht zu verwahren und nicht herauszugeben.<br />

Er befürchtete, dass durch eine Herausgabe<br />

des Gefäßes an das Auktionshaus, der tatsächlichen Eigentümerin<br />

– der Republik Irak – die Möglichkeit genommen<br />

werden könnte, auf rechtsstaatlichem Weg in den<br />

Besitz ihres Eigentums zu gelangen.<br />

Ein Ignorieren dieser – berechtigten – Bitte wäre auch<br />

insofern bedenklich gewesen, als dies negative Auswirkungen<br />

auf die engen wissenschaftlichen Beziehungen des<br />

RGZM zum irakischen Antikendienst hätte haben können:<br />

Auf der <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz 2004 in Seoul gab<br />

Donny George Youkhanna, damals Direktor des iraki schen<br />

Natio nalmuseums, bekannt, dass Forscher und Institutionen,<br />

die den Handel mit archäologischen Funden zweifelhafter<br />

Herkunft – in welcher Form auch immer – unter­<br />

10 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Aktuelles<br />

Foto: Müller-Karpe<br />

Der illegale Verkauf eines antiken Goldgefäßes, die<br />

Sicherung im Römisch-Germanischen Zentralmuseum<br />

und eine geplante „Rettungsaktion“ sorgten im Sommer<br />

2009 für enorme Medienresonanz (hier F.A.Z. vom<br />

29. Juni 2009).<br />

Michael Müller-Karpe nutzte dieses Interesse, um erneut<br />

auf die fortgesetzte Antikenhehlerei hinzuweisen.<br />

Indizien, die belegen, dass archäologische Funde unbekannter Herkunft regelmäßig aus strafbaren Handlun gen<br />

herrühren und daher nicht verkehrsfähig sind:<br />

1. Archäologische Funde legaler Herkunft haben immer einen Fundort.<br />

Bei Funden illegaler Herkunft wird dieser allerdings, zur Vermeidung<br />

von Rückgabeforderungen und strafrechtlichen Konsequenzen,<br />

regelmäßig gefälscht, verschleiert oder ganz verschwiegen.<br />

2. In allen Ländern mit Fundstellen antiker Hochkulturen ist die rechtliche<br />

Situation archäologischer Funde strikt geregelt. Von Beschränkungen<br />

sind sowohl der Eigentumserwerb als auch die Ausfuhr betroffen.<br />

Die meisten Länder haben zum Schutz der archäologischen<br />

Stätten archäologisches Kulturgut ihres Territoriums zu öffentlichem<br />

Eigentum erklärt und den Handel mit diesen Objekten verboten.<br />

Auch in <strong>Deutschland</strong> bestehen solche Schatzregale (mit Ausnahme<br />

von Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen). Aber auch da, wo Antiken<br />

noch nicht im Rahmen von Schatzregalen Staatseigentum<br />

sind, gilt zumindest die Hadrianische Teilung (§ 984 BGB), d. h. der<br />

Finder erwirbt lediglich hälftig Eigentum an dem Fund. Eine Hälfte<br />

gebührt dem Eigentümer der Fundstelle. Fremd, im Sinne des Gesetzes,<br />

ist eine Sache auch bei bestehendem Miteigentum. Die Ausfuhr<br />

von Antiken steht regelmäßig unter staatlichem Genehmigungsvorbehalt.<br />

3. Insoweit Eigentumserwerb und Ausfuhr überhaupt möglich sind,<br />

entstehen dabei immer amtliche Dokumente. Antiken legaler Herkunft<br />

sind daher regelmäßig mit gültigen Papieren des Landes der<br />

Fundstelle versehen.<br />

4. Ein gutgläubiger Erwerb ohne die genannten Legalitätsnachweise<br />

wird durch § 932 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Danach ist ein „Erwerber<br />

[…] nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge<br />

grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer<br />

gehört.“ Einem Käufer kann die Tatsache, dass archäologische<br />

Funde regelmäßig von eigentumsrechtlichen Restriktionen betroffen<br />

sind und die Ausfuhr regelmäßig unter staatlichem Genehmigungsvorbehalt<br />

steht, nur vorsätzlich oder grob fahrlässig unbekannt<br />

bleiben. Diesbezügliche Bestimmungen bestehen seit vielen<br />

Generationen: die Hadri anische Teilung seit zweitausend Jahren, Exportverbote<br />

in Griechenland z. B. seit 1834, im Osmanischen Reich<br />

und seinen Nachfolgestaaten seit 1869 und im Iran seit 1930. Er muss<br />

wissen, dass sich die illegale Herkunft einem objektiven Betrachter<br />

als die überwiegend wahr schein liche geradezu aufdrängt. Das gilt<br />

insbesondere auch für Händler, die ihren Lebensunterhalt mit der<br />

Vermarktung von Sachen bestreiten, die regelmäßig von solchen<br />

Restriktionen betroffen sind.<br />

5. Auch andere, Gutgläubigkeit voraussetzende, Möglichkeiten des<br />

Eigentumserwerbs, im Wege öffentlicher Versteigerung (§ 935 BGB)<br />

oder des Ersitzens (§§ 937 ff. BGB), scheiden damit aus.<br />

6. Die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB, wonach bis zum Beweis<br />

des Gegenteils der Besitzer einer Sache als deren Eigentümer gilt,<br />

wird durch das Fehlen der Nachweise, die bei Antiken legaler Herkunft<br />

regelmäßig vorhanden sind, widerlegt. Zu diesen Nachweisen<br />

zählen amtliche Fundmeldungen, gültige Exportdokumente<br />

des Landes der Fundstelle und Belege, dass die Antike bereits verbracht<br />

worden war, bevor das Herkunftsland einschlägige Gesetze<br />

und Bestimmungen in Kraft setzte.<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 11


Aktuelles<br />

Foto: Carabinieri T. P. V. Italia<br />

Zabalam. Die Ruine dieser sumerischen Stadt im Süden des Irak hatte fünftausend Jahre weitgehend unversehrt im Boden überdauert. Sie<br />

wurde durch Raubgrabungen, zur Versorgung des nimmersatten internationalen Antikenmarktes mit Hehlerware, vollständig vernichtet.<br />

stützen, künftig von der Forschung in den Museen des Irak<br />

ausgeschlossen sein werden.<br />

Vor diesem Hintergrund setzte sich der Verfasser für<br />

eine einvernehmliche Lösung ein. Unter Hinweis auf die<br />

irakische Bitte regte er an, die Inaugenscheinnahme in den<br />

Räumen des RGZM vorzunehmen. Dieser Vorschlag führte<br />

zu Irritationen, die in der Ankündigung des Zolls gipfelten,<br />

notfalls den Tresor des RGZM gewaltsam – mit dem<br />

Schweißbrenner – öffnen zu wollen. Wegen des gro ßen Medieninteresses<br />

(sieben Fernsehanstalten hatten angekün digt,<br />

die Schweißaktion filmen zu wollen) wurden drei Ab holtermine<br />

vom Zoll kurzfristig abgesagt. Beim vierten Termin<br />

wurde das Gefäß dem Zoll dann – „freiwillig“ – übergeben.<br />

Das Zwischenergebnis<br />

Nachdem ein vom Gericht bestellter Zweitgutachter in<br />

Berlin die Feststellungen des Verfassers bestätigte und eine<br />

vom Auktionshaus beauftragte Gegengutachterin nicht in<br />

der Lage war, die Datierung des Gefäßes in die römische<br />

Kaiserzeit fristgerecht nachzuweisen, bestätigte das Finanzgericht<br />

München am 25. September 2009 die irakische<br />

Herkunft des Goldgefäßes und schloss sich damit<br />

voll inhaltlich den Feststellungen des Verfassers an. Eine<br />

Revision wurde nicht zugelassen. Das Auktionshaus legte<br />

dagegen Beschwerde ein.<br />

Inzwischen kündigte der Käufer des Goldgefäßes, ein<br />

Rechtsanwalt und Topmanager eines weltweit – auch im<br />

Irak – operierenden Konzerns, an, die wertvolle Antike dem<br />

Irak zurückgeben zu wollen. Er sei Sammler, aber kein<br />

Hehler. Diese Erkenntnis kam ihm bei einem Telefonanruf<br />

des irakischen Kulturattachés im Januar <strong>2010</strong>. Der Jurist<br />

hatte das Goldgefäß gut vier Jahre zuvor für 1.200 Euro<br />

ersteigert – trotz des Vorbehalts, unter dem die Versteigerung<br />

wegen der irakischen Eigentumsansprüche erfolgte.<br />

Er hatte vom Zoll schriftlich die Aushändigung des Gefäßes<br />

gefordert, da man ihm die illegale Herkunft des Gefäßes<br />

gefälligst nachzuweisen habe. Damit brachte er die<br />

irakische Botschaft, die als Verfahrensbeteiligte von der<br />

Staatsanwaltschaft Akteneinsicht erhielt, auf seine Spur.<br />

Aber das grundsätzliche Problem ist nicht gelöst<br />

Auch wenn sich nunmehr bezüglich des Verbleibs des Goldgefäßes<br />

die einzig akzeptable Lösung abzeichnet – die<br />

Rückgabe an den rechtmäßigen Eigentümer, das irakische<br />

Nationalmuseum in Bagdad – ist damit der Fall als solcher<br />

nicht gelöst: Der Fundort ist weiterhin unbekannt, die illegalen<br />

Netzwerke sind nach wie vor intakt und weitere<br />

bedeutende Antiken, darunter Gold- und Silberfunde, die<br />

aus demselben mutmaßlichen Königsgrab stammen können,<br />

wurden bisher nicht sichergestellt: Trotz mehrfacher<br />

Bitten des Verfassers sahen sich die deutschen Strafverfolgungsbehörden<br />

dazu nicht in der Lage.<br />

Wenigstens die aus dem Grab gewühlten Beigaben sollten<br />

gesichert werden. Die Informationen, die mit der undoku<br />

mentierten Zerstörung des Fundkontextes vernichtet<br />

wurden, sind ohnehin unwiederbringlich verloren. Ungestörte<br />

Königsgräber wurden im Irak letztmalig vor mehr<br />

als achtzig Jahren von Archäologen entdeckt und ausgegraben<br />

(im Königsfriedhof in Ur). Man stelle sich vor, welche<br />

Erkenntnisse die Untersuchung eines intakten Königsgrabes<br />

des 3. Jahrtausends v. Chr. mit den heute der Archäologie<br />

zur Verfügung stehenden Möglichkeiten hätte erbringen<br />

können!<br />

12 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Aktuelles<br />

Kulturelles Erbe wird – mit Hilfe deutscher Gerichte –<br />

weiterhin illegal gehandelt<br />

Der hier skizzierte Fall ist symptomatisch für den Umgang<br />

mit archäologischem Kulturgut zweifelhafter Herkunft.<br />

Ohne den Druck einer empörten Öffentlichkeit – und den<br />

beherzten Einsatz der irakischen Botschaft in Berlin – wäre<br />

das Goldgefäß vermutlich längst an die mutmaßlichen Hehler<br />

zurückgegeben. Wenn es in der Vergangenheit überhaupt<br />

zu Ermittlungen und Sicherstellungen bei solchen<br />

Delikten kam, war dies meist das Ergebnis. Antikenhändler<br />

verfügen über gut bezahlte und durchsetzungsstarke<br />

Anwälte.<br />

Die Vermarktung von archäologischen Funden ungeklärter<br />

Herkunft bildet den finanziellen Anreiz für Raubgrabungen<br />

und die dadurch verursachte undokumentierte<br />

Zerstörung der im Fundkontext gespeicherten Informationen.<br />

Wer solche Dinge kauft, erwirbt damit nicht nur die<br />

Patenschaft für das konkrete Raubgrabungsloch, aus dem<br />

diese Funde gewühlt wurden. Er ist auch verantwortlich<br />

für die Zerstörungen, die künftig mit dem von ihm gezahlten<br />

Geld finanziert werden.<br />

Diesem Sachverhalt tragen Fachverbände, etwa <strong>ICOM</strong><br />

und die deutschen Kunsthandelsverbände, im Rahmen von<br />

Selbstverpflichtungen Rechnung: Sie verbieten ihren Mitgliedern,<br />

sich an Import, Export, an dem Kauf oder der<br />

Übertragung von Gegenständen zu beteiligen, die gestohlen,<br />

illegal exportiert oder illegal ausgegraben wurden.<br />

Soweit Theorie und moralischer Anspruch. Die Praxis ist<br />

leider eine andere: UNESCO und FBI schätzen das Handelsvolumen<br />

mit Kulturgut illegaler Herkunft auf jährlich<br />

sechs bis acht Milliarden US-Dollar. Damit zählt der<br />

Antikenhandel, ne ben Rauschgift-, Waffen- und Menschenhandel,<br />

zu den umsatzstärksten illegalen Erwerbsquellen.<br />

Angesichts dieser Gewinne wäre auch ein Heer<br />

von Antikenwächtern machtlos. In der Marktwirtschaft<br />

bestimmt bekanntlich die Nachfrage das Angebot. Daher<br />

muss der Schutz der archäologischen Stätten bei einer<br />

wirksamen Bekämpfung der Antikenhehlerei ansetzen.<br />

Strafverfolgungsbehörden und Museen können Antikenhehlerei<br />

nur gemeinsam eindämmen<br />

Vor diesem Hintergrund ist ein Umdenken, insbesondere<br />

auch auf Seiten der Strafverfolgungsbehörden, dringend geboten.<br />

Die hier zu verzeichnenden Defizite resultieren zum<br />

einen aus einer Verkennung der erheblichen Gemeinschädlichkeit<br />

der durch den Handel mit archäologischen Funden<br />

ungeklärter Herkunft verursachten Raubgrabun gen, zum<br />

anderen aber – und vor allem – aus einer Verkennung des<br />

Regeltatbestandes.<br />

Die vermutete legale Herkunft und eine daraus abgeleitete<br />

angebliche Verkehrsfähigkeit von provenienzlosen archäologischen<br />

Funden sind eine Fiktion, die mit der Realität<br />

wenig gemein haben: Antiken, die ohne nachvollziehbare<br />

Herkunftsangabe und ohne gültige Dokumente des Landes<br />

der Fundstelle gehandelt werden, sind regelmäßig illegaler<br />

Herkunft (siehe Seite 11).<br />

Wer die Ausnahme von der Regel für sich in Anspruch<br />

nimmt, hat das tatbestandliche Vorliegen eines Ausnahmesachverhaltes<br />

nachzuweisen. Das kann geschehen durch<br />

die genannten Dokumente des Landes der Fundstelle oder<br />

durch den Nachweis, dass die Funde bereits vor Inkrafttreten<br />

der einschlägigen Gesetze und Bestimmungen verbracht<br />

worden waren. Daraus folgt, dass bezüglich im<br />

Handel angebotener Antiken „lückenhafter“ Provenienz<br />

ein Eigentumserwerb durch den Veräußerer regelmäßig<br />

nicht stattgefunden hat.<br />

Diese Erkenntnis beginnt sich zunehmend durchzusetzen,<br />

wie Gerichtsentscheide aus jüngster Zeit, z. B. in Gießen,<br />

zeigen. Hinzu tritt die Möglichkeit der Sicherstellung<br />

und Einziehung auf dem Verwaltungsweg nach dem Gefahrenabwehrrecht<br />

(Präventive Gewinnabschöpfung). In<br />

dieser Hinsicht wegweisend ist das Vorgehen der Staatsanwaltschaft<br />

Hannover (Az. 4161 Js 41528/03) und der Ordnungsbehörde<br />

von Hannover: 618 Münzen und vier weitere<br />

römische Antiken ohne legitimierende Nachweise wurden,<br />

mangels Verkehrsfähigkeit, im Rahmen eines Geldwäscheverfahrens<br />

sichergestellt und eingezogen. Die Funde wurden<br />

dem Kestner-Museum übergeben, da sie keiner konkreten<br />

Straftat, wie z. B. einer Raubgrabung, zugeordnet werden<br />

konnten und der tatsächliche Eigentümer sich auch auf<br />

anderem Weg nicht ermitteln ließ.<br />

Dieser Präzedenzfall kann – und wird – erhebliche Auswirkungen<br />

auf den Handel mit provenienzlosen Antiken<br />

haben. Betroffen sind hunderttausende archäologische<br />

Funde, die derzeit noch – illegal – vermarktet werden. Ziel<br />

ist die Vermeidung der schädlichen Auswirkungen der Antikenhehlerei<br />

– einer der übelsten Geißeln der Menschheit.<br />

Hierfür ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Archäologen<br />

und Strafverfolgungsbehörden dringend notwendig.<br />

Für die öffentlichen Museen erwächst daraus die Verpflichtung,<br />

die Funde in ihre Obhut zu nehmen, deren tatsächli che<br />

Eigentümer nicht mehr ermittelt werden können. Gleichzeitig<br />

eröffnet sich damit aber auch die Chance, Raubgrabungsfunde<br />

für die Wissenschaft und die Öffentlichkeit zu<br />

sichern, ohne dass die Museen – durch Hehlerei – selbst<br />

Kulturzerstörung fördern.<br />

Dr. Michael Müller-Karpe ist Archäologe am Römisch-Germanischen<br />

Zentralmuseum in Mainz. Seine Forschungen gelten vornehmlich<br />

Metallfunden aus Mesopotamien. In diesem Bereich führt er auch<br />

kriminalarchäologische Untersuchungen in enger Kooperation mit<br />

Polizei, Zoll und Staatsanwaltschaften durch. Er engagiert sich gegen<br />

den weltweiten illegalen Antikenhandel und berät den Kulturausschuss<br />

des Deutschen Bundestages in Fragen des Kulturgüterschutzes;<br />

muellerkarpe@rgzm.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz: www.rgzm.de<br />

Reinhard Dietrich: Antiken, Recht und Markt, in: Kunstrechtspiegel<br />

4/2008, Magazin des Instituts für Kunst und Recht IFKUR e. V.,<br />

S. 174–181:<br />

http://ifkur.de/images/dokumente/kunstrechtsspiegel0408.pdf<br />

Aktivitäten der Deutschen UNESCO-Kommission gegen illegalen<br />

Handel mit Kulturgut:<br />

www.unesco.de/kulturgutschutz.html<br />

Informationen von Interpol zum illegalen Handel mit Kunstgegenständen:<br />

www.interpol.int/Public/WorkOfArt/Default.asp<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 13


Aktuelles<br />

Der Internationale Museumstag:<br />

Eine Erfolgsgeschichte soll 2011 neuen<br />

Schwung erhalten<br />

Die Idee, jährlich im Mai auf die Bedeutung der Museen hinzuweisen, hat sich inzwischen<br />

weltweit durchgesetzt. Immer mehr Museen beteiligen sich an der gemeinsamen<br />

Aktion und sprechen die Besucher mit speziellen Programmen an. Auch wenn<br />

der Internationale Museumstag nach mehr als dreißig Jahren längst etabliert ist, sollten<br />

wir stets neue Gestaltungsmöglichkeiten und Kooperationspartner suchen – für<br />

den Internationalen Museumstag 2011 ist das UNESCO-Programm „Memory of the<br />

World“ als Projektpartner gewonnen.<br />

Lothar Jordan<br />

Zu den großartigsten Erfindungen<br />

des <strong>ICOM</strong> gehört der Internationale<br />

Museumstag, der seit 1977 jährlich<br />

weltweit um den 18. Mai begangen<br />

wird. Seit 1992 steht er unter einem<br />

wechselnden Motto (zum Internationalen<br />

Museums tag <strong>2010</strong> siehe Seite 4).<br />

Im Jahr 2008 haben mehr als zwan ­<br />

zigtausend Museen in neunzig Staaten<br />

den Internationalen Museumstag gefeiert.<br />

In <strong>Deutschland</strong> wird er seit vielen<br />

Jahren erfolgreich von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und vom<br />

Deutschen Museumsbund gemeinsam betreut.<br />

Trotz der großen Erfolge an Besucherzahlen, an gesteigerter<br />

öffentlicher Aufmerksamkeit und trotz des gemeinsamen<br />

Mottos und eines eigens für diesen Tag entworfenen<br />

Plakates scheint das Potential des Internationalen<br />

Museumstages nicht annähernd ausgeschöpft. Eine Ursache<br />

dafür könnte sein, dass sich international zahlreiche<br />

Anlässe etabliert haben, Museumsbesucher mit interessanten<br />

Sonderprogrammen anzusprechen. Dies könn te verwirrend<br />

sein, so dass der Internationale Museumstag nicht<br />

von allen Akteuren gleichermaßen als ein weltumspannendes<br />

Ereignis wahrgenommen wird. In Frankreich gibt<br />

es etwa die „Nacht der Museen“ kurz vor dem Internationalen<br />

Museumstag, in <strong>Deutschland</strong> haben sich regional<br />

unterschiedliche Traditionen von „Langen Nächten der<br />

Museen“ herausgebildet.<br />

Die aktive <strong>ICOM</strong>-Familie<br />

Dennoch ist es für <strong>ICOM</strong> ein Glücksfall, dass mit dem<br />

Internationalen Museumstag ein gemeinschaftliches Museumsprojekt<br />

existiert. Denn der weiter wachsende globale<br />

Verband mit derzeit rund dreißigtausend Mitgliedern<br />

und 118 nationalen Komitees und zudem mit einem<br />

im Verhältnis zur Größe winzigen Budget hat ein bedeutendes<br />

Problem: Es ist schwer, weltweite gemeinschaftli che<br />

Aktionen durchzuführen. Zwar haben alle <strong>ICOM</strong>-Mitglieder<br />

einen Mitgliedsausweis und es gibt den weltweit<br />

anerkannten <strong>ICOM</strong> Code of Ethics for Museums, der über<br />

den <strong>ICOM</strong> hinaus die Standards für Definitionen, Aufgaben<br />

und Handlungsnormen in Museen setzt. Aber eine<br />

weltweite gemeinschaftliche Bewegung wird weder durch<br />

Mitglieds ausweis noch Code allein ausgelöst.<br />

Wie bei allen <strong>ICOM</strong>-Aktivitäten, so basiert auch der Erfolg<br />

des Internationalen Museumstages hauptsächlich auf<br />

dem Engagement der Mitglieder. Das jeweilige Motto wird<br />

zwar in Paris festgelegt, und die Aktivitäten werden von den<br />

Nationalkomitees koordiniert, aber es sind natürlich die<br />

Mitglieder und Museen vor Ort, ihre Freundeskreise und<br />

ihre Partner, die die Initiative mit Leben erfüllen. Eine frühzeitige<br />

Vorbereitung des Internationalen Museumstages<br />

2011 bietet die Chance, an die zahlreichen Facetten des<br />

Mottos anzuknüpfen und im Rahmen neuer Gestaltungsideen<br />

und Kooperationen selbst aktiv zu werden.<br />

Motto 2011: Museums and Memory<br />

Im Juni 2009 hat der <strong>ICOM</strong> auf Vorschlag des Internationalen<br />

Komitees für Literaturmuseen (ICLM) beschlossen,<br />

das Motto für 2011 „Museums and Memory“ zu<br />

nennen sowie einen Partner mit ins Boot zu holen. Erstmals<br />

wird der Internationale Museumstag in Kooperation<br />

mit der UNESCO, konkret mit „Memory of the World“,<br />

dem Programm für das Weltdokumentenerbe, durchgeführt.<br />

Nach Möglichkeit sollen weitere Partner gewonnen<br />

werden.<br />

Eine deutsche Übersetzung des Mottos gibt es bisher<br />

nicht. Memory ist am ehesten mit „Gedächtnis“ zu übersetzen,<br />

doch schwingt immer auch etwas „Erinnerung“<br />

mit (engl.: remembrance). Gedächtnis ist die menschliche<br />

Fähigkeit, Informationen und Eindrücke der Vergangenheit<br />

abrufbar aufzubewahren. Es sind daher wichtige Fragen,<br />

wie diese Eindrücke und Informationen aufbewahrt<br />

und zu welchem Zweck sie abgerufen bzw. erinnert werden.<br />

Diese Verbindung von Gedächtnis und Erinnerung<br />

findet sich häufig in den viel beachteten jüngeren Arbeiten<br />

zu Gedächtniskultur und Erinnerungsorten, so z. B. von<br />

Aleida Assmann und Pierre Nora.<br />

14 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Aktuelles<br />

Weltweit begehen immer mehr Museen mit zahlreichen Aktivitäten<br />

den Internationalen Museumstag. In Nigeria wurde im vergangenen<br />

Jahr die „Miss Museum“ gekührt (Foto links), in Madrid fand im Museo<br />

de Escultura ein Gitarrenkonzert statt (Foto rechts).<br />

In den Museen finden wir sowohl Gedächtnis und Erinnerung<br />

als auch die Reflexion über sie. Museen sind zugleich<br />

bewahrende und aktivierende Einrichtungen, in<br />

denen sich Kulturen, Staaten, Gemeinschaften und Individuen<br />

anhand von Objekten – lassen wir die Formen immateriellen<br />

und neuerdings auch digitalen Kulturerbes hier<br />

beiseite – aus der Vergangenheit und anhand der Darstellung<br />

und Erläuterung ihrer Zusammenhänge kompetent<br />

informieren können. Sie enthalten darüber hinaus Anregungen<br />

für die Gestaltung der Gegenwart und der Zukunft.<br />

Als weltumspannendes Netz bilden Museen einen zentralen<br />

menschheitlichen Gedächtnisspeicher. Zugleich aktivieren<br />

sie dieses Gedächtnis im Dienste der Gesellschaft<br />

– mit Vorschlägen zur Veränderung oder Beibehaltung von<br />

Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern. Die spezifischen<br />

Möglichkeiten der Museen, Vergangenheit und<br />

Zukunft miteinander zu verbinden, dürften in einer Zeit<br />

der Globalisierung und Transformationen noch wichtiger<br />

werden, in einer Zeit, die immer wieder überraschende Wendungen<br />

und historische Brüche und Einbrüche mit sich<br />

bringt.<br />

So können Museen ihre Potentiale nutzen<br />

Der Internationale Museumstag 2011 und sein Motto „Museums<br />

and Memory“ geben den Museen die besondere Gelegenheit,<br />

einer breiten Öffentlichkeit und den Museumsförderern<br />

zu vermitteln, was zur Pflege dieses Gedächtnisses<br />

erforderlich ist und worin dabei der Gewinn für die Gesellschaft<br />

besteht.<br />

Gerade in Zeiten, in denen vielen Museen Events und<br />

Entertainment als Königsweg anempfohlen werden, sollten<br />

wir den Blick wieder auf die stille, grundlegende Tätigkeit<br />

lenken. Diese besteht vor allem darin, museale Sammlungen<br />

zu erweitern, zu pflegen und zu erschließen (siehe<br />

Seite 6, Die Ethik des Sammelns). Ferner sollten Museen<br />

stets auf die Zerbrechlichkeit und Gefährdung der Objekte,<br />

auf die Anforderungen an ihre Aufbewahrung, Konservierung,<br />

Restaurierung und Digitialisierung verweisen<br />

– und natürlich auf das, was für ihre lehrreiche, anregende<br />

und unterhaltsame Präsentation erforderlich ist. Denn in<br />

den Museen geht es um den Gehalt dieses Gedächtnisses,<br />

die Vielfalt der Kenntnisse, Vorstellungen, Empfindungen,<br />

Phantasien und Anregungen, die damit verbunden sind<br />

oder daraus hervorgehen, es geht von der Bedeutung der<br />

Museen für die Menschheit bis zur Bedeutung für einzelne<br />

Nationen, Kommunen, Minderheiten, Gruppen und Personen.<br />

Um die Wichtigkeit der Museen zu unterstreichen und<br />

die Wirkung der Aktivitäten 2011 zu verstärken, gewinnt<br />

<strong>ICOM</strong> Partner, die mit ähnlichen Aufgaben befasst sind,<br />

so zum Beispiel das UNESCO-Programm „Memory of the<br />

World“.<br />

Das UNESCO-Programm „Memory of the World“ –<br />

das Gedächtnis der Menschheit<br />

Das UNESCO-Programm „Memory of the World“ (MoW)<br />

ist ein weltumspannendes Netzwerk mit herausragenden<br />

Dokumenten: z. B. wertvollen Buchbeständen, Partituren,<br />

Bild-, Ton- und Filmdokumenten. Mit dem „World Cultural<br />

and Natural Heritage“ und dem „Intangible Cultural<br />

Heritage“ gehört es zu den drei UNESCO-Welterbe-Programmen,<br />

die das menschheitliche Kultur- und Naturerbe<br />

in hervorragenden Beispielen bewahren helfen und vermitteln<br />

sollen.<br />

Das Weltdokumentenerbe-Programm „Memory of the<br />

World“ wurde 1992 nach der Zerstörung der Nationalbibliothek<br />

in Sarajewo ausgerufen. Da bei der Bombardierung<br />

die Buchbestände fast vollständig verbrannten, will<br />

das UNESCO-Programm weltweit das Bewusstsein schärfen<br />

für: die Bedeutung von Dokumenten aller Trägerformen,<br />

von Papier bis zu Film und Internet, für das humane<br />

Selbstverständnis und die Widerspiegelung der Vielfalt von<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 15


Aktuelles<br />

Foto: akg-images<br />

Foto: SMB-PK, Ethnologisches Museum, Martin Franken<br />

Kulturen und Sprachen sowie für die Gefährdung von Dokumenten<br />

durch Kriege, Naturkatastrophen und unsachgemäße<br />

Unterbringung.<br />

Öffentlich sichtbar wird das vielfältige Programm vor<br />

allem durch das Weltregister herausragender Dokumente.<br />

Es umfasst derzeit 193 Dokumente, darunter die Magna<br />

Carta, ein Meilenstein nicht nur der englischen Verfassungsgeschichte;<br />

das älteste noch erhaltene Manuskript des Korans<br />

„Mushaf von Othman“ aus Usbekistan; der Nachlass<br />

von Fryderyk Chopin; die Tagebücher der Anne Frank in<br />

Ams terdam; die Dokumente des Prozesses Südafrika gegen<br />

Nelson Mandela.<br />

Ziel von „Memory of the World“ ist es, dokumentarische<br />

Zeugnisse von außergewöhnlichem Wert in Archiven,<br />

Bibliotheken und Museen zu sichern und auf neuen informationstechnischen<br />

Wegen, vor allem durch Digitalisierung,<br />

zugänglich zu machen.<br />

Neben dem Weltregister gibt es weltregionale (z. B. für den<br />

asiatisch-pazifischen Raum) und nationale Register. Hinzu<br />

kommen Konservierungs- und Digitalisierungsprojekte.<br />

Während der 35. Generalkonferenz der UNESCO im<br />

Oktober 2009 haben wir mit einer speziellen Ausstellung<br />

für „Memory of the World“ geworben. Durch zahlreiche<br />

Ausstellungstafeln, die außen am Pariser UNESCO-Gebäude<br />

angebracht waren, wurde die Aufmerksamkeit der<br />

Delegierten aus aller Welt täglich erneut auf die Schätze<br />

des „Weltgedächtnisses“ gelenkt.<br />

In <strong>Deutschland</strong> wird das Programm innerhalb der Deutschen<br />

UNESCO-Kommission durch ein MoW-Komitee unter<br />

der Leitung von Joachim-Felix Leonhard betreut. Zur<br />

Zeit haben 66 Staaten ein solches Komitee. Das 1999 gegründete<br />

deutsche MoW-Komitee ist mit zehn in das Weltregister<br />

aufgenommenen Dokumenten sehr erfolgreich<br />

und arbeitet verstärkt an nationalen und internationalen<br />

Projekten der Vernetzung. Zu den deutschen Dokumenten<br />

zählen z. B. die Edison-Zylinder mit historischen Tonaufnahmen,<br />

Goethes literarischer Nachlass, „Metropolis“ von<br />

Fritz Lang, die Partitur von Beethovens 9. Sinfonie, das<br />

Han dexemplar der Kinder- und Hausmärchen der Brüder<br />

Grimm, der Briefwechsel des Universalgelehrten Gottfried<br />

Wilhelm Leibniz und seit kurzem das Nibelungenlied.<br />

Expertise bündeln und Wirkung verstärken<br />

Angesichts der großen Schnittmenge zwischen Aufgaben<br />

und Interessen der Museen sowie des Weltdokumentenerbe-Programms<br />

liegt ein verstärktes Zusammenwirken nahe.<br />

<strong>ICOM</strong> und UNESCO können zusammen aufmerksam<br />

machen auf: die Grundlagen unseres gemeinsamen Gedächtnisses,<br />

die Gefährdung seiner materiellen Träger, die<br />

Fragen der Konservierung bzw. Sicherung und des Zugangs<br />

durch traditionelle und moderne Techniken, die Probleme<br />

in der Feststellung und Vermittlung der Bedeutung und<br />

der Gehalte der Dokumente sowie auf die gesellschaftliche<br />

Rolle der Museen in der Bewahrung und Aktivierung des<br />

kulturellen Gedächtnisses von Gemeinschaften und Individuen.<br />

Zur Partnerschaft in diesen Belangen sind hierzulande<br />

nicht nur <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, der Deutsche Museumsbund<br />

und die Deutsche UNESCO-Kommission aufgerufen,<br />

sondern auch die internationalen Komitees von <strong>ICOM</strong>. Wir<br />

sollten zudem Kooperationen mit Museumsassoziationen<br />

wie der Association des Musées de la Grande Région<br />

(AMGR, Museen im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Lothringen,<br />

Luxemburg, Wallonien und der deutschsprachigen<br />

Gemeinschaft Belgiens) und mit Archiven und Bibliotheken<br />

initiieren.<br />

Schulen sind bereits vielfach Partner der Museen. Besondere<br />

Aktionen am Internationalen Museumstag 2011<br />

können das bekräftigen. Ferner könnten die Besucher aus<br />

16 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Aktuelles<br />

Foto: AFF Basel, CH / AFS Amsterdam, NL<br />

Zum „Weltdokumentenerbe“ gehören u. a. illuminierte Handschriften aus dem Kloster Reichenau<br />

(links), Edison-Walzen mit traditionellen Musikaufnahmen (Mitte) und die Tagebücher der Anne<br />

Frank (rechts, Foto freigegeben zur Förderung des UNESCO-Memory-of-the-World-Programmes).<br />

einer Vorauswahl dasjenige Dokument auswählen, das sie<br />

für das wichtigste oder interessanteste halten – mit kurzer<br />

Begründung.<br />

Die Partnerschaft der Museen mit Universitäten und<br />

Fachhochschulen ist teilweise schon gut entwickelt, scheint<br />

aber mancherorts noch ausbaufähig. In Forschung und<br />

Lehre teilen diese Einrichtungen mit den Museen ein Interesse<br />

an bestimmten Themen und konkret an der Nutzung<br />

der Dokumente in Museen, mag es sich um das menschheitliche,<br />

nationale oder regionale Gedächtnis handeln –<br />

oder um fachspezifische Dokumente. Gemeinsame Diskussionen<br />

und andere Veranstaltungen von Museums- und<br />

Universitätsangehörigen legen einerseits das gemeinsame<br />

Interesse, andererseits aber auch die unterschiedlichen Betrachtungsweisen<br />

offen.<br />

Dabei müssen nicht immer große Projekte initiiert werden.<br />

Bei einem Thema wie memory wäre der Internationale<br />

Museumstag 2011 eine hervorragende Gelegenheit, z. B.<br />

neue Web-Projekte vorzustellen. Künstler können eingeladen<br />

werden, um das Gedächtnis, das die Museen darstellen,<br />

kreativ zu beleben. Auf die Bedeutung kultureller Viel falt,<br />

die die deutschen Museen schon aufgrund ihrer Vielzahl<br />

und Differenziertheit verkörpern, kann auch beim Thema<br />

memory hingewiesen werden. Für die kulturelle Vielfalt,<br />

nicht nur die der Erinnerungskultur, spielen in <strong>Deutschland</strong><br />

die Museen eine besonders wichtige Rolle.<br />

<strong>ICOM</strong>: Nur globales Netzwerk oder auch kosmopolitischer<br />

Gemeinschaftssinn?<br />

Gelegentlich unterschätzen gerade kleine Museen und einzelne<br />

Museumsmitarbeiter ihr Potential, dem Internationalen<br />

Museumstag zum Erfolg zu verhelfen. Doch schon<br />

das Positionieren von Postern und Faltblättern, erst recht<br />

die Beantwortung von Besucherfragen zum Museumstag,<br />

zu <strong>ICOM</strong> und zu „Memory of the World“ helfen weiter.<br />

Es ist professionell und klug, den <strong>ICOM</strong> und den Internationalen<br />

Museumstag als globales Netzwerk zur Inter essen<br />

vertretung und Öffentlichkeitsarbeit der Museen zu<br />

nutzen und die Freundes- und Förderkreise verstärkt einzubeziehen.<br />

Aber die Professionalität wird sich umso positiver<br />

auswirken, je mehr sie auch von einem internationalen<br />

Gemeinschaftsgefühl beseelt ist.<br />

Dies könnte etwa durch Veranstaltungen mit Museen in<br />

Entwicklungsländern oder mit den Nachbarn oder wenigstens<br />

durch Hinweise auf sie gelingen. In jedem Fall wäre<br />

zu zeigen, dass alle das Anliegen, das menschheitliche Erbe<br />

zu bewahren, teilen: die Museen und ihre Partner wie Archive,<br />

Bibliotheken, Schulen, Universitäten und ihre Mitarbeiter.<br />

Insofern birgt der Internationale Museumstag 2011<br />

mit seiner starken Ausrichtung auf die Kooperation der<br />

Erbe-Einrichtungen und in seiner Verbindung mit einem<br />

UNESCO-Welterbe-Programm ein noch nie dagewesenes<br />

Potential für Zusammenarbeit und darüber hinaus auch<br />

eine Symbolik: In einer Zeit, in der das individuelle Glücksund<br />

Erfolgsstreben nicht nur zur hohen Produktivität von<br />

Gesellschaften und zur Realisierung von Freiheitsrechten<br />

führt, sondern auch zur Beschädigung von Gesellschaften<br />

und ihren Gestaltungsmöglichkeiten, kann eine weltweite<br />

Aktion wie der Internationale Museumstag in Erinnerung<br />

rufen, dass Gemeinschaftssinn ein Teil des menschheitlichen<br />

Erbes ist: Kosmopolitischer Gemeinschaftssinn ist<br />

eine Triebfeder unserer Arbeit am kulturellen Gedächtnis.<br />

Der wahre Mitgliedsausweis, die wahre Mitgliedskarte<br />

von <strong>ICOM</strong>, ist daher die Weltkarte, in der alle Museen<br />

miteinander vernetzt eingezeich net sind.<br />

Professor Dr. Lothar Jordan ist Mitglied im Vorstand von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

und Präsident von ICLM. Er vertritt im UNESCO-Programm<br />

„Memory of the World“ als Mitglied des Marketingausschusses des<br />

International Advisory Committee die Sparte der Museen;<br />

iclm.jordan@gmx.de<br />

Weitere Informationen:<br />

UNESCO-Programm „Memory of the World“:<br />

www.unesco.org/webworld/mow<br />

Deutsche UNESCO-Komission, Komitee „Gedächtsnis der Menschheit“:<br />

www.weltdokumentenerbe.de<br />

Literatur zu Gedächtniskultur und Erinnerungsorten:<br />

Assmann, Aleida: Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur<br />

und Geschichtspolitik, C. H. Beck, München 2006.<br />

Nora, Pierre: Erinnerungsorte Frankreichs, C. H. Beck, München 2005.<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 17


Rückblick<br />

Tourismus – Fluch oder Segen?<br />

Pilgerfahrt, Grand Tour oder Urlaubsreise – seit der Antike steuern Touristen die Kulturstätten<br />

an – und produzieren damit ein Problem. Denn Tourismus ist unberechenbar:<br />

Er kann Verständigung und Arbeitsplätze schaffen, Krisengebiete befrieden,<br />

Kulturinvestitionen anziehen, aber ebenso wirtschaftliche Entwicklung<br />

behindern, Landstriche „verrummeln“ und Kulturschätze vernichten. Während sich<br />

die einen weniger Tourismus wünschen, sehnen sich die anderen nach mehr. Die<br />

Konflikte zwischen Kultur und Ökonomie scheinen bisweilen unüberbrückbar. Aber<br />

die Akteure gehen aufeinander zu und suchen gemeinsam nach dem richtigen Maß.<br />

Stéphanie Wintzerith<br />

Foto: wikipedia, Sergey Meniailenko<br />

18 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


RÜCKBLICK<br />

„Touristen zerstören wonach sie suchen, wenn sie es gefunden<br />

haben“. Dieser Satz von Hans Magnus Enzensberger<br />

ließ jeden Tagungsteilnehmer schaudern. Wir, die wir<br />

als Vertreter von Museen und Denkmälern für den Erhalt<br />

des historischen und kulturellen Erbes zuständig sind, wir<br />

müssen dieses wertvolle Gut vor den Horden der zerstörenden<br />

Barbaren schützen. Bloß keine Touristen hereinlassen!<br />

Andererseits ist dieses Erbe ein gemeinsames, das laut<br />

den Ethischen Richtlinien für Museen der Öffentlichkeit<br />

zugänglich sein muss – und zwar ohne Einschränkungen<br />

ob der geographischen Herkunft der Interessenten. Also sollten<br />

selbst Touristen willkommen sein. Woran erkennt man<br />

den Touristen eigentlich? Verhält er sich im Museum anders<br />

als der Ein heimische? Würden die Museen und Denkmäler<br />

ohne den Tourismus überhaupt überleben können?<br />

Wir reisten an den schönen Bodensee. Somit waren auch<br />

wir Kulturtouristen. Offensichtlich wurden wir aber nicht<br />

fündig, denn verwüstet haben wir meines Wissens nichts.<br />

Wir tagten friedlich zum Thema „Museen und Denkmäler<br />

– Historisches Erbe und Kulturtourismus“. Unter diesem<br />

Motto fand vom 18. bis 20. Juni 2009 das Internationale<br />

Bodensee-Symposium in Lindau statt, das von den<br />

nationalen <strong>ICOM</strong>-Komitees von <strong>Deutschland</strong>, der Schweiz<br />

und Österreich in Kooperation mit ihren <strong>ICOM</strong>OS-Pendants<br />

veranstaltet wurde. Es ging um Chancen und Risiken<br />

des Kulturtourismus, um Strategien und Möglichkeiten<br />

für Museen und Denkmäler.<br />

Aber braucht der Tourismus auch die Kultur?<br />

Aus der Sicht des <strong>ICOM</strong>OS-Präsidenten Michael Petzet ist<br />

die Waagschale der Gefahren schwerwiegend gefüllt. „Tourismus<br />

verbraucht Kultur. Kultur braucht keinen Tourismus“,<br />

so sein Credo. Tatsächlich stehen er und seine <strong>ICOM</strong>OS-<br />

Kollegen in erster Reihe, um die Schäden zu beurteilen.<br />

Massentourismus hat schon vor Jahrzehnten herausragende<br />

Stätten wie die Höhle von Lascaux in Frankreich so<br />

unwiderruflich beschädigt, dass sie nur noch aus gewählten<br />

Spezialisten zugänglich sind. Alle anderen besuchen eine<br />

Nachbildung. Wäre sie nie entdeckt worden, würde sie heute<br />

noch bestens erhalten im Verborgenen erstrahlen – nur<br />

wüssten nicht einmal die Wissenschaftler davon. Das wiederum<br />

wäre ebenfalls ein großer Verlust. Auch Pompeji ist<br />

heute ein Weltkulturerbe in erbärmlichem Zustand. Die<br />

Reste der römischen Stadt sind regelrecht von Touristen<br />

zertrampelt und von Souvenir-Steinchen-Jägern geplündert<br />

Die Kultur braucht den Tourismus<br />

Tourismus hat sich als wesentlicher Wirtschaftsfaktor etabliert.<br />

Kaum ein Land, eine Region oder eine Stadt, die<br />

sich nicht um den Besuch ferner Gäste bemüht. Er erweitert<br />

die Absatzmärkte und sichert Arbeitsplätze. Er ist der<br />

drittgrößte Wirtschaftssektor weltweit. Hans-Martin Hinz,<br />

promovierter Geograph und Vorsitzender der von <strong>ICOM</strong><br />

und World Federation of Friends of Museums (WFFM) getra<br />

genen Arbeitsgruppe Kulturtourismus, schilderte zum<br />

Auftakt der Tagung eindrucksvoll, wie eng Tourismus und<br />

Kultur ineinander verflochten sind. Das weltweite Phänomen<br />

wird auf internationaler Ebene gehandhabt. 1998<br />

wurde die erste <strong>ICOM</strong>-Resolution zum Umgang mit Tourismus<br />

verabschiedet, 1999 die <strong>ICOM</strong>OS-Charta zum internationalen<br />

Kulturtourismus und der Global Code of<br />

Ethics for Tourism der World Tourism Organisation (WTO).<br />

Im Jahr 2000 wird erneut bekräftigt, dass das kulturelle<br />

Erbe kein Konsumprodukt ist oder werden darf, 2003 verfasst<br />

die UNESCO ihre Universal Declaration on Cultural<br />

Diversity and Tourism.<br />

Der Massentourismus und die damit einhergehende Vereinheitlichung<br />

bestimmte lange Zeit das Bild. Nun geht der<br />

Tourismus-Trend eher zu einem individuell gestalteten<br />

Freizeitverhalten. Reisende und Bereiste treten zunehmend<br />

intensiver in Kontakt und sollten die Gelegenheit zum Austausch<br />

nutzen. Museen stehen dabei an vorderster Front.<br />

Museen und Tourismus bieten sich gegenseitig Wachs tumschancen:<br />

Zum einen erhöhen Touristen die Besuchszahlen<br />

– die immer noch als ein Erfolgskriterium der Museen gelten<br />

–, zum anderen sind einige Häuser attraktive touris ti sche<br />

Argumente und fördern so den Tourismus. Auf einer tieferen<br />

Ebene ist die sinnstiftende Institution Museum ein Ort,<br />

in dem Identitäten erklärt und gefestigt werden (können),<br />

also auch inhaltlich zum Tourismuserlebnis beitragen.<br />

Hans-Martin Hinz<br />

Museen und Touristen – Enjoying Without Destroying<br />

Als Ergebnis von Urbanisierung, Produktivitätssteigerungen und Mo ­<br />

bilitätsentwicklung hat der Tourismus einen massenhaften Charak ter<br />

angenommen und ist inzwischen ein bedeutender Wirtschaftsbereich.<br />

In den „Gründerjahren“ kam es zu „frühindus triellen“ Aus wirkungen,<br />

die seit den 1970er Jahren weltweit Korrekturmaßnahmen<br />

nach sich zogen mit dem Ziel, Massentourismus in ökologisch und<br />

sozial verträgliche Bahnen zu lenken.<br />

In diesem Prozess gewannen Museen an Bedeutung und wurden ein<br />

wichtiges Marketingobjekt. Bekannte Museumsstandorte, Ausgrabungsstätten<br />

und historische Bauten erfahren aufgrund ihrer Architektur,<br />

historischen Bedeutung oder als sogenannte Leuchttürme<br />

inzwischen ein zu hohes Besucheraufkommen und somit eine Überlastung.<br />

Während Museen an weniger bekannten Standorten versuchen,<br />

stärker vom Kulturtourismus zu profitieren.<br />

Die Schnittstellen zwischen Tourismus und Museen vergrößerten<br />

sich durch die neue konzeptionelle Arbeit der Museen: Museumsbesucher<br />

entwickelten qualitätsvollere Ansprüche, auf die sich die Angebotsseite<br />

eingestellt hat. Die Kulturakteure haben in ihren For derungen<br />

nach größerer Nachhaltigkeit des Kulturtourismus nun stärker<br />

den Touristen als handelnde Person im Blick, der durch Auf klärung<br />

motiviert werden soll, ein umfassenderes Verständnis für Kultur und<br />

Natur aufzubringen. Museen wird dabei eine verantwortungs volle<br />

Rolle zugebilligt. Nachhaltigkeitseffekte durch Museumsarbeit zu<br />

erzielen, wäre daher ein bedeutender Dienst der Museen an der Gesellschaft.<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 19


RÜCKBLICK<br />

worden, ganz zu schweigen von den unsachgemäßen Einbauten.<br />

Trotz aller Schattenseiten gibt es dennoch einige Beispiele,<br />

in denen der (erwartete) Tourismus zum Erhalt<br />

des kulturellen Erbes beiträgt. Man denke an die Anziehungskraft<br />

der UNESCO-Auszeichnung „Weltkulturerbe“<br />

vor allem für asiatische Touristen, das damit verknüpfte<br />

Pres tige und nicht zuletzt die dazugehörenden<br />

fi nanziellen Ein nahmen. Man denke auch besonders an<br />

die weltberühm ten, aber gesprengten Buddhas in der afghanischen<br />

Provinz Bamiyan. Die Erforschung der Trümmerhaufen<br />

und der Wiederaufbau mit fachgerechter Unterstützung<br />

von <strong>ICOM</strong>OS sind von großer symbolischer<br />

und kultureller Bedeutung, wenn auch überwiegend damit<br />

begründet, dass die Buddhas eines Tages die Hauptattraktion<br />

der Region für den zukünftigen Tourismus werden<br />

sollen. Somit schließt sich der Kreis. Die bekanntesten<br />

Sehenswürdigkeiten erregen mehr Aufmerksamkeit und<br />

haben oft bessere Chancen, erhalten bzw. restauriert zu<br />

werden.<br />

Es gibt nicht den einen Touristen, sondern nur viele<br />

verschiedene<br />

Ebenso wie das kulturelle Erbe der Menschheit sollte Tourismus<br />

differenziert betrachtet werden. Massen- sei nicht mit<br />

Kulturtourismus gleichzustellen, erklären die Touristiker.<br />

Im Schnitt ändert sich die Aufenthaltsdauer: Kurzreisen<br />

von bis zu drei Übernachtungen sowie Städte- und Kulturtourismus<br />

liegen im Trend. Ein kulturelles Angebot ist somit<br />

wesentlich für die Positionierung eines Standortes und<br />

das dazugehörende Tourismusmarketing. Bildungsmotive<br />

stehen allerdings meistens nicht im Vordergrund der<br />

Reiseentscheidung, sondern Faktoren wie das Gesamtbild<br />

des Reiseziels und der Zugang zu Informationen für die<br />

Vor- und Nachbereitung der Reise sowie direkt vor Ort.<br />

Michael Petzet<br />

Weltkulturerbe und Tourismus<br />

Der vielfach mit Denkmälern, historischen Stätten und Kulturlandschaften<br />

operierende nationale und internationale Tourismus ist in<br />

manchen Ländern anscheinend der einzige Grund, weshalb Denkmäler<br />

geschützt werden – wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung<br />

als Attraktion für den Fremdenverkehr. Ein „sanfter“ Tourismus kann<br />

sich natürlich auch positiv auf die Denkmäler auswirken. Massentourismus<br />

hingegen, dem in den vergangenen Jahrzehnten schon<br />

ganze Kulturlandschaften geopfert wurden, stellt nach wie vor eine<br />

erhebliche Gefahr dar.<br />

Im Übrigen bleibt es enttäuschend, dass sich die Tourismusindustrie,<br />

trotz gegenteiliger Zusicherungen bei den üblichen Konferenzen zum<br />

Thema Tourismus und Denkmalpflege, im Allgemeinen nicht nennenswert<br />

für den Erhalt der Denkmäler engagiert, und das, obwohl<br />

dieser Industriezweig jährlich Milliarden umsetzt: Die Tourismusindustrie<br />

beutet das Kulturerbe durch Übernutzung aus, was fatale<br />

Folgen haben kann – man denke etwa an die viel besuchten ägyptischen<br />

Denkmäler – und sie leistet leider keinen ernstzunehmenden<br />

finanziellen Beitrag zu Schutz und Erhalt unseres historischen Erbes.<br />

Die vorgestellten Fallstudien zum Thema „Weltkulturerbe und Tourismus“<br />

zeigen mögliche Gefahren, aber auch Chancen.<br />

Foto: wikipedia – Cottbus<br />

Stefanie Lenhard<br />

Was ist Kulturtourismus – vom Verschmelzen<br />

zweier Begriffe?!<br />

Kulturtourismus ist trotz Wirtschaftskrise ein Zweig, der weiterhin<br />

Konjunktur hat. Was aber verbirgt sich hinter diesem Sachverhalt<br />

bzw. welche Schwierigkeiten der Begriffsbestimmung ergeben sich?<br />

Was ist Kultur und was Tourismus, und wie sieht die Zukunft des<br />

Kulturtourismus aus?<br />

Einige Antworten lassen sich rasch finden. Kultur und Tourismus<br />

besitzen als Gemeinsamkeiten z. B. Komplexität und Dynamik. Darüber<br />

hinaus lässt sich sowohl mit Kultur als auch mit Tourismus Politik<br />

machen und von beiden Sachverhalten geht Entwicklung aus.<br />

Schwieriger wird es mit den Unterschieden und Abgrenzungen.<br />

Kultur und Tourismus – in welchem Verhältnis stehen sie zueinander?<br />

Tourismus im Sinne von Reisekultur ist wohl ein Teilaspekt von<br />

Kultur. Wo aber verläuft die Trennlinie? Gehören diese Begriffe und<br />

Phänomene getrennt, verbunden oder bedingt das Eine das Andere?<br />

Foto: Grand Canal © UNESCO / Junaid Sorosh-Wali<br />

20 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


RÜCKBLICK<br />

Museen und Denkmäler sind Teile einer Erlebniskette,<br />

die vom Kunsttourismus über den Museums-, Kultur- und<br />

kulturellen Eventtourismus bis hin zum Städte-Touring<br />

geht. Die schiere Anwesenheit eines Museums reicht nicht<br />

aus, um aus Touristen Besucher zu machen. Die Konkurrenz<br />

zwischen den kulturellen Einrichtungen ist groß, auch<br />

zwischen den Museen. Die erste Empfehlung von Hansrue di<br />

Müller lautet: Markenbildung. Damit sind eine Analyse<br />

der eigenen Stärken und Schwächen, eine fundierte Kenntnis<br />

der alternativen Angebote und eine genaue Untersuchung<br />

der Zufriedenheit der Besucher erforderlich. Der Museumsbesuch<br />

ist in vielen Fällen eine Freizeitaktivität und somit<br />

stark vom Erlebniswert abhängig. Daher die zweite Empfehlung:<br />

auf Erlebnisse setzen. Diese allerdings kann kein<br />

Museum erstellen. Es kann Ereignisse gestalten, die dann<br />

in der persönlichen Erfahrung des Besuchers zum Erlebnis<br />

werden, was ein hohes Maß an Besucherorientierung voraussetzt.<br />

Dies wiederum bedeutet, seine Besucher beziehungsweise<br />

seine Zielgruppe zu kennen. An wen richten sich die Museen<br />

überwiegend, an Touristen und an die lokale Bevölkerung<br />

gleichermaßen? In den hohen Bergen Südtirols etwa<br />

empfangen achtzig Museen jährlich 1,5 Millionen Besucher,<br />

davon 95 Prozent Touristen. Jeder zweite Tourist besucht<br />

mindestens ein Museum. Grund genug, dem Tourismus<br />

ein eigenes Museum zu widmen, das Touriseum. Der<br />

Tourismus trägt zur Verdichtung der Museumslandschaft<br />

bei, die ihrerseits die Attraktivität der Tourismusregion<br />

steigert. Auf Reisen stellen sich andere Fragen als im Alltag.<br />

Ein Reisender hat die Verantwortung, etwas über das<br />

bereiste Land zu erfahren, das wiederum in der Pflicht steht,<br />

solche Informationen bereit zu stellen, wozu Museen hervorragend<br />

in der Lage sind. Da die Einheimischen ihre Freizeit<br />

auf die gleiche Art verbringen, wie es Touristen tun,<br />

beispielsweise mit einem Museumsbesuch, sollten die Angebote<br />

auch auf sie abgestimmt sein.<br />

Foto: Fondation Beyeler, Beyeler Museum AG, F. Dix<br />

Hansruedi Müller<br />

Die Bedeutung von Museen in der Erlebniskette<br />

touristischer Destinationen<br />

Die Bedeutung des Städtetourismus hat in den letzten Jahren deutlich<br />

zugenommen. Der Kulturtourismus wird primär als wichtiger<br />

Teil des Städtetourismus verstanden und beinhaltet schwerpunktmäßig<br />

Reisen mit kulturellen Motiven. Oft stehen die bildenden<br />

Künste mit den Kunstmuseen im Vordergrund, doch sind sie nur eine<br />

der möglichen Formen kultureller Attraktionen. Bei der Weiterentwicklung<br />

des kulturellen Angebotes wird primär auf das wachsende<br />

Interesse der Einheimischen hingewiesen, doch werden Museen im<br />

Zusammen hang mit der touristischen Profilierung immer wichtiger,<br />

denn der Konkurrenzkampf zwischen den Destinationen wird zunehmend<br />

über Attraktionen geführt.<br />

In einer Studie des Forschungsinstituts für Freizeit und Tourismus<br />

(FIF) der Universität Bern wurden die Wechselwirkungen zwischen<br />

Kunstmuseen und Tourismus untersucht. Sie basiert auf einer Befragung<br />

von Touristen in fünf Kunstmuseen der Schweiz. Kernstück<br />

der Arbeit ist die Beurteilung von Wichtigkeit und Zu friedenheit mit<br />

den Angebotselementen durch die Kunst touristen. Zudem werden<br />

die Kunsttouristen mit Hilfe einer Cluster analyse in vier Kundensegmente<br />

mit spezifischen Neigungen unterteilt.<br />

In der modernen Erlebnisgesellschaft wird die Verbindung von Reisen<br />

und Kultur immer populärer. Deshalb kommt bei der touristischen<br />

Angebotsentwicklung der thematischen Inszenierung von Museen<br />

und Denkmälern eine zentrale Bedeutung zu.<br />

Paul Rösch<br />

Wie viele Touristen brauchen Museen – wie viele<br />

Museen brauchen Touristen?<br />

Das Gastgeberland hat die Pflicht, die Gäste über die Kultur und die<br />

Entwicklung des Landes zu informieren. Museen sind die kulturellen<br />

Visitenkarten des Landes und deshalb verpflichtet, die Eigenarten<br />

und das Besondere herauszustreichen und diese den Touristen fachgerecht<br />

zu präsentieren.<br />

Gäste stellen viele Fragen an die Tourismusregion und sind im Urlaub<br />

für Kultur empfänglich, daher brauchen Touristen Museen. Museen<br />

dürfen sich diese Chancen nicht entgehen lassen. Aber auch der<br />

Gast hat seine Verpflichtung. Entscheidet er sich für einen Urlaub in<br />

einem Touristenland, so hat auch er die Pflicht, sich über die Kultur<br />

des Landes zu informieren.<br />

Foto: Touriseum<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 21


Rückblick<br />

Ethik versus Wirtschaftlichkeit<br />

Andernorts gestaltet sich die Beziehung zum Tourismus<br />

nicht ganz so harmonisch wie im Touriseum. Insbesondere<br />

Gedenkstätten für Opfer der Zeit des Nationalsozialismus<br />

haben einen zwiespältigen Bezug zu Touristen. Ihre<br />

Aufgabe ist nicht, kurzweiligen Zeitvertreib anzubieten,<br />

sondern in aller Würde Mahnung und Aufklärung zu leisten.<br />

Die behandelten Themen beziehen sich auf Leid und<br />

Grauen. Dies sind schwierige Voraussetzungen, um sich als<br />

touristische Destination zu definieren, zumal der „Grusel“-<br />

oder rechts-politisch bedingte Tourismus mehr als unerwünscht<br />

ist. Noch verstehen sich die Gedenkstätten nicht<br />

als Museen. Der Widerstand der lokalen Bevölkerung gegen<br />

diese Einrichtungen ist immer noch erheblich, so dass<br />

es nur mit großer Mühe gelingt, Werbematerial auszulegen<br />

oder Wegbeschilderungen einzurichten. Andererseits liegt<br />

ihre Bestimmung darin, Besucher zu empfangen, auch Touristen.<br />

Besucherorientierung bedeutet hier vor allem zielgruppengerechte<br />

Vermittlung. Was in Museen selbstverständlich<br />

sein sollte, nämlich eine gewisse Infrastruktur,<br />

gestaltet sich in Gedenkstätten äußerst problematisch: Kann<br />

man dort eine Cafeteria einrichten? Einen Laden? Wo<br />

können sich die Besucher ausruhen?<br />

Besucherorientierung darf sich nicht ausschließlich auf<br />

die großen Besuchergruppen beziehen, denn auch Menschen<br />

mit eingeschränkter Mobilität beispielsweise sind reiselustig<br />

und besuchen gerne die entsprechend eingerichteten<br />

Mu seen. Das Potential dieser touristischen Zielgruppe wird<br />

oft unterschätzt. Nicht so in der Veste Coburg etwa, in der<br />

viel Wert auf die Barrierefreiheit gelegt wird. Nach dem<br />

Prinzip „Tue Gutes und berichte darüber“ sind Zugänglichkeit<br />

für Rollstuhlfahrer und mobilitätseingeschränkte<br />

Personen, Informationen in Gebärdensprache sowie weitere<br />

spezifische Angebote für Menschen mit Behinderungen<br />

natürlich einzurichten, aber auch zu kommunizieren. Sie<br />

Foto: Fotolia, astoria<br />

Foto: Veste Coburg<br />

Wulff Eberhard Brebeck<br />

Gedenkstätten und Tourismus – eine Erkundung<br />

Touristen besuchen als Teil allgemeiner Reiseangebote auch Gedenkstätten<br />

für Opfer des Nationalsozialismus und werden dort im<br />

Rahmen von Besucherprogrammen betreut. Aber nur ein kleiner Teil<br />

der Gedenkstätten spricht Touristen aktiv an und arbeitet im Kontext<br />

eines Marketingkonzeptes mit Reiseunternehmen zusammen.<br />

Dass Gedenkstättentouristen nur zögerlich umworben werden, erklärt<br />

sich aus dem Selbstverständnis der Gedenkstätten und ihrer<br />

Position im erinnerungskulturellen Kontext: In der Bundesrepublik<br />

sind sie meist auf bürgerschaftliche Initiative gegen Widerstände<br />

der lokalen Bevölkerung entstanden und fühlen sich diesem starken<br />

pädagogischen Impuls bis heute verpflichtet. In der DDR waren sie<br />

Teil des staatlich verordneten Antifaschismus und mussten sich nach<br />

der Wende sowohl mit der NS-Zeit neu auseinandersetzen als auch<br />

oft ihre verschwiegene Geschichte als Speziallager des sowjetischen<br />

Geheimdienstes aufarbeiten. Beide Konzepte des „gesellschaftlichen<br />

Auftrags“ lassen sich nur schwer mit den werbenden Aktivitäten einer<br />

touristischen Destination vereinbaren.<br />

Zaghaft bemühen sich einige Gedenkstätten um die Integration in<br />

ein regionales Fremdenverkehrsbild, sie erweitern etwa ihr Spektrum<br />

an Veranstaltungen (Konzerte, Zeltlager, „Lange Nacht“) oder an Infrastruktur<br />

(Museumsshop, Café) – aber sie senken nicht ihren Standard<br />

an Informations- und Nachdenkangeboten.<br />

Klaus Weschenfelder<br />

Museen als Leistungsträger für barrierefreien Tourismus – Zum<br />

Beispiel: Der Museum-Sign-Language-Guide<br />

In <strong>Deutschland</strong> leben rund neun Millionen Menschen mit einer anerkannten<br />

Behinderung, die Mehrheit von ihnen ist hilfebedürftig.<br />

Zugleich nehmen Behinderte in hohem Maße am Erwerbsleben teil.<br />

Sie übernehmen Pflichten und haben das Recht der Teilhabe am gesellschaftlichen<br />

Leben. Behinderte sind an Reisen mit Museumsbesuchen<br />

oder Besichtigungen ebenso interessiert wie Nichtbehinderte,<br />

benötigen jedoch einen barrierefreien Zugang. Tourismus planer, Behindertenbeauftragte<br />

und Kultureinrichtungen sollten be sonderes<br />

Augenmerk auf diese Bevölkerungsgruppe legen und durch gemeinsame<br />

Anstrengungen barrierefreien Tourismus erleichtern.<br />

Den etwa 80.000 Hörgeschädigten sind häufig die üblichen Wege<br />

der Kommunikation verschlossen. Da Museen meist keine Gebärdensprachendolmetscher<br />

bereitstellen können, bleibt den Gehörlosen das<br />

Vermittlungsinstrument der persönlichen Führung verwehrt. Video-<br />

Guides mit Gebärdensprachenführungen ist daher ein Ange bot, das<br />

Gehörlose zu einem Besuch motivieren kann. Gefördert aus EU-Mitteln<br />

haben sich im Jahr 2008 drei Museen in Österreich, Slowenien<br />

und <strong>Deutschland</strong> mit Schulungszentren für Gehörlose zusammengeschlossen<br />

und Museum-Sign-Language-Guides (MSLG) zur Präsen<br />

tation auf Video-Guide-Geräten entwickelt. In mehreren Evaluierungs<br />

schritten wurde die Qualität des MSLG verbessert. Der MSLG<br />

dient als qualifiziertes Instrument innerhalb der Servicekette eines<br />

barrierefreien Tourismus.<br />

22 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Rückblick<br />

sind Argumente für eine kleine, dennoch sehr motivierte<br />

Zielgruppe, die viel Wert auf die Qualität ihres Besuches<br />

legt. Barrierefreiheit als (touristisches) Alleinstellungsmerkmal?<br />

Vorerst, aber mit dem langfristigen Ziel, dass diese<br />

überall eine Selbstverständlichkeit wird.<br />

Bewegung in alle Richtungen<br />

Museen sind Bestandteile des kulturellen Angebotes und<br />

tragen somit zur Attraktivität einer Region bei. Allerdings<br />

ist es mit einer passiven Haltung nicht getan. Sie müssen<br />

aktiv werden, interessante Produkte bieten, selber Angebote<br />

aufbauen und vermarkten. Am Beispiel Graubünden<br />

wird deutlich, wie ein kreatives Museums- und Kulturmarketing<br />

die Aufmerksamkeit der Touristen auf die Region<br />

und ihre Einrichtungen ziehen kann. Gut informierte<br />

Hotel-Rezeptionisten etwa sind die besten Multiplikatoren,<br />

die den Gästen fundierte Empfehlungen geben können, so<br />

die Grundidee eines erfolgreichen Führungs- und Informationsprogramms.<br />

Selbst mit kleinem Budget können Museen viel erreichen.<br />

Kreativität ist Trumpf, es muss nicht immer elitär-kulturell<br />

zugehen. Im Gegenteil: Wirtschaftliches Denken ist<br />

nicht unvereinbar mit der unantastbaren Würde der Kultur,<br />

so Martina Dillmann. Kleine Nettigkeiten prägen die<br />

Erinnerungen an den Besuch und fördern die Mundpropaganda.<br />

Packages und Pauschalangebote können auch mit<br />

wenig finanziellen Mitteln eingerichtet werden, sie finden<br />

ihre Klientel. Andere Akteure wie etwa Hotellerie, Stadtführungen,<br />

Fremdenverkehrsämter oder Transportgesellschaften<br />

können als Partner gewonnen werden. Hochglanz<br />

broschüren enden meistens im Abfall, freundlicher<br />

Besucherservice dagegen macht Eindruck. Das wichtigste<br />

ist und bleibt die Kommunikation und die Präsenz des Museums<br />

oder des Denkmals bei allen Multiplikatoren, die<br />

Touristen empfangen und gegebenenfalls informieren.<br />

Stéphanie Wintzerith<br />

Zusammen ist man stärker – Von Museumspässen und<br />

Erlebniskarten im deutschsprachigen Raum<br />

Museumspässe und Tourismus(erlebnis)karten florieren. Es gibt kaum<br />

eine Region, eine Stadt, gar eine kulturelle Einrichtung, in der keine<br />

dieser Karten Gültigkeit hat. Die Vermutung liegt nahe, dass sie den<br />

Museen, Denkmälern, Monumenten und weiteren Touristenattrak tionen<br />

Vorteile bringen – Es geht um mehr Besucher und einen höheren<br />

Bekanntheitsgrad. Pässe und Karten sind (meistens) eine wirkungsvolle<br />

Werbeplattform. Zusammen ist man stärker.<br />

Um Käufer zu überzeugen, müssen diese Pässe auch dem Besucher<br />

Vorteile bieten: Von Ermäßigungen über Transportgelegenheiten bis<br />

hin zum Gratiseintritt, die Modalitäten sind sehr vielfältig. Entfallen<br />

dem Museum aber dadurch Eintrittsgelder oder entstehen anderweitige<br />

Mehreinnahmen, die diese ausgleichen oder gar übersteigen?<br />

Auch die finanzielle Bilanz für die teilnehmenden Häuser ist sehr unterschiedlich.<br />

Viel mehr als reine Marketingprodukte haben Museumspässe oft auch<br />

einen ideellen Wert: Sie sind Netzwerke – zusammen ist man eben<br />

stärker. Einige entstanden aus dem Willen, ein Instrument zur Förderung<br />

des grenzüberschreitenden Kulturaustausches zu schaffen oder<br />

sind mit Qualitätsstandards verknüpft. Beispiele aus dem deutschsprachigen<br />

Raum eignen sich hervorragend, um ein Familien porträt<br />

dieser Museumspässe zu zeichnen. Bleibt dann die entscheidende<br />

Frage: Was bringen sie den Museen, Denkmälern und teil nehmenden<br />

Institutionen? Was bringen sie den Nutzern?<br />

Foto: www.bad-bad.de<br />

Martina Dillmann<br />

Tourismusmarketing in der Praxis: Erfolg mit kleinem Budget<br />

Die Weltwirtschaftskrise hat inzwischen auch die ehemals boomende<br />

Branche des Tourismus erreicht. Der nationale Inland- und Incoming-Tourismus<br />

legt eine „Wachstumspause“ ein, die mit einem leichten<br />

Rückgang der Reiseaktivitäten verbunden ist. Doch das Reisen zu<br />

Kulturdenkmälern und zu kulturellen Veranstaltungen wird auch in<br />

den nächsten Jahren wesentlicher Bestandteil der Freizeitaktivitäten<br />

sein. Für Kulturbetriebe mit überregionaler Ausstrahlung bedeutet<br />

dies die Möglichkeit zusätzlicher finanzieller Einnahmen über den<br />

Verkauf von Eintrittstickets, Publikationen und Merchandising.<br />

Will man erfolgreiches touristisches Marketing betreiben, so ist eine<br />

enge partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Kultur- und Tourismuswirtschaft<br />

Grundvoraussetzung. Ortsansässige Tourismusverbände<br />

stellen in diesem Zusammenhang die wichtigsten Partner dar.<br />

Wie aber können auf dieser Basis mit nur geringem finanziellen Aufwand<br />

touristische Besucher geworben werden? Was sind konkrete<br />

Maßnahmen hierfür? Beispiele aus der Praxis zeichnen Handlungsschwerpunkte<br />

auf und skizzieren Wege zu einer erfolgreichen Vermarktung.<br />

Foto: Hildesheimer Marketinggesellschaft mbH<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 23


Rückblick<br />

Ziel: Begegnung auf Augenhöhe<br />

Die Vorträge waren allesamt ein Plädoyer für mehr gegenseitigen<br />

Respekt. Es richtet sich einerseits an die Touristen,<br />

die behutsamer mit den besuchten Einrichtungen<br />

umgehen sollten. Die Gefahren und Risiken des Tourismus<br />

wurden verstärkt aus der Sicht der Denkmalpflege<br />

betont. Allein die Notwendigkeit, auf internationalem Niveau<br />

Charta und Abkommen zu vereinbaren, zeugt von<br />

großem Verbesserungspotential. Doch in den Augen der<br />

Museen bietet Tourismus auch Chancen und Gewinne.<br />

Sie müssen einfallsreich auf die Bedürfnisse der Touristen<br />

eingehen und vor allem Kommunikation kreativ gestalten.<br />

Was gut für den Touristen ist, ist auch für die anderen<br />

Besucher gut. So richtet sich andererseits das Plädoyer<br />

an die Museen und Denkmäler: Wer Touristen nur<br />

als Träger eines gut gefüllten Geldbeutels sieht, den es zu<br />

schröpfen gilt, wird langfristig nicht bestehen können.<br />

Dr. Stéphanie Wintzerith ist selbständige Besucherforscherin. Sie<br />

führt Besucherbefragungen und Evaluationen auf nationaler und internationaler<br />

Ebene für Museen und weitere Kultureinrichtun gen<br />

durch. Sie ist Mitglied des Vorstandes von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>;<br />

swi@wintzerith.de<br />

Weitere Intormationen:<br />

Vollständiges Tagungsprogramm, Abstracts der Referate, Texte von<br />

Deklarationen und Resolutionen zum Thema Tourismus:<br />

www.icom-deutschland.de/archiv-2009.php<br />

Im Juli <strong>2010</strong> erscheint der Tagungsband zum Internationalen Bodensee-Symposium<br />

2009, herausgegeben von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, Bestellung<br />

ist mit dem Bestellschein auf Seite 55 möglich.<br />

Charlotte Schütt<br />

Bergferienregion Graubünden – die Zusammenarbeit zwischen<br />

Museen und Tourismusorganisationen<br />

Aufgabe der Kulturmarketingstelle, einem von zahlreichen Entwicklungsschwerpunkten<br />

im Regierungsprogramm der Graubündner Regierung,<br />

ist es, die kulturelle Vielfalt des Kantons als Reichtum bewusster<br />

zu machen und im Rahmen des touristischen Angebotes<br />

besser zur Geltung zu bringen. Basisinformationsmittel bildet die<br />

neu aufgebaute Internetplattform www.graubündenkultur.ch. Neben<br />

verschiedensten Marketing- und PR-Aktivitäten, z. B. für Musikfestivals,<br />

unterstützt die Kulturmarketingstelle die drei kantonalen<br />

Museen, das Bündner Kunstmuseum, das Rätische Museum und das<br />

Bündner Naturmuseum, bei museumsübergreifenden Projekten insbesondere<br />

im Bereich der touristischen Vermarktung. Die drei Museen<br />

befinden sich in Chur, der Kantonshauptstadt mit 35.000 Einwohnern,<br />

und sind aus den wichtigsten Tourismusdestinationen wie<br />

Arosa, Flims-Laax, Davos-Klosters oder Lenzerheide in weniger als<br />

einer Stunde erreichbar.<br />

Drei Beispiele werden vorgestellt: der Kinderstadt(museums)plan<br />

Chur, das Museen-Kombi Chur sowie als unspektakuläre, aber sehr<br />

erfolgreiche Maßnahme Führungen und Informationsabende für<br />

Gäs teberaterinnen in Tourist-Offices und für Hotel-Rezeptionistinnen.<br />

Foto: Amt für Kultur, Kanton Graubünden<br />

Peter Omachen<br />

Historische Hotels erhalten und betreiben<br />

Jährlich ehrt <strong>ICOM</strong>OS Schweiz ausgewählte Eigentümer von Hotels<br />

und Restaurants mit dem Titel „Das historische Hotel“ oder „das historische<br />

Restaurant des Jahres“, die ihre Gebäude nach denkmalpflegerischen<br />

Grundsätzen erhalten und betreiben. Die Jury setzt sich<br />

zusammen aus Mitgliedern von <strong>ICOM</strong>OS Schweiz, aus Vertreterinnen<br />

der drei Partnerorganisationen Hotellerie Suisse, Gastro-Suisse und<br />

Schweiz-Tourismus und aus beigezogenen Experten. Ein wichtiges<br />

Beurteilungskriterium bilden die Unternehmensphilosophie und das<br />

Marketing, welche aus dem historischen Bestand heraus entwickelt<br />

sein müssen.<br />

Zu Beginn der Erfolgsgeschichte eines jeden historischen Hotels oder<br />

Restaurants steht die Erkenntnis, dass die historische Substanz kein<br />

Handicap, sondern ein Potential für den wirtschaftlichen Erfolg darstellt.<br />

Kurz: Die attraktive historische Substanz lockt Gäste an, und<br />

diese Einnahmen finanzieren den Erhalt. Ethik und Wirtschaftlichkeit<br />

bilden hier kein Gegensatzpaar, sondern bedingen sich gegenseitig –<br />

eine Win-Win-Situation für Denkmalpfleger und Touristiker.<br />

Neben der <strong>ICOM</strong>OS-Auszeichnung entwickelte sich die Gruppe der<br />

„Swiss Historic Hotels“. Darin sind Betriebe vereint, die den hohen<br />

Qualitätsanforderungen von <strong>ICOM</strong>OS Schweiz entsprechen. Das Marketing<br />

wird von Schweiz Tourismus besorgt. Und auch Hotellerie<br />

Suisse, jene Organisation, die in der Schweiz die Hotelsterne vergibt,<br />

verleiht ihr Prädikat „historisch“ ebenfalls nur noch nach den strengen<br />

Kriterien von <strong>ICOM</strong>OS Schweiz.<br />

Foto: Peter Omachen<br />

24 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Die Kunst und Kultur der Einmischung<br />

Die Perspektiven der Mitarbeit von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> im Deutschen Kulturrat<br />

Anette Rein<br />

Rückblick<br />

Der Deutsche Kulturrat (www.kulturrat.de) wurde 1981 als<br />

politisch unabhängige, überregionale Arbeitsgemeinschaft<br />

kultur- und me dien politischer Institutionen gegründet. Ziel<br />

war es, ein „Dachverband der Dachverbände“ zu werden.<br />

1995 wurde diese Arbeitsgemeinschaft in einen ge meinnützigen<br />

Verein überführt. 226 Kulturverbände haben sich<br />

in acht Sektionen dem Deutschen Kulturrat an geschlos sen.<br />

Der Deutsche Kulturrat ist Ansprechpartner für Politik<br />

und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Europäischen<br />

Union in allen kulturpolitischen Angelegenheiten. Ziel<br />

des Deutschen Kulturrates ist es, spartenübergreifende Fragen<br />

in die kulturpolitischen Diskussionen ein zubringen.<br />

Politik und Kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates,<br />

erscheint sechsmal jährlich und steht online zur Verfügung<br />

(www.kulturrat.de/puk_liste.php?rubrik=puk).<br />

So arbeitet der Deutsche Kulturrat<br />

Jede Sektion schlägt Vertreter für die neun Fachausschüsse<br />

des Deutschen Kulturrates vor. Diese werden vom Deutschen<br />

Kulturrat ad personam berufen, um als Fachleute aus<br />

den Mitgliedsorganisationen neben Gästen, die keiner Mitgliedsorganisation<br />

des Deutschen Kulturrates angehören,<br />

Empfehlungen und Stellungnahmen zu erarbeiten, kulturund<br />

medienpolitische Problemfelder zu benennen und Handlungsperspektiven<br />

aufzuzeigen.<br />

Jede der acht Sektionen ist im Sprecherrat und in der Delegiertenversammlung<br />

vertreten. Die Sprecher vermitteln die<br />

in den Fachausschüssen erarbeiteten Informationen an den<br />

Vorstand und sind zuständig für die Wahl und die Abberufung<br />

der Vorstandsmitglieder. Darüber hinaus beschließt<br />

der Sprecherrat die Arbeitsprogramme des Vereins und berät<br />

den Vorstand bei der Durchführung seiner Aufgaben.<br />

Der Deutsche Kunstrat<br />

Der Deutsche Kunstrat ist mit seinen 24 Mitgliederorganisationen<br />

eine der acht Sektionen des Deutschen Kulturrates.<br />

Als ein informeller Zusammenschluss von bun desweit<br />

agierenden Vereinigungen, in deren Mittelpunkt die<br />

bil dende Kunst steht, treffen sich die Interessenverbände der<br />

Künstler und Kunsthändler, der Restauratoren, Kritiker und<br />

institutionellen Vermittler regelmäßig, um aktuelle kulturpolitische<br />

Themen zu diskutieren. Im November 2009 fand<br />

z. B. im Kontext der Exponatec Cologne, der Inter nationalen<br />

Fachmesse für Museen, Konservierung und Kul turerbe,<br />

das Symposium „Erb Gut Kunst“ statt. Exper tin nen<br />

und Experten diskutierten über den Umgang mit kollektivem<br />

Kulturerbe und individuellen Künstlernachlässen.<br />

Mitwirkungsmöglichkeiten für <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Die Präsenz von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> in beiden Räten bietet<br />

viele Möglichkeiten einer Mitgestaltung von Informationen<br />

Trifft die Wirtschaftskrise nur kleine oder auch große Institutionen wie<br />

das Neue Museum in Berlin? Über Budgetfragen verständigen sich die<br />

Mitglieder des Fachausschusses Kulturfinanzierung im Deutschen<br />

Kulturrat.<br />

über Museen als inter- und transkulturelle außer schulische<br />

Lernorte zur Weiterleitung an übergeordnete Gremien.<br />

Durch die Ver netzung mit anderen Kulturverbänden können<br />

weitere Ko operationen entstehen und damit übergreifende<br />

Problemfelder im Kulturbereich differenzierter und<br />

umfassen der benannt werden. Museen als wichtige Wis sen s­<br />

träger und Vermittler kulturellen Wissens werden durch<br />

die Beiträge von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> von den anderen Kulturverbänden<br />

noch besser wahrgenom men. Zu den kulturpolitischen<br />

Problemfeldern, zu deren Lösungen <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> beitragen kann, gehören zum Beispiel: die Folgen<br />

von neuen Lehrplänen auf Museumsbesuche von Schulklassen;<br />

die Veränderungen der Berufsbilder von Museumsmitarbeitern<br />

nach Einführung neuer Studienordnungen<br />

an den Universitäten; neben Problemen aufgrund fehlender<br />

Etats für die vielfältigen Aktivi täten der Häuser, was eine<br />

generationenübergreifende um fassende Wissensvermittlung<br />

der Museen erschwert, wenn nicht sogar verhindert.<br />

Durch seine Präsenz kann <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> nicht nur<br />

kulturpolitische Problemfelder aus musealer Sicht ergänzen,<br />

sondern auch Themen aus der internationalen Museumsszene<br />

und aus Kulturdebatten einbringen. Dieser Aspekt<br />

wird meiner Meinung nach künftig aufgrund der zunehmenden<br />

globalen Vernetzung immer wichtiger werden.<br />

Der Vorstand von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> freut sich über<br />

Ihre Themenvorschläge zu den Bereichen Bildung und Kulturfinanzierung.<br />

Dr. Anette Rein ist Vorstandsmitglied von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>. Sie vertritt<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> im Deutschen Kunstrat und im Deutschen<br />

Kulturrat in den Fachausschüssen Bildung und Kulturfinanzierung;<br />

ar_welten@yahoo.de<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 25


Rückblick<br />

Tätigkeitsbericht des Präsidenten von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> für 2009<br />

Gehalten vor der Mitgliederversammlung am 19. Juni 2009 in Lindau<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

ich möchte Sie sehr herzlich bei der Mitgliederversammlung 2009<br />

willkommen heißen, die in diesem Jahr im Rah men des gemeinsam<br />

mit <strong>ICOM</strong> Österreich, <strong>ICOM</strong> Schweiz und den Komitees des Internationalen<br />

Rates für Denkmalpflege <strong>ICOM</strong>OS in den drei Partnerländern<br />

ver anstalteten Internationalen Bodensee-Symposiums in Lindau stattfindet.<br />

Es freut mich, dass mit der Beteiligung von <strong>ICOM</strong>OS eine alte Tradition<br />

wieder auflebt: Bereits 1991 hatten die drei <strong>ICOM</strong>-National komitees<br />

der Bodensee-Anrainerstaaten zusammen mit den Schwes terverbänden<br />

der <strong>ICOM</strong>OS-Komitees aus ihren Ländern die Tagung<br />

„Museum und Denkmalpflege“ ausgerichtet.<br />

In der Einführung des damals amtierenden Präsidenten von <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> werden als Hauptanliegen, die den Internationalen<br />

Museumsrat und den Internationalen Rat für Denkmalpflege miteinander<br />

verbinden, „ … die Sorge um die Rettung des Historischen Kulturerbes<br />

und das Bemühen um die Erhaltung und Erlebensvermittlung<br />

beweglicher oder ortsgebundener Kultur- und Kunstwer ke“<br />

hervorgehoben. Bis heute hat sich an diesen tragenden Zielsetzungen<br />

nichts geändert, die nach wie vor die gute Nachbarschaft und<br />

gegebenenfalls auch die Zusammenarbeit von <strong>ICOM</strong> und <strong>ICOM</strong>OS<br />

als mit der UNESCO kooperierende Nichtregierungsorganisationen<br />

begründen.<br />

Meinen Bericht möchte ich zunächst mit der Darstellung der Entwicklung<br />

von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> im Spiegel der Mitgliederstatistik<br />

beginnen, um Ihnen anschließend die Eckdaten für den Haushaltsplan<br />

2009 vorzustellen.<br />

Mitgliederstatistik<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als die größte deutsche Organisation der Museen<br />

und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat weiter an Statur<br />

gewonnen und von 2005 bis heute einen Zuwachs von rund 1.150<br />

Mitgliedern zu verzeichnen. Wir freuen uns, dass sich das Wachstum<br />

kontinuierlich fortsetzt und dass wir allein im ersten Halbjahr 2009<br />

insgesamt 210 neue Mitglieder aufnehmen konnten. Mit nunmehr<br />

nahezu 3.900 Mitgliedern konnte <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> seine Stellung<br />

als das mitgliederstärkste Nationalkomitee im Weltverband des Internationalen<br />

Museumsrats weiter ausbauen. So hoffen wir, dass wir<br />

noch im laufenden Jahr das viertausendste Mitglied aufnehmen können.<br />

Dabei sind die Aufnahmeanträge im Hinblick auf den Charakter<br />

von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als professionel ler Fachverband der Museen<br />

und der Angehörigen der Museumsberufe von der Geschäftsstelle<br />

nach strengen professionellen Kriterien geprüft worden.<br />

Leider haben wir im Berichtsjahr auch Mitglieder verloren: Frau Dr. Doris<br />

Schmidt, vielen von Ihnen bekannt durch ihre fundierten Bei träge<br />

zur Kulturberichterstattung in der Süddeutschen Zeitung, und Herrn<br />

Uwe Obier, den ehemaligen Leiter der Städtischen Galerie in Lü denscheid.<br />

Darf ich Sie bitten, sich zum Gedenken an die verstor be nen<br />

Kolleginnen und Kollegen zu einer Schweigeminute zu erheben.<br />

Haushaltsplan<br />

Wie in den letzten Jahren wollen wir Sie auch in diesem Jahr über<br />

den Haushalt von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> unterrichten. Der Abschluss<br />

des Haushalts 2008, den wir Ihnen in der letzten Mitgliederversammlung<br />

in Amsterdam erläutert hatten, wird zur Zeit durch den<br />

Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien als unseren<br />

Zuwendungsgeber geprüft.<br />

Der Haushaltsplan von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> für das Jahr 2009, der Ihnen<br />

heute in seinen Eckdaten vorgestellt wird, hat sich gegenüber<br />

den Haushalten der vergangenen Jahre kaum verändert. Er ist auch<br />

in der Verteilung der Mittel auf die einzelnen Ausgabengruppen<br />

relativ gleich geblieben. Dabei liegen die großen Ausgabenblöcke,<br />

die Personalausgaben für die Geschäftsstelle und die sächlichen Verwaltungsausgaben<br />

– darin sind auch die Ausgaben für die Pflege<br />

un serer Homepage und für die Herausgabe unserer <strong>Mitteilungen</strong><br />

enthalten – weitgehend fest.<br />

Doch möchte ich betonen, dass bei den Personalausgaben sowie bei<br />

den sächlichen Verwaltungsausgaben der Aufwand auf das wirklich<br />

Notwendige begrenzt wird, denn selbstverständlich haben wir den<br />

Wunsch, dass von den verfügbaren Mitteln ein möglichst großer Betrag<br />

für die inhaltliche Arbeit bereitgestellt werden kann.<br />

Im zweiten Teil der Haushaltsübersicht finden Sie die Ausgaben für<br />

die Veranstaltungen von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und für die Beihilfen zur<br />

Förderung der Teilnahme von <strong>ICOM</strong> Mitgliedern an Fachtagun gen<br />

im In- und Ausland.<br />

Veranstaltungen, erster Teil<br />

Nun möchte ich Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Ver anstal<br />

tungen in den neun Monaten seit unserer letzten Mitgliederver<br />

sammlung im Rahmen unserer Jahrestagung in Amsterdam vermitteln.<br />

Im Hinblick auf die bevorstehende Übergabe meines Amtes<br />

als Präsident von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> an einen Nachfolger erscheint<br />

es auch veranlasst, ein kurzes Resümee der vergangenen viereinhalb<br />

Jahre seit der Neuwahl des Vorstands im Dezember 2004 zu geben.<br />

Also zunächst zur Chronik der aktuel leren Ereignisse, die sich ganz<br />

überwiegend auch in der jüngsten Ausgabe der <strong>Mitteilungen</strong> spiegeln.<br />

Entsprechend den inhaltlichen Anliegen der Arbeit von <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong>, aktuelle kulturpolitische und gesellschaftliche Themen<br />

aufzugrei fen und zu vermitteln, stand die vom 9. bis 11. Oktober<br />

2008 in Ams terdam ausgerichtete Jahrestagung von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

unter dem Motto „Museum – Orte der kulturellen Bildung und<br />

Integration“.<br />

Warum wurde die Jahrestagung 2008 in Amsterdam veranstaltet?<br />

Diese an uns immer wieder herangetragene Frage möchte ich gerne<br />

vor der Mitgliederversammlung noch einmal beantworten: Zum einen<br />

setzt die Wahl eines Veranstaltungsorts im Ausland die schon<br />

von meinem Amtsvorgänger Hans-Martin Hinz ergriffene Initiative<br />

fort, die Jahrestagungen zu nutzen, um die Museumslandschaften<br />

und die kulturpolitischen Zielsetzungen vor allem in den europäi schen<br />

Nachbarländern kennen zu lernen und Kontakte zu den dor tigen<br />

<strong>ICOM</strong>-Nationalkomitees aufzubauen.<br />

Zum Anderen erschien die Wahl von Amsterdam als Tagungsort im Hinblick<br />

auf das Tagungsthema als besonders naheliegend: Tat säch lich hat<br />

die Hafenstadt Amsterdam als die größte Stadt der Nie der lande und<br />

das wirtschaftliche Zentrum eines ehemaligen Kolonialreichs eine<br />

ethnisch und kulturell besonders vielfältige Bevölkerung: Modelle<br />

des Zusammenlebens und der Integration von Zuwanderern sind<br />

hier schon lange vor dem „Nationalen Integrationsplan“ entwickelt<br />

worden, den die deutsche Bundesregierung im Jahr 2006 verabschiedet<br />

hat.<br />

Unsere Tagung wurde in Partnerschaft mit <strong>ICOM</strong> Niederlande und<br />

mit der Reinwardt-Akademie in Amsterdam geplant und durchgeführt:<br />

Zu besonderem Dank fühle ich mich Albert Scheffers, dem<br />

Präsidenten von <strong>ICOM</strong> Niederlande, verpflichtet.<br />

Die Reinwardt-Akademie erwies sich als ein ideales Forum für die<br />

Durchführung der Tagung, zumal dort die museologische Ausbildung<br />

stärker kulturpolitisch und interdisziplinär ausgerichtet ist als<br />

in <strong>Deutschland</strong>: Léontine Meijer-van Mensch, die als Kontaktperson<br />

zu unserer Geschäftsstelle die Tagung maßgeblich mit ausgerich-<br />

26 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Rückblick<br />

tet hat, sprach in ihrer Einführung schlagwortartig von „Heritology“,<br />

also von einer Ausrichtung der Ausbildung auf das kulturelle Erbe<br />

in seiner ganzen Breite. Museen und Museumsausbildung in Holland<br />

verstehen sich als Teil eines integrativen kulturellen Netzwerks,<br />

in dem die Zusammenarbeit mit Bibliotheken, Archiven sowie mit<br />

kulturellen Zentren angestrebt wird, die etwa auch in der stadtviertelbezogenen<br />

Kulturarbeit – und damit auch in Projekten der kulturellen<br />

Integration von Migranten – aktiv sind.<br />

Den Tagungsteilnehmern wurden faszinierende und in vielfältiger<br />

Weise anregende Eindrücke in Amsterdam und bei der Exkursion<br />

nach Haarlem zuteil. Dazu gehören nicht zuletzt auch der offene<br />

Umgang sowie die große und spontane Gastfreundschaft, die wir in<br />

einem Land erfahren haben, in dem auch die Schatten der gemeinsamen<br />

Geschichte noch präsent sind wie etwa an Orten wie dem<br />

Anne-Frank-Haus.<br />

Von Amsterdam nach München: Hier fand am 13. Januar 2009 im<br />

Staatlichen Museum für Völkerkunde eine Pressekonferenz anlässlich<br />

der Herausgabe der „Roten Liste der gefährdeten Antiken Perus“<br />

statt. Der neu bestellte Generaldirektor von <strong>ICOM</strong>, Julien Anfruns,<br />

ließ es sich nicht nehmen, diese jüngste Neuerscheinung in der<br />

Serie der „Roten Listen“, in der bereits Informationsschriften zur Bekämpfung<br />

des illegalen Handels mit Kulturgütern aus Afrika, dem<br />

Irak und Afghanistan erschienen sind, persönlich vorzustellen. Als<br />

Handreichung für die Zoll- und Polizeibehörden gedacht, mit denen<br />

<strong>ICOM</strong> eng zusammenarbeitet, aber auch als Information für Museen,<br />

den Kunsthandel und für Sammler sollen die „Roten Listen“ den Blick<br />

für illegal in den Handel gelangte Kulturgüter schärfen.<br />

Die Veranstaltung hat eine erfreulich breite Medienresonanz gefunden,<br />

so in der überregionalen Tagespresse wie etwa der Süddeutschen<br />

Zeitung und der Welt. Sie bot die Gelegenheit, den Einsatz des<br />

Internationalen Museumsrats und von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> für die Bewahrung<br />

des kulturellen Erbes öffentlichkeitswirksam zu vermitteln.<br />

Hier ist auch der Zusammenhang mit dem Beitritt der Bundesrepublik<br />

<strong>Deutschland</strong> zu den UNESCO-Übereinkommen gegen den illegalen<br />

Handel mit Kulturgut und über den Schutz und die Förderung<br />

der Vielfalt kultureller Ausdruckformen herzustellen, für deren Ratifizierung<br />

sich <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als größter, in einem internationalen<br />

Netzwerk agierender deutscher Museumsfachverband ebenfalls<br />

aktiv engagiert hat.<br />

Entwicklungen in der <strong>ICOM</strong>-Administration<br />

Der <strong>ICOM</strong>-Generaldirektor Julien Anfruns, der unserer Einladung<br />

zum Internationalen Bodensee-Symposium als Treffen der <strong>ICOM</strong>-<br />

Nationalkomitees von <strong>Deutschland</strong>, Österreich und der Schweiz folgend<br />

nach Lindau kommen und morgen zu Ihnen sprechen wird,<br />

ist derzeit dabei, den Weltverband und insbesondere das lange<br />

ohne hauptamtliche Führung arbeitende Generalsekretariat neu zu<br />

strukturieren. Geprägt durch seine Ausbildung an der École Nationale<br />

d‘Administration – die traditionell die Elite der französischen<br />

Verwaltungsbeamten ausbildet – sammelte er Erfahrungen im<br />

Dienst französischer Ministerien und der Diplomatie sowie zuletzt<br />

als Direktor der finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten am<br />

Louvre, wo er mit der strategischen Entwicklung befasst war. Julien<br />

Anfruns bringt für seine neue Aufgabe als Generaldirektor von <strong>ICOM</strong><br />

profunde Organisationserfahrung mit, neigt aber als französischer<br />

Spitzenbeamter auch zu zentralistischen Ordnungsvorstellungen.<br />

Diese Eigenschaften traten auch beim Jahrestreffen des Advisory<br />

Committee von <strong>ICOM</strong> und der sich daran anschließenden Generalversammlung<br />

hervor, die vom 8. bis 11. Juni 2009 in Paris stattfanden.<br />

Bei meinem kurzen Bericht stütze ich mich auf die Informationen<br />

unserer Vorstandsmitglieder Klaus Weschenfelder und Lothar<br />

Jordan, die in Paris dabei waren: Deutlich sichtbar nimmt Julien<br />

Anfruns die Zügel in die Hand und baut das Sekretariat zu einer<br />

zentralen Instanz aus, die auch gegenüber der Präsidentin und dem<br />

Executive Council mit Kompetenzanspruch auftritt.<br />

Man kann in dieser Machtverschiebung positive und negative Aspekte<br />

erkennen: Man darf erwarten, dass die Geschäfte künftig effizienter<br />

betrieben werden und dass sich das Sekretariat zu einem<br />

leistungsfähigeren Dienstleistungsorgan für die verschiedenen<br />

Gremien von <strong>ICOM</strong> sowie für deren Mitglieder entwickeln wird.<br />

Möglicherweise wird auch das Profil von <strong>ICOM</strong> geschärft und die<br />

Medienpräsenz verstärkt werden. Doch ist noch nicht absehbar, inwieweit<br />

Julien Anfruns sich auf Bedürfnisse der Verbandsarbeit auf<br />

der Ebene der internationalen und der nationalen Komitees einzulassen<br />

bereit ist: Insoweit wird man unsere Interessen in Zukunft<br />

noch prononcierter zu vertreten haben als bisher.<br />

Auf der Tagesordnung des Treffens in Paris stand auch eine Anhebung<br />

der Mitgliedsbeiträge, doch ist der Wunsch des neuen Generaldirektors,<br />

die Beiträge in den Jahren kontinuierlich um jeweils<br />

6 Euro zu erhöhen, nicht in Erfüllung gegangen: Als vermittelnder<br />

Vorschlag wurde die Anregung von <strong>ICOM</strong> Schweiz angenommen,<br />

die Beiträge <strong>2010</strong> um lediglich 4 Euro zu erhöhen und von weiteren<br />

Beitragsanpassungen zunächst einmal abzusehen.<br />

So bleibt abzuwarten, ob es Julien Anfruns gelingen wird, die erforderlichen<br />

Sponsorenmittel einzuwerben, um den Umbau des Sekretariats<br />

und die Neueinstellung qualifizierter Personen sowie weitere<br />

Zukunftsprojekte – ich verweise auf die nach wie vor dringliche<br />

Erneuerung der Mitglieder-Datenbank sowie auf die zeitgemäße<br />

Neugestaltung der <strong>ICOM</strong>-Webseite als Forum eines international<br />

vernetzten Weltverbands – finanzieren zu können.<br />

Im Herbst <strong>2010</strong> steht bekanntlich die Wahl des Executive Council<br />

von <strong>ICOM</strong> im Rahmen der Generalkonferenz in Shanghai an. Die<br />

Kandidaten für das Präsidentenamt sind allerdings noch nicht so<br />

recht aus der Deckung gegangen: Genannt werden die Namen von<br />

Rick West, ehemaliger Direktor des Museum of the American Indian<br />

in Washington und Vizepräsident im Executive Council, aber auch<br />

von Hans-Martin Hinz: Wir würden uns natürlich freuen, wenn Hans-<br />

Martin Hinz, ehemaliger Präsident von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und von<br />

<strong>ICOM</strong> Europe, als international erfahrener und geschätzter Kollege<br />

das Rennen machen sollte.<br />

Bei der Sitzung des Advisory Committee in Paris wurde auch das Thema<br />

für den Internationalen Museumstag 2011 beschlossen: Wenn<br />

der Vorschlag „Museums and Memory“ aufgegriffen wurde, dann<br />

dürfen wir unserem Vorstandsmitglied Lothar Jordan sehr herzlich<br />

gratulieren, der als Präsident des Internationalen Komitees der Literaturmuseen<br />

ICLM und als Mitglied im Subkomitee Marketing des<br />

UNESCO-Programms „Memory of the World“ den Antrag vertreten<br />

und in überzeugender Weise begründet hat. Im Mittelpunkt steht<br />

dabei das in Form von Literatur und Archivalien verkörperte „Gedächtnis<br />

der Menschheit“, das auch einen wichtigen Teil der Bestände<br />

unserer Museen darstellt.<br />

Veranstaltungen, zweiter Teil<br />

Nun wieder zurück von Paris nach <strong>Deutschland</strong> und den hier veranstalteten<br />

Tagungen der internationalen Komitees. Gerne hat <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> die Jahrestagung des International Committee for Decorative<br />

Arts and Design (ICDAD) unterstützt, das seine Jahrestagung<br />

vom 14. bis 17. Mai 2009 im Museum August Kestner in Hannover<br />

unter dem Motto „The Intersection of Art and Technical Innovation“<br />

veranstaltet hat. Zum zweiten Mal kamen die Experten von ICDAD<br />

in <strong>Deutschland</strong> zusammen, um die Wechselbeziehungen zwischen<br />

Kunst bzw. Design und dem technischen Fortschritt zu erörtern.<br />

Zur Eröffnung im Museum August Kestner in Hannover am 14. Mai<br />

2009 hat unser Vorstandsmitglied Anette Rein die Grüße von <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> übermittelt.<br />

Für den Herbst hat sich als weiteres internationales Komitee das International<br />

Committee for Architecture and Museum Techniques<br />

(ICAMT) angesagt, das für die Zeit vom 5. bis 7. November 2009 seine<br />

Jahrestagung in Berlin zum spannenden Thema „Museumskonzep te<br />

und ihre Realisierung“ plant. Im Rahmenprogramm sind Exkursio nen<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 27


Rückblick<br />

zu den neuen bzw. erneuerten Berliner Museen geplant. Unser Dank<br />

gilt im gegebenen Fall auch Hans-Martin Hinz, der die Durchführung<br />

der Tagung im Deutschen Historischen Museum mit Unterstützung<br />

von Generaldirektor Hans Ottomeyer ermöglicht hat.<br />

Auch die assoziierten Organisationen als Mitglieder der erweiter ten<br />

<strong>ICOM</strong>-Familie sind Teil des <strong>ICOM</strong>-Netzwerks. So unterstützt <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> auch die Jahrestagung des Internationalen Verbands der<br />

Transport- und Kommunikationsmuseen (IATM), die mehr oder weniger<br />

gleichzeitig mit unserem Internationalen Bodensee-Sym posium<br />

vom 15. bis 19. Juni 2009 im Verkehrsmuseum Dresden und im Deutsche-Bahn-Museum<br />

Nürnberg stattfindet. Den Teilnehmern wird nicht<br />

nur ein Vortragsprogramm zur Bedeutung der Transport- und Kommunikationsmuseen<br />

als attraktive Einrichtungen für die Öffentlichkeit,<br />

sondern auch ein umfangreiches Rahmenprogramm geboten.<br />

Publikationen<br />

Abschließend noch kurze Anmerkungen zu den Publikationsprojekten,<br />

die im Berichtszeitraum realisiert werden konnten bzw. vor<br />

der Veröffentlichung stehen:<br />

Die gute Zusammenarbeit mit dem Deutschen Museumsbund fin det<br />

Ihren Ausdruck auch in der Herausgabe gemeinsamer Handreichungen<br />

zur Museumsarbeit. Hierzu zählt die Broschüre Museumsberufe – Eine<br />

Europäische Empfehlung, die gemeinsam mit dem International<br />

Committee for Training of Personell (ICTOP) heraus gegeben wurde.<br />

Als spiritus rector steht hinter dieser Orientierungs hilfe zu den Museumsberufen<br />

Angelika Ruge als Präsidentin von ICTOP, die die Kriterien<br />

für die Berufsbilder mit Kolleginnen und Kollegen aus den europäischen<br />

Nachbarländern erarbeitet und ab gestimmt hat. Gerne<br />

spre che ich Frau Ruge für ihre Initiative noch einmal den Dank von<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> aus: Nur wer den Werdegang des Werks verfolgt<br />

hat, kann nachvollziehen, welcher Nachhaltigkeit – um nicht zu sagen<br />

Hartnäckigkeit – es bedurfte, um diese als Beitrag für die Professionalisierung<br />

des Berufsbildes der Museumsmitarbeiter nützliche<br />

Handreichung vorlegen zu können.<br />

Wir hoffen, dass in der Reihe der in Kooperation mit dem Deutschen<br />

Museumsbund realisierten Handreichungen demnächst eine weitere<br />

Schrift mit Empfehlungen für das Volontariat an Museen folgen<br />

wird, um Rahmenbedingungen für eine qualifizierte Ausbildung und<br />

eine angemessene Vergütung des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

zu definieren.<br />

Gerne weise ich auf den Tagungsbericht zum letzten Internationalen<br />

Bodensee-Symposium in Schaffhausen im Juni 2006 zum Thema<br />

„Das Museum als Ort des Wissens“ hin, der von <strong>ICOM</strong> Schweiz als<br />

Gastgeber der Schaffhausener Tagung herausgegeben worden ist.<br />

Unmittelbar vor dem Erscheinen steht auch der Tagungsbericht Wissenschaftsmuseen<br />

im deutsch-französischen Dialog, der die Vorträge<br />

der in Kooperation von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> mit <strong>ICOM</strong> Frankreich im<br />

Deutschen Technikmuseum Berlin vom 14. bis 16. Oktober 2007 veranstalteten<br />

Tagung der Experten aus deutschen und französischen<br />

Wissenschaftsmuseen dokumentiert.<br />

Gemeinsam mit <strong>ICOM</strong> Schweiz und <strong>ICOM</strong> Österreich arbeiten wir<br />

derzeit auch an der Veröffentlichung der aktualisierten deutschen<br />

Fassung des <strong>ICOM</strong> Code of Ethics for Museums, die hoffentlich noch<br />

vor Jahresende herauskommen kann. Es ist ein Ansporn für uns, dass<br />

unser Mitglied Werner Hilgers mit einer Revision der deutschen Übersetzung<br />

schon eine wichtige Vorleistung erbracht hat, für die ich an<br />

dieser Stelle den Dank des Vorstands aussprechen möchte.<br />

Nachwahlen im Vorstand von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Diesem Überblick über die Aktivitäten und Projekte von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

im Berichtszeitraum möchte ich noch einen kurzen persönlichen<br />

Epilog folgen lassen – kurz, aber nicht ganz schmerzlos: Sie<br />

haben der Einladung zum Internationalen Bodensee-Symposium<br />

entnommen, dass die Nachwahl des Präsidenten und eines Vorstandsmitglieds<br />

auf der Tagesordnung stehen.<br />

Der Grund für meine Bitte um die Übernahme des Präsidentenamts<br />

durch einen Nachfolger sind aktuelle gesundheitliche Einschränkungen,<br />

die das Risiko mit sich bringen, dass ich die mit dem Präsidentenamt<br />

verbundenen Verpflichtungen nicht mehr mit der gebotenen<br />

Regelmäßigkeit wahrnehmen kann.<br />

Entsprechend den Bestimmungen unserer Geschäftsordnung hat<br />

der Vorstand einen Kandidaten als Nachfolger benannt, der Ihnen<br />

in der heutigen Mitgliederversammlung vorgestellt wird. Ich danke<br />

Herrn Klaus Weschenfelder, dass er sich, gestützt auf ein einstimmiges<br />

Votum des Vorstands, bereit erklärt hat, die mit der Funktion<br />

des Präsidenten verbunden Würden und Bürden zu übernehmen<br />

und sich in der Mitgliederversammlung zur Wahl zu stellen. Ich würde<br />

mich freuen, wenn Sie ihm ihr Vertrauen aussprechen würden.<br />

Das gleiche gilt für Stéphanie Wintzerith als jene Kollegin, die den<br />

bisher von Herrn Weschenfelder eingenommenen Vorstandssitz<br />

übernehmen soll. Auch ihr hat der Vorstand sein Vertrauen ausgesprochen,<br />

so dass wir die Mitglieder um ihr positives Votum bitten.<br />

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nachwahl sind von<br />

Herrn Rechtsanwalt Burghard von Bargen geprüft worden.<br />

Beide Kandidaten werden sich Ihnen im Anschluss an meinen Bericht<br />

und an die Entlastung des Vorstands persönlich vorstellen und<br />

gerne auf Ihre Fragen eingehen.<br />

Resümee<br />

Wenn man ein Amt übergibt, ist das ein Anlass, Bilanz der abgelaufenen<br />

Amtszeit zu ziehen: Welche seiner Zielsetzungen hat der<br />

mit dem Präsidenten im Dezember 2004 neu gewählte Vorstand<br />

mit Rosmarie Beier-de Haan, Anette Rein, Michael Eissenhauer, Udo<br />

Gößwald, Rainer Hofmann und Christoph Lind – bzw. in der zweiten<br />

Amtsperiode ab Dezember 2007 mit Lothar Jordan, Klaus Weschenfelder<br />

und Gerhard Winter als Nachfolger für die ausgeschiedenen<br />

Mitglieder Eissenhauer, Gößwald und Hofmann – verwirklichen oder<br />

der Verwirklichung näherbringen können?<br />

„Wir wollen etwas verändern bei <strong>ICOM</strong>“, mit dieser Devise waren wir<br />

angetreten. Die Perspektive richtete sich dabei nach außen wie nach<br />

innen. Was sich bewegt hat, lässt sich anhand der in den <strong>Mitteilungen</strong><br />

von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> jährlich publizierten Tätigkeitsberichte vor<br />

der Mitgliederversammlung im Einzelnen nachvollziehen.<br />

Schon in meinem eingangs abgegebenen Rechenschaftsbericht<br />

konnte ich darauf hinweisen, dass das kontinuierliche Wachstum des<br />

Mitgliederbestandes in den letzten Jahren erwarten lässt, dass wir<br />

in den nächsten Monaten mit der Aufnahme des viertausendsten<br />

Mitglieds rechnen dürfen. Auch wenn es auf Größe nicht allein ankommt,<br />

so hat <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> als der größte Museumsfachverband<br />

in <strong>Deutschland</strong> und als weltweit größtes Nationalkomitee von<br />

<strong>ICOM</strong> in der Kulturpolitik wie auch in der internationalen Verbandsarbeit<br />

an Gewicht gewonnen.<br />

Die Situation in der Geschäftsstelle hat sich konsolidiert und die<br />

neue Struktur mit Johanna Westphal als allein verantwortlicher Geschäftsführerin<br />

hat sich bewährt. Im Team der Mitarbeiter gibt es<br />

eine klare Aufgabenverteilung und eine gute Zusammenarbeit zwischen<br />

Beate von Törne, Juliana Ullmann und Jan-Dirk Kluge.<br />

In Folge der gestiegenen Mitgliederzahl hat auch die Arbeitsbelastung<br />

durch die Mitgliederverwaltung und Mitgliederbetreuung zugenommen.<br />

Gerade in Phasen wie der Vorbereitung und Durchführung<br />

von Tagungen ist deshalb ein besonderes Engagement<br />

ge fordert, das sich auch hier in Lindau wieder bewährt hat. …<br />

Vollständige Fassung des Tätigkeitsberichtes:<br />

www.icom-deutschland.de/ueber-uns-taetigkeitsberichte.php<br />

Dr. York Langenstein<br />

Präsident <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

28 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Rückblick<br />

Protokoll der Mitgliederversammlung 2009 von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

19. Juni 2009<br />

Altes Rathaus, Bismarckplatz, Lindau<br />

Beginn der Mitgliederversammlung: 17:10 Uhr<br />

Anwesende Mitglieder: 44<br />

Der Vorstand ist vollständig anwesend.<br />

Der Präsident, Dr. York Langenstein, stellt fest, dass das erforderliche<br />

Quorum für eine Mitgliederversammlung nicht erreicht ist, und<br />

schließt die Sitzung. Gemäß § 4 (Absatz 3) der Geschäftsordnung<br />

von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> beruft der Präsident formlos eine neue Mitgliederversammlung<br />

ein, die um 17:15 Uhr eröffnet wird. Die satzungsmäßige<br />

Beschlussfähigkeit ist gegeben.<br />

1. Billigung der Tagesordnung<br />

Die vorliegende und den Mitgliedern rechtzeitig übermittelte Tagesordnung<br />

wird einstimmig gebilligt. Ergänzungen zur Tagungsordnung<br />

werden nicht gewünscht.<br />

2. Benennung der Protokollführung<br />

Als Protokollführer wird einstimmig das Vorstandsmitglied Professor<br />

Dr. Lothar Jordan benannt.<br />

3. Tätigkeitsbericht des Präsidenten und Vorstellung<br />

des Haushalts<br />

Der Präsident gibt einen Überblick über die Aktivitäten von <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> für den Zeitraum seit der letzten Mitgliederversammlung<br />

in Amsterdam (11. Oktober 2008) und stellt die Zahlen der<br />

Mitgliederentwicklung vor: 210 neue und reaktivierte Mitglieder,<br />

ins gesamt 3.890 Mitglieder (Stand: 1. Juni 2009). Die positive Mitgliederentwicklung<br />

ist ein Beleg für die erfolgreiche Arbeit von <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong>.<br />

In einer Schweigeminute wird der beiden Mitglieder gedacht, die im<br />

Berichtszeitraum verstorben sind: Dr. Doris Schmidt und Uwe Obier.<br />

Der Präsident stellt den Haushaltsplan von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> für das<br />

Jahr 2009 vor. Er informiert über die 2009 an das <strong>ICOM</strong>-Sekretariat in<br />

Paris abzuführenden Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen. Der jährliche<br />

Grundbeitrag für individuelle Mitglieder ist von derzeit 58 Euro<br />

auf 62 Euro für das Jahr <strong>2010</strong> erhöht worden. Weitere Erhöhungen<br />

in den nachfolgenden Jahren für die zwanzig (entsprechend dem<br />

Bruttosozialprodukt) „reichsten“ Länder sind vorgesehen. Zuvor soll<br />

das Ergebnis des Jahres <strong>2010</strong> ausgewertet werden.<br />

Der Präsident dankt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle<br />

für ihre Arbeit, auch insbesondere für die Organisation<br />

des Internationalen Bodensee-Symposiums.<br />

4. Aussprache zum Bericht<br />

Vorstand und Mitgliederversammlung schließen sich dem Dank des<br />

Präsidenten an die Geschäftsstelle an.<br />

Insbesondere der Mitgliedsbeitrag und die nach Paris abzuführenden<br />

Mittel werden in der Mitgliederversammlung diskutiert, nahezu<br />

einhellig in der Auffassung, dass zur Zeit weitere, insbesondere<br />

regelmäßig steigende Erhöhungen abgelehnt werden. Das Prinzip,<br />

das <strong>ICOM</strong>-Sekretariat und einkommensschwächere Komitees zu unterstützen,<br />

wird zugleich bekräftigt.<br />

5. Genehmigung des Jahresberichtes und Entlastung<br />

des Vorstandes<br />

Der Jahresbericht wird genehmigt. Auf Antrag wird der Vorstand<br />

ohne Gegenstimmen und bei einer Enthaltung sowie bei Enthaltung<br />

der Vorstandsmitglieder entlastet.<br />

6. Nachwahl des Präsidenten und eines Vorstandsmitgliedes<br />

Der Präsident erläutert der Mitgliederversammlung, dass er sein Amt<br />

aus gesundheitlichen Gründen ab sofort zur Verfügung stellen und<br />

aus dem Vorstand ausscheiden wird. Der Vorstand schlägt als seinen<br />

Nachfolger einstimmig Herrn Dr. Klaus Weschenfelder und als nachrückendes<br />

Vorstandsmitglied Frau Dr. Stéphanie Wintzerith vor, die<br />

beide der Geschäftsordnung entsprechend bis zum Jahresende <strong>2010</strong><br />

im Amt sein werden. Beide stellen sich vor.<br />

Die Mitgliederversammlung stimmt über die Vorschläge des Vorstandes<br />

ab. An der Abstimmung über den Vorschlag (Dr. Weschenfelder)<br />

zur Nachfolge des Präsidenten nehmen einschließlich der<br />

Vollmachten fünfzig Stimmberechtigte teil.<br />

Davon stimmen mit Ja: 47, Enthaltungen: 3.<br />

An der Abstimmung über den Vorschlag (Dr. Wintzerith) zur Nachfolge<br />

eines Vorstandsmitgliedes nehmen einschließlich der Vollmachten<br />

48 Stimmberechtigte teil.<br />

Davon stimmten mit Ja: 43, mit Nein: 3, Enthaltungen: 2.<br />

Dr. Klaus Weschenfelder und Dr. Stéphanie Wintzerith nehmen die<br />

Wahl an.<br />

Der neue Präsident würdigt die Verdienste und die Persönlichkeit<br />

des scheidenden Präsidenten Dr. York Langenstein.<br />

7. Verschiedenes<br />

Das im Advisory Committee von <strong>ICOM</strong> am 11. Juni 2009 beschlossene<br />

Thema des Internationalen Museumstages 2011, „Museums and<br />

Memory“, das in Kooperation mit dem UNESCO-Programm „Memory<br />

of the World“ (Weltdokumentenerbe) durchgeführt werden soll,<br />

wird von Professor Dr. Lothar Jordan erläutert. Er bittet Vorstand und<br />

Mitglieder von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, das in Thema und Kooperation<br />

liegende große Potential des Museumstages 2011 aktiv und kooperativ<br />

zu nutzen.<br />

Präsident Dr. Klaus Weschenfelder schließt die außerordentliche Mitgliederversammlung<br />

um 19:00 Uhr.<br />

Frankfurt (Oder), den 24. Juni 2009<br />

gez. Professor Dr. Lothar Jordan, Protokollführer<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 29


Rückblick<br />

„Um fremden Wert willig und frei<br />

anzuerkennen und gelten zu lassen,<br />

muss man eigenen haben.“<br />

Laudatio auf York Langenstein, gehalten am 19. Juni 2009<br />

auf der Mitgliederversammlung von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> in Lindau<br />

Foto: Damodar Frlan<br />

Foto: Udo Wiesinger<br />

Mit York Langenstein scheidet ein Urgestein der Museumslandschaft<br />

aus dem Amt, eine Persönlichkeit, die das Nationalkomitee<br />

des Internationalen Museumsrates in <strong>Deutschland</strong><br />

während der letzten dreizehn Jahren entscheidend<br />

geprägt hat. Als studierter Jurist und Kunsthistoriker, mit<br />

Berufserfahrung als Rechtsanwalt, Verlagslektor, Denkmalpfleger<br />

und seit 1993 als Leiter der Landesstelle für die<br />

Nichtstaatlichen Museen in Bayern war er prädestiniert für<br />

die Aufgabe des Präsidenten dieses Verbandes, verfügt er<br />

doch als Generalist im besten Sinne des Wortes über Expertise<br />

im gesamten Spektrum des Museumswesens.<br />

Zu seinem Credo gehört, Entscheidungsträgern in der<br />

Kul turpolitik die Bedeutung von Museen sichtbar zu machen,<br />

und, ganz wie es der strategische Plan von <strong>ICOM</strong> vorsieht,<br />

„to provide leadership on advocating the value of<br />

heritage“. Er hat sich dieser Aufgabe bei <strong>ICOM</strong> mit der gleichen<br />

Überzeugungskraft gewidmet wie in seiner Tätigkeit<br />

als Landesstellenleiter. Wer das Vergnügen hatte, seiner<br />

Ver abschiedung im Sommer vergangenen Jahres bei Kaiserwetter<br />

im Alten Hof in München beizuwohnen, wurde<br />

dort neben zahlreichen Persönlichkeiten des öffentlichen<br />

Lebens immerhin zweier Staatsminister gewahr, des amtierenden<br />

Wissenschaftsministers als seinem Dienstherren,<br />

aber auch des damals nicht mehr amtierenden Finanzministers,<br />

der sich von der Seitenbank aus schon mal mit Zwischenrufen<br />

in die Rede seines früheren Kabinettskollegen<br />

eingemischt hat. Wenn ein Finanzminister einem hochrangigen<br />

Museumsbeamten zur Verabschiedung die Ehre gibt,<br />

drückt sich darin einige Anerkennung aus.<br />

York Langensteins Karriere bei <strong>ICOM</strong> entwickelte sich<br />

rasant. Zwei Jahre nach seinem Eintritt in den Internationalen<br />

Museumsrat wurde er 1998 – in Abwesenheit, wie zu<br />

erfahren ist – in den Vorstand gewählt, und nach Ablauf<br />

der beiden Amtsperioden als Vorstandsmitglied schließlich<br />

2004 zum Präsidenten für die Amtszeit 2005–2007 gekürt.<br />

In seine erste Amtsperiode fiel eine Restrukturierung<br />

der Geschäftsstelle, die Verbesserung und Erweiterung der<br />

Kommunikation mit den Mitgliedern durch einen Relaunch<br />

der Homepage, eine Optimierung der jährlichen <strong>Mitteilungen</strong><br />

und die Einrichtung eines Newsletters, der von der<br />

Geschäftsstelle als wichtiges Instrument zur aktuellen Informationsvermittlung<br />

genutzt wird.<br />

Besondere Aufmerksamkeit schenkte York Langenstein<br />

den internationalen Kontakten im Weltverband, besonders<br />

der Verbindung zu <strong>ICOM</strong> Frankreich, die sich in gemeinsamen<br />

Tagungen 2005 und 2007 äußerte, zu <strong>ICOM</strong><br />

UK durch die Veranstaltung der gemeinsamen Jahrestagung<br />

2005 in London unter dem Motto „Museum Bridging<br />

Cultures“ und dem Austausch mit <strong>ICOM</strong> Europe<br />

sowie generell der verstärkten Information über die Aktivitäten<br />

der internationalen Komitees durch die dort inzwischen<br />

in großer Zahl vertretenen deutschen Mitglieder.<br />

Als gutem Netzwerker gilt ihm die Beteiligung von <strong>ICOM</strong><br />

als Nicht-Regierungsorganisation in nationalen und internationalen<br />

Verbänden auf verschiedenen Arbeitsebenen,<br />

sei es die UNESCO im Zusammenhang mit der Konvention<br />

über den Kulturgüterschutz, sei es die Bundesregierung<br />

bei der Erarbeitung des Nationalen Integrationsplans oder<br />

der Enquête-Kommission Kultur in <strong>Deutschland</strong>.<br />

Ein besonderes Anliegen war ihm die Mitwirkung in der<br />

Magdeburger Koordinationsstelle für Kulturgutverluste im<br />

Zusammenhang mit verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut<br />

und die Umsetzung des Washingtoner Abkommens<br />

von 1998 in <strong>Deutschland</strong>.<br />

Als letzten großen Arbeitsschwerpunkt, sicher der steinigste<br />

Acker, den er sich ausgesucht hat, vielleicht aber<br />

auch ein Feld, auf dem die deutsche <strong>ICOM</strong>-Initiative der<br />

letzten Jahre besonders und hoffentlich nachhaltig blühte,<br />

war die Initiierung von Reformen im Weltverband und seinen<br />

Gremien. Dazu gehört das Postulat, den nationalen<br />

30 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Rückblick<br />

Komitees mehr Geld zu lassen für die Durchführung ihrer<br />

Aufgaben ebenso wie die Forderung nach größerer Transparenz<br />

bei den Entscheidungsprozessen im Verband und bei<br />

der Umsetzung von Gremienbeschlüssen durch die Führungsspitze<br />

und die Administration, und schließlich die<br />

Bitte um eine Effizienzsteigerung des Verbandes.<br />

Diese Initiativen wurden von den Mitgliedern gewürdigt<br />

und bescherten ihm neue Aufgaben. Durch Beschluss der<br />

Generalversammlung 2007 in Wien wurde dem Präsidenten<br />

des Advisory Committee eine Arbeitsgruppe an die<br />

Seite gestellt, in der York Langenstein fortan die Nationalkomitees<br />

vertrat.<br />

Wer York Langenstein bei der Arbeit zusieht, merkt<br />

schnell, warum ihm so viel Vertrauen entgegengebracht<br />

und Verantwortung übertragen wird. Neben der Fachkompetenz<br />

liegt es an seiner Persönlichkeit.<br />

Ausgerüstet mitunter mit einem überdimensionierten<br />

Plastiksack, der nebenbei getätigte Souvenir- oder Antiquitäteneinkäufe<br />

aufzunehmen hat, vielleicht auch seine<br />

Fotoausrüstung, zieht er durch die Sitzungssäle der Arbeitsgruppen<br />

und Gremien nach einem vermutlich genau ausgetüftelten<br />

Zeitplan, immer zur richtigen Zeit am richtigen<br />

Ort, um beharrlich die Interessen von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

zu vertreten und Entwicklungen im Weltverband, die er<br />

für falsch hält, kritisch zu hinterfragen. Ich hatte den Eindruck,<br />

dass manch einem Versammlungsleiter die Schweißperlen<br />

auf die Stirn traten, wenn er im Saal erschien, denn<br />

er legte dabei eine Unerschütterlichkeit an den Tag, die keinem<br />

seiner Gesprächspartner entging. Diese Unbeirrbarkeit<br />

wäre aber kaum erfolgreich, wäre sie nicht mit höchstem<br />

diplomatischen Geschick gepaart, eine Gabe, die sein Vorgehen<br />

niemals als angriffslustig etwa erscheinen lässt, sondern<br />

immer als das, was es ist: als ausgewogen, produktiv,<br />

kooperativ.<br />

Wer York Langensteins Reden hört oder nachliest, wer<br />

seine Korrespondenz studiert, wozu ich in jüngster Vergangenheit<br />

reichlich Gelegenheit hatte, als er beschlossen<br />

hatte, mich auf die Amtsübernahme vorzubereiten – beinahe<br />

stündlich schlugen die E-Mails ein – erkennt schnell,<br />

dass er seinem Gegenüber immer zuerst mit Worten der<br />

Anerkennung und des Dankes begegnet. Und zwar nicht<br />

als leere Formeln oder taktische Tricks im Sinne einer captatio<br />

benevolentiae, sondern aus der Überzeugung, dass<br />

Respekt und Vertrauen die unabdingbaren Voraussetzungen<br />

für den gesellschaftlichen Diskurs und die alltägliche<br />

Arbeit sind. Auf ihn trifft Schopenhauers Wort zu: „Um<br />

fremden Wert willig und frei anzuerkennen und gelten zu<br />

lassen, muss man eigenen haben.“<br />

Diese vornehme Haltung akzeptiert die Eigenständigkeit<br />

des Gegenübers, weil ausgeprägte Individualität ein Kennzeichen<br />

seiner eigenen Persönlichkeit ist. Zu diesem inneren<br />

Adel gehört auch die äußere Erscheinungsform. Ein<br />

Kollege in Coburg hat mir einmal gesagt, York sähe so aus<br />

als hieße er von Langenstein. Wer von uns versteht es denn<br />

noch, eine Dame so selbstverständlich mit Handkuss zu begrüßen,<br />

und wer könnte souveräner als er das wadenfreie<br />

Beinkleid des Herrn in den Dresscode der internationalen<br />

Museumsgemeinschaft einführen.<br />

York Langenstein hat sich nicht geschont, er hat viel erreicht<br />

bei <strong>ICOM</strong>, auch weil er es immer verstand, seine<br />

Mitstreiter zu motivieren. Zum Glück wird er auch weiterhin<br />

für <strong>ICOM</strong> zur Verfügung stehen und wir werden seine<br />

Erfahrung, seine Kompetenz und seine Persönlichkeit auch<br />

gerne in Anspruch nehmen. Weil dies daher weniger Abschieds-<br />

als Dankesworte sind, können sie umso unbeschwerter<br />

vorgebracht werden. Lieber York, im Namen von<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, des Vorstandes, der Geschäftsstelle<br />

und aller Mitglieder sage ich herzlichen Dank und wünsche<br />

alles Gute, vor allem gute Gesundheit, wir freuen uns<br />

auf weitere Begegnungen mit Dir in der Weltgemeinschaft<br />

der Museen.<br />

Dr. Klaus Weschenfelder<br />

Mitglied des Vorstandes <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Foto: <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Foto: <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Foto: <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 31


Internationale Komitees<br />

Meisterwerke per Mausklick<br />

In Europa hat das digitale Kulturzeitalter begonnen. Eine multimediale Online-<br />

Biblio thek bietet freien Zugriff auf das kulturelle Erbe. Noch steckt das Projekt in den<br />

Kinderschuhen, soll aber schnell an Fahrt gewinnen. Auch <strong>ICOM</strong> leistet Entwicklungs-Hilfe,<br />

wenn es um mehr Sichtbarkeit für Museen geht.<br />

Monika Hagedorn-Saupe<br />

„Europeana ermöglicht eine Reise über Zei ten<br />

und Grenzen hinweg und regt zu neuen<br />

Gedanken darüber an, was unsere Kultur<br />

aus macht. Ich rufe nun alle europäischen<br />

Kulturinstitutionen, Verlage und Technologieunternehmen<br />

auf, Europeana mit weiteren<br />

digitalen Inhalten zu füllen. Europeana sollte<br />

allen Men schen die Gelegenheit bieten,<br />

interaktiv und kreativ ihr eigenes Stück<br />

europäischer Kultur zu schaffen und es mit<br />

anderen zu teilen.“<br />

Viviane Reding,<br />

EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft<br />

und Medien<br />

„Mit Europeana kombinieren wir Europas<br />

Wett bewerbsvorsprung in den Kommunikations-<br />

und Netztechnologien mit unserem<br />

reichen kulturellen Erbe. Europeana ist mehr<br />

als eine Bibliothek: Sie inspiriert die Europäer<br />

des 21. Jahrhunderts dazu, der Kreativität ihrer<br />

innovativen Vorfahren nachzueifern, wie es die<br />

treibenden Kräfte der Renaissance taten.<br />

Europeana ist ein deutlicher Beleg dafür, dass<br />

die Kultur im Zentrum der europäischen<br />

Integra tion steht.“<br />

José Manuel Barroso,<br />

Präsident der Europäischen Kommission<br />

www.europeana.eu<br />

Europeana ist im Aufbau. Die Internetplattform<br />

soll der interdisziplinäre<br />

zentrale Zugangspunkt zu den digitalisierten<br />

Beständen aus Museen, Archiven<br />

und Bibliotheken werden, so<br />

dass Forscher, beruflich Interessier te und<br />

die allgemeine Öffentlichkeit zukünftig<br />

Texte in Bibliotheken, Museumsobjekte<br />

und Sammlungen in Museen<br />

sowie Archivalien in den Ar chiven<br />

leich ter auffinden und vom Schreibtisch<br />

aus einsehen können.<br />

„Europe’s Cultural and Scientific<br />

Heritage at a Click of a Mouse“ – so<br />

das Motto der Europäischen Kommission,<br />

das sie mit der Initiative „i<strong>2010</strong>:<br />

Digital Libraries“ in ihrem siebten<br />

Rah menprogramm verfolgt. Die Webseite<br />

von Europeana wurde am 20. November<br />

2008 in Brüssel mit großer<br />

Presse-Resonanz der Öffentlichkeit<br />

vor gestellt. Dies führte zu einer hohen<br />

Anzahl an Zugriffen, denen der Server<br />

nicht gewachsen war und daher zeitweilig<br />

vom Netz ge nommen werden musste.<br />

Mit verbesserter Hard- und Software<br />

ging Europeana im Dezember<br />

2008 wieder online.<br />

Das durch die Europäische Kommission<br />

initiierte und po litisch wie finanziell<br />

stark geförderte, ambitionierte<br />

Vorhaben ist zwar noch ein Prototyp,<br />

umfasst aber bereits mehr als vier Millionen<br />

Einträge. Durch eine Reihe weiterer,<br />

von der Europäischen Union kofinanzierter<br />

Projekte wird Europeana<br />

intensiv ausgebaut und soll bis Herbst<br />

<strong>2010</strong> auf über zehn Millionen Einheiten<br />

anwachsen.<br />

Als Träger von Europeana wurde<br />

eine Stiftung niederländischen Rechts<br />

gegründet, in der die verschiedenen<br />

Sparten durch ihre Verbände vertreten<br />

sind: Für die Museen ist <strong>ICOM</strong><br />

Europe Mitglied geworden und wird<br />

auf Wunsch des Vorstandes von der<br />

Verfasserin vertreten.<br />

Europas digitale Bibliothek, digitales<br />

Museum und Archiv, soll – soweit<br />

dies rechtlich möglich ist – freien<br />

Zugang zum kulturellen Erbe der 27<br />

EU-Mitgliedstaaten geben. In Europeana<br />

wird der Nutzer Bücher, Karten,<br />

Ton auf nahmen, Gemälde, Filme,<br />

Fotos, Archivalien, historische und naturwissenschaftliche<br />

Bestände, die in<br />

unseren Kultureinrichtungen bewahrt<br />

werden, finden können.<br />

Die Oberfläche des Portals lässt sich<br />

bereits jetzt in den 23 Sprachen der<br />

EU-Mitgliedstaaten ansehen. Ziel für<br />

<strong>2010</strong> und 2011 ist zum einen, die Bestände<br />

deutlich zu erweitern, zum anderen<br />

die das Portal tragende Technik<br />

so weiterzuentwickeln, dass man eingegebene<br />

Einträge auch dann findet,<br />

wenn sie in einer anderen Sprache geschrieben<br />

werden. Die Schreibweisen<br />

„Karl der Große“, „Charlemagne“ und<br />

„Carlo Magno“ sollten dann gleichermaßen<br />

auf alle online verfügbaren Bestände<br />

verweisen.<br />

Als Europeana 2008 online ging,<br />

kamen fünfzig Prozent der Bestände<br />

aus Frankreich, jeweils zehn Prozent<br />

32 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

aus Großbritannien und aus den Niederlanden<br />

sowie acht Prozent aus<br />

Finnland. Der Anteil zahlreicher anderer<br />

europäischer Länder liegt bisher<br />

unter einem Prozent, diese sollen nun<br />

stärker beteiligt werden. Rund ein Prozent<br />

der Europeana-Bestände stammen<br />

aus <strong>Deutschland</strong>, bisher nur aus<br />

einigen großen Institutionen. Darunter<br />

befinden sich Beethovens 9. Sinfonie<br />

und Beethoven-Abbildungen sowie<br />

Filmmaterial zum Fall der Berliner<br />

Mauer.<br />

Durch das gemeinsame Auffinden<br />

von Quellen, die an unterschiedlichen<br />

Orten gehalten werden, sind völlig<br />

neue Erkenntnisse möglich und Nutzer<br />

werden vom europäischen Portal<br />

zu den Webseiten der einzelnen Museen,<br />

Bibliotheken und Archive geführt,<br />

wo diese ihre Informationen online<br />

zugänglich machen.<br />

Die Ergebnisse einer Suche im momentanen<br />

Prototyp sind jeweils gruppiert<br />

in vier Kategorien: Text, Bild,<br />

Vi deo und Ton. Die angezeigten Ergebnisse<br />

können auch nach Sprache, nach<br />

Land, nach Datenlieferant oder nach<br />

Zeitraum selektiert werden.<br />

Europeana soll das zentrale Zugangs<br />

portal werden, d. h. es sollen die<br />

Bestände der großen ebenso wie der<br />

mittleren und kleineren Einrichtungen<br />

gefunden werden. Dabei ist klar,<br />

dass aufgrund der Anzahl der europäischen<br />

Bibliotheken, Museen und Archive<br />

Europeana die digitalen Ma teria<br />

lien nicht direkt von jeder einzelnen<br />

Einrichtung beziehen kann, sondern<br />

diese durch sogenannte Aggregatoren<br />

übernehmen muss. Solche Aggregatoren<br />

gibt es teilweise schon oder sie sind<br />

im Aufbau.<br />

www.athenaeurope.org<br />

Für Museen gibt es hierzu das ebenfalls<br />

von der Europäischen Union geförderte<br />

Projekt Athena, durch das<br />

Museen unterstützt werden, die Digitalisate<br />

ihrer Bestände in E u r o p ea n a<br />

einzuspeisen. In den einzelnen Ländern<br />

wurden dazu nationale Ansprechpartner<br />

benannt. Für <strong>Deutschland</strong> sind<br />

dies: das Institut für Museumsforschung<br />

in Berlin und als Betreiber des<br />

Portals zu Büchern, Archiven und Museen,<br />

des BAM-Portals, das Bibliotheks-Service-Zentrum<br />

in Kon s tanz.<br />

Im Rahmen von Athena w e rd e n M u ­<br />

se umsdaten zusammengeführt und<br />

mit Hilfe eines speziellen Ins tru mentariums<br />

gebündelt an Europeana überg<br />

eb e n .<br />

In <strong>Deutschland</strong> soll, gefördert durch<br />

Bund und Länder, zudem ein nationales<br />

Portal mit dem derzeitigen Arbeitstitel<br />

„Deutsche digitale Bibliothek“<br />

aufgebaut werden, das die digitalen<br />

Bestände aus deutschen Kulturerbe-<br />

Einrichtungen zusam men führen und<br />

gebündelt an Europeana weitergeben<br />

soll.<br />

„Europe’s Cultural and Scientific<br />

Heritage at a Click of a Mouse“ – noch<br />

sind wir weit von diesem Ziel entfernt<br />

und noch ist Unterstützung aus vielen<br />

Richtungen nötig. Das Internatio nale<br />

Komitee für Dokumentation (CIDOC)<br />

berät zum Beispiel das Team von Europeana<br />

und beteiligt sich an der Entwicklung<br />

der erforderlichen Standards.<br />

Durch Zusammenarbeit und<br />

gemeinsame Anstrengungen können<br />

wir hier in den nächsten Jahren einen<br />

großen Schritt vorankommen.<br />

Das Institut für Museumsforschung<br />

freut sich über weitere Beiträge hierzu<br />

aus den deutschen Museen und steht<br />

für Informationen bereit.<br />

Professor Monika Hagedorn-Saupe vertritt<br />

in der Träger-Stiftung von Europeana die<br />

Sparte der Museen. Sie ist Sprecherin der<br />

Fachgruppe Dokumentation im Deutschen<br />

Museumsbund und Generalsekretärin von<br />

CIDOC; m.hagedorn@smb.spk-berlin.de<br />

Der Weg zu Europeana<br />

Die besitzende Einrichtung entscheidet, welche<br />

Bestände digitalisiert werden. Nach der<br />

Digitalisierung der Objekte muss die Kultureinrichtung<br />

sie für die Suche und Er geb nisanzeige<br />

verfügbar ma chen. Dies er fordert<br />

Kontextinformationen wie den Namen des<br />

Autors oder Schöpfers, Ort und Datum der<br />

Entstehung, Größe, Zustand, Ma terial, farbliche<br />

Eigenheiten etc.<br />

Beitrag der EU-Staaten<br />

Alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert, Europeana<br />

zu unterstützen: durch Investitio nen<br />

in die Digitalisierung; durch Schaffung nationaler<br />

Portale, die als „Sammelstellen“ dienen;<br />

durch Öffentlichkeitsarbeit, durch unmittelbaren<br />

Finanzbeitrag. Der eigentli che Betrieb<br />

von Europeana ist Sache der Kultureinrichtungen,<br />

die die Inhalte beisteuern und über das<br />

Know-how für die Verwaltung des Dienstes<br />

verfügen.<br />

Organisation der Europeana<br />

Ende 2007 wurde die European Digital Library<br />

Foundation gegründet. Sie konkretisiert die<br />

zwischen den beteiligten Einrichtungen geschlossene<br />

Vereinbarung über die Bereitstellung<br />

von Europeana. Die Stiftung steht allen<br />

Besitzern von Inhalten (Museen, Archi ve und<br />

Bibliotheken) sowie nationalen und europäischen<br />

Verbänden der Besitzer von Inhalten<br />

offen. Das Büro von Europeana ist bei der<br />

Niederländischen Nationalbibliothek in Den<br />

Haag angesiedelt.<br />

Europeana und Suchmaschinen<br />

Europeana ist kein gewerbliches Unternehmen,<br />

sondern ein Kulturprojekt. Es arbeitet<br />

treffsicherer als generische Suchmaschinen,<br />

d. h. weniger, aber genauere Ergebnisse. Qualität<br />

und Authentizität des Inhaltes sowie die<br />

Offenheit der beteiligten Institutio nen sind<br />

seine Stärken. Europeana hat einen umfangreicheren<br />

Auftrag als etwa Google-Buchsuche,<br />

da es zum Beispiel die Werke eines Malers<br />

mit Archivdokumenten oder Büchern von<br />

ihm oder über ihn verknüpft.<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 33


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

Die internationalen Komitees<br />

stellen sich vor<br />

Die inhaltliche Arbeit von <strong>ICOM</strong> findet wesentlich in den international organisierten Komitees statt. Inzwischen gibt es<br />

dreißig verschiedene internationale Komitees, die selbständig arbeiten und durch einen Präsidenten, einen Generalsekretär<br />

und einen Vorstand vertreten sind. Die Komitees widmen sich den speziellen Bedürfnissen und Aufgabenstellungen<br />

eines bestimmten Museumstyps oder einer speziellen museumsfachlichen Disziplin.<br />

Der Weltverband wünscht sich eine stärkere Beteiligung deutscher <strong>ICOM</strong>-Mitglieder in den internationalen Komitees.<br />

Auch <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> begrüßt ihr Engagement sehr. Damit die Professionalität von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> gerade in<br />

internationalen Fragen gesichert ist, sollte jedes <strong>ICOM</strong>-<strong>Deutschland</strong>-Mitglied auch Mitglied eines internationalen Komitees<br />

sein. Voraussetzung für die Aufnahme in ein internationales Komitee ist eine individuelle oder ins titutionelle Mitgliedschaft<br />

bei <strong>ICOM</strong>. Weitere Informationen zum Beitritt zu einem der internationalen Komitees finden Sie auf unserer<br />

Webseite www.icom-deutschland.de.<br />

Foto: ICFA<br />

ICAMT, Foto: Jowa I. Kis-Jovak<br />

ICME, Foto: Lydia Icke-Schwalbe<br />

AEOM, Foto: Den Gamle Bey<br />

GLASS, Foto: Helena Horn<br />

ICR, Foto: Museo dello Cittá, Mantua<br />

ICLM, Foto: Angelika Reichardt<br />

ICDAD, Foto: Christian Tepper<br />

34 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

International Committee for Museums<br />

and Collections of Fine Arts – ICFA<br />

Die Teilnehmer des ICFA-Jahrestreffens 2009 haben in Rom auch die<br />

Kapito linischen Museen besucht, in deren Innenhof jüngst die vergoldete<br />

Bronze statue von Marc Aurel wieder aufgestellt wurde.<br />

ICFA wurde 1980, vor drei Jahrzehnten, gegründet und<br />

ist somit eines der älteren der dreißig internationalen Komitees,<br />

die Teil des <strong>ICOM</strong> sind. ICFA zählt etwa fünfhundert<br />

Mitglieder, Kuratoren und Direktoren aus Museen mit<br />

Sammlungen von Gemälden, Skulpturen, Zeichnun gen und<br />

Grafik Alter Meister bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert.<br />

Jedes Jahr organisiert der Vorstand des Komitees ein Treffen,<br />

um den Mitgliedern Gelegenheit zur Diskussion interessanter<br />

Themen und zum Meinungsaustausch über problematische,<br />

zur Debatte stehende Angelegenheiten zu geben.<br />

Themen der vorangegangenen Symposien waren unter anderem<br />

die Kontrolle des Im- und Exports von Kunstwerken<br />

(Venedig 1984), Sponsoring in Museen (Kopenhagen<br />

1991), das Museum im Bürgerkrieg (Budapest 1993), der<br />

Kunstmarkt und der illegale Handel in osteuropäischen<br />

Ländern (Posen 1997), private Sammler und Stifter (New<br />

York 2002), das Verhältnis von temporären Ausstellungen<br />

und ständigen Sammlungen (Dublin 2005), Kunstsammlungen<br />

im geschichtlichen Kontext (Coburg 2006) sowie<br />

die Rolle des Kurators – geschichtliche Perspektive und<br />

gegenwärtige Praxis (Wien 2007).<br />

Die jährlichen Treffen von ICFA bieten die Möglichkeit<br />

zum Aufbau enger Kontakte und der Zusammenarbeit mit<br />

den Nationalkomitees und Mitgliedern von <strong>ICOM</strong> in den<br />

betreffenden Veranstalterstädten oder -regionen. Die Zusammenkünfte<br />

beinhalten zusätzlich zahlreiche Besuche von<br />

Museen, Galerien, Ausstellungszentren, privaten Sammlungen<br />

und Künstlerhäusern in der Nachbarschaft des Tagungsortes.<br />

Gelegentlich wird das jährliche Treffen auch<br />

in mehreren Städten abgehalten, wie 2004 in Ljubljana,<br />

als die Delegierten jeweils einen Tag in Triest und Zagreb<br />

verbrachten, oder während des in Coburg organisierten<br />

Treffens 2006, als die Mitglieder auch Gotha, Weimar, Altenburg<br />

und Dresden besichtigten.<br />

2009 fand das jährliche Treffen des ICFA in Rom statt<br />

– organisiert in Zusammenarbeit mit dem <strong>ICOM</strong> Italien.<br />

Dabei wurde der Studientag beim Istituto nazionale per la<br />

Grafica zweigeteilt: Die Vormittagssitzung widmete man<br />

kurzen wissenschaftlichen Forschungsvorträgen, die italienische<br />

Museumsangestellte und ICFA-Mitglieder über<br />

das Thema „Rom und die Künste: die Künste in Rom von<br />

1860 bis 1911“ hielten. Die Nachmittagssitzung beschäftigte<br />

sich mit einer der bedeutenderen und dringlicheren<br />

aktuellen Angelegenheiten in der Welt der Kunstmuseen,<br />

nämlich mit der Frage der Leihgebühren für temporäre Ausstellungen.<br />

Zehn italienische und internationale Beiträger<br />

sprachen über die beträchtliche Vielfalt in den Strategien<br />

zwischen ihren Institutionen und in ihren Ländern in Bezug<br />

auf das Erheben von Leihgebühren für temporäre Ausstellungen.<br />

Es wurde deutlich, dass es offensichtlich keinen<br />

internationalen Standard und nicht einmal eine national<br />

vereinbarte Strategie in dieser Sache gibt.<br />

Im Rahmen der 22. Generalkonferenz von <strong>ICOM</strong>, die<br />

im November <strong>2010</strong> in Shanghai stattfinden wird, plant<br />

ICFA ein gemeinsames Treffen mit DEMHIST, GLASS<br />

und ICDAD (in Zusammenarbeit mit <strong>ICOM</strong> China). Thema<br />

des gemeinsamen Symposiums wird der kulturelle<br />

Transfer zwischen Ost und West, West und Ost unter dem<br />

Titel „Von der Seidenstraße zum Containerschiff: Artefakte,<br />

Umwelt und kultureller Transfer“ sein. Beim Symposium<br />

werden Sprecher aus allen vier internationalen Komitees<br />

und von unseren chinesischen Kollegen auftreten,<br />

um über geschichtliche und zeitgenössische Perspektiven<br />

des künstlerischen Austausches zu diskutieren.<br />

Zur Feier des dreißigjährigen Bestehens wird ICFA vom<br />

29. Juni bis 3. Juli <strong>2010</strong> ein außerplanmäßiges Treffen abhalten<br />

mit dem Ashmolean Museum of Art and Archaeology<br />

der Universität Oxford als Gastgeber. Veranstalter ist<br />

der frühere Präsident des ICFA, Dr. Christopher Brown,<br />

Direktor des Ashmolean, unter dessen Leitung jüngst die<br />

Arbeiten am 61 Millionen Pfund teuren neuen Gebäude<br />

abgeschlossen wurden, das die ständige Sammlung in einer<br />

neuen Anordnung zur Schau stellt, nämlich unter dem<br />

Motto „Crossing Cultures, Crossing Time“. Das Thema des<br />

Studientages im Ashmolean wird sein: „Neue Museumsgebäude<br />

und neue Ausstellungsstrategien für das 21. Jahrhundert.“<br />

Als weitere mögliche Orte für zukünftige ICFA-Treffen<br />

wurden Malta für das Jahr 2011 und in den folgenden<br />

Jahren der Mittlere Westen der USA und Russland diskutiert.<br />

Details der Entwicklung von ICFA, Konferenzberichte<br />

und andere Aktivitäten kann man auf der eigenen Webseite<br />

finden, die vergangenes Jahr von den Kunstsammlungen<br />

der Veste Coburg für ICFA eingerichtet wurde. ICFA begrüßt<br />

insbesondere die Teilnahme deutscher Kollegen auf<br />

den zukünftigen jährlichen Treffen.<br />

Weitere Informationen:<br />

Dr. Stephen Lloyd, Präsident von ICFA; stephen.lloyd@macace.net<br />

Konferenzberichte und weitere Materialien: http://icfa.icom.museum<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 35


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

Committee for Conservation – <strong>ICOM</strong>-CC<br />

Wie in einem guten Museum der Restaurator nicht fehlen<br />

darf, so bei <strong>ICOM</strong> auch nicht ein Komitee für Restaurierungsfragen,<br />

eben <strong>ICOM</strong>-CC. Als mit über 1.800 Mitgliedern<br />

größtes der internationalen Komitees vereinigt es vor<br />

allem Restauratoren, aber auch mit Re s taurierungsfragen<br />

befasste Naturwissenschaftler und in ter essierte Kuratoren.<br />

Und da die Zeit des Universalrestaurators längst passé ist,<br />

gibt es inzwischen 22 Arbeitsgruppen: Die meisten widmen<br />

sich Objekt- bzw. Materialgattungen, einige auch Querschnittsthemen<br />

wie Restaurierungsdokumentation, Ausbildung<br />

oder Theorie und Geschichte.<br />

Höhepunkt der Arbeit sind die abwechselnd in Europa<br />

bzw. Übersee stattfindenden dreijährlichen Konferenzen.<br />

Die 15. tagte mit rund siebenhundert Teilnehmern im September<br />

2008 in Neu Delhi, die nächste ist 2011 für Lissabon<br />

(www.icom-cc2011.org) vorgesehen. Die jeweils ca.<br />

150 Vor träge, die sich nur in Parallelsitzungen abwickeln<br />

lassen, werden in Preprints publiziert. Wegen ihrer Alleinstellung<br />

als einzige internationale Tagungsreihe zum Gesamtgebiet<br />

der Restaurierung ist sie bei Autoren – ob<br />

<strong>ICOM</strong>-Mitglied oder nicht – sehr beliebt, nur etwa vierzig<br />

Prozent der angebotenen Vorträge können nach Fachbegutachtung<br />

angenommen werden. <strong>ICOM</strong>-CC konnte in<br />

seinen Preprints mittlerweile über zweitausend Beiträge<br />

publizieren, deren Zusammenfassungen über die Art and<br />

Archaeological Tech nical Abstracts online frei recherchierbar<br />

sind (www.aata.getty.edu). Hinzu kommen die interim<br />

meetings, die von vielen Arbeitsgruppen zwischen den<br />

Gesamtkonferenzen veranstaltet werden. Deren Tagungsakten,<br />

wie sie bereits zum elften Mal für „Wet Organic Archaeological<br />

Materials“ (WOAM) oder zum fünften Mal<br />

für „Metals“ erschienen, geben einen aktuellen Überblick<br />

über Forschungsstand und -themen und sind aus der Restaurierungsausbildung<br />

nicht wegzudenken. Mit ihren Konferenzen<br />

und Publikationen hat das Komitee einen beachtlichen<br />

Beitrag zur Ent wicklung der heutigen Wissensbasis<br />

in der Restaurierung geleistet.<br />

<strong>ICOM</strong>-CC versteht sich als organischer Bestandteil von<br />

<strong>ICOM</strong>, so trug es zur <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz in Wien<br />

2007 eine eintägige Sitzung zum Thema „Managing a Finite<br />

Resource: Balancing Conservation and Use of Collections“<br />

bei. Allerdings kann es seine Bedeutung in der Restaurierungswelt<br />

nur sichern, wenn es über die Museumswelt hinausschaut.<br />

Schließlich stellen sich auch bei Kulturgütern<br />

außerhalb musealer Sammlungen fachlich ähnliche Restaurierungsprobleme.<br />

Die Nationalkomitees sollten daher<br />

Aufnahmeanträge von Restauratoren mit nachgewiesener<br />

Ausbildung unabhängig von ihrer Beschäftigungssituation<br />

liberal handhaben. Personen, die nicht <strong>ICOM</strong>-Mitglied werden<br />

können, steht auch eine Fördermitgliedschaft offen.<br />

Und auch Nicht-Mitglieder können sich mit den üblichen<br />

satzungsmäßigen Einschränkungen an der Facharbeit beteiligen.<br />

<strong>ICOM</strong>-CC leidet wegen des geringen Anteils an den Mitgliedsbeiträgen<br />

an ständiger Finanzknappheit, ein Schicksal,<br />

das es wohl mit manch anderem internationalen Komitee<br />

teilt. Mittel aus dem Förderverein fließen noch spärlich, für<br />

die Facharbeit der Arbeitsgruppen steht überhaupt kein Geld<br />

zur Verfügung. Umso wertvoller ist die Unterstützung des<br />

Getty Conservation Institutes, das traditionell den Druck<br />

Den Gemälderestauratoren des Berliner Bode-Museums obliegt die<br />

technologische Erforschung, Konservierung und Restaurierung der<br />

Werke. Sie werden dabei von Fotografen unterstützt, die nach neuesten<br />

Methoden großformatige Röntgen- und Infrarotaufnahmen<br />

erstellen.<br />

der Preprints unterstützt und Stipendien für Tagungsteilnehmer<br />

aus Nicht-Industriestaaten gewährt. Wurden früher<br />

die Mitglieder auf dem Postwege mit Rundschreiben<br />

und Newslettern informiert, so läuft dies mittlerweile kostengünstig<br />

über Internet und E-Mail. Dank der Förderung<br />

durch das Getty Grant Program konnte Ende 2008 eine<br />

neue, professionell betreute Homepage freigeschaltet werden.<br />

Manche Funktionen, wie etwa das Diskussionsforum<br />

oder die Registrierung als Arbeitsgruppenmitglied, werden<br />

von den Benutzern aber noch zu wenig angenommen. Auf<br />

Beschluss des Vorstands bleibt ein Teil der Informationen<br />

(z. B. jüngere Newsletter) eingeloggten Mitgliedern als<br />

Mehrwert vorbehalten. Die Meinungen zur Sinn haftigkeit<br />

dieser Politik sind vielfältig.<br />

Zwar haben sich immer wieder deutsche Mitglieder in Funktionen<br />

engagiert, es sei stellvertretend an die prägen de, langjährige<br />

Arbeit von Per Hoffmann (Deutsches Schifffahrtsmuseum<br />

Bremerhaven) bei WOAM erinnert. Trotzdem ist<br />

die Beteiligung deutscher Mitglieder an der Arbeit, gemessen<br />

etwa an der Zahl der Tagungsteilnehmer oder der Vortragenden,<br />

unterproportional. Man kann dies auch als Zeichen<br />

von Stärke deuten, da es bei uns eben einen starken<br />

Restauratorenverband, zahlreiche Fachtreffen und etliche<br />

Zeitschriften gibt. Die unabdingbare internationale Vernetzung<br />

und die offene Zusammenarbeit mit anderen Berufen<br />

im gleichen Verband kann aber nur eine Gruppe wie<br />

<strong>ICOM</strong>-CC bieten.<br />

Weitere Informationen:<br />

Professor Dr. Gerhard Eggert, Koordinator der Arbeitsgruppe Glas<br />

und Keramik innerhalb von <strong>ICOM</strong>-CC;<br />

gerhard.eggert@abk-stuttgart.de<br />

www.icom-cc.org<br />

16. dreijährliche Konferenz 2011 in Lissabon: www.icom-cc2011.org<br />

36 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

Tagungsberichte<br />

ICAMT – International Committee for Architecture<br />

and Museum Techniques<br />

Concepts and Project Outcomes<br />

Jahrestagung vom 5. bis 7. November 2009 in Berlin<br />

Luukje Plochg<br />

Unsere Jahrestagung stand unter dem Motto „ICAMT<br />

kommt nach Berlin“. Wir haben Berlin als Tagungsort gewählt,<br />

weil es mit seiner komplexen Geschichte nach 1989<br />

zu einem Zentrum der Entwicklung geworden ist. In vielerlei<br />

Hinsicht wurde Historisches mit Zeitgenössischem<br />

auf spektakuläre Weise verbunden – so auch in der Museumswelt.<br />

Im Zentrum der Tagung standen ausgewählte Berliner<br />

Museumsbauprojekte, die vorgestellt und in ihrer Realisierung<br />

diskutiert wurden. Wir waren neugierig auf die den<br />

Bauprojekten zugrundeliegenden Ideen und Konzepte, den<br />

Bauprozess sowie die Anpassungen, die in dessen Verlauf<br />

vorgenommen werden mussten. Die Referenten nahmen uns<br />

in ihren Vorträgen auf eine Reise mit, die sowohl aus Erfolgen<br />

als auch aus Rückschlägen bestand. Denn Ziel der Tagung<br />

war es, von den reichhaltigen Erfahrungen und dem<br />

gesammelten Wissen zu lernen und bei der Realisierung von<br />

zukünftigen Museumbauprojekten davon zu profitieren.<br />

Die 32 Tagungsteilnehmer kamen aus China, Russland,<br />

Amerika und zahlreichen europäischen Ländern, zusammen<br />

bildeten wir eine lebendige kosmopolitische Gruppe.<br />

Neben vielen Museumsmitarbeitern waren auch Architekten,<br />

Berater und Fachleute aus dem Bereich Beleuchtung<br />

und Sicherheit vertreten. Wir lernten das Deutsche Historische<br />

Museum, das Bode-Museum, das Neue Museum und<br />

das Jüdische Museum kennen.<br />

Im Deutschen Historischen Museum schilderte uns Generaldirektor<br />

Hans Ottomeyer seine Visionen zum Thema<br />

„Alt oder modern: Museumsarchitektur“. Hans-Martin<br />

Hinz machte uns mit der Berliner Museumslandschaft nach<br />

der deutschen Wiedervereinigung vertraut, und Ulrike<br />

Kretzschmar erzählte mit ansteckender Begeisterung über<br />

ihre Zusammenarbeit mit dem Architekten I. M. Pei und<br />

ihre Erfahrungen während und nach der Bauphase. Die<br />

anschließenden Führungen sowohl durch das Zeughaus<br />

als auch durch den Pei-Bau veranschaulichten das in den<br />

Präsentationen Diskutierte.<br />

Im Bode-Museum machte uns der Direktor Julien Chapuis<br />

mit der Geschichte und der Renovierung des Hauses<br />

vertraut. Martin Maischberger gab mit einer 3-D-Darstellung<br />

einen Überblick über die bereits realisierten und die<br />

noch ausstehenden Bauvorhaben der Museumsinsel. Im Anschluss<br />

wurden die technischen Aspekte thematisiert. Gabriele<br />

von Kardorff erläuterte diverse Aspekte, die bei der<br />

Entwicklung und Realisierung des Beleuchtungsplans für<br />

das Neue Museum bedeutend waren. Hans-Jürgen Harras<br />

ermöglichte uns einen Blick hinter die Kulissen der verschiedenen<br />

Formen von Sicherheitsvorkehrungen. Alexander<br />

Schwarz aus dem Büro David Chipperfield Architects<br />

hielt einen Vortrag über die Ideen und Konzepte für den<br />

Im Neuen Museum Berlin gab es so viel zu sehen und zu hören, dass<br />

die Zeit für den Rundgang kaum ausreichte.<br />

(Wieder-)Aufbau des Neuen Museums, wobei vor allem<br />

die Philosophie in Bezug auf „Sanierung versus Neubau“<br />

diskutiert wurde. Den Verlauf des Bauprozesses illustrierte<br />

er mit Vorher-Nachher-Bildern und machte uns neugierig<br />

auf die konkreten Ergebnisse. Für die Besichtigung des<br />

Museums war die Zeit auch beinah zu kurz bemessen.<br />

Bei einem Besuch der Berliner Museen sollte das Jüdi sche<br />

Museum nicht fehlen. Helmuth Braun erzählte von seiner<br />

wechselvollen Geschichte, während Bulent Dürmas die<br />

Schwierigkeiten schilderte, mit denen das Museum konfrontiert<br />

ist, wenn es statt der geplanten 250.000 Besucher<br />

pro Jahr 750.000 empfängt. Zum Abschluss führten uns<br />

beide durch die „dunklen Seiten“ des Gebäudes: von den<br />

Depots zu den Lüftungsanlagen und von den Werkstätten<br />

zum neuen Eingangsbereich.<br />

Nach drei Tagen Berlin waren alle beeindruckt von dem,<br />

was wir gehört und gesehen hatten, aber auch von der Offenheit,<br />

mit der über den gesamten Prozess – vom Konzept<br />

bis zum fertigen Projekt – gesprochen wurde, einschließlich<br />

der Erfolge und Rückschläge. Die Tagung vermittelte<br />

Erkenntnisse und Einsichten, die neuen Projekten zugute<br />

kommen werden. Darüber hinaus bot sich reichlich Gelegenheit<br />

für den Austausch mit Kollegen aus anderen Disziplinen<br />

und Ländern. Wir blicken auf eine erfolgreiche<br />

Konferenz in einer aufregenden Stadt zurück.<br />

Luukje Plochg arbeitet als Assistentin im Amsterdamer Architektenbüro<br />

Jowa; info@jowa.nl<br />

Weitere Informationen:<br />

Zusammenfassungen einiger Referate:<br />

www.icamt.com/contentitems/view/17/Berlin-2009<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 37


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

AEOM – Association of European Open-Air Museums<br />

Wie authentisch können Freilichtmuseen<br />

sein?<br />

24. zweijährliche Tagung vom 25. bis 30. August 2009<br />

in Aarhus, Dänemark<br />

Peter Lummel<br />

AEOM ist ein an <strong>ICOM</strong> angeschlossener Verband, der sich<br />

hauptsächlich aus dem Führungspersonal europäischer Freilichtmuseen<br />

zusammensetzt. In den alle zwei Jahre stattfindenden<br />

Tagungen geht es um den Austausch wissenschaftlicher,<br />

technischer und praktisch-organisatorischer<br />

Fragestellungen, die sich speziell auf Freilichtmuseen beziehen.<br />

Die 24. Tagung fand in Aarhus statt, Organisator<br />

und Gastgeber war Den Gamle By, das dänische Freilichtmuseum<br />

mit dem Schwerpunkt Stadtgeschichte.<br />

Die rund 120 Teilnehmer kamen überwiegend aus Europa<br />

sowie aus Japan, Australien, Kanada und den USA. Waren<br />

die früheren Konferenzen kleiner, länger und vor allem<br />

mit Exkursionen belegt, so gab es diesmal einen gewichtigeren<br />

Tagungsteil mit zwei Schwerpunktthemen und einem<br />

breit angelegten Erfahrungsaustausch der Mitglieder.<br />

Das Freilichtmuseum Den Gamle By in Aarhus präsentiert sich als<br />

Marktstadt zu Zeiten Hans Christian Andersens. Mit seinen historischen<br />

Gebäuden, Werkstätten, Geschäften und Gärten möchte es<br />

Geschichte zum Anfassen bieten.<br />

Als externer Gast eröffnete Frederik Stjernfelt von der<br />

Uni versität Aarhus die Konferenz mit dem ersten Schwerpunktthema<br />

„Der Mythos der Authentizität“. Authentizität<br />

ist – wie er leicht nachweisen konnte – ein in Freilichtmuseen<br />

gern genutzter Begriff. Stjernfelt differenzierte den<br />

Begriff und hob darauf ab, dass man in Museen immer<br />

nur Teile des Authentischen berücksichtigen könne. Dies<br />

gelte es nach innen wie nach außen zu kommunizieren. Er<br />

wies darauf hin, dass sich die Nutzung von Authentischem<br />

zwar mit anderen Kernaufgaben des Museums wie Sicherheit<br />

und Konservierung widerspreche, dass aber gerade<br />

das Authentische vom Mittelklassenpublikum gewünscht<br />

werde.<br />

Zu diesem Vortrag gab es zwei Kommentarvorträge von<br />

Monika Kania Schütz aus dem deutschen Freilichtmuseum<br />

an der Glentleiten und Henrik Zipsane aus dem schwedischen<br />

Freilichtmuseum in Jamtli. Monika Kania Schütz<br />

zitierte Niklas Luhmann („Authentizität ist die Kultform<br />

der Naivität“) und wies darauf hin, dass Besucher in Freilichtmuseen<br />

unterschiedliche Vorstellungen von Authentizität<br />

haben, auf die man als Museum nicht immer Einfluss<br />

nehmen könne. Museen – so Jan Vaessen aus Arnheim<br />

schon 1994 – rekonstruieren immer Authentizität. Henrik<br />

Zipsane ergänzte um die Beobachtung, dass Besucher der<br />

Institution Museum per se ein großes Vertrauen entgegenbrächten.<br />

In ihrer Informationspolitik müssten aber gerade<br />

Freilichtmuseen aufpassen, dieses Vertrauen nicht zu verspielen.<br />

Sie würden, so Zipsane, gern mit Slogans wie „Wir<br />

zeigen, wie das Leben früher war“ werben. Derartige Sätze<br />

ließen sich zwar gut kommunizieren, doch streng wissenschaftlich<br />

betrachtet, seien sie nicht haltbar.<br />

Das zweite Schwerpunktthema widmete sich der Frage,<br />

wie Freilichtmuseen heutige Besucher noch besser erreichen<br />

können. Hauptrednerin war hier die in Dänemark populäre<br />

Chefredakteurin der Zeitung Weekendavisen Dr. Anne<br />

Knudsen. Sie berichtete von Umfrageergebnissen unter Zeitungslesern,<br />

die belegten, dass trotz aller Unkenrufe gerade<br />

jüngere Menschen längere und sprachlich gute Artikel<br />

sehr wohl schätzten. Sie stellte den Museen die Frage, welche<br />

Konsequenzen sie hieraus für ihre Museumstexte ziehen<br />

wollten. Knudsen hatte die Kommunikation von Freilichtmuseen<br />

recherchiert und festgestellt, dass das dort<br />

vorhandene Wissen um historische Gebäude, um das Land<br />

und um Museumsobjekte in der Werbung meist nicht genannt<br />

würde. Stattdessen fand sie oft nur die Schönheit<br />

des Orts und die Freizeitmöglichkeiten im Museum aufgezählt.<br />

Marktpotentiale für Museen sah sie bei Wissen und<br />

Informationen. Enjoyable learning sei gefragt, allerdings<br />

könne der Wettbewerb mit PC-Spieleanbietern nicht gewon<br />

nen werden.<br />

Im Verlauf der Tagung gab es weitere diverse Beiträge<br />

von AEOM-Mitgliedern. Themen waren z. B. die Zugänglichkeit<br />

von Freilichtmuseen für Rollstuhlfahrer, Web-<br />

Portale für Museen, Themenjahre in Freilichtmuseen, die<br />

Grün dungsphase des niederländischen historischen Museums<br />

in Arnheim, der Bericht über eine „Zeitmaschine für<br />

Teenager“ oder die Erwähnung von europäischen Bildungsprogrammen<br />

für Freilichtmuseen.<br />

Die Konferenz besuchte sehr unterschiedliche Freilicht-<br />

Attraktionen, so zum Beispiel das Museumcenter Hanstholm,<br />

ein Freilichtmuseum für Kriegsgeschichte mit einem<br />

In-situ-Bunker, der 1940 bis 1944 als Teil der deutschen<br />

Befestigung gebaut wurde. Den Gamle By selbst war auch<br />

Thema der Tagung. Die Teilnehmer konnten hinter die Kulissen<br />

schauen und auch einen Blick auf mutige Neubauten<br />

des Freilichtmuseums werfen, mit denen man vor allem das<br />

junge Publikum binden wolle.<br />

Höhepunkt der Tagung war ein gemeinsames Abendessen<br />

mit der dänischen Königin Margarethe II. in einem<br />

Prachtsaal des Freilichtmuseums. Die nächste Konferenz<br />

wird Ende August 2011 in Tschechien und in der Slowakei<br />

stattfinden.<br />

Dr. Peter Lummel ist Museumsdirektor der Stiftung Domäne Dah lem<br />

– Landgut und Museum in Berlin und als Mitglied von ALHFAM offizielle<br />

Kontaktperson zu AEOM; lummel@domaene-dahlem.de<br />

38 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

CIDOC – International Committee of Documentation<br />

The Documentation in the XXI Century:<br />

Connecting the Information of Cultural<br />

Heritage<br />

Jahrestagung vom 27. September bis 1. Oktober 2009<br />

in Santiago, Chile<br />

Axel Ermert, Monika Hagedorn-Saupe<br />

Das CIDOC-CRM-Schema zeigt den Ausschnitt eines semantischen<br />

Netzes. Das Conceptual Reference Model (CRM) von CIDOC definiert<br />

Klassen und Beziehungen, wodurch es die Integration, Vermittlung<br />

und den Austausch heterogener Informationen zu Artefakten des<br />

kulturellen Erbes ermöglicht.<br />

An der Jahrestagung nahmen Delegierte aus rund vierzig<br />

Ländern teil, aus <strong>Deutschland</strong> waren sieben anwesend, eine<br />

Reihe weiterer Teilnehmer aus Europa, und die gastgebende<br />

Region Lateinamerika war gut vertreten. Die Anwesenheit<br />

etlicher Delegierter aus allen Teilen der Welt wurde<br />

durch die großzügige Förderung des Getty Grant Program<br />

ermöglicht.<br />

Nach der Eröffnungssitzung berichteten zunächst die<br />

Museen von Québec (Kanada) über transdisziplinäre Ansätze<br />

ihrer musealen Präsentationen, das Thema des Workshops<br />

vom Vortag aufgreifend. Dem folgte ein Beitrag von<br />

Susan Chung vom Museum Social Tagging Project (New<br />

York) unter besonderer Berücksichtigung der Multilingualität.<br />

Eine instruktive Übersicht über das Netzwerk, die<br />

Entwicklung und den gegenwärtigen Stand des Museumssystems<br />

Estlands gaben Indrek Eensaar und Kaise Jeeser.<br />

Im Workshop „Thesauri – AAT” stellte zunächst Murtha<br />

Baca, Leiterin des Getty Vocabulary Program, in dem der<br />

Arts and Architecture Thesaurus (AAT) angesiedelt ist, den<br />

übergreifenden Zusammenhang zwischen der Nutzung<br />

kontrollierten Vokabulars durch viele Museen und der Unterstützung<br />

dieses Prozesses durch webgestützte Prozesse<br />

vor. Im Anschluss berichteten zwei niederländische Kollegen<br />

von der Entwicklung der holländischen AAT-Übersetzung<br />

und ihrer nunmehr wieder installierten Anbindung<br />

an das Rijksbureau voor kunsthistorische Dokumentatie<br />

und seine Aufbereitung als Webservice. Darauf folgend<br />

gab es einen eindrucksvollen Einblick in die Organisationsstruktur<br />

und das Arbeitsbüro, das die chinesische AAT-<br />

Übersetzung in Taiwan erstellt. Diese erfolgt in mehreren<br />

Schritten, von denen der erste eine Rohübersetzung ist, die<br />

dann von Fachleuten geprüft wird.<br />

Ebenfalls zum Übersetzungsprozess und seinem aktuellen<br />

Stand referierte Lina Nagel aus der gastgebenden Direccion<br />

de bibliotecas, archivos y museos (DIBAM), die<br />

die spanische AAT-Übersetzung geleitet hat. Mehrere Tagungsteilnehmer<br />

bestätigten, dass der erste Schritt durch<br />

professionelle Übersetzungsbüros nicht so hilfreich war<br />

wie erwartet, und dass es in jedem Falle lohnt, die umfangreiche<br />

Belegliteratur des AAT für sein englischsprachiges<br />

Wortgut (rund 14.800 Titel) vor Übersetzungsbeginn<br />

daraufhin durchzusehen, ob die Werke auch in der<br />

Sprache existieren, in die übersetzt werden soll. Im Anschluss<br />

berichteten die Autoren über die geplante deutsche AAT-<br />

Übersetzung, für die als technische Arbeitsumgebung die<br />

Xtree-Software vom Digicult-Museen-SH-Projekt vorgesehen<br />

ist. Für alle Teilnehmer, die an der Übertragung des<br />

AAT in weitere Sprachen interessiert sind, war dieser Workshop<br />

zu AAT-Übersetzungen sehr lehrreich.<br />

Besondere Bedeutung erlangte auch der Workshop „Train<br />

the Trainers“. Für diesen bereiteten die Experten jeweils<br />

ein Thema didaktisch auf (z. B. Object ID gegen Objektdiebstahl,<br />

CIDOC-CRM, Datenformate, CIDOC Documentation<br />

Principles), präsentierten die einzelnen Arbeitsschritte<br />

und erprobten sie. Ziel war, die Materialien so weit<br />

zu entwickeln, dass sie später auch von Referenten vermittelt<br />

werden können, die nicht selbst Sachexperten oder Erarbeiter<br />

des Materials sind. Parallel zur Konferenz tagte<br />

auch die neue Arbeitsgemeinschaft „Datenaustauschformate“,<br />

die u. a. die Implementierung und Weiterentwicklung<br />

des gegenwärtig aus dem Museumdat-Datenformat<br />

und dem CDWA-Lite-Datenformat entwickelten zukünftigen<br />

Formats LIDO (Lightweight information for describing<br />

objects) bearbeitet und in der das Getty Research Institute<br />

und andere Organisationen, aus <strong>Deutschland</strong> etwa<br />

das Archiv Foto Marburg, vertreten sind.<br />

Schließlich berichteten Vertreterinnen u. a. aus Kolumbien<br />

und Brasilien über ihre nationalen Systeme zur Verzeichnung<br />

wertvollen Kulturguts und zur Registrierung<br />

von Verlusten und Diebstählen. Ferner informierte Georg<br />

Hohmann (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg)<br />

über das DFG-geförderte Projekt „Wissenschaftliche Kommu<br />

nikationsinfrastruktur“ (Wisski), die Autoren über das<br />

EU-Projekt Athena, und Maja Sojat-Bikic gab eine statistische<br />

Bestandsanalyse dazu, wie viele kroatische Museen<br />

digitale Inhalte in welcher Form anbieten.<br />

Die nächste CIDOC-Tagung wird im November <strong>2010</strong> im<br />

Rahmen der <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz in Shanghai stattfinden.<br />

Axel Ermert ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Museumsforschung<br />

in Berlin, Vorstandsmitglied von CIDOC;<br />

a.ermert@smb.spk-berlin.de<br />

Professor Monika Hagedorn-Saupe ist stellvertretende Leiterin des<br />

Instituts für Museumsforschung in Berlin und Generalsekretärin von<br />

CIDOC; m.hagedorn@smb.spk-berlin.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Dokumentation der CIDOC-Tagung 2009: www.cidoc2009.cl<br />

Aktuelle Informationen zu CIDOC: http://cidoc.mediahost.org<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 39


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

ALHFAM – Association for Living History, Farm and<br />

Agricultural Museums<br />

From Strangers to Friends<br />

39. Jahrestagung vom 6. bis 9. Juni 2009<br />

in Winston-Salem, USA<br />

Peter Lummel<br />

ALHFAM gibt es seit 1970 und legt wert darauf, eine Vereinigung<br />

„für“ und nicht „der“ fachlichen Vertreter zu sein.<br />

So finden sich unter ALFHAM feste, freie und freiwillige<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Freilichtmuseen, Agrarmuseen,<br />

historischen Einrichtungen, Naturparks und<br />

„lebendigen historischen Bauernhöfen“. Die Tagung wurde<br />

von rund 150 Kollegen aus den USA und Kanada besucht.<br />

Als europäische Vertreter nahmen neben mir in meiner Eigenschaft<br />

als Kontaktperson der Association of European<br />

Open-Air Museums (AEOM) zwei Kollegen aus England<br />

und Schottland an der Tagung teil.<br />

Diese begann mit einem Angebot von sechs halb- und<br />

ganztägigen Workshops. Experten gaben eine Fortbildung<br />

zu so unterschiedlichen Themen wie pferdegezogenes Pflügen<br />

mit Modellen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, Back-<br />

Workshop oder Obstanbau.<br />

Am zweiten Tag wurde die Tagung durch den Hauptred ner<br />

Robert Morgan offiziell eröffnet. Morgan stammt aus<br />

North Carolina, er ist durch Novellen wie z. B. Gap Creek<br />

oder Boone weltweit bekannt. Die Beschäftigung mit Daniel<br />

Boone war auch der Hintergrund für den Vortrag, in dem<br />

er das Leben des berühmten amerikanischen Pioniers und<br />

überzeugten Quäkers aus dem 18. Jahrhundert schilderte,<br />

der u. a. in Winston-Salem gelebt und gewirkt hatte.<br />

In den darauffolgenden Tagen gab es diverse meist 45-<br />

oder 90-minütige Veranstaltungen mit zahlreichen parallel<br />

laufenden Vorträgen. Beeindruckend war die Schilde rung<br />

der kleinen, aber feinen ALFHAM Farmers School. Hier<br />

wurde in den letzten Jahren der Versuch gestartet, mehr<br />

oder weniger verloren gegangene Fähigkeiten und Kenntnisse<br />

historischer Landwirtschaft zu rekonstruieren, zu<br />

praktizieren und in mehrtägigen sehr intensiven Workshops<br />

einem Kreis von zwei bis drei Personen weiterzugeben.<br />

Einer der Schwerpunkte der Tagung – passend zum<br />

Thema „From Strangers to Friends“ – war der Umgang<br />

mit Fördervereinen, Ehrenamtlichen und freiwilligen Mitarbeitern<br />

und Museumsbesuchern. So berichtete z. B. David<br />

Floyd aus dem Rural Life Museum in Baton Rouge in<br />

Louisiana über die Entwicklung der letzten zehn Jahre, in<br />

denen es gelang, die Anzahl der freiwilligen Mitarbeiter auf<br />

der Grundlage eines professio nellen Programms von dreißig<br />

auf 160 zu steigern. Die Vielzahl an Managementansätzen<br />

und -ideen mit Fortbildun gen, Anerkennungskultur,<br />

schriftlichen Vereinbarungen und einer gut durchdachten<br />

Informationspolitik war beeindruckend. Für die nordamerikanischen<br />

Museen galt als Selbst verständlichkeit, dass<br />

für Freiwillige ein klar benanntes Budget vorliegt, dass der<br />

feste Mitarbeiterstamm eine Weih nachtsfeier für die Freiwilligen<br />

durchführt und dass es spezielle Newsletter für<br />

und von freiwilligen Mitarbeitern sowie vertragliche Regelungen<br />

der Zusammenarbeit gibt.<br />

Ich selbst nahm in meinem Vortrag Bezug auf die globale<br />

Wirtschaftskrise und untersuchte, welch unterschiedlichen<br />

Wege deutsche bzw. europäische und US-amerikanische<br />

Museen in den letzten Jahrzehnten gegangen sind im Hinblick<br />

auf soziale und gesellschaftliche Ansprüche und Angebote.<br />

In der Diskussion zeigten sich nochmals deutlich<br />

die Unterschiede darin, dass amerikanische Museen in erster<br />

Linie an den wirtschaftlichen Erfolg denken (müssen)<br />

und eher den break even als z. B. gesellschaftliche Randgruppen<br />

im Blickwinkel haben.<br />

Generell war die globale Wirtschaftskrise ein dominierendes<br />

Thema auf der Tagung. Die Wirtschaftskrise hatte<br />

in den zurückliegenden Monaten in vielen US-amerikanischen<br />

Museen dafür gesorgt, dass durch den Verlust von<br />

Aktienvermögen zum Teil zahlreiche Mitarbeiter entlassen<br />

werden mussten und Bildungsprogramme zurückgefahren<br />

wurden. Auf diese Situation Bezug genommen wurde<br />

u. a. in den Beiträgen von Emma Rachael McDonald<br />

über Fundraising oder von Renee Shipko und Jeff Switzer<br />

über Spender.<br />

Ein mit Experten besetztes Podium machte deutlich, dass<br />

die globale Wirtschaftskrise eine negative Entwicklung der<br />

vergangenen Jahre nur beschleunigt hatte. Im Bereich living<br />

history ist offensichtlich seit Jahren der Personalstamm<br />

rückläufig. Neben hohen Kosten haben sich auch die Wünsche<br />

der Besucher verändert. Tiere auf dem Gelände, interessante<br />

Videofilme oder hands-on-Angebote sind laut<br />

Umfragen beliebter als living history. Der Wunsch nach Entspannung<br />

im Freilichtmuseum hat zugenommen. Hierfür<br />

benötigt man nicht unbedingt living history. Neue Medien<br />

hingegen werden nicht als Lösung per se präferiert. Die<br />

heterogen geführte Diskussion zeigte, dass man noch keine<br />

generelle Antwort auf das veränderte Besucherverhalten<br />

hat, dass aber sehr wohl der Austausch über Alternativen<br />

begonnen hat.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt war das Thema Entsammeln.<br />

Hier berichteten großen Museen wie z. B. das Henry Ford<br />

aus Dearborn oder das Canada Agricultural Museum in<br />

Ottawa, wie sie mit Deakzession umgehen. In einer lebhaften<br />

Diskussion erfuhr man von amerikanischen Beispielen,<br />

wo Museen sich aufgrund zurückgehender Gelder<br />

explizit zwischen Museumsschließung und Teilverkauf der<br />

Sammlung zu entscheiden hatten. Generell sah man in einer<br />

Deakzession von Sammlungsteilen auch die Chance für<br />

Museen, neue Richtungen einzuschlagen und das Museumsprofil<br />

zu aktualisieren und zu schärfen.<br />

Die Tagungsbeiträge werden bis zur nächsten Jahrestagung<br />

publiziert werden, die vom 20. bis 24. Juni <strong>2010</strong> in Old<br />

Stur bridge Village in Massachusetts zum Thema „The<br />

Roots and Branches of Living History“ stattfinden wird.<br />

Dr. Peter Lummel, Museumsdirektor der Stiftung Domäne Dahlem –<br />

Landgut und Museum in Berlin und als Mitglied von AEOM offizielle<br />

Kontaktperson zu ALHFAM; lummel@domaene-dahlem.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Rückblick auf die Jahrestagung 2009 und Programm der Jahrestagung<br />

<strong>2010</strong>: www.alhfam.org<br />

40 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

ICDAD – International Committee of Collections and<br />

Museums of Decorative Arts and Design<br />

The Intersection of Art and Technical<br />

Innovation<br />

Jahrestagung vom 14. bis 17. Mai 2009 in Hannover<br />

Reinald Franz, Wolfgang Schepers<br />

Nach 2004 in Berlin fand nun zum zweiten Mal eine Jahrestagung<br />

der Museen angewandter Kunst und Design in<br />

<strong>Deutschland</strong> statt – jedoch zum ersten Mal in der Geschichte<br />

in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Kein<br />

Museum war dafür besser geeignet als das Museum August<br />

Kestner – denn es beherbergt nach verschiedenen „Ringtauschen“<br />

unter den hannoverschen Museen alle hochkarätigen<br />

Werke des Kunsthandwerks, die man in den verschiedenen<br />

Museen Hannovers jemals zusammengetragen<br />

hat. Die Organisation der Tagung wurde sowohl inhaltlich<br />

wie technisch ganz maßgeblich von den deutschen Mitgliedern<br />

von ICDAD und des ICDAD-Vorstandes übernommen.<br />

Ein wohldurchdachtes, viertägiges Programm<br />

bot den Teilnehmern Einblicke in die spezifischen Qualitäten<br />

der Kunstlandschaft an der Leine.<br />

25 Fachkollegen aus <strong>Deutschland</strong>, Finnland, Griechenland,<br />

Kroatien, Norwegen, Österreich, Russland, der<br />

Schweiz und den USA nahmen an der Konferenz teil, die<br />

sich thematisch einer Kernfrage der angewandten Kunst<br />

und des Design widmete: Inwieweit beeinflusst der technische<br />

Fortschritt die Entwicklung der angewandten Künste?<br />

Referate zum Oberthema ließen die durch geschichtliche<br />

und nationale Prägung jeweils spezifischen Positionen der<br />

Fachkollegen klar werden.<br />

Am Vorabend der Tagung wurde – unter Beteiligung vieler<br />

Tagungsteilnehmer – die erste und einzige Ausstellung zur<br />

Geschichte des Gastgewerbes eröffnet: „Zu Gast – 4000<br />

Jahre Gastgewerbe“.<br />

Am ersten Tagungstag widmeten sich nach Begrüßungen<br />

durch die Kulturdezernentin, einem Vorstandsmitglied von<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, dem Direktor des Museum August<br />

Kestner und dem Präsidenten von ICDAD verschiedene<br />

Vorträge dem Generalthema. Einige seien hier besonders<br />

erwähnt: Dedo von Kerssenbrock-Krosigk, Düsseldorf,<br />

sprach über Glas des späten 17. Jahrhunderts, das Bergkristall<br />

und Rubin nachahmte. Ludmilla Dementieva berichtete<br />

über Tula-Objekte des Staatlichen Historischen<br />

Mu seums Moskau. Nela Tarbuk, Zagreb, stellte die Verbindungen<br />

zwischen Kunsthandwerk und Technologien in<br />

der Möbelproduktion her. Anschließend besuchten wir unter<br />

sachkundiger Führung den weltberühmten Barock-Garten<br />

von Hannover-Herrenhausen.<br />

Weitere innovative Materialien des Kunsthandwerks und<br />

des Design standen am folgenden Tag im Fokus: Kunststoffe<br />

und Design (Wolfgang Schepers, Hannover), Gusseisen<br />

(Martina Pall, Graz), die Materialien der Futuristen<br />

(Silvia Barisione, Genua) oder auch die zukünftigen Technologien<br />

der angewandten Kunst (Rainald Franz, Wien).<br />

Zu den Höhepunkten der Tagung zählte der Besuch der Fagus-Werke<br />

in Alfeld. Die Anlage wurde von Walter Gropius entworfen und gilt als<br />

ein erstes Beispiel der architektonischen Moderne. Gegenwärtig läuft<br />

ein Antragsverfahren für die Erklärung zum UNESCO-Weltkulturerbe.<br />

Das Besichtigungsprogramm brachte den Teilnehmern<br />

Highlights der angewandten Kunst und des Design in Niedersachsen<br />

näher. Dabei spannte sich der Bogen von aktuellen<br />

Positionen in Ausstellungen wie der Präsentation „Zu<br />

Gast“ im Museum August Kestner und dem Designzugang<br />

der Firma Wilkhahn bis zu den Objekten des Mittelalters,<br />

etwa den weltberühmten Tapisserien und Truhen aus dem<br />

Kloster Wienhausen. Besichtigungen in Hannover und in<br />

Celle sowie der Besuch der von Walter Gropius geplanten<br />

Fabrik für die Firma Fagus in Alfeld an der Leine, gegenwärtig<br />

im Antragsverfahren für die Erklärung zum Weltkulturerbe<br />

der UNESCO, dokumentierten die sehr vitalen<br />

Bemühungen um angewandte Kunst und Design in Niedersachsen.<br />

Dabei waren die Führungen der Fachkollegen<br />

vor Ort ein willkommener Anknüpfungspunkt für weiterführende<br />

Diskussionen und den fachlichen Austausch, der<br />

zu neuen Einschätzungen mancher Objekte, in jedem Fall<br />

aber zu einem Informationsgewinn für Besucher wie Wissenschaftler<br />

vor Ort führte.<br />

In der Mitgliederversammlung wurden nicht nur die zukünftigen<br />

Tagungsorte beschlossen (<strong>2010</strong> Niederlande),<br />

sondern auch Strategien entwickelt, wie noch mehr internationale<br />

Kolleginnen und Kollegen zur Mitarbeit in ICDAD<br />

motiviert werden können. Die Teilnehmer der diesjährigen<br />

Tagung knüpften jedenfalls viele neue Kontakte, die nicht<br />

nur in gemeinsamen (Ausstellungs-)Projekten münden werden.<br />

Dr. Rainald Franz, Österreichisches Museum für angewandte Kunst<br />

und Gegenwartskunst in Wien, ist Präsident von ICDAD.<br />

Dr. Wolfgang Schepers, Direktor des Museums August Kestner, Hannover,<br />

und Kurator der Sammlung Angewandte Kunst/Design, ist<br />

Mitglied des Vorstandes von ICDAD;<br />

Wolfgang.Schepers@hannover-stadt.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Bilder und Abstracts der Jahrestagung 2009:<br />

www.icdad-icom.com<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 41


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

ICEE – International Committee for Exhibition Exchange<br />

Making the World Smaller: Crossing<br />

Boundaries with Exhibitions<br />

Jahrestagung vom 9. bis 11. November 2009<br />

in Chicago, USA<br />

Christoph Lind<br />

Das große Interesse an der Jahrestagung zeigte sich eindrucksvoll<br />

in der Tatsache, dass bereits vor Beginn wegen<br />

unerwartet hoher Registrierungszahlen die Teilnehmerliste<br />

geschlossen und weitere Interessenten auf die diesjährige<br />

Sitzung in Shanghai vertröstet werden mussten. Nach diesem<br />

positiven Auftakt begrüßte eine sichtlich erfreute Nancy<br />

Zinn, Präsidentin von ICEE, und John McCarter, Präsident<br />

und Vorstandsvorsitzender des Field-Museums, die<br />

Teilnehmer in den Räumen des Field-Museums in Chicago,<br />

dessen Mannschaft zusammen mit ICEE die Tagung sehr<br />

professionell durchführte.<br />

Nach dem Willkommen wurde eine Hausführung mit<br />

dem Schwerpunkt Ausstellungsaktivitäten angeboten, der<br />

eine recht impulsive Eröffnungsrede von Carlos Tortolero,<br />

Gründungsdirektor des National Museum of Mexican Art,<br />

Chicago, über kulturelle Identität und besondere Wege,<br />

die se im Museum zu bedienen. Nach einem weiteren Museumsrundgang,<br />

diesmal im Backstagebereich, schloss sich<br />

der schon traditionelle „Marketplace of Exhibitions and<br />

Ideas“ an, vorbereitet und geleitet von Carina Jaatinen<br />

(Espoo, Finnland), den Abschluss bildete ein Abendempfang<br />

im Ausstellungsbereich des Field-Museums.<br />

Der folgende Tag war neuartigen Ausstellungsprojekten<br />

gewidmet, die den Rahmen der traditionellen Ausstellun gen<br />

in Teilbereichen verlassen; insbesondere wurden aktuelle<br />

Planungen vorgestellt, die eine Neuausrichtung traditioneller<br />

Sammlungspräsentationen und ihre – bislang vorhersehbaren<br />

– Konsequenzen erörterten: Marie Perrier und<br />

Edith Joseph, Ausstellungsplanerinnen des in Umsetzung<br />

befindlichen Musée des Confluences in Lyon, stellten die<br />

derzeitigen Planungen und die Neuausrichtung der Präsentation<br />

durch die aktualisierte Sammlungsgliederung und<br />

die Herausforderung einer eindrucksvollen und sehr eigenwertigen<br />

Architektur von Coop Himmelb(l)au vor. Als Fallstudie<br />

eines Ausstellungsprojekts mit fortdauernder Veränderung<br />

durch das Publikum präsentierte Wayne LaBar<br />

vom Liberty Science Center, Jersey City, ein Ausstellungsentwicklungsprojekt,<br />

welches zusammen mit den Besuchern<br />

vor- und weiterentwickelt wird.<br />

In der Nachmittagssitzung moderierte Anne-Catherine<br />

Hauglustaine vom Strasbourg Science Museum den Themenbereich<br />

„Traveling Culture and Traveling Science“, in<br />

dem sich der einleitende Beitrag – anknüpfend an die Vorstellung<br />

der Planungen für das Musée des Confluences –<br />

mit dem (Präsentations-)Verhältnis zwischen Naturwissenschaft<br />

und den Gesellschaften bzw. dem Publikum wid mete:<br />

„Exploring the Earth and Its Peoples – Balancing Science<br />

and Culture at The Field Museum“ zeigte die Multipolarität<br />

von sowohl Inhalten als auch Rezeptoren. Vor dem<br />

Hintergrund der eingehend besuchten Ausstellungs- und<br />

Backstagebereiche des Field-Museum war dieser Beitrag<br />

besonders aufschlussreich. In einem der spannendsten und<br />

genuin das Tagungsthema betreffenden Beiträge berichtete<br />

Hélène Vassal von der Projektgruppe Louvre Abu Dhabi<br />

über die Beweggründe, Planungen, Absichten und Herausforderungen<br />

dieses ehrgeizigen Projekts einer „Zweigstelle“<br />

des Louvre in der Hauptsstadt der Vereinigten Arabi schen<br />

Emirate. Insbesondere schilderte sie die Vorbereitungen bis<br />

zur Projektierung und dem Beginn der Ausstellungsplanungen,<br />

welche noch nicht abgeschlossen sind.<br />

Die Sektion „Mission versus Margin“ thematisierte am<br />

Beispiel des Didrichsen Art Museum in Helsinki Wanderausstellungen<br />

an kleinen Präsentationsorten. Die Bandbreite<br />

möglicher Themen für Wanderausstellungen lotete Bernd<br />

Heckner vom Senckenberg-Museum für Naturgeschichte,<br />

Frankfurt am Main, aus. Fallstudienartig berichtete er über<br />

die Herausforderungen von Objekttransporten von Südamerika<br />

nach Europa. Ausstellungen in sogenannten „Outpost-Museen“<br />

– neugegründete „Zweigstellen“ des Stammhauses<br />

– waren Gegenstand dreier interessanter Beiträge<br />

über die Ausweitung der Ausstellungstätigkeiten der Staatlichen<br />

Eremitage St. Petersburg in Amsterdam, des Louvre<br />

in Abu Dhabi und der neuen Outposts des Western Australian<br />

Museum in Perth.<br />

Am Mittwochvormittag fanden Fachbesuche im Art Institute,<br />

im Chicago History Museum, The Oriental Institute<br />

und im Museum of Science and Industry statt; während<br />

der Nachmittag vollständig dem Ausstellungsverkehr<br />

mit China gewidmet war: Sowohl Initiativen von der chinesischen<br />

Seite als auch Erfahrungsberichte zu chinesi schen<br />

Ausstellungspartnerschaften von amerikanischen Kollegen<br />

wurden eingehend besprochen. Abschließende Worte der<br />

Präsidentin Nancy Zinn beendeten diese interessante und<br />

erfolgreiche Tagung. Zusätzlich zu den Vorträgen gab es<br />

ausreichend Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.<br />

Dr. Christoph Lind, Abteilungsleiter Ausstellungsmanagement und Museumsvermittlung<br />

an den Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim, ist Mitglied<br />

des Vorstandes <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>; christoph.lind@mannheim.de<br />

Teilnehmer der ICEE-Jahrestagung besuchten unter anderem die<br />

Ausstellung „Evolving Planet“ im Chicagoer Field-Museum.<br />

Weitere Informationen:<br />

Rückblick auf das Programm der Jahrestagung 2009:<br />

www.ballodora.de/icee/<br />

42 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

GLASS – International Committee for Museums and<br />

Collections of Glass<br />

Portuguese Glass in an European<br />

Context<br />

Jahrestagung vom 10. bis 14. November 2009<br />

in Lissabon, Portugal<br />

Helena Horn<br />

Die Tagung begann mit Vorträgen der portugiesischen<br />

Wissenschaftler, aus denen eindrucksvoll hervorging, dass<br />

die portugiesischen Gläser den stilistischen Moden vor allem<br />

aus Italien und Spanien sowie aus England und <strong>Deutschland</strong><br />

folgten. Die Einflüsse lassen sich zum großen Teil<br />

direkt daraus ableiten, dass Glasmacher aus diesen Ländern<br />

in den portugiesischen Hütten gearbeitet haben. Es<br />

ging aus den Vorträgen hervor, dass das portugiesische Glas<br />

seit wenigen Jahren intensiv von Kunsthistorikern und Archäologen<br />

erforscht wird und konservatorische aber auch<br />

restauratorische Maßnahmen ergriffen werden.<br />

Ich selbst berichtete über stilistische Überschneidungen<br />

zwischen Azulejos und portugiesischem Glas zwischen dem<br />

15. und 18. Jahrhundert. Ergebnis des Vortrags war, dass<br />

lediglich allgemeine Stilmerkmale der jeweiligen Epochen<br />

aufzuspüren sind. Die Tendenz zu überbordenden ornamentalen<br />

Dekorationen erklärt sich durch den maurischen Einfluss<br />

in beiden Gruppen.<br />

Jan Kock und Karin Rühl widmeten sich Themen der Gegenwart.<br />

So konstatierte Jan Kock, dass Formen und Dekore<br />

zwar immer noch von dänischen Designern entworfen,<br />

dann aber in preiswert kalkulierenden Hütten Osteuropas<br />

oder Asiens produziert werden. Karin Rühl stellte die neu<br />

entstehenden Frauenauer Gläsernen Gärten vor. Raumgreifende<br />

Skulpturen werden in dem parkartigen Gelände<br />

rund um das Museum aufgestellt und reflektieren die Geschichte<br />

Frauenaus sowie die Natur und Umgebung.<br />

Alljährlich liegt der Schwerpunkt unserer Jahrestagung<br />

auf dem Besichtigungsprogramm. So besuchen wir nicht<br />

nur Museen, Archive und Sammlungen, sondern auch kommerzielle<br />

Galerien, Kirchen, Werkstätten, Forschungseinrichtungen<br />

oder Fabriken. Verantwortliche Kuratoren und<br />

Direktoren führen uns.<br />

In Lissabon hatten wir ein kompaktes Programm: Die<br />

Sammlungen des Museums Gulbenkian sind überwältigend<br />

reich. Die Kollektionen der Mamlukischen Gläser und der<br />

Glasmanufaktur Lalique zeigten das breite Spektrum des<br />

Museums auf höchtem Niveau. Die kostbaren Moscheeampeln<br />

des 14. Jahrhunderts aus dem Vorderen Orient<br />

waren spektulär und höchst elegant präsentiert.<br />

Die Glasfenster der Kathedrale Igreja de Nossa Senhora<br />

de Fatima, entworfen von José Sobral de Almada Negreiros,<br />

sind der Moderne Portugals verpflichtet. Almada Negreiros<br />

gehört zu den wichtigsten Künstlern dieser Epoche<br />

in Portugal. Er war in vielen künstlerischen Bereichen tätig:<br />

als Romancier, Maler, Karikaturist, Illustrator, Lyriker,<br />

Essayist, Tänzer, Bühnen- und Kostümbildner, Zeichner<br />

und Dramatiker. Er hat für Kirchen, Firmen, Fährhäfen<br />

oder die Universität Lissabon Entwürfe geliefert.<br />

Das Museu Nacional de Arte Antiga zeigte eine Sammlung<br />

spanischer Gläser aus Ildefonso de la Granja. Das Nationalmuseum<br />

für Archäologie im imposanten Gebäude<br />

Das Gulbenkian-Museum in Lissabon umfasst – entsprechend dem<br />

vielseitigen Kunstinteresse des Mäzens Calouste Gulbenkian – ein<br />

breites Spektrum an Kunstobjekten, darunter auch Moscheeampeln<br />

aus dem 14. Jahr hundert (Foto) sowie Mamlukische Gläser und Glasarbeiten<br />

von René Lalique.<br />

des Jeronimosklosters in Belém ist eines der bedeutendsten<br />

Bauwerke Portugals, errichtet im manuelinischen Baustil.<br />

Es hatte eine interessant inzenierte Ausstellung römischer<br />

Gläser.<br />

Der Besuch des Klosters von Santa Clara-a-Velha in Coimbra<br />

stand ebenfalls auf unserem Programm. Ein Film,<br />

der im wesentlichen historische Fotos oder Ansichten zeigte,<br />

aber künstlerisch äußerst stimmungsvoll mit Geräuschen<br />

hinterlegt war, machte elegische und dramatische Momente<br />

der wiederholten Zerstörung durch die Fluten des Rio Mondego<br />

auch emotional anschaulich. Die Nonnen besaßen<br />

eine beachtliche Menge an Gläsern, die in einem modernen<br />

Museumsgebäude vornehm und informativ ausgestellt<br />

sind. Angeschlossen sind dem Museum Restaurierungswerkstätten<br />

insbesondere für Glas.<br />

Ein Highlight war die Besichtigung des Glasmuseums in<br />

Marinha Grande. Untergebracht in der ehemaligen Villa<br />

der dortigen ersten Glasfabrik, sind vorwiegend Gläser der<br />

Real Fabrica de Vidros da Marinha Grande ausgestellt. Die<br />

Manufaktur wurde 1769 von den beiden englischen Kaufleuten<br />

William und John James Stephens gegründet und<br />

produzierte zunächst vor allem Tafelglas für den Adel und<br />

das reiche Bürgertum, später kam auch Pressglas hinzu.<br />

Bei den gemeinsamen Essen wurden so manche Fachgespräche<br />

geführt. Man erörterte nicht nur Gläser und andere<br />

Kunstschätze, sondern auch (eigene) Museumskonzeptionen,<br />

Ausstellungsgestaltungen sowie Kooperationen für<br />

gemeinsame Ausstellungen und Publikationen. Ein freundlicher,<br />

kollegialer, fröhlicher Diskurs auf allen Ebenen wird<br />

in diesem Komitee besonders gepflegt.<br />

Dr. Helena Horn, Kunsthistorikerin, arbeitet als wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin der Kunstsammlungen der Kreissparkasse Köln.<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 43


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

ICMAH – International Committee for Museums and<br />

Collections of Archaeology and History<br />

Museums and Faith<br />

Jahrestagung vom 14. bis 16. Mai 2009 in Luxemburg<br />

Rosmarie Beier-de Haan<br />

Was waren Ausgangspunkt und Hintergrund der Tagung?<br />

Crispin Paine, Institute of Archaeology, University College<br />

London, und Begründer der Zeitschrift Material Religion:<br />

The Journal of Objects, Arts and Belief, hob in seinem Impulsreferat<br />

hervor, dass wir in einer Zeit leben, die durch<br />

ein ambivalentes Verhältnis zu Religion und Glaube gekennzeichnet<br />

ist: einerseits fortschreitende Säkularisierungsprozesse<br />

und Bedeutungsverlust der Kirchen, andererseits eine<br />

wachsende Tendenz zu religiösem Fundamentalismus in<br />

Ethik und Handeln. Gleichwohl scheinen Religion und Glaube<br />

in historischen Museen und Ausstellungen bis jetzt eher<br />

marginal zu sein. Paine konstatierte, dass die Museumswelt<br />

– nicht zuletzt aus einer säkularen Perspektive heraus<br />

– über Jahrzehnte Berührungsängste mit dem Thema hat.<br />

Dass sich das mittlerweile ändert, davon gaben auf der<br />

Konferenz die insgesamt vierzehn Referate und Statements<br />

beredt Zeugnis. Vier Schwerpunkte strukturierten den Tagesablauf<br />

und die Diskussionen:<br />

1. Museen in einer Zeit der Spannung zwischen Glauben<br />

und Gesellschaft: Inwieweit nehmen Museen in den aktuellen<br />

Aushandlungsprozessen der Religionen Stellung? Sind<br />

sie neutrale Beobachter, Chronisten? Oder intervenieren<br />

sie, zurückhaltend oder sogar Stellung beziehend? Können<br />

und sollten Museen dabei die Tiefe des Glaubens ausloten?<br />

2. Können historische Glaubenserfahrungen dar- und<br />

ausgestellt werden? Inwieweit lässt sich über die historische<br />

Betrachtung überhaupt die Glaubenserfahrung des Einzelnen<br />

in seiner Zei wiedergeben? (Inwieweit) lässt sie sich<br />

einem nicht (mehr) religiösen Publikum überhaupt nahe<br />

bringen?<br />

3. Glaube in der zeitgenössischen Kunst: Wie geht zeitgenössische<br />

Kunst mit dem Glauben um, zwischen Blasphemie<br />

und Provokation auf der einen Seite und individuellen<br />

Glaubensbekundungen auf der anderen? Was können Kuratoren<br />

kulturhistorischer Museen von der Annäherung der<br />

Kunstmuseen an das Thema lernen?<br />

4. Profane Objekte, sakrale Objekte: Als Museumsdinge<br />

sind vormalige Sakralgegenstände zwar profan geworden,<br />

doch bleibt nicht ein „Rest“? Altarwerke zum Beispiel<br />

können in einem Museum religiöse Andacht assoziieren.<br />

Gleichermaßen können Religiosa vom Museum temporär<br />

für religiöse Zwecke zur Verfügung gestellt werden – wie<br />

es etwa in australischen Museen der Fall ist. (Wie) vermitteln<br />

Museen zwischen dem Religiösen und dem Profanen?<br />

Wie viel Glaube „erlauben“ die Kuratoren im Museum?<br />

Zwei zentrale Erkenntnisse aus der Vielfalt der durchweg<br />

qualifizierten und reflektierten Vorträge seien an dieser<br />

Stelle hervorgehoben: Ob es sich um das Museum der Kulturen<br />

in Basel mit seiner Ausstellung „Festival des Lichts.<br />

Religiöse Vielfalt in einer Stadt“ (2004/05), das Bijbelsmuseum<br />

Amsterdam mit seinem kreativen pädagogischen<br />

Programm, das finnische Museum der Orthodoxen Kirche<br />

oder das New York City Tenement Museum mit seinen<br />

Besucherführungen durch die multikulturelle Einwanderungsgesellschaft<br />

handelte, durchgängig ist die Intention<br />

erkennbar, Glaube und Religion in einen gesellschaftli chen<br />

Kontext einzubetten, der auf Multiperspektivität sowie<br />

Perspektivwechsel und -verschränkung setzt.<br />

Zugleich gewinnen neben der historischen Präsentation<br />

im engeren Sinne zunehmend hybride, dialogische Formen<br />

der Darbietung an Gewicht. So arbeitet etwa das Musée de<br />

l’Europe, Brüssel, in seiner Ausstellung „God(s): A User’s<br />

Guide“ (2006) mit einer Theatergruppe, um Themen wie<br />

religiöse Konflikte und Gewalt sensibel aufzufangen. In<br />

Colonial Williamsburg, Virginia/USA, laden character interpreters<br />

dazu ein, im Gespräch den religiösen Einstellungen<br />

der Menschen der Kolonialzeit nachzuspüren. Mit<br />

solchen und ähnlichen Methoden ermöglichen Museen die<br />

unmittelbare Einbeziehung des Besuchers.<br />

Die Tendenz ist unverkennbar, dass Museen weltweit<br />

ihre Rolle zunehmend darin sehen, in ihren Ausstellungen<br />

einen „geschützten Raum“ zu schaffen, in dem Menschen<br />

unterschiedlicher Religionen dem Glauben und den religiösen<br />

Praktiken anderer offen und respektvoll begegnen. So<br />

können Museen – entsprechend ihren ethischen Grundsätzen<br />

– inklusiv und nachhaltig wirken.<br />

Professor Dr. Rosmarie Beier-de Haan, Sammlungsleiterin und Ausstellungskuratorin<br />

am Deutschen Historischen Museum, Berlin; Honorarprofessorin<br />

für Geschichte an der Freien Universität Berlin; Vorstandsmitglied<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und ICMAH; beier@dhm.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Ein illustrierter Tagungsband wird im Frühjahr <strong>2010</strong> erscheinen und<br />

im Buchhandel erhältlich sein oder über: www.icmah.icom.museum<br />

Blick in die Ausstellung „Glaubenssache“. Diese „Ausstellung für Gläubige<br />

und Nicht-Gläubige“ im Stadtmuseum Luxemburg wurde zeitgleich<br />

zur Konferenz präsentiert.<br />

44 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

ICME – International Committee for Museums and<br />

Collections of Ethnography<br />

Museums for Reconciliation and Peace.<br />

Roles of Ethnographic Museums in the<br />

World<br />

Jahrestagung vom 19. bis 24. Oktober 2009<br />

in Seoul, Südkorea<br />

Lydia Icke-Schwalbe, Lothar Stein, Rainer Hofmann<br />

König Sejong (1397–1450), dem in Seoul mehrere Statuen gewidmet<br />

sind: Er führte u. a. die koreanische Schrift ein, ordnete regelmäßige<br />

Niederschlagsaufzeichnungen an und förderte die Wissenschaften in<br />

allen Belangen.<br />

Zum zweiten Mal nach 2004 hatte das Nationale Ethnographische<br />

Museum von Korea die Ethnologen und Kulturwissenschaftler<br />

in der <strong>ICOM</strong>-Arbeitsgruppe eingeladen,<br />

„to raise awareness of <strong>ICOM</strong> and ICME in Asia“ und um<br />

die Kollegen aus aller Welt in den Reichtum des koreanischen<br />

immateriellen Kulturerbes einzuführen. Zum Hauptthema<br />

der Tagung waren daher Referate gefragt, die sich<br />

mit der Rolle und dem Selbstverständnis ethnographischer<br />

Museen und ihrer Stellung innerhalb ihrer jeweiligen Gesellschaft<br />

auseinandersetzten. Darüber hinaus sollten der<br />

Austausch über Präsentation und Interpretation von Kulturen<br />

aus anderen Teilen der Welt stimuliert und Austauschpläne<br />

angeregt werden. Teilnehmer aus rund vierzig<br />

Ländern, darunter fünf aus <strong>Deutschland</strong>, nahmen an der<br />

Tagung teil.<br />

Im Fokus von Aussöhnung und Frieden wurden am ersten<br />

Tag Beiträge u. a. zum Maya-Achi-Genozit in Guatemala,<br />

zur Spiritualität des Schamanismus in Korea, zur<br />

Rolle der slowenischen Ethnographie sowie zu Xenophobie<br />

in der Museumsarbeit (Lothar Stein) gehalten und diskutiert.<br />

In den Nachmittagsveranstaltungen stand die Viel falt<br />

musealer Kollektionen im Zentrum der Aufmerksamkeit.<br />

Mehrere koreanische Sammlungen stellten sich hier vor.<br />

Seit 2000 sind zahlreiche private und gesellschaftliche Spezialsammlungen<br />

entstanden, die das Leben in Tradition<br />

und gegenwärtigem Gestalten in folkloristischen Details<br />

belegen, pflegen und bewahren, z. B. das Kokdu Museum,<br />

das die figürliche Gestaltung von Bestattungsbahren sammelt,<br />

die im buddhistischen Ritual gebraucht wurden bzw.<br />

werden – ein bedeutendes kulturelles Erbe.<br />

Am zweiten und dritten Tag fanden alle Veranstaltungen<br />

auf dem Gelände des Nationalen Ethnographischen Museums<br />

von Korea statt, das eindrucksvoll in einem früheren<br />

Tempelbereich von Seoul eingerichtet und modern ausgebaut<br />

worden ist. Die Beiträge befassten sich mit Methoden<br />

und technologischen Formen der Aufbereitung von Sammlungen<br />

für den traditionellen Museumsbereich Bildung und<br />

Erziehung, vor allem in multikulturellen Gemeinschaften<br />

wie Kroatien, Bulgarien oder Israel, für visuelle Enzyklopädien<br />

und für die Nutzung in Wikimedia. Darüber hinaus<br />

standen die historisch gewordene gesellschaftliche Rolle der<br />

Museen in Europa und die moderne Kulturhausfunktion<br />

in jungen Nationalstaaten Asiens und Afrikas zur Debatte<br />

(Lydia Icke-Schwalbe, Anette Rein). Dem Hauptmotto der<br />

Tagung folgten auch die Beiträge über ein Dokumentationsprojekt<br />

des Fränkische-Schweiz-Museums zum Schicksal<br />

deutscher Soldaten in der Waffen-SS (Rainer Hofmann)<br />

und über Konzepte von Erinnerung und Gedenken (Bärbel<br />

Kerkhoff-Hader).<br />

Die verschiedenen musealen Umsetzungen in Südkorea<br />

konnten die Teilnehmer auf der Post-Konferenz-Tour eindrucksvoll<br />

erleben: vom Museum for Digitized Contents<br />

in Andong, das ohne jedes Objekt auskommt, über das<br />

getanzte Maskenmuseum in Hahoe mit den traditionellen<br />

Schnitzern der Ritualmasken und -figu ren bis zu koreanisch-buddhistischen<br />

Tempelanlagen und modernen regionalen<br />

Kunstmuseen. Das Museum in Andong besteht vollständig<br />

aus visionären Räumen, in denen virtuelle Welten<br />

der lokalen Vergangenheit projiziert werden in der Absicht,<br />

dem Besucher das wahre Bild von Andong, „the capital of<br />

Korean spiritual culture“, zu präsentieren. Wir besuchten<br />

auf dieser Reise historische Tempelanlagen, archäologische<br />

Ausgrabungsstätten, ein traditionel les koreanisches Dorf,<br />

erlebten einen traditionellen koreanischen Maskentanz,<br />

an dem sich die Teilnehmer auch aktiv beteiligen konnten.<br />

Die Jahreskonferenz 2009 wurde mit unvergleichlich<br />

großem Aufwand vorbereitet und sehr erfolgreich durchgeführt;<br />

ein Heer von Volontären sorgte für einen reibungslosen<br />

Ablauf sowie für ein stetiges Wohlgefühl der<br />

internationalen Teilnehmer, die mit insgesamt vier Tagungsbänden<br />

durch das übervolle Programm zu navigieren waren.<br />

Annette Fromm, ICME-Präsidentin, und Yang Jongsung,<br />

Leitender Kurator des Nationalen Ethnographischen Museums<br />

und Cheforganisator der gesamten Konferenz, gebührt<br />

höchste Anerkennung und Dank für die vollendete<br />

Führungsleistung.<br />

Dr. Lydia Icke-Schwalbe, Kustodin i. R., Museum für Völkerkunde<br />

Dresden; dr.ickeschwalbe@t-online.de; Dr. Lothar Stein, Direktor<br />

i.R., Museum für Völkerkunde Leipzig; LotharStein@gmx.de; Rainer<br />

Hofmann, Leiter des Fränkische-Schweiz-Museums Tüchersfeld/Pottenstein;<br />

hofmann@fsmt.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Die Referate der ICME-Jahrestagungen sind erreichbar unter:<br />

http://icme.icom.museum/<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 45


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

20. Jahrhunderts, der seine literarische Karriere Ende der<br />

zwanziger Jahre in Chateau Thierry, dem Geburtsort La<br />

Fontaines, begann und der später zu den Mitbegründern<br />

des Nationalmuseums für moderne chinesische Literatur<br />

gehörte.<br />

Sachalin 1890: Anton Tschechow dokumentierte die Lebensumstände<br />

der Gefangenen in der einstigen Strafkolonie. Elena Michailowa,<br />

Staatliches Literaturmuseum Russland, berichtete über eine Ausstellung,<br />

die Tschechows mehrmonatige Reise und die Entstehungsgeschichte<br />

seine Buches Die Insel Sachalin (1893) rekonstruiert hat.<br />

ICLM – International Committee<br />

for Literary Museums<br />

Die Reisen der Schriftsteller<br />

Jahrestagung vom 21. bis 23. September 2009 in<br />

Budapest, Ungarn<br />

Lothar Jordan<br />

Das Thema der Jahrestagung „Writers’ and Composers’<br />

Travels – Travelling Writers and Composers“ nahm das<br />

Motto des Internationalen Museumstages 2009 „Museen<br />

und Tourismus“ auf. Denn viele Reisen von Schriftstellern<br />

und Komponisten waren touristische Reisen, mag es auch<br />

unüblich sein, diesen Begriff im Zusammenhang mit der<br />

Kultur vergangener Zeiten anzuwenden.<br />

Welche aktuelle Bedeutung haben Reisen für Literaturmuseen?,<br />

wollten wir auf der Tagung gemeinsam erkunden.<br />

Immerhin sind die Reisen von Schriftstellern und Komponisten<br />

in vielfältiger Weise von Bedeutung. Am anschaulichsten<br />

wird es, wenn sie Spuren in den Werken hinterlassen<br />

haben oder direkt in literarisch bedeutende Reisebeschreibungen<br />

münden, so z. B. Johann Wolfgang von Goethes<br />

Italienische Reise oder Theodor Fontanes Wanderungen<br />

durch die Mark Brandenburg. Auch für das biographische<br />

und intellektuelle Verständnis der Dichter und Komponisten<br />

liefern ihre Reisen wichtige Quellen, zumal in einem<br />

internationalen und interkulturellen Kontext, denn Reisen<br />

waren auch früher wichtige Gelegenheiten zur Begegnung<br />

mit anderen Kulturen und Sitten, mit Gebräuchen und Sprachen,<br />

mit Menschen und mit Landschaften und wirkten<br />

vielfach inspirierend.<br />

Die meisten der zwanzig Vorträge erläuterten daher anhand<br />

von Beispielen, wie die Reisen der Schriftsteller z. B.<br />

in Ausstellungen umgesetzt werden können. Große Städte<br />

wie Paris oder London als Reiseziele sind dabei anscheinend<br />

von konstanter Attraktivität für die Museumsarbeit.<br />

Eine elegante Überleitung zu den <strong>ICOM</strong>-Konferenzen<br />

<strong>2010</strong> in China gelang Christiane Sinnig-Haas (Jean-de-la-<br />

Fontaine-Museum, Frankreich) mit ihrem Referat über Ba<br />

Jin, einen der bedeutendsten chinesischen Schriftsteller des<br />

Die Tagung fand großenteils im prächtigen Petöfi-Literaturmuseum<br />

in Budapest statt, dem größten Literaturmuseum<br />

Ungarns, das auch die Arbeit der Literaturmuseen<br />

und Schriftstellerhäuser landesweit koordiniert. Eröffnet<br />

wurde die Tagung mit Ansprachen von Annamária Vigh,<br />

Leiterin der Abteilung für öffentliche Sammlungen im ungarischen<br />

Kultur- und Bildungsministerium, das zu den<br />

Hauptförderern der Veranstaltung gehörte, von Zsuzsanna<br />

Renner, Präsidentin von <strong>ICOM</strong> Ungarn, und von Csilla E.<br />

Csorba, Generaldirektorin des Petöfi-Museums. Mit ihrem<br />

Team, insbesondere zusammen mit Gabriella Gulyás, hatte<br />

sie die fachlich und kulturell reichhaltige Veranstaltung<br />

vor Ort vorzüglich organisiert.<br />

Zum Rahmenprogramm gehörten Museumsbesuche (Petöfi,<br />

Liszt, Haydn u. a.), mehrere Konzerte sowie eine Besichtigung<br />

des ungarischen Parlamentsgebäudes, in dem wir<br />

auch vom Vizepräsidenten des Parlamentes empfangen wurden.<br />

Schließlich führte uns eine Exkursion nach Esztergom<br />

an die Grenze zur Slowakei. Dort haben wir neben der<br />

herausragenden Basilika auch das Mihály-Babits-Literaturmuseum<br />

besucht.<br />

Während der Jahrestagung wurden zwei Buchprojekte<br />

präsentiert: Zum einen konnte der Vorstand die Tagungsakten<br />

der Jahrestagung 2008 in Italien vorlegen. Zum anderen<br />

wurde das in Zusammenarbeit mit <strong>ICOM</strong> Italien und<br />

ICLM durchgeführte Buchprojekt Esporre la letteratura<br />

vorgestellt, das europäische, vor allem deutsche Beiträge zu<br />

Ausstellungen in Literaturmuseen nach Italien vermittelt.<br />

Die Mitgliederversammlung fand in Balatonfüred, gelegen<br />

am Plattensee, statt. Kollegen aus China erläuterten den<br />

übrigen 63 Teilnehmern einige Aspekte der <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz<br />

<strong>2010</strong> in Shanghai. Die Jahreskonferenz des<br />

ICLM wird dann ebenfalls in Shanghai stattfinden, zum<br />

Thema „Übersetzungen“. Diese sind sowohl für Literaturmuseen<br />

als auch für ein harmonisches Miteinander der<br />

Weltgesellschaft von zentraler Bedeutung. Ferner diskutierten<br />

wir die Perspektiven des von ICLM vorgeschlagenen<br />

Mottos zum Internationalen Museumstag 2011 „Museums<br />

and Memory“.<br />

Professor Dr. Lothar Jordan ist Präsident von ICLM und Mitglied des<br />

Vorstandes von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>; iclm.jordan@gmx.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Rückblick auf das Programm der Jahrestagung 2009:<br />

www.pim.hu/iclm<br />

ICLM-Vorstand (Hrsg.): Literary and Composer Museums and Research,<br />

Tagungsakten der Jahrestagung 2008 in Italien, Paris: <strong>ICOM</strong> und Florenz:<br />

Edizioni Polistampa, 2009.<br />

Kahrs, Axel; Gregorio, Maria (Hrsgg.): Esporre la letteratura. Percorsi,<br />

pratiche, prospettive, Bologna: CLUEB 2009.<br />

46 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

ICMS – International Committee on Museum Security<br />

Museum Security. Problems, Trends and<br />

Solutions<br />

Jahrestagung vom 14. bis 18. September 2009<br />

in Québec, Kanada<br />

Frauke van der Wall, Hans-Jürgen Harras<br />

Das gut gefüllte Programm bot neben Vorträgen zu den<br />

Themen Brandschutz, Einbruch- und Diebstahlschutz sowie<br />

Maßnahmen zur Sicherung in Museen einen Workshop<br />

mit David Tremain (Canadian Conservation Institute)<br />

und Barbara Roberts (freiberufliche Konservatorin) zur<br />

Frage, wie man sich auf Notfälle am besten vorbereitet,<br />

bei dem alle Teilnehmer ihre Erfahrungen und Meinungen<br />

beisteuern konnten.<br />

Einen Schwerpunkt der Tagung bildete die Sicherheit bei<br />

Sonderausstellungen mit hohen Sachwerten. Da die Museen<br />

weltweit mit hochkarätigen Sonderausstellungen Besucher<br />

anziehen möchten, gewinnen die Sicherheitsvorkehrungen<br />

zunehmend an Bedeutung. Am Beispiel der Ausstellung<br />

„Ors des Amériques“ im Musée de la Civilisation in Québec<br />

gab es mehrere Erfahrungsberichte der kanadischen Kollegen<br />

und der lokalen Polizei. Besonders erwähnenswert<br />

ist die enge Zusammenarbeit des Museums mit Polizei und<br />

Feuerwehr, die schon vom frühesten Planungsstadium an<br />

die Maßnahmen und ihre Durchsetzung mitgestalteten und<br />

dabei die Besonderheiten der Lage des Museums innerhalb<br />

der historischen Stadt mit ihren engen Straßen, der zeitweise<br />

komplizierten Verkehrssituation und den daraus resultierenden<br />

logistischen Anforderungen genau berücksichtigten.<br />

Eine so weitreichende Zusammenarbeit wäre<br />

in <strong>Deutschland</strong> zwar zu wünschen, aber aufgrund des Personalmangels<br />

in den entsprechenden Dienststellen wohl<br />

nicht möglich.<br />

In Gruppen haben wir die Sicherheitszentrale des Musée<br />

de la Civilisation besucht, die als Schaltstelle von vier<br />

Museen dient. Dort werden alle Alarmmeldungen dieser<br />

Museen empfangen, bearbeitet und durch Videobilder evaluiert.<br />

Des Weiteren besichtigten wir die loading docks, die<br />

ein Be- und Entladen von Kunsttransporten in geschlossenen<br />

und alarmgesicherten Räumen ermöglichen. Diese Bereiche<br />

sind zusätzlich durch strenge Zugangskontrollen<br />

geschützt. Ferner besuchten wir das neu erbaute Außendepot,<br />

das wiederum mehrere Museen und weitere Institutionen<br />

gemeinsam nutzen. Es ist von vornherein auf Erweiterung<br />

geplant und führt exemplarisch die verschiedenen<br />

Möglichkeiten vor, einzelne Abteilungen bedarfsgerecht<br />

un terzubringen und zu klimatisieren.<br />

Ganz andere Sicherheitsaspekte werden naturgemäß im<br />

Parlamentsgebäude wichtig, wie wir auf einer Visite erfahren<br />

konnten. Beeindruckend waren vor allem die zoomstarken<br />

Kameras, die eine genaue Beobachtung der Umgebung<br />

ermöglichen. Sicherheitskollegen erklärten uns die<br />

dahinterstehende Strategie: Man will auf eine starke Präsenz<br />

von Polizei und Militär verzichten und damit verhindern,<br />

dass gefährliche Situationen möglicherweise eskalieren.<br />

Die Tagungsteilnehmer informierten sich darüber, mit welchen Maßnahmen<br />

das Musée de la Civilisation in seinen Verladestationen das<br />

Be- und Entladen von Kunsttransporten auf höchstem Sicherheitsniveau<br />

garantiert.<br />

ICMS-Präsident Jürgen Harras hat uns den Jahresbericht<br />

vorgestellt, aus dem etwa der gemeinsame Workshop mit<br />

<strong>ICOM</strong> Malta zum Thema „Collection at Risks: Safeguarding<br />

Our Cultural Heritage“ im Mai 2009 zu nennen ist.<br />

Vierzig Teilnehmer aus den maltesischen Museen nahmen<br />

daran teil. Gemeinsam haben wir uns mit der Risikoeinschätzung<br />

befasst und Fragen diskutiert, die vor allem<br />

die Sicherheit in Kirchen auf Malta und Gozo betrafen.<br />

Denn dort werden vielfach bedeutende Kunstschätze gezeigt.<br />

Viele ICMS-Mitglieder nehmen an regionalen Konferenzen,<br />

an Schulungen und an der Erarbeitung von Checklisten<br />

teil und bringen ihre Erfahrungen auf dem Gebiet<br />

der Sicherung von Museen und Sammlungsbeständen in ihren<br />

Heimatländern ein. Auch international wird gern auf<br />

das Expertenwissen von ICMS-Mitgliedern zurückgegriffen,<br />

so z. B. bei einem Seminar der Universität von Porto<br />

zum Spezialthema „Vitrinen“, bei der ICMAH-Konferenz<br />

in New Orleans zum Thema „Museums and Disasters“<br />

und bei der Konferenz von <strong>ICOM</strong> Brasilien zum Thema<br />

„Safety in Museums“. Die Arbeitsgruppe zur Erstellung<br />

eines Handbuches zur Sicherheit in Museen kündigte an,<br />

dieses im Jahr <strong>2010</strong> als online verfügbare Publikation fertig<br />

zu stellen.<br />

Als Überraschungsgast konnten wir den Generaldirektor<br />

des <strong>ICOM</strong>, Julien Anfruns, begrüßen, er verfolgte die<br />

ersten Vorträge und Diskussionen der Konferenz mit großem<br />

Interesse. Ferner gab es wegen der überzeugenden Arbeit<br />

des Komitees während der Konferenz in Québec mehrere<br />

neue Mitgliederanmeldungen.<br />

Dr. Frauke van der Wall arbeitet als Kunsthistorikerin am Mainfränkischen<br />

Museum Würzburg;<br />

fraukevanderwall@mainfraenkisches-museum.de<br />

Dipl. Ing. Hans-Jürgen Harras leitet das Referat Sicherheit der Staatlichen<br />

Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und ist<br />

Präsident des ICMS; h.j.harras@smb.spk-berlin.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Rückblick auf das Programm der Tagung 2009, des Workshops mit<br />

<strong>ICOM</strong> Malta und Informationen zum ICMS-Treffen innerhalb der<br />

<strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz vom 7. bis 13. November <strong>2010</strong> in Shanghai<br />

unter: www.icms.icom.museum<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 47


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

NATHIST – International Committee for Museums<br />

and Collections of Natural History<br />

Cultural Heritage and Biodiversity –<br />

A New Challenge for Mediation Through<br />

Museums<br />

Jahrestagung vom 26. bis 29. Oktober 2009<br />

in Stralsund<br />

Gerhard Winter<br />

Julien Anfruns (Mitte) mit den Tagungsteilnehmern im Ozeaneum.<br />

Zu unserem Arbeitstreffen, an dem insgesamt 39 Kolleginnen<br />

und Kollegen aus 16 Ländern teilnahmen, hatten<br />

das Deutsche Meeresmuseum und das Ozeaneum in Stralsund<br />

eingeladen. Thematisch konzentrierten wir uns auf<br />

die Bedeutung der Biodiversität und des Klimawandels.<br />

Beides sind zentrale Themen nicht nur für naturwissenschaftliche<br />

Museen, sondern auch für die Zukunft der<br />

Menschheit und für unser Überleben auf der Erde. Seit dem<br />

Umweltgipfel in Rio de Janeiro 1992 sind sie aktuell und<br />

wir wollten analysieren, welchen Einfluss RIO 1992 bisher<br />

auf naturwissenschaftliche Museen hatte, welche Rolle<br />

diese bei der Vorbereitung auf den nächsten Umweltgipfel<br />

2012 spielen und was sie aufgrund ihrer Erfahrungen seit<br />

1992 zum Thema Klimawandel beitragen können. Wie<br />

kön nen sie aktive Partner beim Umweltgipfel 2012 (RIO+20)<br />

im Rahmen von <strong>ICOM</strong> und UNESCO werden?<br />

Die beiden Hauptreferenten haben das Tagungsthema<br />

aus verschiedenen Blickwinkeln dargestellt und somit eine<br />

lebhafte Diskussion angeregt. Volker Mosbrugger, Generaldirektor<br />

der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung,<br />

hat die Rolle und Verantwortung der naturwissenschaftlichen<br />

Museen für ihre zukünftige Forschungsarbeit und<br />

Ausstellungskonzeptionen dargestellt. Julien Anfruns, Generaldirektor<br />

von <strong>ICOM</strong>, sprach über „<strong>ICOM</strong> as Global<br />

Player“, die Bedeutung der internationalen Komitees, ihrer<br />

Zusammenarbeit und ihre Rolle im Rahmen des Strategischen<br />

Plans von <strong>ICOM</strong>.<br />

Am ersten Konferenztag waren die Beiträge in die Bereiche<br />

Biodiversität, Klimawandel und Ausstellungen gruppiert,<br />

in der Diskussion zeigte sich jedoch, dass der Klimawandel<br />

mit all seinen Facetten das Zentralthema war:<br />

Können wir den Klimawandel beeinflussen, und wenn ja,<br />

wie? Oder können wir uns nur dem Klimawandel anpassen?<br />

Am zweiten Konferenztag wurden erstmalig auf einer<br />

NATHIST-Tagung Arbeitsgruppen angeboten, in denen<br />

die Teilnehmer zu verschiedenen Themen ihre Erfahrungen<br />

zusammentrugen. Stellvertretend für die intensive Gruppenarbeit<br />

seien zwei Ergebnisse vorgestellt:<br />

In der Arbeitsgruppe „Biodiversity“ hat Sue Tunnicliffe<br />

auf die einzigartige Bedeutung von sogenannten Dioramen<br />

für das Lernen in naturwissenschaftlichen Museen<br />

hingewiesen. Ihr Beitrag ist inzwischen im NATHIST-<br />

Newsletter Nr. 29 erschienen und auf unserer Homepage<br />

erreichbar.<br />

Die Arbeitsgruppe „Natural History Museums and the<br />

Challenge of Climate Change“ entwickelte ein Konzept, das<br />

als weltweites <strong>ICOM</strong>-Projekt umgesetzt wird: NAT HIST<br />

wird versuchen, sich als Teilnehmer in Zusammenarbeit<br />

mit <strong>ICOM</strong> und UNESCO am Umweltgipfel 2012 zu beteiligen.<br />

Unabhängig davon sollen 2012 weltweit in möglichst<br />

vielen naturwissenschaftlichen Museen koordinierte<br />

Ausstellungen zum Thema Klimawandel (CCE 2012 – Arbeitsakronym)<br />

an einen bestimmten Tag, gedacht ist an<br />

den Internationalen Museumstag 2012, eröffnet werden.<br />

Zur Vorbereitung wird unter Federführung von NAT HIST<br />

ein Lenkungsausschuss von zehn <strong>ICOM</strong>-Museen weltweit<br />

(New York, Sao Paulo, Kapstadt, Neu-Delhi, Shanghai,<br />

Bangkok, Frankfurt am Main, London, Paris, Wien)<br />

gebildet, der Konzept, Logo und Rahmenbedingun gen für<br />

die Teilnahme an dem Projekt entwickelt. Die interaktive<br />

Homepage zu diesem Projekt, die als Plattform für alle<br />

Ausstellungen oder Aktivitäten dient, soll im Rahmen der<br />

<strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz <strong>2010</strong> in Shanghai vorgestellt<br />

werden. Abschließend soll 2013 eine Publikation über<br />

dieses Projekt mit multikulturellem Ansatz erscheinen, das<br />

den interkulturellen Dialog zum Thema Klimawandel fördert.<br />

Insgesamt handelt es sich um ein sehr außergewöhnliches<br />

Projekt, das jedoch die weltweite Wahrnehmung von<br />

<strong>ICOM</strong> und NATHIST sehr stark fördern kann.<br />

Am dritten Konferenztag fand die Mitgliederversammlung<br />

statt. Neben Kurzberichten von Präsident, Geschäftsführerin,<br />

Schatzmeisterin berichteten die Partner von NAT­<br />

HIST aus Shanghai vom Shanghai Science and Technology<br />

Museum (SSTM) über die Vorbereitungen der <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz.<br />

Das SSTM lädt NATHIST ein, am zweiten<br />

und dritten Tag in seinen Räumen zu tagen, und übernimmt<br />

alle dafür anfallenden Kosten. – Ein besonderes<br />

Beispiel, wie langjährige persönliche Kontakte die Kooperation<br />

fördern können.<br />

Dr. Gerhard Winter leitet den pädagogischen Dienst des Senckenberg-Naturmuseums.<br />

Er ist Vorstandsmitglied von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

und Präsident von NATHIST; gerhard.winter@senckenberg.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Zusammenfassungen der Referate:<br />

www.nathist.icom.museum<br />

48 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

<strong>ICOM</strong>ON – International Committee of Money and<br />

Banking Museums<br />

New Enthusiasts for an Old Subject:<br />

Transforming Numismatic Exhibitions<br />

for the Future<br />

16. Jahrestagung in Verbindung mit dem XIV. Internationalen<br />

Numismatischen Kongress vom 31. August<br />

bis 4. September 2009 in Glasgow, Großbritannien<br />

Roger Paul<br />

Tagungsort in der schottischen Metropole Glasgow war<br />

die ehrwürdige Universität. Etwa 520 Teilnehmer besuchten<br />

an vier Tagen die circa 420 numismatischen Vorträge,<br />

Podiumsdiskussionen und Arbeitskreise.<br />

Am Montagmorgen eröffneten der Rektor der Universität<br />

Glasgow, Sir Kenneth Calman, und der Präsident der<br />

Internationalen Numismatischen Kommission (INC), Michel<br />

Amandry, den Internationalen Numismatischen Kongress<br />

in der Wellington Church. Den Eröffnungsvortrag hielt<br />

Nicholas Mayhew, künftiger Präsident der Royal Numismatic<br />

Society. Er gab einen Überblick des schottischen<br />

Münzwesens. Danach begannen die Arbeitssitzungen der<br />

einzelnen Sektionen.<br />

Montagmittag wurden auf einem kleinen Empfang der<br />

Schweizerischen Numismatischen Gesellschaft, der Numismatischen<br />

Kommission der Länder in der Bundesrepublik<br />

<strong>Deutschland</strong> und der Deutschen Numismatischen Gesellschaft<br />

Reisestipendien an zehn Nachwuchswissenschaftler<br />

überreicht. Außerdem übergab Niklot Klüßendorf allen Stipendiaten<br />

ein persönlich gewidmetes Exemplar seines kürzlich<br />

erschienen numismatischen Lehrbuches. Am Abend lud<br />

die Stadtverwaltung von Glasgow zu einem Empfang in die<br />

Kelvingrove Art Gallery, dem bedeutendsten Museum Glasgows<br />

ein.<br />

Am Mittwoch fand die Jahrestagung von <strong>ICOM</strong>ON<br />

statt. Nach der Eröffnung durch die <strong>ICOM</strong>ON-Präsidentin<br />

Hortensia von Rothen wurde des tragisch verstorbenen<br />

Leiters der Geldgeschichtlichen Sammlung der Kreissparkasse<br />

Köln Thomas Lautz gedacht. Abschließend ging es<br />

in die Vorträge.<br />

Vertreter von sieben numismatischen Institutionen stellten<br />

ihre verbesserte, neue oder geplante Ausstellung vor.<br />

Anhand dieser Beispiele wurde der Wandel numismati scher<br />

Ausstellungen vom Präsentieren einer reinen Schatzkammer<br />

zu einer modernen didaktischen Ausstellung verdeutlicht.<br />

Es wurde gezeigt, dass das einfache Aneinanderreihen<br />

von glänzenden Gold- und Silberobjekten nicht mehr genügt,<br />

um vor dem interessierten Museumsbesucher zu bestehen.<br />

Vielmehr muss auch die Vermittlung geldgeschichtlicher<br />

Zusammenhänge von der Antike bis heute notwendiger Bestandteil<br />

der Ausstellung sein. Die numismatischen Objekte<br />

sollen daher nicht mehr nur als materiell wertvolle Exposita,<br />

sondern auch als Träger wichtiger Informationen,<br />

beispielsweise als sprechende Zeitzeugen für politische<br />

Geschichte, der Geld-, Wirtschafts-, Sozial- und Kunstgeschichte,<br />

präsentiert werden. Um dies erfolgreich zu praktizieren,<br />

gehört auch der Einsatz moderner Präsentationsund<br />

Lichttechnik sowie die Anwendung neuer, sonst<br />

bisher unüblicher Medien wie Filme, Computer und interaktive<br />

Spiele dazu.<br />

Wichtig sei es auch, dass nicht mehr nur der „normale“<br />

Bildungsbürger als Zielgruppe einer numismatischen Ausstellung<br />

angesprochen wird, sondern auch ältere Menschen<br />

und im Besonderen Kinder als neue Zielgruppen gewonnen<br />

werden. Die meist stiefmütterlich behandelte Museumspädagogik<br />

müsse mehr Einzug in numismatische Ausstellungen<br />

halten.<br />

Ursula Kampmann gab einen lebhaften Eindruck davon,<br />

wie eine Ausstellung für Kinder diesem Auftrag gerecht<br />

werden kann. Sie stellte die mobile Ausstellung der<br />

Staatlichen Münze Berlin „KleinGeld – eine Mitmach-<br />

Ausstellung für Kinder“ vor. Spielend erhalten hier Kinder<br />

einen Einstieg in das weite Feld der Numismatik. Anschließend<br />

hatten wir Gelegenheit, mit allen Referenten ins Gespräch<br />

zu kommen.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass die Anregungen auch Gehör<br />

bei den Entscheidungsträgern finden und in kommenden<br />

Ausstellungen umgesetzt werden. Nur so kann es gelingen,<br />

auch zukünftig Besucher für das Thema Numismatik<br />

zu interessieren.<br />

Die Royal Numismatic Society und die British Numismatic<br />

Society luden alle Kongressteilnehmer zu einem<br />

Empfang in das Hunterian Museum der Universität von<br />

Glasgow. In zwangloser Atmosphäre konnte man neue<br />

Kontakte schließen und Kollegen, die man bisher nur von<br />

Buchtiteln kannte, persönlich kennenzulernen. Abschließend<br />

boten sich Exkursionsmöglichkeiten in die Southern<br />

Highlands, durch die Stadt Glasgow mit ihrer imposanten<br />

gotischen Kathedrale und den Bauten des schottischen Architekten<br />

Mackintosh sowie zu Schauplätzen der schottischen<br />

Geschichte wie z. B. die Antonine Wall an.<br />

Roger Paul, Dipl.- Museologe (FH), Depotverwalter des Münzkabinettes<br />

der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden;<br />

roger.paul@skd.museum<br />

Weitere Informationen:<br />

www.icom.org<br />

Die 17. <strong>ICOM</strong>ON-Jahrestagung findet <strong>2010</strong> in Verbindung mit der<br />

21. <strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz in Shanghai statt; www.icomon.org<br />

Austragungsort des XV. Internationalen Numismatischen Kongresses<br />

wird 2015 Messina/Taormina sein.<br />

Ursula Kampmann hat in ihrem Vortrag die Ausstellung „KleinGeld –<br />

eine Mitmach-Ausstellung für Kinder“ der Staatlichen Münze Berlin<br />

vorgestellt. Als Souvenier erhielten dort die Kinder geprägte Münzen.<br />

Foto: Staatliche Münze Berlin<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 49


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

ICR – International Committee for Regional Museums<br />

Staff and Training in Regional Museums<br />

Jahrestagung vom 18. bis 24. Oktober 2009 in Mantua<br />

und Val Trompia, Italien<br />

Otto Lohr<br />

Welche Qualifikationen brauchen Mitarbeiter in Regionalmuseen?<br />

Welche Qualifizierungsangebote gibt es neben<br />

der universitären Ausbildung? Wie kann sich Museumspersonal<br />

weiterbilden? Sind Kooperationen zwischen Universität<br />

und Museum möglich? Diese Fragen im Blick, diskutierten<br />

die Mitglieder von ICR und ICTOP auf einer<br />

gemeinsam durchgeführten Jahrestagung in Mantua und<br />

Val Trompia.<br />

Drei Impulsreferate führten in das Tagungsthema ein:<br />

Irena Veselko aus Ljubljana betonte in ihrem Beitrag „The<br />

Importance of Being Educated”, dass sich die Aufgaben<br />

für die Kuratoren seit Bestehen der Museen grundlegend geändert<br />

hätten. Mit der Entwicklung von der adeligen Privatsammlung<br />

zum modernen Museum sei das Aufgabenspektrum<br />

der Kuratoren um einiges vielfältiger geworden.<br />

Waren die Museen in 1970er Jahren hauptsächlich Archäologie-,<br />

Geschichts- oder Kunstgeschichtsmuseen, standen<br />

in den 1980er Jahren Dokumentation und Konservierung<br />

der Sammlungen im Vordergrund. Seit den 1990er Jahren<br />

schob sich die Vermittlungsarbeit in den Mittelpunkt. Die<br />

wechselnden Schwerpunkte verlangen einen Wandel der<br />

Kom petenzen. Um das zu gewährleisten, ist eine permanente<br />

Weiterbildung des Museumspersonals nötig. Die Anforderungen<br />

an die Kuratoren beinhalten neben der Beherrschung<br />

ihres eigentlichen Fachgebiets auch Qualitäten als<br />

Manager, Kenntnisse auf dem Gebiet der Dokumentation<br />

und der Vermittlung, von Ausstellungen und Konservierung<br />

sowie verstärkt die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten.<br />

Um dem gerecht zu werden, ist ein lebenslanges Lernen<br />

erforderlich, das die Universität im Fachbereich „Museologie“<br />

anbieten könnte.<br />

Der Vortrag „The Role of ICTOP Defining Museum<br />

Courses“ von Elisabeth Caillet, <strong>ICOM</strong> France, thematisierte<br />

die unterschiedlichen Aufgabenbereiche in Museen und<br />

die dafür nötigen Fähigkeiten. In der Aus- und Weiterbildung<br />

erhält das Online-Training eine zunehmende Bedeutung,<br />

nicht nur durch die Tatsache, dass man unabhängig<br />

von Ort und Umgebung über beste Lehrer verfügen kann.<br />

Neben dem Online-Training kann die Universität nach wie<br />

vor eine große Rolle spielen, indem sie Theorie und praktische<br />

Erfahrung miteinander verbindet. Der Online-Kurs<br />

„Campus Cultura“ ermöglicht etwa die Ausbildung zusätzlicher<br />

Kompetenzen. Das Internationale Komitee ICTOP<br />

könnte sich gut in das Angebot integrieren, indem es auf<br />

seiner Homepage Repertorien und Kursbeispiele zugänglich<br />

macht.<br />

Alberto Garlandini, Vizedirektor für Kultur in der Region<br />

Lombardei, hob in seinem Beitrag „New Professionals<br />

and Volunteers of Contemporary Museums“ hervor, dass<br />

<strong>ICOM</strong> Italien bereits seit 2005 die Zukunft der Museen<br />

und seiner Mitarbeiter intensiv diskutiert. Sein Beitrag<br />

kreiste um die Fragen wie sich die Museen ändern und ob<br />

die <strong>ICOM</strong>-Definition für Museen noch zeitgemäß ist. Zur<br />

Verbesserung der Rolle des Museumspersonals entwarf Garlandini<br />

die Vision einer neuen Rolle für die Museen als<br />

Teil des Wandels in der Gesellschaft. Die Museen sollten<br />

den Menschen dabei helfen, ihre kulturelle und soziale Identität<br />

zu stärken. Ein weiteres Plus der Museen sei, dass sie<br />

Werte für die Regionen schaffen. In ungefähr 5.000 Museen<br />

in Italien arbeiten ca. 40.000 Menschen, hinzu kommen<br />

die ehrenamtlich Tätigen. Um ihren Interessen hinsichtlich<br />

Weiterbildung und Gestaltung von Arbeitsverträgen<br />

Nachdruck zu verleihen, sollten sich die Museumsmitarbeiter<br />

zusammenschließen. Dabei könnte <strong>ICOM</strong> in Verbindung<br />

mit der Europäischen Union in Europa eine bedeutende<br />

Rolle übernehmen. Beispielsweise könnte sie ein<br />

Projekt entwickeln, das die Beziehungen zwischen Museen<br />

und Universitäten verbessert, um so die Professionalität<br />

im Kulturbereich zu fördern und um das permanente<br />

Train ing als Recht des Museumspersonals und als Verpflichtung<br />

der Museumsträger zu verankern.<br />

In einer Reihe von Vorträgen wurden Beispiele für Ausund<br />

Weiterbildung von Museumsmitarbeitern auf universitärem<br />

Niveau, aber auch als Fortbildung in den Museen<br />

vorgestellt. Die verschiedenen Konzepte haben die Erkenntnis<br />

gemeinsam, dass eine kontinuierliche Weiterbildung unerlässlich<br />

ist. So tauschen in Serbien die Museumsmitarbeiter<br />

ihr Wissen in Workshops und Konferenzen aus, eine<br />

Zukunft wird in der Bildung von regionalen Trainingszentren<br />

für Museumsprofis gesehen. In Italien ist die Anerkennung<br />

der Museumsberufe für hauptamtliche Mitarbeiter<br />

bereits weit fortgeschritten, wie Anna Maria Visser Travagli<br />

ausführte. Evelyn Kaindl-Ranzinger und Metka Fujs berich<br />

teten von einem europäischen Projekt, das lebenslanges<br />

Lernen für ehrenamtliche Mitarbeiter im Kultur bereich<br />

fördert. Das Projekt bietet auch Training von hauptamtlichen<br />

Museumsmitarbeitern im Umgang mit den eh ren amtlichen<br />

an.<br />

Das vielfältige Rahmenprogramm beinhaltete neben der<br />

Eröffnung einer Ausstellung auch die Besichtigung der zahlreichen<br />

Museen in Mantua und im Val Trompia. Die Ausstellung<br />

„Museums – The World Inside“ mit Karikaturen<br />

von Geir Helgen, einem langjährigen ICR-Mitglied aus<br />

Norwegen, eröffnete der Generaldirektor von <strong>ICOM</strong> Julien<br />

Anfruns.<br />

An der von Alberto Garlandini, Mitglied des Vorstands<br />

von ICR, und seinem Team hervorragend organisierten<br />

Jahrestagung nahmen Museumsspezialisten aus zwanzig<br />

Ländern teil. Sie kamen aus Europa sowie Kanada, Mexiko,<br />

Kenia, den Vereinigten Arabischen Emiraten, China,<br />

Taiwan, Neuseeland und den USA. Gastgeber war das<br />

Stadt museum in Mantua. Unterstützt wurde die Tagung<br />

von der Comune di Mantova, der Regione Lombardia, der<br />

Comunità Montana di Valle Trompia und SIBCA Valle<br />

Trompia.<br />

Dr. Otto Lohr, Vizepräsident von ICR, arbeitet in der Landesstelle für<br />

die nichtstaatlichen Museen in Bayern, München. Dort ist er verantwortlich<br />

für die kunst- und kulturhistorischen Museen in Mittelfranken<br />

und der Oberpfalz sowie für die jüdischen Museen;<br />

otto.lohr@blfd.bayern.de<br />

50 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


INTERNATIONALE KOMITEES<br />

Ein Präparator des Museums für Naturkunde Berlin: Damit die Museumsmitarbeiter<br />

auch weiterhin erfolgreiche Forschung betreiben,<br />

attrak tive Ausstellungen erarbeiten und den wachsenden Besucherbedürfnissen<br />

gerecht werden können, benötigen sie regelmäßige<br />

Weiterbildung. Denn wie in jedem Unternehmen so ist auch in den<br />

Museen das gut ausgebildete Personal der Schlüssel zum Erfolg.<br />

ICTOP – International Committee for the Training<br />

of Personnel<br />

Staff and Training in Regional Museums<br />

Jahrestagung vom 18. bis 24. Oktober 2009 in Mantua<br />

und Val Trompia, Italien<br />

Angelika Ruge<br />

Wie wichtig heute die Fragen der Aus- und Weiterbildung<br />

im Museumsbereich sind, zeigte das Tagungsthema, unter<br />

dem sich die beiden Internationalen Komitees für die Ausbildung<br />

von Museumspersonal und für regionale Museen<br />

getroffen haben. Ein Dialog zwischen Theorie und Praxis<br />

war das Ziel dieser gemeinsamen Veranstaltung. Das wichtigste<br />

Ergebnis war, dass zwischen Anbietern von Ausbildung<br />

– hier Universitäten und Weiterbildungseinrichtun gen<br />

– und den nachfragenden Einrichtungen bereits vielfältige<br />

Kooperationen gibt. Jedoch sollte das Angebot noch spezifischer<br />

auf die Zielgruppen bezogen werden. Der stellvertretende<br />

Direktor für kulturelle Angelegenheiten in der<br />

Lombardei, Alberto Garlandini, verwies auf die Notwendigkeit,<br />

auch die freiwilligen Mitarbeiter in ei nem Museum<br />

in Weiterbildungsprogramme einzubeziehen. Die Ta gungsteilnehmer<br />

konnten sich beim Besuch des Palazzo Ducale<br />

di Revere, eines von Freiwilligen geführten Museums, von<br />

der Richtigkeit dieser Forderung überzeugen. Evelyn Kaindl-<br />

Ranzinger vom Verein zur Unterstützung der Museen und<br />

Sammlungen in der Steiermark, und ihre slowenische Kol legin<br />

Metka Fujs aus dem Regionalmuseum Murska Sobota<br />

stellten ein europäisches Projekt vor, das sich dieser Frage<br />

angenommen hat. Der Abschlussbericht wird in der nächsten<br />

Zeit verfügbar sein.<br />

Die Referenten aus Italien, Frankreich, China, Serbien,<br />

Kanada, der Schweiz, Dubai, England, Neuseeland, Slowenien,<br />

Kroatien und USA stellten Beispiele aus der Praxis<br />

vor. Alle unterstrichen die Bedeutung von Aus- und Weiterbildung<br />

für Museumstätigkeiten. Die regionalen Erfahrungsberichte<br />

zeigten wieder eine Breite von Aktivitäten<br />

und Wünschen. Die von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> mit ICTOP<br />

herausgegebene Broschüre zu den Museumsberufen war<br />

dabei immer wieder ein wichtiger Referenzpunkt. In manchen<br />

Ländern ist das Fortbildungssystem für Museumsberufe<br />

erst in den Anfängen, die Ausgangslage sehr unterschiedlich.<br />

So beklagte z. B. die serbische Teilnehmerin den<br />

schwierigen Zugang zu internationaler Literatur, in Dubai<br />

steckt dagegen die Professionalisierung der Museumsarbeit<br />

noch in den Anfängen. Alle Referenten betonten jedoch,<br />

dass Weiterbildung ein wichtiger Motor für eine entwicklungsfähige<br />

Museumsarbeit ist.<br />

Die verschiedenen Sichtweisen waren für ICTOP sehr<br />

anregend. Auf der einen Seite hat die Broschüre zu Museumsberufen<br />

auch international eine erfreuliche Wirkung<br />

gezeigt, auf der anderen Seite wurde deutlich, wie stark<br />

ICTOP auch künftig auf die Zusammenarbeit mit den verschiedenen<br />

nationalen und internationalen Komitees angewiesen<br />

ist. Auf einer Expertentagung zum Thema „Vom<br />

Fernstudium zu E-Learning“ im Herbst <strong>2010</strong> wollen wir<br />

daher ausloten, mit welchen methodischen und inhaltli chen<br />

Fragen der Aus- und Weiterbildung wir uns künftig intensiv<br />

beschäftigen müssen.<br />

Die Zusammenarbeit der beiden Komitees ICTOP und<br />

ICR mit der Region Lombardei war ausgezeichnet. Die<br />

Mu seumsbesuche in Mantua und Revere, sowie die Abstecher<br />

zu den neueingerichteten kleinen Museen im Val<br />

Trompia, der ehemaligen Waffenschmiede Oberitaliens,<br />

bo ten reiches Anschauungsmaterial für die Rolle einer hervorragenden<br />

Museumsplanung, die auf die regionalen<br />

Mög lichkeiten abgestimmt ist. Die italienische Gastfreundschaft<br />

war wieder überwältigend.<br />

Professor em. Dr. Angelika Ruge, lehrte Museumskunde an der Fachhochschule<br />

für Technik und Wirtschaft Berlin. Sie ist seit 2004 Präsidentin<br />

von ICTOP; angelika.ruge@online.de<br />

Weitere Informationen:<br />

Rückblick auf das Tagungsprogramm 2009 und Vorschau auf das<br />

Tagungsprogramm <strong>2010</strong>: http://ictop.icom.museum<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 51


UMSCHAU<br />

Das Eigene und das Fremde.<br />

Museen und Integration<br />

Das Potential der Museen, Zuwanderer anzusprechen, ist noch nicht ausgeschöpft.<br />

Einige Museen haben die Communities zwar fest im Blick, aber die Zahl der Programme<br />

für Migranten muss noch steigen. Erfolgreiche Projekte können als Vorbild dienen.<br />

Stéphanie Wintzerith<br />

„Ein Museum ist eine gemeinnützige, auf<br />

Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche<br />

Einrichtung im Dienste der Gesellschaft<br />

und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des<br />

Studiums, der Bildung und des Erlebens<br />

ma terielle und immaterielle Zeugnisse von<br />

Menschen und ihrer Umwelt beschafft,<br />

bewahrt, erforscht, bekannt macht und<br />

ausstellt.“<br />

Ethische Richtlinien für Museen von <strong>ICOM</strong>,<br />

Berlin <strong>2010</strong>, S. 29<br />

In der von <strong>ICOM</strong> formulierten Definition<br />

der Institution Museum steht<br />

es schwarz auf weiß: Museen sind Orte,<br />

in denen man die Kultur eines Raumes<br />

präsentieren bzw. kennen und<br />

ver stehen lernen kann. Sie bieten hervorragende<br />

Möglichkeiten, den Mitmenschen<br />

von nah und fern eine Kultur<br />

„greifbar“ zu machen.<br />

Dabei ist der Fremde nicht nur der<br />

Tourist, sondern auch der viel seltener<br />

im Blickfeld stehende Migrant. Wieso<br />

werden diese Möglichkeiten so selten<br />

von oder für Menschen genutzt, die<br />

sich längerfristig in einer ihnen fremden<br />

Umgebung niedergelassen haben?<br />

Welche Rolle können Museen in der<br />

Integration der Menschen mit Migrationshintergrund<br />

– so der etablierte<br />

Begriff – spielen?<br />

Der Museumsdienst Köln und der<br />

Bundesverband Museumspädagogik<br />

e. V. haben genau diese Frage für ihre<br />

gemeinsame Tagung aufgegriffen. In<br />

Köln drehte sich am 16. und 17. November<br />

2009 alles um „Das Eigene und<br />

das Fremde. Museen und Integration“.<br />

Milieus<br />

Ausländer gehen kaum ins Museum,<br />

so das gängige Klischee. Tatsächlich<br />

belegen einige Besucherstudien, dass<br />

Menschen mit Migrationshintergrund<br />

– sofern sie überhaupt erkennbar sind –<br />

in der Besucherstruktur tendenziell<br />

un terrepräsentiert sind, als sei dieser<br />

Mi grationshintergrund per se eine Zu ­<br />

gangs barriere. Doch entgegen aller Klischees<br />

ist nicht die Herkunft entscheidend,<br />

sondern das Milieu, in dem man<br />

lebt. Aus einer vom Sinus-Institut durchgeführten<br />

Studie geht eindrucksvoll hervor,<br />

dass Migranten unterschiedliche<br />

(Nicht-)Integrationsstrategien entwickeln<br />

und sich entsprechend in unterschiedliche<br />

Milieus eingliedern, die<br />

sich unter anderem durch ihr Kulturverhalten<br />

charakterisieren. Wie auch<br />

in der deutschen Bevölkerung entwickeln<br />

einige dieser Milieus nur wenig<br />

Affinität zum kulturellen Leben allgemein<br />

bzw. zu den Museen, wobei<br />

andere diese Affinität geradezu stärken.<br />

Projekte<br />

Ein kurzer Streifzug durch Europa ließ<br />

erkennen, dass Museen ihr Potential<br />

zur Förderung der Integration bei weitem<br />

nicht ausschöpfen. In <strong>Deutschland</strong><br />

schreibt der Gesetzgeber ein Mindestmaß<br />

an kulturellem und sprachlichem<br />

Wissen für Migranten vor, die sich<br />

dauerhaft in <strong>Deutschland</strong> niederlassen<br />

wollen. Integrations-, Orientierungsund<br />

Sprachkurse finden in der Regel<br />

52 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


Umschau<br />

Fotos: Museumsdienst Köln, Karin Rottmann<br />

Der Museumsdienst Köln stellte ausgewählte Projekte vor: Im Community-Programm (Foto links) besuchen Mütter mit ihren Kindern einen<br />

„Sprachkurs“ im Museum Ludwig. Im Workshop „Von Babylon nach Köln“ (Foto rechts) setzen sich jugendliche Migranten anhand von Kunstwerken<br />

mit ihren Wurzeln, ihrem <strong>Deutschland</strong>bild und ihren Zukunftsperspektiven auseinander.<br />

zwar noch im „Klassenzimmer“ statt,<br />

doch ab und an verlagert sich der Unterricht<br />

ins Museum – zur großen<br />

Zufriedenheit der Kursteilnehmer. Bundes<br />

weit wurden einige Projekte durchgeführt,<br />

mit dem Ziel, die Integration<br />

der Migranten zu fördern. Sie sind allerdings<br />

räumlich und zeitlich begrenzt,<br />

eine längerfristige Begleitung steht<br />

noch aus. Der Museumsdienst Köln<br />

dagegen hat das Thema Integration<br />

dauerhaft in seinem Angebot verankert.<br />

In kurzen und sehr lebhaften Intermezzi<br />

zwischen den Vorträgen stellte<br />

er eine Auswahl seiner Projekte vor.<br />

In Österreich wird Integration wohl<br />

mit Zurückhaltung betrachtet. Initiativen<br />

der Museen für Migrantengruppen<br />

sind selten, als fehle eine Art Gebrauchsanweisung.<br />

Wie es gehen kann,<br />

hat ein quick lebendiges Beispiel aus<br />

London gezeigt. Das Horniman Museum,<br />

klein aber fein, hat es geschickt<br />

verstanden, Menschen unterschiedlichster<br />

Herkunft in die Museumsarbeit<br />

– also auch ein Stück weit in das<br />

Leben des Stadtviertels – zu integrieren.<br />

Von der Erforschung der Sammlungen<br />

über die Gestaltung der Ausstellungen<br />

bis hin zu den museumspädagogischen<br />

Angeboten, die betroffene<br />

community wird nach Kräften eingebunden.<br />

Mit Erfolg, wie es scheint.<br />

Trends<br />

Bundesweit zeichnen sich drei Trends<br />

für integrative Museumsprojekte ab.<br />

Erstens gliedert sich das Erlernen der<br />

deutschen Sprache anhand der Ausstell<br />

ungen hervorragend in museumspädagogische<br />

Programme ein. Hierzu gibt<br />

es mittlerweile zahlreiche Beispiele.<br />

Der zweite Handlungstrend bekräftigt<br />

das Aneignen von Wissen über die<br />

neue Heimat. Ob Ansporn zum Besuch<br />

der städtischen Museen oder Schulklassenprogramme<br />

mit besonderer Fragestellung,<br />

das Ziel ist es, das Museum<br />

als Ort der Vermittlung in den Vordergrund<br />

zu stellen. Besonders effizient<br />

wird es, wenn Migranten in die sen<br />

Programmen selber zu Vermitt lern werden,<br />

indem sie andere Besucher durch<br />

die Ausstellungen führen.<br />

Der dritte erkennbare Trend bekräftigt<br />

ein gegenseitiges Kennenlernen<br />

auf gleicher Augenhöhe. Menschen mit<br />

Migrationshintergrund werden als<br />

gleichberechtigter Bestandteil der neuen<br />

Heimat anerkannt, deren Einfluss<br />

auf ihre Entwicklung gewürdigt wird.<br />

So ist es nur gerecht, auch über sie und<br />

vor allem von ihnen zu lernen. Ihre Objekte<br />

erhalten Einzug in den Sammlungen,<br />

ihre Werte werden in den Museen<br />

gewürdigt und aufgearbeitet.<br />

Integration erfolgt durch Institutionalisierung.<br />

Fragen<br />

Doch es ist nicht alles Gold was glänzt.<br />

Ob Schüchternheit oder Desinteresse,<br />

viele Migranten ignorieren die Angebote<br />

der Museen weiterhin. Wo und<br />

vor allem wie sind sie zu erreichen?<br />

Lohnt sich der hohe Aufwand, der<br />

für diese verhältnismäßig kleine Zielgruppe<br />

aufzubringen ist? Grundlegender<br />

ist noch die Frage, ob die Museen<br />

überhaupt diese Integrationsaufgabe<br />

übernehmen sollen? Der Tenor der<br />

Vor träge und Diskussionen war, dass<br />

die Museen grundsätzlich ihre Rolle<br />

in der Integration der Menschen mit<br />

Migrationshintergrund stärken wollen<br />

und sollen und dass sie auch teilweise<br />

dazu in der Lage sind. Teilweise. Vorausgesetzt<br />

es werden nicht sämtliche<br />

Ressourcen eingebunden zum Leidwesen<br />

der anderen Aufgaben eines Museums<br />

oder der anderen Zielgruppen.<br />

Die Herausforderung ist es wert.<br />

Migranten sind nicht nur unter den<br />

Besuchern selten, sie sind bedauerlicherweise<br />

auch unter den Wissenschaft lern<br />

in Museen kaum anzutreffen, hieß es<br />

mehrmals. Eine unausgesprochene Frage<br />

schwebte in den Raum: Wie viele<br />

von uns Tagungsteilnehmern haben eigentlich<br />

den besagten Migrationshintergrund?<br />

Dr. Stéphanie Wintzerith ist selbständige<br />

Be sucherforscherin. Sie führt Besucherbefragun<br />

gen und Evaluationen auf nationaler und<br />

internationaler Ebene für Museen und weitere<br />

Kultureinrichtun gen durch. Sie ist Mitglied<br />

des Vorstandes von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>;<br />

swi@wintzerith.de<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong> | 53


UMSCHAU<br />

Werkstattgespräch „Museum – Migration – Kultur – Integration“<br />

Teilnehmer befürworten die Gründung des Arbeitskreises<br />

„Die Türken verweigern sich eisern der Integration“ titelte<br />

Welt Online Anfang 2009 nach der Veröffentlichung der<br />

Studie „Ungenutzte Potentiale – Zur Lage der Integration“<br />

des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Überschriften<br />

wie diese tragen dazu bei, dass der Begriff der Integration<br />

missverstanden wird: als alleinige Bringeschuld<br />

der Menschen mit Migrationshintergrund. Stattdessen sollten<br />

wir Integration als einen wechselseitigen Prozess betrachten,<br />

in dem Zuwanderungsland und Zugewanderte<br />

gleichermaßen gefordert sind.<br />

Ein klares Bekenntnis der Museen, ihren Beitrag zu diesem<br />

Prozess zu leisten, stand am Ende des Werkstattgesprächs<br />

„Museum – Migration – Kultur – Integration“ im<br />

Dezember 2009. Der Deutsche Museumsbund hatte bundesweit<br />

zu dieser im engen Schulterschluss mit <strong>ICOM</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> und dem Beauftragten der Bundesregierung<br />

für Kultur und Medien konzipierten und von Letzterem<br />

finanziell ermöglichten Veranstaltung nach Berlin eingeladen.<br />

Ziel war es unter anderem, der Diskussion über die<br />

2007 im Nationalen Integrationsplan formulierte Forderung<br />

der Bundesregierung nach einer Museums-AG „Museum –<br />

Migration – Kultur – Integration“ ein Forum zu bieten.<br />

In drei Vorträgen und drei Workshops beschäftigten sich<br />

Vertreter von rund sechzig Museen mit den zentralen Aspekten<br />

des Themas: Menschen mit Migrationshintergrund<br />

als Zielgruppe der Museen, Thematisierung von Migration<br />

in den Ausstellungen, Sammlungen und der Forschung sowie<br />

der interkulturellen Öffnung der Museumsstruktu ren.<br />

Das Werkstattgespräch profitierte ebenso von den praktischen<br />

Erfahrungen der Teilnehmer im Bereich der kulturellen<br />

Bildung und Integration im Museum wie von den<br />

Erkenntnissen, die diese auf vorangegangenen Tagungen gewonnen<br />

hatten; so z. B. auf Tagungen im Jahr 2009 in<br />

Dortmund und Köln (siehe Seite 52) oder auch auf der Jahrestagung<br />

2008 von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>. Unter dem Titel<br />

„Mu seen – Orte der kulturellen Bildung und Integration“<br />

wurden in Amsterdam deutsche und niederländische<br />

Erfahrungen im Bereich der kulturellen Bildung und Integration<br />

im Museum ausgetauscht sowie Projekte vorgestellt,<br />

die aufzeigten, wie Museen als Foren des interkulturellen<br />

Dialogs besser genutzt werden können (sie he <strong>Mitteilungen</strong><br />

2009, Seite 18 ff.).<br />

Auch dank dieser Voraussetzungen gelang es den Teilnehmern,<br />

im Rahmen des Werkstattgesprächs ein gemeinsames<br />

Memorandum zu erarbeiten. Hierin befürworten die<br />

unterzeichnenden Museen die im Nationalen Integrationsplan<br />

geforderte Gründung einer Museums-AG bzw. eines<br />

Arbeitskreises und schlagen konkrete Ziele und Aufgaben<br />

für diese vor.<br />

Ein wichtiges Ergebnis des Werkstattgesprächs ist, dass<br />

Informationen über die aktuelle Arbeit der Museen zu den<br />

Themen Migration und Integration fehlen. Zwei Projekte,<br />

die hier Abhilfe schaffen sollen, könnten an den geplanten<br />

Arbeitskreis angegliedert werden: Während der Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe ein Internetportal plant, in dem<br />

Ausstellungsprojekte zu den Themen Migration und Integration<br />

vorgestellt werden, führen der Deutsche Museumsbund<br />

in Kooperation mit dem Bundesverband Museumspädagogik<br />

und dem Institut für Museumsforschung so wie<br />

mit fachlicher Unterstützung der Kulturstiftung der Länder,<br />

Bildungsinitiative KINDER ZUM OLYMP! und der<br />

Kunsthalle Emden eine Bestandsaufnahme der Bildungsund<br />

Vermittlungsarbeit in den deutschen Museen durch.<br />

Dabei werden unter anderem Projekte speziell für Menschen<br />

mit Migrationshintergrund erfragt und in einer Online-<br />

Datenbank veröffentlicht. Mittels beider Internetangebote<br />

können sich die Mitarbeiter der Museen über die Aktivitäten<br />

anderer Häuser informieren und Anregungen für<br />

ihre eigene Arbeit holen. Gleichzeitig ermöglichen sie den<br />

Museumsbesuchern und potentiellen Kooperationspartnern<br />

einen schnellen Zugriff auf diese Informationen. Mittels einer<br />

partiellen statistischen Auswertung wird im Falle der<br />

Bestandsaufnahme der Bildungs- und Vermittlungsarbeit<br />

außerdem regionalen wie überregionalen Museumsinstitutionen<br />

eine gänzlich neue Grundlage für kulturpolitische<br />

Forderungen verschafft: Erstmals erhalten diese dann repräsentative<br />

Daten darüber, wie es um die Bildungs- und<br />

Vermittlungsarbeit der Museen bestellt ist, wo Handlungsund<br />

Verbesserungsbedarf besteht und wo es finanzieller<br />

Unterstützung bedarf.<br />

Um diese und andere Projekte des nun zu gründenden<br />

Arbeitskreises erfolgreich durchführen zu können, bedarf<br />

es vor allem eines: der tatkräftigen Unterstützung der Museen.<br />

In dieser Hinsicht darf uns das Werkstattgespräch<br />

optimistisch stimmen, denn hier haben die Vertreter sich des<br />

Themas mit viel Engagement und Interesse angenommen.<br />

Weitere Informationen:<br />

Vera Neukirchen, Ansprechpartnerin des Projektes beim<br />

Deutschen Museumsbund; office@museumsbund.de<br />

Newsletter von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Schneller informiert<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> gibt seit Ende 2006 einen Newsletter<br />

heraus, der mehrmals im Jahr über Schwerpunkte der Arbeit<br />

und über wichtige Veranstaltungen und Ereignisse<br />

informiert. Diese Form der Kommunikation ist gut angenommen<br />

worden, zahlreiche Mitglieder von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

nutzen diesen Service bereits. Alle Mitglieder, die den<br />

Newsletter ebenfalls erhalten wollen, können sich in den<br />

Verteiler aufnehmen lassen.<br />

Senden Sie dazu eine Nachricht mit Ihrer E-Mail-Adresse<br />

an: icom@icom-deutschland.de.<br />

Nicht-Mitglieder können den Newsletter auf der Webseite<br />

www.icom-deutschland.de lesen.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.icom-deutschland.de/archiv-newsletter-archiv.php<br />

54 | <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – <strong>Mitteilungen</strong> <strong>2010</strong>


UMSCHAU<br />

Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

Rote Liste der gefährdeten<br />

Kulturgüter aus Mittelamerika<br />

und Mexiko<br />

herausgegeben von <strong>ICOM</strong>,<br />

Paris 2009, 16 Seiten<br />

Ethische Richtlinien für Museen<br />

von <strong>ICOM</strong><br />

Deutsche Fassung<br />

herausgegeben von <strong>ICOM</strong> Schweiz,<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und<br />

<strong>ICOM</strong> Österreich,<br />

Zürich <strong>2010</strong>, 32 Seiten,<br />

ISBN 978-3-9523484-5-1,<br />

Preis: 4 Euro, zzgl. Versandkosten<br />

Experten aus Mexiko, Guatemala, Belize, El Salvador, Honduras,<br />

Nicaragua, Costa Rica und Panama haben die Liste<br />

erarbeitet, um gegen die Plünderung und Zerstörung archäologischer<br />

Fundstätten in der Region, gegen den Diebstahl<br />

von Kulturgütern aus Kirchen und Museen sowie gegen<br />

den illegalen Handel damit vorzugehen.<br />

Der Internationale Museumsrat (<strong>ICOM</strong>) erarbeitet für<br />

die Krisen- und Konfliktregionen dieser Welt, die von Plünderungen<br />

und illegalem Handel mit Kulturgütern betroffen<br />

sind, „Rote Listen“ des gefährdeten kulturellen Erbes<br />

und stellt diese Museen, Sammlern, Händlern, Auktionshäusern,<br />

Behörden und Interpol mit dem Ziel zur Verfügung,<br />

den Export oder Verkauf zu verhindern.<br />

Download:<br />

www.icom-deutschland.de/publikationen.php<br />

Broschüre zu bestellen bei:<br />

<strong>ICOM</strong> Secretariat, Maison de l‘UNESCO<br />

1, rue Miollis, F - 75732 Paris cedex 15,<br />

Tel : +33 1 47340500, Fax: +33 1 43067862,<br />

E-Mail: secretariat@icom.museum<br />

Die vom Internationalen Museumsrat (<strong>ICOM</strong>) entwickelten<br />

und weltweit geltenden Ethischen Richtlinien für Museen<br />

bilden die Grundlage der professionellen Arbeit von<br />

Museen und Museumsfachleuten. <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> hat<br />

gemeinsam mit <strong>ICOM</strong> Schweiz und <strong>ICOM</strong> Österreich ei ne<br />

autorisierte deutsche Übersetzung des <strong>ICOM</strong> Code of Ethics<br />

for Museums erarbeitet.<br />

Der erste vollständige <strong>ICOM</strong> Code of Professional Ethics<br />

wurde am 4. November 1986 in Buenos Aires (Argentinien)<br />

durch die 15. <strong>ICOM</strong>-Generalversammlung einstimmig angenommen,<br />

am 6. Juli 2001 auf der 20. <strong>ICOM</strong>-Generalversammlung<br />

in Barcelona (Spanien) unter dem neu en<br />

Titel <strong>ICOM</strong> Code of Ethics for Museums ergänzt und am<br />

8. Oktober 2004 auf der 21. <strong>ICOM</strong>-Generalversammlung<br />

in Seoul (Südkorea) revidiert.<br />

Download: www.icom-deutschland.de/publikationen.php<br />

Broschüre zu bestellen bei:<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, In der Halde 1, 14195 Berlin,<br />

Tel.: +49 30 69504525, Fax: +49 30 69504526,<br />

E-Mail: icom@icom-deutschland.de<br />

bitte abtrennen<br />

Bestellung | Hiermit bestelle ich folgende Publikationen von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> aus der Liste der lieferbaren Schriften:<br />

Stk. Das Museum und die Dritte Welt. Hrsg. Hermann Auer, 1981, 357 Seiten, ISBN 3-598-10346-8 5,00 €<br />

Stk. Chancen und Grenzen moderner Technologien im Museum. Hrsg. Hermann Auer, 1986, 241 Seiten, ISBN 3-598-10631-9 5,00 €<br />

Stk. Museologie – Neue Wege – Neue Ziele. Hrsg. Hermann Auer, 1989, 289 Seiten, ISBN 3-598-10809-5 5,00 €<br />

Stk. Museum und Denkmalpflege. Hrsg. Hermann Auer, 1992, 257 Seiten, ISBN 3-598-11107-X 12,00 €<br />

Stk. Reif für das Museum? Ausbildung – Fortbildung – Einbildung. Hrsg. Hans-Albert Treff, 1995,<br />

258 Seiten, ISBN 3-87023-050-9 10,00 €<br />

Stk. Museen unter Rentabilitätsdruck. Engpässe – Sackgassen – Auswege. Hrsg. Hans-Albert Treff, 1998,<br />

279 Seiten, ISBN 3-00-002395-X 20,00 €<br />

Stk. Das Museum als Global Village. Versuch einer Standortbestimmung am Beginn des 21. Jahrhunderts.<br />

Hrsg. Hans-Martin Hinz, 2001, 162 Seiten, ISBN 3-631-37692-8 15,00 €<br />

Stk. Wissenschaftskommunikation – Perspektiven der Ausbildung – Lernen im Museum. Hrsg. <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />

<strong>ICOM</strong> Frankreich und Deutsches Technikmuseum, 2009, 166 Seiten, ISBN 978-3-631-58095-0 15,00 €*<br />

Stk. Definition des CIDOC Conceptual Reference Model, <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – Beiträge zur Museologie, Bd. 1,<br />

hrsg. und übersetzt aus dem Engl. von K. -H. Lampe, S. Krause, M. Doerr, <strong>2010</strong>, 208 Seiten, ISBN 978-3-00-030907-6 10,00 €<br />

Stk. Ethische Richtlinien für Museen von <strong>ICOM</strong>. Hrsg. <strong>ICOM</strong> Schweiz, <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und <strong>ICOM</strong> Österreich, <strong>2010</strong>,<br />

32 Seiten, ISBN 978-3-9523484-5-1 4,00 €<br />

Stk. Museen und Denkmäler – Historisches Erbe und Kulturtourismus. Tagungsband des Internationalen Bodensee-Symposiums 2009.<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> – Beiträge zur Museologie, Bd. 2, hrsg. von <strong>ICOM</strong> <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, <strong>2010</strong>, – <strong>Mitteilungen</strong> 170 Seiten, ISBN <strong>2010</strong> 978-3-00-028961-3<br />

| 55<br />

15,00 €** (ab August <strong>2010</strong> lieferbar)<br />

* 10,00 € für Mitglieder von <strong>ICOM</strong> und für Tagungsteilnehmer ; **10,00 € für Mitglieder von <strong>ICOM</strong> und <strong>ICOM</strong>OS sowie für Tagungsteilnehmer<br />

Alle Preise verstehen sich zuzüglich Versandkosten. Eine Mehrwertsteuer wird nicht erhoben.


Publikationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> –<br />

Beiträge zur Museologie · Band 1<br />

Definition des CIDOC<br />

Conceptual Reference Model<br />

herausgegeben und übersetzt<br />

aus dem Englischen von<br />

K.-H. Lampe, S. Krause, M. Doerr,<br />

Berlin <strong>2010</strong>, 208 Seiten,<br />

ISBN 978-3-00-030907-6,<br />

Preis: 10 Euro,<br />

zzgl. Versandkosten<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> - Beiträge zur Museologie · Band 2<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> –<br />

Beiträge zur Museologie · Band 2<br />

Museen und Denkmäler –<br />

Historis ches Erbe und Kulturtourismus.<br />

Tagungsband des<br />

Inter nationalen Bodensee-Symposiums<br />

2009, herausgegeben von<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, Berlin <strong>2010</strong>,<br />

170 Seiten, ISBN 978-3-00-028961-3,<br />

Preis: 15 Euro, zzgl. Versandkosten<br />

(Für Mitglieder von <strong>ICOM</strong>, <strong>ICOM</strong>OS und<br />

Tagungsteilnehmer: 10 Euro, zzgl. Versand)<br />

Das CIDOC-CRM ist definiert als formale Ontologie, die<br />

die Integration, Vermittlung und den Austausch heterogener<br />

Informationen des kulturellen Erbes in der Dokumentation<br />

ermöglicht. Seit 2006 ist das CIDOC-CRM als<br />

ISO 21127 standardisiert. In der aktuell vorliegenden Version<br />

5.0.1 definiert die CIDOC-CRM-Ontologie 86 Klassen,<br />

die sogenannten Entities, und 137 Beziehungen, die<br />

sogenannten Properties. Zunächst nur für die Domäne<br />

des kulturellen Erbes entwickelt, findet das CRM heute<br />

zunehmend auch Anwendung in anderen Wissensbereichen<br />

wie z. B. den Bibliothekswissenschaften.<br />

Zu bestellen bei:<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, In der Halde 1, 14195 Berlin,<br />

Tel.: +49 30 69504525, Fax: +49 30 69504526,<br />

E-Mail: icom@icom-deutschland.de<br />

Der Tagungsband enthält die Referate des Internationalen<br />

Bodensee-Symposiums 2009, das vom 18. bis 20. Juni in<br />

Lindau (Bodensee) stattgefunden hat. Der Vortragsteil wird<br />

mit dem einführenden Beitrag von Hans-Martin Hinz eröffnet.<br />

Es folgen die Beiträge der drei Themenrunden sowie<br />

der „Open Box“. Der Dokumentationsteil enthält die Grußworte<br />

der Repräsentanten der beteiligten Komitees sowie<br />

des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.<br />

Das Tagungsprogramm, ein Autorenverzeichnis und<br />

einige Fotos vom Tagungsgeschehen runden diesen Teil ab.<br />

Alle drei Jahre findet das Internationale Bodensee-Symposium<br />

der <strong>ICOM</strong>-Länder <strong>Deutschland</strong>, Österreich und<br />

Schweiz statt. Im Jahr 2009 wurde die Veranstaltung mit<br />

dem Internationalen Rat für Denkmalpflege <strong>ICOM</strong>OS als<br />

Kooperationspartner durchgeführt.<br />

Zu bestellen bei:<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>, In der Halde 1, 14195 Berlin,<br />

Tel.: +49 30 69504525, Fax: +49 30 69504526,<br />

E-Mail: icom@icom-deutschland.de<br />

bitte abtrennen<br />

Bitte im ausreichend frankierten Umschlag einsenden.<br />

Bitte senden Sie mir die Publikationen und die Rechnung an folgende Adresse:<br />

Oder Bestellung von Newsletter oder Publikationen an:<br />

icom@icom-deutschland.de bzw. per Fax an: +49 30 69504526<br />

Vorname<br />

Name<br />

Institution<br />

Straße, Nr.<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

In der Halde 1<br />

14195 Berlin<br />

PLZ, Ort<br />

Datum<br />

Unterschrift<br />

Ich bin Mitglied von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong> und möchte den <strong>ICOM</strong>-Newsletter<br />

per E-Mail an folgende Adresse erhalten:<br />

E-Mail


Veranstaltungen<br />

Die Kunst des Lagerns<br />

15. Mai <strong>2010</strong><br />

Nacht der Museen<br />

http://nuitdesmusees.culture.fr<br />

16. Mai <strong>2010</strong><br />

Internationaler Museumstag<br />

Museen für ein gesellschaftliches Miteinander<br />

www.museumstag.de und<br />

http://icom.museum/imd.html<br />

26. bis 30. Juli <strong>2010</strong>, München<br />

Staatliches Museum für Völkerkunde<br />

Jahrestagung von SIBMAS<br />

(International Association of Libraries<br />

and Museums of the Performing Arts)<br />

Connecting Points: Performing Arts Collections<br />

Uniting Past and Future<br />

www.sibmas.org<br />

23. bis 25. September <strong>2010</strong>, Leipzig<br />

Grassi-Museum für Angewandte Kunst<br />

Jahrestagung und Mitgliederversammlung<br />

von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Die Ethik des Sammelns<br />

www.icom-deutschland.de<br />

30. Oktober bis 5. November <strong>2010</strong>,<br />

Xian, Loyang, Kaifung und Zhengzhou (China)<br />

<strong>ICOM</strong>-Europe-Tour und Konferenz<br />

in Kooperation mit <strong>ICOM</strong> China und<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Respecting Cultural Heritage for<br />

Our Common Future<br />

www.icom-europe.org<br />

7. bis 12. November <strong>2010</strong>, Shanghai (China)<br />

<strong>ICOM</strong>-Generalkonferenz<br />

Museums for Social Harmony<br />

www.icom<strong>2010</strong>.org.cn<br />

15. Mai 2011<br />

Internationaler Museumstag<br />

Museums and Memory<br />

www.museumstag.de und<br />

http://icom.museum/imd.html<br />

Die aktuellen Termine der Tagungen<br />

der internationalen Komitees finden Sie unter:<br />

http://icom.museum/calendar.html<br />

Bruynzeel verfügt über eine Fülle an Erfahrung in der<br />

Entwicklung kundenorientierter Aufbewahrungsmöglichkeiten<br />

für kostbare Museumgegenstände. Die Lösungen von<br />

Bruynzeel verfügen über einen weiteren Vorteil: Qualität<br />

und Schutz in Harmonie mit Ihren Sammlungen.<br />

Möchten Sie gerne sehen was Bruynzeel für Sie tun kann?<br />

www.bruynzeel.de<br />

MIT UNS ARCHIVIEREN SIE IN DIE ZUKUNFT<br />

Bruynzeel Archiv & Bürosysteme GmbH, Moselstraße 18, 41464 Neuss, Tel.: 02131 4099 0, www.bruynzeel.de


Aktuelle Informationen finden Sie unter<br />

www.icom-deutschland.de<br />

Informationen über den Weltverband, seine Komitees<br />

und Projekte können Sie aufrufen unter<br />

www.icom.museum<br />

<strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

In der Halde 1 · 14195 Berlin<br />

Telefon +49 30 69504525<br />

Fax +49 30 69504526<br />

icom@icom-deutschland.de · www.icom-deutschland.de<br />

Gefördert aus Mitteln des

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!