Wortprotokoll - Deutscher Bundestag
Wortprotokoll - Deutscher Bundestag
Wortprotokoll - Deutscher Bundestag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2<br />
Die Politik kann nicht auf der einen Seite den demografischen Wandel in Deutschland beklagen<br />
und auf der anderen Seite ein Befristungsrecht schaffen, aufgrund dessen sich junge<br />
Wissenschaftlerinnen wegen der beruflichen Unsicherheit immer mehr gegen Kinder entscheiden.<br />
Auch im Bereich der wissenschaftsunterstützenden Beschäftigtengruppen sowie in Administration<br />
und Infrastruktur stellen die Befristungen ein massives Problem dar. In diesen<br />
Bereichen werden grundsätzlich keine Stellen mehr unbefristet ausgeschrieben, auch dann<br />
nicht, wenn es sich um die Nachbesetzung von Dauer-(Plan)stellen handelt. Es wird überwiegend<br />
die Befristung ohne sachlichen Grund, in Einzelfällen mit Sachgrund nach Teilzeit-<br />
BefristungsGesetz vorgenommen. Eine Konsequenz aus dieser Befristungspraxis ist die<br />
Schwierigkeit qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Aufgrund des prognostizierten Fachkräftemangels<br />
wird sich diese Situation in Zukunft noch verschärfen.<br />
Ganz erheblich ist der Nachteil für die weiblichen Beschäftigten im Anwendungsbereich des<br />
Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Im Gegensatz zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz werden<br />
die befristeten Arbeitsverträge nicht um Mutterschutz- und Elternzeiten verlängert. Sie<br />
sind somit gezwungen, unmittelbar nach Auslaufen des Vertrages Hartz IV zu beantragen.<br />
Die Betriebs- und Personalräte der AGBR fordern deshalb die Politik auf, der ausufernden<br />
Befristungspraxis mit folgenden Maßnahmen entgegenzutreten:<br />
• Aufhebung der Tarifsperre im Wissenschaftszeitvertragsgesetz<br />
• Wegfall der sachgrundlosen Befristung nach Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />
• Tarifliche Regelungen zur Befristung<br />
• Einführung einer Befristungsquote - Reduzierung der Anzahl der befristeten Arbeitsverhältnisse<br />
auf 20% der Gesamtzahl, bezogen auf Vollzeitäquivalente<br />
• Vertragslaufzeiten sollen zwei bzw. drei Jahre nicht unterschreiten (Ausnahmen können<br />
Anschlussverträge für Doktoranden und Auszubildende, Überbrückung bis zur<br />
Verlängerung von Drittmittelprojekten, Verträge von studentischen Hilfskräften sein)<br />
• Kopplung befristeter Arbeitsverträge bei Drittmittelprojekten an die Laufzeit der Projekte<br />
• Nutzung ungebundener Haushaltsmittel als Zwischenfinanzierung zur Überbrückung<br />
von verwaltungstechnischen Verzögerungen bei Projektverlängerungen<br />
• Berücksichtigung familiärer Komponenten, wie Verlängerung der Laufzeiten bei befristeten<br />
Arbeitsverträgen um die Zeit von Mutterschutz und Inanspruchnahme von<br />
Elternzeit bei Befristungen gemäß Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />
Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen dürfen sich nicht als sog. wissenschaftliche<br />
„Durchlauferhitzer“ verstehen. Arbeitgeber und/oder Förderer/Zuwendungsgeber müssen<br />
dafür Sorge tragen, dass die Leistung von Beschäftigten nicht durch die Instabilität von Arbeitsverträgen<br />
beeinträchtigt wird und sich daher dafür einsetzen, die Beschäftigungsbedingungen<br />
für Beschäftigte in Wissenschaft und Forschung zu verbessern. Dazu gehört<br />
auch eine ausgewogene Altersstruktur, d.h. ältere unbefristet beschäftigte Wissenschaftler<br />
sind Mentoren für den wissenschaftlichen Nachwuchs, um ihre wissenschaftliche, aber auch<br />
ihre soziale Kompetenz zu fördern.<br />
1 Die ArbeitsGemeinschaft der Betriebs- und PersonalRäte der außeruniversitären Forschung – Fraunhofer-Gesellschaft (FhG),<br />
Hermann-von-Helmholtz-Gemeinschaft <strong>Deutscher</strong> Forschungszentren (HGF), Max-Planck-Gesellschaft (MPG), Leibniz-Gemeinschaft<br />
(WGL) – vertritt ca. 90.000 Beschäftigte in Forschung und Entwicklung