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ennpunkt<br />

2/<strong>2013</strong> 4,00 Euro 29. Jahrgang Magazin für Fotografie<br />

April bis Juni <strong>2013</strong><br />

Galerien • Buchbesprechungen • Fotoszene<br />

Portfolio Ronny Behnert • Jesùs Pastior


FÜR ORIGINALE<br />

2 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

„Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen<br />

Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal<br />

zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere<br />

mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />

oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke<br />

mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de<br />

P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T .


Impressum:<br />

<strong>brennpunkt</strong><br />

Magazin für Fotografie<br />

Erscheint vierteljährlich,<br />

erhältlich in Fotogalerien,<br />

Geschäften, Buchhandlungen<br />

und über Abonnement.<br />

Jahresabo 13,50 Euro<br />

Einzelpreis 4,00 Euro<br />

Konten:<br />

Postbank Berlin<br />

Konto-Nr. 3751 06-104<br />

BLZ 100 100 10<br />

Redaktionsschluss:<br />

jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat<br />

Herausgeber:<br />

edition buehrer<br />

c/o Dietmar Bührer<br />

Odenwaldstraße 26<br />

12161 Berlin<br />

Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27<br />

e-Mail: buehrer-berlin@t-online.de<br />

Internet: www.edition-dibue.de<br />

Copyright bei Edition<br />

Druck:<br />

schöne drucksachen<br />

Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin<br />

ISSN 0932-7231<br />

Redaktion:<br />

Dietmar Bührer V.i.S.d.P.<br />

Michael Gebur<br />

Klaus Rabien<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Hinweis:<br />

Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte und Fotografien<br />

wird keine Haftung übernommen.<br />

© Herbert List »Anna Magnani im<br />

Garten ihres Landhauses«,<br />

San Felice Circeo 1950‘<br />

Galerien<br />

Franco Sortini »Berlino – Paesaggio urbano« ..................................................... 5<br />

Manfred Paul »Berlin Nordost« .......................................................................... 6<br />

Michel Comte ................................................................................................... 8<br />

Jean-Baptiste Huynh »Remanence« .................................................................... 10<br />

Thomas Wrede »Katastrophe und Idylle« .......................................................... 12<br />

Frank Darius »DAS PARADIES IST HIER« ........................................................... 13<br />

Hanns Zischler – Nach der Natur (camera obscura) ........................................... 14<br />

Matthias Klages »Fotografien« ........................................................................... 16<br />

Katrin Streicher »Kulissen des Alltäglichen« ....................................................... 17<br />

Helena Schätzle »9645 Kilometer Erinnerung« .................................................... 18<br />

Antonius / Jörg Rubbert »New York City Limits« .................................................. 19<br />

David Favrod / Michel Le Belhomme »There are more things« ............................ 20<br />

Tobias Zielony »Fotografien 2008–2012« ............................................................ 21<br />

Jan Sobottka ....................................................................................................... 22<br />

Rudolf Holtappel »Ein Leben als Zeitzeuge« ....................................................... 24<br />

Ulrich Mack: Kennedy in Berlin. Die Deutschlandreise 1963. ............................. 25<br />

Heinrich Heidersberger »Kleid aus Licht« ........................................................... 26<br />

Schauplatz: Inszenierte Fotografie ...................................................................... 28<br />

Arnd Weider »Fotografie« ................................................................................... 29<br />

Maria Jauregui Ponte »Überstrahlungen« ............................................................ 29<br />

Jürgen Bosse »New York Experience« ................................................................. 30<br />

Ingrid Steinmeister »Bleiben und Vergehen«, Drei Serien .................................... 31<br />

WIRKLICH .......................................................................................................... 32<br />

Lara Melin »Heidestraße 46-52 – Ode an einen Schandfleck« ............................ 33<br />

Siehste, jeht doch! Meisterklasse Arno Fischer. Letzter Jahrgang. ......................... 34<br />

George Friedmann »Fotonovela Argentina« ......................................................... 36<br />

Faszination Paris ................................................................................................. 37<br />

FRAUEN ............................................................................................................. 38<br />

EGO. .................................................................................................................. 40<br />

Christian Reister »NACHT« ................................................................................. 42<br />

Frank Machalowski »Monster« / Irinadabo »beside me« ...................................... 43<br />

19. Fotoklub Forum Berlin <strong>2013</strong> .......................................................................... 44<br />

Fred Baumgart »Eve by the bridge« ..................................................................... 45<br />

Angelika Beck »Zwischentöne – Porträts« ........................................................... 45<br />

Bernadette Ypso / Charlotte K »unbekannt bis heute« .......................................... 46<br />

Marion Schult »Zoe Helali – One Woman Show« ............................................... 47<br />

Susanne Wehr »TIME LAPSE« ............................................................................. 48<br />

LUPE GODOY »Collage« .................................................................................... 49<br />

Annette von Dewitz–Silke Grossmann–Ann Provan ............................................ 50<br />

Jürgen Bürgin »URBAN BALLADS« ..................................................................... 52<br />

Galeriebesprechungen<br />

Panta rhei – alles fließt. (Klaus Rabien) ............................................................... 53<br />

Ausstellungen in Berlin ............................................................................................ 65<br />

Ausstellungen<br />

Steve McCurry »Im Fluss der Zeit« ...................................................................... 66<br />

Portfolio<br />

Ronny Behnert .................................................................................................... 68<br />

Jesús Pastor »AMADOR Rabal, Totengräber« ...................................................... 78<br />

Fotoszene<br />

Was Natur wirklich ist – Fotografien von Frank Darius ........................................ 56<br />

Johannes Barthelmes / VHS Friedrichshain-Kreuzberg ......................................... 57<br />

Modesfotos: Schatz nach 40 Jahren gehoben ...................................................... 58<br />

Klaus Rabien zum 80. ........................................................................................ 60<br />

Bildbetrachtung, Bildbeurteilung, Bildbewertung (Manfred Kriegelstein) ............. 88<br />

Buchbesprechungen<br />

Porträtfotografie / LUMIX GH3 / Die wilde Seite der Fotografie ........................... 89<br />

Vorschau ................................................................................................................... 90<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

3


Galerien<br />

Franco Sortini<br />

»Berlino – Paesaggio<br />

urbano«<br />

Im Frühling 2012 war Franco Sortini<br />

zum ersten mal in Berlin.<br />

»Gesehen habe ich eine Stadt, die mich<br />

sehr beindruckt und fasziniert hat.<br />

Eine Stadt voller Energie trotz Krisen und<br />

Schwierigkeiten.<br />

Eine Stadt in Bewegung, die zahlreichen<br />

Baustellen und die spürbaren urbanistischen<br />

Änderungen sprechen für sich.<br />

Zukunftsorientiert ohne die Vergangenheit<br />

zu vergessen.<br />

Das Ganze zum Glück, mit einem tollen<br />

Licht, das mich in den Tagen begleitet<br />

hat«.<br />

Geometrien, Plakate, neue und alte<br />

Gebäude, Linien, urbane Einrichtungen<br />

haben ihn inspiriert und schnell gefangen<br />

genommen. Ein Hauch von Farbe<br />

hat ihn gleich bewegt und motiviert und<br />

das Licht hat für eine besondere Note<br />

gesorgt.<br />

Franco Sortini, wurde 1958 in der süditalienischen<br />

Stadt Salerno geboren.<br />

Seine fotografischen Interessen, nach<br />

Erfahrungen mit Malerei und Grafik,<br />

sind auf Anfang der 80er datiert unter<br />

der Leitung von Franco Fontana. Urbane<br />

und industrielle Landschaft in Bezug auf<br />

Menschen und Umgebung charackterisieren<br />

seine Arbeit.<br />

Professioneller Fotograf ist er seit 1986.<br />

Mitbegründer des Museo di Fotografia<br />

Contemporanea in Brescia und Mitglied<br />

der Associazione nazionale Fotografi<br />

professionisti (ANFP).<br />

Zahlreiche Ausstellungen und Publikationen<br />

in ganz Europa, seine Bilder<br />

sind auch in Sammlungen vertreten u.a.<br />

die von der Bibliotheque Nationale de<br />

Paris, Archiviom AFOCO de Cordoba<br />

und Galleria Civica di Modena.<br />

Seit einigen Jahren ist er auch aktiv mit<br />

Workschops für junge Fotografen mit<br />

Schwerpunkt Kreativität mit der Farbe.<br />

Er lebt und arbeitet in Salerno.<br />

Mehr von Franco Sortini unter :<br />

www.francosortini.eu<br />

© Franco Sortini, (Original in Farbe)<br />

© Franco Sortini, (Original in Farbe)<br />

© Franco Sortini, (Original in Farbe)<br />

bis 2. Juni <strong>2013</strong><br />

Café Aroma Photogalerie<br />

Hochkirchstraße 8<br />

10829 Berlin-Schöneberg<br />

Mo – Fr 18 – 24 Uhr<br />

Sa + So 14 – 24 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

5


Galerien<br />

Manfred Paul<br />

»Berlin Nordost«<br />

Die Collection Regard präsentiert ab<br />

dem 25. Januar <strong>2013</strong> drei wesentliche<br />

Werkzyklen des Berliner Fotografen<br />

Manfred Paul aus den Jahren 1970 –<br />

2006. Die Zyklen umfassen Fotografien<br />

von Ostberliner Straßenzügen und Hinterhöfen<br />

aus den 70er/ 80er Jahren in<br />

Berlin Nordost/ Prenzlauer Berg sowie<br />

fotografische Porträts seiner Freunde und<br />

Bekannten aus dieser Zeit. Mit seinen<br />

nicht inszenierten Stillleben, wird ein<br />

weiterer wichtiger Schwerpunkt seiner<br />

Arbeit bis heute vorgestellt. Mit dieser<br />

fotografischen Position zeigt der Sammler<br />

Marc Barbey erneut einen Fotografen,<br />

den es in seiner Vielfalt und Einzigartigkeit<br />

neu zu entdecken gilt.<br />

Mit der Ausstellung von Manfred Pauls<br />

Fotografien setzt die Collection Regard<br />

abermals ihren Fokus auf deutsche Fotografen<br />

sowie das Thema Berlin fort.<br />

Marc Barbey: »Manfred Pauls eleganter,<br />

poetischer und liebevoller Blick auf die<br />

Welt beindruckt mich sehr und ich freue<br />

mich, mehrere Zyklen seines Schaffens<br />

präsentieren zu können«.<br />

Die Ausstellung<br />

Der Großteil der präsentierten Arbeiten<br />

ermöglicht einen individuellen<br />

Blick in eine längst vergangene Zeit<br />

aus dem Ostteil der Stadt: Mit seinen<br />

poetischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />

der meist menschenleeren Hinterhöfe<br />

und Straßenansichten zeichnet Manfred<br />

Paul ein subjektives Porträt des<br />

Stadtteils Prenzlauer Berg in der Zeit<br />

vor 1990. Die besondere Atmosphäre<br />

dieser Fotografien wird vom Charme<br />

getragen, der durch das eindrucksvolle<br />

Zusammenspiel verfallender Hausfassaden<br />

und blühender Vegetation entsteht.<br />

Die Aufnahmen vermitteln eine ungewöhnliche<br />

Schönheit und Lebendigkeit,<br />

die Paul in der engen und menschenleeren<br />

Urbanität entdeckte. Der Zyklus der<br />

Stillleben, die Manfred Paul in den Privaträumen<br />

der Bewohner des Stadtteils<br />

festhielt, erzählt von der persönlichen<br />

Stimmung hinter den Hausfassaden, die<br />

er auf seinen fotografischen Streifzügen<br />

ohne Inszenierung eingefangen hat. Es<br />

Manfred Paul (*1942), »Teller mit Gabel«,<br />

Berlin 1983, Gelatin silver print, Printed 1983,<br />

20 x 24 (30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />

ist gerade Pauls künstlerischer Blick für<br />

Komposition und Bildausschnitt, der die<br />

stummen Gegenstände meisterhaft zum<br />

Sprechen bringt.<br />

Auch die Porträts junger Berliner, die<br />

teilweise in Ateliers und Wohnungen<br />

entstanden, machen deutlich, wie sich<br />

Paul dem Lebensgefühl hinter der Fassade<br />

genähert hat. Er schafft es genau<br />

zum richtigen Zeitpunkt den Auslöser<br />

zu betätigen um den Ausdruck der Individualität<br />

und Persönlichkeit der jungen<br />

Menschen einzufangen.<br />

Kuratiert wird die Ausstellung von Antonio<br />

Panetta, dem künstlerischen Leiter<br />

der Collection Regard. Die Werkschau<br />

findet statt in Kooperation mit Gunther<br />

Dietrich von der Galerie für Fotografie -<br />

photo edition berlin.<br />

Über den Fotografen<br />

Manfred Paul wurde 1942 in Schraplau<br />

geboren und lebt in Berlin.<br />

Nach dem Abitur Tätigkeit als Steinbruch-<br />

und Gleisbauarbeiter. Fotolaborentenlehre,<br />

Fotolaborant. Bühnenarbeiter,<br />

Theaterfotograf und freischaffender<br />

Bildjournalist.<br />

Studium der Fotografie an der HGB<br />

Leipzig. Kamerastudium an der Hochschule<br />

für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg.<br />

Dozent für Fotografie<br />

an der FWG Berlin (1974–1994). Professor<br />

für Fotografie und Audiovisuelle<br />

Medien an der FHTW Berlin (1995–<br />

Manfred Paul (*1942), »Socken«, Berlin 1985,<br />

Gelatin silver print, Printed 1985, 20 x 24<br />

(30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />

2007). Lehraufträge an der Hochschule<br />

für Film und Fernsehen Potsdam-<br />

Babelsberg(1973/74), der HGB Leipzig<br />

(1991/92, 2006), der Hochschule für<br />

Bildende Künste Dresden (1993–1995)<br />

und der Hochschule für Fernsehen und<br />

Film München (1995).<br />

1983–1985 erste Arbeiten mit der 18 x<br />

24-Plattenkamera. Der Zyklus nature<br />

morte entsteht (Stillleben).<br />

Werke in Sammlungen<br />

Heute befinden sich seine Werke u.a.<br />

in den Sammlungen der Berlinischen<br />

Galerie, des Kupferstich-Kabinett - Dresden,<br />

Museum Ludwig - Köln, Musée<br />

de l’ Elysée - Lausanne, MOMA - New<br />

York, Bibliothèque Nationale de France,<br />

Paris und einigen weiteren privaten wie<br />

öffentlichen Sammlungen.<br />

Publikationen und Editionen<br />

Zeitgleich zur Ausstellung ist ein aufwändig<br />

gestalteter Bildband erschienen:<br />

»Berlin Nordost 1972-1990 - Am Rande<br />

der stehenden Zeit« herausgegeben von<br />

Edition Braus. Mit einem Essay des Lyriker<br />

und Autor Uwe Kolbe.<br />

Ein weiterer Bildband mit seinen »Stillleben<br />

1983-85« wird bei dem Verlag<br />

Steidl, München im Frühjahr <strong>2013</strong><br />

erscheinen.<br />

6 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Manfred Paul (*1942), »Socken«, Berlin 1985,<br />

Gelatin silver print, Printed 1985,<br />

20 x 24 (30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />

Editionen<br />

Anlässlich der Ausstellung bringt die<br />

Collection Regard eine limitierte Edition<br />

von Fotografien mit je drei Motiven<br />

der Stillleben und Berlin Nordost<br />

heraus.<br />

Die nummerierte Auflage erscheint in<br />

einer Höhe von 9 Exemplaren.<br />

Die Abzüge sind von Manfred Paul hergestellt,<br />

gestempelt, nummeriert und<br />

signiert, und exklusiv in der Collection<br />

Regard erhältlich.<br />

MANFRED PAUL<br />

Berlin Nordost 1972-1990<br />

»Am Rande der stehenden Zeit«<br />

Mit einem Essay von Uwe Kolbe<br />

Hrsg. v. Edition Braus, 24 x 31 cm,<br />

80 s/w-Abbildungen im Triplex Druck,<br />

128 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag,<br />

ISBN 9783862280421<br />

Preis: 39,95 Euro<br />

Mit einer Originalfotografie / Handabzug<br />

des Fotografen 18 x 24 cm Barythpapier,<br />

Edition 100, signiert und nummeriert:<br />

Preis: 200,00 Euro<br />

Die Collection Regard<br />

Der Begriff Regard (frz.) bedeutet so viel<br />

wie »der Blick« oder »die Aufmerksamkeit«.<br />

Und wie der Name der Collection<br />

Regard, so auch die Zielsetzung:<br />

die Sammlung hat sich der Entdeckung<br />

und Wiederentdeckung photographischer<br />

Werke und Photokünstlern verschrieben.<br />

Manfred Paul (*1942), »Brandmauer am<br />

S-Bahnhof / Schönhauser Allee«, Berlin 1979,<br />

Gelatin silver print, Printed 1979,<br />

20 x 24 (30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />

Unter »Collection Regard« versteht ihr<br />

Gründer Marc Barbey daher weniger<br />

eine Galerie als einen fotografischen<br />

Archiv mit regelmäßigen Ausstellungen<br />

in einer Salon Atmosphere. »Es<br />

geht darum, […] einen Ort zu schaffen,<br />

an dem man sich austauschen und<br />

sich mit Fotografie auseinandersetzen<br />

kann«. Die Steinstraße in der Spandauer<br />

Vorstadt, rund zehn Minuten vom Alexanderplatz<br />

entfernt, wurde mit diesem<br />

Ansatz innerhalb weniger Monate zu<br />

einem wichtigen Treffpunkt für Sammler<br />

und Gleichgesinnte. Und vor allem<br />

ein Ort (wieder-) entdeckter wichtiger<br />

Fotografen und ihrer Arbeiten.<br />

Marc Barbey, geboren 1971, sammelt<br />

seit 2005 Lichtbilder von den Anfängen<br />

bis etwa zu den 1970er Jahren. Schwerpunkt<br />

der Sammlung sind Fotografien<br />

aus Deutschland und das Thema Berlin.<br />

Mittlerweile gehören zur Collection<br />

Regard das umfangreiche OEuvre von<br />

Hein Gorny, dazu Werke der Fotografen<br />

Lotte Jacobi, Siegfried Lauterwasser,<br />

Heinrich Riebesehl, Toni Schneiders,<br />

Friedrich Seidenstücker, Will McBride<br />

sowie ausgewählte Fotografien von<br />

Paul Almasy, Bruno Barbey und Robert<br />

Capa.<br />

Manfred Paul (*1942), »Hinterhof/Friedhof/<br />

Lychener Straße«, Berlin 1979,<br />

Gelatin silver print, Printed 1979, 20 x 24<br />

(30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />

Manfred Paul (*1942), »Tulpen«, Berlin 1979,<br />

Gelatin silver print, Printed 1979,<br />

20 x 24 (30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />

bis 4. Mai <strong>2013</strong><br />

COLLECTION REGARD<br />

Marc Barbey<br />

Steinstraße 12<br />

10119 Berlin-Mitte<br />

Fr 14 – 18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

7


Galerien<br />

Michel Comte<br />

Mit über 100 Arbeiten gibt die Ausstellung<br />

einen umfassenden Einblick in das<br />

beeindruckende künstlerische Schaffen<br />

von Michel Comte, der zu den bedeutendsten<br />

zeitgenössischen Fashion- und<br />

Society- Photographen zählt. Seine individuelle<br />

Bildästhetik prägte die 1990er<br />

Jahre und hat vor allem die Fashion- Photographie<br />

bis heute nachhaltig beeinflusst.<br />

Erweitert wird die Ausstellung<br />

mit neuen und noch nie zu vor gesehenen<br />

Photographien aus »The Girl from<br />

Nagasaki«.<br />

Unter Topmodels Von Nadja Auermann<br />

über Gisele Bündchen oder Helena<br />

Christensen bis hin zu Tatjana Patitz<br />

und Alek Wek: Michel Comte zählt seit<br />

jeher zu den wenigen Photokünstlern,<br />

der die weltweit berühmtesten Topmodels<br />

der Geschichte in einzigartigen Inszenierungen<br />

photographiert hat. Das<br />

bedingungslose Vertrauen in das künstlerische<br />

Verständnis Michel Comtes und<br />

die »Beziehung« zu ihm resultieren in<br />

ungeahnte Szenarien und in eine offenbarende<br />

Hingabe, die sich in den photographischen<br />

Werken widerspiegelt. Ob<br />

eine als Pin-up-Girl posierende Cindy<br />

Crawford oder eine in sich vertieft und<br />

zugleich sinnlich-erotisch wirkende<br />

Helena Christensen, die Photographien<br />

werden stets von einer greifbaren Aura<br />

umgeben, die sich aus dem gemeinsamen<br />

Spiel zwischen Michel Comte und<br />

dem Model entwickelt. Der berühmte<br />

Akt von Carla Bruni als nicht minder<br />

herausragendes Beispiel ist Beleg für<br />

Comtes besonderes Gefühl für die Fragilität<br />

eines für Bruchteile von Sekunden<br />

vorherrschenden Spannungsmomentes.<br />

Die heute weltbekannte Photographie<br />

erzielte 2008 bei Christie’s ein Auktionsergebnis<br />

von 91.000 Dollar und<br />

ist als seltener Vintage-Silber-Gelatine-<br />

Print Teil der Ausstellung bei CAMERA<br />

WORK.<br />

»In Michel Comtes Bildern prallen Kunst<br />

und Wirklichkeit aufeinander. Sie sind<br />

brutal und poetisch – blenden und verstören.<br />

Die Gefühle, die sie hervorrufen,<br />

sind schmerzhaft und komplex: Nahrung<br />

für Geist und Seele.« – Geraldine<br />

Chaplin über Michel Comte.<br />

© Michel Comte, Daryl Hannah, (German<br />

Vogue), Los Angeles 1992<br />

© Michel Comte, Cindy Crawford, (Italian<br />

Vogue), London 1996<br />

© Michel Comte, Helena Christensen, »Save<br />

Safe Sex«, Paris 1993<br />

Die Persönlichkeit bestimmt den Stil<br />

Auch in den Porträts bedeutender Persönlichkeiten<br />

aus Schauspiel, Kultur,<br />

Sport und Musik offenbart sich Michel<br />

Comtes besonderer Zugang in die Persönlichkeiten.<br />

Der Künstler sieht im<br />

bedingungslosen Zugang zu seinen<br />

Porträtierten, ihrer Persönlichkeitsstruktur,<br />

ihrem Charisma sowie ihrer körperlichen<br />

und inneren Erscheinung die<br />

unabdingbare Grundlage für die Verwirklichung<br />

seiner Kreativität und das<br />

Ausleben der eigenen Prämissen.<br />

Bildsprache, Farbigkeit und Aufbau<br />

bewegen sich in keinen verstarrten<br />

Mustern. Vielmehr definiert sich<br />

Michel Comtes ästhetische Linie durch<br />

die künstlerische Vielfalt und Offenheit,<br />

einen cineastischen Blick sowie durch<br />

den experimentellen Einsatz zahlreicher<br />

Stilmittel. Diese passen sich den einzelnen<br />

Porträtierten an – jede Persönlichkeit<br />

ruft bei Comte eine bestimmte Bildsprache<br />

hervor, die sich aus der »Seele«<br />

und dem Äußeren abzeichnet. So reflektiert<br />

Comtes Porträt von Boy George das<br />

vielschichtige und extravagante Erscheinungsbild<br />

des Musikers, die stimmungsvolle<br />

und symbolbehaftete Photographie<br />

von Jörg Immendorff kommt einer<br />

visuellen Persönlichkeitsstudie gleich<br />

und Anna Nicole Smith unterstreicht in<br />

ihrem Porträt mit Pose und einer gelborange<br />

geprägten Farbigkeit ihr öffentliches<br />

Bild als Sexsymbol.<br />

Neben den bekanntesten Arbeiten aus<br />

seiner Künstlerkarriere präsentiert die<br />

Ausstellung bei CAMERA WORK darüber<br />

hinaus neue, nie zuvor gesehene<br />

Photographien von Michel Comte, die<br />

im Rahmen der Dreharbeiten seines mit<br />

Spannung erwarteten Kinofilms »The<br />

Girl from Nagasaki« entstanden sind.<br />

Zusammen mit seiner Ehefrau Ayako<br />

Yoshida als Regisseur und Produzent<br />

tätig, hat Michel Comte als »Stills Photographer«<br />

beeindruckende Photoarbeiten<br />

erschaffen, die einerseits spannende<br />

Einblicke in »The Girl from Nagasaki«<br />

ermöglichen, andererseits entkoppelt<br />

von der Handlung alleinstehende,<br />

atemberaubende und erhabene Werke<br />

sind, deren cineastischer Charakter fasziniert.<br />

Persönliche Porträts von Christopher<br />

Lee und der 2012 kurz nach den<br />

Dreharbeiten verstorbenen Anna Orso,<br />

exotisch-künstlerisch anmutende Photographien<br />

von Geishas oder actiongeladene<br />

Photographien aus einer anderen<br />

Welt befinden sich unter anderem<br />

in der exklusiven Auswahl erstmals<br />

gezeigter Photographien zum Film, zu<br />

8 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Comtes Kinofilm »The Girl from Nagasaki«<br />

ergibt sich in der Ausstellung von<br />

CAMERA WORK ein reizvolles Spannungsfeld<br />

zwischen zwei Photographiegenres,<br />

deren unterschiedliche Ästhetik<br />

das außerordentliche künstlerische<br />

Bewusstsein und die Wandlungsfähigkeit<br />

von Michel Comte gemein haben.<br />

© Michel Comte, Jeremy Irons, With Monocle, London 1990<br />

© Michel Comte, Jeff Koons, 1990<br />

dem auch ein imposantes Photobuch<br />

erscheinen wird.<br />

»The Girl from Nagasaki« ist eine multimediale<br />

und fantasievolle 3D-Verfilmung<br />

von »Madame Butterfly«, der<br />

weltbekannten Oper von Giacomo<br />

Puccini, und wurde in Japan, Deutschland<br />

und in den USA gedreht. Der Film<br />

zeichnet sich durch einen internationale<br />

Besetzung aus, ist geprägt von Michel<br />

Comtes einzigartig opulenten Stil und<br />

beinhaltet neben Musik-Performances<br />

und zeitgenössischem Ballett auch animierte<br />

Szenen. »The Girl from Nagasaki«<br />

erzählt die Geschichte einer begehrenswerten<br />

und sündenlosen Frau,<br />

deren Liebe zu einem von Narzissmus<br />

geprägten Mann in einer Tragödie<br />

endet. Neben Christopher Lee zählen<br />

u.a. auch Robert Evans, Marianne Faithfull,<br />

Nobu Matsuhisa, Michael Nyqvist,<br />

Edoardo Ponti, Clemens Schick, Polina<br />

Semionova, Michael Wincott, Ayako<br />

Yoshidaund Lisa Zane zum beeindruckenden<br />

Cast des Films, der Ende <strong>2013</strong><br />

in die Kinos kommen soll.<br />

Mit den legendären Vintage-Photographien<br />

der größten Weltstars und<br />

den neuen, von künstlerischer Narration<br />

geprägten Bildern aus Michel<br />

Über Michel Comte<br />

Im Jahr 1954 in Zürich als Sohn des<br />

Schweizer Flugpioniers Alfred Comte<br />

geboren, absolvierte Michel Comte<br />

zuerst eine Ausbildung als Restaurator,<br />

bevor er sich als Autodidakt der Photographie<br />

widmete. Mit 25 Jahren wurde<br />

Comte erstmals von Karl Lagerfeld und<br />

Chloe für eine große Werbekampagne<br />

engagiert und arbeitete fortan in Paris.<br />

Für die amerikanische »Vogue«, für die<br />

der Künstler zahlreiche Kampagnen<br />

produzierte, zog der Künstler anschließend<br />

nach New York. Innerhalb weniger<br />

Jahre avancierte Michel Comte zu<br />

einem der gefragtesten und beliebtesten<br />

Fashion-, Porträt- und Aktphotographen<br />

weltweit, produziert prägende<br />

Photostrecken für führende Magazine<br />

wie »Harper’s Bazaar«, »Vanity<br />

Fair« oder »Vogue« und hat die Photokunst<br />

nachhaltig beeinflusst. Neben<br />

seinen von Beginn an verschriebenen<br />

Genres entwickelte Michel Comte alsbald<br />

ein gesteigertes Interesse für Reportage-<br />

oder Dokumentarphotographie<br />

und ist als Reporter für das Internationale<br />

Rote Kreuz tätig. Die Photoarbeiten<br />

von Michel Comte sind Bestandteil<br />

zahlreicher renommierter Sammlungen<br />

und werden in internationalen Ausstellungen<br />

gezeigt. Der Künstler lebt heute<br />

in New York.<br />

bis 1. Juni 2012<br />

Galerie Camera Work<br />

Kantstraße 149<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Sa<br />

11 – 18 Uhr<br />

Homepage:<br />

www.camerawork.de<br />

Facebook:<br />

www.facebook.com/cameraworkberlin<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

9


Galerien<br />

Jean-Baptiste Huynh<br />

»Remanence«<br />

Jean-Baptiste Huynh, Louvre – Marc Aurèle, Paris, Musée de Louvre, 2010<br />

Jean-Baptiste Huynh, Louvre – Crane en Cristal,<br />

Paris, Musée du lLuvre, 2012<br />

Jean-Baptiste Huynh, Feuille de Galag,<br />

France, 2001, (Original in Farbe)<br />

Die CWC GALLERY präsentiert seit<br />

dem 22. Februar <strong>2013</strong> die Ausstellung<br />

»Remanence« des Photokünstlers Jean-<br />

Baptiste Huynh. Alle Arbeiten entstanden<br />

im Louvre in Paris, in dem unter<br />

großem öffentlichem und medialem<br />

Interesse die Ausstellung im vergangenen<br />

Jahr Premiere feierte. Nachdem<br />

»Remanence« bis Ende 2012 im Louvre<br />

gezeigt wurde, übernimmt die CWC<br />

GALLERY nun unmittelbar die Ausstellung<br />

und zeigt sie erstmals in Deutschland.<br />

Unter dem Titel »Remanence« präsentiert<br />

Jean-Baptiste Huynh in beeindruckenden<br />

photographischen Arbeiten<br />

eine Auswahl von Objekten, Skulpturen,<br />

Gemälden und Artefakten aus dem<br />

wohl berühmtesten Museum der Welt –<br />

dem Louvre. Die großformatigen Silber-<br />

Gelatine-Prints zeigen jeweils einzelne<br />

Kunstwerke aus verschiedenen Epochen,<br />

Kunstgattungen und Abteilungen<br />

des Museums, wobei sich Jean-Baptiste<br />

Huynh den ausgewählten Kunstobjekten,<br />

darunter prunkvolle Amulette, mystische<br />

Masken, orientalische Porträts<br />

oder auch profane Gegenstände wie<br />

historische Schüsseln, mit einer besonderen<br />

künstlerischen Intention genähert<br />

hat. Die selektiv und exemplarisch verbildlichte<br />

Reise durch die Sammlung<br />

des Louvre versteht Huynh als allumfassende<br />

Verbildlichung und Verinnerlichung<br />

des übertragenen Kulturverständnisses.<br />

Jedes Objekt aus einem<br />

historischen Zeitabschnitt zeugt von<br />

der Kraft des Beharrlichen und symbolisiert<br />

zugleich die fortführende kulturhistorische<br />

Weitergabe und den Übergang<br />

von etwas Bleibendem: »Bol Vert«<br />

zeigt die Unterseite eines Jahrhunderte<br />

alten Behältnisses – in Huynhs Photographie<br />

erscheint sie heute als Weltkugel,<br />

das Werk »Plaque« – eine abgebildete<br />

quadratische Goldtafel – ließe sich<br />

von der Bildwissenschaft in der modernen<br />

Kunst als Farbfeldmalerei deuten<br />

und die im Louvre ausgestellte Skulptur<br />

des römischen Kaisers Mark Aurel<br />

verliert ihren urpsrünglichen Charakter<br />

der Herrscherdarstellung und Repräsentation<br />

von Macht und dient heute<br />

eher als Symbol der Vergänglichkeit<br />

und eines abgeschlossenen Zeitalters.<br />

Der Titel der Serie »Remanence« (lat.<br />

remanere ‚bleiben‘, ‚zurückbleiben‘)<br />

verweist auf diese Ambivalenz.<br />

Jean-Baptiste Huynh steuert in den<br />

Arbeiten den Blick des Betrachters und<br />

lässt ihn nicht im physischen Gegenstand<br />

mit dessen Abbildhaftigkeit verharren,<br />

sondern verstärkt die Konzentration<br />

auf die historische, kulturelle<br />

Bedeutsamkeit und den Wandel<br />

der Deutungshoheit, der auch optisch<br />

durch Oxidation, Zerstörung oder einen<br />

vom Künstler gesetzten Fokus zum Ausdruck<br />

kommt – Huynhs Bildsprache ist<br />

für diesen dargestellten Transformationsprozess<br />

des Gegenstandes prädestiniert.<br />

10 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Schatten. Dadurch entflammt in den<br />

Werken dank dezentem Lichteinsatz<br />

nicht nur eine hohe Leuchtkraft, sondern<br />

ensteht zudem eine optisch spannende<br />

Körperhaftigkeit und zugleich<br />

unmittelbare Nähe zum Betrachter.<br />

Die Ausstellung in der CWC GALLERY<br />

wird mit weiteren herausragenden<br />

Werken vergangener Serien von Jean-<br />

Baptiste Huynh ergänzt.<br />

Jean-Baptiste Huynh, Huyen IX, Vietnam, 2010<br />

Über Jean-Baptiste Huynh<br />

Als Sohn einer Französin und eines Vietnamesen<br />

wurde Jean-Baptiste Huynh<br />

1966 in Frankreich geboren. Bereits in<br />

seiner Jugendzeit entwickelte sich bei<br />

Huynh ein ausgeprägtes Bewusstsein für<br />

künstlerische Photographie heraus, die<br />

er als Autodiktat umsetzte. Sein Werkekorpus<br />

umfasst Landschaften, Porträts,<br />

Akt und Stillleben. Huynh arbeitet konsequent<br />

mit einer analogen 6x6-Mittelformatkamera<br />

und meidet bis dato die<br />

digitale Photographie. Neun qualitativ<br />

hochwertige Publikationen fassen<br />

Huynhs umfangreiches Werk zusammen,<br />

welches bereits in zahlreichen<br />

internationalen Ausstellungen präsentiert<br />

wurde. Jean-Baptiste Huynh wird<br />

seit 2004 von CAMERA WORK vertreten<br />

und manifestierte seine Ausnahmestellung<br />

in der zeitgenössischen Photographie<br />

mit zahlreichen ihm gewidmeten<br />

Ausstellungen bei CAMERA WORK<br />

(2004, 2009, 2011), einer Retrospektive<br />

in der Ecole Nationale Supérieure des<br />

Beaux-Arts in Paris (2006) und der Einzelausstellung<br />

im Louvre (2012).<br />

Jean-Baptiste Huynh, Mains I, Ethiopie, 2005 Jean-Baptiste Huynh, Couteau, Japon, 2003<br />

Sparsam, doch aufwendig ausgeleuchtet,<br />

und auf das Wesentliche reduziert,<br />

erlangt Huynh in seinen Arbeiten den<br />

charakteristischen Purismus. Durch<br />

die Klarheit und Strenge im Bildaufbau<br />

vermitteln die Photographien eine<br />

reine, nahezu magische Atmosphäre<br />

und verleihen den Kunstwerken einen<br />

majestätischen Charakter eines Ritualobjektes.<br />

Unmittelbar spürbar für den<br />

Betrachter ist die tiefe »Intimität«, die<br />

sich zwischen dem Photographen und<br />

dem Gegenstand auftut. Die sorgfältige<br />

und präzise Auseinandersetzung<br />

mit dem Sujet ist hierbei unverzichtbare<br />

Voraussetzung im Entstehungsprozess<br />

der reduzierten, ausdrucksstarken<br />

Arbeiten.<br />

Besondere Bedeutung erlangt bei Arbeiten<br />

wie »Crane en Cristal« oder »Marc<br />

Aurèle« die künstlerische Dichtomie<br />

von hell und dunkel sowie Licht und<br />

bis 11. Mai <strong>2013</strong><br />

CWC GALLERY<br />

Auguststraße 11<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – Sa<br />

11 – 19 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

11


Galerien<br />

Thomas Wrede<br />

»Katastrophe und<br />

Idylle«<br />

Seit fast zehn Jahren entsteht die Serie<br />

»Real Landscapes« des deutschen Fotokünstlers<br />

Thomas Wrede (*1963). Die<br />

internatonal viel beachtete Serie verbindet<br />

wirkliche Landschaftspanoramen<br />

mit in Szene gesetzten Modellen<br />

so, dass sie die Suggestionskraft medialer<br />

Bilder ebenso wie die eigenen Sehgewohnheiten<br />

befragt. Im Kontext der<br />

Werke hat Thomas Wrede dabei sowohl<br />

ironische, klischeehafte wie romantische<br />

Befragungen beleuchtet.<br />

Seine neusten Werke bei Wagner + Partner<br />

wenden sich auf beeindruckende<br />

Weise den globalen Katastrophen der<br />

letzten Jahre zu, die dem Publikum<br />

durch Internet und Fernsehen mehr als<br />

bekannt scheinen: Tsunamis, Fukushima,<br />

Hurricane Katrina oder jüngst<br />

Sandy. Im modellhaften Arrangement<br />

und im subjektiven Nachstellen arbeitet<br />

der Künstler eine Phänomenologie<br />

der Zerstörung heraus.<br />

Während auf der einen Seite Muster<br />

menschlich verursachter oder natürlicher<br />

Katastrophen sichtbar werden, die<br />

der Künstler wie Archtetypen in seinen<br />

neusten Bildern herausstellt, erlebt der<br />

Betrachter zugleich die Kraft romantischer<br />

Bilder, die auch im Zeitalter von<br />

digitaler Bildbearbeitung noch immer<br />

wirken. Sonnenuntergänge, Winteroder<br />

Nachtszenen werden von Thomas<br />

Wrede gekonnt als Idyllen ins Bild<br />

gesetzt.<br />

Nach der Flut 2012, © Thomas Wrede, courtesy Galerie WAGNER + PARTNER<br />

Achterbahn, © Thomas Wrede, courtesy Galerie WAGNER + PARTNER<br />

27. April bis 1. Juni <strong>2013</strong><br />

Galerie WAGNER + PARTNER<br />

Cai Wagner<br />

Strausberger Platz 8<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Di – Sa 13 – 18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

www.galerie-wagner-partner.com<br />

Vernissage<br />

26. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

Bauruinen, © Thomas Wrede, courtesy Galerie<br />

WAGNER + PARTNER<br />

12 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Frank Darius<br />

»DAS PARADIES IST<br />

HIER«<br />

Frank Darius zeigt Bilder der Leere, in<br />

denen die Natur, anders als in seinem<br />

letzten Buch Willkommen im Garten,<br />

auf minimale Spuren reduziert ist: Die<br />

geknickten Gräser auf einer Schneefläche<br />

werden zu kalligraphischen Zeichen,<br />

das Schilf im Wasser zu schwimmenden<br />

Linien auf weißem Grund, die<br />

sich an einem Drahtgeflecht windenden<br />

zarten Linien entpuppen sich als<br />

Hopfenschnüre vor einer hellgrauen<br />

Himmelsfläche. Jetzt geht Darius vom<br />

Garten zum Paradies. Sein Paradiesgarten<br />

gehört zum Bereich jenseits der<br />

Dichotomie Natur/Kultur, die reduzierten<br />

Zeichen sind wie Hinweise auf<br />

die bewusste Ausblendung kultureller<br />

Aggression. Darius geht das Wagnis ein,<br />

seinen Beitrag zur Wiederverzauberung<br />

der Welt in Bildern von unverbrüchlicher<br />

Schönheit zu leisten. Er zeigt auf,<br />

dass sich das Paradies im Innersten<br />

eines jeden von uns findet, unter vielen<br />

Schichten der Wahrnehmung.<br />

Und dass das Fühlen immer vor der<br />

Ratio steht.<br />

»Frank Darius reduziert in seinen Naturbildern<br />

die Welt auf feinste poetische<br />

Strukturen. ‚Was ist Natur wirklich?‘<br />

fragt sich Darius in seinen Werken, in<br />

denen kleinste Momente des Lebendigen,<br />

Zweige, Blätter und dürres Geflecht<br />

von Schnee, Nebel oder Wasser beinahe<br />

ausgelöscht werden. Darius zeigt<br />

mit einer radikal ehrlichen Bildsprache:<br />

Die Welt ist ein Innenraum, der sich als<br />

ein unaufhaltsamer poetischer Prozess<br />

entfaltet. Der Betrachter spürt: Auch wir<br />

sind Welt, die wirkliche Welt aber enthüllt<br />

sich zugleich als unser Inneres.<br />

Eine solche Haltung beendet unsere<br />

postmoderne Beschwörung der Gebrochenheit.<br />

Denn der Bruch ist in der<br />

Lebendigkeit selbst. Wir tragen ihn mit<br />

uns als Lebensfunken, der allein das<br />

Schöne zu sehen erlaubt. Das Paradies<br />

kann demnach nirgendwo anders<br />

sein als hier. Es zeigt sich, aber nur im<br />

Erblicktwerden«. (Andreas Weber, in:<br />

Frank Darius, Hopfen I, 2011, 70 x 82 cm, © VG Bildkunst Bonn/ Frank Darius<br />

Frank Darius, Untitled I (Botanik), 2011,<br />

103 x 130 cm,<br />

© VG Bildkunst Bonn/ Frank Darius<br />

Frank Darius: DAS PARADIES IST HIER,<br />

Ausstellungskatalog Kehrer Verlag Heidelberg<br />

<strong>2013</strong>)<br />

Begleitende Veranstaltung zur Ausstellung:<br />

Mittwoch, 17. April <strong>2013</strong> um 19 Uhr: in<br />

der Reihe »Literaturhaus der Fotografie«<br />

Lesung und Gespräch mit Dr. Andreas<br />

Weber über das Verhältnis zwischen<br />

Kunst und Natur im Blickwinkel einer<br />

Schöpferischen Biologie.<br />

Moderation: Thomas Böhm, Leiter des<br />

internationalen literaturfestivals berlin.<br />

Eintritt frei. Voranmeldung wegen<br />

beschränkter Plätze.<br />

Frank Darius, Teufelsberg 2001/10,<br />

120 x 143 cm,<br />

© VG Bildkunst Bonn/ Frank Darius, (O.i.F.)<br />

»Seltsam, im Nebel zu wandern!<br />

Einsam ist jeder Busch und Stein,<br />

Kein Baum sieht den andern,<br />

Jeder ist allein.«<br />

(Hermann Hesse)<br />

bis 17. Mai <strong>2013</strong><br />

Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

Auguststraße 75<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – So 11 – 18 Uhr<br />

Do 11 – 21 Uhr<br />

www.alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

13


Galerien<br />

Hanns Zischler –<br />

Nach der Natur<br />

(camera obscura)<br />

Hanns Zischler ist als Schauspieler und<br />

Publizist bekannt. Seit 1970 arbeitet er<br />

im Windschatten seiner anderen Tätigkeiten<br />

auch als Fotograf. Seit den 1990er<br />

Jahren widmet er sich nach dem Kauf<br />

einer Rigby-pin-hole-camera (4 x 5 inch)<br />

verstärkt der Lochbildfotografie.<br />

»Es geht bei dieser Art der Fotografie<br />

für mich darum, das fließende Spiel der<br />

bewegten Elemente (wie die Götter im<br />

Mythos sind es Wind, Welle und Wolke)<br />

mit den unbeweglichen Gegenständen<br />

zu überlisten und zu einem einzigen<br />

Zeitbild (von zwei Minuten und mehr)<br />

zu zähmen, ins Gehäuse zu locken<br />

und auf dem Planfilm in einem durchaus<br />

wörtlichen Sinn zu domestizieren.<br />

‚Die Sonne bringt es an den Tag‘, sagte<br />

einmal Adelbert von Chamisso. Diese<br />

Maxime beschreibt hinreichend meine<br />

Arbeit mit der camera obscura. Die<br />

Wahl der Motive ist von kaum benennbaren<br />

Vorahnungen begleitet, die jenseits<br />

der bloß technischen Mutmaßungen<br />

über das Ergebnis – Schattenverlauf,<br />

Leuchtkraft der Farben, Ausmaß der<br />

Bewegungsunschärfe – liegen. Unverzichtbare<br />

Voraussetzung ist die ruhige<br />

Betrachtung, ehe an die Bestimmung<br />

des Standorts und der dort herrschenden<br />

Lichtverhältnisse zu denken ist. Die<br />

unmittelbar gegenüber der Blendenöffnung<br />

liegende Fläche empfängt mehr<br />

Lichtpartikel als die Ränder, so dass<br />

am Ende der Belichtung eine von der<br />

hellen, solaren Mitte des Bildes nach<br />

außen dunkler werdende, pulsierende<br />

Lichtstreuung zu beobachten ist. Die<br />

Frage der Schärfe bzw. Unschärfe ist<br />

aus physikalischen Gründen für diese<br />

Art der Fotografie unerheblich.« (Hanns<br />

Zischler).<br />

camera obscura: Der englische Feinmechaniker<br />

Rigby stellt für die klassischen<br />

Fotoformate 4 x 5 inch und 10 x 13 inch<br />

sogenannte „pin-hole cameras“ her. Es<br />

sind fest vernutete, rechteckige Eichenholzkästen<br />

mit einer präzise durchbohrten<br />

Messingscheibe – Blende 1 / 164 – in<br />

der Mitte der Vorderseite (mit einer aus-<br />

Fels will zurück ins Meer, 2010, © Hanns Zischler, (Original in Farbe)<br />

wärtigen Verschlussklappe) und einer<br />

offenen Rückwand für die Halterung<br />

und den Wechsel der Planfilmkassetten.<br />

Zwei Schraubbohrungen im Gehäuse<br />

erlauben die Fixierung eines Stativs für<br />

Aufnahmen im Hoch- und Querformat.<br />

Da es für die camera obscura keinen<br />

externen »Sucher« gibt, kann nur die<br />

individuelle Erfahrung bei der Bestimmung<br />

der Cadrage (mit einer Öffnung<br />

von ca. 105 Grad) behilflich sein. Gleiches<br />

gilt für die Dauer der Belichtung.<br />

Hanns Zischler (*1947 in Nürnberg)<br />

lebt und arbeitet seit Ende der 1960er<br />

Jahre in Berlin. Als Schauspieler hat er<br />

u.a. unter der Regie von Wim Wenders,<br />

Jean-Luc Godard, Claude Chabrol und<br />

Steven Spielberg gearbeitet. 2006 gründete<br />

er den Alpheus Verlag. Neben zahlreichen<br />

Aufsätzen erschien 1996 im<br />

Rowohlt Verlag sein Roman Kafka geht<br />

ins Kino. 2010 gab Zischler, zusammen<br />

mit der Künstlerin Hanna Zeckau den<br />

Schmetterlingskoffer sowie mit Ulrich<br />

Moritz und Agnieszka Pufelska Vorstoß<br />

ins Innere - Streifzüge durch das Berliner<br />

Naturkundemuseum heraus. Im<br />

Monat April werden seine beiden neuesten<br />

Publikationen Berlin ist zu groß für<br />

Berlin (Galiani Berlin) und, zusammen<br />

mit Elke Schmitter Galerie der Namenlosen<br />

(Alpheus Verlag) vorgestellt. 2009<br />

erhielt er den Heinrich-Mann-Preis der<br />

Akademie der Künste, Berlin. Für sein<br />

kulturelles Schaffen und Engagement<br />

wird dem Autor im März der Preis der<br />

Deutschen Literaturhäuser verliehen.<br />

14 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Selbstportrait vor rauher See, 2010,<br />

© Hanns Zischler, (Original in Farbe)<br />

Folgende Veranstaltungen finden im<br />

Rahmen der Ausstellung statt:<br />

Sonntag, 9. Juni <strong>2013</strong>, 14.00 Uhr:<br />

Prof. Dr. Peter Geimer, Kunsthistorisches<br />

Institut der Freien Universität Berlin, im<br />

Gespräch mit Hanns Zischler<br />

Donnerstag, 20. Juni <strong>2013</strong>, 19.00 Uhr:<br />

Prof. Dr. Hubertus von Amelunxen, Präsident<br />

der Hochschule für Bildende<br />

Künste Braunschweig, im Gespräch mit<br />

Hanns Zischler<br />

Rauchquast über Schreberland, 2001, © Hanns Zischler, (Original in Farbe)<br />

Das Blitzen der Blüten, 2010, © Hanns Zischler,<br />

(Original in Farbe)<br />

Eröffnung:<br />

24. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

Eröffnungsrede:<br />

Prof. Dr. Hubertus von Amelunxen<br />

25. Mai bis 30. Juni <strong>2013</strong><br />

Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

Auguststraße 75<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Sonntag, 30. Juni <strong>2013</strong>, 14.00 Uhr:<br />

Finissage. Lesung mit Hanns Zischler in<br />

der Reihe »Literaturhaus der Fotografie«,<br />

moderiert von Thomas Böhm, Leiter des<br />

internationalen literaturfestivals berlin<br />

Zur Ausstellung in der Alfred Ehrhardt<br />

Stiftung erscheint das gleichnamige<br />

Buch Hanns Zischler – Nach der<br />

Natur (camera obscura) im Kehrer<br />

Verlag. Mit Texten von Jean-Christophe<br />

Bailly, Christiane Stahl und Hanns<br />

Zischler; 16,5 x 22 cm; 72 Seiten, 24<br />

Farbabbildungen, Deutsch/Englisch,<br />

24,80 EUR.<br />

Di – So 11 – 18 Uhr<br />

Do 11 – 21 Uhr<br />

www.alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

15


Galerien<br />

Matthias Klages<br />

»Fotografien«<br />

Mathias Klages, geboren 1959 in Lüneburg.<br />

Schon früh von der Fotografie fasziniert,<br />

arbeitet er als Autodidakt bevorzugt in<br />

Schwarz/weiß.<br />

Bevorzugte Genres sind Stadtlandschaften,<br />

Architektur und Porträt.<br />

Er arbeitet ausschließlich analog bei<br />

natürlichem Licht.<br />

Die Galerie präsentiert eine Auswahl<br />

von 36 Fotografien zum Thema Straßenmusikantenporträts<br />

und Stadtlandschaft.<br />

.<br />

© Matthias Klages<br />

© Matthias Klages<br />

Vernissage:<br />

12. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

12. April bis 25. Mai <strong>2013</strong><br />

imago fotokunst<br />

Linienstraße 145<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

© Matthias Klages © Matthias Klages<br />

Di – Fr<br />

Sa<br />

12 – 19 Uhr<br />

14 – 18 Uhr<br />

16 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Katrin Streicher<br />

»Kulissen des<br />

Alltäglichen«<br />

Die Fotografien aus Katrin Streichers<br />

Arbeit »Kulissen des Alltäglichen« entstanden<br />

während ihrer Reise durch den<br />

Nordwesten der USA von Oregon über<br />

Kalifornien, Nevada und Utah nach<br />

Colorado.<br />

Die Fotografin zeigt stille, scheinbar<br />

gewöhnliche und alltägliche Orte, die<br />

fast wie Kulissen aus einem bereits<br />

abgedrehten Film wirken. Die europäische<br />

Erwartung einer neuen modernen<br />

Welt wird hier ad absurdum geführt, da<br />

sich die Orte einer zeitlichen Einordnung<br />

verwehren. Sie wecken Neugier<br />

auf die unbekannten Geschichten, die<br />

sie erlebt haben. Es entsteht die Versuchung,<br />

nach ihren Geheimnissen zu<br />

forschen. Doch diese verschwinden<br />

zwischen den Bäumen wie nächtliche<br />

Schatten, sie entziehen sich den Blicken<br />

im Ungewissen. Sichtbar bleiben<br />

nur Spuren und dennoch spiegeln sie<br />

unverkennbar das Vergehen der Zeit.<br />

Da erholt sich ein Riesenrad von<br />

seinem Drehschwindel, bunte Luftballons<br />

warten auf ihr Schrumpfen, blasse<br />

Farben träumen vom Glanz vergangener<br />

Tage, verlassene Hotels und rosa<br />

Wände flüstern uns die Geschichten<br />

ihrer einstigen Bewohner zu. All diese<br />

leisen Stimmen erzählen die universelle<br />

Geschichte vom Ankommen und<br />

vom Wegfahren, von der Liebe und dem<br />

Leben, von Traurigkeit, Fröhlichkeit und<br />

der Sehnsucht.<br />

Dabei bleibt die Frage nach den Spuren,<br />

die wir hinterlassen, wenn wir aus<br />

dem Bildrahmen treten? Was sehen wir,<br />

wenn unsere Augen wandern? Welche<br />

Geschichten bleiben an den Orten, die<br />

wir schon verlassen haben? Und was<br />

flüstern die, die noch vor uns liegen?<br />

Katrin Streicher lebt und arbeitet in<br />

Berlin. Sie studierte Fotografie in München<br />

und Visuelle Anthropologie mit<br />

Schwerpunkt Dokumentarfotografie<br />

© Katrin Streicher, (O.i.F.) © Katrin Streicher, (O.i.F.)<br />

© Katrin Streicher, (O.i.F.)<br />

in Manchester. Ihr erstes Fotobuch »In<br />

Between – Sibirien China Mongolei«<br />

erschien 2011 im Verlag Nimbus Kunst<br />

und Bücher.<br />

Ihre Arbeiten waren in Gruppen- und<br />

Einzelausstellungen in Berlin, Hamburg,<br />

München, Manchester und London zu<br />

sehen.<br />

Vernissage<br />

5. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

© Katrin Streicher, (O.i.F.)<br />

© Katrin Streicher, (O.i.F.)<br />

6. April bis 28. April <strong>2013</strong><br />

aff Galerie<br />

Kochhannstraße 14<br />

10249 Berlin-Friedrichshain<br />

Sa + So 14 – 17 Uhr<br />

www.aff-galerie.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

17


Galerien<br />

Helena Schätzle<br />

»9645 Kilometer<br />

Erinnerung«<br />

Bis heute prägen die Erfahrungen des<br />

Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit<br />

die Bewohner Europas. Was<br />

kann man erzählen von den Erlebnissen<br />

einer Generation, was in Bildern<br />

fassen an Erinnerungen, die mehr als 60<br />

Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

noch immer durchtränkt sind von<br />

Bedrohung und Gewalt? Wie Geschehnisse<br />

sichtbar machen, die zwar dauerhaft<br />

eingebrannt sind in das Gedächtnis<br />

der Betroffenen, aber dennoch im<br />

Namenlosen liegen. Geschehnisse, die<br />

aus einer unendlichen Menge an Erinnerungen<br />

und Quellen in den Gedächtnissen<br />

gespeichert sind?<br />

In ihrer Arbeit »9645 Kilometer<br />

Erinnerung« fügt Helena Schätzle<br />

persönliche Erinnerungen und Bilder<br />

zu einem kollektiven Erinnerungsstrom<br />

zusammen. Ausgangspunkt hierfür sind<br />

die lebensgeschichtlichen Erfahrungen<br />

und Erinnerungen ihres Großvaters,<br />

der als deutscher Soldat im Zweiten<br />

Weltkrieg kämpfte. Hierfür reiste sie<br />

durch Osteuropa und hielt Landschaften<br />

und Orte fest, die als beständiger stummer<br />

Zeuge die Kriegsjahre miterlebt haben<br />

und sich bis heute ihre Zeitlosigkeit<br />

bewahren.<br />

Ebenso fotografierte sie Menschen,<br />

die zur selben Zeit am selben Ort<br />

wie ihr Großvater waren, hier jedoch<br />

Geschichte(n) aus anderer Perspektive<br />

erlebten. Die aktuellen Portraits der<br />

Frauen und Männer und ihre persönlichen<br />

Dokumente aus der Vergangenheit<br />

ergeben kein lineares, konsistentes Bild.<br />

Es existiert hingegen eine lebendige<br />

Beziehung zwischen Vergangenheit<br />

und Gegenwart, die sich in den<br />

Gesichtern der Menschen abbildet, in<br />

ihre Körper und deren Ausdrucksgestalt<br />

eingeschrieben ist. Um die Erfahrungen<br />

ihres Großvaters und die Erinnerungen<br />

der fotografierten Zeitzeugen zu verbinden,<br />

lies sie persönliche Aussagen<br />

in Textform in ihre Arbeit einfließen.<br />

Erfahrungen von Verfolgung und<br />

Vernichtung, von Krieg, Vertreibung,<br />

© Helena Schätzle<br />

© Helena Schätzle, (Original in Farbe) © Helena Schätzle, (Original in Farbe)<br />

Flucht und Ankommen gewinnen so<br />

ihre Gestalt als Erzählung, die keiner<br />

einheitlichen Stimme folgt. Die Arbeit<br />

entstand zwischen 2008 und 2012 und<br />

erschien 2012 im Verlag Nimbus Kunst<br />

und Bücher.<br />

Helena Schätzle, Jahrgang 1983, studierte<br />

Visuelle Kommunikation<br />

mit Schwerpunkt Fotografie an der<br />

Kunsthochschule Kassel. Ihre Arbeiten<br />

wurden vielfach ausgezeichnet, unter<br />

anderem durch »gute aussichten«, »The<br />

Aftermath Projekt«, »Epson Award«,<br />

»Inge Morath Award«. Sie hatte u.a.<br />

Ausstellungen in Hamburg, Washington,<br />

Kassel, Köln, Mumbai, Stuttgart, Berlin.<br />

Vernissage<br />

10. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

© Helena Schätzle, (Original in Farbe)<br />

11. Mai bis 2. Juni <strong>2013</strong><br />

aff Galerie<br />

Kochhannstraße 14<br />

10249 Berlin-Friedrichshain<br />

Sa + So 14 – 17 Uhr<br />

www.aff-galerie.de<br />

18 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Antonius<br />

Jörg Rubbert<br />

»New York City Limits«<br />

Die aff-Galerie zeigt Fotografien von<br />

den zwei Berliner Künstlern Antonius<br />

und Jörg Rubbert, die das New York der<br />

kleinen Leute und Immigranten thematisieren.<br />

Es geht um den amerikanischen<br />

Traum, den Einwanderer und Menschen<br />

aus unteren sozialen Schichten träumen:<br />

»Try & Error« im täglichen Kampf um<br />

Perspektive und gesellschaftliche Anerkennung.<br />

Für die Mehrzahl von ihnen<br />

entpuppt sich dieser Traum als Phantom:<br />

Die Wirklichkeit sieht anders aus …<br />

Während Rubbert‘s Fotos Anfang der<br />

neunziger Jahren während mehrerer<br />

Aufenthalte in der Stadt am East<br />

River entstanden, fotografierte Antonius<br />

seine Serie in einem Zeitraum von<br />

2007–<strong>2013</strong>. Gezeigt wird also das New<br />

York vor und nach dem 11. September,<br />

vor und nach der kollektiven traumatischen<br />

Katastrophe, die das menschliche<br />

Zusammenleben bis heute überschattet.<br />

Anfang der neunziger Jahre galt New<br />

York als Stadt der Extreme: Millionengeschäfte<br />

an der Wall Street einerseits,<br />

beängstigend zunehmende Straßenkriminalität<br />

andererseits. Während ersteres<br />

auch nach der Finanzkrise weiterhin<br />

gilt, wurde die Straßenkriminalität<br />

mittlerweile erfolgreich bekämpft. Dies<br />

bedeutet aber nicht, dass sich die soziale<br />

Situation für die kleinen Leute und<br />

Immigranten entscheidend verbessert<br />

hat.<br />

Der Schwerpunkt liegt bei beiden Fotografen<br />

auf den eher unscheinbaren Situationen<br />

des Alltags. Auf ihren Streifzügen<br />

durch die Straßenschluchten New<br />

Yorks entstanden Fotos mit tiefem Einfühlungsvermögen<br />

für die Belange der<br />

Menschen, eine Entdeckungsreise in die<br />

»Condition humaine«: Menschen-Beobachtungen,<br />

die verdeutlichen, dass die<br />

Straße die Bühne des Lebens ist, auf der<br />

sich Privates ereignet ein »kollektives<br />

Wohnzimmer, in dem ausgeruht, gefeiert,<br />

getratscht, gelitten oder sinniert<br />

wird« (Zitat: Michael Nungesser).<br />

© Antonius, »Scene on Broadway«<br />

© Jörg Rubbert, »Cream cake«<br />

Antonius und Jörg Rubbert präsentieren<br />

zeitlose Bilder, die von einem starken<br />

Interesse für gesellschaftliche Themen<br />

zeugen und eine bisweilen desillusionierte,<br />

kritische Sicht auf die Stadt als<br />

gesellschaftlichen Pulsmesser gewähren.<br />

Die beiden Fotografen interpretieren<br />

das Thema dabei auf ihre eigene Art:<br />

Während die monochromierten Bilder<br />

von Antonius Teil einer Kompilation<br />

aus »stills, moving images and sounds«<br />

sind, die als Gesamtkunstwerk präsentiert<br />

werden, sind die Bilder Rubbert‘s<br />

dem Genre der klassischen Street Photography<br />

zuzurechnen.<br />

Vernissage<br />

7. Juni <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

© Jörg Rubbert, »Chinese street vendor«<br />

8. Juni bis 7. Juli <strong>2013</strong><br />

aff Galerie<br />

Kochhannstraße 14<br />

10249 Berlin-Friedrichshain<br />

Sa + So 14 – 17 Uhr<br />

www.aff-galerie.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

19


Galerien<br />

David Favrod<br />

Michel Le Belhomme<br />

»There are more<br />

things«<br />

©David Favrod, (Original in Farbe)<br />

© Michel Le Belhomme<br />

»There are more things« ist der Titel einer<br />

Kurzgeschichte von Borges und der<br />

gemeinsamen Ausstellung der beiden<br />

Künstler David Favrod (»Omoide Poroporo»)<br />

und Michel Le Belhomme (»La<br />

Bête Aveugle«).<br />

David Favrod, Sohn japanischer und<br />

Schweizer Eltern, forscht in seinen Bildern<br />

nach seiner Herkunft, seiner Identität<br />

und seinen Wurzeln in den beiden<br />

Kulturen.<br />

Michel Le Belhomme gestaltet, was er<br />

»Umgebungen« nennt. Es sind Konstruktionen<br />

von kleinerem Format bis hin zu<br />

menschlichen Proportionen. Alle Fotografien<br />

sind in seinem Haus aufgenommen,<br />

entweder drinnen oder draußen.<br />

Dabei setzt er sich mit den Gefühlen des<br />

Gefangenseins und der Entfremdung im<br />

alltäglichen Raum aus.<br />

In die Novelle von Borges fasziniert und<br />

erschreckt ein rotes Haus. Das Eindringen<br />

in das Haus wird als ein monströser<br />

Traum beschrieben, wo der Mensch<br />

zwischen dem Fantastischen und dem<br />

Unwirklichen taumelt. J. L. Borges vermischt<br />

Erinnerungen und Details des<br />

Alltags, er entfernt sich von der Erzählung<br />

durch Assoziationen und hinterlässt<br />

ein Ende, das unvollendet und verstörend<br />

erscheinen mag. Der Sinn der<br />

Geschichte drängt sich beim ersten Mal<br />

nicht eindeutig auf, das erneute Lesen<br />

kann in andere Richtungen weisen.<br />

Wie bei Jorge Luis Borges experimentieren<br />

Michel Le Belhomme und David<br />

Favrod mit Maßstäben und deren Darstellung,<br />

um sich das Gewöhnliche und<br />

den Alltag durch ein bisweilen verwirrendes,<br />

immer poetisches, manchmal<br />

absurdes oder ironisches Spiel zurückzuerobern.<br />

Beide Künstler vermischen<br />

Details des täglichen Lebens mit Elementen<br />

der Natur. Die Pflanzen wuchern im<br />

Überfluss und wirken in Le Belhommes<br />

Bildern bedrohlich. Bei Favrod ist die<br />

Vegetation ein Verweis auf die japanische<br />

Bildsprache und Symbolik. Le Belhomme<br />

verbrennt die Fotografie eines<br />

Kinderzimmers, Favrod zeigt ein seltsames<br />

urbanes Feuer via google earth. Man<br />

kann etwas Helles in einem verrauchten<br />

Zimmer erraten, wie eine Hülle aus<br />

Licht auf einem Bett. In ihren Bildern<br />

verschmelzen sich sowohl persönliche,<br />

als auch gemeinsame und offene Metaphern,<br />

rufen einen anderen Sinn hervor<br />

und stören gewonnene Gewissheiten.<br />

»Wenn wir eine echte Vision des Universums<br />

hätten, könnten wir es verstehen?«<br />

Jorge Luis Borges (freie Übersetzung).<br />

Favrod: »How much does it concretely<br />

relate to reality or not?« Michel<br />

LeBelhomme zitiert Alain Robbe – Grillet:<br />

»(...) wir haben einmal zu viel den<br />

Schock dieser starrköpfige Realität empfunden,<br />

von der wir vorgeben, dass wir<br />

sie besiegt hätten (...)« (freie Übersetzung).<br />

Wie viel ist Traum, wie viel ist Fiktion?<br />

Die Fotografie bildet eine Schwelle<br />

zwischen mehreren möglichen Realitäten.<br />

Die Hängung der Ausstellung als<br />

Mosaik basiert auf diesem mehrschichtigen<br />

Dialog der Werke und der Künstler<br />

untereinander.<br />

©David Favrod, (Original in Farbe)<br />

Die Besessenheit ist ein wiederkehrendes<br />

Thema in den Geschichten von<br />

Borges. Der Mann ist von dem Haus fasziniert,<br />

er dringt ein, obwohl er weiß,<br />

er könnte sich darin verlieren. In der<br />

Geschichte »The Book of Sand« ist ein<br />

Mann von einem Buch so fasziniert, dass<br />

er sich nicht mehr davon trennen und<br />

nicht mehr schlafen kann. Er überlegt,<br />

es zu verbrennen und beschließt, es an<br />

einem Ort zu lassen, wo er nicht mehr<br />

hingeht. »La Bête Aveugle« besteht aus<br />

über zweihundert Bildern. David Favrod<br />

betitelt mehrere Serien mit einem japanischen<br />

Begriff so wie verschiedene Kapitel<br />

einer Geschichte. Ihre Recherchen<br />

wirken wie eine unerfüllte und obsessive<br />

Notwendigkeit, bei der es weder<br />

eine Antwort noch ein Ende gibt. Es ist<br />

eine nie endende Suche, ein vergeblicher<br />

Befreiungsversuch.<br />

Beide Künstler stellen regelmäßig in<br />

verschiedenen Ländern aus. Ihre Arbeiten<br />

sind bereits mehrfach ausgezeichnet<br />

worden. David Favrod gewann u.a.<br />

2010 den Aperture Portfolio Prize und<br />

den Swiss Design Award. Michel Le<br />

Belhomme hat u.a. den Preis der Kritik<br />

Voies Off 2010 und vor kurzem den<br />

Sonderpreis beim Archifoto »International<br />

Award of Architectural Photography«<br />

bekommen. Beide Fotografen<br />

waren im Juni 2012 Gäste der Projektion<br />

»The Flood Wall«.<br />

Claire Laude<br />

bis 5. Mai <strong>2013</strong><br />

exp12 / exposure twelve<br />

Greifswalderstraße 217<br />

10405 Berlin-Prenzlauer Berg<br />

Sa – So 14 – 20 Uhr<br />

www.exp12.com<br />

20 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Tobias Zielony<br />

»Fotografien<br />

2008–2012«<br />

Tobias Zielony ist einer der wichtigsten<br />

deutschen Fotografen der jüngeren<br />

Generation. Seine Bilder über Jugendliche<br />

aus den unterschiedlichsten Teilen<br />

der Welt thematisieren den schwierigen<br />

Prozess der Sinnfindung in einer entfremdeten<br />

und immer mehr global agierenden<br />

Welt. Mit seiner Arbeitsweise,<br />

die er als »beiläufige Form des Sozialen«<br />

beschreibt, knüpft er an eine dokumentarische<br />

Tradition der Fotografie an,<br />

die sich einer geeigneten Ästhetik für<br />

die genaue Darstellung sozialer Realität<br />

verpflichtet fühlt.<br />

13 Ball, aus der Serie: Trona-Armpit of America,<br />

2008, C-Print, 84 x 56 cm, Courtesy Tobias<br />

Zielony und KOW, Berlin, (Original in Farbe)<br />

Two Cigarettes, aus der Serie: Trona-Armpit of<br />

America, 2008, C-Print, 84 x 56 cm, Courtesy<br />

Tobias Zielony und KOW, Berlin, (Original in<br />

Farbe)<br />

Dirt Field, aus der Serie: Trona-Armpit of<br />

America, 2008, C-Print, 56 x 84 cm,<br />

Courtesy Tobias Zielony und KOW, Berlin,<br />

(Original in Farbe)<br />

Die Ausstellung in der Berlinischen<br />

Galerie wird die erste große Einzelpräsentation<br />

von Tobias Zielony in Berlin<br />

sein. Im Mittelpunkt steht sein aktuelles<br />

Projekt über Berlin. Daneben zeigen wir<br />

seine wohl bekannteste Arbeit: »Trona«,<br />

die 2008 unweit von Los Angeles in<br />

einem kleinen Ort am Rande der Wüste<br />

entstand.<br />

Ausstellung mit freundlicher Unterstützung<br />

des Hauptstadtkulturfonds Berlin.<br />

Jeff and Amanda, aus der Serie: Trona-Armpit of America, 2008, C-Print, 56 x 84 cm, Courtesy<br />

Tobias Zielony und KOW, Berlin, (Original in Farbe)<br />

21. Juni bis 30. September <strong>2013</strong><br />

Vernissage<br />

20. Juni <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

Berlinische Galerie<br />

Landesmuseum für Moderne Kunst -<br />

Fotografie und Architektur<br />

Alte Jakobstraße 124-128<br />

10969 Berlin-Kreuzberg<br />

Mi – Mo<br />

10 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

21


Galerien<br />

Jan Sobottka<br />

Matthias Harder befragte<br />

den Künstler des Webportals<br />

CATONBED.DE<br />

nach seiner Arbeitsweise.<br />

Nach einer ersten Präsentation (Studio<br />

Poll, 2006) und einer Ausstellung im<br />

Künstlerbund (2008) zeigt der Berliner<br />

Fotograf Jan Sobottka nach einer langen<br />

Phase intensiven Arbeitens nun erstmals<br />

wieder Ergebnisse seiner Fotodokumentation<br />

aus der Berliner Kunstszene.<br />

Sein Langzeitprojekt www.catonbed.de<br />

ist seit 2004 im Netz und inzwischen auf<br />

30.000 Bilder angewachsen; fast täglich<br />

wird es aktualisiert. Es dokumentiert so<br />

zeitgleich wichtige Ereignisse und Protagonisten<br />

in der Berliner Kunstwelt.<br />

Die Qualität der ausgestellten Kunst<br />

oder deren momentaner Medienpräsenz<br />

ist dabei nicht immer ausschlaggebend,<br />

ob Jan Sobottka eine Veranstaltung<br />

oder Eröffnung besuchen wird:<br />

Neben Projekten eines Jonathan Meese<br />

finden sich auch Besuche bei den Kunststudenten<br />

der UdK, Fotos von Galeriebesuchern<br />

sowie Portraits der unzähligen<br />

Kunstschaffenden, die derzeit die<br />

Kunstszene in Berlin so bereichern.<br />

Dr. Matthias Harder führte ein Gespräch<br />

mit dem Fotografen, das wir hier<br />

auszugsweise vorstellen.<br />

© Jan Sobottka, Der Historiker und Förderer von Christos Reichtagsverhüllung Michael Cullen am<br />

Savignyplatz, 2011<br />

Matthias Harder: Jan, du arbeitest mit<br />

einer kleinen handlichen Kamera, häufig<br />

im Kontext von Pressekonferenzen und<br />

an Vernissage-Abenden. Warum wählst<br />

du dieses Arbeitsgerät?<br />

Die kleine Kamera nimmt den Menschen<br />

die Angst, sie nehmen mich als<br />

Fotografen kaum wahr. Bei Eröffnungen<br />

fotografiere ich ja auch hauptsächlich<br />

die Besucher vor den Arbeiten, also<br />

den Galeriengänger (wenn es so etwas<br />

gibt).. und der ist bisweilen schüchtern...<br />

Durch die jetzigen Telefone mit Fotofunktion<br />

ist meine Arbeit allerdings einfacher<br />

geworden, weil da fast jeder fotografiert:<br />

Da falle ich kaum auf.<br />

Matthias Harder: Bestellst du denn ab<br />

und zu auch einen Künstler an einen<br />

ganz bestimmten Ort? Wenn ja, wohin<br />

genau?<br />

© Jan Sobottka, Veruschka bei einer Eröffnung<br />

in der Tucholskystraße, 2009<br />

Ja, einmal habe ich das mit dem Maler<br />

Rainer Fetting gemacht (Lounge auf der<br />

Berlinale 2008), die hellen Kunstledersitze<br />

und das Tageslicht waren günstig<br />

in einem Festival Monat wie Februar<br />

in Berlin. Allerdings (er)kannte ihn<br />

niemand und er kam kaum durch den<br />

Sicherheitsbereich. Ansonsten gehe ich<br />

eigentlich immer dahin, wo der Künstler<br />

und die Künstlerin arbeitet: ins Atelier.<br />

Matthias Harder: Entfaltet deiner<br />

Ansicht nach der Portraitierte erst an<br />

bestimmten Orten seine Persönlichkeit,<br />

konkret im Atelier? Oder sind dir<br />

die Aufnahmeorte eigentlich gar nicht<br />

wichtig?<br />

© Jan Sobottka, Lachende (Kitty Wild). 2012<br />

Was ist Persönlichkeit, was heißt entfalten...?<br />

Wohlfühlen und Aggression<br />

können beide zu starken Ergebnissen<br />

führen. Ich habe kaum bestimmte Vorstellungen,<br />

wenn ich anfange, da ich in<br />

der Regel nicht weiß, was mich erwartet.<br />

Früher habe ich eingegriffen, wenn<br />

jemand am Anfang zu sehr gepost hat,<br />

heute lasse ich ihn durch diesen Prozeß<br />

hindurchgehen, ohne ihm anzudeuten,<br />

dass mich das nicht interessiert.<br />

Das funktioniert viel besser, weil er es<br />

braucht - Zurechtweisungen will keiner<br />

hören...<br />

Allerdings gebe ich auch bei Ausstellungseröffnungen<br />

direkte Hinweise: Ich<br />

würde Sie gern vor der oder der Arbeit<br />

portraitieren.<br />

22 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

© Jan Sobottka, Der Nobelpreisträger Imre Kertész in der Akademie der Künste, 2012<br />

sich nicht: Sie sind Konkurrenten. Ich<br />

lächle dann und mache dem anderen<br />

damit eine Freude ...<br />

2004, als ich anfing in Galerien zu fotografieren,<br />

war ich jedoch fast allein.<br />

Dann kam der Hype, die Kunstrundgänge,<br />

die schick wurden. Oft ein bizarres<br />

Volk, das sich mit den Kunstwerken<br />

im Hintergrund schmückte.<br />

Apropos: Die wenigsten verstehen, was<br />

da an der Wand passiert; Künstler, die<br />

etwas die Hälfte einer normalen Eröffnung<br />

ausmachen, haben auch ihr Vorlieben,<br />

kommen aber wenigstens vom<br />

Fach, vom Machen selbst. Die anderen<br />

sehen die Kunst als Bereicherung,<br />

können aber oft Blendwerk nicht von<br />

Substanz trennen. Aber wer kann das<br />

schon: Wir leben alle in unserer kleinen<br />

Welt.<br />

Aber ohne Übertreibung: Ich gehöre<br />

wahrscheinlich zu den Menschen, die<br />

am meisten Kunstausstellungen in Berlin<br />

mitbekommen. Ich sage bewusst: nicht<br />

sehen. Denn wenn ich einen Ausstellungsort<br />

aufsuche, nehme ich gleichzeitig<br />

folgendes wahr: Reflektiert der<br />

Boden genug (dunkel), sind die Besucher<br />

interessant angezogen (zu eintönig),<br />

fällt jemand auf und warum, gibt es<br />

interessante Gruppenbildungen …<br />

Man kann bei einer Eröffnung sehr<br />

einsam sein, wenn man nicht zur Insider-Group<br />

gehört. Die kümmert sich<br />

meistens nur um sich selbst.<br />

© Jan Sobottka, Die Fotografin Julija Goyd,<br />

2009<br />

© Jan Sobottka, Ausstellungsbesucher in einer<br />

Galerie in Mitte, 2010<br />

Wenn die Leute fragen, wofür und<br />

warum, nenne ich ihnen den wahren<br />

Grund: die Arbeit an der Webdokumentation<br />

www.CATONBED.de.<br />

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass<br />

jeder einen Grund braucht, wie banal<br />

der auch ist. Ich spreche die Menschen<br />

immer zuvor an. Da ich keine langen<br />

Brennweiten verwende, muss ich einfach<br />

näher herangehen. Diese Nähe<br />

wird auch oft als positive Wahrnehmung<br />

des Einzelnen in der Masse wahrgenommen.<br />

Indem ich den Portraitierten die ersten<br />

Ergebnisse zeige, versuche ich dann ein<br />

konstruktives Miteinander aufzubauen.<br />

Ein einfacher Trick: Ich sage dann: Schau<br />

mal, wenn du den Arm da ein wenig veränderst,<br />

wirkt das für die gesamte Komposition<br />

besser. Es sind ja oft Menschen,<br />

die im Visuellen zu Hause sind. Das gilt<br />

besonders für Künstler.<br />

Im weiteren Verlauf versuche ich dann<br />

in Serie zu arbeiten und unterbreche<br />

kaum noch... Im Idealfall gerät man in<br />

einen gemeinsamen Arbeitsprozess ...<br />

und vergisst die Zeit...<br />

Matthias Harder: Viele Menschen, die<br />

du portraitierst, haben ja selbst Kameras<br />

dabei. Gelegentlich schießen sie<br />

doch sicherlich mal zurück. Wie fühlt<br />

sich das an?<br />

Zurückfotografieren finde ich nicht sonderlich<br />

originell. Aber das hat etwas mit<br />

Verteidigung des Terrains zu tun: Mehrere<br />

Fotografen auf einem Fleck lieben<br />

(Alle Abbildungen im Original in Farbe)<br />

Eröffnung:<br />

Freitag, 3. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

Zur Ausstellung erscheint der Katalog:<br />

Jan Sobottka: »Berlin Art Scene«<br />

Texte von Matthias Harder<br />

und Dietger Pforte<br />

Verlag Seltmann+Söhne, <strong>2013</strong><br />

4. Mai bis 8. Juni <strong>2013</strong><br />

Carpentier Galerie<br />

Meinekestraße 13<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Sa 14 – 18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

www.carpentier-galerie.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

23


Galerien<br />

Rudolf Holtappel<br />

»Ein Leben als<br />

Zeitzeuge«<br />

Fotografien<br />

1956 – 1990<br />

Anlässlich des 90. Geburtstages von<br />

Rudolf Holtappel zeigt der Freundeskreis<br />

Willy-Brandt-Haus in Berlin eine<br />

Übersicht über das Werk des Fotografen.<br />

Holtappel wurde 1923 in Münster geboren,<br />

wuchs in Duisburg auf und lebt seit<br />

1960 in Oberhausen. Auch wenn er in<br />

seiner Berufstätigkeit als freier Bildjournalist<br />

weltweit in den verschiedensten<br />

Aufgabengebieten tätig war, blieb er<br />

dem Ruhrgebiet immer in besonderer<br />

Weise verbunden, als fotografierend<br />

teilnehmender Beobachter und liebevoll-kritischer<br />

Chronist.<br />

In seinen Fotografien sind Zechentürme,<br />

qualmende Kokereien und imposante<br />

Stahlwerke ebenso gegenwärtig wie<br />

Arbeitersiedlungen, Schrebergärten<br />

oder lange Leinen mit frischer Wäsche,<br />

und doch findet Holtappel immer ein<br />

überraschendes Detail, eine eigenwillige<br />

Handlung oder einen ungewohnten<br />

Blickwinkel, wodurch jede seiner Fotografien<br />

zu einem Dokument individuell<br />

gestalteten Lebens wird. Die Sorgfalt,<br />

die Holtappel auch den abseitigen,<br />

kritikwürdigen oder ärmlichen Motiven<br />

widmet, geht einher mit einem selbstverständlich<br />

verinnerlichten Respekt<br />

für die Menschen, die diese Region so<br />

besonders machen. Das Land und die<br />

Leute, untrennbar aufeinander bezogen<br />

und stets in Bewegung, davon handeln<br />

die meisten seiner Fotografien.<br />

Erzählerische Zusammenhänge und<br />

ihre Zuspitzung in ausdrucksstarken<br />

Momenten kommen auch bei seinen<br />

Langzeitprojekten von Menschen in der<br />

Arbeitswelt und Menschen im Warenhaus<br />

vor. Letztere Werkgruppe entstand<br />

über Jahrzehnte in ganz Deutschland,<br />

von der Phase rasant wachsenden Wohlstands<br />

in den 1960er Jahren bis zum<br />

Ende der großen Konsumtempel seit den<br />

1990ern. Holtappel erfasst in seinen Bildern<br />

alle Facetten des Erlebens und alle<br />

© Rudolf Holtappel, Qual der Wahl, 1964<br />

© Rudolf Holtappel, Luftschacht Zeche Hugo<br />

Gelsenkirchen-Buer, 1959-60<br />

mehr oder weniger beherrschten Emotionen,<br />

denn er versteht das Warenhaus<br />

als eine einzigartige Bühne, auf der<br />

sich exemplarisch die kleinen und die<br />

großen Dramen des Alltags ereignen.<br />

Der offene und neugierige Blick auf den<br />

Alltag, auf das Besondere im nur scheinbar<br />

immer Gleichen, eint die verschiedenen<br />

Bereiche in Holtappels Werk.<br />

Ob im Stahlwerk oder im Supermarkt,<br />

auf dem Sportplatz oder im Straßenverkehr,<br />

bei der Arbeit oder in der Kneipe,<br />

auf der Demo oder im Schrebergarten,<br />

stets stehen die Menschen im Mittelpunkt<br />

seiner Bilder. Und dass ihr Alltag<br />

nichts anderes ist als das Leben selbst,<br />

genau das machen Holtappels Fotografien<br />

immer wieder bewusst.<br />

© Rudolf Holtappel, Oberhausen,<br />

Markstraße, 1973<br />

Vernissage<br />

9. April <strong>2013</strong>, um 19.30 Uhr<br />

Der Fotograf Rudolf Holtappel ist<br />

anwesend.<br />

10. April bis 24. April <strong>2013</strong><br />

Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

Ausweis erforderlich<br />

24 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Ulrich Mack:<br />

Kennedy in Berlin.<br />

Die Deutschlandreise<br />

1963.<br />

»Ich bin ein Berliner« – mit diesen<br />

Worten hat John F. Kennedy Geschichte<br />

geschrieben. Kein Satz des jungen charismatischen<br />

Präsidenten ist mehr gefeiert,<br />

heftiger umjubelt, häufiger zitiert<br />

worden als dieser. Im Juni 1963 war Kennedy<br />

in die Bundesrepublik gekommen.<br />

Köln, Bonn, Wiesbaden und Frankfurt<br />

standen auf dem Programm einer Reise,<br />

die vor allem mit ihrem Abstecher nach<br />

Berlin zum Triumphzug werden sollte.<br />

Seit dem Mauerbau 1961 hatten die<br />

Berliner auf ein Zeichen der Solidarität<br />

gewartet. Nun war es da: In Gestalt des<br />

mächtigsten Mannes der Welt, dessen<br />

Anwesenheit in der »Frontstadt« nicht<br />

weniger als zwei Millionen Menschen<br />

auf die Straße brachte: jubelnd, winkend,<br />

Fähnchen schwingend. Der Kennedy-<br />

Besuch markiert den Höhepunkt der<br />

Amerika-Begeisterung in Westdeutschland.<br />

Er war ein politisches, aber auch<br />

ein mediales Großereignis, das unter<br />

anderem der 28-jährige Ulrich Mack für<br />

die deutsche Illustrierte »Quick« begleitet<br />

hat. Was Macks Schwarzweiß-Reportage<br />

auszeichnet, sind handwerkliche<br />

Exzellenz, ein Gefühl für entscheidende<br />

Augenblicke, für große Gesten, aber<br />

auch ein sensibler Blick auf das Treiben<br />

am Rande, das mehr noch als die wohl<br />

inszenierten Auftritte der Politiker – Kennedy,<br />

Adenauer, Brandt – die emotionale<br />

Seite des Besuches spiegelt. Wahlweise<br />

wahrt Mack den Überblick oder<br />

ist unmittelbar dabei, wenn die Berliner<br />

den Präsidenten umkreisen, bedrängen,<br />

mit Blumen überhäufen. Kein Fotograf,<br />

soviel steht fest, hat den Staatsbesuch<br />

so lückenlos, so einfühlsam, so engagiert<br />

dokumentiert wie Ulrich Mack.<br />

Fünf Jahrzehnte lagerten seine Bilder<br />

bzw. Negative weitgehend unbeachtet<br />

im Archiv. Nun haben Gisela Kayser<br />

(Berlin) und Hans-Michael Koetzle<br />

(Hamburg) in Zusammenarbeit mit dem<br />

in Hamburg lebenden Fotografen eine<br />

© Ulrich Mack, John F. Kennedy, Berlin 1963<br />

© Ulrich Mack, John F. Kennedy,<br />

Berlin 1963<br />

Auswahl getroffen, die als Ausstellung<br />

im Willy-Brandt-Haus (Berlin) im Mai<br />

<strong>2013</strong> Weltpremiere feiert: ein bedeutendes<br />

Stück Zeit-, Fotografie- und Mediengeschichte.<br />

Begleitend zur Ausstellung erscheint im<br />

Schirmer Verlag (München) ein Fotoband.<br />

Ulrich Mack, 1934 geboren, war Bildreporter<br />

für Quick und Stern, bevor er 1975<br />

als Professor für Visuelle Kommunikation<br />

an der FH Dortmund in die Lehre<br />

wechselte. Mack hat mehrere Bücher<br />

publiziert (darunter eine vergleichende<br />

Studie »Pellworm / Harkers Island«) und<br />

wiederholt Preise und Ehrungen für sein<br />

Lebenswerk erhalten.<br />

© Ulrich Mack, John F. Kennedy,<br />

Berlin 1963<br />

Vernissage<br />

30. April <strong>2013</strong>, um 18.30 Uhr<br />

Der Fotograf Ulrich Mack ist<br />

anwesend.<br />

2. Mai bis 6. Juni <strong>2013</strong><br />

Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

Ausweis erforderlich<br />

28. Mai <strong>2013</strong> geschlossen!<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

25


Galerien<br />

Heinrich<br />

Heidersberger<br />

»Kleid aus Licht«<br />

Nackt ist nicht gleich nackt. Das wird<br />

spätestens bei den Aufnahmen des Fotografen<br />

Heinrich Heidersberger (1906-<br />

2006) sichtbar. Der deutsche Nachkriegsfotograf<br />

ist heute hauptsächlich<br />

für seine Architekturfotografie berühmt<br />

– herausragende Aufnahmen von deutschen<br />

Nachkriegsbauten. Ursprünglich<br />

mit dem Ziel, Maler zu werden, studierte<br />

er Ende der Zwanziger Jahre in<br />

Paris bei Fernand Léger an der Académie<br />

Moderne, verfiel jedoch bald dem<br />

Reiz und den technischen Möglichkeiten<br />

der Kamera. Den wenigstens ist<br />

dabei bekannt, dass zum Oeuvre des<br />

Künstlers auch die Aktfotografie-Serie<br />

»Kleid aus Licht« (1949) gehört. Nun<br />

zeigt die Berliner Galerie Petra Rietz<br />

Salon erstmals Bilder aus der Reihe der<br />

experimentellen Aufnahmen.<br />

Heidersbergers Aktaufnahmen sorgten<br />

damals für Aufsehen, Empörung und<br />

Fehlinterpreationen, wurden doch fünf<br />

Bilder aus der Serie 1949 im »Stern«<br />

veröffentlicht. Im Beitext zu den Abbildungen<br />

bemüht sich ein Redakteur, witzelnd<br />

die Klippen der Nachkriegsprüderie<br />

zu umschiffen und Heidersbergers<br />

Bilder als eine Art »des Kaisers<br />

neue Kleider« zu verkaufen, als geldsparende<br />

Methode für arme Nachkriegsfrauen.<br />

Mit selbst gebastelten Loch- und<br />

Lamellenmasken, die der Künstler vor<br />

eine leuchtstarke Lichtquelle montierte,<br />

überblendete er die nackten Körper<br />

seiner Modelle mit grafischen Mustern<br />

– immateriellen Kleider, gewebt<br />

aus Licht. Durch die weichen Rundungen<br />

des weiblichen Körpers wird die<br />

regelmäßige Geometrie der Schablonen<br />

verzerrt und beginnt ein Eigenleben<br />

zu führen. Sie folgt dem Volumen<br />

des Körpers und zeichnet Strukturen auf<br />

die Haut, die entfernt an Tätowierungen<br />

erinnern. Doch dem deutschen Fotografen<br />

geht es weder um erotische Aufnahmen<br />

noch um das Zurschaustellen des<br />

nackten Körpers unter auflagensteigernden<br />

Vorwänden. Ihn beschäftigt in erster<br />

© Heinrich Heidersberger<br />

Linie das Phänomen Licht, dem er auf<br />

die Spur kommen will. Später wird ihn<br />

dann immer mehr die Idee faszinieren,<br />

das Licht selbst zum Objekt werden zu<br />

lassen, Mitte der Fünfzigerjahre entwickelte<br />

er seinen so genannten Rhythmographen,<br />

mit dessen Hilfe Lichtspuren<br />

direkt auf Fotomaterial aufgezeichnet<br />

werden konnten.<br />

Die Schatten-Lineamente auf den nackten<br />

Körpern sind nur die äußeren Merkmale,<br />

an Hand derer er die optischen<br />

Gesetze erforscht. Der Blick auf zwar<br />

lebendige, aber in Posen erstarrte Frauen<br />

ist demnach ein Zeichen für die Begeisterung<br />

des Fotografen an dinghaftem Da-<br />

Sein und der Faszination am Experimentieren.<br />

Es ist eine künstlerische Problematik,<br />

Formen- und Linienfragen, die<br />

den Künstler beschäftigten, nicht die<br />

Nacktheit an sich. Der nackte Körper<br />

ist nur Material, um die Licht- und Schattenformationen<br />

optimal zur Geltung zu<br />

bringen, er ist gleichsam die weiße Leinwand,<br />

die durch ihre körpereigenen<br />

Rundungen und Kurven dem Ganzen<br />

26 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

© Heinrich Heidersberger: aus der Serie „»Kleid aus Licht«, 1949,<br />

veröffentlicht im Magazin »Stern« #45, 1949<br />

© Heinrich Heidersberger<br />

eine neue Dynamik geben. Heidersbergers<br />

Nacktheit hat nichts mit Sexualität<br />

oder Erotik zu tun, sie dient der Klarheit<br />

der Form und des Ausdrucks. So<br />

gilt der menschliche Körper bei Heidersberger<br />

als Grundmittel für die geometrischen<br />

Linien und Schwingungen,<br />

die durch ihrer Symmetrie und Regelmäßigkeit<br />

an die modernen und kühl<br />

ästhetischen Bauelemente seiner Architekturfotografien<br />

erinnern.<br />

Dabei tritt die Individualität der dargestellten<br />

Frauen zugunsten der Erforschung<br />

des Effektes von Licht und Schatten<br />

auf Körpern zurück. Es fällt auf,<br />

dass keines der Modelle den Betrachter<br />

anblickt. Mehr noch, bei einer der<br />

bekanntesten Fotografie aus der Serie<br />

der 60 Bilder, ist die abgebildete Frau<br />

sowohl an Kopf und Füßen vom Bildrand<br />

beschnitten, ihr erotisches Potential<br />

– die Blickachse zwischen dem<br />

Objekt der Begierde und dem Rezipienten<br />

– wurde ihr zu Gunsten einer Körperprojektionsfläche<br />

genommen.<br />

Besonders an den Bildern ist dabei die<br />

Tatsache, dass bei jeder Betrachtung<br />

einer »Kleid aus Licht«- Fotografie eine<br />

Wende in der Rezeption eintritt, eine<br />

Art Kipp- Wahrnehmung zwischen Figurativem<br />

und Figürlichem. Das Figürliche<br />

ist die Darstellung der Frau als nackter<br />

Körper, der auch auf erotische Art<br />

gesehen werden kann, das Figurative<br />

die Schattenexperimente auf den Leibern.<br />

So sind »der Frauen neue Kleider«<br />

ähnlich wie »des Kaisers neue Kleider«<br />

für die einen sichtbar, sprich bedeutender<br />

als die nackte Haut darunter und<br />

für die anderen unsichtbar. Für erstere<br />

Art der Rezipienten stehen die Schattenexperimente<br />

im Vordergrund, das Interesse<br />

an fotografischen Strukturen verbindet<br />

sie mit der Intention des Fotografen,<br />

wertet sie gleichermaßen auf und<br />

lässt den Akt in den Hintergrund treten.<br />

© Heinrich Heidersberger<br />

Die zweite Gruppe sieht – ähnlich wie<br />

in Hans Christian Andersens Märchen<br />

– die Kleider nicht, sie sehen nur das<br />

Nackte darunter, das Erotische in den<br />

Abbildern. Für sie sind Heinrich Heidersbergers<br />

Frauenbilder in erster Linie<br />

erotische Frauenaktabbildungen.<br />

Das Schöne an der »Kleid aus Licht«-<br />

Serie ist jedoch, dass es nicht darauf<br />

ankommt, welcher Art von Betrachtergruppe<br />

man angehört, ob mit oder ohne<br />

experimentellen Fotografie-Diskurs im<br />

Hinterkopf; Heidersbergers Aktbilder<br />

überzeugen auch als reine Akte von<br />

hohem, feinsinnigen und künstlerisch<br />

ästhetischem Wert.<br />

Felicitas Rhan<br />

Vernissage<br />

25. April <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr<br />

26. April bis 20. Juli <strong>2013</strong><br />

Petra Rietz Salon Galerie<br />

Koppenplatz 11a<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

Mi – Sa 14 – 18.30 Uhr<br />

pr@petrarietz.com<br />

www.petrarietz.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

27


Galerien<br />

Schauplatz:<br />

Inszenierte Fotografie<br />

Wolf Abraham, Roland Bauer, Marion<br />

Elias, Peter Fischer-Piel, Sabine Gruhn,<br />

Sannah Jager, Türkan Kentel, Lena<br />

Kilkka, Dajana Lothert, Anja Renoth,<br />

Nadja Rentzsch, Mario Witt, Anna<br />

Wöltjen<br />

Wie verhalten sich Fotografie und © Nadja Rentzsch<br />

Wirklichkeit zueinander? Eine gängige<br />

Annahme verleitet dazu, Fotos lediglich<br />

© Wolf Abraham<br />

als Abbilder der Wirklichkeit zu begreifen.<br />

Der Begriff »Inszenierte Fotografie« hat<br />

sich als Bezeichnung für all jene Formen<br />

der Fotografie etabliert, die eigene konzeptuelle<br />

Ansätze verfolgen und eine<br />

individuelle Erzählstruktur entwickeln,<br />

die unabhängig von Abbildungstreue<br />

oder Realitätswiedergabe angesiedelt<br />

ist. Die Idee steht im Vordergrund und © Türkan Kentel (O.i.F.)<br />

nicht die handwerklich-dokumentarische<br />

Umsetzung eines vorgefundenen<br />

Motivs. Als zentrale Begriffe der »Inszenierten<br />

Fotografie« gelten Kunst und<br />

Allegorie, Erfindung und Konstruktion,<br />

und die Selbstdarstellung in einem auch<br />

psychologisch gemeinten Sinn.<br />

Die Ausstellung »SCHAUPLATZ« zeigt<br />

daher ausschließlich fotografische Konzepte,<br />

die jenseits des Dokumentarischen<br />

angesiedelt sind. Inspirierende<br />

Beispiele liefern hierzu Meister der Inszenierung<br />

wie Duane Michals, Cindy<br />

© Mario Witt (O.i.F.)<br />

Shermann, Jeff Wall, Gregory Crewdson<br />

oder Erwin Olaf. Außerdem lassen sich<br />

Parallelen zur zeitgenössischen Werbefotografie<br />

erkennen, die sich in vielen<br />

Fällen von künstlerischen Werken nicht<br />

mehr unterscheiden läßt.<br />

Ein begleitender Katalog mit den Arbeiten<br />

des Projektes »SCHAUPLATZ«<br />

erscheint im zimmerverlagberlin.<br />

Peter Fischer-Piel © Marion Elias (O.i.F.)<br />

27. April bis 5. Mai <strong>2013</strong><br />

Auftritt der Haeckeltheatergruppe<br />

am Dienstag, 30. April <strong>2013</strong>,<br />

19 Uhr<br />

Künstlergespräch mit Führung<br />

am Donnerstag, 2. Mai <strong>2013</strong>,<br />

19 Uhr<br />

Vernissage<br />

26. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

Finissage<br />

5. Mai <strong>2013</strong><br />

16 Uhr mit Tanzperformance<br />

Kunstquartier Bethanien<br />

Studio 1<br />

Mariannenplatz 2<br />

10997 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – So 14 – 20 Uhr<br />

( 1. Mai <strong>2013</strong> geschlossen)<br />

www.schauplatz24.info<br />

28 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Arnd Weider<br />

»Fotografie«<br />

Arnd Weider, Preisträger des Fotoarbeitsstipendiums<br />

Tempelhof-Schöneberg<br />

2010, sucht als Fotograf die »anderen<br />

Orte«, die in besonderer Weise<br />

gesellschaftliche Verhältnisse reflektieren,<br />

repräsentieren, negieren oder auch<br />

umkehren.<br />

Zu sehen sein werden präzise und subtile<br />

fotografische Studien z.B. aus dem<br />

Sportforum in Hohenschönhausen, dem<br />

Flughafengebäude in Berlin-Tempelhof<br />

und dem von den Nationalsozialisten<br />

erbauten sogenannten »Koloss von<br />

Prora« auf Rügen.<br />

© Arnd Weider,<br />

Krematorium, aus der Serie: Das Haus<br />

(Original in Farbe)<br />

Vernissage: 16. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

© Arnd Weider,<br />

Krankenhaus Moabit, aus der Serie: Das Haus<br />

(Original in Farbe)<br />

15. Mai bis 28. Juni <strong>2013</strong><br />

Galerie im Rathaus Tempelhof<br />

Tempelhofer Damm 165<br />

12099 Berlin-Tempelhof<br />

Mo – Fr<br />

9 – 18 Uhr<br />

Maria Jauregui Ponte<br />

»Überstrahlungen«<br />

Maria Jauregui Ponte, Absolventin der<br />

Neuen Schule für Fotografie Berlin,<br />

zeigt ihre abstrakten Fotografien, die in<br />

der Dunkelkammer ohne Einsatz einer<br />

Kamera entstanden sind.<br />

Die Künstlerin reduziert die Fotografie<br />

auf das Wesentliche und malt sozusagen<br />

mit Licht. Die ausgestellten Fotogramme<br />

und Überstrahlungen entfalten<br />

ihre eigene Ästhetik und werfen<br />

die Frage auf, was Fotografie sichtbar<br />

machen kann.<br />

19. April bis 13. Juni <strong>2013</strong><br />

Galerie im Tempelhof Museum<br />

Alt-Mariendorf 43<br />

12107 Berlin-Tempelhof<br />

© Maria Jauregui Ponte © Maria Jauregui Ponte<br />

o.T. / Fotogramm<br />

o.T. / Fotogramm<br />

Schwarzweiß Fotogramm auf Barytpapier Schwarzweiß Fotogramm auf Barytpapier<br />

17,5 x 12,6 cm, 2009, Unikat<br />

30,3x 23,8 cm, 2009, Unikat<br />

Mo + Mi 10 – 16 Uhr<br />

Di + Do 10 – 18 Uhr<br />

Fr<br />

10 – 14 Uhr<br />

So 11 – 15 Uhr<br />

am ersten Mittwoch im Monat<br />

geschlossen<br />

Vernissage<br />

18. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

maria.ponte@t-online.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

29


Galerien<br />

Jürgen Bosse<br />

»New York<br />

Experience«<br />

Als Fotograf beschäftigt sich Jürgen<br />

Bosse schon lange mit Zeit, Bewegung<br />

und der Ästhetik des Zufalls. So besucht<br />

er 1996 die Metropole New York - mit<br />

einer Super 8 Kamera und der Idee im<br />

Gepäck, die flüchtigen Momente dieser<br />

Stadt auf Film festzuhalten. Flüchtige<br />

Momente, die in Bruchteilen einer<br />

Sekunde die Schnelligkeit, Hektik und<br />

Vielschichtigkeit wiedergeben. Beim<br />

Betrachten der Filme zeigt sich jedoch,<br />

dass nicht die kurzen Filmsequenzen,<br />

sondern einzelne Bilder genau die<br />

Lebendigkeit wiedergeben, die Jürgen<br />

Bosse in New York gesucht hat.<br />

© Jürgen Bosse, (Original in Farbe)<br />

© Jürgen Bosse, (Original in Farbe)<br />

Die Momentaufnahmen von diesem<br />

Projekt zeigt Jürgen Bosse in ausgesuchten<br />

Bilderrahmen aus recyceltem Holz.<br />

31. Mai bis 13. Juli <strong>2013</strong><br />

Luxad<br />

Mommsenstraße 42<br />

10629 Berlin-Charlottenburg<br />

Mo – Fr<br />

Sa<br />

10 – 19 Uhr<br />

12 – 18 Uhr<br />

www.luxad.de/galerie/<br />

www.jbosse.de<br />

© Jürgen Bosse, (Original in Farbe)<br />

Vernissage<br />

31. Mai <strong>2013</strong> von 19-21 Uhr.<br />

Alle Werke werden ab dem 5. Juni<br />

<strong>2013</strong> auch im Onlineshop verfügbar<br />

sein.<br />

30 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Ingrid Steinmeister<br />

»Bleiben und<br />

Vergehen«<br />

Drei Serien<br />

Die erste Folge von Fotos behandelt die<br />

zeitlich bedingte, kontinuierliche Veränderung<br />

von Gegenständen. Materie<br />

verfällt. Unterschiedliche Formen<br />

und Bilder entstehen. Manchmal wird<br />

der Prozess durch menschliches Zutun<br />

beeinflusst. Die Verwandlung bekommt<br />

eine andere Richtung, neue Gebilde<br />

entstehen, Gefühle kommen immer<br />

wieder auf.<br />

© Ingrid Steinmeister<br />

In einer zweiten Serie hat sich Ingrid<br />

Steinmeister mit dem Abriss des Palastes<br />

der Republik befasst. Hier geht es nicht<br />

um ein Vergehen im Sinne eines langsamen,<br />

natürlichen Verfalls. Ursächlich<br />

ist allein ein aktives, menschliches Eingreifen,<br />

das zur Zerstörung führt. Die<br />

Zwischenphase, in der die mächtige<br />

Konstruktion offen gelegt war, interessierte<br />

die Fotografin: Die Kraft und<br />

Ästhetik der zum Verschwinden verurteilten<br />

Elemente. Dieser Prozess wird<br />

in Beziehung zu der Umgebung gesetzt,<br />

der restaurierten Museen und den neu<br />

errichteten Gebäuden.<br />

Ein weiterer Aspekt des Themas »Bleiben<br />

und Vergehen« wird in der dritten<br />

Serie behandelt, die in New York entstanden<br />

ist. Hier steht der Mensch im<br />

Mittelpunkt, das Leben in der Großstadt:<br />

Seine Rastlosigkeit, ständige Bewegung<br />

und Schnelligkeit, die ihn kaum greifbar<br />

werden lässt.<br />

Dieses ständige Dahinschwinden wird<br />

in der seit hundert Jahren feststehenden<br />

Stahlkonstruktion der Subway besonders<br />

deutlich. Nur selten gibt es einen<br />

Moment des Innehaltens.<br />

© Ingrid Steinmeister © Ingrid Steinmeister<br />

26. April bis 31. Juli <strong>2013</strong><br />

Ingrid Steinmeister ist in Berlin geboren<br />

und lebte lange Zeit in Paris und New<br />

York. Vor zwölf Jahren ist sie nach Berlin<br />

zurückgekehrt und setzt ihre fotografische<br />

Arbeit hier fort. Zuletzt stellte sie im<br />

Aufbau Haus am Moritzplatz aus.<br />

© Ingrid Steinmeister<br />

Santander Bank<br />

Tauentzienstraße 6<br />

10789 Berlin-Schöneberg<br />

Öffnungszeiten:<br />

siehe: www.santanderbank.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

31


Galerien<br />

WIRKLICH<br />

Erkenntnissen der modernen Gehirnforschung<br />

zufolge bestehen nur 20 %<br />

unserer direkten Wahrnehmung aus<br />

dem, was wir objektiv und „wirklich“<br />

vor uns sehen, während rund 80 % mit<br />

unserem Wissen, unseren Erinnerungen,<br />

Erwartungen und Gefühlen zusammenhängen.<br />

Aus dieser Diagnose ergibt sich<br />

unmittelbar die Frage nach der Realität<br />

unserer Wahrnehmung: sind etwa nur<br />

20 % wirklich oder handelt es sich hier<br />

um unterschiedliche Arten bzw. Dimensionen<br />

von Realität? Was sehe ich wirklich,<br />

wenn ich etwas sehe? Wie verhalten<br />

sich dabei innere und äußere bzw.<br />

subjektive und objektive Realität zueinander?<br />

Und wie können unterschiedliche<br />

Realitätsdimensionen fotografisch<br />

dargestellt werden? Erfasst eine Fotografie<br />

nicht immer nur die Oberfläche<br />

einer viel komplexeren Wirklichkeit?<br />

Wie kann man diese Komplexität sichtbar<br />

machen?<br />

© Barbara Töpper-Fennel<br />

© Yulia Veksler, (O.i.F.) © Sibylle Meister-Holzfuß, (O.i.F.)<br />

© Karin Dolatkowski<br />

Fotografien von Arka Genähr, Barbara<br />

Töpper-Fennel, Karin Dolatkowski,<br />

Marion Graulich, Matthias Longo, Pigi<br />

Psimenou, Richard Thieler, Sibylle Meister-Holzfuß,<br />

Yulia Veksler<br />

Künstlerische Leitung: Mathias Richter<br />

Vernissage: 31. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

© Pigi Psimenou, (O.i.F.) © Matthias Longo<br />

© Richard Thieler<br />

1. Juni bis 22. Juni <strong>2013</strong><br />

6. August bis 10. August <strong>2013</strong><br />

imago fotokunst<br />

Linienstraße 145<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

Di – Fr<br />

Sa<br />

12 – 19 Uhr<br />

14 – 18 Uhr<br />

32 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Lara Melin<br />

»Heidestraße 46-52 –<br />

Ode an einen<br />

Schandfleck«<br />

Ein Fotograf – ein Ort in Berlin! So lautet<br />

das Konzept des Berliner Salons für Fotokunst.<br />

Hier werden Arbeiten von Fotografen<br />

gezeigt, die weit über konventionelle<br />

Dokumentarfotografie hinausgehen,<br />

sondern den Betrachtern vielmehr<br />

subjektive Perspektiven aufzeigen und<br />

neue Blickwinkel eröffnen.<br />

Thema der aktuellen Ausstellung: Heidestraße<br />

46-52 – Ode an einen Schandfleck.<br />

Der Gewerbehof aus Güterschuppen<br />

eines ehemaligen Containerbahnhofs<br />

muss einem ehrgeizigen Bauprojekt<br />

weichen. Hier, nördlich des Berliner<br />

Hauptbahnhofs, soll das neue Vorzeigeviertel<br />

Europacity/Heidestraße entstehen.<br />

Die alten Schuppen sind keine<br />

architektonischen Prunkstücke. Aber der<br />

Ort steht stellvertretend für ein bestimmtes<br />

Gesicht Berlins, eine typische Facette,<br />

die nun zunehmend verschwindet: Das<br />

Berlin der kleinen Gewerbetreibenden,<br />

die sich auch mit wenig Mitteln Nischen<br />

schaffen konnten. Solche Nischen versprühen<br />

den Charme des Improvisierten<br />

und des Unprätentiösen. 2012 hat der<br />

Abriss der Schuppen begonnen.<br />

© Lara Melin, (Original in Farbe) © Lara Melin, (Original in Farbe)<br />

Zwischen 2009 und 2012 kehrte die<br />

Fotografin Lara Melin immer wieder<br />

in diesen Gewerbehof zurück – fasziniert<br />

von seinen Ecken, Kanten und<br />

Winkeln, von den Spuren der Zeit und<br />

den Spuren des Wandels, die sich dort<br />

ablesen lassen. In oft abstrahierenden,<br />

betont subjektiven Bildausschnitten entlockt<br />

sie dem Ort eine Geometrie, die<br />

das Gezeigte sublimiert, versäumt dabei<br />

jedoch nie, auch etwas über den Ort<br />

zu erzählen. Mit einer besonderen Aufmerksamkeit<br />

für das richtige Licht zeigt<br />

sie dem Betrachter, was der eilige Passant<br />

oder jemand, der nur mit dem Sinn<br />

für ökonomische Wertschöpfung hinsieht,<br />

nicht bemerken wird: die Poesie<br />

des scheinbar Banalen.<br />

© Lara Melin, (Original in Farbe)<br />

© Lara Melin, (Original in Farbe)<br />

Vernissage<br />

12. April, ab 19 Uhr<br />

17. April bis 25. Mai <strong>2013</strong><br />

Berliner Salon für Fotokunst<br />

Kulturhaus Schöneberg<br />

Kyffhäuserstraße 23<br />

10781 Berlin-Schöneberg<br />

Mi 14 – 19 Uhr<br />

Do 12 – 17 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

Telefon 0179 591 351 6<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

33


Galerien<br />

Siehste, jeht doch!<br />

Meisterklasse Arno<br />

Fischer.<br />

Letzter Jahrgang.<br />

Im Berliner HAUS am KLEISTPARK<br />

zeigen 32 Fotografinnen und Fotografen<br />

des letzten Jahrgangs der »Meisterklasse<br />

Arno Fischer« eine umfassende Werkschau<br />

ihrer Arbeiten, die der Lehrende<br />

noch selbst betreut hat. Arno Fischer<br />

(1927-2011) war nicht nur der Wegbereiter<br />

der Fotografie in der DDR, er war<br />

einer der großen deutschen Fotografen<br />

der zweiten Hälfte des vergangenen<br />

Jahrhunderts. Der Titel der Ausstellung<br />

»Siehste, jeht doch!« war seine gleichermaßen<br />

anerkennende und ermunternde<br />

Bemerkung beim Abschluss einer gelungenen<br />

Fotoarbeit. Die Ausstellung spiegelt<br />

die ganze Bandbreite des künstlerischen<br />

Ausdrucks seiner Student/innen<br />

und die Fähigkeit Arno Fischers, sich auf<br />

das fast unbegrenzte Spektrum unterschiedlichster<br />

Themen und Bildwelten<br />

einzulassen.<br />

Arno Fischers Fotografien sind im Bildgedächtnis<br />

vieler Menschen verankert:<br />

die Bilder vom Nachkriegs-Berlin, die<br />

Porträts von internationalen Künstlern<br />

und anderen Zeitgenossen, die Bilder,<br />

die auf seinen vielen Reisen entstanden,<br />

Marlene Dietrich im Nerz in Moskau,<br />

der Riss durch eine Brandmauer in<br />

Berlin, Aufmärsche im Osten, das »Wirtschaftswunder«<br />

und seine Kehrseiten im<br />

Westen, das Leben in Osteuropa und<br />

auch spätere Arbeiten wie die aus New<br />

York gehören zu seinen Hauptwerken.<br />

Dass Arno Fischer auch der Modefotografie<br />

wegweisende Impulse gegeben<br />

hat, bedeutete ihm persönlich wenig.<br />

Ihn trieb etwas anderes um: Er wollte<br />

mit fotografierten Geschichten Historie<br />

erfahrbar machen.<br />

Der Ruhm, die großen Ausstellungen<br />

und Ehrungen kamen spät. Man hat<br />

ihn einmal den »bekanntesten Unbekannten<br />

unter Deutschlands Fotografen«<br />

genannt.<br />

© Antje Berghäuser © Anna Arendt<br />

© Carolin Weinkopf, (Original in Farbe) © Olle Fischer, (Original in Farbe)<br />

© Uta Protzmann, (Original in Farbe) © Eva Brunner<br />

Vernissage: 14. April <strong>2013</strong>, 17 Uhr Finissage: 2. Juni <strong>2013</strong>, 17 Uhr<br />

34 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

© Luca Vecoli, (Original in Farbe) © Florian Fischer, (Original in Farbe) © Cordula Giese<br />

Arno Fischer war ein Chronist seiner<br />

Zeit und ein Vorbild für den Nachwuchs.<br />

Er schärfte als Lehrer und Professor<br />

in Berlin, Leipzig und Dortmund<br />

den Blick mehrerer Generationen Studierender.<br />

Als der Emeritus 2001 eine<br />

eigene Fotografenschule – »Fotografie<br />

am Schiffbauerdamm« – gründete, meldeten<br />

sich schlagartig 400 Interessenten<br />

für einen Kurs. »Mit jungen Leuten<br />

zu arbeiten, ist mein Leben«, betonte<br />

er immer wieder. Das Unterrichten hat<br />

er niemals aufgegeben – wie zuletzt in<br />

seiner Meisterklasse an der Ostkreuzschule<br />

in Berlin-Weißensee.<br />

Seine Lehrtätigkeit war überaus erfolgreich.<br />

Zu seinen Studenten gehörten<br />

neben vielen anderen, heute namhaften<br />

Fotografen auch Sybille Bergemann<br />

– seine spätere Frau -, Ute Mahler, Frank<br />

Gaudlitz, Wiebke Loeper, Gitta Seiler,<br />

Regina Maria Suchy und Jonas Maron.<br />

Arno Fischer hat sich immer als Primus<br />

inter pares gesehen. »Ich habe in der<br />

Summe von meinen Studenten mehr<br />

gelernt, als sie von mir.« Und in diesem<br />

gegenseitigen Geben und Nehmen lag<br />

die wahre Meisterschaft seines Unterrichts.<br />

© Thomas Tiltmann<br />

© Birgit Krause (Original in Farbe)<br />

Matthias Flügge, der 2009 gemeinsam<br />

mit Arno Fischer die bis heute international<br />

reisende Retrospektive des ifa in<br />

der Bundeskunsthalle in Bonn konzipiert<br />

hat, begleitet diese Ausstellung als<br />

kuratorischer Berater.<br />

Zur Ausstellung erscheint ein von Matteo<br />

Peterlini gestalteter Ausstellungskatalog<br />

mit den Werken aller Teilnehmer.<br />

© Mischa Christen<br />

© Claire Laude, (Original in Farbe)<br />

© Piotr Pietrus, (Original in Farbe)<br />

14. April bis 2. Juni <strong>2013</strong><br />

HAUS am KLEISTPARK<br />

Grunewaldstraße 6-7<br />

10823 Berlin-Schöneberg<br />

Di – So 10 – 19 Uhr<br />

www.hausamkleistpark.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

35


Galerien<br />

George Friedmann<br />

»Fotonovela Argentina«<br />

Der 1910 in Micklotz, Ungarn geborene<br />

Meisterfotograf Georges Friedmann<br />

(auch György Friedmann, George<br />

Friedman, Jorge Friedman) arbeitete<br />

bis 1937 sowohl als Kameramann<br />

bei Filmproduktionen in London und<br />

Hollywood, als auch als Fotograf für<br />

Magazine wie VU, PARIS MATCH, TIME<br />

und LIFE.<br />

Seit 1939 lebte Friedmann in Buenos<br />

Aires, Argentinien und arbeitete<br />

als Fotoredakteur und Herausgeber<br />

von illustrierten Magazinen wie<br />

ATLANTIDA.<br />

Anfang der 50er Jahre gründete George<br />

Friedmann gemeinsam mit anderen<br />

die Gruppe »La Carpeta de los Diez«,<br />

einen loser Zusammenschluss von<br />

hervorragenden Fotografen, die das<br />

fotografische Schaffen in Argentinien<br />

geprägt haben. Auch der deutsche<br />

Fotograf Max Jacoby gehörte dazu.<br />

1970 übernahm Friedmann die Redaktion<br />

des Magazins IDILIO, bei dem er als<br />

Chef-Fotograf tätig war. Seine Erfahrungen<br />

als Spielfilm-Kameramann in den<br />

Studios von MGM und Pathé kamen ihm<br />

© George Friedmann © George Friedmann<br />

© George Friedmann<br />

© George Friedmann<br />

bei dieser Arbeit zugute. IDILIO war ein<br />

Frauenmagazin mit Gesellschaftsreportagen,<br />

Modetipps, Fotomontagen zur<br />

Traumdeutung von der deutschen Fotografin<br />

Grete Stern und von Fotonovelas –<br />

einer inszenierten Fotografie auf hohem<br />

technischen Niveau.<br />

Er lehrte Fotografie und erhielt für sein<br />

Fotowerk mehrere internationale Auszeichnungen.<br />

Seine Fotografien wurden in vielen Ausstellungen<br />

in Südamerika gezeigt.<br />

Georges Friedmann starb 2002 in<br />

Buenos Aires, erblindet, im Alter von<br />

92 Jahren.<br />

bis 11. Mai 2012<br />

Galerie argus fotokunst<br />

Marienstraße 26<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Mi – Sa<br />

14 – 18 Uhr<br />

36 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

FASZINATION PARIS<br />

Jubiläumsausstellung<br />

zur 100. Ausstellungen<br />

seit 1996<br />

PARIS lebt von der Vergangenheit und<br />

dem Zauber, den es auf jeden Besucher<br />

ausübt.<br />

Unzählige Fotografen haben sich von<br />

dieser Stadt, ihrem Flair und ihren Menschen<br />

inspirieren lassen.<br />

© Paul Wolff © George Friedmann<br />

© Norbert Bunge © Lutz Dille<br />

Wir zeigen Pariser Impressionen von<br />

elf Fotografen und einer Fotografin Paul<br />

Almasy, Sibylle Bergemann, Norbert<br />

Bunge, René Burri, Lutz Dille, Alfred<br />

Eisenstedt, Daniel Frasnay, René Friede,<br />

George Friedmann, Clemens Kalischer,<br />

Tadeusz Rolke, Paul Wolff.<br />

Vernissage 17.Mai <strong>2013</strong>, ab 18 Uhr<br />

18. Mai bis 22. Jun <strong>2013</strong><br />

Galerie argus fotokunst<br />

Marienstraße 26<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Mi – Sa<br />

14 – 18 Uhr<br />

© George Friedmann © Tadeusz Rolke<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

37


Galerien<br />

FRAUEN<br />

Frauen sind ein wesentliches Movens<br />

der Fotografie. Kaum, dass der französische<br />

Pionier Louis Daguerre 1839 das<br />

Medium erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt<br />

hatte, nutzte man es als bildgebendes<br />

Verfahren für weibliche Schönheit.<br />

Es war der amerikanische Chemiker<br />

John W. Draper, der mit einem Porträt<br />

seiner Schwester Dorothy die Frau<br />

in die Fotografie eingeführt hat. Seither<br />

muss man hinter der kalten Technik<br />

der Kamera immer einen werbenden<br />

Orpheus vermuten – einen Künstler,<br />

der mit Lichtbildern Frauen bezaubern<br />

und verführen möchte.<br />

Doch nicht nur als Model und Staffage<br />

haben Frauen Spuren in die Fotografie<br />

eingeschrieben. Auch hinter der Kamera<br />

selbst waren sie stilbildend. Anlässlich<br />

des Internationalen Tages der Frau am 8.<br />

März <strong>2013</strong> untersucht die Ausstellung<br />

»Frauen« die feminine Seite der Fotografie.<br />

Fünfzehn fotografische Betrachtungsweisen<br />

dokumentieren dabei<br />

ästhetische wie zeitliche Besonderheiten<br />

im Bild und Abbild der Weiblichkeit.<br />

© stefan moses‚ »Straßenbahnschaffnerinnen«,<br />

Köln, 1963<br />

© Isa Marcelli, Serie »Parfums«, 2012/agence<br />

révélateur’<br />

© Robert Lebeck, »Wäscherinnen«, Cullera 1964<br />

Heinz Hajek-Halke »Der Gassenhauer«,<br />

ca. 1930 © Sammlung Ruetz<br />

Am Anfang stehen die komplexen Lichtmontagen<br />

aus dem Vorkriegswerk von<br />

Heinz Hajek-Halke. Der Berliner Fotograf<br />

steht stellvertretend für die Inszenierung<br />

der Weiblichkeit in den Avantgarden.<br />

Mittels experimenteller Techniken<br />

bildete Hajek-Halke den weiblichen<br />

Körper nicht einfach nur ab; er<br />

schuf pygmalionhafte Neubildungen<br />

aus Licht auf Silbergelatine-Papier.<br />

Ganz anders die Herangehensweise<br />

vieler Reportagefotografen in der Nachkriegsära<br />

– Robert Lebeck, Stefan Moses,<br />

Hannes Kilian und Max Scheler. Ihre<br />

Namen stehen stellvertretend für eine<br />

neue Internationalisierung im deutschen<br />

Frauenbild. Porträtaufnahmen von amerikanischen<br />

Diven wie Eartha Kitt oder<br />

Elisabeth Taylor dokumentieren den in<br />

die Adenauer-Republik zurückgekehrten<br />

Glamour. Doch auch die werktätige<br />

Frau findet das Interesse dieser Fotografen-Generation.<br />

Robert Lebecks 1964 in<br />

Cullera entstandene Aufnahme sizilianischer<br />

Wäscherinnen etwa steht exemplarisch<br />

für eine Reportage-Kunst, die<br />

an die sogenannte »Life-Fotografie«<br />

anknüpft. Die tanzenden Arbeiterinnen<br />

auf diesem Foto illustrieren weit mehr<br />

als den verspielten Flirt mit der Apparatur;<br />

sie steht für eine fotografische Suche<br />

nach Würde und Anmut.<br />

Menschliche Würde, das war auch<br />

Thema auf den Bildern der ostdeut-<br />

38 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

© Hannes Kilian ‚Lisa Stammer‘ 1949<br />

© Michael Ruetz, »Im Schloss Tiefurt«<br />

schen Fotografin Sibylle Bergemann.<br />

»Die Stärke der Fotografie liegt darin, ein<br />

Gefühl für Humanität zu wecken. Und<br />

diese Humanität ist geschlechtslos«,<br />

lautet ein oft zitierter Satz der vor zwei<br />

Jahren verstorbenen Berlinerin. Deren<br />

poetische Polaroid-Porträts bilden in<br />

dieser Ausstellung den Auftakt für einen<br />

vornehmlich weiblich geprägten Blick<br />

auf die Frau. Besonders zeitgenössische<br />

Fotografinnen wie Karin Székessy,<br />

Sheila Rock, Rita Ostrowskaja, Isa Marcelli<br />

oder die Australierin Kate Baker<br />

begreifen Fotografie längst nicht mehr<br />

als Leitmedium von Männerphantasien.<br />

Mittels starker Kontraste und poetisierender<br />

Unschärfen beginnen sie damit,<br />

weibliche Identitäts- und Rollenmuster<br />

neu in den Fokus zu nehmen.<br />

Ralf Hanselle<br />

© Sheila Rock »Garden Mist«, 2012<br />

FRAUEN. Mit Fotografien von Kate<br />

Baker, Sibylle Bergemann, Heinz Hajek-<br />

Halke, Hannes Kilian, Birgit Kleber,<br />

Robert Lebeck, Herbert List, Isa Marcelli,<br />

Stefan Moses, Rita Ostrowskaja, Sheila<br />

Rock, Michael Ruetz, Max Scheler, Liselotte<br />

Strelow und Karin Székessy.<br />

© Herbert List »Anna Magnani im Garten ihres<br />

Landhauses«, San Felice Circeo 1950‘<br />

bis 25. Mai 2012<br />

Johanna Breede<br />

PHOTOKUNST<br />

Fasanenstraße 69<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Fr<br />

11 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

39


Galerien<br />

EGO.<br />

Die Ausstellung EGO zeigt vier<br />

künstlerische Positionen, in denen das<br />

Medium Fotografie in unterschiedlichster<br />

Weise eine Rolle spielt. Zweimal<br />

Italien, zweimal Deutschland. Zwei<br />

Männer, zwei Frauen, zwei bildende<br />

Künstler, zwei Fotografen; vier Generationen<br />

unterschiedlichster Zugänge zur<br />

Fotografie jenseits des reinen Dokumentarismus.<br />

Organisiert und kuratiert wurde die<br />

Ausstellung von Oliver S.Scholten<br />

(position.fotografie).<br />

Oliver S. Scholten ist Künstler, ausgebildeter<br />

Fotograf und Dozent für Kunstund<br />

Dokumentarfotografie in Berlin<br />

seit mehr als 25 Jahren. Die Bandbreite<br />

seines fotografischen Schaffens reicht<br />

vom sozialkritischen Dokument bis<br />

hin zu Objekten, Installation und performance.<br />

In den anscheinend oft das<br />

Medium Fotografie sprengenden Arbeiten<br />

bleibt es selbst jedoch immer fest im<br />

Blick und wird in seiner Funktion und<br />

Wirkung hinterfragt.<br />

© Ampelio Zappalorto<br />

© Oliver S. Scholten<br />

© Oliver S. Scholten<br />

Katja Schrader arbeitet neben ihrem<br />

alltäglichen Beruf als Text und Bild -<br />

Reporterin für verschiedene Tages-und<br />

Onlinezeitungen. Weitere Ausbildung<br />

und Aktivitäten im Theaterbereich spiegeln<br />

sich bei ihr in den freien fotografischen<br />

Arbeiten wider. Seit Jahren inszeniert<br />

sie sich selbst. Privat, intim, ungeschminkt,<br />

überhöht. In ihrer Intensität<br />

sind diese Fotografien jedoch nicht<br />

ein simples Verkleidungsspiel, sondern<br />

zeigen,wie jede gute Kunst, auch einen<br />

Teil der Psyche des Autors/der Autorin.<br />

Als Verweis auf das Selbstbildnis verbleibt<br />

als kleine Geste immer der sichtbare,<br />

mal mehr mal weniger versteckte,<br />

Selbstauslöser in einer Hand.Wer hier<br />

wieder nur an Cindy Sherman denkt,<br />

greift zu kurz. Es wird Zeit, mit diesem<br />

Mythos aufzuräumen.<br />

© Anna Guillot<br />

Ampelio Zappalorto ist klassisch<br />

ausgebildeter Maler. Ebenso Skulpteur,<br />

Inszenierer, Installationskünstler. Er<br />

benutzt Fotografie von der Seite der<br />

bildenden Kunst her betrachtet. Meist<br />

unspektakulär, lediglich als Notiz zu<br />

seinen Arbeiten, als kleines Dokument<br />

privater Schaffensmomente. Mal<br />

in Funktion des Regisseurs, der Anweisung<br />

gibt und sich fotografieren lässt,<br />

mal selbst. Oft mit Witz und Karikatur<br />

der eigenen Situation. Ab und zu entstehen,<br />

wie die hier in EGO gezeig-<br />

40 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

© Ampelio Zappalorto<br />

© Katja Schrader<br />

ten großformatigen Vernähungen, aber<br />

auch Werke, die das Medium von einem<br />

anderen Blickwinkel her interpretieren.<br />

Anna Guillot ist Künstlerin und Dozentin<br />

an der Akademie der Schönen<br />

Künste in Catania, Sizilien. Ihre Arbeiten<br />

sind Untersuchungen in verschiedensten<br />

Bereichen der Wahrnehmung,<br />

in denen Sie Grenzen von Visualität,<br />

Musik, Akustik und Literatur durchdringt,<br />

vermischt, kontrapunktiert und<br />

in Frage stellt. Bild-Ton-Lesebücher z.T.<br />

in objekthaftem Auftreten sind die Produkte.<br />

Sie selbst setzt sich dabei ebenso<br />

oft selbstverständlich in den Mittelpunkt,<br />

so, wie wir alle ein Teil dieses rauschenden<br />

Universums sind.<br />

Lee Revos<br />

© Anna Guillot<br />

Vernissage<br />

16. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

17. Mai bis 21. Juni <strong>2013</strong><br />

Fotogalerie Friedrichshain<br />

Helsingforser Platz 1<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Di, Mi, Fr, Sa<br />

Do<br />

14 – 18 Uhr<br />

10 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

41


Galerien<br />

Christian Reister<br />

»NACHT«<br />

Der Berliner Fotograf und Flaneur<br />

Christian Reister versammelt in seiner<br />

neuen Arbeit fotografische Strandgüter<br />

der Berliner Nacht. Die Szenen, die er<br />

in grobem, körnigen Schwarz/Weiss<br />

festhält, findet er in Clubs und Spelunken,<br />

in Imbissbuden, Hotellobbies oder ganz<br />

einfach auf der Straße. Im Kabinett<br />

des Hotels Bogota wird erstmals ein<br />

Auszug von NACHT im Rahmen einer<br />

Ausstellung gezeigt.<br />

© Christian Reister<br />

© Christian Reister<br />

27. April bis 24. Mai <strong>2013</strong><br />

Hotel Bogota<br />

photoplatz Kabinett<br />

Schlüterstraße 45<br />

10707 Berlin-Charlottenburg<br />

© Christian Reister<br />

Zur Vernissage am 26. April <strong>2013</strong>,<br />

19 Uhr<br />

»TAGEBUCHt« trifft »NACHT«.<br />

Andreas Albrecht & Marco Ponce Kärgel<br />

spielen und improvisieren zu einer<br />

Slideshow aus den NACHT-Fotografien<br />

von Christian Reister Lieder und<br />

Klangskulpturen aus ihrer aktuellen CD<br />

»TAGEBUCHt«.<br />

täglich<br />

8 – 23 Uhr<br />

Screnning mit Livemusik ab 20 Uhr<br />

42 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Frank Machalowski<br />

»Monster«<br />

Festivals, Konzerte, Demos, Sportereignisse,<br />

Touristenmassen. Scheinbar<br />

ist Berlin ein Ort, der niemals stillsteht.<br />

In Frank Machalowskis Langzeitbelichtungen<br />

aus den Jahren 2011 und<br />

2012 werden die durch die Straßen<br />

strömenden Menschen als geisterhafte<br />

Bewegungsspuren einer Masse sichtbar,<br />

erscheinen fast bedrohlich, als gesichtsloses<br />

Monster, das sich den Weg durch<br />

die Stadt bahnt. Die Grenze zwischen<br />

dem Monströsen und Humanen verschwindet<br />

im Nebel der Bewegung.<br />

bis 14. Mai <strong>2013</strong><br />

FENSTER61<br />

Torstraße 61<br />

10119 Berlin-Mitte<br />

© Frank Machalowski<br />

© Frank Machalowski<br />

© Frank Machalowski © Frank Machalowski<br />

Irinadabo<br />

»beside me«<br />

Es dürften hygienische Gründe sein,<br />

weshalb auf öffentlichen Toiletten die<br />

Kabinenwände selten bis zum Boden<br />

reichen. Manchmal begegnet man<br />

einer vorbei kullernden Papierrolle,<br />

gefolgt von einem kurzen Aufschrei.<br />

Meistens aber bleibt jeder für sich und<br />

so unsichtbar wie möglich. Es geschieht<br />

eigentlich nichts Außergewöhnliches.<br />

Zugleich ist die Phänomenologie des<br />

Ortes enorm: Neugierde, Intimität, stiller<br />

Rückzug, Spiegelblicke, rauschende<br />

Wasser, Seifenduft – es kommt vieles<br />

zusammen.<br />

15. Mai bis 16. Juli <strong>2013</strong><br />

FENSTER61<br />

Torstraße 61<br />

10119 Berlin-Mitte<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

43


Galerien<br />

19. Fotoklub Forum<br />

Berlin <strong>2013</strong><br />

Das 19. Foto Klub Forum Berlin präsentiert<br />

bis zum 3. Mai <strong>2013</strong> im Rathaus<br />

Köpenick Fotoklubs aus Berlin und dem<br />

Land Brandenburg mit aktuellen Arbeiten.<br />

Etwa 300 Bilder von mehr als 150<br />

Fotografen aus 18 Klubs werden vorgestellt.<br />

Die vom Landesverband Berlin der<br />

Gesellschaft für Fotografie e.V gemeinsam<br />

mit dem Bezirksamt Treptow-Köpenick<br />

organisierte Ausstellung ermöglicht<br />

es den Klubs, ihre Bildkollektion<br />

selbst zusammenzustellen, denn es gibt<br />

kein vorgegebenes Thema und keine<br />

zentrale Jury. So erhalten die Besucher<br />

einen informativen Einblick in<br />

das Schaffen der einzelnen Klubs und<br />

können die unterschiedlichen Herangehensweisen,<br />

Themen und Techniken<br />

vergleichen. Zehn Klubs zeigen Fotos<br />

zu einem selbst gewählten Thema, alle<br />

beweisen ein beeindruckendes fotografisches<br />

Niveau.<br />

Einige Aussteller sind seit Jahren regelmäßig<br />

im Forum vertreten: »Arbeitskreis<br />

Freie Lichtbildner Berlin«, »Colorclub<br />

Berlin-Treptow«, »Fotofreunde Zehlendorf«,<br />

»Fotoklub Eberswalde«, »Fotoclub<br />

Lichtenberg«, »Fotoclub 1092<br />

Berlin«, »Fotogruppe 98«, Fotogruppe<br />

»Natur & Kultur e.V. (Labsaal)« und<br />

»Fotostudio Köpenick«.<br />

© Ernst Seifert, »colossal«, (O.i.F.) © Ingo Schulz, »Der Einschlag«<br />

© Gerhard Metzschker, »Hüte«, (O.i.F.) © Axel Zwetz, »Sumidero«, (O.i.F.)<br />

© Werner Berg, »Engelbecken«, (O.i.F.)<br />

Andere stellen sich zum ersten Mal in<br />

Köpenick vor, diesmal der Fotozirkel der<br />

WBG Amtsfeld und die Gruppe »FOTO-<br />

RIOSA« aus Berlin sowie das »Foto-<br />

Forum Barnim« aus Bernau. Besonders<br />

freuen sich die Veranstalter, dass<br />

sich zwei Gruppen jugendlicher Fotofreunde<br />

präsentieren: die »Foto-AG der<br />

Tobias-Seiler-Oberschule Bernau« und<br />

die »Foto-AG Südstern« des Kinderund<br />

Jugendhilfe Verein Bernau. Weitere<br />

Aussteller sind der Fotoklub »Lichtblick«<br />

und die Fotogruppe »Ortoklick«<br />

aus Berlin sowie der »Fototreff Bernau«<br />

und »Fotoclub Strausberg«.<br />

© Daniel Haebringer, »Hände«<br />

© Hans-Joachim Kühn, »Paternkofel«<br />

bis 3. Mai <strong>2013</strong><br />

Rathaus Köpenick<br />

Alt-Köpenick 21<br />

12555 Berlin-Köpenick<br />

Dr. Hans-Joachim Kühn<br />

LV Berlin der GfF<br />

© Eva-Maria Bieseke, »Trinkglas«,<br />

(Original in Farbe)<br />

Mo – Fr<br />

Sa, So<br />

8 – 20 Uhr<br />

9 – 18 Uhr<br />

44 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Fred Baumgart<br />

»Eve by the bridge«<br />

Die Oberbaumbrücke wurde 1894-95<br />

erbaut und nach dem Mauerfall 1993-95<br />

restauriert und gehört zu den attraktiven<br />

Sehenswürdigkeiten von Berlin.<br />

Fred Baumgart wurde 1942 geboren und<br />

ist seit 1968 selbstständig als Portraitpeople-<br />

und lifestyle Fotograf tätig.<br />

Da ich als alteingesessener Kreuzberger<br />

oft die Oberbaumbrücke über die Spree<br />

befahre, reifte in mir die Idee, die<br />

Schönheit des historischen Bauwerks<br />

mit der Arbeit eines Portraitfotografen<br />

zu verbinden. So entstand diese Serie,<br />

ein Model rund um die Brücke zu<br />

fotografieren.<br />

Die Umgebung der Brücke bietet eine<br />

Vielfalt interessanter Motive, die wir an<br />

mehreren Tagen festhielten.<br />

© Fred Baumgart (O.i.F.)<br />

Vernissage<br />

3. Mai <strong>2013</strong>, um 19 Uhr<br />

3. Mai bis 26. Mai <strong>2013</strong><br />

DIE AKTGALERIE<br />

Krossener Straße 34<br />

10245 Berlin-Friedrichshain<br />

Fr, Sa, So<br />

16 – 20 Uhr<br />

Angelika Beck<br />

»Zwischentöne<br />

– Soulmusiker<br />

backstage«<br />

Porträts<br />

Musiker stehen im Rampenlicht, werden<br />

bewundert, umschwärmt und verehrt.<br />

Doch was passiert hinter der Bühne,<br />

wenn sie alleine sind und sich konzentrieren<br />

auf die nächsten Stücke? Es sind<br />

Momente der Ruhe, des In-sich-gekehrtseins.<br />

Diese Situationen zeigt die Fotografin<br />

Angelika Beck (Stuttgart) in ihrer monochromen<br />

Porträtserie »Zwischentöne«.<br />

Sie präsentiert Soulmusiker, die ja<br />

bekanntlich die Musik im Blut haben,<br />

in Augenblicken der Konzentration, der<br />

Entspannung. Der Zuschauer wird entführt<br />

hinter den Vorhang, bevor es wieder<br />

heißt: »Are you ready for showtime?«<br />

© Angelika Beck, »Harriet Lewis«<br />

Zur Vernissage<br />

am 10. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr wird der legendäre<br />

Saxophonist Sir Waldo Weathers<br />

(15 Jahre Mitglied der James Brown<br />

Band) zu hören sein.<br />

10. Mai bis 10. Juli <strong>2013</strong><br />

Galerie »Alles Mögliche«<br />

Odenwaldstraße 21<br />

12161 Berlin-Friedenau<br />

nach Vereinbarung: 0173 342 80 83<br />

www.alles-moegliche.de<br />

www.angelikabeck.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

45


Galerien<br />

Bernadette Ypso und<br />

Charlotte K<br />

»unbekannt bis heute«<br />

Das Hotel Bogota zählt seit Jahren zu<br />

den etablierten Orten für die Fotografie<br />

in Berlin. Mit der Ausstellung der<br />

zwei Autorinnen Bernadette Ypso und<br />

Charlotte K geht Joachim Rissmann, der<br />

die Förderung der Fotografie zu seiner<br />

persönlichen Sache gemacht hat, ein<br />

gewisses Risiko ein. Denn erklärtermaßen<br />

wollen sich die beiden Autorinnen<br />

in jeder Weise bedeckt halten (sollten<br />

sie bei der Eröffnung anwesend sein,<br />

werden sie sich auch in dem Rahmen<br />

nicht zu erkennen geben). Der Besucher<br />

weiß folglich nicht einmal, ob es<br />

sich tatsächlich um Autorinnen handelt.<br />

Dieser Sachverhalt, so ungewöhnlich<br />

er auch ist, hat aber auch sein Gutes;<br />

denn dem Betrachter fehlt es an jeglichen<br />

Hinweisen, in welche Richtung er<br />

die ausgestellten Arbeiten interpretieren<br />

soll. Damit kommt er auf den Stand, der<br />

eigentlich immer bei Bildbetrachtungen<br />

gewährleistet sein sollte, nämlich eine<br />

Bewertung, die sich nicht an vorher<br />

Gelesenem oder Gesagten orientiert,<br />

sondern bei der es ganz unmittelbar um<br />

das das Reagieren auf Bilder geht. Für<br />

diejenigen, die nicht nach ihren Augen,<br />

sondern ihrem Gehör urteilen, also dem,<br />

was andere, mögliche Fachleute sagen,<br />

ist das selbstredend eine große Herausforderung.<br />

Wie es auf den ersten Blick aussieht,<br />

fotografiert Bernadette Ypso im Bereich<br />

der Prominenten, die wir vorzugsweise<br />

vom Fernsehschirm kennen. Doch<br />

handelt es sich weniger um traditionelle<br />

Porträts, die auf Repräsentation<br />

oder auf das Kreieren eines bestimmten<br />

Images ausgerichtet sind. Vielmehr<br />

zeigen sie die Begegnung mit Prominenten,<br />

wobei das Surrounding (wie es neudeutsch<br />

heißen könnte) eine wichtige<br />

Rolle spielt. Die porträtierten Frauen<br />

und Männer werden auf diese Weise<br />

gewissermaßen geerdet. Bei Charlotte K<br />

liegen die Sujets und Themen offenbar<br />

weniger stringent beieinander. Zudem<br />

© Bernadette Ypso, (Original in Farbe)<br />

© Charlotte K, (Original in Farbe)<br />

verzichtet sie gerne auf die übliche fotografische<br />

Narration. Ihre Bilder zielen<br />

bevorzugt auf das Atmosphärische wie<br />

das Abstrakte, also mehr auf ästhetische<br />

Momente. Dass beide Bildautorinnen<br />

anonym bleiben wollen, lässt<br />

vermuten, dass sie das Fotografieren<br />

neben einer Tätigkeit ausüben, mit der<br />

sie in der Öffentlichkeit bekannt sind,<br />

und eben diese Öffentlichkeit würde<br />

das eine mit dem anderen für unvereinbar<br />

halten. Aber wie gesagt, wir bewegen<br />

uns im Vagen, was einzig und allein<br />

zählt, sind die ausgestellten fotografischen<br />

Arbeiten<br />

Enno Kaufhold<br />

Eröffnung: 6. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr, mit<br />

einer Einführung durch den Autor des<br />

vorausgegangenen Textes.<br />

6. Mai bis 16. Juni <strong>2013</strong><br />

Photoplatz im Hotel Bogota<br />

Schlüterstraße 45<br />

10707 Berlin-Charlottenburg<br />

täglich 8 – 23 Uhr<br />

www.bogota.de<br />

46 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

Marion Schult<br />

»Zoe Helali- One<br />

Woman Show«<br />

Mit Marion Schult zeigt die Carpentier<br />

Galerie zum ersten Mal Arbeiten einer<br />

Fotografin, die sich in vielen Berufsjahren<br />

im Bereich Celebrities, Fashion,<br />

Beauty auch international einen Namen<br />

gemacht hat.<br />

Stars wie zum Beispiel Donna Summer,<br />

La Toya Jackson, Depeche Mode, Bryan<br />

Ferry, Falco oder Tilda Swinton wurden<br />

von ihr für Cover und Editorials in Szene<br />

gesetzt.<br />

Neben ihrer Anerkennung im Celebrity<br />

Bereich, beeindrucken auch ihre<br />

Referenzen in der Beauty Branche. Die<br />

Namen lesen sich wie die Schriftzuge<br />

an den Regalen eines Luxuskaufhauses:<br />

Shiseido, Lancôme, Chanel, Wella,<br />

Revlon, L´Oréal, Wella.<br />

Aber auch Persönlichkeiten aus Kunst,<br />

Theater, Wirtschaft und Politik setzte<br />

Marion Schult mit ihrer Kamera ins Bild.<br />

Um nur einige zu nennen: Elvira Bach,<br />

Robert Wilson, Liz Mohn (Bertelsmann)<br />

oder Willi Brandt.<br />

Im Rahmen redaktioneller Auftragsfotografie<br />

inszenierte sie außerdem hochwertige<br />

Jewelery von Chopard, Montblanc,<br />

Piaget und Bucherer. In der<br />

Fashion Fotografie setzte sie unter anderem<br />

die Outfits des Designers Guido<br />

Maria Kretschmer für den Montblanc-<br />

Katalog in 2011 um.<br />

Mit dem Model Zoe Helali arbeitet<br />

Marion Schult seit einigen Jahren kommerziell<br />

für Fashion-Kunden sowie im<br />

Rahmen freier Arbeiten zusammen. Zoe<br />

verschmilzt mit den Kleidern, die sie<br />

trägt und haucht ihnen ihre Seele ein.<br />

Auf diese Weise entsteht ein magischer<br />

Moment, den der Betrachter in den<br />

Fotografien miterleben kann. In dieser<br />

Ausstellung wird auch die Vielseitigkeit<br />

und Wandelbarkeit des Models gezeigt,<br />

die durch die künstlerische Make-up Art<br />

von Robert Aren Antonelli unterstrichen<br />

wird.<br />

© Marion Schult, »Zoe Helali«<br />

Eröffnung:<br />

Freitag, 21. Juni <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

22. Juni bis 21. Juli <strong>2013</strong><br />

Carpentier Galerie<br />

Meinekestraße 13<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Sa 14 – 18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

www.carpentier-galerie.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

47


Galerien<br />

TIME LAPSE<br />

Susanne Wehr<br />

»Fotografie«<br />

Ev Pommer<br />

»Plastik«<br />

»... so besteht das Wesen des Bildes<br />

darin, ganz außen zu sein, ohne Intimität,<br />

und dennoch unzugänglicher und<br />

rätselhafter als die innere Vorstellung;<br />

ohne Bedeutung; doch zugleich eine<br />

Herausforderung der Unergründlichkeit<br />

jeden möglichen Sinns ...«<br />

Roland Barthes<br />

»Vielleicht ist die wahre, totale<br />

Photographie (…) ein Haufen von<br />

Bruchstücken privater Bilder, vor<br />

dem zerknitterten Hintergrund der<br />

Zerstörungen und Krönungen«.<br />

Italo Clavino<br />

Susanne Wehr´s Arbeiten kreisen um<br />

Themen der Privatfotografie an der<br />

Schnittstelle zwischen persönlicher<br />

Geschichte, kollektiver Erinnerung und<br />

Fiktion.<br />

Sie setzt in ihrem Werk die Technik des<br />

»Found Footage« ein und bedient sich<br />

(statt Filmaufnahmen) konzeptionell<br />

provenienzloser Fotografien. Susanne<br />

Wehr stellt die gefundenen Fotografien<br />

schlüssig in neue Kontexte, unabhängig<br />

aus welchem historischen, geografischen<br />

oder sozialen Kontext die Bilder<br />

stammen.<br />

Auf diese Weise werden gängige Vorstellungen<br />

über Fotografie und fotografische<br />

Bilder in Frage gestellt. Erinnerung,<br />

Fiktion und vermeintliche authentisch<br />

fotografierte Realität wirken in ihren<br />

bildlichen Kompositionen nicht wie stabile<br />

Konstruktionen, sondern erweisen<br />

sich als flexible Komponenten unserer<br />

persönlichen fotografischen Momentaufnahmen.<br />

© Susanne Wehr, <strong>2013</strong>, aus der Serie:<br />

»TIME LAPSE«<br />

Die Arbeit »TIME LAPSE« (Zeitraffer)<br />

besteht aus einer Serie gefundener<br />

Fotos, die sich gewissermaßen frei<br />

von einer chronologischen, räumlichen<br />

und thematischen Abfolge bewegen.<br />

Die in unvermutete und nicht<br />

intendierte Zusammenhänge gesetzten<br />

Fotografien, ergeben ein narratives<br />

Geflecht von Beziehungen und<br />

Geschichten, die durch den Blick des<br />

jeweiligen Betrachters bestimmt sind.<br />

Die aus ihrem Zusammenhang<br />

herausgelösten Einzelaufnahmen<br />

klingen in Ihrer Zusammenstellung<br />

wie eine Reminiszenz an sprachlose<br />

Bildräume, die unserem kollektivem<br />

Bildgedächtnis entspringen. So sind<br />

private Fotografien Momentaufnahmen<br />

der Erinnerung einer Generation, latent<br />

in uns vorhanden, uns bestimmend,<br />

verlockend und faszinierend.<br />

Mit »TIME LAPSE« stellt Susanne Wehr<br />

die gängige Vorstellung von Fotografie<br />

als Medium der Erinnerung und<br />

Realitätsbeweis in Frage.<br />

Manuela Lintl<br />

Vernissage<br />

am Samstag, 20. April <strong>2013</strong><br />

von 19 Uhr – 22 Uhr<br />

Finissage<br />

am Samstag, 25. Mai <strong>2013</strong><br />

von 19 Uhr – 22 Uhr<br />

© Susanne Wehr, <strong>2013</strong>, aus der Serie:<br />

»TIME LAPSE«, (Original in Farbe)<br />

© Susanne Wehr, <strong>2013</strong>, aus der Serie:<br />

»TIME LAPSE«<br />

Sonderöffnungszeiten zum »GALLERY<br />

WEEKEND«<br />

Samstag 27. April und<br />

Sonntag 28. April <strong>2013</strong><br />

von 11 – 19 Uhr<br />

21. April bis 25. Mai <strong>2013</strong><br />

kunstraum FRÖAUF<br />

Fröaufstraße 7<br />

12161 Berlin-Friedenau<br />

Do – Sa 16 – 19 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

www.fröauf.de<br />

48 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

LUPE GODOY<br />

»Collage«<br />

Ernst Baumeister<br />

»Skulptur«<br />

Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert<br />

der Fotografie und der Massenreproduktion<br />

von fotografischen Bildern.<br />

Die Kunst der Collage wurde in dieser<br />

Zeit geboren. Inzwischen ist die Collage<br />

und ihre konzeptionelle Grundlage in<br />

allen kreativen Disziplinen der Bildenden<br />

Kunst, des Films, der Medien und<br />

in der Architektur zu finden.<br />

In ihrem Werk widmet sich die spanische<br />

Künstlerin Lupe Godoy vorwiegend<br />

der Collage. Das Material ihrer Arbeiten<br />

stammt aus verschiedensten Quellen,<br />

sie kombiniert Fotografien aus Modeund<br />

Lifestyle-Magazinen mit Bildern<br />

aus Kunstmagazinen, stellt Ausschnitte<br />

aus Pornomagazinen neben Fotos aus<br />

Auto- und Motorrad Zeitschriften.<br />

Aus trivialen, tausendfach reproduzierten<br />

Fotografien erschafft Lupe Godoy<br />

durch ihre künstlerische Handschrift<br />

Originale, dabei verzichtet sie bewusst<br />

auf den Einsatz von Bildbearbeitungsprogrammen.<br />

Vielmehr vermischt sie<br />

fotografische Ausschnitte mit japanischer<br />

Tusche und Farbe. Die Bildmaterialien<br />

fügen sich in der Verarbeitung<br />

zur Collage zu inhaltlich vielfältigen,<br />

ineinander verschachtelten Erzählungen<br />

und Serien. Gleichzeitig sind sie in<br />

ihrer endgültigen Form Teil einer neuen<br />

und unauflöslichen Einheit im Werk der<br />

Künstlerin.<br />

Während der Phase des Aussuchen und<br />

Ausschneiden fällt Lupe Godoy künstlerische<br />

Entscheidungen, die zunächst<br />

als flexible Bildkomponenten fungieren<br />

und später das Endergebnis prägen.<br />

Die Vermischung von Genres, Erinnerungen,<br />

Assoziationen, Selbstreflexionen<br />

und Fantasien dienen ihr als Instrument<br />

neue Bilder zu komponieren. Die<br />

Materialität des Papiers, sein Alterungsprozess<br />

und die Druckqualität spielen<br />

eine zentrale Rolle für die physische<br />

Präsenz ihrer Bilder.<br />

Lupe Godoy´s Collagen aus (re-) produzierten<br />

Fotografien thematisieren<br />

Überfluss, Schönheit, Kunstgeschichte,<br />

© Lupe Godoy, Perfectamente inutiles, 2011.<br />

Collage, Mischtechnik auf Papier, 44 x 44 cm<br />

© Lupe Godoy, dangerous love, 2011. Collage,<br />

Mischtechnik auf Papier, 44 x 44 cm<br />

© Lupe Godoy, No volveré a encontrar a esa<br />

muchacha, 2011. Collage, Mischtechnik auf<br />

Papier, 44 x 44 cm<br />

Vernissage am Samstag, 1. Juni <strong>2013</strong><br />

von 19 Uhr - 22 Uhr<br />

Finissage am Samstag, 6. Juli <strong>2013</strong> von<br />

19 Uhr - 22 Uhr<br />

© Lupe Godoy, aus der Serie: Salzstatuen, 2011.<br />

Collage, Mischtechnik auf Papier, 30 x 30 cm<br />

© Lupe Godoy, Heißen nicht, 2011. Collage,<br />

Mischtechnik auf Papier, 44 x 44 cm<br />

Geschlechterrollen, Ökologie und eine<br />

Welt, in der der Körper zur Ware geworden<br />

ist. Gerade weil ihre Werke mit ähnlichen<br />

Mechanismen und ästhetischen<br />

Tricks wie ihre Vorlagen arbeiten, fordern<br />

sie den Betrachter heraus. Denn sie<br />

hinterfragen unsere Vorstellungen von<br />

Schönheit, unser Bild des Anderen und<br />

des Fremden.<br />

2. Juni bis 6. Juli <strong>2013</strong><br />

kunstraum FRÖAUF<br />

Fröaufstraße 7<br />

12161 Berlin-Friedenau<br />

Do – Sa 16 – 19 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

www.fröauf.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

49


Galerien<br />

Durchscheinende<br />

Dinge<br />

Translucent Matters<br />

Annette von Dewitz<br />

Silke Grossmann<br />

Ann Provan<br />

»Installationen/<br />

Objekte – Fotografie –<br />

Malerei«<br />

Die Künstlerinnen Annette von Dewitz,<br />

Silke Grossmann und Ann Provan, Vertreterinnen<br />

einer Generation, aber<br />

dreier unterschiedlicher Medien haben<br />

sich mit Installationen und Objekten,<br />

Schwarz-Weiß-Fotografien und farbigen<br />

Aquarellen und Gouachen zu<br />

einer gemeinsamen Ausstellung in den<br />

Räumen des Verborgenen Museums<br />

zusammengefunden.<br />

Wie der Titel »Durchscheinende Dinge«<br />

verrät, verbindet ihre Werke aus und<br />

auf Papier das Mehrschichtige, das nur<br />

scheinbar Verdeckte: im schwebenden<br />

Objekt wie im Aquarell, aber auch in<br />

den Fotografien mit feinsten Grauabstufungen<br />

gehen die Künstlerinnen, jede<br />

auf ihre Weise von der Realität aus,<br />

lassen sie phantastische Räume entstehen<br />

und evozieren aus Abstraktionen<br />

die unterschiedlichsten Assoziationen.<br />

Dabei tragen in allen Arbeiten<br />

Licht und Schatten zu einem spürbaren<br />

Widerstreit zwischen einem geheimnisvoll<br />

Verborgenen und der erkennbaren<br />

Realität bei.<br />

SILKE GROSSMANN wollte ursprünglich<br />

Malerin werden, entschied sich<br />

dann aber für experimentellen Film<br />

und Fotografie. Nach Abschluss ihres<br />

Kunststudiums und einem Studienjahr<br />

in Amerika hat sie Ausstellungen im Inund<br />

Ausland gemacht, Fotofilme und<br />

Künstlerbücher veröffentlicht. 1992<br />

wurde sie für ihre Arbeit mit dem am<br />

© Silke Grossmann, von rückwärts, 1980,<br />

Silbergelatineprint, 50 x 60 cm<br />

© Silke Grossmann, Entfernungsverschiebung<br />

Dünenabhang, 1993/2011,<br />

Silbergelatineprint,<br />

Museum Folkwang vergebenen Albert-<br />

Renger-Patzsch-Preis ausgezeichnet.<br />

Silke Grossmann lehrt seit 1995 als<br />

Professorin für künstlerische Fotografie<br />

an der Hochschule für bildende Künste<br />

in Hamburg. Sie lebt und arbeitet am<br />

nahegelegenen Schaalsee, ist verheiratet<br />

und hat einen erwachsenen Sohn.<br />

In ihrer fotografischen und filmischen<br />

Arbeit verfolgt Silke Grossmann seit<br />

Mitte der 70er Jahre ein durchgängiges<br />

Interesse: die Verbindung des Menschen<br />

mit seiner unmittelbaren, räumlichen<br />

Umgebung, sei es Landschaft oder<br />

Architektur. Doch auf ihren Bildern sind<br />

nicht etwa private Lebens- oder Arbeitswelten<br />

zu sehen, denn sie begreift ihre<br />

Fotografie vor allem als Abstraktionsprozess.<br />

Bei ihren Portraits, die oft nur<br />

Teilansichten von Personen zeigen, sind<br />

© Silke Grossmann, Entfernungsverschiebung,<br />

Silbergelatineprint<br />

© Silke Grossmann, Marlauer Kamp I,<br />

1999/<strong>2013</strong>, ink-jet print, 85 x 120 cm<br />

diese geradezu eingearbeitet in ihren<br />

Umraum und nicht, wie häufig in zeitgenössischen<br />

Portraits, isoliert oder freigestellt.<br />

In ihren fotografischen Bildern<br />

und Bildsequenzen setzt Silke Grossmann<br />

die betrachtende oder handelnde<br />

Person in Wechselbeziehung zur Komplexität<br />

des bewegten Raums und des<br />

Lichts. Und auch, wenn in ihren Fotografien<br />

keine Menschen anwesend sind,<br />

so ist die physische Präsenz der Fotografin<br />

immer deutlich erkennbar. Denn<br />

es geht ihr um eine Wahrnehmung am<br />

Ort, die etwa eine Landschaft nicht nur<br />

mit dem Gesichtssinn und als repräsentatives<br />

Gegenüber, sondern durch die<br />

eigene Bewegung und mit allen körperlichen<br />

Sinnen in einer Art dialogischem<br />

Prozess zu erfahren sucht.<br />

50 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galerien<br />

© Annette von Dewitz, eckige Körper, <strong>2013</strong>,<br />

Papier/Holz, 250 x 200 cm<br />

©Annette von Dewitz, Pläne, 2012 (Detail),<br />

Monotypie, 212 x 176 cm<br />

Silke Grossmann fotografiert in Schwarz-<br />

Weiß und bevorzugt für die Arbeit am<br />

Bild und das Denken in den Lichtumkehrungen<br />

des Negativs nach wie vor<br />

die Dunkelkammer.<br />

Fotografien von Silke Grossmann sind<br />

u.a. vertreten im Museum Folkwang<br />

Essen, im Münchner Fotomuseum, der<br />

Kunsthalle Hamburg, dem Stadtmuseums<br />

Stuttgart.<br />

Die Installationskünstlerin ANNETTE<br />

VON DEWITZ studierte Ende der 1960er<br />

Jahre in Hamburg an der Hochschule<br />

für Gestaltung Grafik/ Design/Grafische<br />

Drucktechniken. Sie war 1975-<br />

1986 an verschiedenen Hochschulen<br />

in der Lehre tätig. Seit 1978 ist sie freischaffende<br />

Künstlerin mit eigenem Atelier<br />

und Radierwerkstatt in Hamburg;<br />

Annette von Dewitz ist verheiratet, hat<br />

zwei erwachsene Kinder und lebt und<br />

arbeitet seit 1986 in Köln/Bonn.<br />

Annette von Dewitz` Markenzeichen<br />

sind die leichtgewichtigen Installationen<br />

aus Papier, Kunststoff und Metall.<br />

Mit Vorliebe kreiert sie schwerelose<br />

Objekte aus gefundenem Material des<br />

alltäglichen Lebens - entweder Einzelstücke,<br />

häufig aber auch aus bis zu einhundert<br />

Teilen konstruierte Serien, die<br />

einer geometrischen Ordnung folgen<br />

können. Immer entwickeln ihre Kreationen<br />

ein Eigendasein von besonderer<br />

Aura. Oft roh im Material und an<br />

der Oberfläche, sind sie empfindlich in<br />

ihrem neuen Zuschnitt und muten teils<br />

minimalistisch, teils asiatisch, manchmal<br />

kalligraphisch streng oder aber<br />

auch rhythmisch verspielt an.<br />

Während des Arbeitsprozesses entstehen<br />

unter ihrer Hand auch dreidimensionale<br />

Formationen, die sich auf den<br />

Ausstellungsort hin angelegt erst vor Ort<br />

für die Wahrnehmung der Betrachtenden<br />

zu erkennen geben werden. Die<br />

Installationen von Annette von Dewitz<br />

leben auch von skripturalen und vegetabile<br />

Zeichen, die »lesbar« erscheinen,<br />

aber doch nicht zu entschlüsseln sind.<br />

Seit 1973 hat sie Einzelausstellungen<br />

und Ausstellungsbeteiligungen im Inund<br />

Ausland.<br />

ANN PROVAN ging Mitte der<br />

1960er Jahre, nach Abschluss an der<br />

BerkeleyHigh School in Kalifornien<br />

nach Paris und begann dort als Model<br />

für verschiedene Modehäuser wie u.a.<br />

ChristianDior zu arbeiten. In dieser<br />

Zeit begegnete sie dem Modemacher<br />

Karl Lagerfeld und dem Modezeichner<br />

Antonio Lopez. Lopez förderte und<br />

entwickelte ihr Interesse an der Kunst.<br />

Nach ihrerRückkehr in die USA machte<br />

sie denMaster of Fine Arts in Malerei<br />

amSanFrancisco Art Institute. Sie lebt<br />

mit ihrem Mann, dem Künstler David<br />

Provan und zwei Kindern in Cold Spring,<br />

NY, nördlich von New York City.<br />

Ann Provan beschäftigt sich in ihren<br />

Aquarellen und Installationen mit der<br />

Wahrnehmung des Raums. Organischen<br />

Formen entlehnte Figurationen,<br />

Vergrößerungen, Transparenzen und<br />

©Ann Provan, Organisme, 2012, Aquarell,<br />

31 x 32 cm, (Original in Farbe)<br />

© Ann Provan, Living with trees #2, 2009,<br />

Aquarell, 28 x 42 cm, (Original in Farbe)<br />

Schatten werden scharf umrissen oder<br />

unscharf gesehen zu Papier gebracht.<br />

Darüberhinaus imaginieren ihre Inventionen<br />

dreidimensionale Objekte außerhalb<br />

des Bildrahmens.<br />

Ausstellungen in den USA, darunter in<br />

New York City und im Ausland.<br />

Werke von ihr sind in den Sammlungen<br />

des Museum of Modern Art, New York,<br />

des Art Institute of Chicago, der University<br />

of Oregon, im Franklin Furnace<br />

Archive und in Privatsammlungen.<br />

Eröffnung: 17. April <strong>2013</strong>,<br />

Einführung: Ursula Meyer-Rogge<br />

18. April bis 16. Juni <strong>2013</strong><br />

DAS VERBORGENE MUSEUM<br />

Schlüterstraße 70<br />

10625 Berlin-Charlottenburg<br />

Do & Fr<br />

Sa & So<br />

15 – 19 Uhr<br />

12 – 16 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

51


Galerien<br />

Jürgen Bürgin<br />

»URBAN BALLADS«<br />

»Urban Ballads« von Jürgen Bürgin ist<br />

eine Serie von Fotografien, die in den<br />

Jahren 2010-<strong>2013</strong> in Städten wie Berlin,<br />

New York, Chicago, Paris, London,<br />

Shanghai, Tokio etc. entstanden sind.<br />

Die Fotografien zeigen Fremde, sie sind<br />

ungestellt, es sind Straßenfotografien –<br />

»street photographs«. Viele der Bilder<br />

könnten Filmstills sein, sie könnten Teil<br />

einer Filmhandlung sein, sie stoßen<br />

Geschichten im Betrachter an, der sich<br />

das Davor und das Danach dazuerfindet<br />

– die Fotografien werden dadurch gleichsam<br />

zu fiktionalen Bildern mit dokumentarischen<br />

Mitteln. Manche seiner<br />

Bilder zeigen Menschen, die einsam<br />

wirken, manche strahlen eine leise<br />

Melancholie aus. Viele sind in der Nacht<br />

entstanden, oder bei Regen. Für einen<br />

Sekundenbruchteil kommen wir diesen<br />

fremden Menschen näher, wir scheinen<br />

an einem kleinen Abschnitt ihrer Biographie<br />

teilzuhaben, dann gehen sie<br />

wieder weg und verschwinden in der<br />

Anonymität der Großstädte.<br />

Jürgen Bürgin ist 1971 in Lörrach geboren.<br />

Nach dem Studium der Germanistik<br />

in Freiburg arbeitet er seit 1999 in Berlin<br />

in einer Film-PR-Agentur. Neben seiner<br />

Arbeit in der Filmbranche ist er seit 2010<br />

als Fotograf tätig. Im Jahr 2011 wurde<br />

er für einen Sony World Photography<br />

Award nominiert. 2012 belegte er den<br />

2. Platz beim Brennpunkt Award anlässlich<br />

des Browse Fotofestivals in Berlin,<br />

und er gewann sowohl einen U-Bahn-<br />

Fotowettbewerb als auch einen Street<br />

Fashion-Fotowettbewerb im Jahr 2012,<br />

beide ausgerichtet von der renommierten<br />

Berliner Fotogalerie C/O Berlin. Die<br />

Ausstellung in der Fotogalerie Friedrichshain<br />

ist seine erste Einzelausstellung.<br />

»When people look at my pictures I want<br />

them to feel the way they do when they<br />

want to read a line of a poem twice«.<br />

Robert Frank<br />

© Jürgen Bürgin<br />

Vernissage<br />

27. Juni <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />

28. Juni bis 2. August <strong>2013</strong><br />

Fotogalerie Friedrichshain<br />

Helsingforser Platz 1<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

www.juergenbuergin.com/<br />

Di, Mi, Fr, Sa<br />

Do<br />

14 – 18 Uhr<br />

10 – 18 Uhr<br />

52 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galeriebericht<br />

Panta rhei – alles<br />

fließt.<br />

Eigentlich muss man für so einen Spruch<br />

nicht die ollen Griechen bemühen, zerfließen<br />

doch überall Grenzen, Normen<br />

und einstige Gewissheiten. Rousseaus<br />

»Zurück zur Natur« klingt heute wie<br />

ein schlechter Scherz, in unserem<br />

»Anthropozän«, dem Zeitalter des Menschen,<br />

der sich die Erde längst untertan<br />

gemacht hat. Im Haus der Kulturen<br />

der Welt läuft dazu bis Ende 2014 ein<br />

Multimediaprojekt. Wir nehmen die uns<br />

umgebende Wirklichkeit und alles, was<br />

uns widerfährt, längst durch ein mediales<br />

Filter auf, unter dem Einfluss der<br />

technischen Bilder, auch wenn wir versuchen,<br />

uns dem zu widersetzen. Der<br />

Philosoph Vilém Flusser hat uns das<br />

schon vor 30 Jahren geweissagt, lange<br />

vor Cyberspace und Smartphone. Was<br />

er wohl jetzt sagen würde zu Googles<br />

neuer Datenbrille, die auf Zuruf<br />

Fotos und Videos aufnehmen und das<br />

mobile Internet auf unsere naseweise<br />

Nase setzen will? Damit schöbe sich der<br />

Info-Terror endgültig zwischen uns und<br />

die Realität. Aber Flusser hält mit Sarkasmus<br />

einen Trost für uns bereit: Mit<br />

wachsender »Cerebration« (Gehirntätigkeit)<br />

durch das Virtuelle werden wir<br />

körperlich schrumpfen, womit letztlich<br />

auch das Problem der Überbevölkerung<br />

unserer Erde gelöst sein könnte.<br />

© Michael Busse<br />

© Margaret Bourke-White<br />

Nach diesem bösen Exkurs schlüpfen<br />

wir durch die Ladentür der aff-Galerie<br />

in Friedrichshain und sind umgeben<br />

vom ruhigen Fluss der Havel und<br />

der Spree, auf deren dunklen Wassern<br />

Michael Busse unterwegs war, um Fontane<br />

zu den »Liebesinseln« aus seinem<br />

Roman »Der Stechlin« zu begleiten.<br />

Die träumerisch verwischten Impressionen<br />

haben wenig Idyllisches, sie verweisen,<br />

wie der Roman von 1898, auf<br />

die damals bevorstehenden Umbrüche<br />

in der Gesellschaft und durch ihren filmischen<br />

Charakter gleichzeitig auf den<br />

Lebenslauf des Fotografen, der uns gern<br />

Auskunft gibt: Nach 80 Dokumentarfilmen<br />

für das deutsche, französische<br />

und spanische Fernsehen, die ihm prominente<br />

Preise einbrachten, wollte er<br />

etwas machen, was nicht von der Quote<br />

bestimmt ist, etwas weniger Aufgeregtes,<br />

und so fand er »zurück« vom Film<br />

zum Foto, ohne die Bewegung aufzugeben.<br />

Solche Grenzgänge sind ja oft<br />

sehr fruchtbar.<br />

Bei dem jungen Franzosen Stéphane C.<br />

bei Pavlov’s Dog könnte ich’s mir vorstellen.<br />

Er kreist mit der Kamera buchstäblich<br />

um sich selbst und seine Freunde,<br />

wie es heute allzu oft geschieht, aber<br />

seine verhuschten Unschärfen und<br />

vagen Schwärzen, selbst auf Baryt vergrößert,<br />

erzählen von etwas, was über<br />

den intimen Moment hinausgeht.<br />

Während bei ihm und Busse die Kamera<br />

in Bewegung ist, verharrt sie bei Lohner<br />

Carlson in der Galerie Springer auf dem<br />

Stativ, liefert aber »active images«. Es<br />

tut sich was auf den Flachbildschirmen<br />

an der Wand. Da stolzieren Wasservögel<br />

durch den Fluss, rollen Autokolonnen<br />

über die Brücke am Bosporus,<br />

spielt Sonnenlicht vielfach reflektiert<br />

auf den Wellen. Das ist ein toller<br />

Effekt. Bewegte Film-Stills gewissermaßen.<br />

Doch vom Film erwartet man Veränderung.<br />

Niemand steigt zweimal in<br />

denselben Fluss, wussten die Griechen.<br />

Diese Video-Kürzel reizen den Betrachter,<br />

das an den Bildern auszuprobieren.<br />

Denn hier erschöpft sich Veränderung in<br />

permanenter Wiederholung. Die Autoren<br />

haben eine Begründung für ihr Tun,<br />

sie wollen »die eklatante Lücke schließen<br />

zwischen Fotografie und narrativem<br />

Film«. Ich empfehle den Mut zur<br />

Lücke. Die Ausstellung ist wegen der<br />

großen Resonanz bis 4. Mai verlängert.<br />

Es erscheint ein Bildband dazu. Wie<br />

geht das? Mit angehaltenen bewegten<br />

Film-Stills?<br />

Den Fluss der Geschichte haben andere<br />

sehr lebendig fest- aber nicht angehalten.<br />

So Paul Georg Herrmann die dramatischen<br />

Studentenproteste im Westberlin<br />

von 1968, aus großer Nähe und<br />

mit viel Empathie. Wasserwerfer und<br />

berittene Polizei sind in wilder Aktion.<br />

Zudem sieht man die Akteure und<br />

Unterhändler von damals. Der Riesenandrang<br />

zur Eröffnung im Berliner Fotosalon<br />

spiegelte das immer noch starke<br />

Interesse an den so folgenreichen Ereignissen,<br />

deren aktive Teilnehmer heute<br />

meist im Rentenalter sind.<br />

Eine privilegierte Chronistin war Margaret<br />

Bourke-White, noch bis 14. April<br />

im Gropiusbau. Liiert mit dem amerikanischen<br />

Kunstfotografen Clarence H.<br />

White, traf sie in den Zwanzigern zur<br />

rechten Zeit die richtigen Leute für eine<br />

Traumkarriere als Fotografin für die führenden<br />

Zeitschriften, allein unter Männern,<br />

denen sie in nichts nachstand,<br />

nicht in der perfekten Technik, nicht<br />

im ausgefeilten Bildaufbau nach den<br />

Regeln der Neuen Sachlichkeit. Die<br />

Sachlichkeit ging allerdings so weit,<br />

dass sie ihr jede Emotion opferte. Die<br />

Menschen sind Bestandteile ihrer Inszenierungen<br />

oder zumindest Arrangements,<br />

in amerikanischen Fabrikhallen<br />

1930 ebenso wie 1945 in den deutschen<br />

Flüchtlingstrecks. Ihr sonnig strahlendes<br />

Heldenporträt von Josef Stalin 1943<br />

kann man mit dem Wissen von heute<br />

kaum ertragen. Es lehrt uns aber, wie<br />

sehr die Zeiten uns und unsere Perspektive<br />

verändern. Solches vermag die<br />

Fotografie. Zu Bourke-Whites Zeiten<br />

war Technik gleichbedeutend mit Fortschritt,<br />

Arbeit, steigender Lebensqualität.<br />

Dieses Ideal hat längst tiefe Risse<br />

bekommen. Damit hat sich auch die<br />

fotografische Sprache selbst verändert,<br />

sie ist kritischer geworden, emotiona-<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

53


Galeriebericht<br />

ler, offener in ihren Mitteln, vor allem<br />

da, wo sie unseren Lebensumständen<br />

nachspürt.<br />

Das spiegelt sich in den Berichten aus<br />

der ostdeutschen Provinz.<br />

Stephanie Steinkopf gewann mit »Manhattan,<br />

Straße der Jugend« den Vattenfall<br />

Fotopreis 2012. Ort der Handlung:<br />

Eine Plattenbausiedlung im Oderbruch,<br />

1986 fertiggestellt, mit Ofenheizung.<br />

Bei c/o berlin war eine bewegende<br />

Reportage zu sehen von Daniel Seiffert,<br />

aus dem Spreewaldstädtchen Lübbenau,<br />

»Kraftwerk Jugend«. Er machte<br />

damit seinen Abschluss an der Ostkreuzschule.<br />

Ebenfalls aus dem Spreewald kommen<br />

Conny Höflichs stille Schwarzweißbilder<br />

aus einem stillen Dorf, aus dem<br />

jede Infrastruktur entwichen ist. Im<br />

März bei »25books« vorgestellt, widmete<br />

ihr Hansgert Lambers ein Büchlein<br />

der bibliophilen Art in seinem expose<br />

verlag.<br />

Stefan Boness (Alte Feuerwache) war<br />

in Hoyerswerda unterwegs, der am<br />

stärksten schrumpfenden Industriestadt<br />

Deutschlands. (Das Phänomen<br />

gibt es übrigens auch im Westen). Hoyerswerda<br />

war einst ein Vorzeigemodell<br />

der DDR. Den kaum noch bewohnten<br />

Komplexen und den Industriebrachen<br />

galt sein gestalterisches Interesse, weniger<br />

den Betroffenen. Gemeinsam ist den<br />

jungen Autoren, die die Wende allenfalls<br />

als Kinder erlebt haben, die starke<br />

Anteilnahme an den sozialen Problemen<br />

der Menschen, und die manchmal<br />

lässige fotografische Form ermöglicht<br />

uns leichter den Zugang.<br />

© Maija Savoleinen<br />

Im Kontrast dazu war ich überrascht<br />

von der technischen Akribie, mit der<br />

sich 5 junge Vertreterinnen der Helsinki-<br />

School in den Nordischen Botschaften<br />

vorstellten. Der formalen Spitzfindigkeit<br />

und mathematischen Symbolik versuche<br />

ich mittels ihrer Kommentare beizukommen,<br />

wie ihn z.B. Maija Savoleinen<br />

liefert. Ihr verschrobener Text wirkt<br />

allerdings eher wie eine Parodie auf die<br />

geistreichen Analysen von Fotohistorikern.<br />

Das Aushängeschild der Ausstellung<br />

ist irreführenderweise ein wunderbares<br />

Porträt in glasklarem Schwarzweiß<br />

von Nelli Palomäki, das, wie ihre übrigen<br />

harmonischen Konterfeis, keiner<br />

Erklärung bedarf. Die 5 Frauen sind von<br />

der Aalto-Uni ausersehen für ein Künstlerstipendium<br />

in Deutschland.<br />

In der aff-Galerie sind es zwei Frauen,<br />

die mit ihren zarten, sensiblen Frauenbildnissen<br />

fast ein Klischee bedienen;<br />

Dvorah Kern und Marit Beer.<br />

Kern hat ihre jüngere Schwester in spontanen<br />

Augenblicken über 7 Jahre beobachtet,<br />

Beer spielt mit seidigen Tüchern<br />

und lauscht Frauen ihre Träume ab (siehe<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2013</strong>).<br />

© Nora Peisger<br />

Eine Frau ist es auch, deren Porträts<br />

mich am Photoplatz des Hotel Bogotá<br />

unmittelbar ansprechen: Nora Peisger.<br />

Sie hatte eine Idee, die man als höchst<br />

bedenklich bezeichnen könnte: Menschen<br />

dazu zu bringen, von düsteren<br />

und verzweiflungsvollen Phasen ihres<br />

Lebens vor der Kamera zu erzählen.<br />

Ein solches Eindringen in die intime<br />

Gefühlswelt erfordert so viel Takt, so<br />

viel Zuwendung der Fotografin und so<br />

viel Bereitschaft zur Offenbarung der<br />

eigenen Emotionen seitens der fotografierten<br />

Person, dass ein Gelingen schier<br />

unmöglich scheint. Aber es gelang, und<br />

es packt den Betrachter mit Wucht.<br />

Die Arbeit ist ein Ergebnis des Seminars<br />

Dokumentarfotografie, das der Berliner<br />

Frank Silberbach in Magdeburg durchgeführt<br />

hat. Neun weitere Teilnehmer<br />

waren im Hotel Bogotá vertreten, alle<br />

mit einer spannenden Serie. Damit hat<br />

Joachim Rissmann einmal mehr seinen<br />

Photoplatz zu einem wichtigen Forum<br />

gemacht, das obendrein während der<br />

Filmfestspiele alltäglich mit den jeweils<br />

brandaktuellen Promi-Fotos von Gerhard<br />

Kassner geadelt wurde. »In-er«<br />

geht’s nicht.<br />

Wenn ich auch gern den lockeren<br />

Umgang mit der Technik toleriere, freue<br />

ich mich doch über eine handwerklich<br />

saubere Arbeit. Dafür sind mir diesmal<br />

zwei total unterschiedliche Sujets<br />

aufgefallen. In der Galerie Carpentier<br />

waren es die »Venetian Settings« von<br />

Maximilian Meisse, Fassaden, die sich<br />

im ruhigen Wasser der Kanäle spiegeln,<br />

Architekturfotografie vom Feinsten, mit<br />

einer unglaublichen Aura aus der Tiefe<br />

des Bildes heraus, mit dem Atem der<br />

Geschichte. Ohne Venezianer, ohne<br />

Touristen.<br />

© Maximilian Meisse<br />

Den umgekehrten Weg ist Christian<br />

Reister gegangen. Er hat »New Yorkers«<br />

ohne New York fotografiert, »von Angesicht<br />

zu Angesicht«, ausgestellt in einer<br />

entzückenden Buchhandlung .mit Café<br />

und Galerie in der Urbanstraße, mit<br />

dem poetischen Namen »playing with<br />

eels«. Vor einer grau gestrichenen Ziegelmauer<br />

hat er sein Stativ aufgebaut,<br />

inmitten des quirligen Stroms der Passanten,<br />

bittet immer wieder Einzelne<br />

oder Paare für einen Augenblick vor<br />

seine Kamera, nutzt die Überraschung,<br />

den Moment der Konzentration auf die<br />

unerwartete Situation, und so gelingen<br />

ihm wunderbare Menschenbilder, in<br />

denen die Zeit angehalten ist, aber das<br />

Leben erst recht zur Geltung kommt.<br />

Beglückend!<br />

Noch immer lebendig ist die Berliner<br />

Offszene. Sie hat sich von Kreuzberg<br />

zum Prenzlauer Berg und nach Neukölln<br />

ausgedehnt, aber auch am Wedding<br />

kann man fündig werden, da, wo<br />

54 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Galeriebericht<br />

© Christian Reister<br />

© Christer Strömholm<br />

er am hässlichsten ist, gegenüber dem<br />

»Stattbad« in der Gerichtsstraße. Man<br />

stolpert über 3 Höfe, vorbei an ausgemusterten<br />

Kunstobjekten, ersteigt etliche<br />

Eisentreppen und wird bei dröhnender<br />

Musik empfangen von einer charmant<br />

radebrechenden Französin. Sie weist<br />

mir den Weg durch das Chaos und verkauft<br />

mir einen scheußlichen Rotwein<br />

aus der Pappkiste, aber dann trete ich in<br />

einen heiligen Raum der Fotografie, aufs<br />

beste gehängt und beleuchtet an Stellwänden,<br />

liebevoll ins Werk gesetzt.<br />

»In 8 Linsen um die Welt« titeln die<br />

Autoren in schöner Bescheidenheit.<br />

Am ehesten wird mir haften bleiben:<br />

Ein Set fotografischer Spielkarten von<br />

Severine Jonquiere als Metapher für<br />

das böse Spiel des Menschen mit dem<br />

Menschen.<br />

Solcherart frankophil eingestimmt, fällt<br />

der Wechsel zu Christer Strömholms<br />

»Les Amis de Place Blanche« aus dem<br />

Paris der fünfziger Jahre nicht schwer.<br />

Mit dieser Serie aus dem Milieu der Transvestiten,<br />

deren auf Hartfaser geklebte<br />

Originale schon bei Swedish Photography<br />

zu sehen waren, hat er seinen Weltruhm<br />

und seine spätere Rolle als Mentor<br />

und Lehrer einer ganzen Fotografengeneration<br />

seiner Heimat begründet. c/o<br />

berlin bot jetzt – noch im Postfuhramt –<br />

eine umfangreiche Werkschau mit den<br />

wichtigsten SW-Fotografien, zum Teil<br />

mit den zugehörigen Kontaktbögen,<br />

die die Bildauswahl des Meisters nachvollziehbar<br />

machen. Ein Grundsatz war<br />

ihm die absolute Offenheit gegenüber<br />

den Porträtierten, ein Grad der Vertrautheit,<br />

der sich zur Sinnlichkeit verdichtet<br />

und so die Empathie des Betrachters herausfordert.<br />

Das schafft er verblüffenderweise<br />

sogar mit Sachaufnahmen.<br />

Aus ganz anderem Holz geschnitzt ist<br />

unser widerborstiger Säulenheiliger<br />

mit der Berliner Schnauze, Michael<br />

Schmidt. »Grau ist meine Farbe« sagt<br />

er gern.<br />

Mit den düsteren Serien »Waffenruhe«<br />

und »Ein-heit« ist er international berühmt<br />

geworden. Jetzt, für »Lebensmittel« im<br />

Gropiusbau, hat er erstmalig ein paar<br />

Farbbilder eingestreut. Erstmalig? Kaum<br />

einer weiß es: Ende der Sechziger – er<br />

ist 1945 geboren – war er ein paar Jahre<br />

bei der Amateurfotografen Vereinigung<br />

Kreuzberg (VDAV). Da hat er sich<br />

sein technisches Rüstzeug geholt und<br />

zugleich seine Abneigung gegen das<br />

»schöne Bild«, wie es dort gepflegt<br />

wurde. Ute Eskildsen hat dieses Detail<br />

1996 im Katalog des Museum Folkwang<br />

erwähnt. Bei den »Kreuzbergern« hat<br />

er damals auch Diaserien gezeigt und<br />

damit Punkte in der Clubwertung erzielt.<br />

Wenig später waren sein fotografisches<br />

Selbstbewusstsein und seine legendäre<br />

Streitsucht schon so weit gewachsen,<br />

dass er an der VHS Kreuzberg sein<br />

Forum fand und bald die »Werkstatt für<br />

Fotografie« gründete, aus der manch’<br />

heute erfolgreicher Profi hervorging.<br />

Er hat immer gern provoziert. Im<br />

Herbst 1975 zeigte er dem Berliner<br />

Galeristen Rudolf Springer seine Bilder.<br />

© Michael Schmidt<br />

»So viel Langeweile muss Methode<br />

haben« erkannte der und stellte ihn<br />

aus. »Det war wunderbar,« erinnert<br />

sich Michael Schmidt, »ick dachte, det<br />

wird allet vakooft. Natürlich wurde<br />

nüscht vakooft!« (Zeitmagazin 1996).<br />

Das dürfte heute anders aussehen.<br />

Aber mit der Langeweile haben auch<br />

Heutige zu kämpfen, angesichts der<br />

ermüdenden Wiederholungen und<br />

scheinbar willkürlichen Bildausschnitte,<br />

mit deren Enträtselung der Autor den<br />

Betrachter vollkommen allein lässt.<br />

Diese Lebensmittel sind hartes Brot,<br />

an dem wir uns die Zähne ausbeißen<br />

sollen. Von Michael Schmidt ist leicht<br />

Verdauliches nicht zu erwarten.<br />

Aber die Berliner Szene ist in Bewegung,<br />

gebiert neue Trends und manche<br />

Ungereimtheit, da muss uns um die<br />

Zukunft des Mediums nicht bange<br />

sein.<br />

Das originale Bild an der Wand einer<br />

Galerie wird sich noch lange gegen alle<br />

Screens der medialen Welt behaupten.<br />

Oder denke ich da wie der olle Kaiser<br />

Wilhelm, der an das Pferd glaubte und<br />

das Automobil für eine flüchtige Mode<br />

hielt? Mir auch egal, ich bin schließlich<br />

80.<br />

Klaus Rabien<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

55


Fotoszene<br />

Was Natur wirklich<br />

ist – Fotografien von<br />

Frank Darius<br />

aus der Sicht des<br />

Naturphilosophen<br />

Andreas Weber<br />

Performance &<br />

Gespräch<br />

Die Isolierung des Menschen ist nicht<br />

das tiefste Kennzeichen seiner Natur,<br />

sondern beruht auf der fälschlichen<br />

Trennung von menschlichem und anderen<br />

Leben, von Ich und Welt, Geist und<br />

Gedicht. In den letzten Jahren hat die<br />

Biologie, die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

alle Mühe gegeben hat, Empfindung<br />

aus der Natur zu vertreiben, das<br />

Gefühl als Basis des Lebens wiederentdeckt<br />

– und damit auch das Bild des<br />

Menschen auf den Kopf gestellt. Haben<br />

wir uns bislang ebenfalls als biologische<br />

Maschinen verstanden, in denen<br />

irgendwie vage noch ein seelischer<br />

Faktor enthalten war, so finden wir nun<br />

das Gefühl als Prinzip der Natur wieder.<br />

Mehr noch: Die neue Biologie zeigt,<br />

dass das Phänomen des Fühlens nicht<br />

nur das Bewusstsein erklären kann, sondern<br />

alle Lebensvorgänge.<br />

Auf Einladung der Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

setzt sich der Naturphilosoph<br />

Andreas Weber in der Reihe »Literaturhaus<br />

der Fotografie« mit den Aufnahmen<br />

Frank Darius’ auseinander. »Ich<br />

suche danach, was Natur wirklich ist«<br />

lautet, so Weber, die dem Werk von<br />

Frank Darius zugrundeliegende Frage.<br />

»Es ist eigentlich schon eine ,Romantik<br />

2.0’, die Darius für uns erschließt, und<br />

sie ist ein nicht nur ästhetisches Konzept<br />

für die anstehenden Fragen des<br />

21. Jahrhunderts. Ja, es gibt die poetische<br />

Dimension der Welt; und ja, sie<br />

ist zugänglich – aber diese Zugänglichkeit<br />

ist uns und unserem schöpferischen<br />

Sehen geschuldet, und zwar darum, weil<br />

wir ein lebendiger Teil dieser lebendigen<br />

Welt sind.« (Andreas Weber)<br />

Frank Darius, Teufelsberg 2001/10, 120 x 143 cm, © VG Bildkunst Bonn/ Frank Darius, (O.i.F.)<br />

Dr. phil. Andreas Weber (*1967) arbeitet<br />

nach einem Studium der Biologie und<br />

Philosophie als Schriftsteller, Journalist,<br />

Dozent und Politikberater. In seinen literarischen<br />

Sachbüchern wie Alles fühlt.<br />

Mensch, Natur und die Revolution der<br />

Lebenswissenschaften (2008), Biokapital.<br />

Die Versöhnung von Ökonomie, Natur<br />

und Menschlichkeit (2010) und Minima<br />

Animalia. Ein Stundenbuch der Natur<br />

(2012) setzt sich Weber für eine Überwindung<br />

der mechanistischen Interpretation<br />

von Lebensphänomenen ein.<br />

Wegen des beschränkten Platzkontingents<br />

bitten wir um Voranmeldung.<br />

Moderation:<br />

Thomas Böhm<br />

Leiter internationales literaturfestival<br />

berlin<br />

Am Mittwoch, 17. April <strong>2013</strong>,<br />

19.00 Uhr<br />

Eintritt frei<br />

Andreas Weber<br />

© Valentina Bosio-Raynard<br />

Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

Auguststr. 75<br />

10117 Berlin<br />

Tel: 030 / 200953-33, Fax -34<br />

info@alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />

www.alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />

56 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Fotoszene<br />

VHS Friedrichshain-<br />

Kreuzberg<br />

Offenes S/W Fotolabor<br />

Nur für selbstständig arbeitende, fortgeschrittene<br />

Kursteilnehmer!<br />

Individuelle Unterstützung und Beratung<br />

insbesondere bei Sonderprojekten<br />

(Großformatdruck, Fine-Art-Printing,<br />

Tonen, Sonderdruckverfahren, S/<br />

W-Filmentwicklung, etc.) ist möglich.<br />

Falls gewünscht steht nach Vereinbarung<br />

Prof. Lutz Matschke, ein fachkompetenter<br />

S/W Fine Art Printer, vor Ort<br />

zur Verfügung.<br />

Die Nutzungstermine nach Vereinbarung.<br />

Vorherige telefonische, elektronische<br />

oder persönliche Anmeldung sind<br />

unbedingt erforderlich:<br />

Telefon 030 / 2219 5519<br />

Fotopapier und -chemie müssen mitgebracht<br />

werden.<br />

Chemieentsorgung übernimmt die VHS<br />

ist also im Entgelt enthalten.<br />

Nutzungsentgelt pro Stunde: 5 Euro<br />

(unabhängig von der Personenzahl),<br />

einmalig 3 Euro Anmeldegebühren.<br />

© Lutz Matschke, LM 0275, Barcelona, Februar 1986<br />

Die Teilnehmer sind gehalten eine Nutzerordnung<br />

für das Labor zu unterzeichnen!<br />

FK2.605 Peter Held<br />

Termine nach Vereinbarung über die<br />

Programmbereichsleitung!<br />

Telefon 030 / 22195519<br />

Fax: 030 / 22195522<br />

Mail: peter.held@vhs-fk.de<br />

VHS Friedrichshain-Kreuzberg<br />

Offenes S/W Fotolabor<br />

Wassertorstraße 4<br />

Euro 5,- /Std. + einmalig<br />

Euro 3,- Anmeldegebühr<br />

Johannes Barthelmes<br />

»ex tempore«<br />

... mit Licht den Jazz malen ...<br />

© Johannes Barthelmes<br />

© Johannes Barthelmes<br />

© Johannes Barthelmes<br />

»ex tempore« (lat: aus dem Moment),<br />

beschreibt treffend die fotografische<br />

Herangehensweise des Fotografen<br />

Johannes Barthelmes. Improvisationen<br />

wie er sie aus seinem Musikerleben<br />

kennt. Nämlich handwerklich, gestalterisch<br />

und inhaltlich auf hohem Nivau,<br />

Kompositionen aus dem Stegreif und<br />

doch nach allen Regeln der Kunst. »Als<br />

Jazzmusiker sind der emotionale und der<br />

kompositorische Aspekt entscheidend<br />

für mich. Auch das Improvisieren, das<br />

Vorausahnen und schnelle Entschlüssen<br />

fassen sind Dinge, die ich mag und die<br />

ich von der Musik gut kenne«.<br />

bis 20. April <strong>2013</strong><br />

Altstadthalle Zug<br />

Unteraltstadt 14<br />

CH 6300 Zug<br />

täglich 14 – 20 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

57


Fotoszene<br />

Modefotos:<br />

Schatz nach 40 Jahren<br />

gehoben<br />

Das Erbe des<br />

Modefotografen Mark<br />

Shaw<br />

Mark Shaw (geboren 1921 als Mark<br />

Schlossmann), der John F. Kennedy<br />

und seine Familie in seinen berühmten<br />

Fotos ganz privat und intim portraitierte,<br />

gehörte auch zu den angesagtesten<br />

Modefotografen der 1950erund<br />

1960er-Jahre. Schon früh fotografierte<br />

er in Farbe und dies hauptsächlich<br />

für das LIFE Magazine. Wie kein<br />

anderer vor ihm hatte Shaw Zutritt zu<br />

den Salons und Modeschauen von Dior,<br />

Chanel und Balenciaga. Er fotografierte<br />

die Modelauftritte der Schickeria aus<br />

Manhattan und des europäischen Adels<br />

in deren großzügigen Appartements<br />

ebenso wie Bikinischönheiten der<br />

1950er-Jahre an den Stränden von St.<br />

Tropez und Ravello. In weniger als zehn<br />

Jahren brachten es seine Bilder 27 Mal<br />

auf die Titelseite des LIFE Magazine, und<br />

arbeitete er mit Legenden wie Coco<br />

Chanel, Yves Saint Laurent, Elizabeth<br />

Taylor, Pablo Picasso, Audrey Hepburn<br />

und vielen anderen Stars seiner Zeit.<br />

Aber dann setzte 1969, als er gerade<br />

einmal 47 Jahre alt war und auf dem<br />

Höhepunkt seiner Karriere stand, ein<br />

schwerer Herzinfarkt seinem von harter<br />

Arbeit geprägten Leben ein jähes<br />

Ende. Direkt nach seinem Tod wurde<br />

sein gesamtes Archiv überstürzt in ein<br />

Kunstlager gebracht, und so ruhte es<br />

unangetastet in einem Gewölbe unter<br />

den Straßen von Manhattan. Fast vierzig<br />

Jahre lang blieben zehntausende<br />

von Filmrollen im Verborgenen und<br />

gerieten in Vergessenheit. Der gesamte<br />

Nachlass ging schließlich an Shaws einzigen<br />

Erben, David Shaw, und dessen<br />

Frau, Juliet Cuming Shaw. Das Ehepaar<br />

Mark Shaw. Early Black and White Studio Outtake #10 for the Vanity Fair Lingerie Campaign,<br />

New York, 1950´s, © (2011) Mark Shaw / mptvimages.com. Courtesy Andrew Wilder Gallery<br />

wandte sich damit an einen gemeinsamen<br />

Freund, den Galeristen Andrew<br />

Wilder in Los Angeles, dem die<br />

Aufarbeitung des Vermächtnisses von<br />

Shaws Modefotos ein großes Anliegen<br />

wurde.<br />

Es dauerte fast zehn Jahre, bis sich die<br />

Drei zusammen mit Modehistorikern<br />

und Konservatoren durch Shaws<br />

Originalfilmmaterial durchgearbeitet<br />

hatten. »Als wir anfingen, die<br />

ersten Bilder von Marks verlorenen<br />

Modeaufnahmen zu entwickeln,<br />

konnte ich kaum glauben, was ich da<br />

sah. Frische Farben, die Gesichter der<br />

Menschen auf den Modeschauen. Und<br />

Shaws lockerer Stil, die Offenheit in seinen<br />

Bildern. So ganz anders als der typische<br />

Stil seiner Zeit und die eher steifen<br />

gestellten Fotos von damals. Es war,<br />

als würde man eine ganze Ära zum ersten<br />

Mal klar sehen«, beschreibt Andrew<br />

Wilder seine Eindrücke.<br />

Die Früchte ihrer Bemühungen sind<br />

nun in einer Sammlung von Shaws besten<br />

Modebildern zusammengestellt<br />

und exklusiv in der Andrew Wilder<br />

Gallery in Los Angeles erhältlich. Die<br />

Galerie im Herzen des Galerienviertels<br />

La Brea in Los Angeles zeigt in einem<br />

edlen Ambiente aus Antiquitäten und<br />

Designerstücken des 20. Jahrhunderts<br />

die gesamte Fotosammlung von Mark<br />

Shaw. Weitere Informationen finden Sie<br />

unter www.andrewwildergallery.com<br />

58 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Fotoszene<br />

Mark Shaw. Portrait of Elizabeth Taylor #2<br />

Los Angeles, 1956 (Original in Farbe)<br />

© (2011) Mark Shaw / mptvimages.com.<br />

Courtesy Andrew Wilder Gallery<br />

Ob er Jacqueline Kennedy im Weißen<br />

Haus oder Models, die sich hinter der<br />

Bühne bei einer Pierre Balmain Show<br />

umziehen, fotografierte – immer gelang<br />

es dem Künstler und Routinier Shaw, um<br />

die außergewöhnlichen Menschen, die er<br />

fotografierte, eine Wohlfühlatmosphäre<br />

entstehen zu lassen und Ikonen der<br />

Fotografie mit bodenständiger Fülle<br />

zu schaffen. Shaw, ein bescheidener<br />

Mann mit einer blitzschnell auslösenden<br />

Leica, lichtete die Welt in einem<br />

für uns alle unvergesslichen Moment<br />

der Zeitgeschichte ab.<br />

Mark Shaw. Portrait of Audey Hepburn #87, Los Angeles, 1953<br />

© (2007) Mark Shaw / mptvimages.com. Courtesy Andrew Wilder Gallery<br />

Zu Shaws herausragendsten Bildern<br />

gehören Aufnahmen aus den 1950erund<br />

1960er Jahren im Haus Dior. Es<br />

sind sowohl Farb-als auch Schwarz-<br />

Weiß-Fotos, die das Wirken des legendären<br />

Pariser Couturier – sowohl auf dem<br />

Laufsteg als auch hinter den Kulissen –<br />

eindrucksvoll dokumentieren.<br />

Im September <strong>2013</strong> erscheint bei Rizzoli<br />

das Buch Christian Dior. Glamour<br />

1952-1962 by Mark Shaw. Der aufwendig<br />

gestaltete Bildband zeigt eine<br />

Sammlung großartiger Bilder der Ikone<br />

der Modelabels, dem Haus Dior, aus den<br />

1950er- und frühen 1960er Jahren.<br />

Es sind seltene Aufnahmen von Christian<br />

Dior, der das Kleid eines Models kurz<br />

vor einer Vormodenschau noch einmal<br />

schnell prüft, bis hin zu inszenierten<br />

Fotos von Models, Berühmtheiten<br />

und Schauspielerinnen in Diors Haute<br />

Couture.<br />

204 Seiten, 11 x 14 Inches, 200 Farb-und<br />

Schwarz-Weiß-Fotos, Preis: $115,00<br />

Andrew Wilder Gallery<br />

Andrew Wilder<br />

154 North La Brea Avenue,<br />

Los Angeles, CA 90036<br />

phone: + 323-934-4452<br />

email: info@andrewwildergallery.com<br />

web: www.andrewwildergallery.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

59


Fotoszene<br />

Klaus Rabien<br />

zum 80.<br />

Klaus Rabien ist seit 1985 ständiger Mitarbeiter<br />

des <strong>brennpunkt</strong>-Magazins.<br />

Die unbefangene, saloppe Art seiner<br />

Impressionen aus den Berliner Galerien<br />

ist begleitet von manch’ erhellender<br />

Hintergrundinformation, die über<br />

den aktuellen Anlass hinausgeht.<br />

Für den aufmerksamen Leser spiegelt<br />

sich hier auch der politische Umbruch<br />

mit der Begegnung der Fotografen aus<br />

Ost und West, für die er sich persönlich<br />

immer eingesetzt hat. Heute ist das<br />

Angebot in der Hauptstadt fast unüberschaubar<br />

und es gilt, auch außerhalb<br />

der populären Events Entdeckungen zu<br />

machen. Der <strong>brennpunkt</strong> versteht sich<br />

als ein Forum gerade für noch nicht so<br />

etablierte Künstler. Außerdem bietet er<br />

für jedes Quartal einen umfassenden<br />

Überblick über die Galerienlandschaft.<br />

© Klaus Rabien, »Tanz-Theater«, 1989 © Klaus Rabien, »Baustelle-Schaustelle«,<br />

Potsdamer Platz, 1996<br />

Über ein kritisches Feedback freut sich:<br />

Klaus Rabien, Heidereiterweg 23,<br />

14532 Kleinmachnow<br />

klaus@rabien-berlin.de<br />

Klaus Rabien, 1933 in Potsdam geboren,<br />

leitete als Konditormeister 30 Jahre lang<br />

einen traditionsreichen Familienbetrieb,<br />

der seit 1952 in Berlin ansässig ist.<br />

Daneben hat er immer fotografiert. 1976<br />

verschlug es ihn zur Fotografen Vereinigung<br />

Kreuzberg, die er über lange Jahre<br />

mit geprägt hat.<br />

© Klaus Rabien, »Baustelle-Schaustelle«,<br />

Potsdamer Platz, 1996<br />

Durch seine Frau Adela mit ihrer Flamencoschule<br />

fand Rabien in den Achtzigern<br />

zur Tanzfotografie und erhielt<br />

für die Fachzeitschrift »tanz aktuell«<br />

Zugang zu den großen Berliner Bühnen.<br />

Seine Fotos wurden weltweit ausgestellt,<br />

u.a. in den Goetheinstituten.<br />

Als der Unterzeichnete vor 28 Jahren<br />

den »<strong>brennpunkt</strong>« aus der Taufe hob,<br />

schrieb Rabien spontan dafür einen<br />

Bericht über die wenigen Fotoausstellungen,<br />

die es damals im eingemauerten<br />

Westberlin zu sehen gab. Was daraus<br />

wurde, finden Sie in einem »Sondermagazin«,<br />

das dem Freund und Weggefährten<br />

zu seinem Achtzigsten gewidmet<br />

ist.<br />

Dietmar Bührer, DGPh<br />

Klaus Rabien, © dibue, <strong>2013</strong><br />

»Klaus Rabien zum 80.«<br />

Galerieberichte 1985 bis <strong>2013</strong><br />

Bildband, 232 Seiten, DIN A4,<br />

150g Kunstdruckpapier, Softcover,<br />

mit 950 Künstlern, und 435 Abbildungen<br />

Preis: ca. 27 Euro<br />

Bestellungen unter:<br />

brennp@web.de<br />

60 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Fotoszene<br />

Gratulationen<br />

Vielen Dank für Ihre unermüdliche<br />

Berücksichtigung unserer Ausstellungen.<br />

Da Sie jedes Projekt, jede Ausstellung<br />

in Ihrer Zeitschrift auch immer<br />

besonders ästhetisch aufbereiten, bin<br />

ich Ihnen sehr dankbar. Dazu gehören<br />

aber auch die Artikel von Herrn Rabien,<br />

der mit seiner großen kunsthistorischen<br />

Kenntnis der Zeitschrift eine wirklich<br />

wichtige Bedeutung für Leser und Aussteller<br />

zukommen lässt.<br />

Alles Gute für Herrn Rabien.<br />

Mit den besten Grüße,<br />

Gisela Kayser<br />

Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

Klaus Rabien persönlich kenne ich noch<br />

gar nicht so lange und als »junger« Galerist<br />

steht mir über eine Instanz, wie er<br />

sie seit fast 3 Jahrzehnten darstellt, kaum<br />

ein Urteil zu. Aber ich behaupte einmal:<br />

Klaus Rabien gehört zur aussterbenden<br />

Spezies derer, die sich in dem Kunstund<br />

Galerienumfeld auch von Mätzchen,<br />

Moneten und Mogelpackungen<br />

ihre nie versiegende Leidenschaft, ihr<br />

echtes Interesse an der Sache und ihr<br />

unbestechliches Urteil nicht haben<br />

nehmen lassen. Das spürt man, wenn<br />

man einen seiner nun nicht mehr zu<br />

zählenden Artikel im Brennpunkt liest<br />

oder wenn man diesen älteren, stillen<br />

Mann mit glänzenden Augen vor einer<br />

Fotografie stehen sieht, die sein Gefallen<br />

findet. Ich jedenfalls freue mich<br />

jedesmal über seinen Besuch in der<br />

Galerie, auch wenn der gelernte Konditor<br />

mir erst ein einziges Mal seinen<br />

unschlagbar köstlichen Baumkuchen<br />

mitgebracht hat.<br />

Manfred Carpentier<br />

Carpentier Galerie<br />

Auf der Geburtstagstorte spenden die<br />

Kerzen dem Fotografen Klaus Rabien im<br />

Mai besonders hell das Licht und leuchten<br />

dem Lichtbildner, Konditoreimeister<br />

und Kolumnist herzliche Glückwünsche.<br />

Der Deutsche Verband für Fotografie<br />

e.V. (DVF) schließt sich sehr gerne<br />

diesen Glückwünschen an und dankt<br />

seinem Fotofreund Klaus Rabien für<br />

sein fotografisches Schaffen, für sein oft<br />

bereit gestelltes Büffet - und für seinen<br />

legendären Baumkuchen.<br />

Der DVF wünscht dem Geburtstagskind<br />

beste Gesundheit, viele anregende<br />

Fotoaugenblicke und lange Jahre weiterhin<br />

»Gut Licht«.<br />

Für den DVF Willy Borgfeldt<br />

DVF-Präsident<br />

Für Klaus Rabien zum 80. Geburtstag.<br />

Wenn ich den Namen Rabien höre,<br />

denke ich an Potsdam, köstlichen<br />

Kuchen, Fotografie und Tanz.<br />

Wenn ich an den Menschen Klaus<br />

Rabien denke, sehe ich einen warmherzigen,<br />

äußerst kollegialen und freundlichen<br />

Menschen von einer besonderen<br />

inneren Eleganz und Feinheit vor mir.<br />

Wir sind uns leider viel zu selten begegnet<br />

und ich bedanke mich für diese<br />

kostbaren Momente.<br />

Ich gratuliere ihm von Herzen, wünsche<br />

ihm Gesundheit und Kraft für all seine<br />

Vorhaben und hoffe, dass sein unergründliches<br />

Lächeln uns lange bleibt.<br />

Monika Schulz-Fieguth, Fotografin<br />

Lieber Herr Rabien!<br />

Stets blättere ich im »<strong>brennpunkt</strong>« zuerst<br />

vor bis zu Ihrem Galerierundgang, dem<br />

Herzen des Magazins, um zu schauen,<br />

wo Sie dieses Mal gewesen sind und was<br />

Sie wie gesehen haben. Möge Ihnen die<br />

Lust und die Schaffenskraft, mit treffenden<br />

Worten den Blick auf das Wesentliche<br />

zu lenken, noch für lange Zeit<br />

erhalten bleiben. Ihr Mut, auch mal einfach<br />

etwas durchfallen zu lassen und<br />

aus der »Gesellschaft für Bewunderung<br />

auf Gegenseitigkeit« (Andreas Feininger)<br />

herauszutreten, wird mich auch<br />

zukünftig immer erfreuen. Danke dafür<br />

und danke für den Pflaumenkuchen.<br />

Ihre Aenne Burghardt, Fotografin<br />

»Klaus Rabien 80 Birthday Celebration«.<br />

The photo scene in Berlin is very fortunate<br />

to have such an experienced and<br />

passionate photographer writeing about<br />

his view about the exhibitions in our<br />

city. Klaus special style of writeing has<br />

grown and developed along with the<br />

Magazine »<strong>brennpunkt</strong>«. I look forward<br />

to further honest and expansive reporting<br />

from Klaus Rabien in his Golden<br />

Years.<br />

Kathleen Michael, Photography<br />

Wenn ich es richtig sehe, hat niemand<br />

aus eigener Anschauung das Fotografiegeschehen<br />

in Berlin schreibend so kontinuierlich<br />

verfolgt wie Klaus Rabien.<br />

Schon das ist bemerkenswert. Was er<br />

über die Jahre im Einzelnen geschrieben<br />

und damit festgehalten hat, wird<br />

späteren Generationen helfen, wenn<br />

die Frage nach der Geschichte der Fotografie<br />

in Berlin ansteht. Mein Kompliment!<br />

Dr. Enno Kaufhold,<br />

freier Fotohistoriker<br />

»Die Galerieberichte von Klaus Rabien<br />

sind bestes Feuilleton in schöner Berliner<br />

Tradition: Unterhaltend, informierend<br />

mit klar geäusserter eigener Meinung.<br />

Überdies regen sie zur Reflexion an«.<br />

Mit den besten Grüssen,<br />

Ihr Hansgert Lambers, Verleger<br />

»Ich freue mich immer wieder, wenn<br />

ich Herrn Rabien auf Ausstellungen<br />

begegne - dabei haben sich immer<br />

wieder schöne und interessante<br />

Gespräche ergeben. Ich bin gespannt<br />

auf viele weitere Begegnungen und auf<br />

kommende Galerieberichte«.<br />

Thomas Graichen, aff-Galerie<br />

Klaus Rabien - ein Urgestein der Berliner<br />

Fotoszene.<br />

Ich kenne Klaus Rabien nun schon über<br />

dreissig Jahre nicht nur als engagierten<br />

Fotografen, sondern auch als kompetenten<br />

Gesprächspartner. Auch bei unterschiedlichen<br />

Positionen in der Fotografie<br />

schätze ich seine freundliche und verbindliche<br />

Art in der Diskussion.<br />

Seine Besprechungen der Berliner<br />

Galerieszene im »<strong>brennpunkt</strong>« kann<br />

man schon als legendär bezeichnen.<br />

Ich wünsche ihm zu seinem Geburtstag<br />

alles Gute und noch viele Jahre aktiver<br />

Teilnahme an dem fotografischen Leben<br />

in unserer Stadt!<br />

Manfred Kriegelstein, Fotograf<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

61


Fotoszene<br />

Gratulationen<br />

Hoffentlich bleiben ihm die Kraft und<br />

der Wille, auch im neuen Lebensjahrzehnt,<br />

das genau genommen erst<br />

in einem Jahr beginnt, die Arbeit an<br />

seinen Galerieberichten in gewohnter<br />

Form fortzusetzen. Seine Mitteilungen<br />

besitzen stets eine angenehme Frische,<br />

gekennzeichnet durch treffende,<br />

insbesondere auch mit meiner Sichtweise<br />

übereinstimmende Kommentare<br />

und ein sicheres geschichtsbezogenes<br />

Wissen um die Fotografie. Sein Recherchegebiet<br />

erfasst zum Glück nicht nur<br />

die ohnehin bekannten Ausstellungsorte,<br />

sondern das gesamte Stadtgebiet<br />

mit seinen vielen kleinen Fotoinseln. So<br />

wurde ich sogar auf die kleine Galerie<br />

ABAKUS ganz in meiner Nähe aufmerksam,<br />

die ich nun kenne. Schon deshalb<br />

herzlichen Dank lieber Klaus Rabien!<br />

Herzlich Gerhard Metzschker,<br />

Fotograf<br />

Klaus Rabiens Verdienste um die<br />

Fotografie angemessen zu würdigen,<br />

würde den Umfang eines Glückwunsches<br />

sprengen; nur zwei Beispiele seien mir<br />

gestattet:<br />

1. Jahrelang hat der Jubilar den DVF<br />

und seine Mitglieder im Landesverband<br />

Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-<br />

Vorpommern unterstützt und gefördert.<br />

2. Mit seinen Galerieberichten im<br />

»<strong>brennpunkt</strong>«, die von einem großen<br />

Fachwissen geprägt waren, hat er allen<br />

Lesern die künstlerische Fotografie<br />

in beeindruckender Weise näher<br />

gebracht.<br />

Dafür gebührt Klaus Rabien unser aller<br />

Dank. Herzlichen Glückwunsch zum<br />

achtzigsten und beste Gesundheit im<br />

vielleicht (?) fotografischen Ruhestand.<br />

Helmut Friebus, Vorsitzender des DVF-<br />

LV Berlin/Brandenburg/Mecklenburg/<br />

Vorpommern<br />

Ich gratuliere von Herzen - einem<br />

wunderbaren Menschen mit klugem<br />

Blick, feinsinigem Humor und<br />

jugendlicher Offenheit.<br />

Anna Thiele, Fotografin<br />

Neugierig, treffend, unermüdlich.<br />

Danke Klaus, für alle Deine Artikel,<br />

die den »<strong>brennpunkt</strong>« bereichern und<br />

komplett machen.<br />

Jetzt wirst Du 80.<br />

Meinen herzlichsten Glückwunsch!!<br />

Gino Puddu, Café Aroma Photogalerie<br />

Lieber Klaus Rabien, meine herzlichsten<br />

Glückwünsche zum wirklich schon<br />

(?) 80.igsten Geburtstag.<br />

Sie sind bei all Ihren bemerkenswerten<br />

Talenten und Fähigkeiten so liebenswert<br />

bescheiden geblieben! Sie gehören<br />

außerdem zu den wenigen, die<br />

genauso gut über Photographie schreiben<br />

können, wie diese selbst in hoher<br />

Qualität zu machen. Vielen Dank also<br />

für Ihre immer so inspirierend einfühlsam<br />

sensiblen und oft ja auch mutig<br />

kritischen Galerieberichte im »<strong>brennpunkt</strong>«,<br />

die ich stets als erstes zu lesen<br />

pflege. Das erinnert mich ein wenig an<br />

meinen Vater, über dessen damalige<br />

ständige Glosse im Berliner Tagesspiegel<br />

»Am Rande bemerkt« auch viele Leser<br />

berichteten, dass dies jeweils ihre erste<br />

Lektüre in der Zeitung gewesen sei.<br />

Ich wünsche von Herzen noch viele<br />

gesunde und muntere Schaffensjahre<br />

und freue mich weiter sehr auf Ihre<br />

Artikel!<br />

Dr. Dieter Matthes, Fotograf<br />

Hier unsere Gedanken:<br />

KLAUS RABIEN<br />

unzählige Ausstellungsbesuche - aber<br />

unerschöpfliche Neugierde<br />

stilles Betrachten - aber waches Auge<br />

leise Töne - aber akzentuiert gesetzt<br />

Alles Gute zum 80. Geburtstag<br />

wünschen<br />

Manuela und Mathias,<br />

imago fotokunst<br />

Lieber Klaus Rabien,<br />

herzlichen Glückwunsch zu Ihrem runden<br />

Geburtstag. Ihr Galeriebericht ist<br />

immer ein Highlight im »<strong>brennpunkt</strong>«.<br />

Über die vielen Jahre haben Sie durch<br />

Ihren kritischen und reflektierenden Blick<br />

auf die Galerie-Szene Schwerpunkte<br />

gesetzt - die Streu vom Weizen getrennt.<br />

Weiter so. Gratulation!<br />

Norbert Bunge, argus fotokunst<br />

lieber klaus,<br />

wenn ich zurück denke, wie wir vor ???<br />

jahren in glienicke zusammen fotografiert<br />

haben, scheint mir das noch gar<br />

nicht soo lange her zu sein. aber so ist<br />

dem nicht, auch wenn es sehr gegenwärtig<br />

erscheint.<br />

manchmal geht es dir sicher ebenso mit<br />

dem vergehen der zeit.<br />

jetzt sind wir beide im alter gereift (wie<br />

reif?) - mit der fotografie. möge sich das<br />

noch ein bissl halten.<br />

nun ist auch etwas eigennutz angesagt:<br />

deine galeriegänge und berichte, daran<br />

möchten sich alle noch lange erfreuen.<br />

ich finde sie immer wieder kompetent<br />

und erfrischend und wunderbar zu<br />

lesen.<br />

wenn i c h mir zu deinem geburtstag<br />

etwas wünschen dürfte, dann, daß du<br />

noch lange deine kolumnen schreiben<br />

wirst.<br />

danke sage ich für all deine beiträge<br />

und natürlich auch für die vielen kommentare<br />

zu meinen ausstellungen und<br />

arbeiten.<br />

dir persönlich wünsche ich vor allem<br />

gesundheit und einen wunderschönen<br />

80. geburtstag.<br />

laß dich feiern, genieße diesen und<br />

jeden kommenden tag. und bleib einfach<br />

so wie du bist.<br />

... und deine konditorei, die vermisse<br />

ich auch!<br />

ich lasse dich hochleben und bin dankbar<br />

über so lange jahre durch die fotografie<br />

mit dir gegangen zu sein und<br />

möchte dies auch weiterhin.<br />

in alter frische ganz herzlich<br />

ulla kelm, fotografin<br />

Neugierig, offen, engagiert, humorvoll -<br />

so habe ich Klaus Rabien jedes Mal erlebt,<br />

wenn ich ihn bei einer Fotoausstellung<br />

getroffen habe.<br />

Er schaut stets sehr genau hin und<br />

Opportunismus scheint ihm fremd zu<br />

sein - gerade deshalb schätze ich seine<br />

Kritik und seine Meinung sehr.<br />

Herr Rabien - machen Sie noch ganz<br />

lange weiter so!<br />

Volker Wartmann, Berliner Salon für<br />

Fotokunst<br />

62 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Fotoszene<br />

© Klaus Rabien<br />

Der Galeriebericht von Klaus Rabien<br />

ermöglicht mir immer wieder einen<br />

wertvollen Einblick in die aktuelle Berliner<br />

Ausstellungszene, die ich als Berliner<br />

mit belgischem Wohnsitz nur<br />

zweimal jährlich persönlich besuchen<br />

kann.<br />

Aber auch seine eindrucksvollen Tanzfotos<br />

sind in meiner Erinnerung festgeschrieben.<br />

Einen besonders herzlichen Glückwunsch<br />

zum achtigsten!<br />

Horst Einfinger, Fotograf (Brügge/<br />

Belgien)<br />

Die Galerieberichte von Klaus Rabien<br />

habe ich immer mit Begeisterung gelesen.<br />

Mich haben vor allem die profunden<br />

Kenntnisse und die prägnante Sprache<br />

beeindruckt. Ich wünsche mir noch<br />

viele solche Berichte!<br />

Wilfried Müller, Fotograf<br />

Lieber Herr Rabien,<br />

gerne möchte ich mich in die lange Reihe<br />

der Gratulanten einreihen, um Ihnen<br />

viel Glück und Gesundheit für Ihr neues<br />

Lebensjahrzehnt zu wünschen, aber auch<br />

um DANKE zu sagen für die langjährige,<br />

treue Begleitung des »<strong>brennpunkt</strong>« -<br />

Magazins mit Ihren Galerieberichten.<br />

Unermüdlich durchstreifen Sie die<br />

Berliner Ausstellungslandschaft immer<br />

wieder aufs neue, neugierig und wach.<br />

So sind in den letzten 28 Jahren nicht<br />

nur kulinarisch süße Köstlichkeiten<br />

entstanden sondern auch journalistische<br />

Patisserien! DANKE!<br />

Sehr herzlich<br />

Johanna Breede, PHOTOKUNST<br />

Ich bewundere Klaus Rabien für seine<br />

faszinierenden Tanzbilder und die ausgewogenen<br />

Kommentare im »<strong>brennpunkt</strong>«<br />

sowie in zahlreichen Diskussionen,<br />

bedanke mich als GfF-Landesvorsitzender<br />

und als Fotoklubleiter für seine<br />

vielfältige Unterstützung, und wünsche<br />

ihm zum 80. Geburtstag alles erdenklich<br />

Gute und noch viele Jahre Freude<br />

an und mit der Fotografie!<br />

Hans-Joachim Kühn, GfF-<br />

Landesvorsitzender Berlin<br />

Lieber Klaus,<br />

ich kenne Dich nun über zwanzig<br />

Jahre als Fotograf und »<strong>brennpunkt</strong>«-<br />

Autor. Es war eine sehr schöne Zeit mit<br />

Dir. Danke, dass ich daran teilhaben<br />

durfte. Ich wünsche Dir für die Zukunft<br />

weiterhin viel Esprit und Kraft.<br />

Herzlichst<br />

Michael Gebur, Fotograf<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

63


Fotoszene<br />

© Klaus Rabien<br />

64 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Ausstellungen<br />

Galerie<br />

WAGNER + PARTNER<br />

7. Juni bis 27. Juli <strong>2013</strong><br />

Natascha Stellmach<br />

»Solo Exhibition«<br />

Strausberger Platz 8<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Di–Sa 13–18 Uhr<br />

Helmut Newton<br />

Stiftung<br />

bis 13. Oktober <strong>2013</strong><br />

Helmut Newton:<br />

World without Men/ Archives de Nuit<br />

François-Marie Banier:<br />

Porträts<br />

Jebensstraße 2<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di–So 10–18 Uhr<br />

Do 10–22 Uhr<br />

Bauhaus Archiv<br />

bis 22. April <strong>2013</strong><br />

Gertrud Arndt<br />

»Eigentlich wollte ich ja Architektin<br />

werden« ...<br />

Weberin und Fotografin am Bauhaus<br />

1923-1931<br />

Museum für Gestaltung<br />

Klingelhöferstraße 14<br />

10785 Berlin-Schöneberg<br />

Mi–Mo 10–17 Uhr<br />

Freundeskreis<br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Juni / Juli <strong>2013</strong><br />

World Press Photo 13<br />

Vernissage: 12. Juni <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr<br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Di–So 12–18 Uhr<br />

Galerie Hirschmann<br />

bis 23. April <strong>2013</strong><br />

Werner Pawlok<br />

»Blumen«<br />

Pfalzburger Straße 80<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Di–Fr 13–18 Uhr<br />

Carpentier Galerie<br />

bis 28. April <strong>2013</strong><br />

Pepper<br />

»Snapshot Beauties«<br />

Meinekestraße 13<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Mi–Fr 14–18 Uhr<br />

Sa + So 11–18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

Alfred Ehrhardt<br />

Stiftung<br />

bis 17. Mai <strong>2013</strong><br />

Frank Darius<br />

»DAS PARADIES IST HIER»<br />

Auguststraße 75<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di–So 11–18 Uhr<br />

Do 11–21 Uhr<br />

Johanna Breede<br />

PHOTOKUNST<br />

1. Juni bis 24. August <strong>2013</strong><br />

Marek Pozniak<br />

»Berlin-London-New York«<br />

Fasanenstraße 69<br />

10719 Berlin-Charlottenburg<br />

Di–Fr 11–18 Uhr<br />

Sa<br />

11–16 Uhr<br />

BrotfabrikGalerie<br />

bis 14. April <strong>2013</strong><br />

Nora Fuchs<br />

»Out of my mind«<br />

Caligariplatz 1<br />

13086 Berlin-Weissensee<br />

Di–So 16–21 Uhr<br />

Museum für Fotografie<br />

3. Mai bis 25. August <strong>2013</strong><br />

Die nackte Wahrheit sieht anders aus<br />

»Aktfotografie um 1900«<br />

Jebensstraße 2<br />

12623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di–So 10–18 Uhr<br />

Do 10–22 Uhr<br />

The Browse<br />

Fotofestival Berlin <strong>2013</strong><br />

13. Juni bis 13. Juli <strong>2013</strong><br />

Ausstellungen / Informationen<br />

im Festivalbüro<br />

The Browse Gallery<br />

Marheineke Markthalle<br />

Marheineke Platz 15<br />

10961 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo–Fr 8–20 Uhr<br />

Sa<br />

8–18 Uhr<br />

Galerie argus fotokunst<br />

29. Juni bis 10. August <strong>2013</strong><br />

BASTIENNE SCHMIDT<br />

»AS I went walking«<br />

Marienstraße 26<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Mi–Sa 14–18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

65


Ausstellungen<br />

Steve McCurry<br />

»Im Fluss der Zeit«<br />

Fotografien aus Asien<br />

1980 – 2011<br />

Erstmals in Deutschland präsentiert das<br />

Kunstmuseum Wolfsburg einen umfassenden<br />

Überblick über das farbgewaltige<br />

OEuvre des amerikanischen Fotografen<br />

Steve McCurry in einem musealen<br />

Rahmen. In der Reihe wegweisender<br />

Fotografen, in welcher bereits die<br />

Werke Man Rays (1994), Brassaïs (2004),<br />

Edward Steichens (2008) und Henri Cartier-Bressons<br />

(2011/12) gezeigt wurden,<br />

widmet das Kunstmuseums nun einem<br />

lebenden Fotografen eine Einzelausstellung.<br />

Weltweite Berühmtheit erlangte Steve<br />

McCurry, als er 1979 zur Zeit der sowjetischen<br />

Invasion die Grenze von Pakistan<br />

nach Afghanistan überwand. Die<br />

ersten Aufnahmen aus dieser Konfliktregion<br />

stammen von ihm, sie wurden<br />

in der New York Times, im Time Magazine<br />

und in Geo veröffentlicht. In einem<br />

afghanischen Flüchtlingscamp entstand<br />

die ikonisch gewordene Fotografie des<br />

afghanischen Mädchens Sharbat Gula,<br />

die 1985 auf dem Cover des National<br />

Geographic erschien. Seit 1986 ist<br />

McCurry Mitglied der berühmten Fotoagentur<br />

Magnum, die 1947 u.a. von<br />

Henri Cartier-Bresson und Robert Capa<br />

gegründet wurde.<br />

McCurrys Nähe zu Asien ist seit seinen<br />

ersten Reisen nach Indien und Afghanistan<br />

gegen Ende der 1970er-Jahre ungebrochen.<br />

Der grundlegende Gegensatz<br />

zur Kultur des Westens liegt für ihn<br />

dabei in der Öffentlichkeit des Lebens<br />

und in der Verschmelzung des profanen<br />

mit dem religiösen Leben. Die Ausstellung<br />

folgt diesem Fokus und zeigt seine<br />

weltberühmten Fotografien aus Ländern<br />

wie Afghanistan, Indien, Kaschmir,<br />

Burma, Tibet, Kambodscha, Kuwait,<br />

China, Bangladesh oder Nepal, die in<br />

den letzten dreißig Jahren entstanden<br />

sind.<br />

Wer kennt es nicht, dieses anmutige<br />

und gleichzeitig verstörte Gesicht eines<br />

afghanischen Mädchens, das 1985 um<br />

die ganze Welt ging. Die renommierte<br />

Afghanisches Mädchen. Peshawar, Pakistan, 1984<br />

© Steve McCurry / Magnum Photos, (Original in Farbe)<br />

Zeitschrift National Geographic hatte<br />

es auf ihr Cover gesetzt und mit einem<br />

Schlag dem ganzen Elend aber auch<br />

der Schönheit des kriegs- und terrorgeschüttelten<br />

Landes am Hindukusch ein<br />

Gesicht gegeben.<br />

Der wagemutige Fotograf, der diese Aufnahme<br />

in einem Schulzelt eines Flüchtlingslagers<br />

schoss, ist Steve McCurry,<br />

der inzwischen zu den gefragtesten<br />

Fotografen der Welt zählt. Das Mädchengesicht<br />

gehört zu der damals zwölfjährigen<br />

Sharbat Gula. Dieses Bild ist<br />

nun zusammen mit rund 115 anderen<br />

Werken des amerikanischen Fotografen<br />

im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen.<br />

Für Steve McCurry ist der Weg das<br />

Ziel. Sein Leben gleicht einer kontinuierlichen<br />

Reise, die seit mehr als dreißig<br />

Jahren andauert. McCurrys vielfach<br />

ausgezeichnete Fotografien sind jedoch<br />

mehr als eine Autobiografie in Bildern.<br />

Unverstellt dokumentieren sie das<br />

Weltgeschehen, Konflikte, Menschen,<br />

66 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Ausstellungen<br />

Taj und Zug. Agra, Uttar Pradesh, Indien, 1983,<br />

© Steve McCurry / Magnum Photos,<br />

(Original in Farbe)<br />

ihre Lebensräume sowie deren steten<br />

Wandel – insbesondere in Asien. Die<br />

Ausstellung folgt diesem Fokus und zeigt<br />

Fotografien aus Ländern wie Afghanistan,<br />

Indien, Kaschmir, Burma, Tibet,<br />

Kambodscha, Kuwait, China, Bangladesch<br />

oder Nepal. Erstmals in Deutschland<br />

präsentiert das Kunstmuseum<br />

Wolfsburg einen umfassenden Überblick<br />

über diese farbgewaltigen Aufnahmen<br />

des Amerikaners in einem musealen<br />

Rahmen. In der Reihe wegweisender<br />

Fotografen, in welcher bereits die<br />

Werke Man Rays (1994), Brassaïs (2004),<br />

Edward Steichens (2008) und Henri Cartier-Bressons<br />

(2011/12) gezeigt wurden,<br />

widmet das Kunstmuseums somit nun<br />

einem lebenden Fotografen eine Einzelausstellung.<br />

Steve McCurry wurde 1950 in Philadelphia,<br />

USA geboren. Er studierte Filmwissenschaften<br />

und Geschichte an der<br />

Pennsylvania State University, begann<br />

sich aber im Alter von neunzehn<br />

Jahren mit der Fotografie zu beschäftigen.<br />

Seine besondere Aufmerksamkeit<br />

fanden Bücher von Henri Cartier-Bresson,<br />

Dorothea Lange oder Walker Evans.<br />

Nach dem Studium entschied er sich<br />

endgültig gegen den Film und für die<br />

Fotografie. Ende der 1970-Jahre kündigte<br />

er seine Stelle bei einer lokalen<br />

Zeitschrift in Pennsylvania und machte<br />

sich als freier Fotograf auf den Weg nach<br />

Indien und Afghanistan. Als Mujaheddin-<br />

Kämpfer verkleidet, überwand er<br />

1979 zur Zeit der sowjetischen Invasion<br />

die Grenze von Pakistan nach Afghanistan,<br />

nähte seine Filmrollen nach einigen<br />

Wochen in seine Kleidung ein, schmuggelte<br />

sie so zurück und schickte sie an<br />

seine Schwester in die USA. Diese<br />

Fotografien waren weltweit die ersten<br />

aus dieser Konfliktregion und wurden<br />

1980 in der New York Times, dem Time<br />

Magazine und in Geo veröffentlicht.<br />

Ein Höhepunkt der Ausstellung ist das<br />

vorgenannte Porträt des afghanischen<br />

Flüchtlingsmädchens Sharbat Gula.<br />

Gemeinsam mit dem National Geographic<br />

hat McCurry 2002 die mittlerweile<br />

Ende zwanzigjährige junge Frau wieder<br />

ausfindig gemacht und sie zusammen<br />

mit dem alten Foto in der Hand aufgenommen:<br />

eine frühzeitig gealterte Frau,<br />

in deren Gesicht sich die Spuren des<br />

Schreckens und der Mühsal eingegraben<br />

haben.<br />

1986 wurde Steve McCurry die Ehre<br />

zuteil, Mitglied der berühmten Fotoagentur<br />

Magnum zu werden, die 1947<br />

von Henri Cartier-Bresson, Robert Capa,<br />

George Rodger und David Seymour als<br />

Kooperative gegründet wurde. McCurry<br />

begab sich damit gezielt in ein Umfeld<br />

von Fotografen, welche die Welt so wiedergaben<br />

wie sie war und die beruflich<br />

sowie ethisch auf einem hohen Niveau<br />

arbeiteten. Er steht sowohl in der Tradition<br />

der Magnum-Fotografen, insbesondere<br />

Cartier-Bressons oder Capas, als<br />

auch von André Kertész, Walker Evans,<br />

Dorothea Lange: »Wenn man sie«, so<br />

McCurry, »als Dokumentarfotografen<br />

bezeichnen will, dann wäre ich stolz,<br />

ein Dokumentarfotograf genannt zu<br />

werden.« McCurrys besondere Nähe zu<br />

Asien ist seit Beginn seiner Reisen nach<br />

Indien und Afghanistan unvermindert.<br />

Es ist das kulturell Fremde – eine ungebrochene<br />

Kontinuität im Umgang mit<br />

Traditionen – das ihn bis heute immer<br />

wieder nach Asien führt. Der grundlegende<br />

Gegensatz zur Kultur des Westens<br />

liegt für ihn darin, dass sich in Asien<br />

das Leben vorwiegend auf der Straße<br />

abspielt und dass in diese Öffentlichkeit<br />

sakrale Räume integriert sind. Das Profane<br />

verschmilzt hier auf selbstverständliche<br />

Weise mit dem Religiösen. Nicht<br />

zuletzt faszinieren<br />

ihn die intensiven, vibrierenden Farben<br />

Asiens, die ihn – wie er sagt – gelehrt<br />

haben »in Licht zu sehen und zu schreiben«.<br />

In Farbe zu fotografieren bedeutete<br />

für McCurry nach den frühen Schwarz-<br />

Weiß-Fotografien, die er als »versöhnlicher«<br />

beschreibt, eine neue Herausforderung.<br />

Es sei eine andere Art, Geschichten zu<br />

erzählen.<br />

McCurry findet Bilder für die bereisten<br />

Regionen, die zeitlos den überdauernden<br />

Geist und die kontrastreiche Vielfalt<br />

des jeweiligen Landes erfassen. Seine<br />

Fotografien sind narrativ, erzählen auch<br />

von dem, was sie nicht zeigen. Mit<br />

einem feinen Gespür für den Menschen<br />

spricht er ihm stets die zentrale Rolle<br />

zu, nie erstarrt dieser zum bloßen Formelement.<br />

Denn McCurry geht es nicht<br />

allein um Struktur und Farbe, sondern<br />

um ein Zusammenfließen der Elemente<br />

im Bild. Im Sinne Cartier-Bressons wird<br />

das Warten auf den richtigen Augenblick<br />

zur Grundlage seiner Arbeit.<br />

Ebenfalls wie bei Cartier-Bresson wirken<br />

viele Bilder auf den ersten Blick arrangiert.<br />

Doch nichts ist arrangiert, der<br />

Fotograf greift nicht ein »in den Fluss<br />

der Zeit«. Er hält lediglich fest, was<br />

der Moment ihm bietet. Wie grausamschön<br />

die Inszenierungen der Realität<br />

sein können,die er vorfindet, wird vor<br />

allem in McCurrys Kriegsfotografien<br />

deutlich.<br />

Im Zeitalter der Globalisierung, der fortschreitenden<br />

Öffnung des süd- und südostasiatischenWirtschaftsraumes,<br />

hat er<br />

Traditionen sowie Szenerien dokumentiert<br />

und verewigt, die heutein dieser<br />

Form nicht mehr anzutreffen sind. Es<br />

sind vielmehr fotografische Zäsuren<br />

»im Fluss der Zeit«. In mehrfacher<br />

Hinsicht sind McCurrys Fotografien<br />

geschichtsträchtig.<br />

Rita Werneyer, M.A.<br />

Leitung Kommunikation & Visuelle<br />

Bildung, Kunstmuseum Wolfsburg<br />

bis 16. Juni <strong>2013</strong><br />

Kunstmuseum Wolfsburg<br />

Hollerplatz 1<br />

38440 Wolfsburg<br />

Mi – So 11 – 18 Uhr<br />

Di<br />

11 – 20 Uhr<br />

Montag geschlossen<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

67


Portfolio Ronny Behnert<br />

Ronny Behnert<br />

Geboren wurde Ronny Behnert in<br />

Luckenwalde, einer Kleinstadt, südlich<br />

von Berlin. Schnell zog es ihn in<br />

die Hauptstadt Deutschlands, in der er,<br />

mit mit einigen Unterbrechungen, seit<br />

1989 lebt und arbeitet. Nach seiner Ausbildung<br />

verschlug es ihn beruflich für<br />

eine begrenzte Zeit nach Frankfurt am<br />

Main und auf die Insel Sylt im Norden<br />

Deutschlands.<br />

Aktiv Fotografieren tut Ronny Behnert<br />

seit 2007. Während der Ausarbeitung<br />

seiner fotografischen Fähigkeiten und<br />

der Entwicklung einer eigenen Handschrift<br />

gründete er sein eigenes Projekt<br />

»Håggard Photography« im Jahr 2010<br />

und arbeitete seitdem für diverse Zeitungen,<br />

Zeitschriften und Magazine. Seine<br />

persönliche Kunst, die es ihm ermöglicht<br />

sich selbst zu finden, möchte der<br />

Fotograf auch in Zukunft ausarbeiten<br />

und weiter entwickeln und versucht so<br />

oft es geht die Welt zu erkunden.<br />

© Ronny Behnert, Sheikh Zayed Mosque - Study 2, Abu Dhabi 2011<br />

© Ronny Behnert, Reichstag, Berlin 2010<br />

Seine letzten Serien aus Island, den Vereinigten<br />

Arabischen Emiraten und Venedig<br />

wurden bereits in renommierten<br />

Fotomagazinen veröffentlicht.<br />

Erst vor Kurzem kam Ronny aus Frankreich<br />

und Kopenhagen zurück und arbeitet<br />

noch immer an den letzten Fotos<br />

dieser beiden Serien. Weitere Reisen<br />

nach Island im Winter und nach China<br />

sind bereits in Planung.<br />

© Ronny Behnert, One day we will meet again,<br />

Berlin 2012<br />

Ronny Behnert wurde Preisträger beim<br />

<strong>brennpunkt</strong> AWARD 2012, anlässlich<br />

des Browse Festivals in Berlin<br />

www.bewegungsunschaerfe.de<br />

© Ronny Behnert, The embittered call,<br />

Berlin 2010<br />

68 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Ronny Behnert<br />

© Ronny Behnert, Sorrow is kissing me, Berlin 2010<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

69


Portfolio Ronny Behnert<br />

© Ronny Behnert, Next Top Model, Sassnitz 2012<br />

70 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Ronny Behnert<br />

© Ronny Behnert, Sheikh Zayed Mosque - Study 3, Abu Dhabi 2011<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

71


Portfolio Ronny Behnert<br />

© Ronny Behnert, Government District - Study 6, Berlin 2012<br />

72 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Ronny Behnert<br />

© Ronny Behnert, Into the arms of Winter - Part 2, Berlin 2012<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

73


Portfolio Ronny Behnert<br />

© Ronny Behnert, Casa Battló, Barcelona 2011<br />

74 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Ronny Behnert<br />

© Ronny Behnert, Russian Memorial, Berlin 2010<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

75


Portfolio Ronny Behnert<br />

© Ronny Behnert, Government District - Study 3, Berlin 2010<br />

76 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Ronny Behnert<br />

© Ronny Behnert, So stelle ich mir den Himmel vor, Beelitz 2008<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

77


Portfolio Jesús Pastor<br />

Jesús Pastor<br />

»AMADOR Rabal,<br />

Totengräber«<br />

Mich haben immer die Geschichten<br />

hinter der scheinbaren täglichen Normalität<br />

fasziniert. Inmitten eines Friedhofes<br />

wandert ein Mann unter Kreuzen<br />

und Gräbern , goldenen Lettern und<br />

Blumen. Ich beobachte ihn seit einiger<br />

Zeit, wie er in der Erde gräbt.<br />

Bisher habe ich nur Statuen von Engeln,<br />

Gräber, leere Nischen und die Architektur<br />

der Friedhöfe fotografiert<br />

Nach einem Gespräch mit einem älteren<br />

Herrn, hatte er das Bedürfnis, seine<br />

Lebensgeschichte zu erzählen. Seine<br />

Arbeit ist nicht alltäglich, aber er trägt<br />

es mit der Würde eines Alten, der Pflanzen<br />

mit Liebe und Hingabe pflegt und<br />

die Gräber mit großer Sorgfalt bewässert.<br />

Er ist jemand, der das Leben leichter<br />

nimmt und versucht, da er den Verstorbenen<br />

nicht helfen kann, den Schmerz<br />

der Hinterbliebenen zu lindern. Ich<br />

begleitete ihn nun fortan fotografisch<br />

bei seiner Arbeit.<br />

Sein Name ist Amador Rabal, von Beruf<br />

Totengräber. Jeden Tag bestattet er auf<br />

diesen Friedhof zwei bis drei Tote. Und<br />

wenn er eine Pause einlegt, raucht er<br />

eine Zigarette und fährt dann mit seiner<br />

Tätigkeit fort, die längst zur Routine<br />

geworden ist. Und er flüstert mir zu:<br />

»Man hat immer Angst vor dem, was<br />

unbekannt ist, wenn das Bewusstsein<br />

erwacht, verschwindet die Unwissenheit<br />

und die Angst vor dem Unbekannten«.<br />

© Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

Mein Leben und das Fotografieren sind<br />

untrennbar verbunden. Weltanschauung<br />

und bildliche Idee werden als Mittel<br />

für einen freien Ausdruck von Ängsten<br />

und Problemen benutzt. Der Beginn<br />

jeder Arbeit ist für mich gleichbedeutend<br />

mit dem Eintauchen in ein Abenteuer<br />

in Richtung des Unbekannten;<br />

das Ursprüngliche ist der gestalterische<br />

Prozess selbst. Durchgehend in diesem<br />

Prozess erscheinen Erinnerungen, Ideen<br />

und Gefühle, die bestimmend für das<br />

Endergebnis sind. In meinem Leben gibt<br />

es eine anhaltende Besessenheit zu Tod,<br />

Mysterien und der Seele. Ein Foto, das<br />

voll von unerwarteten Wendungen ist.<br />

Die Bilder atmen, denken, glauben, handeln.<br />

Für mich ist fotografieren ein Weg<br />

näher an die Transzendenz zu gelangen.<br />

Ich habe hierbei eine Ausdrucksart,<br />

meine Selbstfindung gefunden. Der<br />

Schaffensprozess ist nichts anderes als<br />

der Lebensprozess; ein Foto ist ein Teil<br />

des Ganzen, eine kleine Zusammenfassung<br />

gelebten Erfahrungen.<br />

http://jesuspastor.de/<br />

http://www.jesuspastor-photography.<br />

blogspot.de/<br />

78 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

79


Portfolio Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

80 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

81


Portfolio Jesús Pastor<br />

© Jesus Pastior<br />

© Jesús Pastor<br />

82 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

83


Portfolio Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

84 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

85


Portfolio Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

86 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Portfolio Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

© Jesús Pastor<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

87


Fotoszene<br />

Bildbetrachtung<br />

Bildbeurteilung<br />

Bildbewertung<br />

Bilder betrachten gehört sicher zu unseren<br />

aktivsten Sinneswahrnehmungen. In<br />

der Regel sehen wir Bilder als Informationsvermittler<br />

und nehmen im wesentlichen<br />

eher deren Inhalte als deren<br />

Gestaltung wahr.<br />

Die morgendliche Zeitung am Frühstückstisch,<br />

das Werbeplakat auf dem<br />

Weg zur Arbeit und letztlich die visuelle<br />

Information durch die Abendnachrichten<br />

im Fernsehen. Alles soll uns über<br />

neue Entwicklungen und spannende<br />

Geschehnisse in Kenntnis setzen.<br />

Sicher wird sich der eine oder andere<br />

mit dem Gesehenen auseinandersetzen<br />

und sich ein Urteil bilden. Ein Urteil -<br />

ja über den Inhalt, aber nicht über das<br />

Bild an sich!<br />

Gut, fairerweise sollte man auch schon<br />

unterscheiden zwischen absoluten fotografischen<br />

Laien und geschulten Fotografen.<br />

Erstere werden sicherlich nur<br />

die angebotene Information verarbeiten,<br />

aber auch der erfahrenste Artdirektor<br />

wird sich außerhalb seiner beruflichen<br />

Aufgabe der unendlichen Bilderflut<br />

geschlagen geben und auch nur die<br />

für ihn interessante Information rausfiltern.<br />

Was ich damit sagen will ist, dass wir<br />

alle pro Tag einer solchen Fülle von<br />

visuellen Informationsfeuern ausgesetzt<br />

sind, dass wir kaum in der Lage sind<br />

das einzelne Bild als solches wahrzunehmen,<br />

sondern nur einen inhaltlichen<br />

Extrakt verarbeiten.<br />

Salopp gesagt, was auf einem Bild<br />

»drauf« ist erkennen die meisten!<br />

Aber der geneigte Leser dieses geschätzten<br />

Magazins will ja nicht nur den vordergründigen<br />

Inhalt sehen, sondern hat<br />

auch ein Interesse an Gestaltung und<br />

versteckten Botschaften eines Bildes.<br />

Also wenden wir uns dem künstlerisch<br />

vorgebildeten und geübten Betrachter<br />

zu.<br />

Was unterscheidet ihn vom fotografischen<br />

Laien?<br />

Bezogen auf die unendliche tägliche<br />

Bilderflut fast gar nichts - aber eben<br />

nur fast...<br />

Er ist eben doch in der Lage - wenn es<br />

gefordert ist - sich in ein Bild, nicht nur<br />

einzusehen, sondern auch reinzudenken<br />

und vor allen Dingen einzufühlen.<br />

Ein kreativ vorbelasteter Betrachter<br />

eines Bildes kann gewissermaßen auf<br />

einer »tieferen Ebene« visuelle Reize<br />

wahrnehmen und interpretieren.<br />

Ein Kenner der Farbenlehre wird natürlich<br />

ein entsprechendes Bild anders<br />

sehen, als jemand der damit keine Erfahrung<br />

hat.<br />

Anhänger des britischen Malers William<br />

Turner werden natürlich Landschaftsphotographien<br />

anders beurteilen, als<br />

PopArt-Fans...<br />

Was ich Ihnen sagen will liebe Leser ist,<br />

dass jede Beurteilung eines Bildes ein<br />

hohes Maß an individueller Sichtweise<br />

und subjektiver Erfahrung enthält.<br />

Oh, ich sehe jetzt förmlich die Aufschreie<br />

- Kriegelstein räumt ein, dass<br />

Bildauswahlen höchst subjektiv sind.<br />

Nee, nee, ganz so ist es eben doch nicht<br />

- geht ja noch weiter...<br />

Jetzt stellen wir doch erst einmal die<br />

Frage, wozu brauchen wir denn eine<br />

Bildbeurteilung?<br />

Über die Antwort werden Sie sich nun<br />

sehr wundern - nur für uns selbst!<br />

Ich bilde mir ein ganz persönliches<br />

Urteil über ein Kunstwerk aus meiner<br />

ganz individuellen Sicht! Und dies nur,<br />

um die Entscheidung zu treffen, gefällt<br />

es mir oder gefällt es mir nicht.<br />

Mit einer Photo-Jury hat das überhaupt<br />

nichts zu tun, im Gegenteil!<br />

So, jetzt kommen wir zur Bildbewertung<br />

- die im Gegensatz zu den bisher erörterten<br />

Aspekten eine zusätzliche vergleichende<br />

Komponente beinhaltet und ein<br />

von außen vorgegebenes Ziel hat!<br />

Wenn wir etwas bewerten, müssen wir<br />

dem Gegenstand einen gewissen Wert<br />

zuweisen. Das bedeutet, wir müssen ihn<br />

nach gewissen Vorgaben prüfen.<br />

Den Wert einer Antiquität messe ich zum<br />

Beispiel an dem Zustand, der Epoche,<br />

der momentanen Marktlage, usw..<br />

Bei einer Photojuryierung habe ich das<br />

Ziel aus einer Menge von Bildern eine<br />

bestimmte Anzahl der besten auszuwählen.<br />

Bei einem Biedermeierschrank komme<br />

ich wahrscheinlich mit Kriterien, die ich<br />

vor zwanzig Jahren gelernt habe auch<br />

heute noch zu einer einigermaßen adäquaten<br />

Einschätzung. Aber sicherlich<br />

nicht in der Photographie!<br />

Kaum ein Medium hat sich in den letzten<br />

Jahren so verändert wie die Photographie,<br />

nicht nur technisch, sondern<br />

auch kreativ.<br />

Hinzu kommt ein weiteres immenses<br />

Problem, Juroren laufen in Ihren Bewertungskriterien<br />

den Fotografen immer<br />

hinterher - sowohl kreativ, als auch<br />

intellektuell!<br />

Das ist ja auch einleuchtend, denn die<br />

Photographen haben ja die neuen Ideen<br />

und Techniken - nicht die Juroren.<br />

Nun liebe Leser, jetzt wird sicher einer<br />

von ihnen den verblüffenden Gedanken<br />

haben, dass man ja nur die kreativen<br />

Köpfe der photographischen Wettbewerbszene<br />

in eine Jury berufen müsste<br />

- und schon hätte man es...<br />

Leider, leider, so einfach ist es nicht.<br />

Sicher, solche »jurorenmässigen Laienspielgruppen«<br />

wie sie manche fotografische<br />

Restgesellschaft einsetzt, könnte<br />

man dadurch sicher vermeiden, aber es<br />

wäre nicht die absolut beste Lösung.<br />

Was wir brauchen, ist eine »Intellektualisierung«<br />

der Bildbewertung.<br />

Das heißt, weg von den ewigen Reproduktionen<br />

hin zu neuen Sichtweisen -<br />

aber natürlich nicht auf Kosten der Qualität.<br />

Kreativität und Perfektion!<br />

Einige Photographen können es schon -<br />

nur bei den entsprechenden Juroren ist<br />

die Personaldecke noch sehr dünn.<br />

Wir brauchen Experten, die in der Lage<br />

sind ihre subjektiven Beurteilungskriterien<br />

zurück zu stellen und dennoch die<br />

Fähigkeit haben, sich in die Bildsprache<br />

der Autoren einzufühlen. Juroren, die<br />

über eine breitgefächerte Kenntnis photographischer<br />

Techniken verfügen und<br />

die letztlich eine Übersicht über den<br />

»Bildermarkt« haben, um neue Werke<br />

richtig einschätzen zu können.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

88 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


Buchbesprechung<br />

Von erfolgreichen Fotografen<br />

lernen:<br />

Porträtfotografie<br />

Michaela Hanke, Christian Kasper,<br />

Andreas Puhl, Danielea Reske, Nadine<br />

Schönfeld<br />

Verlag: Galileo Design<br />

ISBN: 978-3-8362-1935-8<br />

319 S. Komplett in Farbe<br />

39,90 Euro<br />

Sind fünf Autoren ein Garant dafür<br />

besser zu sein, als ein Autor?<br />

In diesem Fall eindeutig ja! Es geht nämlich<br />

in diesem Buch nicht vordergründig<br />

um Vermittlung von Fototechnik,<br />

sondern darum verschiedene kreative<br />

Konzepte zur Portraitfotografie aufzuzeigen.<br />

Es ist schon höchst interessant wie<br />

unterschiedlich die Fotografen an<br />

das Thema rangehen. Als Leser dieses<br />

Werkes bekommen Sie die Möglichkeit,<br />

einmal hinter die Kulissen der Profis zu<br />

schauen und zu erkennen, was letztlich<br />

entscheidend für die jeweilige individuelle<br />

Handschrift ist. Wie immer in der<br />

Fotografie - ohne Konzept geht nichts!<br />

Wer sich mit Porträtfotografie beschäftigt,<br />

wird in diesem Buch ganz entscheidende<br />

Anregungen und Tipps finden.<br />

Wie in der modernen Fotografie nicht<br />

anders zu erwarten, wird in dieser<br />

Veröffentlichung der kreativen digitalen<br />

Nachbearbeitung eintsprechender<br />

Raum eingeräumt!<br />

Wer sich für dieses Thema interessiert,<br />

ist gut beraten für dieses Buch 2,5 cm<br />

Regalplatz zu reservieren...<br />

Manfred Kriegelstein<br />

LUMIX GH3<br />

System Fotoschule<br />

Frank Späth<br />

Verlag: Point Of Sale Verlag<br />

ISBN: 978-3-941761-33-9<br />

34,00 Euro<br />

Schon wieder!<br />

Das meine lieben Leser, werden Sie jetzt<br />

vielleicht denken - nee, immer noch,<br />

würde ich Ihnen entgegnen!<br />

So gesehen ist Frank Späth eine ambitionierte<br />

Kontinuität in Sachen Lumix-<br />

Büchern nicht abzusprechen. Er ist in<br />

gewisser Weise auch ein Getriebener,<br />

denn man würde sich schon sehr wundern<br />

wenn auf eine neue Lumix-G nicht<br />

unmittelbar ein entsprechendes Werk<br />

von ihm folgen würde.<br />

Aber jetzt zu den Superlativen: Das Buch<br />

steht in Sachen Qualität und Niveau der<br />

Kamera in nichts nach!<br />

Sehr übersichtlich und didaktisch hervorragend,<br />

vermittelt Späth sämtliche<br />

Kamerafunktionen und wagt bei der<br />

Objektivbesprechung auch einen Blick<br />

über den Tellerrand. Es fehlt auch nicht<br />

der obligatorische Gestaltungsteil für<br />

Anfänger, daher auch die Bezeichnung<br />

»Sytemfotoschule« ...<br />

Die Welle der Systemkameras rollt an<br />

und Frank Späth surft ganz vorne auf<br />

dem obersten Wellenkamm - gut so!<br />

Alle Lumix-Fotografen, vor allem die<br />

wachsende Zahl der Umsteiger, können<br />

ihm dafür sehr dankbar sein.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Die wilde Seite der Fotografie<br />

Neue Wege aus dem fotografischen<br />

Alltagstrott<br />

Cyrill Harnischmacher (HRSG.)<br />

Verlag: dpunkt.verlag<br />

ISBN: 978-3-89864-777-9<br />

220 Seiten, komplett in Farbe,<br />

Festeinband<br />

29,90 Euro<br />

Der Wunsch der meisten künstlerisch<br />

tätigen Menschen ist es gelegentlich<br />

auch mal kreatives Neuland zu betreten.<br />

Da sind Fotografen auch nicht anders.<br />

Das Buch der Herausgebers Cyrill Harnischmacher<br />

zeigt in 20 Workshops die<br />

Arbeit verschiedener Fotografen.<br />

Die Beispiele reichen teilweise von<br />

Kuriositäten (Diaduplikator aus der<br />

Chip-Dose) bis hin zu aufwendigen<br />

sehr detailliert beschriebenen Composings<br />

(faszinierende Figuren aus Dingen<br />

des Alltags).<br />

Interessant ist zweifellos die Zusammenstellung<br />

der Autoren - keine Vorgehensweise<br />

gleicht der anderen.<br />

Wenn auch bestimmte Techniken sehr<br />

alt sind (Lichtmalerei), jeder wird irgendetwas<br />

entdecken was ihn inspiriert<br />

neue Wege zu gehen.<br />

Insgesamt ein empfehlenswertes grundsolides<br />

Werk - wenn auch der Titel »wilde<br />

Seite« etwas übertrieben erscheint...<br />

Manfred Kriegelstein<br />

<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

89


Vorschau 3/<strong>2013</strong><br />

<strong>brennpunkt</strong> 3-<strong>2013</strong><br />

erscheint am<br />

4. Juli <strong>2013</strong><br />

The Browse<br />

Fotofestival Berlin<br />

<strong>2013</strong><br />

© Astrid Mattwei, (O.i.F.) © Brigitte Salzmann, (O.i.F.)<br />

C/O Berlin<br />

Umzug ins<br />

Amerika-Haus<br />

Fotoszene Berlin<br />

© Ingelore Willing<br />

Leserfotos<br />

© Sandra Goldbach, (O.i.F.)<br />

Portfolio<br />

Nadine Dinter<br />

Die in Berlin lebende Freelance<br />

Fotografin Nadine Dinter hat sich auf<br />

Kunst- , Städte - und Porträtfotografie<br />

spezialisiert.<br />

Die Autodidaktin begann mit einer analogen<br />

Pentax Kamera ihres Großvater<br />

Skulpturen in ihrer Heimatstadt Berlin<br />

aufzunehmen. Sukzessive kamen weitere<br />

Sujets hinzu.<br />

Dabei gelingt es Nadine Dinter, den<br />

Bogen von der klassischen Skulpturfotografie<br />

bis hin zur Auftragsfotografie<br />

von Künstlern (z.B. Douglas Gordon)<br />

und internationalen Kunst-Events (wie<br />

z.B. der documenta und der Biennale<br />

in Venedig) zu spannen.<br />

www.nadine-dinter.de<br />

© Nadine Dinter, Tribute to Warhol –<br />

torso series reloaded,<br />

Benjamin Godfre, Berlin, 2012<br />

© Nadine Dinter, »Marco Nizzoli –<br />

italienischer Illustrator«, Berlin 2012<br />

90 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>


ennpunkt 2/<strong>2013</strong><br />

91


Galerien<br />

92 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>

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