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ennpunkt<br />
2/<strong>2013</strong> 4,00 Euro 29. Jahrgang Magazin für Fotografie<br />
April bis Juni <strong>2013</strong><br />
Galerien • Buchbesprechungen • Fotoszene<br />
Portfolio Ronny Behnert • Jesùs Pastior
FÜR ORIGINALE<br />
2 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
„Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen<br />
Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal<br />
zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere<br />
mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />
oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke<br />
mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de<br />
P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T .
Impressum:<br />
<strong>brennpunkt</strong><br />
Magazin für Fotografie<br />
Erscheint vierteljährlich,<br />
erhältlich in Fotogalerien,<br />
Geschäften, Buchhandlungen<br />
und über Abonnement.<br />
Jahresabo 13,50 Euro<br />
Einzelpreis 4,00 Euro<br />
Konten:<br />
Postbank Berlin<br />
Konto-Nr. 3751 06-104<br />
BLZ 100 100 10<br />
Redaktionsschluss:<br />
jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat<br />
Herausgeber:<br />
edition buehrer<br />
c/o Dietmar Bührer<br />
Odenwaldstraße 26<br />
12161 Berlin<br />
Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27<br />
e-Mail: buehrer-berlin@t-online.de<br />
Internet: www.edition-dibue.de<br />
Copyright bei Edition<br />
Druck:<br />
schöne drucksachen<br />
Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin<br />
ISSN 0932-7231<br />
Redaktion:<br />
Dietmar Bührer V.i.S.d.P.<br />
Michael Gebur<br />
Klaus Rabien<br />
Manfred Kriegelstein<br />
Hinweis:<br />
Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte und Fotografien<br />
wird keine Haftung übernommen.<br />
© Herbert List »Anna Magnani im<br />
Garten ihres Landhauses«,<br />
San Felice Circeo 1950‘<br />
Galerien<br />
Franco Sortini »Berlino – Paesaggio urbano« ..................................................... 5<br />
Manfred Paul »Berlin Nordost« .......................................................................... 6<br />
Michel Comte ................................................................................................... 8<br />
Jean-Baptiste Huynh »Remanence« .................................................................... 10<br />
Thomas Wrede »Katastrophe und Idylle« .......................................................... 12<br />
Frank Darius »DAS PARADIES IST HIER« ........................................................... 13<br />
Hanns Zischler – Nach der Natur (camera obscura) ........................................... 14<br />
Matthias Klages »Fotografien« ........................................................................... 16<br />
Katrin Streicher »Kulissen des Alltäglichen« ....................................................... 17<br />
Helena Schätzle »9645 Kilometer Erinnerung« .................................................... 18<br />
Antonius / Jörg Rubbert »New York City Limits« .................................................. 19<br />
David Favrod / Michel Le Belhomme »There are more things« ............................ 20<br />
Tobias Zielony »Fotografien 2008–2012« ............................................................ 21<br />
Jan Sobottka ....................................................................................................... 22<br />
Rudolf Holtappel »Ein Leben als Zeitzeuge« ....................................................... 24<br />
Ulrich Mack: Kennedy in Berlin. Die Deutschlandreise 1963. ............................. 25<br />
Heinrich Heidersberger »Kleid aus Licht« ........................................................... 26<br />
Schauplatz: Inszenierte Fotografie ...................................................................... 28<br />
Arnd Weider »Fotografie« ................................................................................... 29<br />
Maria Jauregui Ponte »Überstrahlungen« ............................................................ 29<br />
Jürgen Bosse »New York Experience« ................................................................. 30<br />
Ingrid Steinmeister »Bleiben und Vergehen«, Drei Serien .................................... 31<br />
WIRKLICH .......................................................................................................... 32<br />
Lara Melin »Heidestraße 46-52 – Ode an einen Schandfleck« ............................ 33<br />
Siehste, jeht doch! Meisterklasse Arno Fischer. Letzter Jahrgang. ......................... 34<br />
George Friedmann »Fotonovela Argentina« ......................................................... 36<br />
Faszination Paris ................................................................................................. 37<br />
FRAUEN ............................................................................................................. 38<br />
EGO. .................................................................................................................. 40<br />
Christian Reister »NACHT« ................................................................................. 42<br />
Frank Machalowski »Monster« / Irinadabo »beside me« ...................................... 43<br />
19. Fotoklub Forum Berlin <strong>2013</strong> .......................................................................... 44<br />
Fred Baumgart »Eve by the bridge« ..................................................................... 45<br />
Angelika Beck »Zwischentöne – Porträts« ........................................................... 45<br />
Bernadette Ypso / Charlotte K »unbekannt bis heute« .......................................... 46<br />
Marion Schult »Zoe Helali – One Woman Show« ............................................... 47<br />
Susanne Wehr »TIME LAPSE« ............................................................................. 48<br />
LUPE GODOY »Collage« .................................................................................... 49<br />
Annette von Dewitz–Silke Grossmann–Ann Provan ............................................ 50<br />
Jürgen Bürgin »URBAN BALLADS« ..................................................................... 52<br />
Galeriebesprechungen<br />
Panta rhei – alles fließt. (Klaus Rabien) ............................................................... 53<br />
Ausstellungen in Berlin ............................................................................................ 65<br />
Ausstellungen<br />
Steve McCurry »Im Fluss der Zeit« ...................................................................... 66<br />
Portfolio<br />
Ronny Behnert .................................................................................................... 68<br />
Jesús Pastor »AMADOR Rabal, Totengräber« ...................................................... 78<br />
Fotoszene<br />
Was Natur wirklich ist – Fotografien von Frank Darius ........................................ 56<br />
Johannes Barthelmes / VHS Friedrichshain-Kreuzberg ......................................... 57<br />
Modesfotos: Schatz nach 40 Jahren gehoben ...................................................... 58<br />
Klaus Rabien zum 80. ........................................................................................ 60<br />
Bildbetrachtung, Bildbeurteilung, Bildbewertung (Manfred Kriegelstein) ............. 88<br />
Buchbesprechungen<br />
Porträtfotografie / LUMIX GH3 / Die wilde Seite der Fotografie ........................... 89<br />
Vorschau ................................................................................................................... 90<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
3
Galerien<br />
Franco Sortini<br />
»Berlino – Paesaggio<br />
urbano«<br />
Im Frühling 2012 war Franco Sortini<br />
zum ersten mal in Berlin.<br />
»Gesehen habe ich eine Stadt, die mich<br />
sehr beindruckt und fasziniert hat.<br />
Eine Stadt voller Energie trotz Krisen und<br />
Schwierigkeiten.<br />
Eine Stadt in Bewegung, die zahlreichen<br />
Baustellen und die spürbaren urbanistischen<br />
Änderungen sprechen für sich.<br />
Zukunftsorientiert ohne die Vergangenheit<br />
zu vergessen.<br />
Das Ganze zum Glück, mit einem tollen<br />
Licht, das mich in den Tagen begleitet<br />
hat«.<br />
Geometrien, Plakate, neue und alte<br />
Gebäude, Linien, urbane Einrichtungen<br />
haben ihn inspiriert und schnell gefangen<br />
genommen. Ein Hauch von Farbe<br />
hat ihn gleich bewegt und motiviert und<br />
das Licht hat für eine besondere Note<br />
gesorgt.<br />
Franco Sortini, wurde 1958 in der süditalienischen<br />
Stadt Salerno geboren.<br />
Seine fotografischen Interessen, nach<br />
Erfahrungen mit Malerei und Grafik,<br />
sind auf Anfang der 80er datiert unter<br />
der Leitung von Franco Fontana. Urbane<br />
und industrielle Landschaft in Bezug auf<br />
Menschen und Umgebung charackterisieren<br />
seine Arbeit.<br />
Professioneller Fotograf ist er seit 1986.<br />
Mitbegründer des Museo di Fotografia<br />
Contemporanea in Brescia und Mitglied<br />
der Associazione nazionale Fotografi<br />
professionisti (ANFP).<br />
Zahlreiche Ausstellungen und Publikationen<br />
in ganz Europa, seine Bilder<br />
sind auch in Sammlungen vertreten u.a.<br />
die von der Bibliotheque Nationale de<br />
Paris, Archiviom AFOCO de Cordoba<br />
und Galleria Civica di Modena.<br />
Seit einigen Jahren ist er auch aktiv mit<br />
Workschops für junge Fotografen mit<br />
Schwerpunkt Kreativität mit der Farbe.<br />
Er lebt und arbeitet in Salerno.<br />
Mehr von Franco Sortini unter :<br />
www.francosortini.eu<br />
© Franco Sortini, (Original in Farbe)<br />
© Franco Sortini, (Original in Farbe)<br />
© Franco Sortini, (Original in Farbe)<br />
bis 2. Juni <strong>2013</strong><br />
Café Aroma Photogalerie<br />
Hochkirchstraße 8<br />
10829 Berlin-Schöneberg<br />
Mo – Fr 18 – 24 Uhr<br />
Sa + So 14 – 24 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
5
Galerien<br />
Manfred Paul<br />
»Berlin Nordost«<br />
Die Collection Regard präsentiert ab<br />
dem 25. Januar <strong>2013</strong> drei wesentliche<br />
Werkzyklen des Berliner Fotografen<br />
Manfred Paul aus den Jahren 1970 –<br />
2006. Die Zyklen umfassen Fotografien<br />
von Ostberliner Straßenzügen und Hinterhöfen<br />
aus den 70er/ 80er Jahren in<br />
Berlin Nordost/ Prenzlauer Berg sowie<br />
fotografische Porträts seiner Freunde und<br />
Bekannten aus dieser Zeit. Mit seinen<br />
nicht inszenierten Stillleben, wird ein<br />
weiterer wichtiger Schwerpunkt seiner<br />
Arbeit bis heute vorgestellt. Mit dieser<br />
fotografischen Position zeigt der Sammler<br />
Marc Barbey erneut einen Fotografen,<br />
den es in seiner Vielfalt und Einzigartigkeit<br />
neu zu entdecken gilt.<br />
Mit der Ausstellung von Manfred Pauls<br />
Fotografien setzt die Collection Regard<br />
abermals ihren Fokus auf deutsche Fotografen<br />
sowie das Thema Berlin fort.<br />
Marc Barbey: »Manfred Pauls eleganter,<br />
poetischer und liebevoller Blick auf die<br />
Welt beindruckt mich sehr und ich freue<br />
mich, mehrere Zyklen seines Schaffens<br />
präsentieren zu können«.<br />
Die Ausstellung<br />
Der Großteil der präsentierten Arbeiten<br />
ermöglicht einen individuellen<br />
Blick in eine längst vergangene Zeit<br />
aus dem Ostteil der Stadt: Mit seinen<br />
poetischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />
der meist menschenleeren Hinterhöfe<br />
und Straßenansichten zeichnet Manfred<br />
Paul ein subjektives Porträt des<br />
Stadtteils Prenzlauer Berg in der Zeit<br />
vor 1990. Die besondere Atmosphäre<br />
dieser Fotografien wird vom Charme<br />
getragen, der durch das eindrucksvolle<br />
Zusammenspiel verfallender Hausfassaden<br />
und blühender Vegetation entsteht.<br />
Die Aufnahmen vermitteln eine ungewöhnliche<br />
Schönheit und Lebendigkeit,<br />
die Paul in der engen und menschenleeren<br />
Urbanität entdeckte. Der Zyklus der<br />
Stillleben, die Manfred Paul in den Privaträumen<br />
der Bewohner des Stadtteils<br />
festhielt, erzählt von der persönlichen<br />
Stimmung hinter den Hausfassaden, die<br />
er auf seinen fotografischen Streifzügen<br />
ohne Inszenierung eingefangen hat. Es<br />
Manfred Paul (*1942), »Teller mit Gabel«,<br />
Berlin 1983, Gelatin silver print, Printed 1983,<br />
20 x 24 (30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />
ist gerade Pauls künstlerischer Blick für<br />
Komposition und Bildausschnitt, der die<br />
stummen Gegenstände meisterhaft zum<br />
Sprechen bringt.<br />
Auch die Porträts junger Berliner, die<br />
teilweise in Ateliers und Wohnungen<br />
entstanden, machen deutlich, wie sich<br />
Paul dem Lebensgefühl hinter der Fassade<br />
genähert hat. Er schafft es genau<br />
zum richtigen Zeitpunkt den Auslöser<br />
zu betätigen um den Ausdruck der Individualität<br />
und Persönlichkeit der jungen<br />
Menschen einzufangen.<br />
Kuratiert wird die Ausstellung von Antonio<br />
Panetta, dem künstlerischen Leiter<br />
der Collection Regard. Die Werkschau<br />
findet statt in Kooperation mit Gunther<br />
Dietrich von der Galerie für Fotografie -<br />
photo edition berlin.<br />
Über den Fotografen<br />
Manfred Paul wurde 1942 in Schraplau<br />
geboren und lebt in Berlin.<br />
Nach dem Abitur Tätigkeit als Steinbruch-<br />
und Gleisbauarbeiter. Fotolaborentenlehre,<br />
Fotolaborant. Bühnenarbeiter,<br />
Theaterfotograf und freischaffender<br />
Bildjournalist.<br />
Studium der Fotografie an der HGB<br />
Leipzig. Kamerastudium an der Hochschule<br />
für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg.<br />
Dozent für Fotografie<br />
an der FWG Berlin (1974–1994). Professor<br />
für Fotografie und Audiovisuelle<br />
Medien an der FHTW Berlin (1995–<br />
Manfred Paul (*1942), »Socken«, Berlin 1985,<br />
Gelatin silver print, Printed 1985, 20 x 24<br />
(30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />
2007). Lehraufträge an der Hochschule<br />
für Film und Fernsehen Potsdam-<br />
Babelsberg(1973/74), der HGB Leipzig<br />
(1991/92, 2006), der Hochschule für<br />
Bildende Künste Dresden (1993–1995)<br />
und der Hochschule für Fernsehen und<br />
Film München (1995).<br />
1983–1985 erste Arbeiten mit der 18 x<br />
24-Plattenkamera. Der Zyklus nature<br />
morte entsteht (Stillleben).<br />
Werke in Sammlungen<br />
Heute befinden sich seine Werke u.a.<br />
in den Sammlungen der Berlinischen<br />
Galerie, des Kupferstich-Kabinett - Dresden,<br />
Museum Ludwig - Köln, Musée<br />
de l’ Elysée - Lausanne, MOMA - New<br />
York, Bibliothèque Nationale de France,<br />
Paris und einigen weiteren privaten wie<br />
öffentlichen Sammlungen.<br />
Publikationen und Editionen<br />
Zeitgleich zur Ausstellung ist ein aufwändig<br />
gestalteter Bildband erschienen:<br />
»Berlin Nordost 1972-1990 - Am Rande<br />
der stehenden Zeit« herausgegeben von<br />
Edition Braus. Mit einem Essay des Lyriker<br />
und Autor Uwe Kolbe.<br />
Ein weiterer Bildband mit seinen »Stillleben<br />
1983-85« wird bei dem Verlag<br />
Steidl, München im Frühjahr <strong>2013</strong><br />
erscheinen.<br />
6 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Manfred Paul (*1942), »Socken«, Berlin 1985,<br />
Gelatin silver print, Printed 1985,<br />
20 x 24 (30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />
Editionen<br />
Anlässlich der Ausstellung bringt die<br />
Collection Regard eine limitierte Edition<br />
von Fotografien mit je drei Motiven<br />
der Stillleben und Berlin Nordost<br />
heraus.<br />
Die nummerierte Auflage erscheint in<br />
einer Höhe von 9 Exemplaren.<br />
Die Abzüge sind von Manfred Paul hergestellt,<br />
gestempelt, nummeriert und<br />
signiert, und exklusiv in der Collection<br />
Regard erhältlich.<br />
MANFRED PAUL<br />
Berlin Nordost 1972-1990<br />
»Am Rande der stehenden Zeit«<br />
Mit einem Essay von Uwe Kolbe<br />
Hrsg. v. Edition Braus, 24 x 31 cm,<br />
80 s/w-Abbildungen im Triplex Druck,<br />
128 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag,<br />
ISBN 9783862280421<br />
Preis: 39,95 Euro<br />
Mit einer Originalfotografie / Handabzug<br />
des Fotografen 18 x 24 cm Barythpapier,<br />
Edition 100, signiert und nummeriert:<br />
Preis: 200,00 Euro<br />
Die Collection Regard<br />
Der Begriff Regard (frz.) bedeutet so viel<br />
wie »der Blick« oder »die Aufmerksamkeit«.<br />
Und wie der Name der Collection<br />
Regard, so auch die Zielsetzung:<br />
die Sammlung hat sich der Entdeckung<br />
und Wiederentdeckung photographischer<br />
Werke und Photokünstlern verschrieben.<br />
Manfred Paul (*1942), »Brandmauer am<br />
S-Bahnhof / Schönhauser Allee«, Berlin 1979,<br />
Gelatin silver print, Printed 1979,<br />
20 x 24 (30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />
Unter »Collection Regard« versteht ihr<br />
Gründer Marc Barbey daher weniger<br />
eine Galerie als einen fotografischen<br />
Archiv mit regelmäßigen Ausstellungen<br />
in einer Salon Atmosphere. »Es<br />
geht darum, […] einen Ort zu schaffen,<br />
an dem man sich austauschen und<br />
sich mit Fotografie auseinandersetzen<br />
kann«. Die Steinstraße in der Spandauer<br />
Vorstadt, rund zehn Minuten vom Alexanderplatz<br />
entfernt, wurde mit diesem<br />
Ansatz innerhalb weniger Monate zu<br />
einem wichtigen Treffpunkt für Sammler<br />
und Gleichgesinnte. Und vor allem<br />
ein Ort (wieder-) entdeckter wichtiger<br />
Fotografen und ihrer Arbeiten.<br />
Marc Barbey, geboren 1971, sammelt<br />
seit 2005 Lichtbilder von den Anfängen<br />
bis etwa zu den 1970er Jahren. Schwerpunkt<br />
der Sammlung sind Fotografien<br />
aus Deutschland und das Thema Berlin.<br />
Mittlerweile gehören zur Collection<br />
Regard das umfangreiche OEuvre von<br />
Hein Gorny, dazu Werke der Fotografen<br />
Lotte Jacobi, Siegfried Lauterwasser,<br />
Heinrich Riebesehl, Toni Schneiders,<br />
Friedrich Seidenstücker, Will McBride<br />
sowie ausgewählte Fotografien von<br />
Paul Almasy, Bruno Barbey und Robert<br />
Capa.<br />
Manfred Paul (*1942), »Hinterhof/Friedhof/<br />
Lychener Straße«, Berlin 1979,<br />
Gelatin silver print, Printed 1979, 20 x 24<br />
(30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />
Manfred Paul (*1942), »Tulpen«, Berlin 1979,<br />
Gelatin silver print, Printed 1979,<br />
20 x 24 (30 40) cm, Copyright Manfred Paul<br />
bis 4. Mai <strong>2013</strong><br />
COLLECTION REGARD<br />
Marc Barbey<br />
Steinstraße 12<br />
10119 Berlin-Mitte<br />
Fr 14 – 18 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
7
Galerien<br />
Michel Comte<br />
Mit über 100 Arbeiten gibt die Ausstellung<br />
einen umfassenden Einblick in das<br />
beeindruckende künstlerische Schaffen<br />
von Michel Comte, der zu den bedeutendsten<br />
zeitgenössischen Fashion- und<br />
Society- Photographen zählt. Seine individuelle<br />
Bildästhetik prägte die 1990er<br />
Jahre und hat vor allem die Fashion- Photographie<br />
bis heute nachhaltig beeinflusst.<br />
Erweitert wird die Ausstellung<br />
mit neuen und noch nie zu vor gesehenen<br />
Photographien aus »The Girl from<br />
Nagasaki«.<br />
Unter Topmodels Von Nadja Auermann<br />
über Gisele Bündchen oder Helena<br />
Christensen bis hin zu Tatjana Patitz<br />
und Alek Wek: Michel Comte zählt seit<br />
jeher zu den wenigen Photokünstlern,<br />
der die weltweit berühmtesten Topmodels<br />
der Geschichte in einzigartigen Inszenierungen<br />
photographiert hat. Das<br />
bedingungslose Vertrauen in das künstlerische<br />
Verständnis Michel Comtes und<br />
die »Beziehung« zu ihm resultieren in<br />
ungeahnte Szenarien und in eine offenbarende<br />
Hingabe, die sich in den photographischen<br />
Werken widerspiegelt. Ob<br />
eine als Pin-up-Girl posierende Cindy<br />
Crawford oder eine in sich vertieft und<br />
zugleich sinnlich-erotisch wirkende<br />
Helena Christensen, die Photographien<br />
werden stets von einer greifbaren Aura<br />
umgeben, die sich aus dem gemeinsamen<br />
Spiel zwischen Michel Comte und<br />
dem Model entwickelt. Der berühmte<br />
Akt von Carla Bruni als nicht minder<br />
herausragendes Beispiel ist Beleg für<br />
Comtes besonderes Gefühl für die Fragilität<br />
eines für Bruchteile von Sekunden<br />
vorherrschenden Spannungsmomentes.<br />
Die heute weltbekannte Photographie<br />
erzielte 2008 bei Christie’s ein Auktionsergebnis<br />
von 91.000 Dollar und<br />
ist als seltener Vintage-Silber-Gelatine-<br />
Print Teil der Ausstellung bei CAMERA<br />
WORK.<br />
»In Michel Comtes Bildern prallen Kunst<br />
und Wirklichkeit aufeinander. Sie sind<br />
brutal und poetisch – blenden und verstören.<br />
Die Gefühle, die sie hervorrufen,<br />
sind schmerzhaft und komplex: Nahrung<br />
für Geist und Seele.« – Geraldine<br />
Chaplin über Michel Comte.<br />
© Michel Comte, Daryl Hannah, (German<br />
Vogue), Los Angeles 1992<br />
© Michel Comte, Cindy Crawford, (Italian<br />
Vogue), London 1996<br />
© Michel Comte, Helena Christensen, »Save<br />
Safe Sex«, Paris 1993<br />
Die Persönlichkeit bestimmt den Stil<br />
Auch in den Porträts bedeutender Persönlichkeiten<br />
aus Schauspiel, Kultur,<br />
Sport und Musik offenbart sich Michel<br />
Comtes besonderer Zugang in die Persönlichkeiten.<br />
Der Künstler sieht im<br />
bedingungslosen Zugang zu seinen<br />
Porträtierten, ihrer Persönlichkeitsstruktur,<br />
ihrem Charisma sowie ihrer körperlichen<br />
und inneren Erscheinung die<br />
unabdingbare Grundlage für die Verwirklichung<br />
seiner Kreativität und das<br />
Ausleben der eigenen Prämissen.<br />
Bildsprache, Farbigkeit und Aufbau<br />
bewegen sich in keinen verstarrten<br />
Mustern. Vielmehr definiert sich<br />
Michel Comtes ästhetische Linie durch<br />
die künstlerische Vielfalt und Offenheit,<br />
einen cineastischen Blick sowie durch<br />
den experimentellen Einsatz zahlreicher<br />
Stilmittel. Diese passen sich den einzelnen<br />
Porträtierten an – jede Persönlichkeit<br />
ruft bei Comte eine bestimmte Bildsprache<br />
hervor, die sich aus der »Seele«<br />
und dem Äußeren abzeichnet. So reflektiert<br />
Comtes Porträt von Boy George das<br />
vielschichtige und extravagante Erscheinungsbild<br />
des Musikers, die stimmungsvolle<br />
und symbolbehaftete Photographie<br />
von Jörg Immendorff kommt einer<br />
visuellen Persönlichkeitsstudie gleich<br />
und Anna Nicole Smith unterstreicht in<br />
ihrem Porträt mit Pose und einer gelborange<br />
geprägten Farbigkeit ihr öffentliches<br />
Bild als Sexsymbol.<br />
Neben den bekanntesten Arbeiten aus<br />
seiner Künstlerkarriere präsentiert die<br />
Ausstellung bei CAMERA WORK darüber<br />
hinaus neue, nie zuvor gesehene<br />
Photographien von Michel Comte, die<br />
im Rahmen der Dreharbeiten seines mit<br />
Spannung erwarteten Kinofilms »The<br />
Girl from Nagasaki« entstanden sind.<br />
Zusammen mit seiner Ehefrau Ayako<br />
Yoshida als Regisseur und Produzent<br />
tätig, hat Michel Comte als »Stills Photographer«<br />
beeindruckende Photoarbeiten<br />
erschaffen, die einerseits spannende<br />
Einblicke in »The Girl from Nagasaki«<br />
ermöglichen, andererseits entkoppelt<br />
von der Handlung alleinstehende,<br />
atemberaubende und erhabene Werke<br />
sind, deren cineastischer Charakter fasziniert.<br />
Persönliche Porträts von Christopher<br />
Lee und der 2012 kurz nach den<br />
Dreharbeiten verstorbenen Anna Orso,<br />
exotisch-künstlerisch anmutende Photographien<br />
von Geishas oder actiongeladene<br />
Photographien aus einer anderen<br />
Welt befinden sich unter anderem<br />
in der exklusiven Auswahl erstmals<br />
gezeigter Photographien zum Film, zu<br />
8 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Comtes Kinofilm »The Girl from Nagasaki«<br />
ergibt sich in der Ausstellung von<br />
CAMERA WORK ein reizvolles Spannungsfeld<br />
zwischen zwei Photographiegenres,<br />
deren unterschiedliche Ästhetik<br />
das außerordentliche künstlerische<br />
Bewusstsein und die Wandlungsfähigkeit<br />
von Michel Comte gemein haben.<br />
© Michel Comte, Jeremy Irons, With Monocle, London 1990<br />
© Michel Comte, Jeff Koons, 1990<br />
dem auch ein imposantes Photobuch<br />
erscheinen wird.<br />
»The Girl from Nagasaki« ist eine multimediale<br />
und fantasievolle 3D-Verfilmung<br />
von »Madame Butterfly«, der<br />
weltbekannten Oper von Giacomo<br />
Puccini, und wurde in Japan, Deutschland<br />
und in den USA gedreht. Der Film<br />
zeichnet sich durch einen internationale<br />
Besetzung aus, ist geprägt von Michel<br />
Comtes einzigartig opulenten Stil und<br />
beinhaltet neben Musik-Performances<br />
und zeitgenössischem Ballett auch animierte<br />
Szenen. »The Girl from Nagasaki«<br />
erzählt die Geschichte einer begehrenswerten<br />
und sündenlosen Frau,<br />
deren Liebe zu einem von Narzissmus<br />
geprägten Mann in einer Tragödie<br />
endet. Neben Christopher Lee zählen<br />
u.a. auch Robert Evans, Marianne Faithfull,<br />
Nobu Matsuhisa, Michael Nyqvist,<br />
Edoardo Ponti, Clemens Schick, Polina<br />
Semionova, Michael Wincott, Ayako<br />
Yoshidaund Lisa Zane zum beeindruckenden<br />
Cast des Films, der Ende <strong>2013</strong><br />
in die Kinos kommen soll.<br />
Mit den legendären Vintage-Photographien<br />
der größten Weltstars und<br />
den neuen, von künstlerischer Narration<br />
geprägten Bildern aus Michel<br />
Über Michel Comte<br />
Im Jahr 1954 in Zürich als Sohn des<br />
Schweizer Flugpioniers Alfred Comte<br />
geboren, absolvierte Michel Comte<br />
zuerst eine Ausbildung als Restaurator,<br />
bevor er sich als Autodidakt der Photographie<br />
widmete. Mit 25 Jahren wurde<br />
Comte erstmals von Karl Lagerfeld und<br />
Chloe für eine große Werbekampagne<br />
engagiert und arbeitete fortan in Paris.<br />
Für die amerikanische »Vogue«, für die<br />
der Künstler zahlreiche Kampagnen<br />
produzierte, zog der Künstler anschließend<br />
nach New York. Innerhalb weniger<br />
Jahre avancierte Michel Comte zu<br />
einem der gefragtesten und beliebtesten<br />
Fashion-, Porträt- und Aktphotographen<br />
weltweit, produziert prägende<br />
Photostrecken für führende Magazine<br />
wie »Harper’s Bazaar«, »Vanity<br />
Fair« oder »Vogue« und hat die Photokunst<br />
nachhaltig beeinflusst. Neben<br />
seinen von Beginn an verschriebenen<br />
Genres entwickelte Michel Comte alsbald<br />
ein gesteigertes Interesse für Reportage-<br />
oder Dokumentarphotographie<br />
und ist als Reporter für das Internationale<br />
Rote Kreuz tätig. Die Photoarbeiten<br />
von Michel Comte sind Bestandteil<br />
zahlreicher renommierter Sammlungen<br />
und werden in internationalen Ausstellungen<br />
gezeigt. Der Künstler lebt heute<br />
in New York.<br />
bis 1. Juni 2012<br />
Galerie Camera Work<br />
Kantstraße 149<br />
10623 Berlin-Charlottenburg<br />
Di – Sa<br />
11 – 18 Uhr<br />
Homepage:<br />
www.camerawork.de<br />
Facebook:<br />
www.facebook.com/cameraworkberlin<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
9
Galerien<br />
Jean-Baptiste Huynh<br />
»Remanence«<br />
Jean-Baptiste Huynh, Louvre – Marc Aurèle, Paris, Musée de Louvre, 2010<br />
Jean-Baptiste Huynh, Louvre – Crane en Cristal,<br />
Paris, Musée du lLuvre, 2012<br />
Jean-Baptiste Huynh, Feuille de Galag,<br />
France, 2001, (Original in Farbe)<br />
Die CWC GALLERY präsentiert seit<br />
dem 22. Februar <strong>2013</strong> die Ausstellung<br />
»Remanence« des Photokünstlers Jean-<br />
Baptiste Huynh. Alle Arbeiten entstanden<br />
im Louvre in Paris, in dem unter<br />
großem öffentlichem und medialem<br />
Interesse die Ausstellung im vergangenen<br />
Jahr Premiere feierte. Nachdem<br />
»Remanence« bis Ende 2012 im Louvre<br />
gezeigt wurde, übernimmt die CWC<br />
GALLERY nun unmittelbar die Ausstellung<br />
und zeigt sie erstmals in Deutschland.<br />
Unter dem Titel »Remanence« präsentiert<br />
Jean-Baptiste Huynh in beeindruckenden<br />
photographischen Arbeiten<br />
eine Auswahl von Objekten, Skulpturen,<br />
Gemälden und Artefakten aus dem<br />
wohl berühmtesten Museum der Welt –<br />
dem Louvre. Die großformatigen Silber-<br />
Gelatine-Prints zeigen jeweils einzelne<br />
Kunstwerke aus verschiedenen Epochen,<br />
Kunstgattungen und Abteilungen<br />
des Museums, wobei sich Jean-Baptiste<br />
Huynh den ausgewählten Kunstobjekten,<br />
darunter prunkvolle Amulette, mystische<br />
Masken, orientalische Porträts<br />
oder auch profane Gegenstände wie<br />
historische Schüsseln, mit einer besonderen<br />
künstlerischen Intention genähert<br />
hat. Die selektiv und exemplarisch verbildlichte<br />
Reise durch die Sammlung<br />
des Louvre versteht Huynh als allumfassende<br />
Verbildlichung und Verinnerlichung<br />
des übertragenen Kulturverständnisses.<br />
Jedes Objekt aus einem<br />
historischen Zeitabschnitt zeugt von<br />
der Kraft des Beharrlichen und symbolisiert<br />
zugleich die fortführende kulturhistorische<br />
Weitergabe und den Übergang<br />
von etwas Bleibendem: »Bol Vert«<br />
zeigt die Unterseite eines Jahrhunderte<br />
alten Behältnisses – in Huynhs Photographie<br />
erscheint sie heute als Weltkugel,<br />
das Werk »Plaque« – eine abgebildete<br />
quadratische Goldtafel – ließe sich<br />
von der Bildwissenschaft in der modernen<br />
Kunst als Farbfeldmalerei deuten<br />
und die im Louvre ausgestellte Skulptur<br />
des römischen Kaisers Mark Aurel<br />
verliert ihren urpsrünglichen Charakter<br />
der Herrscherdarstellung und Repräsentation<br />
von Macht und dient heute<br />
eher als Symbol der Vergänglichkeit<br />
und eines abgeschlossenen Zeitalters.<br />
Der Titel der Serie »Remanence« (lat.<br />
remanere ‚bleiben‘, ‚zurückbleiben‘)<br />
verweist auf diese Ambivalenz.<br />
Jean-Baptiste Huynh steuert in den<br />
Arbeiten den Blick des Betrachters und<br />
lässt ihn nicht im physischen Gegenstand<br />
mit dessen Abbildhaftigkeit verharren,<br />
sondern verstärkt die Konzentration<br />
auf die historische, kulturelle<br />
Bedeutsamkeit und den Wandel<br />
der Deutungshoheit, der auch optisch<br />
durch Oxidation, Zerstörung oder einen<br />
vom Künstler gesetzten Fokus zum Ausdruck<br />
kommt – Huynhs Bildsprache ist<br />
für diesen dargestellten Transformationsprozess<br />
des Gegenstandes prädestiniert.<br />
10 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Schatten. Dadurch entflammt in den<br />
Werken dank dezentem Lichteinsatz<br />
nicht nur eine hohe Leuchtkraft, sondern<br />
ensteht zudem eine optisch spannende<br />
Körperhaftigkeit und zugleich<br />
unmittelbare Nähe zum Betrachter.<br />
Die Ausstellung in der CWC GALLERY<br />
wird mit weiteren herausragenden<br />
Werken vergangener Serien von Jean-<br />
Baptiste Huynh ergänzt.<br />
Jean-Baptiste Huynh, Huyen IX, Vietnam, 2010<br />
Über Jean-Baptiste Huynh<br />
Als Sohn einer Französin und eines Vietnamesen<br />
wurde Jean-Baptiste Huynh<br />
1966 in Frankreich geboren. Bereits in<br />
seiner Jugendzeit entwickelte sich bei<br />
Huynh ein ausgeprägtes Bewusstsein für<br />
künstlerische Photographie heraus, die<br />
er als Autodiktat umsetzte. Sein Werkekorpus<br />
umfasst Landschaften, Porträts,<br />
Akt und Stillleben. Huynh arbeitet konsequent<br />
mit einer analogen 6x6-Mittelformatkamera<br />
und meidet bis dato die<br />
digitale Photographie. Neun qualitativ<br />
hochwertige Publikationen fassen<br />
Huynhs umfangreiches Werk zusammen,<br />
welches bereits in zahlreichen<br />
internationalen Ausstellungen präsentiert<br />
wurde. Jean-Baptiste Huynh wird<br />
seit 2004 von CAMERA WORK vertreten<br />
und manifestierte seine Ausnahmestellung<br />
in der zeitgenössischen Photographie<br />
mit zahlreichen ihm gewidmeten<br />
Ausstellungen bei CAMERA WORK<br />
(2004, 2009, 2011), einer Retrospektive<br />
in der Ecole Nationale Supérieure des<br />
Beaux-Arts in Paris (2006) und der Einzelausstellung<br />
im Louvre (2012).<br />
Jean-Baptiste Huynh, Mains I, Ethiopie, 2005 Jean-Baptiste Huynh, Couteau, Japon, 2003<br />
Sparsam, doch aufwendig ausgeleuchtet,<br />
und auf das Wesentliche reduziert,<br />
erlangt Huynh in seinen Arbeiten den<br />
charakteristischen Purismus. Durch<br />
die Klarheit und Strenge im Bildaufbau<br />
vermitteln die Photographien eine<br />
reine, nahezu magische Atmosphäre<br />
und verleihen den Kunstwerken einen<br />
majestätischen Charakter eines Ritualobjektes.<br />
Unmittelbar spürbar für den<br />
Betrachter ist die tiefe »Intimität«, die<br />
sich zwischen dem Photographen und<br />
dem Gegenstand auftut. Die sorgfältige<br />
und präzise Auseinandersetzung<br />
mit dem Sujet ist hierbei unverzichtbare<br />
Voraussetzung im Entstehungsprozess<br />
der reduzierten, ausdrucksstarken<br />
Arbeiten.<br />
Besondere Bedeutung erlangt bei Arbeiten<br />
wie »Crane en Cristal« oder »Marc<br />
Aurèle« die künstlerische Dichtomie<br />
von hell und dunkel sowie Licht und<br />
bis 11. Mai <strong>2013</strong><br />
CWC GALLERY<br />
Auguststraße 11<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Di – Sa<br />
11 – 19 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
11
Galerien<br />
Thomas Wrede<br />
»Katastrophe und<br />
Idylle«<br />
Seit fast zehn Jahren entsteht die Serie<br />
»Real Landscapes« des deutschen Fotokünstlers<br />
Thomas Wrede (*1963). Die<br />
internatonal viel beachtete Serie verbindet<br />
wirkliche Landschaftspanoramen<br />
mit in Szene gesetzten Modellen<br />
so, dass sie die Suggestionskraft medialer<br />
Bilder ebenso wie die eigenen Sehgewohnheiten<br />
befragt. Im Kontext der<br />
Werke hat Thomas Wrede dabei sowohl<br />
ironische, klischeehafte wie romantische<br />
Befragungen beleuchtet.<br />
Seine neusten Werke bei Wagner + Partner<br />
wenden sich auf beeindruckende<br />
Weise den globalen Katastrophen der<br />
letzten Jahre zu, die dem Publikum<br />
durch Internet und Fernsehen mehr als<br />
bekannt scheinen: Tsunamis, Fukushima,<br />
Hurricane Katrina oder jüngst<br />
Sandy. Im modellhaften Arrangement<br />
und im subjektiven Nachstellen arbeitet<br />
der Künstler eine Phänomenologie<br />
der Zerstörung heraus.<br />
Während auf der einen Seite Muster<br />
menschlich verursachter oder natürlicher<br />
Katastrophen sichtbar werden, die<br />
der Künstler wie Archtetypen in seinen<br />
neusten Bildern herausstellt, erlebt der<br />
Betrachter zugleich die Kraft romantischer<br />
Bilder, die auch im Zeitalter von<br />
digitaler Bildbearbeitung noch immer<br />
wirken. Sonnenuntergänge, Winteroder<br />
Nachtszenen werden von Thomas<br />
Wrede gekonnt als Idyllen ins Bild<br />
gesetzt.<br />
Nach der Flut 2012, © Thomas Wrede, courtesy Galerie WAGNER + PARTNER<br />
Achterbahn, © Thomas Wrede, courtesy Galerie WAGNER + PARTNER<br />
27. April bis 1. Juni <strong>2013</strong><br />
Galerie WAGNER + PARTNER<br />
Cai Wagner<br />
Strausberger Platz 8<br />
10243 Berlin-Friedrichshain<br />
Di – Sa 13 – 18 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
www.galerie-wagner-partner.com<br />
Vernissage<br />
26. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
Bauruinen, © Thomas Wrede, courtesy Galerie<br />
WAGNER + PARTNER<br />
12 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Frank Darius<br />
»DAS PARADIES IST<br />
HIER«<br />
Frank Darius zeigt Bilder der Leere, in<br />
denen die Natur, anders als in seinem<br />
letzten Buch Willkommen im Garten,<br />
auf minimale Spuren reduziert ist: Die<br />
geknickten Gräser auf einer Schneefläche<br />
werden zu kalligraphischen Zeichen,<br />
das Schilf im Wasser zu schwimmenden<br />
Linien auf weißem Grund, die<br />
sich an einem Drahtgeflecht windenden<br />
zarten Linien entpuppen sich als<br />
Hopfenschnüre vor einer hellgrauen<br />
Himmelsfläche. Jetzt geht Darius vom<br />
Garten zum Paradies. Sein Paradiesgarten<br />
gehört zum Bereich jenseits der<br />
Dichotomie Natur/Kultur, die reduzierten<br />
Zeichen sind wie Hinweise auf<br />
die bewusste Ausblendung kultureller<br />
Aggression. Darius geht das Wagnis ein,<br />
seinen Beitrag zur Wiederverzauberung<br />
der Welt in Bildern von unverbrüchlicher<br />
Schönheit zu leisten. Er zeigt auf,<br />
dass sich das Paradies im Innersten<br />
eines jeden von uns findet, unter vielen<br />
Schichten der Wahrnehmung.<br />
Und dass das Fühlen immer vor der<br />
Ratio steht.<br />
»Frank Darius reduziert in seinen Naturbildern<br />
die Welt auf feinste poetische<br />
Strukturen. ‚Was ist Natur wirklich?‘<br />
fragt sich Darius in seinen Werken, in<br />
denen kleinste Momente des Lebendigen,<br />
Zweige, Blätter und dürres Geflecht<br />
von Schnee, Nebel oder Wasser beinahe<br />
ausgelöscht werden. Darius zeigt<br />
mit einer radikal ehrlichen Bildsprache:<br />
Die Welt ist ein Innenraum, der sich als<br />
ein unaufhaltsamer poetischer Prozess<br />
entfaltet. Der Betrachter spürt: Auch wir<br />
sind Welt, die wirkliche Welt aber enthüllt<br />
sich zugleich als unser Inneres.<br />
Eine solche Haltung beendet unsere<br />
postmoderne Beschwörung der Gebrochenheit.<br />
Denn der Bruch ist in der<br />
Lebendigkeit selbst. Wir tragen ihn mit<br />
uns als Lebensfunken, der allein das<br />
Schöne zu sehen erlaubt. Das Paradies<br />
kann demnach nirgendwo anders<br />
sein als hier. Es zeigt sich, aber nur im<br />
Erblicktwerden«. (Andreas Weber, in:<br />
Frank Darius, Hopfen I, 2011, 70 x 82 cm, © VG Bildkunst Bonn/ Frank Darius<br />
Frank Darius, Untitled I (Botanik), 2011,<br />
103 x 130 cm,<br />
© VG Bildkunst Bonn/ Frank Darius<br />
Frank Darius: DAS PARADIES IST HIER,<br />
Ausstellungskatalog Kehrer Verlag Heidelberg<br />
<strong>2013</strong>)<br />
Begleitende Veranstaltung zur Ausstellung:<br />
Mittwoch, 17. April <strong>2013</strong> um 19 Uhr: in<br />
der Reihe »Literaturhaus der Fotografie«<br />
Lesung und Gespräch mit Dr. Andreas<br />
Weber über das Verhältnis zwischen<br />
Kunst und Natur im Blickwinkel einer<br />
Schöpferischen Biologie.<br />
Moderation: Thomas Böhm, Leiter des<br />
internationalen literaturfestivals berlin.<br />
Eintritt frei. Voranmeldung wegen<br />
beschränkter Plätze.<br />
Frank Darius, Teufelsberg 2001/10,<br />
120 x 143 cm,<br />
© VG Bildkunst Bonn/ Frank Darius, (O.i.F.)<br />
»Seltsam, im Nebel zu wandern!<br />
Einsam ist jeder Busch und Stein,<br />
Kein Baum sieht den andern,<br />
Jeder ist allein.«<br />
(Hermann Hesse)<br />
bis 17. Mai <strong>2013</strong><br />
Alfred Ehrhardt Stiftung<br />
Auguststraße 75<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Di – So 11 – 18 Uhr<br />
Do 11 – 21 Uhr<br />
www.alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
13
Galerien<br />
Hanns Zischler –<br />
Nach der Natur<br />
(camera obscura)<br />
Hanns Zischler ist als Schauspieler und<br />
Publizist bekannt. Seit 1970 arbeitet er<br />
im Windschatten seiner anderen Tätigkeiten<br />
auch als Fotograf. Seit den 1990er<br />
Jahren widmet er sich nach dem Kauf<br />
einer Rigby-pin-hole-camera (4 x 5 inch)<br />
verstärkt der Lochbildfotografie.<br />
»Es geht bei dieser Art der Fotografie<br />
für mich darum, das fließende Spiel der<br />
bewegten Elemente (wie die Götter im<br />
Mythos sind es Wind, Welle und Wolke)<br />
mit den unbeweglichen Gegenständen<br />
zu überlisten und zu einem einzigen<br />
Zeitbild (von zwei Minuten und mehr)<br />
zu zähmen, ins Gehäuse zu locken<br />
und auf dem Planfilm in einem durchaus<br />
wörtlichen Sinn zu domestizieren.<br />
‚Die Sonne bringt es an den Tag‘, sagte<br />
einmal Adelbert von Chamisso. Diese<br />
Maxime beschreibt hinreichend meine<br />
Arbeit mit der camera obscura. Die<br />
Wahl der Motive ist von kaum benennbaren<br />
Vorahnungen begleitet, die jenseits<br />
der bloß technischen Mutmaßungen<br />
über das Ergebnis – Schattenverlauf,<br />
Leuchtkraft der Farben, Ausmaß der<br />
Bewegungsunschärfe – liegen. Unverzichtbare<br />
Voraussetzung ist die ruhige<br />
Betrachtung, ehe an die Bestimmung<br />
des Standorts und der dort herrschenden<br />
Lichtverhältnisse zu denken ist. Die<br />
unmittelbar gegenüber der Blendenöffnung<br />
liegende Fläche empfängt mehr<br />
Lichtpartikel als die Ränder, so dass<br />
am Ende der Belichtung eine von der<br />
hellen, solaren Mitte des Bildes nach<br />
außen dunkler werdende, pulsierende<br />
Lichtstreuung zu beobachten ist. Die<br />
Frage der Schärfe bzw. Unschärfe ist<br />
aus physikalischen Gründen für diese<br />
Art der Fotografie unerheblich.« (Hanns<br />
Zischler).<br />
camera obscura: Der englische Feinmechaniker<br />
Rigby stellt für die klassischen<br />
Fotoformate 4 x 5 inch und 10 x 13 inch<br />
sogenannte „pin-hole cameras“ her. Es<br />
sind fest vernutete, rechteckige Eichenholzkästen<br />
mit einer präzise durchbohrten<br />
Messingscheibe – Blende 1 / 164 – in<br />
der Mitte der Vorderseite (mit einer aus-<br />
Fels will zurück ins Meer, 2010, © Hanns Zischler, (Original in Farbe)<br />
wärtigen Verschlussklappe) und einer<br />
offenen Rückwand für die Halterung<br />
und den Wechsel der Planfilmkassetten.<br />
Zwei Schraubbohrungen im Gehäuse<br />
erlauben die Fixierung eines Stativs für<br />
Aufnahmen im Hoch- und Querformat.<br />
Da es für die camera obscura keinen<br />
externen »Sucher« gibt, kann nur die<br />
individuelle Erfahrung bei der Bestimmung<br />
der Cadrage (mit einer Öffnung<br />
von ca. 105 Grad) behilflich sein. Gleiches<br />
gilt für die Dauer der Belichtung.<br />
Hanns Zischler (*1947 in Nürnberg)<br />
lebt und arbeitet seit Ende der 1960er<br />
Jahre in Berlin. Als Schauspieler hat er<br />
u.a. unter der Regie von Wim Wenders,<br />
Jean-Luc Godard, Claude Chabrol und<br />
Steven Spielberg gearbeitet. 2006 gründete<br />
er den Alpheus Verlag. Neben zahlreichen<br />
Aufsätzen erschien 1996 im<br />
Rowohlt Verlag sein Roman Kafka geht<br />
ins Kino. 2010 gab Zischler, zusammen<br />
mit der Künstlerin Hanna Zeckau den<br />
Schmetterlingskoffer sowie mit Ulrich<br />
Moritz und Agnieszka Pufelska Vorstoß<br />
ins Innere - Streifzüge durch das Berliner<br />
Naturkundemuseum heraus. Im<br />
Monat April werden seine beiden neuesten<br />
Publikationen Berlin ist zu groß für<br />
Berlin (Galiani Berlin) und, zusammen<br />
mit Elke Schmitter Galerie der Namenlosen<br />
(Alpheus Verlag) vorgestellt. 2009<br />
erhielt er den Heinrich-Mann-Preis der<br />
Akademie der Künste, Berlin. Für sein<br />
kulturelles Schaffen und Engagement<br />
wird dem Autor im März der Preis der<br />
Deutschen Literaturhäuser verliehen.<br />
14 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Selbstportrait vor rauher See, 2010,<br />
© Hanns Zischler, (Original in Farbe)<br />
Folgende Veranstaltungen finden im<br />
Rahmen der Ausstellung statt:<br />
Sonntag, 9. Juni <strong>2013</strong>, 14.00 Uhr:<br />
Prof. Dr. Peter Geimer, Kunsthistorisches<br />
Institut der Freien Universität Berlin, im<br />
Gespräch mit Hanns Zischler<br />
Donnerstag, 20. Juni <strong>2013</strong>, 19.00 Uhr:<br />
Prof. Dr. Hubertus von Amelunxen, Präsident<br />
der Hochschule für Bildende<br />
Künste Braunschweig, im Gespräch mit<br />
Hanns Zischler<br />
Rauchquast über Schreberland, 2001, © Hanns Zischler, (Original in Farbe)<br />
Das Blitzen der Blüten, 2010, © Hanns Zischler,<br />
(Original in Farbe)<br />
Eröffnung:<br />
24. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
Eröffnungsrede:<br />
Prof. Dr. Hubertus von Amelunxen<br />
25. Mai bis 30. Juni <strong>2013</strong><br />
Alfred Ehrhardt Stiftung<br />
Auguststraße 75<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Sonntag, 30. Juni <strong>2013</strong>, 14.00 Uhr:<br />
Finissage. Lesung mit Hanns Zischler in<br />
der Reihe »Literaturhaus der Fotografie«,<br />
moderiert von Thomas Böhm, Leiter des<br />
internationalen literaturfestivals berlin<br />
Zur Ausstellung in der Alfred Ehrhardt<br />
Stiftung erscheint das gleichnamige<br />
Buch Hanns Zischler – Nach der<br />
Natur (camera obscura) im Kehrer<br />
Verlag. Mit Texten von Jean-Christophe<br />
Bailly, Christiane Stahl und Hanns<br />
Zischler; 16,5 x 22 cm; 72 Seiten, 24<br />
Farbabbildungen, Deutsch/Englisch,<br />
24,80 EUR.<br />
Di – So 11 – 18 Uhr<br />
Do 11 – 21 Uhr<br />
www.alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
15
Galerien<br />
Matthias Klages<br />
»Fotografien«<br />
Mathias Klages, geboren 1959 in Lüneburg.<br />
Schon früh von der Fotografie fasziniert,<br />
arbeitet er als Autodidakt bevorzugt in<br />
Schwarz/weiß.<br />
Bevorzugte Genres sind Stadtlandschaften,<br />
Architektur und Porträt.<br />
Er arbeitet ausschließlich analog bei<br />
natürlichem Licht.<br />
Die Galerie präsentiert eine Auswahl<br />
von 36 Fotografien zum Thema Straßenmusikantenporträts<br />
und Stadtlandschaft.<br />
.<br />
© Matthias Klages<br />
© Matthias Klages<br />
Vernissage:<br />
12. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
12. April bis 25. Mai <strong>2013</strong><br />
imago fotokunst<br />
Linienstraße 145<br />
10115 Berlin-Mitte<br />
© Matthias Klages © Matthias Klages<br />
Di – Fr<br />
Sa<br />
12 – 19 Uhr<br />
14 – 18 Uhr<br />
16 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Katrin Streicher<br />
»Kulissen des<br />
Alltäglichen«<br />
Die Fotografien aus Katrin Streichers<br />
Arbeit »Kulissen des Alltäglichen« entstanden<br />
während ihrer Reise durch den<br />
Nordwesten der USA von Oregon über<br />
Kalifornien, Nevada und Utah nach<br />
Colorado.<br />
Die Fotografin zeigt stille, scheinbar<br />
gewöhnliche und alltägliche Orte, die<br />
fast wie Kulissen aus einem bereits<br />
abgedrehten Film wirken. Die europäische<br />
Erwartung einer neuen modernen<br />
Welt wird hier ad absurdum geführt, da<br />
sich die Orte einer zeitlichen Einordnung<br />
verwehren. Sie wecken Neugier<br />
auf die unbekannten Geschichten, die<br />
sie erlebt haben. Es entsteht die Versuchung,<br />
nach ihren Geheimnissen zu<br />
forschen. Doch diese verschwinden<br />
zwischen den Bäumen wie nächtliche<br />
Schatten, sie entziehen sich den Blicken<br />
im Ungewissen. Sichtbar bleiben<br />
nur Spuren und dennoch spiegeln sie<br />
unverkennbar das Vergehen der Zeit.<br />
Da erholt sich ein Riesenrad von<br />
seinem Drehschwindel, bunte Luftballons<br />
warten auf ihr Schrumpfen, blasse<br />
Farben träumen vom Glanz vergangener<br />
Tage, verlassene Hotels und rosa<br />
Wände flüstern uns die Geschichten<br />
ihrer einstigen Bewohner zu. All diese<br />
leisen Stimmen erzählen die universelle<br />
Geschichte vom Ankommen und<br />
vom Wegfahren, von der Liebe und dem<br />
Leben, von Traurigkeit, Fröhlichkeit und<br />
der Sehnsucht.<br />
Dabei bleibt die Frage nach den Spuren,<br />
die wir hinterlassen, wenn wir aus<br />
dem Bildrahmen treten? Was sehen wir,<br />
wenn unsere Augen wandern? Welche<br />
Geschichten bleiben an den Orten, die<br />
wir schon verlassen haben? Und was<br />
flüstern die, die noch vor uns liegen?<br />
Katrin Streicher lebt und arbeitet in<br />
Berlin. Sie studierte Fotografie in München<br />
und Visuelle Anthropologie mit<br />
Schwerpunkt Dokumentarfotografie<br />
© Katrin Streicher, (O.i.F.) © Katrin Streicher, (O.i.F.)<br />
© Katrin Streicher, (O.i.F.)<br />
in Manchester. Ihr erstes Fotobuch »In<br />
Between – Sibirien China Mongolei«<br />
erschien 2011 im Verlag Nimbus Kunst<br />
und Bücher.<br />
Ihre Arbeiten waren in Gruppen- und<br />
Einzelausstellungen in Berlin, Hamburg,<br />
München, Manchester und London zu<br />
sehen.<br />
Vernissage<br />
5. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
© Katrin Streicher, (O.i.F.)<br />
© Katrin Streicher, (O.i.F.)<br />
6. April bis 28. April <strong>2013</strong><br />
aff Galerie<br />
Kochhannstraße 14<br />
10249 Berlin-Friedrichshain<br />
Sa + So 14 – 17 Uhr<br />
www.aff-galerie.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
17
Galerien<br />
Helena Schätzle<br />
»9645 Kilometer<br />
Erinnerung«<br />
Bis heute prägen die Erfahrungen des<br />
Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit<br />
die Bewohner Europas. Was<br />
kann man erzählen von den Erlebnissen<br />
einer Generation, was in Bildern<br />
fassen an Erinnerungen, die mehr als 60<br />
Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
noch immer durchtränkt sind von<br />
Bedrohung und Gewalt? Wie Geschehnisse<br />
sichtbar machen, die zwar dauerhaft<br />
eingebrannt sind in das Gedächtnis<br />
der Betroffenen, aber dennoch im<br />
Namenlosen liegen. Geschehnisse, die<br />
aus einer unendlichen Menge an Erinnerungen<br />
und Quellen in den Gedächtnissen<br />
gespeichert sind?<br />
In ihrer Arbeit »9645 Kilometer<br />
Erinnerung« fügt Helena Schätzle<br />
persönliche Erinnerungen und Bilder<br />
zu einem kollektiven Erinnerungsstrom<br />
zusammen. Ausgangspunkt hierfür sind<br />
die lebensgeschichtlichen Erfahrungen<br />
und Erinnerungen ihres Großvaters,<br />
der als deutscher Soldat im Zweiten<br />
Weltkrieg kämpfte. Hierfür reiste sie<br />
durch Osteuropa und hielt Landschaften<br />
und Orte fest, die als beständiger stummer<br />
Zeuge die Kriegsjahre miterlebt haben<br />
und sich bis heute ihre Zeitlosigkeit<br />
bewahren.<br />
Ebenso fotografierte sie Menschen,<br />
die zur selben Zeit am selben Ort<br />
wie ihr Großvater waren, hier jedoch<br />
Geschichte(n) aus anderer Perspektive<br />
erlebten. Die aktuellen Portraits der<br />
Frauen und Männer und ihre persönlichen<br />
Dokumente aus der Vergangenheit<br />
ergeben kein lineares, konsistentes Bild.<br />
Es existiert hingegen eine lebendige<br />
Beziehung zwischen Vergangenheit<br />
und Gegenwart, die sich in den<br />
Gesichtern der Menschen abbildet, in<br />
ihre Körper und deren Ausdrucksgestalt<br />
eingeschrieben ist. Um die Erfahrungen<br />
ihres Großvaters und die Erinnerungen<br />
der fotografierten Zeitzeugen zu verbinden,<br />
lies sie persönliche Aussagen<br />
in Textform in ihre Arbeit einfließen.<br />
Erfahrungen von Verfolgung und<br />
Vernichtung, von Krieg, Vertreibung,<br />
© Helena Schätzle<br />
© Helena Schätzle, (Original in Farbe) © Helena Schätzle, (Original in Farbe)<br />
Flucht und Ankommen gewinnen so<br />
ihre Gestalt als Erzählung, die keiner<br />
einheitlichen Stimme folgt. Die Arbeit<br />
entstand zwischen 2008 und 2012 und<br />
erschien 2012 im Verlag Nimbus Kunst<br />
und Bücher.<br />
Helena Schätzle, Jahrgang 1983, studierte<br />
Visuelle Kommunikation<br />
mit Schwerpunkt Fotografie an der<br />
Kunsthochschule Kassel. Ihre Arbeiten<br />
wurden vielfach ausgezeichnet, unter<br />
anderem durch »gute aussichten«, »The<br />
Aftermath Projekt«, »Epson Award«,<br />
»Inge Morath Award«. Sie hatte u.a.<br />
Ausstellungen in Hamburg, Washington,<br />
Kassel, Köln, Mumbai, Stuttgart, Berlin.<br />
Vernissage<br />
10. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
© Helena Schätzle, (Original in Farbe)<br />
11. Mai bis 2. Juni <strong>2013</strong><br />
aff Galerie<br />
Kochhannstraße 14<br />
10249 Berlin-Friedrichshain<br />
Sa + So 14 – 17 Uhr<br />
www.aff-galerie.de<br />
18 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Antonius<br />
Jörg Rubbert<br />
»New York City Limits«<br />
Die aff-Galerie zeigt Fotografien von<br />
den zwei Berliner Künstlern Antonius<br />
und Jörg Rubbert, die das New York der<br />
kleinen Leute und Immigranten thematisieren.<br />
Es geht um den amerikanischen<br />
Traum, den Einwanderer und Menschen<br />
aus unteren sozialen Schichten träumen:<br />
»Try & Error« im täglichen Kampf um<br />
Perspektive und gesellschaftliche Anerkennung.<br />
Für die Mehrzahl von ihnen<br />
entpuppt sich dieser Traum als Phantom:<br />
Die Wirklichkeit sieht anders aus …<br />
Während Rubbert‘s Fotos Anfang der<br />
neunziger Jahren während mehrerer<br />
Aufenthalte in der Stadt am East<br />
River entstanden, fotografierte Antonius<br />
seine Serie in einem Zeitraum von<br />
2007–<strong>2013</strong>. Gezeigt wird also das New<br />
York vor und nach dem 11. September,<br />
vor und nach der kollektiven traumatischen<br />
Katastrophe, die das menschliche<br />
Zusammenleben bis heute überschattet.<br />
Anfang der neunziger Jahre galt New<br />
York als Stadt der Extreme: Millionengeschäfte<br />
an der Wall Street einerseits,<br />
beängstigend zunehmende Straßenkriminalität<br />
andererseits. Während ersteres<br />
auch nach der Finanzkrise weiterhin<br />
gilt, wurde die Straßenkriminalität<br />
mittlerweile erfolgreich bekämpft. Dies<br />
bedeutet aber nicht, dass sich die soziale<br />
Situation für die kleinen Leute und<br />
Immigranten entscheidend verbessert<br />
hat.<br />
Der Schwerpunkt liegt bei beiden Fotografen<br />
auf den eher unscheinbaren Situationen<br />
des Alltags. Auf ihren Streifzügen<br />
durch die Straßenschluchten New<br />
Yorks entstanden Fotos mit tiefem Einfühlungsvermögen<br />
für die Belange der<br />
Menschen, eine Entdeckungsreise in die<br />
»Condition humaine«: Menschen-Beobachtungen,<br />
die verdeutlichen, dass die<br />
Straße die Bühne des Lebens ist, auf der<br />
sich Privates ereignet ein »kollektives<br />
Wohnzimmer, in dem ausgeruht, gefeiert,<br />
getratscht, gelitten oder sinniert<br />
wird« (Zitat: Michael Nungesser).<br />
© Antonius, »Scene on Broadway«<br />
© Jörg Rubbert, »Cream cake«<br />
Antonius und Jörg Rubbert präsentieren<br />
zeitlose Bilder, die von einem starken<br />
Interesse für gesellschaftliche Themen<br />
zeugen und eine bisweilen desillusionierte,<br />
kritische Sicht auf die Stadt als<br />
gesellschaftlichen Pulsmesser gewähren.<br />
Die beiden Fotografen interpretieren<br />
das Thema dabei auf ihre eigene Art:<br />
Während die monochromierten Bilder<br />
von Antonius Teil einer Kompilation<br />
aus »stills, moving images and sounds«<br />
sind, die als Gesamtkunstwerk präsentiert<br />
werden, sind die Bilder Rubbert‘s<br />
dem Genre der klassischen Street Photography<br />
zuzurechnen.<br />
Vernissage<br />
7. Juni <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
© Jörg Rubbert, »Chinese street vendor«<br />
8. Juni bis 7. Juli <strong>2013</strong><br />
aff Galerie<br />
Kochhannstraße 14<br />
10249 Berlin-Friedrichshain<br />
Sa + So 14 – 17 Uhr<br />
www.aff-galerie.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
19
Galerien<br />
David Favrod<br />
Michel Le Belhomme<br />
»There are more<br />
things«<br />
©David Favrod, (Original in Farbe)<br />
© Michel Le Belhomme<br />
»There are more things« ist der Titel einer<br />
Kurzgeschichte von Borges und der<br />
gemeinsamen Ausstellung der beiden<br />
Künstler David Favrod (»Omoide Poroporo»)<br />
und Michel Le Belhomme (»La<br />
Bête Aveugle«).<br />
David Favrod, Sohn japanischer und<br />
Schweizer Eltern, forscht in seinen Bildern<br />
nach seiner Herkunft, seiner Identität<br />
und seinen Wurzeln in den beiden<br />
Kulturen.<br />
Michel Le Belhomme gestaltet, was er<br />
»Umgebungen« nennt. Es sind Konstruktionen<br />
von kleinerem Format bis hin zu<br />
menschlichen Proportionen. Alle Fotografien<br />
sind in seinem Haus aufgenommen,<br />
entweder drinnen oder draußen.<br />
Dabei setzt er sich mit den Gefühlen des<br />
Gefangenseins und der Entfremdung im<br />
alltäglichen Raum aus.<br />
In die Novelle von Borges fasziniert und<br />
erschreckt ein rotes Haus. Das Eindringen<br />
in das Haus wird als ein monströser<br />
Traum beschrieben, wo der Mensch<br />
zwischen dem Fantastischen und dem<br />
Unwirklichen taumelt. J. L. Borges vermischt<br />
Erinnerungen und Details des<br />
Alltags, er entfernt sich von der Erzählung<br />
durch Assoziationen und hinterlässt<br />
ein Ende, das unvollendet und verstörend<br />
erscheinen mag. Der Sinn der<br />
Geschichte drängt sich beim ersten Mal<br />
nicht eindeutig auf, das erneute Lesen<br />
kann in andere Richtungen weisen.<br />
Wie bei Jorge Luis Borges experimentieren<br />
Michel Le Belhomme und David<br />
Favrod mit Maßstäben und deren Darstellung,<br />
um sich das Gewöhnliche und<br />
den Alltag durch ein bisweilen verwirrendes,<br />
immer poetisches, manchmal<br />
absurdes oder ironisches Spiel zurückzuerobern.<br />
Beide Künstler vermischen<br />
Details des täglichen Lebens mit Elementen<br />
der Natur. Die Pflanzen wuchern im<br />
Überfluss und wirken in Le Belhommes<br />
Bildern bedrohlich. Bei Favrod ist die<br />
Vegetation ein Verweis auf die japanische<br />
Bildsprache und Symbolik. Le Belhomme<br />
verbrennt die Fotografie eines<br />
Kinderzimmers, Favrod zeigt ein seltsames<br />
urbanes Feuer via google earth. Man<br />
kann etwas Helles in einem verrauchten<br />
Zimmer erraten, wie eine Hülle aus<br />
Licht auf einem Bett. In ihren Bildern<br />
verschmelzen sich sowohl persönliche,<br />
als auch gemeinsame und offene Metaphern,<br />
rufen einen anderen Sinn hervor<br />
und stören gewonnene Gewissheiten.<br />
»Wenn wir eine echte Vision des Universums<br />
hätten, könnten wir es verstehen?«<br />
Jorge Luis Borges (freie Übersetzung).<br />
Favrod: »How much does it concretely<br />
relate to reality or not?« Michel<br />
LeBelhomme zitiert Alain Robbe – Grillet:<br />
»(...) wir haben einmal zu viel den<br />
Schock dieser starrköpfige Realität empfunden,<br />
von der wir vorgeben, dass wir<br />
sie besiegt hätten (...)« (freie Übersetzung).<br />
Wie viel ist Traum, wie viel ist Fiktion?<br />
Die Fotografie bildet eine Schwelle<br />
zwischen mehreren möglichen Realitäten.<br />
Die Hängung der Ausstellung als<br />
Mosaik basiert auf diesem mehrschichtigen<br />
Dialog der Werke und der Künstler<br />
untereinander.<br />
©David Favrod, (Original in Farbe)<br />
Die Besessenheit ist ein wiederkehrendes<br />
Thema in den Geschichten von<br />
Borges. Der Mann ist von dem Haus fasziniert,<br />
er dringt ein, obwohl er weiß,<br />
er könnte sich darin verlieren. In der<br />
Geschichte »The Book of Sand« ist ein<br />
Mann von einem Buch so fasziniert, dass<br />
er sich nicht mehr davon trennen und<br />
nicht mehr schlafen kann. Er überlegt,<br />
es zu verbrennen und beschließt, es an<br />
einem Ort zu lassen, wo er nicht mehr<br />
hingeht. »La Bête Aveugle« besteht aus<br />
über zweihundert Bildern. David Favrod<br />
betitelt mehrere Serien mit einem japanischen<br />
Begriff so wie verschiedene Kapitel<br />
einer Geschichte. Ihre Recherchen<br />
wirken wie eine unerfüllte und obsessive<br />
Notwendigkeit, bei der es weder<br />
eine Antwort noch ein Ende gibt. Es ist<br />
eine nie endende Suche, ein vergeblicher<br />
Befreiungsversuch.<br />
Beide Künstler stellen regelmäßig in<br />
verschiedenen Ländern aus. Ihre Arbeiten<br />
sind bereits mehrfach ausgezeichnet<br />
worden. David Favrod gewann u.a.<br />
2010 den Aperture Portfolio Prize und<br />
den Swiss Design Award. Michel Le<br />
Belhomme hat u.a. den Preis der Kritik<br />
Voies Off 2010 und vor kurzem den<br />
Sonderpreis beim Archifoto »International<br />
Award of Architectural Photography«<br />
bekommen. Beide Fotografen<br />
waren im Juni 2012 Gäste der Projektion<br />
»The Flood Wall«.<br />
Claire Laude<br />
bis 5. Mai <strong>2013</strong><br />
exp12 / exposure twelve<br />
Greifswalderstraße 217<br />
10405 Berlin-Prenzlauer Berg<br />
Sa – So 14 – 20 Uhr<br />
www.exp12.com<br />
20 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Tobias Zielony<br />
»Fotografien<br />
2008–2012«<br />
Tobias Zielony ist einer der wichtigsten<br />
deutschen Fotografen der jüngeren<br />
Generation. Seine Bilder über Jugendliche<br />
aus den unterschiedlichsten Teilen<br />
der Welt thematisieren den schwierigen<br />
Prozess der Sinnfindung in einer entfremdeten<br />
und immer mehr global agierenden<br />
Welt. Mit seiner Arbeitsweise,<br />
die er als »beiläufige Form des Sozialen«<br />
beschreibt, knüpft er an eine dokumentarische<br />
Tradition der Fotografie an,<br />
die sich einer geeigneten Ästhetik für<br />
die genaue Darstellung sozialer Realität<br />
verpflichtet fühlt.<br />
13 Ball, aus der Serie: Trona-Armpit of America,<br />
2008, C-Print, 84 x 56 cm, Courtesy Tobias<br />
Zielony und KOW, Berlin, (Original in Farbe)<br />
Two Cigarettes, aus der Serie: Trona-Armpit of<br />
America, 2008, C-Print, 84 x 56 cm, Courtesy<br />
Tobias Zielony und KOW, Berlin, (Original in<br />
Farbe)<br />
Dirt Field, aus der Serie: Trona-Armpit of<br />
America, 2008, C-Print, 56 x 84 cm,<br />
Courtesy Tobias Zielony und KOW, Berlin,<br />
(Original in Farbe)<br />
Die Ausstellung in der Berlinischen<br />
Galerie wird die erste große Einzelpräsentation<br />
von Tobias Zielony in Berlin<br />
sein. Im Mittelpunkt steht sein aktuelles<br />
Projekt über Berlin. Daneben zeigen wir<br />
seine wohl bekannteste Arbeit: »Trona«,<br />
die 2008 unweit von Los Angeles in<br />
einem kleinen Ort am Rande der Wüste<br />
entstand.<br />
Ausstellung mit freundlicher Unterstützung<br />
des Hauptstadtkulturfonds Berlin.<br />
Jeff and Amanda, aus der Serie: Trona-Armpit of America, 2008, C-Print, 56 x 84 cm, Courtesy<br />
Tobias Zielony und KOW, Berlin, (Original in Farbe)<br />
21. Juni bis 30. September <strong>2013</strong><br />
Vernissage<br />
20. Juni <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
Berlinische Galerie<br />
Landesmuseum für Moderne Kunst -<br />
Fotografie und Architektur<br />
Alte Jakobstraße 124-128<br />
10969 Berlin-Kreuzberg<br />
Mi – Mo<br />
10 – 18 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
21
Galerien<br />
Jan Sobottka<br />
Matthias Harder befragte<br />
den Künstler des Webportals<br />
CATONBED.DE<br />
nach seiner Arbeitsweise.<br />
Nach einer ersten Präsentation (Studio<br />
Poll, 2006) und einer Ausstellung im<br />
Künstlerbund (2008) zeigt der Berliner<br />
Fotograf Jan Sobottka nach einer langen<br />
Phase intensiven Arbeitens nun erstmals<br />
wieder Ergebnisse seiner Fotodokumentation<br />
aus der Berliner Kunstszene.<br />
Sein Langzeitprojekt www.catonbed.de<br />
ist seit 2004 im Netz und inzwischen auf<br />
30.000 Bilder angewachsen; fast täglich<br />
wird es aktualisiert. Es dokumentiert so<br />
zeitgleich wichtige Ereignisse und Protagonisten<br />
in der Berliner Kunstwelt.<br />
Die Qualität der ausgestellten Kunst<br />
oder deren momentaner Medienpräsenz<br />
ist dabei nicht immer ausschlaggebend,<br />
ob Jan Sobottka eine Veranstaltung<br />
oder Eröffnung besuchen wird:<br />
Neben Projekten eines Jonathan Meese<br />
finden sich auch Besuche bei den Kunststudenten<br />
der UdK, Fotos von Galeriebesuchern<br />
sowie Portraits der unzähligen<br />
Kunstschaffenden, die derzeit die<br />
Kunstszene in Berlin so bereichern.<br />
Dr. Matthias Harder führte ein Gespräch<br />
mit dem Fotografen, das wir hier<br />
auszugsweise vorstellen.<br />
© Jan Sobottka, Der Historiker und Förderer von Christos Reichtagsverhüllung Michael Cullen am<br />
Savignyplatz, 2011<br />
Matthias Harder: Jan, du arbeitest mit<br />
einer kleinen handlichen Kamera, häufig<br />
im Kontext von Pressekonferenzen und<br />
an Vernissage-Abenden. Warum wählst<br />
du dieses Arbeitsgerät?<br />
Die kleine Kamera nimmt den Menschen<br />
die Angst, sie nehmen mich als<br />
Fotografen kaum wahr. Bei Eröffnungen<br />
fotografiere ich ja auch hauptsächlich<br />
die Besucher vor den Arbeiten, also<br />
den Galeriengänger (wenn es so etwas<br />
gibt).. und der ist bisweilen schüchtern...<br />
Durch die jetzigen Telefone mit Fotofunktion<br />
ist meine Arbeit allerdings einfacher<br />
geworden, weil da fast jeder fotografiert:<br />
Da falle ich kaum auf.<br />
Matthias Harder: Bestellst du denn ab<br />
und zu auch einen Künstler an einen<br />
ganz bestimmten Ort? Wenn ja, wohin<br />
genau?<br />
© Jan Sobottka, Veruschka bei einer Eröffnung<br />
in der Tucholskystraße, 2009<br />
Ja, einmal habe ich das mit dem Maler<br />
Rainer Fetting gemacht (Lounge auf der<br />
Berlinale 2008), die hellen Kunstledersitze<br />
und das Tageslicht waren günstig<br />
in einem Festival Monat wie Februar<br />
in Berlin. Allerdings (er)kannte ihn<br />
niemand und er kam kaum durch den<br />
Sicherheitsbereich. Ansonsten gehe ich<br />
eigentlich immer dahin, wo der Künstler<br />
und die Künstlerin arbeitet: ins Atelier.<br />
Matthias Harder: Entfaltet deiner<br />
Ansicht nach der Portraitierte erst an<br />
bestimmten Orten seine Persönlichkeit,<br />
konkret im Atelier? Oder sind dir<br />
die Aufnahmeorte eigentlich gar nicht<br />
wichtig?<br />
© Jan Sobottka, Lachende (Kitty Wild). 2012<br />
Was ist Persönlichkeit, was heißt entfalten...?<br />
Wohlfühlen und Aggression<br />
können beide zu starken Ergebnissen<br />
führen. Ich habe kaum bestimmte Vorstellungen,<br />
wenn ich anfange, da ich in<br />
der Regel nicht weiß, was mich erwartet.<br />
Früher habe ich eingegriffen, wenn<br />
jemand am Anfang zu sehr gepost hat,<br />
heute lasse ich ihn durch diesen Prozeß<br />
hindurchgehen, ohne ihm anzudeuten,<br />
dass mich das nicht interessiert.<br />
Das funktioniert viel besser, weil er es<br />
braucht - Zurechtweisungen will keiner<br />
hören...<br />
Allerdings gebe ich auch bei Ausstellungseröffnungen<br />
direkte Hinweise: Ich<br />
würde Sie gern vor der oder der Arbeit<br />
portraitieren.<br />
22 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
© Jan Sobottka, Der Nobelpreisträger Imre Kertész in der Akademie der Künste, 2012<br />
sich nicht: Sie sind Konkurrenten. Ich<br />
lächle dann und mache dem anderen<br />
damit eine Freude ...<br />
2004, als ich anfing in Galerien zu fotografieren,<br />
war ich jedoch fast allein.<br />
Dann kam der Hype, die Kunstrundgänge,<br />
die schick wurden. Oft ein bizarres<br />
Volk, das sich mit den Kunstwerken<br />
im Hintergrund schmückte.<br />
Apropos: Die wenigsten verstehen, was<br />
da an der Wand passiert; Künstler, die<br />
etwas die Hälfte einer normalen Eröffnung<br />
ausmachen, haben auch ihr Vorlieben,<br />
kommen aber wenigstens vom<br />
Fach, vom Machen selbst. Die anderen<br />
sehen die Kunst als Bereicherung,<br />
können aber oft Blendwerk nicht von<br />
Substanz trennen. Aber wer kann das<br />
schon: Wir leben alle in unserer kleinen<br />
Welt.<br />
Aber ohne Übertreibung: Ich gehöre<br />
wahrscheinlich zu den Menschen, die<br />
am meisten Kunstausstellungen in Berlin<br />
mitbekommen. Ich sage bewusst: nicht<br />
sehen. Denn wenn ich einen Ausstellungsort<br />
aufsuche, nehme ich gleichzeitig<br />
folgendes wahr: Reflektiert der<br />
Boden genug (dunkel), sind die Besucher<br />
interessant angezogen (zu eintönig),<br />
fällt jemand auf und warum, gibt es<br />
interessante Gruppenbildungen …<br />
Man kann bei einer Eröffnung sehr<br />
einsam sein, wenn man nicht zur Insider-Group<br />
gehört. Die kümmert sich<br />
meistens nur um sich selbst.<br />
© Jan Sobottka, Die Fotografin Julija Goyd,<br />
2009<br />
© Jan Sobottka, Ausstellungsbesucher in einer<br />
Galerie in Mitte, 2010<br />
Wenn die Leute fragen, wofür und<br />
warum, nenne ich ihnen den wahren<br />
Grund: die Arbeit an der Webdokumentation<br />
www.CATONBED.de.<br />
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass<br />
jeder einen Grund braucht, wie banal<br />
der auch ist. Ich spreche die Menschen<br />
immer zuvor an. Da ich keine langen<br />
Brennweiten verwende, muss ich einfach<br />
näher herangehen. Diese Nähe<br />
wird auch oft als positive Wahrnehmung<br />
des Einzelnen in der Masse wahrgenommen.<br />
Indem ich den Portraitierten die ersten<br />
Ergebnisse zeige, versuche ich dann ein<br />
konstruktives Miteinander aufzubauen.<br />
Ein einfacher Trick: Ich sage dann: Schau<br />
mal, wenn du den Arm da ein wenig veränderst,<br />
wirkt das für die gesamte Komposition<br />
besser. Es sind ja oft Menschen,<br />
die im Visuellen zu Hause sind. Das gilt<br />
besonders für Künstler.<br />
Im weiteren Verlauf versuche ich dann<br />
in Serie zu arbeiten und unterbreche<br />
kaum noch... Im Idealfall gerät man in<br />
einen gemeinsamen Arbeitsprozess ...<br />
und vergisst die Zeit...<br />
Matthias Harder: Viele Menschen, die<br />
du portraitierst, haben ja selbst Kameras<br />
dabei. Gelegentlich schießen sie<br />
doch sicherlich mal zurück. Wie fühlt<br />
sich das an?<br />
Zurückfotografieren finde ich nicht sonderlich<br />
originell. Aber das hat etwas mit<br />
Verteidigung des Terrains zu tun: Mehrere<br />
Fotografen auf einem Fleck lieben<br />
(Alle Abbildungen im Original in Farbe)<br />
Eröffnung:<br />
Freitag, 3. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
Zur Ausstellung erscheint der Katalog:<br />
Jan Sobottka: »Berlin Art Scene«<br />
Texte von Matthias Harder<br />
und Dietger Pforte<br />
Verlag Seltmann+Söhne, <strong>2013</strong><br />
4. Mai bis 8. Juni <strong>2013</strong><br />
Carpentier Galerie<br />
Meinekestraße 13<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Sa 14 – 18 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
www.carpentier-galerie.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
23
Galerien<br />
Rudolf Holtappel<br />
»Ein Leben als<br />
Zeitzeuge«<br />
Fotografien<br />
1956 – 1990<br />
Anlässlich des 90. Geburtstages von<br />
Rudolf Holtappel zeigt der Freundeskreis<br />
Willy-Brandt-Haus in Berlin eine<br />
Übersicht über das Werk des Fotografen.<br />
Holtappel wurde 1923 in Münster geboren,<br />
wuchs in Duisburg auf und lebt seit<br />
1960 in Oberhausen. Auch wenn er in<br />
seiner Berufstätigkeit als freier Bildjournalist<br />
weltweit in den verschiedensten<br />
Aufgabengebieten tätig war, blieb er<br />
dem Ruhrgebiet immer in besonderer<br />
Weise verbunden, als fotografierend<br />
teilnehmender Beobachter und liebevoll-kritischer<br />
Chronist.<br />
In seinen Fotografien sind Zechentürme,<br />
qualmende Kokereien und imposante<br />
Stahlwerke ebenso gegenwärtig wie<br />
Arbeitersiedlungen, Schrebergärten<br />
oder lange Leinen mit frischer Wäsche,<br />
und doch findet Holtappel immer ein<br />
überraschendes Detail, eine eigenwillige<br />
Handlung oder einen ungewohnten<br />
Blickwinkel, wodurch jede seiner Fotografien<br />
zu einem Dokument individuell<br />
gestalteten Lebens wird. Die Sorgfalt,<br />
die Holtappel auch den abseitigen,<br />
kritikwürdigen oder ärmlichen Motiven<br />
widmet, geht einher mit einem selbstverständlich<br />
verinnerlichten Respekt<br />
für die Menschen, die diese Region so<br />
besonders machen. Das Land und die<br />
Leute, untrennbar aufeinander bezogen<br />
und stets in Bewegung, davon handeln<br />
die meisten seiner Fotografien.<br />
Erzählerische Zusammenhänge und<br />
ihre Zuspitzung in ausdrucksstarken<br />
Momenten kommen auch bei seinen<br />
Langzeitprojekten von Menschen in der<br />
Arbeitswelt und Menschen im Warenhaus<br />
vor. Letztere Werkgruppe entstand<br />
über Jahrzehnte in ganz Deutschland,<br />
von der Phase rasant wachsenden Wohlstands<br />
in den 1960er Jahren bis zum<br />
Ende der großen Konsumtempel seit den<br />
1990ern. Holtappel erfasst in seinen Bildern<br />
alle Facetten des Erlebens und alle<br />
© Rudolf Holtappel, Qual der Wahl, 1964<br />
© Rudolf Holtappel, Luftschacht Zeche Hugo<br />
Gelsenkirchen-Buer, 1959-60<br />
mehr oder weniger beherrschten Emotionen,<br />
denn er versteht das Warenhaus<br />
als eine einzigartige Bühne, auf der<br />
sich exemplarisch die kleinen und die<br />
großen Dramen des Alltags ereignen.<br />
Der offene und neugierige Blick auf den<br />
Alltag, auf das Besondere im nur scheinbar<br />
immer Gleichen, eint die verschiedenen<br />
Bereiche in Holtappels Werk.<br />
Ob im Stahlwerk oder im Supermarkt,<br />
auf dem Sportplatz oder im Straßenverkehr,<br />
bei der Arbeit oder in der Kneipe,<br />
auf der Demo oder im Schrebergarten,<br />
stets stehen die Menschen im Mittelpunkt<br />
seiner Bilder. Und dass ihr Alltag<br />
nichts anderes ist als das Leben selbst,<br />
genau das machen Holtappels Fotografien<br />
immer wieder bewusst.<br />
© Rudolf Holtappel, Oberhausen,<br />
Markstraße, 1973<br />
Vernissage<br />
9. April <strong>2013</strong>, um 19.30 Uhr<br />
Der Fotograf Rudolf Holtappel ist<br />
anwesend.<br />
10. April bis 24. April <strong>2013</strong><br />
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />
Willy-Brandt-Haus<br />
Stresemannstraße 28<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – So 12 – 18 Uhr<br />
Ausweis erforderlich<br />
24 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Ulrich Mack:<br />
Kennedy in Berlin.<br />
Die Deutschlandreise<br />
1963.<br />
»Ich bin ein Berliner« – mit diesen<br />
Worten hat John F. Kennedy Geschichte<br />
geschrieben. Kein Satz des jungen charismatischen<br />
Präsidenten ist mehr gefeiert,<br />
heftiger umjubelt, häufiger zitiert<br />
worden als dieser. Im Juni 1963 war Kennedy<br />
in die Bundesrepublik gekommen.<br />
Köln, Bonn, Wiesbaden und Frankfurt<br />
standen auf dem Programm einer Reise,<br />
die vor allem mit ihrem Abstecher nach<br />
Berlin zum Triumphzug werden sollte.<br />
Seit dem Mauerbau 1961 hatten die<br />
Berliner auf ein Zeichen der Solidarität<br />
gewartet. Nun war es da: In Gestalt des<br />
mächtigsten Mannes der Welt, dessen<br />
Anwesenheit in der »Frontstadt« nicht<br />
weniger als zwei Millionen Menschen<br />
auf die Straße brachte: jubelnd, winkend,<br />
Fähnchen schwingend. Der Kennedy-<br />
Besuch markiert den Höhepunkt der<br />
Amerika-Begeisterung in Westdeutschland.<br />
Er war ein politisches, aber auch<br />
ein mediales Großereignis, das unter<br />
anderem der 28-jährige Ulrich Mack für<br />
die deutsche Illustrierte »Quick« begleitet<br />
hat. Was Macks Schwarzweiß-Reportage<br />
auszeichnet, sind handwerkliche<br />
Exzellenz, ein Gefühl für entscheidende<br />
Augenblicke, für große Gesten, aber<br />
auch ein sensibler Blick auf das Treiben<br />
am Rande, das mehr noch als die wohl<br />
inszenierten Auftritte der Politiker – Kennedy,<br />
Adenauer, Brandt – die emotionale<br />
Seite des Besuches spiegelt. Wahlweise<br />
wahrt Mack den Überblick oder<br />
ist unmittelbar dabei, wenn die Berliner<br />
den Präsidenten umkreisen, bedrängen,<br />
mit Blumen überhäufen. Kein Fotograf,<br />
soviel steht fest, hat den Staatsbesuch<br />
so lückenlos, so einfühlsam, so engagiert<br />
dokumentiert wie Ulrich Mack.<br />
Fünf Jahrzehnte lagerten seine Bilder<br />
bzw. Negative weitgehend unbeachtet<br />
im Archiv. Nun haben Gisela Kayser<br />
(Berlin) und Hans-Michael Koetzle<br />
(Hamburg) in Zusammenarbeit mit dem<br />
in Hamburg lebenden Fotografen eine<br />
© Ulrich Mack, John F. Kennedy, Berlin 1963<br />
© Ulrich Mack, John F. Kennedy,<br />
Berlin 1963<br />
Auswahl getroffen, die als Ausstellung<br />
im Willy-Brandt-Haus (Berlin) im Mai<br />
<strong>2013</strong> Weltpremiere feiert: ein bedeutendes<br />
Stück Zeit-, Fotografie- und Mediengeschichte.<br />
Begleitend zur Ausstellung erscheint im<br />
Schirmer Verlag (München) ein Fotoband.<br />
Ulrich Mack, 1934 geboren, war Bildreporter<br />
für Quick und Stern, bevor er 1975<br />
als Professor für Visuelle Kommunikation<br />
an der FH Dortmund in die Lehre<br />
wechselte. Mack hat mehrere Bücher<br />
publiziert (darunter eine vergleichende<br />
Studie »Pellworm / Harkers Island«) und<br />
wiederholt Preise und Ehrungen für sein<br />
Lebenswerk erhalten.<br />
© Ulrich Mack, John F. Kennedy,<br />
Berlin 1963<br />
Vernissage<br />
30. April <strong>2013</strong>, um 18.30 Uhr<br />
Der Fotograf Ulrich Mack ist<br />
anwesend.<br />
2. Mai bis 6. Juni <strong>2013</strong><br />
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />
Willy-Brandt-Haus<br />
Stresemannstraße 28<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
Di – So 12 – 18 Uhr<br />
Ausweis erforderlich<br />
28. Mai <strong>2013</strong> geschlossen!<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
25
Galerien<br />
Heinrich<br />
Heidersberger<br />
»Kleid aus Licht«<br />
Nackt ist nicht gleich nackt. Das wird<br />
spätestens bei den Aufnahmen des Fotografen<br />
Heinrich Heidersberger (1906-<br />
2006) sichtbar. Der deutsche Nachkriegsfotograf<br />
ist heute hauptsächlich<br />
für seine Architekturfotografie berühmt<br />
– herausragende Aufnahmen von deutschen<br />
Nachkriegsbauten. Ursprünglich<br />
mit dem Ziel, Maler zu werden, studierte<br />
er Ende der Zwanziger Jahre in<br />
Paris bei Fernand Léger an der Académie<br />
Moderne, verfiel jedoch bald dem<br />
Reiz und den technischen Möglichkeiten<br />
der Kamera. Den wenigstens ist<br />
dabei bekannt, dass zum Oeuvre des<br />
Künstlers auch die Aktfotografie-Serie<br />
»Kleid aus Licht« (1949) gehört. Nun<br />
zeigt die Berliner Galerie Petra Rietz<br />
Salon erstmals Bilder aus der Reihe der<br />
experimentellen Aufnahmen.<br />
Heidersbergers Aktaufnahmen sorgten<br />
damals für Aufsehen, Empörung und<br />
Fehlinterpreationen, wurden doch fünf<br />
Bilder aus der Serie 1949 im »Stern«<br />
veröffentlicht. Im Beitext zu den Abbildungen<br />
bemüht sich ein Redakteur, witzelnd<br />
die Klippen der Nachkriegsprüderie<br />
zu umschiffen und Heidersbergers<br />
Bilder als eine Art »des Kaisers<br />
neue Kleider« zu verkaufen, als geldsparende<br />
Methode für arme Nachkriegsfrauen.<br />
Mit selbst gebastelten Loch- und<br />
Lamellenmasken, die der Künstler vor<br />
eine leuchtstarke Lichtquelle montierte,<br />
überblendete er die nackten Körper<br />
seiner Modelle mit grafischen Mustern<br />
– immateriellen Kleider, gewebt<br />
aus Licht. Durch die weichen Rundungen<br />
des weiblichen Körpers wird die<br />
regelmäßige Geometrie der Schablonen<br />
verzerrt und beginnt ein Eigenleben<br />
zu führen. Sie folgt dem Volumen<br />
des Körpers und zeichnet Strukturen auf<br />
die Haut, die entfernt an Tätowierungen<br />
erinnern. Doch dem deutschen Fotografen<br />
geht es weder um erotische Aufnahmen<br />
noch um das Zurschaustellen des<br />
nackten Körpers unter auflagensteigernden<br />
Vorwänden. Ihn beschäftigt in erster<br />
© Heinrich Heidersberger<br />
Linie das Phänomen Licht, dem er auf<br />
die Spur kommen will. Später wird ihn<br />
dann immer mehr die Idee faszinieren,<br />
das Licht selbst zum Objekt werden zu<br />
lassen, Mitte der Fünfzigerjahre entwickelte<br />
er seinen so genannten Rhythmographen,<br />
mit dessen Hilfe Lichtspuren<br />
direkt auf Fotomaterial aufgezeichnet<br />
werden konnten.<br />
Die Schatten-Lineamente auf den nackten<br />
Körpern sind nur die äußeren Merkmale,<br />
an Hand derer er die optischen<br />
Gesetze erforscht. Der Blick auf zwar<br />
lebendige, aber in Posen erstarrte Frauen<br />
ist demnach ein Zeichen für die Begeisterung<br />
des Fotografen an dinghaftem Da-<br />
Sein und der Faszination am Experimentieren.<br />
Es ist eine künstlerische Problematik,<br />
Formen- und Linienfragen, die<br />
den Künstler beschäftigten, nicht die<br />
Nacktheit an sich. Der nackte Körper<br />
ist nur Material, um die Licht- und Schattenformationen<br />
optimal zur Geltung zu<br />
bringen, er ist gleichsam die weiße Leinwand,<br />
die durch ihre körpereigenen<br />
Rundungen und Kurven dem Ganzen<br />
26 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
© Heinrich Heidersberger: aus der Serie „»Kleid aus Licht«, 1949,<br />
veröffentlicht im Magazin »Stern« #45, 1949<br />
© Heinrich Heidersberger<br />
eine neue Dynamik geben. Heidersbergers<br />
Nacktheit hat nichts mit Sexualität<br />
oder Erotik zu tun, sie dient der Klarheit<br />
der Form und des Ausdrucks. So<br />
gilt der menschliche Körper bei Heidersberger<br />
als Grundmittel für die geometrischen<br />
Linien und Schwingungen,<br />
die durch ihrer Symmetrie und Regelmäßigkeit<br />
an die modernen und kühl<br />
ästhetischen Bauelemente seiner Architekturfotografien<br />
erinnern.<br />
Dabei tritt die Individualität der dargestellten<br />
Frauen zugunsten der Erforschung<br />
des Effektes von Licht und Schatten<br />
auf Körpern zurück. Es fällt auf,<br />
dass keines der Modelle den Betrachter<br />
anblickt. Mehr noch, bei einer der<br />
bekanntesten Fotografie aus der Serie<br />
der 60 Bilder, ist die abgebildete Frau<br />
sowohl an Kopf und Füßen vom Bildrand<br />
beschnitten, ihr erotisches Potential<br />
– die Blickachse zwischen dem<br />
Objekt der Begierde und dem Rezipienten<br />
– wurde ihr zu Gunsten einer Körperprojektionsfläche<br />
genommen.<br />
Besonders an den Bildern ist dabei die<br />
Tatsache, dass bei jeder Betrachtung<br />
einer »Kleid aus Licht«- Fotografie eine<br />
Wende in der Rezeption eintritt, eine<br />
Art Kipp- Wahrnehmung zwischen Figurativem<br />
und Figürlichem. Das Figürliche<br />
ist die Darstellung der Frau als nackter<br />
Körper, der auch auf erotische Art<br />
gesehen werden kann, das Figurative<br />
die Schattenexperimente auf den Leibern.<br />
So sind »der Frauen neue Kleider«<br />
ähnlich wie »des Kaisers neue Kleider«<br />
für die einen sichtbar, sprich bedeutender<br />
als die nackte Haut darunter und<br />
für die anderen unsichtbar. Für erstere<br />
Art der Rezipienten stehen die Schattenexperimente<br />
im Vordergrund, das Interesse<br />
an fotografischen Strukturen verbindet<br />
sie mit der Intention des Fotografen,<br />
wertet sie gleichermaßen auf und<br />
lässt den Akt in den Hintergrund treten.<br />
© Heinrich Heidersberger<br />
Die zweite Gruppe sieht – ähnlich wie<br />
in Hans Christian Andersens Märchen<br />
– die Kleider nicht, sie sehen nur das<br />
Nackte darunter, das Erotische in den<br />
Abbildern. Für sie sind Heinrich Heidersbergers<br />
Frauenbilder in erster Linie<br />
erotische Frauenaktabbildungen.<br />
Das Schöne an der »Kleid aus Licht«-<br />
Serie ist jedoch, dass es nicht darauf<br />
ankommt, welcher Art von Betrachtergruppe<br />
man angehört, ob mit oder ohne<br />
experimentellen Fotografie-Diskurs im<br />
Hinterkopf; Heidersbergers Aktbilder<br />
überzeugen auch als reine Akte von<br />
hohem, feinsinnigen und künstlerisch<br />
ästhetischem Wert.<br />
Felicitas Rhan<br />
Vernissage<br />
25. April <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr<br />
26. April bis 20. Juli <strong>2013</strong><br />
Petra Rietz Salon Galerie<br />
Koppenplatz 11a<br />
10115 Berlin-Mitte<br />
Mi – Sa 14 – 18.30 Uhr<br />
pr@petrarietz.com<br />
www.petrarietz.com<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
27
Galerien<br />
Schauplatz:<br />
Inszenierte Fotografie<br />
Wolf Abraham, Roland Bauer, Marion<br />
Elias, Peter Fischer-Piel, Sabine Gruhn,<br />
Sannah Jager, Türkan Kentel, Lena<br />
Kilkka, Dajana Lothert, Anja Renoth,<br />
Nadja Rentzsch, Mario Witt, Anna<br />
Wöltjen<br />
Wie verhalten sich Fotografie und © Nadja Rentzsch<br />
Wirklichkeit zueinander? Eine gängige<br />
Annahme verleitet dazu, Fotos lediglich<br />
© Wolf Abraham<br />
als Abbilder der Wirklichkeit zu begreifen.<br />
Der Begriff »Inszenierte Fotografie« hat<br />
sich als Bezeichnung für all jene Formen<br />
der Fotografie etabliert, die eigene konzeptuelle<br />
Ansätze verfolgen und eine<br />
individuelle Erzählstruktur entwickeln,<br />
die unabhängig von Abbildungstreue<br />
oder Realitätswiedergabe angesiedelt<br />
ist. Die Idee steht im Vordergrund und © Türkan Kentel (O.i.F.)<br />
nicht die handwerklich-dokumentarische<br />
Umsetzung eines vorgefundenen<br />
Motivs. Als zentrale Begriffe der »Inszenierten<br />
Fotografie« gelten Kunst und<br />
Allegorie, Erfindung und Konstruktion,<br />
und die Selbstdarstellung in einem auch<br />
psychologisch gemeinten Sinn.<br />
Die Ausstellung »SCHAUPLATZ« zeigt<br />
daher ausschließlich fotografische Konzepte,<br />
die jenseits des Dokumentarischen<br />
angesiedelt sind. Inspirierende<br />
Beispiele liefern hierzu Meister der Inszenierung<br />
wie Duane Michals, Cindy<br />
© Mario Witt (O.i.F.)<br />
Shermann, Jeff Wall, Gregory Crewdson<br />
oder Erwin Olaf. Außerdem lassen sich<br />
Parallelen zur zeitgenössischen Werbefotografie<br />
erkennen, die sich in vielen<br />
Fällen von künstlerischen Werken nicht<br />
mehr unterscheiden läßt.<br />
Ein begleitender Katalog mit den Arbeiten<br />
des Projektes »SCHAUPLATZ«<br />
erscheint im zimmerverlagberlin.<br />
Peter Fischer-Piel © Marion Elias (O.i.F.)<br />
27. April bis 5. Mai <strong>2013</strong><br />
Auftritt der Haeckeltheatergruppe<br />
am Dienstag, 30. April <strong>2013</strong>,<br />
19 Uhr<br />
Künstlergespräch mit Führung<br />
am Donnerstag, 2. Mai <strong>2013</strong>,<br />
19 Uhr<br />
Vernissage<br />
26. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
Finissage<br />
5. Mai <strong>2013</strong><br />
16 Uhr mit Tanzperformance<br />
Kunstquartier Bethanien<br />
Studio 1<br />
Mariannenplatz 2<br />
10997 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo – So 14 – 20 Uhr<br />
( 1. Mai <strong>2013</strong> geschlossen)<br />
www.schauplatz24.info<br />
28 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Arnd Weider<br />
»Fotografie«<br />
Arnd Weider, Preisträger des Fotoarbeitsstipendiums<br />
Tempelhof-Schöneberg<br />
2010, sucht als Fotograf die »anderen<br />
Orte«, die in besonderer Weise<br />
gesellschaftliche Verhältnisse reflektieren,<br />
repräsentieren, negieren oder auch<br />
umkehren.<br />
Zu sehen sein werden präzise und subtile<br />
fotografische Studien z.B. aus dem<br />
Sportforum in Hohenschönhausen, dem<br />
Flughafengebäude in Berlin-Tempelhof<br />
und dem von den Nationalsozialisten<br />
erbauten sogenannten »Koloss von<br />
Prora« auf Rügen.<br />
© Arnd Weider,<br />
Krematorium, aus der Serie: Das Haus<br />
(Original in Farbe)<br />
Vernissage: 16. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
© Arnd Weider,<br />
Krankenhaus Moabit, aus der Serie: Das Haus<br />
(Original in Farbe)<br />
15. Mai bis 28. Juni <strong>2013</strong><br />
Galerie im Rathaus Tempelhof<br />
Tempelhofer Damm 165<br />
12099 Berlin-Tempelhof<br />
Mo – Fr<br />
9 – 18 Uhr<br />
Maria Jauregui Ponte<br />
»Überstrahlungen«<br />
Maria Jauregui Ponte, Absolventin der<br />
Neuen Schule für Fotografie Berlin,<br />
zeigt ihre abstrakten Fotografien, die in<br />
der Dunkelkammer ohne Einsatz einer<br />
Kamera entstanden sind.<br />
Die Künstlerin reduziert die Fotografie<br />
auf das Wesentliche und malt sozusagen<br />
mit Licht. Die ausgestellten Fotogramme<br />
und Überstrahlungen entfalten<br />
ihre eigene Ästhetik und werfen<br />
die Frage auf, was Fotografie sichtbar<br />
machen kann.<br />
19. April bis 13. Juni <strong>2013</strong><br />
Galerie im Tempelhof Museum<br />
Alt-Mariendorf 43<br />
12107 Berlin-Tempelhof<br />
© Maria Jauregui Ponte © Maria Jauregui Ponte<br />
o.T. / Fotogramm<br />
o.T. / Fotogramm<br />
Schwarzweiß Fotogramm auf Barytpapier Schwarzweiß Fotogramm auf Barytpapier<br />
17,5 x 12,6 cm, 2009, Unikat<br />
30,3x 23,8 cm, 2009, Unikat<br />
Mo + Mi 10 – 16 Uhr<br />
Di + Do 10 – 18 Uhr<br />
Fr<br />
10 – 14 Uhr<br />
So 11 – 15 Uhr<br />
am ersten Mittwoch im Monat<br />
geschlossen<br />
Vernissage<br />
18. April <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
maria.ponte@t-online.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
29
Galerien<br />
Jürgen Bosse<br />
»New York<br />
Experience«<br />
Als Fotograf beschäftigt sich Jürgen<br />
Bosse schon lange mit Zeit, Bewegung<br />
und der Ästhetik des Zufalls. So besucht<br />
er 1996 die Metropole New York - mit<br />
einer Super 8 Kamera und der Idee im<br />
Gepäck, die flüchtigen Momente dieser<br />
Stadt auf Film festzuhalten. Flüchtige<br />
Momente, die in Bruchteilen einer<br />
Sekunde die Schnelligkeit, Hektik und<br />
Vielschichtigkeit wiedergeben. Beim<br />
Betrachten der Filme zeigt sich jedoch,<br />
dass nicht die kurzen Filmsequenzen,<br />
sondern einzelne Bilder genau die<br />
Lebendigkeit wiedergeben, die Jürgen<br />
Bosse in New York gesucht hat.<br />
© Jürgen Bosse, (Original in Farbe)<br />
© Jürgen Bosse, (Original in Farbe)<br />
Die Momentaufnahmen von diesem<br />
Projekt zeigt Jürgen Bosse in ausgesuchten<br />
Bilderrahmen aus recyceltem Holz.<br />
31. Mai bis 13. Juli <strong>2013</strong><br />
Luxad<br />
Mommsenstraße 42<br />
10629 Berlin-Charlottenburg<br />
Mo – Fr<br />
Sa<br />
10 – 19 Uhr<br />
12 – 18 Uhr<br />
www.luxad.de/galerie/<br />
www.jbosse.de<br />
© Jürgen Bosse, (Original in Farbe)<br />
Vernissage<br />
31. Mai <strong>2013</strong> von 19-21 Uhr.<br />
Alle Werke werden ab dem 5. Juni<br />
<strong>2013</strong> auch im Onlineshop verfügbar<br />
sein.<br />
30 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Ingrid Steinmeister<br />
»Bleiben und<br />
Vergehen«<br />
Drei Serien<br />
Die erste Folge von Fotos behandelt die<br />
zeitlich bedingte, kontinuierliche Veränderung<br />
von Gegenständen. Materie<br />
verfällt. Unterschiedliche Formen<br />
und Bilder entstehen. Manchmal wird<br />
der Prozess durch menschliches Zutun<br />
beeinflusst. Die Verwandlung bekommt<br />
eine andere Richtung, neue Gebilde<br />
entstehen, Gefühle kommen immer<br />
wieder auf.<br />
© Ingrid Steinmeister<br />
In einer zweiten Serie hat sich Ingrid<br />
Steinmeister mit dem Abriss des Palastes<br />
der Republik befasst. Hier geht es nicht<br />
um ein Vergehen im Sinne eines langsamen,<br />
natürlichen Verfalls. Ursächlich<br />
ist allein ein aktives, menschliches Eingreifen,<br />
das zur Zerstörung führt. Die<br />
Zwischenphase, in der die mächtige<br />
Konstruktion offen gelegt war, interessierte<br />
die Fotografin: Die Kraft und<br />
Ästhetik der zum Verschwinden verurteilten<br />
Elemente. Dieser Prozess wird<br />
in Beziehung zu der Umgebung gesetzt,<br />
der restaurierten Museen und den neu<br />
errichteten Gebäuden.<br />
Ein weiterer Aspekt des Themas »Bleiben<br />
und Vergehen« wird in der dritten<br />
Serie behandelt, die in New York entstanden<br />
ist. Hier steht der Mensch im<br />
Mittelpunkt, das Leben in der Großstadt:<br />
Seine Rastlosigkeit, ständige Bewegung<br />
und Schnelligkeit, die ihn kaum greifbar<br />
werden lässt.<br />
Dieses ständige Dahinschwinden wird<br />
in der seit hundert Jahren feststehenden<br />
Stahlkonstruktion der Subway besonders<br />
deutlich. Nur selten gibt es einen<br />
Moment des Innehaltens.<br />
© Ingrid Steinmeister © Ingrid Steinmeister<br />
26. April bis 31. Juli <strong>2013</strong><br />
Ingrid Steinmeister ist in Berlin geboren<br />
und lebte lange Zeit in Paris und New<br />
York. Vor zwölf Jahren ist sie nach Berlin<br />
zurückgekehrt und setzt ihre fotografische<br />
Arbeit hier fort. Zuletzt stellte sie im<br />
Aufbau Haus am Moritzplatz aus.<br />
© Ingrid Steinmeister<br />
Santander Bank<br />
Tauentzienstraße 6<br />
10789 Berlin-Schöneberg<br />
Öffnungszeiten:<br />
siehe: www.santanderbank.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
31
Galerien<br />
WIRKLICH<br />
Erkenntnissen der modernen Gehirnforschung<br />
zufolge bestehen nur 20 %<br />
unserer direkten Wahrnehmung aus<br />
dem, was wir objektiv und „wirklich“<br />
vor uns sehen, während rund 80 % mit<br />
unserem Wissen, unseren Erinnerungen,<br />
Erwartungen und Gefühlen zusammenhängen.<br />
Aus dieser Diagnose ergibt sich<br />
unmittelbar die Frage nach der Realität<br />
unserer Wahrnehmung: sind etwa nur<br />
20 % wirklich oder handelt es sich hier<br />
um unterschiedliche Arten bzw. Dimensionen<br />
von Realität? Was sehe ich wirklich,<br />
wenn ich etwas sehe? Wie verhalten<br />
sich dabei innere und äußere bzw.<br />
subjektive und objektive Realität zueinander?<br />
Und wie können unterschiedliche<br />
Realitätsdimensionen fotografisch<br />
dargestellt werden? Erfasst eine Fotografie<br />
nicht immer nur die Oberfläche<br />
einer viel komplexeren Wirklichkeit?<br />
Wie kann man diese Komplexität sichtbar<br />
machen?<br />
© Barbara Töpper-Fennel<br />
© Yulia Veksler, (O.i.F.) © Sibylle Meister-Holzfuß, (O.i.F.)<br />
© Karin Dolatkowski<br />
Fotografien von Arka Genähr, Barbara<br />
Töpper-Fennel, Karin Dolatkowski,<br />
Marion Graulich, Matthias Longo, Pigi<br />
Psimenou, Richard Thieler, Sibylle Meister-Holzfuß,<br />
Yulia Veksler<br />
Künstlerische Leitung: Mathias Richter<br />
Vernissage: 31. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
© Pigi Psimenou, (O.i.F.) © Matthias Longo<br />
© Richard Thieler<br />
1. Juni bis 22. Juni <strong>2013</strong><br />
6. August bis 10. August <strong>2013</strong><br />
imago fotokunst<br />
Linienstraße 145<br />
10115 Berlin-Mitte<br />
Di – Fr<br />
Sa<br />
12 – 19 Uhr<br />
14 – 18 Uhr<br />
32 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Lara Melin<br />
»Heidestraße 46-52 –<br />
Ode an einen<br />
Schandfleck«<br />
Ein Fotograf – ein Ort in Berlin! So lautet<br />
das Konzept des Berliner Salons für Fotokunst.<br />
Hier werden Arbeiten von Fotografen<br />
gezeigt, die weit über konventionelle<br />
Dokumentarfotografie hinausgehen,<br />
sondern den Betrachtern vielmehr<br />
subjektive Perspektiven aufzeigen und<br />
neue Blickwinkel eröffnen.<br />
Thema der aktuellen Ausstellung: Heidestraße<br />
46-52 – Ode an einen Schandfleck.<br />
Der Gewerbehof aus Güterschuppen<br />
eines ehemaligen Containerbahnhofs<br />
muss einem ehrgeizigen Bauprojekt<br />
weichen. Hier, nördlich des Berliner<br />
Hauptbahnhofs, soll das neue Vorzeigeviertel<br />
Europacity/Heidestraße entstehen.<br />
Die alten Schuppen sind keine<br />
architektonischen Prunkstücke. Aber der<br />
Ort steht stellvertretend für ein bestimmtes<br />
Gesicht Berlins, eine typische Facette,<br />
die nun zunehmend verschwindet: Das<br />
Berlin der kleinen Gewerbetreibenden,<br />
die sich auch mit wenig Mitteln Nischen<br />
schaffen konnten. Solche Nischen versprühen<br />
den Charme des Improvisierten<br />
und des Unprätentiösen. 2012 hat der<br />
Abriss der Schuppen begonnen.<br />
© Lara Melin, (Original in Farbe) © Lara Melin, (Original in Farbe)<br />
Zwischen 2009 und 2012 kehrte die<br />
Fotografin Lara Melin immer wieder<br />
in diesen Gewerbehof zurück – fasziniert<br />
von seinen Ecken, Kanten und<br />
Winkeln, von den Spuren der Zeit und<br />
den Spuren des Wandels, die sich dort<br />
ablesen lassen. In oft abstrahierenden,<br />
betont subjektiven Bildausschnitten entlockt<br />
sie dem Ort eine Geometrie, die<br />
das Gezeigte sublimiert, versäumt dabei<br />
jedoch nie, auch etwas über den Ort<br />
zu erzählen. Mit einer besonderen Aufmerksamkeit<br />
für das richtige Licht zeigt<br />
sie dem Betrachter, was der eilige Passant<br />
oder jemand, der nur mit dem Sinn<br />
für ökonomische Wertschöpfung hinsieht,<br />
nicht bemerken wird: die Poesie<br />
des scheinbar Banalen.<br />
© Lara Melin, (Original in Farbe)<br />
© Lara Melin, (Original in Farbe)<br />
Vernissage<br />
12. April, ab 19 Uhr<br />
17. April bis 25. Mai <strong>2013</strong><br />
Berliner Salon für Fotokunst<br />
Kulturhaus Schöneberg<br />
Kyffhäuserstraße 23<br />
10781 Berlin-Schöneberg<br />
Mi 14 – 19 Uhr<br />
Do 12 – 17 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
Telefon 0179 591 351 6<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
33
Galerien<br />
Siehste, jeht doch!<br />
Meisterklasse Arno<br />
Fischer.<br />
Letzter Jahrgang.<br />
Im Berliner HAUS am KLEISTPARK<br />
zeigen 32 Fotografinnen und Fotografen<br />
des letzten Jahrgangs der »Meisterklasse<br />
Arno Fischer« eine umfassende Werkschau<br />
ihrer Arbeiten, die der Lehrende<br />
noch selbst betreut hat. Arno Fischer<br />
(1927-2011) war nicht nur der Wegbereiter<br />
der Fotografie in der DDR, er war<br />
einer der großen deutschen Fotografen<br />
der zweiten Hälfte des vergangenen<br />
Jahrhunderts. Der Titel der Ausstellung<br />
»Siehste, jeht doch!« war seine gleichermaßen<br />
anerkennende und ermunternde<br />
Bemerkung beim Abschluss einer gelungenen<br />
Fotoarbeit. Die Ausstellung spiegelt<br />
die ganze Bandbreite des künstlerischen<br />
Ausdrucks seiner Student/innen<br />
und die Fähigkeit Arno Fischers, sich auf<br />
das fast unbegrenzte Spektrum unterschiedlichster<br />
Themen und Bildwelten<br />
einzulassen.<br />
Arno Fischers Fotografien sind im Bildgedächtnis<br />
vieler Menschen verankert:<br />
die Bilder vom Nachkriegs-Berlin, die<br />
Porträts von internationalen Künstlern<br />
und anderen Zeitgenossen, die Bilder,<br />
die auf seinen vielen Reisen entstanden,<br />
Marlene Dietrich im Nerz in Moskau,<br />
der Riss durch eine Brandmauer in<br />
Berlin, Aufmärsche im Osten, das »Wirtschaftswunder«<br />
und seine Kehrseiten im<br />
Westen, das Leben in Osteuropa und<br />
auch spätere Arbeiten wie die aus New<br />
York gehören zu seinen Hauptwerken.<br />
Dass Arno Fischer auch der Modefotografie<br />
wegweisende Impulse gegeben<br />
hat, bedeutete ihm persönlich wenig.<br />
Ihn trieb etwas anderes um: Er wollte<br />
mit fotografierten Geschichten Historie<br />
erfahrbar machen.<br />
Der Ruhm, die großen Ausstellungen<br />
und Ehrungen kamen spät. Man hat<br />
ihn einmal den »bekanntesten Unbekannten<br />
unter Deutschlands Fotografen«<br />
genannt.<br />
© Antje Berghäuser © Anna Arendt<br />
© Carolin Weinkopf, (Original in Farbe) © Olle Fischer, (Original in Farbe)<br />
© Uta Protzmann, (Original in Farbe) © Eva Brunner<br />
Vernissage: 14. April <strong>2013</strong>, 17 Uhr Finissage: 2. Juni <strong>2013</strong>, 17 Uhr<br />
34 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
© Luca Vecoli, (Original in Farbe) © Florian Fischer, (Original in Farbe) © Cordula Giese<br />
Arno Fischer war ein Chronist seiner<br />
Zeit und ein Vorbild für den Nachwuchs.<br />
Er schärfte als Lehrer und Professor<br />
in Berlin, Leipzig und Dortmund<br />
den Blick mehrerer Generationen Studierender.<br />
Als der Emeritus 2001 eine<br />
eigene Fotografenschule – »Fotografie<br />
am Schiffbauerdamm« – gründete, meldeten<br />
sich schlagartig 400 Interessenten<br />
für einen Kurs. »Mit jungen Leuten<br />
zu arbeiten, ist mein Leben«, betonte<br />
er immer wieder. Das Unterrichten hat<br />
er niemals aufgegeben – wie zuletzt in<br />
seiner Meisterklasse an der Ostkreuzschule<br />
in Berlin-Weißensee.<br />
Seine Lehrtätigkeit war überaus erfolgreich.<br />
Zu seinen Studenten gehörten<br />
neben vielen anderen, heute namhaften<br />
Fotografen auch Sybille Bergemann<br />
– seine spätere Frau -, Ute Mahler, Frank<br />
Gaudlitz, Wiebke Loeper, Gitta Seiler,<br />
Regina Maria Suchy und Jonas Maron.<br />
Arno Fischer hat sich immer als Primus<br />
inter pares gesehen. »Ich habe in der<br />
Summe von meinen Studenten mehr<br />
gelernt, als sie von mir.« Und in diesem<br />
gegenseitigen Geben und Nehmen lag<br />
die wahre Meisterschaft seines Unterrichts.<br />
© Thomas Tiltmann<br />
© Birgit Krause (Original in Farbe)<br />
Matthias Flügge, der 2009 gemeinsam<br />
mit Arno Fischer die bis heute international<br />
reisende Retrospektive des ifa in<br />
der Bundeskunsthalle in Bonn konzipiert<br />
hat, begleitet diese Ausstellung als<br />
kuratorischer Berater.<br />
Zur Ausstellung erscheint ein von Matteo<br />
Peterlini gestalteter Ausstellungskatalog<br />
mit den Werken aller Teilnehmer.<br />
© Mischa Christen<br />
© Claire Laude, (Original in Farbe)<br />
© Piotr Pietrus, (Original in Farbe)<br />
14. April bis 2. Juni <strong>2013</strong><br />
HAUS am KLEISTPARK<br />
Grunewaldstraße 6-7<br />
10823 Berlin-Schöneberg<br />
Di – So 10 – 19 Uhr<br />
www.hausamkleistpark.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
35
Galerien<br />
George Friedmann<br />
»Fotonovela Argentina«<br />
Der 1910 in Micklotz, Ungarn geborene<br />
Meisterfotograf Georges Friedmann<br />
(auch György Friedmann, George<br />
Friedman, Jorge Friedman) arbeitete<br />
bis 1937 sowohl als Kameramann<br />
bei Filmproduktionen in London und<br />
Hollywood, als auch als Fotograf für<br />
Magazine wie VU, PARIS MATCH, TIME<br />
und LIFE.<br />
Seit 1939 lebte Friedmann in Buenos<br />
Aires, Argentinien und arbeitete<br />
als Fotoredakteur und Herausgeber<br />
von illustrierten Magazinen wie<br />
ATLANTIDA.<br />
Anfang der 50er Jahre gründete George<br />
Friedmann gemeinsam mit anderen<br />
die Gruppe »La Carpeta de los Diez«,<br />
einen loser Zusammenschluss von<br />
hervorragenden Fotografen, die das<br />
fotografische Schaffen in Argentinien<br />
geprägt haben. Auch der deutsche<br />
Fotograf Max Jacoby gehörte dazu.<br />
1970 übernahm Friedmann die Redaktion<br />
des Magazins IDILIO, bei dem er als<br />
Chef-Fotograf tätig war. Seine Erfahrungen<br />
als Spielfilm-Kameramann in den<br />
Studios von MGM und Pathé kamen ihm<br />
© George Friedmann © George Friedmann<br />
© George Friedmann<br />
© George Friedmann<br />
bei dieser Arbeit zugute. IDILIO war ein<br />
Frauenmagazin mit Gesellschaftsreportagen,<br />
Modetipps, Fotomontagen zur<br />
Traumdeutung von der deutschen Fotografin<br />
Grete Stern und von Fotonovelas –<br />
einer inszenierten Fotografie auf hohem<br />
technischen Niveau.<br />
Er lehrte Fotografie und erhielt für sein<br />
Fotowerk mehrere internationale Auszeichnungen.<br />
Seine Fotografien wurden in vielen Ausstellungen<br />
in Südamerika gezeigt.<br />
Georges Friedmann starb 2002 in<br />
Buenos Aires, erblindet, im Alter von<br />
92 Jahren.<br />
bis 11. Mai 2012<br />
Galerie argus fotokunst<br />
Marienstraße 26<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Mi – Sa<br />
14 – 18 Uhr<br />
36 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
FASZINATION PARIS<br />
Jubiläumsausstellung<br />
zur 100. Ausstellungen<br />
seit 1996<br />
PARIS lebt von der Vergangenheit und<br />
dem Zauber, den es auf jeden Besucher<br />
ausübt.<br />
Unzählige Fotografen haben sich von<br />
dieser Stadt, ihrem Flair und ihren Menschen<br />
inspirieren lassen.<br />
© Paul Wolff © George Friedmann<br />
© Norbert Bunge © Lutz Dille<br />
Wir zeigen Pariser Impressionen von<br />
elf Fotografen und einer Fotografin Paul<br />
Almasy, Sibylle Bergemann, Norbert<br />
Bunge, René Burri, Lutz Dille, Alfred<br />
Eisenstedt, Daniel Frasnay, René Friede,<br />
George Friedmann, Clemens Kalischer,<br />
Tadeusz Rolke, Paul Wolff.<br />
Vernissage 17.Mai <strong>2013</strong>, ab 18 Uhr<br />
18. Mai bis 22. Jun <strong>2013</strong><br />
Galerie argus fotokunst<br />
Marienstraße 26<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Mi – Sa<br />
14 – 18 Uhr<br />
© George Friedmann © Tadeusz Rolke<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
37
Galerien<br />
FRAUEN<br />
Frauen sind ein wesentliches Movens<br />
der Fotografie. Kaum, dass der französische<br />
Pionier Louis Daguerre 1839 das<br />
Medium erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt<br />
hatte, nutzte man es als bildgebendes<br />
Verfahren für weibliche Schönheit.<br />
Es war der amerikanische Chemiker<br />
John W. Draper, der mit einem Porträt<br />
seiner Schwester Dorothy die Frau<br />
in die Fotografie eingeführt hat. Seither<br />
muss man hinter der kalten Technik<br />
der Kamera immer einen werbenden<br />
Orpheus vermuten – einen Künstler,<br />
der mit Lichtbildern Frauen bezaubern<br />
und verführen möchte.<br />
Doch nicht nur als Model und Staffage<br />
haben Frauen Spuren in die Fotografie<br />
eingeschrieben. Auch hinter der Kamera<br />
selbst waren sie stilbildend. Anlässlich<br />
des Internationalen Tages der Frau am 8.<br />
März <strong>2013</strong> untersucht die Ausstellung<br />
»Frauen« die feminine Seite der Fotografie.<br />
Fünfzehn fotografische Betrachtungsweisen<br />
dokumentieren dabei<br />
ästhetische wie zeitliche Besonderheiten<br />
im Bild und Abbild der Weiblichkeit.<br />
© stefan moses‚ »Straßenbahnschaffnerinnen«,<br />
Köln, 1963<br />
© Isa Marcelli, Serie »Parfums«, 2012/agence<br />
révélateur’<br />
© Robert Lebeck, »Wäscherinnen«, Cullera 1964<br />
Heinz Hajek-Halke »Der Gassenhauer«,<br />
ca. 1930 © Sammlung Ruetz<br />
Am Anfang stehen die komplexen Lichtmontagen<br />
aus dem Vorkriegswerk von<br />
Heinz Hajek-Halke. Der Berliner Fotograf<br />
steht stellvertretend für die Inszenierung<br />
der Weiblichkeit in den Avantgarden.<br />
Mittels experimenteller Techniken<br />
bildete Hajek-Halke den weiblichen<br />
Körper nicht einfach nur ab; er<br />
schuf pygmalionhafte Neubildungen<br />
aus Licht auf Silbergelatine-Papier.<br />
Ganz anders die Herangehensweise<br />
vieler Reportagefotografen in der Nachkriegsära<br />
– Robert Lebeck, Stefan Moses,<br />
Hannes Kilian und Max Scheler. Ihre<br />
Namen stehen stellvertretend für eine<br />
neue Internationalisierung im deutschen<br />
Frauenbild. Porträtaufnahmen von amerikanischen<br />
Diven wie Eartha Kitt oder<br />
Elisabeth Taylor dokumentieren den in<br />
die Adenauer-Republik zurückgekehrten<br />
Glamour. Doch auch die werktätige<br />
Frau findet das Interesse dieser Fotografen-Generation.<br />
Robert Lebecks 1964 in<br />
Cullera entstandene Aufnahme sizilianischer<br />
Wäscherinnen etwa steht exemplarisch<br />
für eine Reportage-Kunst, die<br />
an die sogenannte »Life-Fotografie«<br />
anknüpft. Die tanzenden Arbeiterinnen<br />
auf diesem Foto illustrieren weit mehr<br />
als den verspielten Flirt mit der Apparatur;<br />
sie steht für eine fotografische Suche<br />
nach Würde und Anmut.<br />
Menschliche Würde, das war auch<br />
Thema auf den Bildern der ostdeut-<br />
38 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
© Hannes Kilian ‚Lisa Stammer‘ 1949<br />
© Michael Ruetz, »Im Schloss Tiefurt«<br />
schen Fotografin Sibylle Bergemann.<br />
»Die Stärke der Fotografie liegt darin, ein<br />
Gefühl für Humanität zu wecken. Und<br />
diese Humanität ist geschlechtslos«,<br />
lautet ein oft zitierter Satz der vor zwei<br />
Jahren verstorbenen Berlinerin. Deren<br />
poetische Polaroid-Porträts bilden in<br />
dieser Ausstellung den Auftakt für einen<br />
vornehmlich weiblich geprägten Blick<br />
auf die Frau. Besonders zeitgenössische<br />
Fotografinnen wie Karin Székessy,<br />
Sheila Rock, Rita Ostrowskaja, Isa Marcelli<br />
oder die Australierin Kate Baker<br />
begreifen Fotografie längst nicht mehr<br />
als Leitmedium von Männerphantasien.<br />
Mittels starker Kontraste und poetisierender<br />
Unschärfen beginnen sie damit,<br />
weibliche Identitäts- und Rollenmuster<br />
neu in den Fokus zu nehmen.<br />
Ralf Hanselle<br />
© Sheila Rock »Garden Mist«, 2012<br />
FRAUEN. Mit Fotografien von Kate<br />
Baker, Sibylle Bergemann, Heinz Hajek-<br />
Halke, Hannes Kilian, Birgit Kleber,<br />
Robert Lebeck, Herbert List, Isa Marcelli,<br />
Stefan Moses, Rita Ostrowskaja, Sheila<br />
Rock, Michael Ruetz, Max Scheler, Liselotte<br />
Strelow und Karin Székessy.<br />
© Herbert List »Anna Magnani im Garten ihres<br />
Landhauses«, San Felice Circeo 1950‘<br />
bis 25. Mai 2012<br />
Johanna Breede<br />
PHOTOKUNST<br />
Fasanenstraße 69<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Di – Fr<br />
11 – 18 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
39
Galerien<br />
EGO.<br />
Die Ausstellung EGO zeigt vier<br />
künstlerische Positionen, in denen das<br />
Medium Fotografie in unterschiedlichster<br />
Weise eine Rolle spielt. Zweimal<br />
Italien, zweimal Deutschland. Zwei<br />
Männer, zwei Frauen, zwei bildende<br />
Künstler, zwei Fotografen; vier Generationen<br />
unterschiedlichster Zugänge zur<br />
Fotografie jenseits des reinen Dokumentarismus.<br />
Organisiert und kuratiert wurde die<br />
Ausstellung von Oliver S.Scholten<br />
(position.fotografie).<br />
Oliver S. Scholten ist Künstler, ausgebildeter<br />
Fotograf und Dozent für Kunstund<br />
Dokumentarfotografie in Berlin<br />
seit mehr als 25 Jahren. Die Bandbreite<br />
seines fotografischen Schaffens reicht<br />
vom sozialkritischen Dokument bis<br />
hin zu Objekten, Installation und performance.<br />
In den anscheinend oft das<br />
Medium Fotografie sprengenden Arbeiten<br />
bleibt es selbst jedoch immer fest im<br />
Blick und wird in seiner Funktion und<br />
Wirkung hinterfragt.<br />
© Ampelio Zappalorto<br />
© Oliver S. Scholten<br />
© Oliver S. Scholten<br />
Katja Schrader arbeitet neben ihrem<br />
alltäglichen Beruf als Text und Bild -<br />
Reporterin für verschiedene Tages-und<br />
Onlinezeitungen. Weitere Ausbildung<br />
und Aktivitäten im Theaterbereich spiegeln<br />
sich bei ihr in den freien fotografischen<br />
Arbeiten wider. Seit Jahren inszeniert<br />
sie sich selbst. Privat, intim, ungeschminkt,<br />
überhöht. In ihrer Intensität<br />
sind diese Fotografien jedoch nicht<br />
ein simples Verkleidungsspiel, sondern<br />
zeigen,wie jede gute Kunst, auch einen<br />
Teil der Psyche des Autors/der Autorin.<br />
Als Verweis auf das Selbstbildnis verbleibt<br />
als kleine Geste immer der sichtbare,<br />
mal mehr mal weniger versteckte,<br />
Selbstauslöser in einer Hand.Wer hier<br />
wieder nur an Cindy Sherman denkt,<br />
greift zu kurz. Es wird Zeit, mit diesem<br />
Mythos aufzuräumen.<br />
© Anna Guillot<br />
Ampelio Zappalorto ist klassisch<br />
ausgebildeter Maler. Ebenso Skulpteur,<br />
Inszenierer, Installationskünstler. Er<br />
benutzt Fotografie von der Seite der<br />
bildenden Kunst her betrachtet. Meist<br />
unspektakulär, lediglich als Notiz zu<br />
seinen Arbeiten, als kleines Dokument<br />
privater Schaffensmomente. Mal<br />
in Funktion des Regisseurs, der Anweisung<br />
gibt und sich fotografieren lässt,<br />
mal selbst. Oft mit Witz und Karikatur<br />
der eigenen Situation. Ab und zu entstehen,<br />
wie die hier in EGO gezeig-<br />
40 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
© Ampelio Zappalorto<br />
© Katja Schrader<br />
ten großformatigen Vernähungen, aber<br />
auch Werke, die das Medium von einem<br />
anderen Blickwinkel her interpretieren.<br />
Anna Guillot ist Künstlerin und Dozentin<br />
an der Akademie der Schönen<br />
Künste in Catania, Sizilien. Ihre Arbeiten<br />
sind Untersuchungen in verschiedensten<br />
Bereichen der Wahrnehmung,<br />
in denen Sie Grenzen von Visualität,<br />
Musik, Akustik und Literatur durchdringt,<br />
vermischt, kontrapunktiert und<br />
in Frage stellt. Bild-Ton-Lesebücher z.T.<br />
in objekthaftem Auftreten sind die Produkte.<br />
Sie selbst setzt sich dabei ebenso<br />
oft selbstverständlich in den Mittelpunkt,<br />
so, wie wir alle ein Teil dieses rauschenden<br />
Universums sind.<br />
Lee Revos<br />
© Anna Guillot<br />
Vernissage<br />
16. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
17. Mai bis 21. Juni <strong>2013</strong><br />
Fotogalerie Friedrichshain<br />
Helsingforser Platz 1<br />
10243 Berlin-Friedrichshain<br />
Di, Mi, Fr, Sa<br />
Do<br />
14 – 18 Uhr<br />
10 – 18 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
41
Galerien<br />
Christian Reister<br />
»NACHT«<br />
Der Berliner Fotograf und Flaneur<br />
Christian Reister versammelt in seiner<br />
neuen Arbeit fotografische Strandgüter<br />
der Berliner Nacht. Die Szenen, die er<br />
in grobem, körnigen Schwarz/Weiss<br />
festhält, findet er in Clubs und Spelunken,<br />
in Imbissbuden, Hotellobbies oder ganz<br />
einfach auf der Straße. Im Kabinett<br />
des Hotels Bogota wird erstmals ein<br />
Auszug von NACHT im Rahmen einer<br />
Ausstellung gezeigt.<br />
© Christian Reister<br />
© Christian Reister<br />
27. April bis 24. Mai <strong>2013</strong><br />
Hotel Bogota<br />
photoplatz Kabinett<br />
Schlüterstraße 45<br />
10707 Berlin-Charlottenburg<br />
© Christian Reister<br />
Zur Vernissage am 26. April <strong>2013</strong>,<br />
19 Uhr<br />
»TAGEBUCHt« trifft »NACHT«.<br />
Andreas Albrecht & Marco Ponce Kärgel<br />
spielen und improvisieren zu einer<br />
Slideshow aus den NACHT-Fotografien<br />
von Christian Reister Lieder und<br />
Klangskulpturen aus ihrer aktuellen CD<br />
»TAGEBUCHt«.<br />
täglich<br />
8 – 23 Uhr<br />
Screnning mit Livemusik ab 20 Uhr<br />
42 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Frank Machalowski<br />
»Monster«<br />
Festivals, Konzerte, Demos, Sportereignisse,<br />
Touristenmassen. Scheinbar<br />
ist Berlin ein Ort, der niemals stillsteht.<br />
In Frank Machalowskis Langzeitbelichtungen<br />
aus den Jahren 2011 und<br />
2012 werden die durch die Straßen<br />
strömenden Menschen als geisterhafte<br />
Bewegungsspuren einer Masse sichtbar,<br />
erscheinen fast bedrohlich, als gesichtsloses<br />
Monster, das sich den Weg durch<br />
die Stadt bahnt. Die Grenze zwischen<br />
dem Monströsen und Humanen verschwindet<br />
im Nebel der Bewegung.<br />
bis 14. Mai <strong>2013</strong><br />
FENSTER61<br />
Torstraße 61<br />
10119 Berlin-Mitte<br />
© Frank Machalowski<br />
© Frank Machalowski<br />
© Frank Machalowski © Frank Machalowski<br />
Irinadabo<br />
»beside me«<br />
Es dürften hygienische Gründe sein,<br />
weshalb auf öffentlichen Toiletten die<br />
Kabinenwände selten bis zum Boden<br />
reichen. Manchmal begegnet man<br />
einer vorbei kullernden Papierrolle,<br />
gefolgt von einem kurzen Aufschrei.<br />
Meistens aber bleibt jeder für sich und<br />
so unsichtbar wie möglich. Es geschieht<br />
eigentlich nichts Außergewöhnliches.<br />
Zugleich ist die Phänomenologie des<br />
Ortes enorm: Neugierde, Intimität, stiller<br />
Rückzug, Spiegelblicke, rauschende<br />
Wasser, Seifenduft – es kommt vieles<br />
zusammen.<br />
15. Mai bis 16. Juli <strong>2013</strong><br />
FENSTER61<br />
Torstraße 61<br />
10119 Berlin-Mitte<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
43
Galerien<br />
19. Fotoklub Forum<br />
Berlin <strong>2013</strong><br />
Das 19. Foto Klub Forum Berlin präsentiert<br />
bis zum 3. Mai <strong>2013</strong> im Rathaus<br />
Köpenick Fotoklubs aus Berlin und dem<br />
Land Brandenburg mit aktuellen Arbeiten.<br />
Etwa 300 Bilder von mehr als 150<br />
Fotografen aus 18 Klubs werden vorgestellt.<br />
Die vom Landesverband Berlin der<br />
Gesellschaft für Fotografie e.V gemeinsam<br />
mit dem Bezirksamt Treptow-Köpenick<br />
organisierte Ausstellung ermöglicht<br />
es den Klubs, ihre Bildkollektion<br />
selbst zusammenzustellen, denn es gibt<br />
kein vorgegebenes Thema und keine<br />
zentrale Jury. So erhalten die Besucher<br />
einen informativen Einblick in<br />
das Schaffen der einzelnen Klubs und<br />
können die unterschiedlichen Herangehensweisen,<br />
Themen und Techniken<br />
vergleichen. Zehn Klubs zeigen Fotos<br />
zu einem selbst gewählten Thema, alle<br />
beweisen ein beeindruckendes fotografisches<br />
Niveau.<br />
Einige Aussteller sind seit Jahren regelmäßig<br />
im Forum vertreten: »Arbeitskreis<br />
Freie Lichtbildner Berlin«, »Colorclub<br />
Berlin-Treptow«, »Fotofreunde Zehlendorf«,<br />
»Fotoklub Eberswalde«, »Fotoclub<br />
Lichtenberg«, »Fotoclub 1092<br />
Berlin«, »Fotogruppe 98«, Fotogruppe<br />
»Natur & Kultur e.V. (Labsaal)« und<br />
»Fotostudio Köpenick«.<br />
© Ernst Seifert, »colossal«, (O.i.F.) © Ingo Schulz, »Der Einschlag«<br />
© Gerhard Metzschker, »Hüte«, (O.i.F.) © Axel Zwetz, »Sumidero«, (O.i.F.)<br />
© Werner Berg, »Engelbecken«, (O.i.F.)<br />
Andere stellen sich zum ersten Mal in<br />
Köpenick vor, diesmal der Fotozirkel der<br />
WBG Amtsfeld und die Gruppe »FOTO-<br />
RIOSA« aus Berlin sowie das »Foto-<br />
Forum Barnim« aus Bernau. Besonders<br />
freuen sich die Veranstalter, dass<br />
sich zwei Gruppen jugendlicher Fotofreunde<br />
präsentieren: die »Foto-AG der<br />
Tobias-Seiler-Oberschule Bernau« und<br />
die »Foto-AG Südstern« des Kinderund<br />
Jugendhilfe Verein Bernau. Weitere<br />
Aussteller sind der Fotoklub »Lichtblick«<br />
und die Fotogruppe »Ortoklick«<br />
aus Berlin sowie der »Fototreff Bernau«<br />
und »Fotoclub Strausberg«.<br />
© Daniel Haebringer, »Hände«<br />
© Hans-Joachim Kühn, »Paternkofel«<br />
bis 3. Mai <strong>2013</strong><br />
Rathaus Köpenick<br />
Alt-Köpenick 21<br />
12555 Berlin-Köpenick<br />
Dr. Hans-Joachim Kühn<br />
LV Berlin der GfF<br />
© Eva-Maria Bieseke, »Trinkglas«,<br />
(Original in Farbe)<br />
Mo – Fr<br />
Sa, So<br />
8 – 20 Uhr<br />
9 – 18 Uhr<br />
44 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Fred Baumgart<br />
»Eve by the bridge«<br />
Die Oberbaumbrücke wurde 1894-95<br />
erbaut und nach dem Mauerfall 1993-95<br />
restauriert und gehört zu den attraktiven<br />
Sehenswürdigkeiten von Berlin.<br />
Fred Baumgart wurde 1942 geboren und<br />
ist seit 1968 selbstständig als Portraitpeople-<br />
und lifestyle Fotograf tätig.<br />
Da ich als alteingesessener Kreuzberger<br />
oft die Oberbaumbrücke über die Spree<br />
befahre, reifte in mir die Idee, die<br />
Schönheit des historischen Bauwerks<br />
mit der Arbeit eines Portraitfotografen<br />
zu verbinden. So entstand diese Serie,<br />
ein Model rund um die Brücke zu<br />
fotografieren.<br />
Die Umgebung der Brücke bietet eine<br />
Vielfalt interessanter Motive, die wir an<br />
mehreren Tagen festhielten.<br />
© Fred Baumgart (O.i.F.)<br />
Vernissage<br />
3. Mai <strong>2013</strong>, um 19 Uhr<br />
3. Mai bis 26. Mai <strong>2013</strong><br />
DIE AKTGALERIE<br />
Krossener Straße 34<br />
10245 Berlin-Friedrichshain<br />
Fr, Sa, So<br />
16 – 20 Uhr<br />
Angelika Beck<br />
»Zwischentöne<br />
– Soulmusiker<br />
backstage«<br />
Porträts<br />
Musiker stehen im Rampenlicht, werden<br />
bewundert, umschwärmt und verehrt.<br />
Doch was passiert hinter der Bühne,<br />
wenn sie alleine sind und sich konzentrieren<br />
auf die nächsten Stücke? Es sind<br />
Momente der Ruhe, des In-sich-gekehrtseins.<br />
Diese Situationen zeigt die Fotografin<br />
Angelika Beck (Stuttgart) in ihrer monochromen<br />
Porträtserie »Zwischentöne«.<br />
Sie präsentiert Soulmusiker, die ja<br />
bekanntlich die Musik im Blut haben,<br />
in Augenblicken der Konzentration, der<br />
Entspannung. Der Zuschauer wird entführt<br />
hinter den Vorhang, bevor es wieder<br />
heißt: »Are you ready for showtime?«<br />
© Angelika Beck, »Harriet Lewis«<br />
Zur Vernissage<br />
am 10. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr wird der legendäre<br />
Saxophonist Sir Waldo Weathers<br />
(15 Jahre Mitglied der James Brown<br />
Band) zu hören sein.<br />
10. Mai bis 10. Juli <strong>2013</strong><br />
Galerie »Alles Mögliche«<br />
Odenwaldstraße 21<br />
12161 Berlin-Friedenau<br />
nach Vereinbarung: 0173 342 80 83<br />
www.alles-moegliche.de<br />
www.angelikabeck.com<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
45
Galerien<br />
Bernadette Ypso und<br />
Charlotte K<br />
»unbekannt bis heute«<br />
Das Hotel Bogota zählt seit Jahren zu<br />
den etablierten Orten für die Fotografie<br />
in Berlin. Mit der Ausstellung der<br />
zwei Autorinnen Bernadette Ypso und<br />
Charlotte K geht Joachim Rissmann, der<br />
die Förderung der Fotografie zu seiner<br />
persönlichen Sache gemacht hat, ein<br />
gewisses Risiko ein. Denn erklärtermaßen<br />
wollen sich die beiden Autorinnen<br />
in jeder Weise bedeckt halten (sollten<br />
sie bei der Eröffnung anwesend sein,<br />
werden sie sich auch in dem Rahmen<br />
nicht zu erkennen geben). Der Besucher<br />
weiß folglich nicht einmal, ob es<br />
sich tatsächlich um Autorinnen handelt.<br />
Dieser Sachverhalt, so ungewöhnlich<br />
er auch ist, hat aber auch sein Gutes;<br />
denn dem Betrachter fehlt es an jeglichen<br />
Hinweisen, in welche Richtung er<br />
die ausgestellten Arbeiten interpretieren<br />
soll. Damit kommt er auf den Stand, der<br />
eigentlich immer bei Bildbetrachtungen<br />
gewährleistet sein sollte, nämlich eine<br />
Bewertung, die sich nicht an vorher<br />
Gelesenem oder Gesagten orientiert,<br />
sondern bei der es ganz unmittelbar um<br />
das das Reagieren auf Bilder geht. Für<br />
diejenigen, die nicht nach ihren Augen,<br />
sondern ihrem Gehör urteilen, also dem,<br />
was andere, mögliche Fachleute sagen,<br />
ist das selbstredend eine große Herausforderung.<br />
Wie es auf den ersten Blick aussieht,<br />
fotografiert Bernadette Ypso im Bereich<br />
der Prominenten, die wir vorzugsweise<br />
vom Fernsehschirm kennen. Doch<br />
handelt es sich weniger um traditionelle<br />
Porträts, die auf Repräsentation<br />
oder auf das Kreieren eines bestimmten<br />
Images ausgerichtet sind. Vielmehr<br />
zeigen sie die Begegnung mit Prominenten,<br />
wobei das Surrounding (wie es neudeutsch<br />
heißen könnte) eine wichtige<br />
Rolle spielt. Die porträtierten Frauen<br />
und Männer werden auf diese Weise<br />
gewissermaßen geerdet. Bei Charlotte K<br />
liegen die Sujets und Themen offenbar<br />
weniger stringent beieinander. Zudem<br />
© Bernadette Ypso, (Original in Farbe)<br />
© Charlotte K, (Original in Farbe)<br />
verzichtet sie gerne auf die übliche fotografische<br />
Narration. Ihre Bilder zielen<br />
bevorzugt auf das Atmosphärische wie<br />
das Abstrakte, also mehr auf ästhetische<br />
Momente. Dass beide Bildautorinnen<br />
anonym bleiben wollen, lässt<br />
vermuten, dass sie das Fotografieren<br />
neben einer Tätigkeit ausüben, mit der<br />
sie in der Öffentlichkeit bekannt sind,<br />
und eben diese Öffentlichkeit würde<br />
das eine mit dem anderen für unvereinbar<br />
halten. Aber wie gesagt, wir bewegen<br />
uns im Vagen, was einzig und allein<br />
zählt, sind die ausgestellten fotografischen<br />
Arbeiten<br />
Enno Kaufhold<br />
Eröffnung: 6. Mai <strong>2013</strong>, 19 Uhr, mit<br />
einer Einführung durch den Autor des<br />
vorausgegangenen Textes.<br />
6. Mai bis 16. Juni <strong>2013</strong><br />
Photoplatz im Hotel Bogota<br />
Schlüterstraße 45<br />
10707 Berlin-Charlottenburg<br />
täglich 8 – 23 Uhr<br />
www.bogota.de<br />
46 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
Marion Schult<br />
»Zoe Helali- One<br />
Woman Show«<br />
Mit Marion Schult zeigt die Carpentier<br />
Galerie zum ersten Mal Arbeiten einer<br />
Fotografin, die sich in vielen Berufsjahren<br />
im Bereich Celebrities, Fashion,<br />
Beauty auch international einen Namen<br />
gemacht hat.<br />
Stars wie zum Beispiel Donna Summer,<br />
La Toya Jackson, Depeche Mode, Bryan<br />
Ferry, Falco oder Tilda Swinton wurden<br />
von ihr für Cover und Editorials in Szene<br />
gesetzt.<br />
Neben ihrer Anerkennung im Celebrity<br />
Bereich, beeindrucken auch ihre<br />
Referenzen in der Beauty Branche. Die<br />
Namen lesen sich wie die Schriftzuge<br />
an den Regalen eines Luxuskaufhauses:<br />
Shiseido, Lancôme, Chanel, Wella,<br />
Revlon, L´Oréal, Wella.<br />
Aber auch Persönlichkeiten aus Kunst,<br />
Theater, Wirtschaft und Politik setzte<br />
Marion Schult mit ihrer Kamera ins Bild.<br />
Um nur einige zu nennen: Elvira Bach,<br />
Robert Wilson, Liz Mohn (Bertelsmann)<br />
oder Willi Brandt.<br />
Im Rahmen redaktioneller Auftragsfotografie<br />
inszenierte sie außerdem hochwertige<br />
Jewelery von Chopard, Montblanc,<br />
Piaget und Bucherer. In der<br />
Fashion Fotografie setzte sie unter anderem<br />
die Outfits des Designers Guido<br />
Maria Kretschmer für den Montblanc-<br />
Katalog in 2011 um.<br />
Mit dem Model Zoe Helali arbeitet<br />
Marion Schult seit einigen Jahren kommerziell<br />
für Fashion-Kunden sowie im<br />
Rahmen freier Arbeiten zusammen. Zoe<br />
verschmilzt mit den Kleidern, die sie<br />
trägt und haucht ihnen ihre Seele ein.<br />
Auf diese Weise entsteht ein magischer<br />
Moment, den der Betrachter in den<br />
Fotografien miterleben kann. In dieser<br />
Ausstellung wird auch die Vielseitigkeit<br />
und Wandelbarkeit des Models gezeigt,<br />
die durch die künstlerische Make-up Art<br />
von Robert Aren Antonelli unterstrichen<br />
wird.<br />
© Marion Schult, »Zoe Helali«<br />
Eröffnung:<br />
Freitag, 21. Juni <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
22. Juni bis 21. Juli <strong>2013</strong><br />
Carpentier Galerie<br />
Meinekestraße 13<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Sa 14 – 18 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
www.carpentier-galerie.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
47
Galerien<br />
TIME LAPSE<br />
Susanne Wehr<br />
»Fotografie«<br />
Ev Pommer<br />
»Plastik«<br />
»... so besteht das Wesen des Bildes<br />
darin, ganz außen zu sein, ohne Intimität,<br />
und dennoch unzugänglicher und<br />
rätselhafter als die innere Vorstellung;<br />
ohne Bedeutung; doch zugleich eine<br />
Herausforderung der Unergründlichkeit<br />
jeden möglichen Sinns ...«<br />
Roland Barthes<br />
»Vielleicht ist die wahre, totale<br />
Photographie (…) ein Haufen von<br />
Bruchstücken privater Bilder, vor<br />
dem zerknitterten Hintergrund der<br />
Zerstörungen und Krönungen«.<br />
Italo Clavino<br />
Susanne Wehr´s Arbeiten kreisen um<br />
Themen der Privatfotografie an der<br />
Schnittstelle zwischen persönlicher<br />
Geschichte, kollektiver Erinnerung und<br />
Fiktion.<br />
Sie setzt in ihrem Werk die Technik des<br />
»Found Footage« ein und bedient sich<br />
(statt Filmaufnahmen) konzeptionell<br />
provenienzloser Fotografien. Susanne<br />
Wehr stellt die gefundenen Fotografien<br />
schlüssig in neue Kontexte, unabhängig<br />
aus welchem historischen, geografischen<br />
oder sozialen Kontext die Bilder<br />
stammen.<br />
Auf diese Weise werden gängige Vorstellungen<br />
über Fotografie und fotografische<br />
Bilder in Frage gestellt. Erinnerung,<br />
Fiktion und vermeintliche authentisch<br />
fotografierte Realität wirken in ihren<br />
bildlichen Kompositionen nicht wie stabile<br />
Konstruktionen, sondern erweisen<br />
sich als flexible Komponenten unserer<br />
persönlichen fotografischen Momentaufnahmen.<br />
© Susanne Wehr, <strong>2013</strong>, aus der Serie:<br />
»TIME LAPSE«<br />
Die Arbeit »TIME LAPSE« (Zeitraffer)<br />
besteht aus einer Serie gefundener<br />
Fotos, die sich gewissermaßen frei<br />
von einer chronologischen, räumlichen<br />
und thematischen Abfolge bewegen.<br />
Die in unvermutete und nicht<br />
intendierte Zusammenhänge gesetzten<br />
Fotografien, ergeben ein narratives<br />
Geflecht von Beziehungen und<br />
Geschichten, die durch den Blick des<br />
jeweiligen Betrachters bestimmt sind.<br />
Die aus ihrem Zusammenhang<br />
herausgelösten Einzelaufnahmen<br />
klingen in Ihrer Zusammenstellung<br />
wie eine Reminiszenz an sprachlose<br />
Bildräume, die unserem kollektivem<br />
Bildgedächtnis entspringen. So sind<br />
private Fotografien Momentaufnahmen<br />
der Erinnerung einer Generation, latent<br />
in uns vorhanden, uns bestimmend,<br />
verlockend und faszinierend.<br />
Mit »TIME LAPSE« stellt Susanne Wehr<br />
die gängige Vorstellung von Fotografie<br />
als Medium der Erinnerung und<br />
Realitätsbeweis in Frage.<br />
Manuela Lintl<br />
Vernissage<br />
am Samstag, 20. April <strong>2013</strong><br />
von 19 Uhr – 22 Uhr<br />
Finissage<br />
am Samstag, 25. Mai <strong>2013</strong><br />
von 19 Uhr – 22 Uhr<br />
© Susanne Wehr, <strong>2013</strong>, aus der Serie:<br />
»TIME LAPSE«, (Original in Farbe)<br />
© Susanne Wehr, <strong>2013</strong>, aus der Serie:<br />
»TIME LAPSE«<br />
Sonderöffnungszeiten zum »GALLERY<br />
WEEKEND«<br />
Samstag 27. April und<br />
Sonntag 28. April <strong>2013</strong><br />
von 11 – 19 Uhr<br />
21. April bis 25. Mai <strong>2013</strong><br />
kunstraum FRÖAUF<br />
Fröaufstraße 7<br />
12161 Berlin-Friedenau<br />
Do – Sa 16 – 19 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
www.fröauf.de<br />
48 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
LUPE GODOY<br />
»Collage«<br />
Ernst Baumeister<br />
»Skulptur«<br />
Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert<br />
der Fotografie und der Massenreproduktion<br />
von fotografischen Bildern.<br />
Die Kunst der Collage wurde in dieser<br />
Zeit geboren. Inzwischen ist die Collage<br />
und ihre konzeptionelle Grundlage in<br />
allen kreativen Disziplinen der Bildenden<br />
Kunst, des Films, der Medien und<br />
in der Architektur zu finden.<br />
In ihrem Werk widmet sich die spanische<br />
Künstlerin Lupe Godoy vorwiegend<br />
der Collage. Das Material ihrer Arbeiten<br />
stammt aus verschiedensten Quellen,<br />
sie kombiniert Fotografien aus Modeund<br />
Lifestyle-Magazinen mit Bildern<br />
aus Kunstmagazinen, stellt Ausschnitte<br />
aus Pornomagazinen neben Fotos aus<br />
Auto- und Motorrad Zeitschriften.<br />
Aus trivialen, tausendfach reproduzierten<br />
Fotografien erschafft Lupe Godoy<br />
durch ihre künstlerische Handschrift<br />
Originale, dabei verzichtet sie bewusst<br />
auf den Einsatz von Bildbearbeitungsprogrammen.<br />
Vielmehr vermischt sie<br />
fotografische Ausschnitte mit japanischer<br />
Tusche und Farbe. Die Bildmaterialien<br />
fügen sich in der Verarbeitung<br />
zur Collage zu inhaltlich vielfältigen,<br />
ineinander verschachtelten Erzählungen<br />
und Serien. Gleichzeitig sind sie in<br />
ihrer endgültigen Form Teil einer neuen<br />
und unauflöslichen Einheit im Werk der<br />
Künstlerin.<br />
Während der Phase des Aussuchen und<br />
Ausschneiden fällt Lupe Godoy künstlerische<br />
Entscheidungen, die zunächst<br />
als flexible Bildkomponenten fungieren<br />
und später das Endergebnis prägen.<br />
Die Vermischung von Genres, Erinnerungen,<br />
Assoziationen, Selbstreflexionen<br />
und Fantasien dienen ihr als Instrument<br />
neue Bilder zu komponieren. Die<br />
Materialität des Papiers, sein Alterungsprozess<br />
und die Druckqualität spielen<br />
eine zentrale Rolle für die physische<br />
Präsenz ihrer Bilder.<br />
Lupe Godoy´s Collagen aus (re-) produzierten<br />
Fotografien thematisieren<br />
Überfluss, Schönheit, Kunstgeschichte,<br />
© Lupe Godoy, Perfectamente inutiles, 2011.<br />
Collage, Mischtechnik auf Papier, 44 x 44 cm<br />
© Lupe Godoy, dangerous love, 2011. Collage,<br />
Mischtechnik auf Papier, 44 x 44 cm<br />
© Lupe Godoy, No volveré a encontrar a esa<br />
muchacha, 2011. Collage, Mischtechnik auf<br />
Papier, 44 x 44 cm<br />
Vernissage am Samstag, 1. Juni <strong>2013</strong><br />
von 19 Uhr - 22 Uhr<br />
Finissage am Samstag, 6. Juli <strong>2013</strong> von<br />
19 Uhr - 22 Uhr<br />
© Lupe Godoy, aus der Serie: Salzstatuen, 2011.<br />
Collage, Mischtechnik auf Papier, 30 x 30 cm<br />
© Lupe Godoy, Heißen nicht, 2011. Collage,<br />
Mischtechnik auf Papier, 44 x 44 cm<br />
Geschlechterrollen, Ökologie und eine<br />
Welt, in der der Körper zur Ware geworden<br />
ist. Gerade weil ihre Werke mit ähnlichen<br />
Mechanismen und ästhetischen<br />
Tricks wie ihre Vorlagen arbeiten, fordern<br />
sie den Betrachter heraus. Denn sie<br />
hinterfragen unsere Vorstellungen von<br />
Schönheit, unser Bild des Anderen und<br />
des Fremden.<br />
2. Juni bis 6. Juli <strong>2013</strong><br />
kunstraum FRÖAUF<br />
Fröaufstraße 7<br />
12161 Berlin-Friedenau<br />
Do – Sa 16 – 19 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
www.fröauf.de<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
49
Galerien<br />
Durchscheinende<br />
Dinge<br />
Translucent Matters<br />
Annette von Dewitz<br />
Silke Grossmann<br />
Ann Provan<br />
»Installationen/<br />
Objekte – Fotografie –<br />
Malerei«<br />
Die Künstlerinnen Annette von Dewitz,<br />
Silke Grossmann und Ann Provan, Vertreterinnen<br />
einer Generation, aber<br />
dreier unterschiedlicher Medien haben<br />
sich mit Installationen und Objekten,<br />
Schwarz-Weiß-Fotografien und farbigen<br />
Aquarellen und Gouachen zu<br />
einer gemeinsamen Ausstellung in den<br />
Räumen des Verborgenen Museums<br />
zusammengefunden.<br />
Wie der Titel »Durchscheinende Dinge«<br />
verrät, verbindet ihre Werke aus und<br />
auf Papier das Mehrschichtige, das nur<br />
scheinbar Verdeckte: im schwebenden<br />
Objekt wie im Aquarell, aber auch in<br />
den Fotografien mit feinsten Grauabstufungen<br />
gehen die Künstlerinnen, jede<br />
auf ihre Weise von der Realität aus,<br />
lassen sie phantastische Räume entstehen<br />
und evozieren aus Abstraktionen<br />
die unterschiedlichsten Assoziationen.<br />
Dabei tragen in allen Arbeiten<br />
Licht und Schatten zu einem spürbaren<br />
Widerstreit zwischen einem geheimnisvoll<br />
Verborgenen und der erkennbaren<br />
Realität bei.<br />
SILKE GROSSMANN wollte ursprünglich<br />
Malerin werden, entschied sich<br />
dann aber für experimentellen Film<br />
und Fotografie. Nach Abschluss ihres<br />
Kunststudiums und einem Studienjahr<br />
in Amerika hat sie Ausstellungen im Inund<br />
Ausland gemacht, Fotofilme und<br />
Künstlerbücher veröffentlicht. 1992<br />
wurde sie für ihre Arbeit mit dem am<br />
© Silke Grossmann, von rückwärts, 1980,<br />
Silbergelatineprint, 50 x 60 cm<br />
© Silke Grossmann, Entfernungsverschiebung<br />
Dünenabhang, 1993/2011,<br />
Silbergelatineprint,<br />
Museum Folkwang vergebenen Albert-<br />
Renger-Patzsch-Preis ausgezeichnet.<br />
Silke Grossmann lehrt seit 1995 als<br />
Professorin für künstlerische Fotografie<br />
an der Hochschule für bildende Künste<br />
in Hamburg. Sie lebt und arbeitet am<br />
nahegelegenen Schaalsee, ist verheiratet<br />
und hat einen erwachsenen Sohn.<br />
In ihrer fotografischen und filmischen<br />
Arbeit verfolgt Silke Grossmann seit<br />
Mitte der 70er Jahre ein durchgängiges<br />
Interesse: die Verbindung des Menschen<br />
mit seiner unmittelbaren, räumlichen<br />
Umgebung, sei es Landschaft oder<br />
Architektur. Doch auf ihren Bildern sind<br />
nicht etwa private Lebens- oder Arbeitswelten<br />
zu sehen, denn sie begreift ihre<br />
Fotografie vor allem als Abstraktionsprozess.<br />
Bei ihren Portraits, die oft nur<br />
Teilansichten von Personen zeigen, sind<br />
© Silke Grossmann, Entfernungsverschiebung,<br />
Silbergelatineprint<br />
© Silke Grossmann, Marlauer Kamp I,<br />
1999/<strong>2013</strong>, ink-jet print, 85 x 120 cm<br />
diese geradezu eingearbeitet in ihren<br />
Umraum und nicht, wie häufig in zeitgenössischen<br />
Portraits, isoliert oder freigestellt.<br />
In ihren fotografischen Bildern<br />
und Bildsequenzen setzt Silke Grossmann<br />
die betrachtende oder handelnde<br />
Person in Wechselbeziehung zur Komplexität<br />
des bewegten Raums und des<br />
Lichts. Und auch, wenn in ihren Fotografien<br />
keine Menschen anwesend sind,<br />
so ist die physische Präsenz der Fotografin<br />
immer deutlich erkennbar. Denn<br />
es geht ihr um eine Wahrnehmung am<br />
Ort, die etwa eine Landschaft nicht nur<br />
mit dem Gesichtssinn und als repräsentatives<br />
Gegenüber, sondern durch die<br />
eigene Bewegung und mit allen körperlichen<br />
Sinnen in einer Art dialogischem<br />
Prozess zu erfahren sucht.<br />
50 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galerien<br />
© Annette von Dewitz, eckige Körper, <strong>2013</strong>,<br />
Papier/Holz, 250 x 200 cm<br />
©Annette von Dewitz, Pläne, 2012 (Detail),<br />
Monotypie, 212 x 176 cm<br />
Silke Grossmann fotografiert in Schwarz-<br />
Weiß und bevorzugt für die Arbeit am<br />
Bild und das Denken in den Lichtumkehrungen<br />
des Negativs nach wie vor<br />
die Dunkelkammer.<br />
Fotografien von Silke Grossmann sind<br />
u.a. vertreten im Museum Folkwang<br />
Essen, im Münchner Fotomuseum, der<br />
Kunsthalle Hamburg, dem Stadtmuseums<br />
Stuttgart.<br />
Die Installationskünstlerin ANNETTE<br />
VON DEWITZ studierte Ende der 1960er<br />
Jahre in Hamburg an der Hochschule<br />
für Gestaltung Grafik/ Design/Grafische<br />
Drucktechniken. Sie war 1975-<br />
1986 an verschiedenen Hochschulen<br />
in der Lehre tätig. Seit 1978 ist sie freischaffende<br />
Künstlerin mit eigenem Atelier<br />
und Radierwerkstatt in Hamburg;<br />
Annette von Dewitz ist verheiratet, hat<br />
zwei erwachsene Kinder und lebt und<br />
arbeitet seit 1986 in Köln/Bonn.<br />
Annette von Dewitz` Markenzeichen<br />
sind die leichtgewichtigen Installationen<br />
aus Papier, Kunststoff und Metall.<br />
Mit Vorliebe kreiert sie schwerelose<br />
Objekte aus gefundenem Material des<br />
alltäglichen Lebens - entweder Einzelstücke,<br />
häufig aber auch aus bis zu einhundert<br />
Teilen konstruierte Serien, die<br />
einer geometrischen Ordnung folgen<br />
können. Immer entwickeln ihre Kreationen<br />
ein Eigendasein von besonderer<br />
Aura. Oft roh im Material und an<br />
der Oberfläche, sind sie empfindlich in<br />
ihrem neuen Zuschnitt und muten teils<br />
minimalistisch, teils asiatisch, manchmal<br />
kalligraphisch streng oder aber<br />
auch rhythmisch verspielt an.<br />
Während des Arbeitsprozesses entstehen<br />
unter ihrer Hand auch dreidimensionale<br />
Formationen, die sich auf den<br />
Ausstellungsort hin angelegt erst vor Ort<br />
für die Wahrnehmung der Betrachtenden<br />
zu erkennen geben werden. Die<br />
Installationen von Annette von Dewitz<br />
leben auch von skripturalen und vegetabile<br />
Zeichen, die »lesbar« erscheinen,<br />
aber doch nicht zu entschlüsseln sind.<br />
Seit 1973 hat sie Einzelausstellungen<br />
und Ausstellungsbeteiligungen im Inund<br />
Ausland.<br />
ANN PROVAN ging Mitte der<br />
1960er Jahre, nach Abschluss an der<br />
BerkeleyHigh School in Kalifornien<br />
nach Paris und begann dort als Model<br />
für verschiedene Modehäuser wie u.a.<br />
ChristianDior zu arbeiten. In dieser<br />
Zeit begegnete sie dem Modemacher<br />
Karl Lagerfeld und dem Modezeichner<br />
Antonio Lopez. Lopez förderte und<br />
entwickelte ihr Interesse an der Kunst.<br />
Nach ihrerRückkehr in die USA machte<br />
sie denMaster of Fine Arts in Malerei<br />
amSanFrancisco Art Institute. Sie lebt<br />
mit ihrem Mann, dem Künstler David<br />
Provan und zwei Kindern in Cold Spring,<br />
NY, nördlich von New York City.<br />
Ann Provan beschäftigt sich in ihren<br />
Aquarellen und Installationen mit der<br />
Wahrnehmung des Raums. Organischen<br />
Formen entlehnte Figurationen,<br />
Vergrößerungen, Transparenzen und<br />
©Ann Provan, Organisme, 2012, Aquarell,<br />
31 x 32 cm, (Original in Farbe)<br />
© Ann Provan, Living with trees #2, 2009,<br />
Aquarell, 28 x 42 cm, (Original in Farbe)<br />
Schatten werden scharf umrissen oder<br />
unscharf gesehen zu Papier gebracht.<br />
Darüberhinaus imaginieren ihre Inventionen<br />
dreidimensionale Objekte außerhalb<br />
des Bildrahmens.<br />
Ausstellungen in den USA, darunter in<br />
New York City und im Ausland.<br />
Werke von ihr sind in den Sammlungen<br />
des Museum of Modern Art, New York,<br />
des Art Institute of Chicago, der University<br />
of Oregon, im Franklin Furnace<br />
Archive und in Privatsammlungen.<br />
Eröffnung: 17. April <strong>2013</strong>,<br />
Einführung: Ursula Meyer-Rogge<br />
18. April bis 16. Juni <strong>2013</strong><br />
DAS VERBORGENE MUSEUM<br />
Schlüterstraße 70<br />
10625 Berlin-Charlottenburg<br />
Do & Fr<br />
Sa & So<br />
15 – 19 Uhr<br />
12 – 16 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
51
Galerien<br />
Jürgen Bürgin<br />
»URBAN BALLADS«<br />
»Urban Ballads« von Jürgen Bürgin ist<br />
eine Serie von Fotografien, die in den<br />
Jahren 2010-<strong>2013</strong> in Städten wie Berlin,<br />
New York, Chicago, Paris, London,<br />
Shanghai, Tokio etc. entstanden sind.<br />
Die Fotografien zeigen Fremde, sie sind<br />
ungestellt, es sind Straßenfotografien –<br />
»street photographs«. Viele der Bilder<br />
könnten Filmstills sein, sie könnten Teil<br />
einer Filmhandlung sein, sie stoßen<br />
Geschichten im Betrachter an, der sich<br />
das Davor und das Danach dazuerfindet<br />
– die Fotografien werden dadurch gleichsam<br />
zu fiktionalen Bildern mit dokumentarischen<br />
Mitteln. Manche seiner<br />
Bilder zeigen Menschen, die einsam<br />
wirken, manche strahlen eine leise<br />
Melancholie aus. Viele sind in der Nacht<br />
entstanden, oder bei Regen. Für einen<br />
Sekundenbruchteil kommen wir diesen<br />
fremden Menschen näher, wir scheinen<br />
an einem kleinen Abschnitt ihrer Biographie<br />
teilzuhaben, dann gehen sie<br />
wieder weg und verschwinden in der<br />
Anonymität der Großstädte.<br />
Jürgen Bürgin ist 1971 in Lörrach geboren.<br />
Nach dem Studium der Germanistik<br />
in Freiburg arbeitet er seit 1999 in Berlin<br />
in einer Film-PR-Agentur. Neben seiner<br />
Arbeit in der Filmbranche ist er seit 2010<br />
als Fotograf tätig. Im Jahr 2011 wurde<br />
er für einen Sony World Photography<br />
Award nominiert. 2012 belegte er den<br />
2. Platz beim Brennpunkt Award anlässlich<br />
des Browse Fotofestivals in Berlin,<br />
und er gewann sowohl einen U-Bahn-<br />
Fotowettbewerb als auch einen Street<br />
Fashion-Fotowettbewerb im Jahr 2012,<br />
beide ausgerichtet von der renommierten<br />
Berliner Fotogalerie C/O Berlin. Die<br />
Ausstellung in der Fotogalerie Friedrichshain<br />
ist seine erste Einzelausstellung.<br />
»When people look at my pictures I want<br />
them to feel the way they do when they<br />
want to read a line of a poem twice«.<br />
Robert Frank<br />
© Jürgen Bürgin<br />
Vernissage<br />
27. Juni <strong>2013</strong>, 19 Uhr<br />
28. Juni bis 2. August <strong>2013</strong><br />
Fotogalerie Friedrichshain<br />
Helsingforser Platz 1<br />
10243 Berlin-Friedrichshain<br />
www.juergenbuergin.com/<br />
Di, Mi, Fr, Sa<br />
Do<br />
14 – 18 Uhr<br />
10 – 18 Uhr<br />
52 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galeriebericht<br />
Panta rhei – alles<br />
fließt.<br />
Eigentlich muss man für so einen Spruch<br />
nicht die ollen Griechen bemühen, zerfließen<br />
doch überall Grenzen, Normen<br />
und einstige Gewissheiten. Rousseaus<br />
»Zurück zur Natur« klingt heute wie<br />
ein schlechter Scherz, in unserem<br />
»Anthropozän«, dem Zeitalter des Menschen,<br />
der sich die Erde längst untertan<br />
gemacht hat. Im Haus der Kulturen<br />
der Welt läuft dazu bis Ende 2014 ein<br />
Multimediaprojekt. Wir nehmen die uns<br />
umgebende Wirklichkeit und alles, was<br />
uns widerfährt, längst durch ein mediales<br />
Filter auf, unter dem Einfluss der<br />
technischen Bilder, auch wenn wir versuchen,<br />
uns dem zu widersetzen. Der<br />
Philosoph Vilém Flusser hat uns das<br />
schon vor 30 Jahren geweissagt, lange<br />
vor Cyberspace und Smartphone. Was<br />
er wohl jetzt sagen würde zu Googles<br />
neuer Datenbrille, die auf Zuruf<br />
Fotos und Videos aufnehmen und das<br />
mobile Internet auf unsere naseweise<br />
Nase setzen will? Damit schöbe sich der<br />
Info-Terror endgültig zwischen uns und<br />
die Realität. Aber Flusser hält mit Sarkasmus<br />
einen Trost für uns bereit: Mit<br />
wachsender »Cerebration« (Gehirntätigkeit)<br />
durch das Virtuelle werden wir<br />
körperlich schrumpfen, womit letztlich<br />
auch das Problem der Überbevölkerung<br />
unserer Erde gelöst sein könnte.<br />
© Michael Busse<br />
© Margaret Bourke-White<br />
Nach diesem bösen Exkurs schlüpfen<br />
wir durch die Ladentür der aff-Galerie<br />
in Friedrichshain und sind umgeben<br />
vom ruhigen Fluss der Havel und<br />
der Spree, auf deren dunklen Wassern<br />
Michael Busse unterwegs war, um Fontane<br />
zu den »Liebesinseln« aus seinem<br />
Roman »Der Stechlin« zu begleiten.<br />
Die träumerisch verwischten Impressionen<br />
haben wenig Idyllisches, sie verweisen,<br />
wie der Roman von 1898, auf<br />
die damals bevorstehenden Umbrüche<br />
in der Gesellschaft und durch ihren filmischen<br />
Charakter gleichzeitig auf den<br />
Lebenslauf des Fotografen, der uns gern<br />
Auskunft gibt: Nach 80 Dokumentarfilmen<br />
für das deutsche, französische<br />
und spanische Fernsehen, die ihm prominente<br />
Preise einbrachten, wollte er<br />
etwas machen, was nicht von der Quote<br />
bestimmt ist, etwas weniger Aufgeregtes,<br />
und so fand er »zurück« vom Film<br />
zum Foto, ohne die Bewegung aufzugeben.<br />
Solche Grenzgänge sind ja oft<br />
sehr fruchtbar.<br />
Bei dem jungen Franzosen Stéphane C.<br />
bei Pavlov’s Dog könnte ich’s mir vorstellen.<br />
Er kreist mit der Kamera buchstäblich<br />
um sich selbst und seine Freunde,<br />
wie es heute allzu oft geschieht, aber<br />
seine verhuschten Unschärfen und<br />
vagen Schwärzen, selbst auf Baryt vergrößert,<br />
erzählen von etwas, was über<br />
den intimen Moment hinausgeht.<br />
Während bei ihm und Busse die Kamera<br />
in Bewegung ist, verharrt sie bei Lohner<br />
Carlson in der Galerie Springer auf dem<br />
Stativ, liefert aber »active images«. Es<br />
tut sich was auf den Flachbildschirmen<br />
an der Wand. Da stolzieren Wasservögel<br />
durch den Fluss, rollen Autokolonnen<br />
über die Brücke am Bosporus,<br />
spielt Sonnenlicht vielfach reflektiert<br />
auf den Wellen. Das ist ein toller<br />
Effekt. Bewegte Film-Stills gewissermaßen.<br />
Doch vom Film erwartet man Veränderung.<br />
Niemand steigt zweimal in<br />
denselben Fluss, wussten die Griechen.<br />
Diese Video-Kürzel reizen den Betrachter,<br />
das an den Bildern auszuprobieren.<br />
Denn hier erschöpft sich Veränderung in<br />
permanenter Wiederholung. Die Autoren<br />
haben eine Begründung für ihr Tun,<br />
sie wollen »die eklatante Lücke schließen<br />
zwischen Fotografie und narrativem<br />
Film«. Ich empfehle den Mut zur<br />
Lücke. Die Ausstellung ist wegen der<br />
großen Resonanz bis 4. Mai verlängert.<br />
Es erscheint ein Bildband dazu. Wie<br />
geht das? Mit angehaltenen bewegten<br />
Film-Stills?<br />
Den Fluss der Geschichte haben andere<br />
sehr lebendig fest- aber nicht angehalten.<br />
So Paul Georg Herrmann die dramatischen<br />
Studentenproteste im Westberlin<br />
von 1968, aus großer Nähe und<br />
mit viel Empathie. Wasserwerfer und<br />
berittene Polizei sind in wilder Aktion.<br />
Zudem sieht man die Akteure und<br />
Unterhändler von damals. Der Riesenandrang<br />
zur Eröffnung im Berliner Fotosalon<br />
spiegelte das immer noch starke<br />
Interesse an den so folgenreichen Ereignissen,<br />
deren aktive Teilnehmer heute<br />
meist im Rentenalter sind.<br />
Eine privilegierte Chronistin war Margaret<br />
Bourke-White, noch bis 14. April<br />
im Gropiusbau. Liiert mit dem amerikanischen<br />
Kunstfotografen Clarence H.<br />
White, traf sie in den Zwanzigern zur<br />
rechten Zeit die richtigen Leute für eine<br />
Traumkarriere als Fotografin für die führenden<br />
Zeitschriften, allein unter Männern,<br />
denen sie in nichts nachstand,<br />
nicht in der perfekten Technik, nicht<br />
im ausgefeilten Bildaufbau nach den<br />
Regeln der Neuen Sachlichkeit. Die<br />
Sachlichkeit ging allerdings so weit,<br />
dass sie ihr jede Emotion opferte. Die<br />
Menschen sind Bestandteile ihrer Inszenierungen<br />
oder zumindest Arrangements,<br />
in amerikanischen Fabrikhallen<br />
1930 ebenso wie 1945 in den deutschen<br />
Flüchtlingstrecks. Ihr sonnig strahlendes<br />
Heldenporträt von Josef Stalin 1943<br />
kann man mit dem Wissen von heute<br />
kaum ertragen. Es lehrt uns aber, wie<br />
sehr die Zeiten uns und unsere Perspektive<br />
verändern. Solches vermag die<br />
Fotografie. Zu Bourke-Whites Zeiten<br />
war Technik gleichbedeutend mit Fortschritt,<br />
Arbeit, steigender Lebensqualität.<br />
Dieses Ideal hat längst tiefe Risse<br />
bekommen. Damit hat sich auch die<br />
fotografische Sprache selbst verändert,<br />
sie ist kritischer geworden, emotiona-<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
53
Galeriebericht<br />
ler, offener in ihren Mitteln, vor allem<br />
da, wo sie unseren Lebensumständen<br />
nachspürt.<br />
Das spiegelt sich in den Berichten aus<br />
der ostdeutschen Provinz.<br />
Stephanie Steinkopf gewann mit »Manhattan,<br />
Straße der Jugend« den Vattenfall<br />
Fotopreis 2012. Ort der Handlung:<br />
Eine Plattenbausiedlung im Oderbruch,<br />
1986 fertiggestellt, mit Ofenheizung.<br />
Bei c/o berlin war eine bewegende<br />
Reportage zu sehen von Daniel Seiffert,<br />
aus dem Spreewaldstädtchen Lübbenau,<br />
»Kraftwerk Jugend«. Er machte<br />
damit seinen Abschluss an der Ostkreuzschule.<br />
Ebenfalls aus dem Spreewald kommen<br />
Conny Höflichs stille Schwarzweißbilder<br />
aus einem stillen Dorf, aus dem<br />
jede Infrastruktur entwichen ist. Im<br />
März bei »25books« vorgestellt, widmete<br />
ihr Hansgert Lambers ein Büchlein<br />
der bibliophilen Art in seinem expose<br />
verlag.<br />
Stefan Boness (Alte Feuerwache) war<br />
in Hoyerswerda unterwegs, der am<br />
stärksten schrumpfenden Industriestadt<br />
Deutschlands. (Das Phänomen<br />
gibt es übrigens auch im Westen). Hoyerswerda<br />
war einst ein Vorzeigemodell<br />
der DDR. Den kaum noch bewohnten<br />
Komplexen und den Industriebrachen<br />
galt sein gestalterisches Interesse, weniger<br />
den Betroffenen. Gemeinsam ist den<br />
jungen Autoren, die die Wende allenfalls<br />
als Kinder erlebt haben, die starke<br />
Anteilnahme an den sozialen Problemen<br />
der Menschen, und die manchmal<br />
lässige fotografische Form ermöglicht<br />
uns leichter den Zugang.<br />
© Maija Savoleinen<br />
Im Kontrast dazu war ich überrascht<br />
von der technischen Akribie, mit der<br />
sich 5 junge Vertreterinnen der Helsinki-<br />
School in den Nordischen Botschaften<br />
vorstellten. Der formalen Spitzfindigkeit<br />
und mathematischen Symbolik versuche<br />
ich mittels ihrer Kommentare beizukommen,<br />
wie ihn z.B. Maija Savoleinen<br />
liefert. Ihr verschrobener Text wirkt<br />
allerdings eher wie eine Parodie auf die<br />
geistreichen Analysen von Fotohistorikern.<br />
Das Aushängeschild der Ausstellung<br />
ist irreführenderweise ein wunderbares<br />
Porträt in glasklarem Schwarzweiß<br />
von Nelli Palomäki, das, wie ihre übrigen<br />
harmonischen Konterfeis, keiner<br />
Erklärung bedarf. Die 5 Frauen sind von<br />
der Aalto-Uni ausersehen für ein Künstlerstipendium<br />
in Deutschland.<br />
In der aff-Galerie sind es zwei Frauen,<br />
die mit ihren zarten, sensiblen Frauenbildnissen<br />
fast ein Klischee bedienen;<br />
Dvorah Kern und Marit Beer.<br />
Kern hat ihre jüngere Schwester in spontanen<br />
Augenblicken über 7 Jahre beobachtet,<br />
Beer spielt mit seidigen Tüchern<br />
und lauscht Frauen ihre Träume ab (siehe<br />
<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2013</strong>).<br />
© Nora Peisger<br />
Eine Frau ist es auch, deren Porträts<br />
mich am Photoplatz des Hotel Bogotá<br />
unmittelbar ansprechen: Nora Peisger.<br />
Sie hatte eine Idee, die man als höchst<br />
bedenklich bezeichnen könnte: Menschen<br />
dazu zu bringen, von düsteren<br />
und verzweiflungsvollen Phasen ihres<br />
Lebens vor der Kamera zu erzählen.<br />
Ein solches Eindringen in die intime<br />
Gefühlswelt erfordert so viel Takt, so<br />
viel Zuwendung der Fotografin und so<br />
viel Bereitschaft zur Offenbarung der<br />
eigenen Emotionen seitens der fotografierten<br />
Person, dass ein Gelingen schier<br />
unmöglich scheint. Aber es gelang, und<br />
es packt den Betrachter mit Wucht.<br />
Die Arbeit ist ein Ergebnis des Seminars<br />
Dokumentarfotografie, das der Berliner<br />
Frank Silberbach in Magdeburg durchgeführt<br />
hat. Neun weitere Teilnehmer<br />
waren im Hotel Bogotá vertreten, alle<br />
mit einer spannenden Serie. Damit hat<br />
Joachim Rissmann einmal mehr seinen<br />
Photoplatz zu einem wichtigen Forum<br />
gemacht, das obendrein während der<br />
Filmfestspiele alltäglich mit den jeweils<br />
brandaktuellen Promi-Fotos von Gerhard<br />
Kassner geadelt wurde. »In-er«<br />
geht’s nicht.<br />
Wenn ich auch gern den lockeren<br />
Umgang mit der Technik toleriere, freue<br />
ich mich doch über eine handwerklich<br />
saubere Arbeit. Dafür sind mir diesmal<br />
zwei total unterschiedliche Sujets<br />
aufgefallen. In der Galerie Carpentier<br />
waren es die »Venetian Settings« von<br />
Maximilian Meisse, Fassaden, die sich<br />
im ruhigen Wasser der Kanäle spiegeln,<br />
Architekturfotografie vom Feinsten, mit<br />
einer unglaublichen Aura aus der Tiefe<br />
des Bildes heraus, mit dem Atem der<br />
Geschichte. Ohne Venezianer, ohne<br />
Touristen.<br />
© Maximilian Meisse<br />
Den umgekehrten Weg ist Christian<br />
Reister gegangen. Er hat »New Yorkers«<br />
ohne New York fotografiert, »von Angesicht<br />
zu Angesicht«, ausgestellt in einer<br />
entzückenden Buchhandlung .mit Café<br />
und Galerie in der Urbanstraße, mit<br />
dem poetischen Namen »playing with<br />
eels«. Vor einer grau gestrichenen Ziegelmauer<br />
hat er sein Stativ aufgebaut,<br />
inmitten des quirligen Stroms der Passanten,<br />
bittet immer wieder Einzelne<br />
oder Paare für einen Augenblick vor<br />
seine Kamera, nutzt die Überraschung,<br />
den Moment der Konzentration auf die<br />
unerwartete Situation, und so gelingen<br />
ihm wunderbare Menschenbilder, in<br />
denen die Zeit angehalten ist, aber das<br />
Leben erst recht zur Geltung kommt.<br />
Beglückend!<br />
Noch immer lebendig ist die Berliner<br />
Offszene. Sie hat sich von Kreuzberg<br />
zum Prenzlauer Berg und nach Neukölln<br />
ausgedehnt, aber auch am Wedding<br />
kann man fündig werden, da, wo<br />
54 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Galeriebericht<br />
© Christian Reister<br />
© Christer Strömholm<br />
er am hässlichsten ist, gegenüber dem<br />
»Stattbad« in der Gerichtsstraße. Man<br />
stolpert über 3 Höfe, vorbei an ausgemusterten<br />
Kunstobjekten, ersteigt etliche<br />
Eisentreppen und wird bei dröhnender<br />
Musik empfangen von einer charmant<br />
radebrechenden Französin. Sie weist<br />
mir den Weg durch das Chaos und verkauft<br />
mir einen scheußlichen Rotwein<br />
aus der Pappkiste, aber dann trete ich in<br />
einen heiligen Raum der Fotografie, aufs<br />
beste gehängt und beleuchtet an Stellwänden,<br />
liebevoll ins Werk gesetzt.<br />
»In 8 Linsen um die Welt« titeln die<br />
Autoren in schöner Bescheidenheit.<br />
Am ehesten wird mir haften bleiben:<br />
Ein Set fotografischer Spielkarten von<br />
Severine Jonquiere als Metapher für<br />
das böse Spiel des Menschen mit dem<br />
Menschen.<br />
Solcherart frankophil eingestimmt, fällt<br />
der Wechsel zu Christer Strömholms<br />
»Les Amis de Place Blanche« aus dem<br />
Paris der fünfziger Jahre nicht schwer.<br />
Mit dieser Serie aus dem Milieu der Transvestiten,<br />
deren auf Hartfaser geklebte<br />
Originale schon bei Swedish Photography<br />
zu sehen waren, hat er seinen Weltruhm<br />
und seine spätere Rolle als Mentor<br />
und Lehrer einer ganzen Fotografengeneration<br />
seiner Heimat begründet. c/o<br />
berlin bot jetzt – noch im Postfuhramt –<br />
eine umfangreiche Werkschau mit den<br />
wichtigsten SW-Fotografien, zum Teil<br />
mit den zugehörigen Kontaktbögen,<br />
die die Bildauswahl des Meisters nachvollziehbar<br />
machen. Ein Grundsatz war<br />
ihm die absolute Offenheit gegenüber<br />
den Porträtierten, ein Grad der Vertrautheit,<br />
der sich zur Sinnlichkeit verdichtet<br />
und so die Empathie des Betrachters herausfordert.<br />
Das schafft er verblüffenderweise<br />
sogar mit Sachaufnahmen.<br />
Aus ganz anderem Holz geschnitzt ist<br />
unser widerborstiger Säulenheiliger<br />
mit der Berliner Schnauze, Michael<br />
Schmidt. »Grau ist meine Farbe« sagt<br />
er gern.<br />
Mit den düsteren Serien »Waffenruhe«<br />
und »Ein-heit« ist er international berühmt<br />
geworden. Jetzt, für »Lebensmittel« im<br />
Gropiusbau, hat er erstmalig ein paar<br />
Farbbilder eingestreut. Erstmalig? Kaum<br />
einer weiß es: Ende der Sechziger – er<br />
ist 1945 geboren – war er ein paar Jahre<br />
bei der Amateurfotografen Vereinigung<br />
Kreuzberg (VDAV). Da hat er sich<br />
sein technisches Rüstzeug geholt und<br />
zugleich seine Abneigung gegen das<br />
»schöne Bild«, wie es dort gepflegt<br />
wurde. Ute Eskildsen hat dieses Detail<br />
1996 im Katalog des Museum Folkwang<br />
erwähnt. Bei den »Kreuzbergern« hat<br />
er damals auch Diaserien gezeigt und<br />
damit Punkte in der Clubwertung erzielt.<br />
Wenig später waren sein fotografisches<br />
Selbstbewusstsein und seine legendäre<br />
Streitsucht schon so weit gewachsen,<br />
dass er an der VHS Kreuzberg sein<br />
Forum fand und bald die »Werkstatt für<br />
Fotografie« gründete, aus der manch’<br />
heute erfolgreicher Profi hervorging.<br />
Er hat immer gern provoziert. Im<br />
Herbst 1975 zeigte er dem Berliner<br />
Galeristen Rudolf Springer seine Bilder.<br />
© Michael Schmidt<br />
»So viel Langeweile muss Methode<br />
haben« erkannte der und stellte ihn<br />
aus. »Det war wunderbar,« erinnert<br />
sich Michael Schmidt, »ick dachte, det<br />
wird allet vakooft. Natürlich wurde<br />
nüscht vakooft!« (Zeitmagazin 1996).<br />
Das dürfte heute anders aussehen.<br />
Aber mit der Langeweile haben auch<br />
Heutige zu kämpfen, angesichts der<br />
ermüdenden Wiederholungen und<br />
scheinbar willkürlichen Bildausschnitte,<br />
mit deren Enträtselung der Autor den<br />
Betrachter vollkommen allein lässt.<br />
Diese Lebensmittel sind hartes Brot,<br />
an dem wir uns die Zähne ausbeißen<br />
sollen. Von Michael Schmidt ist leicht<br />
Verdauliches nicht zu erwarten.<br />
Aber die Berliner Szene ist in Bewegung,<br />
gebiert neue Trends und manche<br />
Ungereimtheit, da muss uns um die<br />
Zukunft des Mediums nicht bange<br />
sein.<br />
Das originale Bild an der Wand einer<br />
Galerie wird sich noch lange gegen alle<br />
Screens der medialen Welt behaupten.<br />
Oder denke ich da wie der olle Kaiser<br />
Wilhelm, der an das Pferd glaubte und<br />
das Automobil für eine flüchtige Mode<br />
hielt? Mir auch egal, ich bin schließlich<br />
80.<br />
Klaus Rabien<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
55
Fotoszene<br />
Was Natur wirklich<br />
ist – Fotografien von<br />
Frank Darius<br />
aus der Sicht des<br />
Naturphilosophen<br />
Andreas Weber<br />
Performance &<br />
Gespräch<br />
Die Isolierung des Menschen ist nicht<br />
das tiefste Kennzeichen seiner Natur,<br />
sondern beruht auf der fälschlichen<br />
Trennung von menschlichem und anderen<br />
Leben, von Ich und Welt, Geist und<br />
Gedicht. In den letzten Jahren hat die<br />
Biologie, die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
alle Mühe gegeben hat, Empfindung<br />
aus der Natur zu vertreiben, das<br />
Gefühl als Basis des Lebens wiederentdeckt<br />
– und damit auch das Bild des<br />
Menschen auf den Kopf gestellt. Haben<br />
wir uns bislang ebenfalls als biologische<br />
Maschinen verstanden, in denen<br />
irgendwie vage noch ein seelischer<br />
Faktor enthalten war, so finden wir nun<br />
das Gefühl als Prinzip der Natur wieder.<br />
Mehr noch: Die neue Biologie zeigt,<br />
dass das Phänomen des Fühlens nicht<br />
nur das Bewusstsein erklären kann, sondern<br />
alle Lebensvorgänge.<br />
Auf Einladung der Alfred Ehrhardt Stiftung<br />
setzt sich der Naturphilosoph<br />
Andreas Weber in der Reihe »Literaturhaus<br />
der Fotografie« mit den Aufnahmen<br />
Frank Darius’ auseinander. »Ich<br />
suche danach, was Natur wirklich ist«<br />
lautet, so Weber, die dem Werk von<br />
Frank Darius zugrundeliegende Frage.<br />
»Es ist eigentlich schon eine ,Romantik<br />
2.0’, die Darius für uns erschließt, und<br />
sie ist ein nicht nur ästhetisches Konzept<br />
für die anstehenden Fragen des<br />
21. Jahrhunderts. Ja, es gibt die poetische<br />
Dimension der Welt; und ja, sie<br />
ist zugänglich – aber diese Zugänglichkeit<br />
ist uns und unserem schöpferischen<br />
Sehen geschuldet, und zwar darum, weil<br />
wir ein lebendiger Teil dieser lebendigen<br />
Welt sind.« (Andreas Weber)<br />
Frank Darius, Teufelsberg 2001/10, 120 x 143 cm, © VG Bildkunst Bonn/ Frank Darius, (O.i.F.)<br />
Dr. phil. Andreas Weber (*1967) arbeitet<br />
nach einem Studium der Biologie und<br />
Philosophie als Schriftsteller, Journalist,<br />
Dozent und Politikberater. In seinen literarischen<br />
Sachbüchern wie Alles fühlt.<br />
Mensch, Natur und die Revolution der<br />
Lebenswissenschaften (2008), Biokapital.<br />
Die Versöhnung von Ökonomie, Natur<br />
und Menschlichkeit (2010) und Minima<br />
Animalia. Ein Stundenbuch der Natur<br />
(2012) setzt sich Weber für eine Überwindung<br />
der mechanistischen Interpretation<br />
von Lebensphänomenen ein.<br />
Wegen des beschränkten Platzkontingents<br />
bitten wir um Voranmeldung.<br />
Moderation:<br />
Thomas Böhm<br />
Leiter internationales literaturfestival<br />
berlin<br />
Am Mittwoch, 17. April <strong>2013</strong>,<br />
19.00 Uhr<br />
Eintritt frei<br />
Andreas Weber<br />
© Valentina Bosio-Raynard<br />
Alfred Ehrhardt Stiftung<br />
Auguststr. 75<br />
10117 Berlin<br />
Tel: 030 / 200953-33, Fax -34<br />
info@alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />
www.alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />
56 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Fotoszene<br />
VHS Friedrichshain-<br />
Kreuzberg<br />
Offenes S/W Fotolabor<br />
Nur für selbstständig arbeitende, fortgeschrittene<br />
Kursteilnehmer!<br />
Individuelle Unterstützung und Beratung<br />
insbesondere bei Sonderprojekten<br />
(Großformatdruck, Fine-Art-Printing,<br />
Tonen, Sonderdruckverfahren, S/<br />
W-Filmentwicklung, etc.) ist möglich.<br />
Falls gewünscht steht nach Vereinbarung<br />
Prof. Lutz Matschke, ein fachkompetenter<br />
S/W Fine Art Printer, vor Ort<br />
zur Verfügung.<br />
Die Nutzungstermine nach Vereinbarung.<br />
Vorherige telefonische, elektronische<br />
oder persönliche Anmeldung sind<br />
unbedingt erforderlich:<br />
Telefon 030 / 2219 5519<br />
Fotopapier und -chemie müssen mitgebracht<br />
werden.<br />
Chemieentsorgung übernimmt die VHS<br />
ist also im Entgelt enthalten.<br />
Nutzungsentgelt pro Stunde: 5 Euro<br />
(unabhängig von der Personenzahl),<br />
einmalig 3 Euro Anmeldegebühren.<br />
© Lutz Matschke, LM 0275, Barcelona, Februar 1986<br />
Die Teilnehmer sind gehalten eine Nutzerordnung<br />
für das Labor zu unterzeichnen!<br />
FK2.605 Peter Held<br />
Termine nach Vereinbarung über die<br />
Programmbereichsleitung!<br />
Telefon 030 / 22195519<br />
Fax: 030 / 22195522<br />
Mail: peter.held@vhs-fk.de<br />
VHS Friedrichshain-Kreuzberg<br />
Offenes S/W Fotolabor<br />
Wassertorstraße 4<br />
Euro 5,- /Std. + einmalig<br />
Euro 3,- Anmeldegebühr<br />
Johannes Barthelmes<br />
»ex tempore«<br />
... mit Licht den Jazz malen ...<br />
© Johannes Barthelmes<br />
© Johannes Barthelmes<br />
© Johannes Barthelmes<br />
»ex tempore« (lat: aus dem Moment),<br />
beschreibt treffend die fotografische<br />
Herangehensweise des Fotografen<br />
Johannes Barthelmes. Improvisationen<br />
wie er sie aus seinem Musikerleben<br />
kennt. Nämlich handwerklich, gestalterisch<br />
und inhaltlich auf hohem Nivau,<br />
Kompositionen aus dem Stegreif und<br />
doch nach allen Regeln der Kunst. »Als<br />
Jazzmusiker sind der emotionale und der<br />
kompositorische Aspekt entscheidend<br />
für mich. Auch das Improvisieren, das<br />
Vorausahnen und schnelle Entschlüssen<br />
fassen sind Dinge, die ich mag und die<br />
ich von der Musik gut kenne«.<br />
bis 20. April <strong>2013</strong><br />
Altstadthalle Zug<br />
Unteraltstadt 14<br />
CH 6300 Zug<br />
täglich 14 – 20 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
57
Fotoszene<br />
Modefotos:<br />
Schatz nach 40 Jahren<br />
gehoben<br />
Das Erbe des<br />
Modefotografen Mark<br />
Shaw<br />
Mark Shaw (geboren 1921 als Mark<br />
Schlossmann), der John F. Kennedy<br />
und seine Familie in seinen berühmten<br />
Fotos ganz privat und intim portraitierte,<br />
gehörte auch zu den angesagtesten<br />
Modefotografen der 1950erund<br />
1960er-Jahre. Schon früh fotografierte<br />
er in Farbe und dies hauptsächlich<br />
für das LIFE Magazine. Wie kein<br />
anderer vor ihm hatte Shaw Zutritt zu<br />
den Salons und Modeschauen von Dior,<br />
Chanel und Balenciaga. Er fotografierte<br />
die Modelauftritte der Schickeria aus<br />
Manhattan und des europäischen Adels<br />
in deren großzügigen Appartements<br />
ebenso wie Bikinischönheiten der<br />
1950er-Jahre an den Stränden von St.<br />
Tropez und Ravello. In weniger als zehn<br />
Jahren brachten es seine Bilder 27 Mal<br />
auf die Titelseite des LIFE Magazine, und<br />
arbeitete er mit Legenden wie Coco<br />
Chanel, Yves Saint Laurent, Elizabeth<br />
Taylor, Pablo Picasso, Audrey Hepburn<br />
und vielen anderen Stars seiner Zeit.<br />
Aber dann setzte 1969, als er gerade<br />
einmal 47 Jahre alt war und auf dem<br />
Höhepunkt seiner Karriere stand, ein<br />
schwerer Herzinfarkt seinem von harter<br />
Arbeit geprägten Leben ein jähes<br />
Ende. Direkt nach seinem Tod wurde<br />
sein gesamtes Archiv überstürzt in ein<br />
Kunstlager gebracht, und so ruhte es<br />
unangetastet in einem Gewölbe unter<br />
den Straßen von Manhattan. Fast vierzig<br />
Jahre lang blieben zehntausende<br />
von Filmrollen im Verborgenen und<br />
gerieten in Vergessenheit. Der gesamte<br />
Nachlass ging schließlich an Shaws einzigen<br />
Erben, David Shaw, und dessen<br />
Frau, Juliet Cuming Shaw. Das Ehepaar<br />
Mark Shaw. Early Black and White Studio Outtake #10 for the Vanity Fair Lingerie Campaign,<br />
New York, 1950´s, © (2011) Mark Shaw / mptvimages.com. Courtesy Andrew Wilder Gallery<br />
wandte sich damit an einen gemeinsamen<br />
Freund, den Galeristen Andrew<br />
Wilder in Los Angeles, dem die<br />
Aufarbeitung des Vermächtnisses von<br />
Shaws Modefotos ein großes Anliegen<br />
wurde.<br />
Es dauerte fast zehn Jahre, bis sich die<br />
Drei zusammen mit Modehistorikern<br />
und Konservatoren durch Shaws<br />
Originalfilmmaterial durchgearbeitet<br />
hatten. »Als wir anfingen, die<br />
ersten Bilder von Marks verlorenen<br />
Modeaufnahmen zu entwickeln,<br />
konnte ich kaum glauben, was ich da<br />
sah. Frische Farben, die Gesichter der<br />
Menschen auf den Modeschauen. Und<br />
Shaws lockerer Stil, die Offenheit in seinen<br />
Bildern. So ganz anders als der typische<br />
Stil seiner Zeit und die eher steifen<br />
gestellten Fotos von damals. Es war,<br />
als würde man eine ganze Ära zum ersten<br />
Mal klar sehen«, beschreibt Andrew<br />
Wilder seine Eindrücke.<br />
Die Früchte ihrer Bemühungen sind<br />
nun in einer Sammlung von Shaws besten<br />
Modebildern zusammengestellt<br />
und exklusiv in der Andrew Wilder<br />
Gallery in Los Angeles erhältlich. Die<br />
Galerie im Herzen des Galerienviertels<br />
La Brea in Los Angeles zeigt in einem<br />
edlen Ambiente aus Antiquitäten und<br />
Designerstücken des 20. Jahrhunderts<br />
die gesamte Fotosammlung von Mark<br />
Shaw. Weitere Informationen finden Sie<br />
unter www.andrewwildergallery.com<br />
58 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Fotoszene<br />
Mark Shaw. Portrait of Elizabeth Taylor #2<br />
Los Angeles, 1956 (Original in Farbe)<br />
© (2011) Mark Shaw / mptvimages.com.<br />
Courtesy Andrew Wilder Gallery<br />
Ob er Jacqueline Kennedy im Weißen<br />
Haus oder Models, die sich hinter der<br />
Bühne bei einer Pierre Balmain Show<br />
umziehen, fotografierte – immer gelang<br />
es dem Künstler und Routinier Shaw, um<br />
die außergewöhnlichen Menschen, die er<br />
fotografierte, eine Wohlfühlatmosphäre<br />
entstehen zu lassen und Ikonen der<br />
Fotografie mit bodenständiger Fülle<br />
zu schaffen. Shaw, ein bescheidener<br />
Mann mit einer blitzschnell auslösenden<br />
Leica, lichtete die Welt in einem<br />
für uns alle unvergesslichen Moment<br />
der Zeitgeschichte ab.<br />
Mark Shaw. Portrait of Audey Hepburn #87, Los Angeles, 1953<br />
© (2007) Mark Shaw / mptvimages.com. Courtesy Andrew Wilder Gallery<br />
Zu Shaws herausragendsten Bildern<br />
gehören Aufnahmen aus den 1950erund<br />
1960er Jahren im Haus Dior. Es<br />
sind sowohl Farb-als auch Schwarz-<br />
Weiß-Fotos, die das Wirken des legendären<br />
Pariser Couturier – sowohl auf dem<br />
Laufsteg als auch hinter den Kulissen –<br />
eindrucksvoll dokumentieren.<br />
Im September <strong>2013</strong> erscheint bei Rizzoli<br />
das Buch Christian Dior. Glamour<br />
1952-1962 by Mark Shaw. Der aufwendig<br />
gestaltete Bildband zeigt eine<br />
Sammlung großartiger Bilder der Ikone<br />
der Modelabels, dem Haus Dior, aus den<br />
1950er- und frühen 1960er Jahren.<br />
Es sind seltene Aufnahmen von Christian<br />
Dior, der das Kleid eines Models kurz<br />
vor einer Vormodenschau noch einmal<br />
schnell prüft, bis hin zu inszenierten<br />
Fotos von Models, Berühmtheiten<br />
und Schauspielerinnen in Diors Haute<br />
Couture.<br />
204 Seiten, 11 x 14 Inches, 200 Farb-und<br />
Schwarz-Weiß-Fotos, Preis: $115,00<br />
Andrew Wilder Gallery<br />
Andrew Wilder<br />
154 North La Brea Avenue,<br />
Los Angeles, CA 90036<br />
phone: + 323-934-4452<br />
email: info@andrewwildergallery.com<br />
web: www.andrewwildergallery.com<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
59
Fotoszene<br />
Klaus Rabien<br />
zum 80.<br />
Klaus Rabien ist seit 1985 ständiger Mitarbeiter<br />
des <strong>brennpunkt</strong>-Magazins.<br />
Die unbefangene, saloppe Art seiner<br />
Impressionen aus den Berliner Galerien<br />
ist begleitet von manch’ erhellender<br />
Hintergrundinformation, die über<br />
den aktuellen Anlass hinausgeht.<br />
Für den aufmerksamen Leser spiegelt<br />
sich hier auch der politische Umbruch<br />
mit der Begegnung der Fotografen aus<br />
Ost und West, für die er sich persönlich<br />
immer eingesetzt hat. Heute ist das<br />
Angebot in der Hauptstadt fast unüberschaubar<br />
und es gilt, auch außerhalb<br />
der populären Events Entdeckungen zu<br />
machen. Der <strong>brennpunkt</strong> versteht sich<br />
als ein Forum gerade für noch nicht so<br />
etablierte Künstler. Außerdem bietet er<br />
für jedes Quartal einen umfassenden<br />
Überblick über die Galerienlandschaft.<br />
© Klaus Rabien, »Tanz-Theater«, 1989 © Klaus Rabien, »Baustelle-Schaustelle«,<br />
Potsdamer Platz, 1996<br />
Über ein kritisches Feedback freut sich:<br />
Klaus Rabien, Heidereiterweg 23,<br />
14532 Kleinmachnow<br />
klaus@rabien-berlin.de<br />
Klaus Rabien, 1933 in Potsdam geboren,<br />
leitete als Konditormeister 30 Jahre lang<br />
einen traditionsreichen Familienbetrieb,<br />
der seit 1952 in Berlin ansässig ist.<br />
Daneben hat er immer fotografiert. 1976<br />
verschlug es ihn zur Fotografen Vereinigung<br />
Kreuzberg, die er über lange Jahre<br />
mit geprägt hat.<br />
© Klaus Rabien, »Baustelle-Schaustelle«,<br />
Potsdamer Platz, 1996<br />
Durch seine Frau Adela mit ihrer Flamencoschule<br />
fand Rabien in den Achtzigern<br />
zur Tanzfotografie und erhielt<br />
für die Fachzeitschrift »tanz aktuell«<br />
Zugang zu den großen Berliner Bühnen.<br />
Seine Fotos wurden weltweit ausgestellt,<br />
u.a. in den Goetheinstituten.<br />
Als der Unterzeichnete vor 28 Jahren<br />
den »<strong>brennpunkt</strong>« aus der Taufe hob,<br />
schrieb Rabien spontan dafür einen<br />
Bericht über die wenigen Fotoausstellungen,<br />
die es damals im eingemauerten<br />
Westberlin zu sehen gab. Was daraus<br />
wurde, finden Sie in einem »Sondermagazin«,<br />
das dem Freund und Weggefährten<br />
zu seinem Achtzigsten gewidmet<br />
ist.<br />
Dietmar Bührer, DGPh<br />
Klaus Rabien, © dibue, <strong>2013</strong><br />
»Klaus Rabien zum 80.«<br />
Galerieberichte 1985 bis <strong>2013</strong><br />
Bildband, 232 Seiten, DIN A4,<br />
150g Kunstdruckpapier, Softcover,<br />
mit 950 Künstlern, und 435 Abbildungen<br />
Preis: ca. 27 Euro<br />
Bestellungen unter:<br />
brennp@web.de<br />
60 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Fotoszene<br />
Gratulationen<br />
Vielen Dank für Ihre unermüdliche<br />
Berücksichtigung unserer Ausstellungen.<br />
Da Sie jedes Projekt, jede Ausstellung<br />
in Ihrer Zeitschrift auch immer<br />
besonders ästhetisch aufbereiten, bin<br />
ich Ihnen sehr dankbar. Dazu gehören<br />
aber auch die Artikel von Herrn Rabien,<br />
der mit seiner großen kunsthistorischen<br />
Kenntnis der Zeitschrift eine wirklich<br />
wichtige Bedeutung für Leser und Aussteller<br />
zukommen lässt.<br />
Alles Gute für Herrn Rabien.<br />
Mit den besten Grüße,<br />
Gisela Kayser<br />
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />
Klaus Rabien persönlich kenne ich noch<br />
gar nicht so lange und als »junger« Galerist<br />
steht mir über eine Instanz, wie er<br />
sie seit fast 3 Jahrzehnten darstellt, kaum<br />
ein Urteil zu. Aber ich behaupte einmal:<br />
Klaus Rabien gehört zur aussterbenden<br />
Spezies derer, die sich in dem Kunstund<br />
Galerienumfeld auch von Mätzchen,<br />
Moneten und Mogelpackungen<br />
ihre nie versiegende Leidenschaft, ihr<br />
echtes Interesse an der Sache und ihr<br />
unbestechliches Urteil nicht haben<br />
nehmen lassen. Das spürt man, wenn<br />
man einen seiner nun nicht mehr zu<br />
zählenden Artikel im Brennpunkt liest<br />
oder wenn man diesen älteren, stillen<br />
Mann mit glänzenden Augen vor einer<br />
Fotografie stehen sieht, die sein Gefallen<br />
findet. Ich jedenfalls freue mich<br />
jedesmal über seinen Besuch in der<br />
Galerie, auch wenn der gelernte Konditor<br />
mir erst ein einziges Mal seinen<br />
unschlagbar köstlichen Baumkuchen<br />
mitgebracht hat.<br />
Manfred Carpentier<br />
Carpentier Galerie<br />
Auf der Geburtstagstorte spenden die<br />
Kerzen dem Fotografen Klaus Rabien im<br />
Mai besonders hell das Licht und leuchten<br />
dem Lichtbildner, Konditoreimeister<br />
und Kolumnist herzliche Glückwünsche.<br />
Der Deutsche Verband für Fotografie<br />
e.V. (DVF) schließt sich sehr gerne<br />
diesen Glückwünschen an und dankt<br />
seinem Fotofreund Klaus Rabien für<br />
sein fotografisches Schaffen, für sein oft<br />
bereit gestelltes Büffet - und für seinen<br />
legendären Baumkuchen.<br />
Der DVF wünscht dem Geburtstagskind<br />
beste Gesundheit, viele anregende<br />
Fotoaugenblicke und lange Jahre weiterhin<br />
»Gut Licht«.<br />
Für den DVF Willy Borgfeldt<br />
DVF-Präsident<br />
Für Klaus Rabien zum 80. Geburtstag.<br />
Wenn ich den Namen Rabien höre,<br />
denke ich an Potsdam, köstlichen<br />
Kuchen, Fotografie und Tanz.<br />
Wenn ich an den Menschen Klaus<br />
Rabien denke, sehe ich einen warmherzigen,<br />
äußerst kollegialen und freundlichen<br />
Menschen von einer besonderen<br />
inneren Eleganz und Feinheit vor mir.<br />
Wir sind uns leider viel zu selten begegnet<br />
und ich bedanke mich für diese<br />
kostbaren Momente.<br />
Ich gratuliere ihm von Herzen, wünsche<br />
ihm Gesundheit und Kraft für all seine<br />
Vorhaben und hoffe, dass sein unergründliches<br />
Lächeln uns lange bleibt.<br />
Monika Schulz-Fieguth, Fotografin<br />
Lieber Herr Rabien!<br />
Stets blättere ich im »<strong>brennpunkt</strong>« zuerst<br />
vor bis zu Ihrem Galerierundgang, dem<br />
Herzen des Magazins, um zu schauen,<br />
wo Sie dieses Mal gewesen sind und was<br />
Sie wie gesehen haben. Möge Ihnen die<br />
Lust und die Schaffenskraft, mit treffenden<br />
Worten den Blick auf das Wesentliche<br />
zu lenken, noch für lange Zeit<br />
erhalten bleiben. Ihr Mut, auch mal einfach<br />
etwas durchfallen zu lassen und<br />
aus der »Gesellschaft für Bewunderung<br />
auf Gegenseitigkeit« (Andreas Feininger)<br />
herauszutreten, wird mich auch<br />
zukünftig immer erfreuen. Danke dafür<br />
und danke für den Pflaumenkuchen.<br />
Ihre Aenne Burghardt, Fotografin<br />
»Klaus Rabien 80 Birthday Celebration«.<br />
The photo scene in Berlin is very fortunate<br />
to have such an experienced and<br />
passionate photographer writeing about<br />
his view about the exhibitions in our<br />
city. Klaus special style of writeing has<br />
grown and developed along with the<br />
Magazine »<strong>brennpunkt</strong>«. I look forward<br />
to further honest and expansive reporting<br />
from Klaus Rabien in his Golden<br />
Years.<br />
Kathleen Michael, Photography<br />
Wenn ich es richtig sehe, hat niemand<br />
aus eigener Anschauung das Fotografiegeschehen<br />
in Berlin schreibend so kontinuierlich<br />
verfolgt wie Klaus Rabien.<br />
Schon das ist bemerkenswert. Was er<br />
über die Jahre im Einzelnen geschrieben<br />
und damit festgehalten hat, wird<br />
späteren Generationen helfen, wenn<br />
die Frage nach der Geschichte der Fotografie<br />
in Berlin ansteht. Mein Kompliment!<br />
Dr. Enno Kaufhold,<br />
freier Fotohistoriker<br />
»Die Galerieberichte von Klaus Rabien<br />
sind bestes Feuilleton in schöner Berliner<br />
Tradition: Unterhaltend, informierend<br />
mit klar geäusserter eigener Meinung.<br />
Überdies regen sie zur Reflexion an«.<br />
Mit den besten Grüssen,<br />
Ihr Hansgert Lambers, Verleger<br />
»Ich freue mich immer wieder, wenn<br />
ich Herrn Rabien auf Ausstellungen<br />
begegne - dabei haben sich immer<br />
wieder schöne und interessante<br />
Gespräche ergeben. Ich bin gespannt<br />
auf viele weitere Begegnungen und auf<br />
kommende Galerieberichte«.<br />
Thomas Graichen, aff-Galerie<br />
Klaus Rabien - ein Urgestein der Berliner<br />
Fotoszene.<br />
Ich kenne Klaus Rabien nun schon über<br />
dreissig Jahre nicht nur als engagierten<br />
Fotografen, sondern auch als kompetenten<br />
Gesprächspartner. Auch bei unterschiedlichen<br />
Positionen in der Fotografie<br />
schätze ich seine freundliche und verbindliche<br />
Art in der Diskussion.<br />
Seine Besprechungen der Berliner<br />
Galerieszene im »<strong>brennpunkt</strong>« kann<br />
man schon als legendär bezeichnen.<br />
Ich wünsche ihm zu seinem Geburtstag<br />
alles Gute und noch viele Jahre aktiver<br />
Teilnahme an dem fotografischen Leben<br />
in unserer Stadt!<br />
Manfred Kriegelstein, Fotograf<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
61
Fotoszene<br />
Gratulationen<br />
Hoffentlich bleiben ihm die Kraft und<br />
der Wille, auch im neuen Lebensjahrzehnt,<br />
das genau genommen erst<br />
in einem Jahr beginnt, die Arbeit an<br />
seinen Galerieberichten in gewohnter<br />
Form fortzusetzen. Seine Mitteilungen<br />
besitzen stets eine angenehme Frische,<br />
gekennzeichnet durch treffende,<br />
insbesondere auch mit meiner Sichtweise<br />
übereinstimmende Kommentare<br />
und ein sicheres geschichtsbezogenes<br />
Wissen um die Fotografie. Sein Recherchegebiet<br />
erfasst zum Glück nicht nur<br />
die ohnehin bekannten Ausstellungsorte,<br />
sondern das gesamte Stadtgebiet<br />
mit seinen vielen kleinen Fotoinseln. So<br />
wurde ich sogar auf die kleine Galerie<br />
ABAKUS ganz in meiner Nähe aufmerksam,<br />
die ich nun kenne. Schon deshalb<br />
herzlichen Dank lieber Klaus Rabien!<br />
Herzlich Gerhard Metzschker,<br />
Fotograf<br />
Klaus Rabiens Verdienste um die<br />
Fotografie angemessen zu würdigen,<br />
würde den Umfang eines Glückwunsches<br />
sprengen; nur zwei Beispiele seien mir<br />
gestattet:<br />
1. Jahrelang hat der Jubilar den DVF<br />
und seine Mitglieder im Landesverband<br />
Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-<br />
Vorpommern unterstützt und gefördert.<br />
2. Mit seinen Galerieberichten im<br />
»<strong>brennpunkt</strong>«, die von einem großen<br />
Fachwissen geprägt waren, hat er allen<br />
Lesern die künstlerische Fotografie<br />
in beeindruckender Weise näher<br />
gebracht.<br />
Dafür gebührt Klaus Rabien unser aller<br />
Dank. Herzlichen Glückwunsch zum<br />
achtzigsten und beste Gesundheit im<br />
vielleicht (?) fotografischen Ruhestand.<br />
Helmut Friebus, Vorsitzender des DVF-<br />
LV Berlin/Brandenburg/Mecklenburg/<br />
Vorpommern<br />
Ich gratuliere von Herzen - einem<br />
wunderbaren Menschen mit klugem<br />
Blick, feinsinigem Humor und<br />
jugendlicher Offenheit.<br />
Anna Thiele, Fotografin<br />
Neugierig, treffend, unermüdlich.<br />
Danke Klaus, für alle Deine Artikel,<br />
die den »<strong>brennpunkt</strong>« bereichern und<br />
komplett machen.<br />
Jetzt wirst Du 80.<br />
Meinen herzlichsten Glückwunsch!!<br />
Gino Puddu, Café Aroma Photogalerie<br />
Lieber Klaus Rabien, meine herzlichsten<br />
Glückwünsche zum wirklich schon<br />
(?) 80.igsten Geburtstag.<br />
Sie sind bei all Ihren bemerkenswerten<br />
Talenten und Fähigkeiten so liebenswert<br />
bescheiden geblieben! Sie gehören<br />
außerdem zu den wenigen, die<br />
genauso gut über Photographie schreiben<br />
können, wie diese selbst in hoher<br />
Qualität zu machen. Vielen Dank also<br />
für Ihre immer so inspirierend einfühlsam<br />
sensiblen und oft ja auch mutig<br />
kritischen Galerieberichte im »<strong>brennpunkt</strong>«,<br />
die ich stets als erstes zu lesen<br />
pflege. Das erinnert mich ein wenig an<br />
meinen Vater, über dessen damalige<br />
ständige Glosse im Berliner Tagesspiegel<br />
»Am Rande bemerkt« auch viele Leser<br />
berichteten, dass dies jeweils ihre erste<br />
Lektüre in der Zeitung gewesen sei.<br />
Ich wünsche von Herzen noch viele<br />
gesunde und muntere Schaffensjahre<br />
und freue mich weiter sehr auf Ihre<br />
Artikel!<br />
Dr. Dieter Matthes, Fotograf<br />
Hier unsere Gedanken:<br />
KLAUS RABIEN<br />
unzählige Ausstellungsbesuche - aber<br />
unerschöpfliche Neugierde<br />
stilles Betrachten - aber waches Auge<br />
leise Töne - aber akzentuiert gesetzt<br />
Alles Gute zum 80. Geburtstag<br />
wünschen<br />
Manuela und Mathias,<br />
imago fotokunst<br />
Lieber Klaus Rabien,<br />
herzlichen Glückwunsch zu Ihrem runden<br />
Geburtstag. Ihr Galeriebericht ist<br />
immer ein Highlight im »<strong>brennpunkt</strong>«.<br />
Über die vielen Jahre haben Sie durch<br />
Ihren kritischen und reflektierenden Blick<br />
auf die Galerie-Szene Schwerpunkte<br />
gesetzt - die Streu vom Weizen getrennt.<br />
Weiter so. Gratulation!<br />
Norbert Bunge, argus fotokunst<br />
lieber klaus,<br />
wenn ich zurück denke, wie wir vor ???<br />
jahren in glienicke zusammen fotografiert<br />
haben, scheint mir das noch gar<br />
nicht soo lange her zu sein. aber so ist<br />
dem nicht, auch wenn es sehr gegenwärtig<br />
erscheint.<br />
manchmal geht es dir sicher ebenso mit<br />
dem vergehen der zeit.<br />
jetzt sind wir beide im alter gereift (wie<br />
reif?) - mit der fotografie. möge sich das<br />
noch ein bissl halten.<br />
nun ist auch etwas eigennutz angesagt:<br />
deine galeriegänge und berichte, daran<br />
möchten sich alle noch lange erfreuen.<br />
ich finde sie immer wieder kompetent<br />
und erfrischend und wunderbar zu<br />
lesen.<br />
wenn i c h mir zu deinem geburtstag<br />
etwas wünschen dürfte, dann, daß du<br />
noch lange deine kolumnen schreiben<br />
wirst.<br />
danke sage ich für all deine beiträge<br />
und natürlich auch für die vielen kommentare<br />
zu meinen ausstellungen und<br />
arbeiten.<br />
dir persönlich wünsche ich vor allem<br />
gesundheit und einen wunderschönen<br />
80. geburtstag.<br />
laß dich feiern, genieße diesen und<br />
jeden kommenden tag. und bleib einfach<br />
so wie du bist.<br />
... und deine konditorei, die vermisse<br />
ich auch!<br />
ich lasse dich hochleben und bin dankbar<br />
über so lange jahre durch die fotografie<br />
mit dir gegangen zu sein und<br />
möchte dies auch weiterhin.<br />
in alter frische ganz herzlich<br />
ulla kelm, fotografin<br />
Neugierig, offen, engagiert, humorvoll -<br />
so habe ich Klaus Rabien jedes Mal erlebt,<br />
wenn ich ihn bei einer Fotoausstellung<br />
getroffen habe.<br />
Er schaut stets sehr genau hin und<br />
Opportunismus scheint ihm fremd zu<br />
sein - gerade deshalb schätze ich seine<br />
Kritik und seine Meinung sehr.<br />
Herr Rabien - machen Sie noch ganz<br />
lange weiter so!<br />
Volker Wartmann, Berliner Salon für<br />
Fotokunst<br />
62 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Fotoszene<br />
© Klaus Rabien<br />
Der Galeriebericht von Klaus Rabien<br />
ermöglicht mir immer wieder einen<br />
wertvollen Einblick in die aktuelle Berliner<br />
Ausstellungszene, die ich als Berliner<br />
mit belgischem Wohnsitz nur<br />
zweimal jährlich persönlich besuchen<br />
kann.<br />
Aber auch seine eindrucksvollen Tanzfotos<br />
sind in meiner Erinnerung festgeschrieben.<br />
Einen besonders herzlichen Glückwunsch<br />
zum achtigsten!<br />
Horst Einfinger, Fotograf (Brügge/<br />
Belgien)<br />
Die Galerieberichte von Klaus Rabien<br />
habe ich immer mit Begeisterung gelesen.<br />
Mich haben vor allem die profunden<br />
Kenntnisse und die prägnante Sprache<br />
beeindruckt. Ich wünsche mir noch<br />
viele solche Berichte!<br />
Wilfried Müller, Fotograf<br />
Lieber Herr Rabien,<br />
gerne möchte ich mich in die lange Reihe<br />
der Gratulanten einreihen, um Ihnen<br />
viel Glück und Gesundheit für Ihr neues<br />
Lebensjahrzehnt zu wünschen, aber auch<br />
um DANKE zu sagen für die langjährige,<br />
treue Begleitung des »<strong>brennpunkt</strong>« -<br />
Magazins mit Ihren Galerieberichten.<br />
Unermüdlich durchstreifen Sie die<br />
Berliner Ausstellungslandschaft immer<br />
wieder aufs neue, neugierig und wach.<br />
So sind in den letzten 28 Jahren nicht<br />
nur kulinarisch süße Köstlichkeiten<br />
entstanden sondern auch journalistische<br />
Patisserien! DANKE!<br />
Sehr herzlich<br />
Johanna Breede, PHOTOKUNST<br />
Ich bewundere Klaus Rabien für seine<br />
faszinierenden Tanzbilder und die ausgewogenen<br />
Kommentare im »<strong>brennpunkt</strong>«<br />
sowie in zahlreichen Diskussionen,<br />
bedanke mich als GfF-Landesvorsitzender<br />
und als Fotoklubleiter für seine<br />
vielfältige Unterstützung, und wünsche<br />
ihm zum 80. Geburtstag alles erdenklich<br />
Gute und noch viele Jahre Freude<br />
an und mit der Fotografie!<br />
Hans-Joachim Kühn, GfF-<br />
Landesvorsitzender Berlin<br />
Lieber Klaus,<br />
ich kenne Dich nun über zwanzig<br />
Jahre als Fotograf und »<strong>brennpunkt</strong>«-<br />
Autor. Es war eine sehr schöne Zeit mit<br />
Dir. Danke, dass ich daran teilhaben<br />
durfte. Ich wünsche Dir für die Zukunft<br />
weiterhin viel Esprit und Kraft.<br />
Herzlichst<br />
Michael Gebur, Fotograf<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
63
Fotoszene<br />
© Klaus Rabien<br />
64 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Ausstellungen<br />
Galerie<br />
WAGNER + PARTNER<br />
7. Juni bis 27. Juli <strong>2013</strong><br />
Natascha Stellmach<br />
»Solo Exhibition«<br />
Strausberger Platz 8<br />
10243 Berlin-Friedrichshain<br />
Di–Sa 13–18 Uhr<br />
Helmut Newton<br />
Stiftung<br />
bis 13. Oktober <strong>2013</strong><br />
Helmut Newton:<br />
World without Men/ Archives de Nuit<br />
François-Marie Banier:<br />
Porträts<br />
Jebensstraße 2<br />
10623 Berlin-Charlottenburg<br />
Di–So 10–18 Uhr<br />
Do 10–22 Uhr<br />
Bauhaus Archiv<br />
bis 22. April <strong>2013</strong><br />
Gertrud Arndt<br />
»Eigentlich wollte ich ja Architektin<br />
werden« ...<br />
Weberin und Fotografin am Bauhaus<br />
1923-1931<br />
Museum für Gestaltung<br />
Klingelhöferstraße 14<br />
10785 Berlin-Schöneberg<br />
Mi–Mo 10–17 Uhr<br />
Freundeskreis<br />
Willy-Brandt-Haus<br />
Juni / Juli <strong>2013</strong><br />
World Press Photo 13<br />
Vernissage: 12. Juni <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr<br />
Willy-Brandt-Haus<br />
Stresemannstraße 28<br />
10963 Berlin-Kreuzberg<br />
Di–So 12–18 Uhr<br />
Galerie Hirschmann<br />
bis 23. April <strong>2013</strong><br />
Werner Pawlok<br />
»Blumen«<br />
Pfalzburger Straße 80<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Di–Fr 13–18 Uhr<br />
Carpentier Galerie<br />
bis 28. April <strong>2013</strong><br />
Pepper<br />
»Snapshot Beauties«<br />
Meinekestraße 13<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Mi–Fr 14–18 Uhr<br />
Sa + So 11–18 Uhr<br />
und nach Vereinbarung<br />
Alfred Ehrhardt<br />
Stiftung<br />
bis 17. Mai <strong>2013</strong><br />
Frank Darius<br />
»DAS PARADIES IST HIER»<br />
Auguststraße 75<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Di–So 11–18 Uhr<br />
Do 11–21 Uhr<br />
Johanna Breede<br />
PHOTOKUNST<br />
1. Juni bis 24. August <strong>2013</strong><br />
Marek Pozniak<br />
»Berlin-London-New York«<br />
Fasanenstraße 69<br />
10719 Berlin-Charlottenburg<br />
Di–Fr 11–18 Uhr<br />
Sa<br />
11–16 Uhr<br />
BrotfabrikGalerie<br />
bis 14. April <strong>2013</strong><br />
Nora Fuchs<br />
»Out of my mind«<br />
Caligariplatz 1<br />
13086 Berlin-Weissensee<br />
Di–So 16–21 Uhr<br />
Museum für Fotografie<br />
3. Mai bis 25. August <strong>2013</strong><br />
Die nackte Wahrheit sieht anders aus<br />
»Aktfotografie um 1900«<br />
Jebensstraße 2<br />
12623 Berlin-Charlottenburg<br />
Di–So 10–18 Uhr<br />
Do 10–22 Uhr<br />
The Browse<br />
Fotofestival Berlin <strong>2013</strong><br />
13. Juni bis 13. Juli <strong>2013</strong><br />
Ausstellungen / Informationen<br />
im Festivalbüro<br />
The Browse Gallery<br />
Marheineke Markthalle<br />
Marheineke Platz 15<br />
10961 Berlin-Kreuzberg<br />
Mo–Fr 8–20 Uhr<br />
Sa<br />
8–18 Uhr<br />
Galerie argus fotokunst<br />
29. Juni bis 10. August <strong>2013</strong><br />
BASTIENNE SCHMIDT<br />
»AS I went walking«<br />
Marienstraße 26<br />
10117 Berlin-Mitte<br />
Mi–Sa 14–18 Uhr<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
65
Ausstellungen<br />
Steve McCurry<br />
»Im Fluss der Zeit«<br />
Fotografien aus Asien<br />
1980 – 2011<br />
Erstmals in Deutschland präsentiert das<br />
Kunstmuseum Wolfsburg einen umfassenden<br />
Überblick über das farbgewaltige<br />
OEuvre des amerikanischen Fotografen<br />
Steve McCurry in einem musealen<br />
Rahmen. In der Reihe wegweisender<br />
Fotografen, in welcher bereits die<br />
Werke Man Rays (1994), Brassaïs (2004),<br />
Edward Steichens (2008) und Henri Cartier-Bressons<br />
(2011/12) gezeigt wurden,<br />
widmet das Kunstmuseums nun einem<br />
lebenden Fotografen eine Einzelausstellung.<br />
Weltweite Berühmtheit erlangte Steve<br />
McCurry, als er 1979 zur Zeit der sowjetischen<br />
Invasion die Grenze von Pakistan<br />
nach Afghanistan überwand. Die<br />
ersten Aufnahmen aus dieser Konfliktregion<br />
stammen von ihm, sie wurden<br />
in der New York Times, im Time Magazine<br />
und in Geo veröffentlicht. In einem<br />
afghanischen Flüchtlingscamp entstand<br />
die ikonisch gewordene Fotografie des<br />
afghanischen Mädchens Sharbat Gula,<br />
die 1985 auf dem Cover des National<br />
Geographic erschien. Seit 1986 ist<br />
McCurry Mitglied der berühmten Fotoagentur<br />
Magnum, die 1947 u.a. von<br />
Henri Cartier-Bresson und Robert Capa<br />
gegründet wurde.<br />
McCurrys Nähe zu Asien ist seit seinen<br />
ersten Reisen nach Indien und Afghanistan<br />
gegen Ende der 1970er-Jahre ungebrochen.<br />
Der grundlegende Gegensatz<br />
zur Kultur des Westens liegt für ihn<br />
dabei in der Öffentlichkeit des Lebens<br />
und in der Verschmelzung des profanen<br />
mit dem religiösen Leben. Die Ausstellung<br />
folgt diesem Fokus und zeigt seine<br />
weltberühmten Fotografien aus Ländern<br />
wie Afghanistan, Indien, Kaschmir,<br />
Burma, Tibet, Kambodscha, Kuwait,<br />
China, Bangladesh oder Nepal, die in<br />
den letzten dreißig Jahren entstanden<br />
sind.<br />
Wer kennt es nicht, dieses anmutige<br />
und gleichzeitig verstörte Gesicht eines<br />
afghanischen Mädchens, das 1985 um<br />
die ganze Welt ging. Die renommierte<br />
Afghanisches Mädchen. Peshawar, Pakistan, 1984<br />
© Steve McCurry / Magnum Photos, (Original in Farbe)<br />
Zeitschrift National Geographic hatte<br />
es auf ihr Cover gesetzt und mit einem<br />
Schlag dem ganzen Elend aber auch<br />
der Schönheit des kriegs- und terrorgeschüttelten<br />
Landes am Hindukusch ein<br />
Gesicht gegeben.<br />
Der wagemutige Fotograf, der diese Aufnahme<br />
in einem Schulzelt eines Flüchtlingslagers<br />
schoss, ist Steve McCurry,<br />
der inzwischen zu den gefragtesten<br />
Fotografen der Welt zählt. Das Mädchengesicht<br />
gehört zu der damals zwölfjährigen<br />
Sharbat Gula. Dieses Bild ist<br />
nun zusammen mit rund 115 anderen<br />
Werken des amerikanischen Fotografen<br />
im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen.<br />
Für Steve McCurry ist der Weg das<br />
Ziel. Sein Leben gleicht einer kontinuierlichen<br />
Reise, die seit mehr als dreißig<br />
Jahren andauert. McCurrys vielfach<br />
ausgezeichnete Fotografien sind jedoch<br />
mehr als eine Autobiografie in Bildern.<br />
Unverstellt dokumentieren sie das<br />
Weltgeschehen, Konflikte, Menschen,<br />
66 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Ausstellungen<br />
Taj und Zug. Agra, Uttar Pradesh, Indien, 1983,<br />
© Steve McCurry / Magnum Photos,<br />
(Original in Farbe)<br />
ihre Lebensräume sowie deren steten<br />
Wandel – insbesondere in Asien. Die<br />
Ausstellung folgt diesem Fokus und zeigt<br />
Fotografien aus Ländern wie Afghanistan,<br />
Indien, Kaschmir, Burma, Tibet,<br />
Kambodscha, Kuwait, China, Bangladesch<br />
oder Nepal. Erstmals in Deutschland<br />
präsentiert das Kunstmuseum<br />
Wolfsburg einen umfassenden Überblick<br />
über diese farbgewaltigen Aufnahmen<br />
des Amerikaners in einem musealen<br />
Rahmen. In der Reihe wegweisender<br />
Fotografen, in welcher bereits die<br />
Werke Man Rays (1994), Brassaïs (2004),<br />
Edward Steichens (2008) und Henri Cartier-Bressons<br />
(2011/12) gezeigt wurden,<br />
widmet das Kunstmuseums somit nun<br />
einem lebenden Fotografen eine Einzelausstellung.<br />
Steve McCurry wurde 1950 in Philadelphia,<br />
USA geboren. Er studierte Filmwissenschaften<br />
und Geschichte an der<br />
Pennsylvania State University, begann<br />
sich aber im Alter von neunzehn<br />
Jahren mit der Fotografie zu beschäftigen.<br />
Seine besondere Aufmerksamkeit<br />
fanden Bücher von Henri Cartier-Bresson,<br />
Dorothea Lange oder Walker Evans.<br />
Nach dem Studium entschied er sich<br />
endgültig gegen den Film und für die<br />
Fotografie. Ende der 1970-Jahre kündigte<br />
er seine Stelle bei einer lokalen<br />
Zeitschrift in Pennsylvania und machte<br />
sich als freier Fotograf auf den Weg nach<br />
Indien und Afghanistan. Als Mujaheddin-<br />
Kämpfer verkleidet, überwand er<br />
1979 zur Zeit der sowjetischen Invasion<br />
die Grenze von Pakistan nach Afghanistan,<br />
nähte seine Filmrollen nach einigen<br />
Wochen in seine Kleidung ein, schmuggelte<br />
sie so zurück und schickte sie an<br />
seine Schwester in die USA. Diese<br />
Fotografien waren weltweit die ersten<br />
aus dieser Konfliktregion und wurden<br />
1980 in der New York Times, dem Time<br />
Magazine und in Geo veröffentlicht.<br />
Ein Höhepunkt der Ausstellung ist das<br />
vorgenannte Porträt des afghanischen<br />
Flüchtlingsmädchens Sharbat Gula.<br />
Gemeinsam mit dem National Geographic<br />
hat McCurry 2002 die mittlerweile<br />
Ende zwanzigjährige junge Frau wieder<br />
ausfindig gemacht und sie zusammen<br />
mit dem alten Foto in der Hand aufgenommen:<br />
eine frühzeitig gealterte Frau,<br />
in deren Gesicht sich die Spuren des<br />
Schreckens und der Mühsal eingegraben<br />
haben.<br />
1986 wurde Steve McCurry die Ehre<br />
zuteil, Mitglied der berühmten Fotoagentur<br />
Magnum zu werden, die 1947<br />
von Henri Cartier-Bresson, Robert Capa,<br />
George Rodger und David Seymour als<br />
Kooperative gegründet wurde. McCurry<br />
begab sich damit gezielt in ein Umfeld<br />
von Fotografen, welche die Welt so wiedergaben<br />
wie sie war und die beruflich<br />
sowie ethisch auf einem hohen Niveau<br />
arbeiteten. Er steht sowohl in der Tradition<br />
der Magnum-Fotografen, insbesondere<br />
Cartier-Bressons oder Capas, als<br />
auch von André Kertész, Walker Evans,<br />
Dorothea Lange: »Wenn man sie«, so<br />
McCurry, »als Dokumentarfotografen<br />
bezeichnen will, dann wäre ich stolz,<br />
ein Dokumentarfotograf genannt zu<br />
werden.« McCurrys besondere Nähe zu<br />
Asien ist seit Beginn seiner Reisen nach<br />
Indien und Afghanistan unvermindert.<br />
Es ist das kulturell Fremde – eine ungebrochene<br />
Kontinuität im Umgang mit<br />
Traditionen – das ihn bis heute immer<br />
wieder nach Asien führt. Der grundlegende<br />
Gegensatz zur Kultur des Westens<br />
liegt für ihn darin, dass sich in Asien<br />
das Leben vorwiegend auf der Straße<br />
abspielt und dass in diese Öffentlichkeit<br />
sakrale Räume integriert sind. Das Profane<br />
verschmilzt hier auf selbstverständliche<br />
Weise mit dem Religiösen. Nicht<br />
zuletzt faszinieren<br />
ihn die intensiven, vibrierenden Farben<br />
Asiens, die ihn – wie er sagt – gelehrt<br />
haben »in Licht zu sehen und zu schreiben«.<br />
In Farbe zu fotografieren bedeutete<br />
für McCurry nach den frühen Schwarz-<br />
Weiß-Fotografien, die er als »versöhnlicher«<br />
beschreibt, eine neue Herausforderung.<br />
Es sei eine andere Art, Geschichten zu<br />
erzählen.<br />
McCurry findet Bilder für die bereisten<br />
Regionen, die zeitlos den überdauernden<br />
Geist und die kontrastreiche Vielfalt<br />
des jeweiligen Landes erfassen. Seine<br />
Fotografien sind narrativ, erzählen auch<br />
von dem, was sie nicht zeigen. Mit<br />
einem feinen Gespür für den Menschen<br />
spricht er ihm stets die zentrale Rolle<br />
zu, nie erstarrt dieser zum bloßen Formelement.<br />
Denn McCurry geht es nicht<br />
allein um Struktur und Farbe, sondern<br />
um ein Zusammenfließen der Elemente<br />
im Bild. Im Sinne Cartier-Bressons wird<br />
das Warten auf den richtigen Augenblick<br />
zur Grundlage seiner Arbeit.<br />
Ebenfalls wie bei Cartier-Bresson wirken<br />
viele Bilder auf den ersten Blick arrangiert.<br />
Doch nichts ist arrangiert, der<br />
Fotograf greift nicht ein »in den Fluss<br />
der Zeit«. Er hält lediglich fest, was<br />
der Moment ihm bietet. Wie grausamschön<br />
die Inszenierungen der Realität<br />
sein können,die er vorfindet, wird vor<br />
allem in McCurrys Kriegsfotografien<br />
deutlich.<br />
Im Zeitalter der Globalisierung, der fortschreitenden<br />
Öffnung des süd- und südostasiatischenWirtschaftsraumes,<br />
hat er<br />
Traditionen sowie Szenerien dokumentiert<br />
und verewigt, die heutein dieser<br />
Form nicht mehr anzutreffen sind. Es<br />
sind vielmehr fotografische Zäsuren<br />
»im Fluss der Zeit«. In mehrfacher<br />
Hinsicht sind McCurrys Fotografien<br />
geschichtsträchtig.<br />
Rita Werneyer, M.A.<br />
Leitung Kommunikation & Visuelle<br />
Bildung, Kunstmuseum Wolfsburg<br />
bis 16. Juni <strong>2013</strong><br />
Kunstmuseum Wolfsburg<br />
Hollerplatz 1<br />
38440 Wolfsburg<br />
Mi – So 11 – 18 Uhr<br />
Di<br />
11 – 20 Uhr<br />
Montag geschlossen<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
67
Portfolio Ronny Behnert<br />
Ronny Behnert<br />
Geboren wurde Ronny Behnert in<br />
Luckenwalde, einer Kleinstadt, südlich<br />
von Berlin. Schnell zog es ihn in<br />
die Hauptstadt Deutschlands, in der er,<br />
mit mit einigen Unterbrechungen, seit<br />
1989 lebt und arbeitet. Nach seiner Ausbildung<br />
verschlug es ihn beruflich für<br />
eine begrenzte Zeit nach Frankfurt am<br />
Main und auf die Insel Sylt im Norden<br />
Deutschlands.<br />
Aktiv Fotografieren tut Ronny Behnert<br />
seit 2007. Während der Ausarbeitung<br />
seiner fotografischen Fähigkeiten und<br />
der Entwicklung einer eigenen Handschrift<br />
gründete er sein eigenes Projekt<br />
»Håggard Photography« im Jahr 2010<br />
und arbeitete seitdem für diverse Zeitungen,<br />
Zeitschriften und Magazine. Seine<br />
persönliche Kunst, die es ihm ermöglicht<br />
sich selbst zu finden, möchte der<br />
Fotograf auch in Zukunft ausarbeiten<br />
und weiter entwickeln und versucht so<br />
oft es geht die Welt zu erkunden.<br />
© Ronny Behnert, Sheikh Zayed Mosque - Study 2, Abu Dhabi 2011<br />
© Ronny Behnert, Reichstag, Berlin 2010<br />
Seine letzten Serien aus Island, den Vereinigten<br />
Arabischen Emiraten und Venedig<br />
wurden bereits in renommierten<br />
Fotomagazinen veröffentlicht.<br />
Erst vor Kurzem kam Ronny aus Frankreich<br />
und Kopenhagen zurück und arbeitet<br />
noch immer an den letzten Fotos<br />
dieser beiden Serien. Weitere Reisen<br />
nach Island im Winter und nach China<br />
sind bereits in Planung.<br />
© Ronny Behnert, One day we will meet again,<br />
Berlin 2012<br />
Ronny Behnert wurde Preisträger beim<br />
<strong>brennpunkt</strong> AWARD 2012, anlässlich<br />
des Browse Festivals in Berlin<br />
www.bewegungsunschaerfe.de<br />
© Ronny Behnert, The embittered call,<br />
Berlin 2010<br />
68 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Ronny Behnert<br />
© Ronny Behnert, Sorrow is kissing me, Berlin 2010<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
69
Portfolio Ronny Behnert<br />
© Ronny Behnert, Next Top Model, Sassnitz 2012<br />
70 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Ronny Behnert<br />
© Ronny Behnert, Sheikh Zayed Mosque - Study 3, Abu Dhabi 2011<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
71
Portfolio Ronny Behnert<br />
© Ronny Behnert, Government District - Study 6, Berlin 2012<br />
72 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Ronny Behnert<br />
© Ronny Behnert, Into the arms of Winter - Part 2, Berlin 2012<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
73
Portfolio Ronny Behnert<br />
© Ronny Behnert, Casa Battló, Barcelona 2011<br />
74 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Ronny Behnert<br />
© Ronny Behnert, Russian Memorial, Berlin 2010<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
75
Portfolio Ronny Behnert<br />
© Ronny Behnert, Government District - Study 3, Berlin 2010<br />
76 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Ronny Behnert<br />
© Ronny Behnert, So stelle ich mir den Himmel vor, Beelitz 2008<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
77
Portfolio Jesús Pastor<br />
Jesús Pastor<br />
»AMADOR Rabal,<br />
Totengräber«<br />
Mich haben immer die Geschichten<br />
hinter der scheinbaren täglichen Normalität<br />
fasziniert. Inmitten eines Friedhofes<br />
wandert ein Mann unter Kreuzen<br />
und Gräbern , goldenen Lettern und<br />
Blumen. Ich beobachte ihn seit einiger<br />
Zeit, wie er in der Erde gräbt.<br />
Bisher habe ich nur Statuen von Engeln,<br />
Gräber, leere Nischen und die Architektur<br />
der Friedhöfe fotografiert<br />
Nach einem Gespräch mit einem älteren<br />
Herrn, hatte er das Bedürfnis, seine<br />
Lebensgeschichte zu erzählen. Seine<br />
Arbeit ist nicht alltäglich, aber er trägt<br />
es mit der Würde eines Alten, der Pflanzen<br />
mit Liebe und Hingabe pflegt und<br />
die Gräber mit großer Sorgfalt bewässert.<br />
Er ist jemand, der das Leben leichter<br />
nimmt und versucht, da er den Verstorbenen<br />
nicht helfen kann, den Schmerz<br />
der Hinterbliebenen zu lindern. Ich<br />
begleitete ihn nun fortan fotografisch<br />
bei seiner Arbeit.<br />
Sein Name ist Amador Rabal, von Beruf<br />
Totengräber. Jeden Tag bestattet er auf<br />
diesen Friedhof zwei bis drei Tote. Und<br />
wenn er eine Pause einlegt, raucht er<br />
eine Zigarette und fährt dann mit seiner<br />
Tätigkeit fort, die längst zur Routine<br />
geworden ist. Und er flüstert mir zu:<br />
»Man hat immer Angst vor dem, was<br />
unbekannt ist, wenn das Bewusstsein<br />
erwacht, verschwindet die Unwissenheit<br />
und die Angst vor dem Unbekannten«.<br />
© Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
Mein Leben und das Fotografieren sind<br />
untrennbar verbunden. Weltanschauung<br />
und bildliche Idee werden als Mittel<br />
für einen freien Ausdruck von Ängsten<br />
und Problemen benutzt. Der Beginn<br />
jeder Arbeit ist für mich gleichbedeutend<br />
mit dem Eintauchen in ein Abenteuer<br />
in Richtung des Unbekannten;<br />
das Ursprüngliche ist der gestalterische<br />
Prozess selbst. Durchgehend in diesem<br />
Prozess erscheinen Erinnerungen, Ideen<br />
und Gefühle, die bestimmend für das<br />
Endergebnis sind. In meinem Leben gibt<br />
es eine anhaltende Besessenheit zu Tod,<br />
Mysterien und der Seele. Ein Foto, das<br />
voll von unerwarteten Wendungen ist.<br />
Die Bilder atmen, denken, glauben, handeln.<br />
Für mich ist fotografieren ein Weg<br />
näher an die Transzendenz zu gelangen.<br />
Ich habe hierbei eine Ausdrucksart,<br />
meine Selbstfindung gefunden. Der<br />
Schaffensprozess ist nichts anderes als<br />
der Lebensprozess; ein Foto ist ein Teil<br />
des Ganzen, eine kleine Zusammenfassung<br />
gelebten Erfahrungen.<br />
http://jesuspastor.de/<br />
http://www.jesuspastor-photography.<br />
blogspot.de/<br />
78 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
79
Portfolio Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
80 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
81
Portfolio Jesús Pastor<br />
© Jesus Pastior<br />
© Jesús Pastor<br />
82 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
83
Portfolio Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
84 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
85
Portfolio Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
86 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Portfolio Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
© Jesús Pastor<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
87
Fotoszene<br />
Bildbetrachtung<br />
Bildbeurteilung<br />
Bildbewertung<br />
Bilder betrachten gehört sicher zu unseren<br />
aktivsten Sinneswahrnehmungen. In<br />
der Regel sehen wir Bilder als Informationsvermittler<br />
und nehmen im wesentlichen<br />
eher deren Inhalte als deren<br />
Gestaltung wahr.<br />
Die morgendliche Zeitung am Frühstückstisch,<br />
das Werbeplakat auf dem<br />
Weg zur Arbeit und letztlich die visuelle<br />
Information durch die Abendnachrichten<br />
im Fernsehen. Alles soll uns über<br />
neue Entwicklungen und spannende<br />
Geschehnisse in Kenntnis setzen.<br />
Sicher wird sich der eine oder andere<br />
mit dem Gesehenen auseinandersetzen<br />
und sich ein Urteil bilden. Ein Urteil -<br />
ja über den Inhalt, aber nicht über das<br />
Bild an sich!<br />
Gut, fairerweise sollte man auch schon<br />
unterscheiden zwischen absoluten fotografischen<br />
Laien und geschulten Fotografen.<br />
Erstere werden sicherlich nur<br />
die angebotene Information verarbeiten,<br />
aber auch der erfahrenste Artdirektor<br />
wird sich außerhalb seiner beruflichen<br />
Aufgabe der unendlichen Bilderflut<br />
geschlagen geben und auch nur die<br />
für ihn interessante Information rausfiltern.<br />
Was ich damit sagen will ist, dass wir<br />
alle pro Tag einer solchen Fülle von<br />
visuellen Informationsfeuern ausgesetzt<br />
sind, dass wir kaum in der Lage sind<br />
das einzelne Bild als solches wahrzunehmen,<br />
sondern nur einen inhaltlichen<br />
Extrakt verarbeiten.<br />
Salopp gesagt, was auf einem Bild<br />
»drauf« ist erkennen die meisten!<br />
Aber der geneigte Leser dieses geschätzten<br />
Magazins will ja nicht nur den vordergründigen<br />
Inhalt sehen, sondern hat<br />
auch ein Interesse an Gestaltung und<br />
versteckten Botschaften eines Bildes.<br />
Also wenden wir uns dem künstlerisch<br />
vorgebildeten und geübten Betrachter<br />
zu.<br />
Was unterscheidet ihn vom fotografischen<br />
Laien?<br />
Bezogen auf die unendliche tägliche<br />
Bilderflut fast gar nichts - aber eben<br />
nur fast...<br />
Er ist eben doch in der Lage - wenn es<br />
gefordert ist - sich in ein Bild, nicht nur<br />
einzusehen, sondern auch reinzudenken<br />
und vor allen Dingen einzufühlen.<br />
Ein kreativ vorbelasteter Betrachter<br />
eines Bildes kann gewissermaßen auf<br />
einer »tieferen Ebene« visuelle Reize<br />
wahrnehmen und interpretieren.<br />
Ein Kenner der Farbenlehre wird natürlich<br />
ein entsprechendes Bild anders<br />
sehen, als jemand der damit keine Erfahrung<br />
hat.<br />
Anhänger des britischen Malers William<br />
Turner werden natürlich Landschaftsphotographien<br />
anders beurteilen, als<br />
PopArt-Fans...<br />
Was ich Ihnen sagen will liebe Leser ist,<br />
dass jede Beurteilung eines Bildes ein<br />
hohes Maß an individueller Sichtweise<br />
und subjektiver Erfahrung enthält.<br />
Oh, ich sehe jetzt förmlich die Aufschreie<br />
- Kriegelstein räumt ein, dass<br />
Bildauswahlen höchst subjektiv sind.<br />
Nee, nee, ganz so ist es eben doch nicht<br />
- geht ja noch weiter...<br />
Jetzt stellen wir doch erst einmal die<br />
Frage, wozu brauchen wir denn eine<br />
Bildbeurteilung?<br />
Über die Antwort werden Sie sich nun<br />
sehr wundern - nur für uns selbst!<br />
Ich bilde mir ein ganz persönliches<br />
Urteil über ein Kunstwerk aus meiner<br />
ganz individuellen Sicht! Und dies nur,<br />
um die Entscheidung zu treffen, gefällt<br />
es mir oder gefällt es mir nicht.<br />
Mit einer Photo-Jury hat das überhaupt<br />
nichts zu tun, im Gegenteil!<br />
So, jetzt kommen wir zur Bildbewertung<br />
- die im Gegensatz zu den bisher erörterten<br />
Aspekten eine zusätzliche vergleichende<br />
Komponente beinhaltet und ein<br />
von außen vorgegebenes Ziel hat!<br />
Wenn wir etwas bewerten, müssen wir<br />
dem Gegenstand einen gewissen Wert<br />
zuweisen. Das bedeutet, wir müssen ihn<br />
nach gewissen Vorgaben prüfen.<br />
Den Wert einer Antiquität messe ich zum<br />
Beispiel an dem Zustand, der Epoche,<br />
der momentanen Marktlage, usw..<br />
Bei einer Photojuryierung habe ich das<br />
Ziel aus einer Menge von Bildern eine<br />
bestimmte Anzahl der besten auszuwählen.<br />
Bei einem Biedermeierschrank komme<br />
ich wahrscheinlich mit Kriterien, die ich<br />
vor zwanzig Jahren gelernt habe auch<br />
heute noch zu einer einigermaßen adäquaten<br />
Einschätzung. Aber sicherlich<br />
nicht in der Photographie!<br />
Kaum ein Medium hat sich in den letzten<br />
Jahren so verändert wie die Photographie,<br />
nicht nur technisch, sondern<br />
auch kreativ.<br />
Hinzu kommt ein weiteres immenses<br />
Problem, Juroren laufen in Ihren Bewertungskriterien<br />
den Fotografen immer<br />
hinterher - sowohl kreativ, als auch<br />
intellektuell!<br />
Das ist ja auch einleuchtend, denn die<br />
Photographen haben ja die neuen Ideen<br />
und Techniken - nicht die Juroren.<br />
Nun liebe Leser, jetzt wird sicher einer<br />
von ihnen den verblüffenden Gedanken<br />
haben, dass man ja nur die kreativen<br />
Köpfe der photographischen Wettbewerbszene<br />
in eine Jury berufen müsste<br />
- und schon hätte man es...<br />
Leider, leider, so einfach ist es nicht.<br />
Sicher, solche »jurorenmässigen Laienspielgruppen«<br />
wie sie manche fotografische<br />
Restgesellschaft einsetzt, könnte<br />
man dadurch sicher vermeiden, aber es<br />
wäre nicht die absolut beste Lösung.<br />
Was wir brauchen, ist eine »Intellektualisierung«<br />
der Bildbewertung.<br />
Das heißt, weg von den ewigen Reproduktionen<br />
hin zu neuen Sichtweisen -<br />
aber natürlich nicht auf Kosten der Qualität.<br />
Kreativität und Perfektion!<br />
Einige Photographen können es schon -<br />
nur bei den entsprechenden Juroren ist<br />
die Personaldecke noch sehr dünn.<br />
Wir brauchen Experten, die in der Lage<br />
sind ihre subjektiven Beurteilungskriterien<br />
zurück zu stellen und dennoch die<br />
Fähigkeit haben, sich in die Bildsprache<br />
der Autoren einzufühlen. Juroren, die<br />
über eine breitgefächerte Kenntnis photographischer<br />
Techniken verfügen und<br />
die letztlich eine Übersicht über den<br />
»Bildermarkt« haben, um neue Werke<br />
richtig einschätzen zu können.<br />
Manfred Kriegelstein<br />
88 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
Buchbesprechung<br />
Von erfolgreichen Fotografen<br />
lernen:<br />
Porträtfotografie<br />
Michaela Hanke, Christian Kasper,<br />
Andreas Puhl, Danielea Reske, Nadine<br />
Schönfeld<br />
Verlag: Galileo Design<br />
ISBN: 978-3-8362-1935-8<br />
319 S. Komplett in Farbe<br />
39,90 Euro<br />
Sind fünf Autoren ein Garant dafür<br />
besser zu sein, als ein Autor?<br />
In diesem Fall eindeutig ja! Es geht nämlich<br />
in diesem Buch nicht vordergründig<br />
um Vermittlung von Fototechnik,<br />
sondern darum verschiedene kreative<br />
Konzepte zur Portraitfotografie aufzuzeigen.<br />
Es ist schon höchst interessant wie<br />
unterschiedlich die Fotografen an<br />
das Thema rangehen. Als Leser dieses<br />
Werkes bekommen Sie die Möglichkeit,<br />
einmal hinter die Kulissen der Profis zu<br />
schauen und zu erkennen, was letztlich<br />
entscheidend für die jeweilige individuelle<br />
Handschrift ist. Wie immer in der<br />
Fotografie - ohne Konzept geht nichts!<br />
Wer sich mit Porträtfotografie beschäftigt,<br />
wird in diesem Buch ganz entscheidende<br />
Anregungen und Tipps finden.<br />
Wie in der modernen Fotografie nicht<br />
anders zu erwarten, wird in dieser<br />
Veröffentlichung der kreativen digitalen<br />
Nachbearbeitung eintsprechender<br />
Raum eingeräumt!<br />
Wer sich für dieses Thema interessiert,<br />
ist gut beraten für dieses Buch 2,5 cm<br />
Regalplatz zu reservieren...<br />
Manfred Kriegelstein<br />
LUMIX GH3<br />
System Fotoschule<br />
Frank Späth<br />
Verlag: Point Of Sale Verlag<br />
ISBN: 978-3-941761-33-9<br />
34,00 Euro<br />
Schon wieder!<br />
Das meine lieben Leser, werden Sie jetzt<br />
vielleicht denken - nee, immer noch,<br />
würde ich Ihnen entgegnen!<br />
So gesehen ist Frank Späth eine ambitionierte<br />
Kontinuität in Sachen Lumix-<br />
Büchern nicht abzusprechen. Er ist in<br />
gewisser Weise auch ein Getriebener,<br />
denn man würde sich schon sehr wundern<br />
wenn auf eine neue Lumix-G nicht<br />
unmittelbar ein entsprechendes Werk<br />
von ihm folgen würde.<br />
Aber jetzt zu den Superlativen: Das Buch<br />
steht in Sachen Qualität und Niveau der<br />
Kamera in nichts nach!<br />
Sehr übersichtlich und didaktisch hervorragend,<br />
vermittelt Späth sämtliche<br />
Kamerafunktionen und wagt bei der<br />
Objektivbesprechung auch einen Blick<br />
über den Tellerrand. Es fehlt auch nicht<br />
der obligatorische Gestaltungsteil für<br />
Anfänger, daher auch die Bezeichnung<br />
»Sytemfotoschule« ...<br />
Die Welle der Systemkameras rollt an<br />
und Frank Späth surft ganz vorne auf<br />
dem obersten Wellenkamm - gut so!<br />
Alle Lumix-Fotografen, vor allem die<br />
wachsende Zahl der Umsteiger, können<br />
ihm dafür sehr dankbar sein.<br />
Manfred Kriegelstein<br />
Die wilde Seite der Fotografie<br />
Neue Wege aus dem fotografischen<br />
Alltagstrott<br />
Cyrill Harnischmacher (HRSG.)<br />
Verlag: dpunkt.verlag<br />
ISBN: 978-3-89864-777-9<br />
220 Seiten, komplett in Farbe,<br />
Festeinband<br />
29,90 Euro<br />
Der Wunsch der meisten künstlerisch<br />
tätigen Menschen ist es gelegentlich<br />
auch mal kreatives Neuland zu betreten.<br />
Da sind Fotografen auch nicht anders.<br />
Das Buch der Herausgebers Cyrill Harnischmacher<br />
zeigt in 20 Workshops die<br />
Arbeit verschiedener Fotografen.<br />
Die Beispiele reichen teilweise von<br />
Kuriositäten (Diaduplikator aus der<br />
Chip-Dose) bis hin zu aufwendigen<br />
sehr detailliert beschriebenen Composings<br />
(faszinierende Figuren aus Dingen<br />
des Alltags).<br />
Interessant ist zweifellos die Zusammenstellung<br />
der Autoren - keine Vorgehensweise<br />
gleicht der anderen.<br />
Wenn auch bestimmte Techniken sehr<br />
alt sind (Lichtmalerei), jeder wird irgendetwas<br />
entdecken was ihn inspiriert<br />
neue Wege zu gehen.<br />
Insgesamt ein empfehlenswertes grundsolides<br />
Werk - wenn auch der Titel »wilde<br />
Seite« etwas übertrieben erscheint...<br />
Manfred Kriegelstein<br />
<strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
89
Vorschau 3/<strong>2013</strong><br />
<strong>brennpunkt</strong> 3-<strong>2013</strong><br />
erscheint am<br />
4. Juli <strong>2013</strong><br />
The Browse<br />
Fotofestival Berlin<br />
<strong>2013</strong><br />
© Astrid Mattwei, (O.i.F.) © Brigitte Salzmann, (O.i.F.)<br />
C/O Berlin<br />
Umzug ins<br />
Amerika-Haus<br />
Fotoszene Berlin<br />
© Ingelore Willing<br />
Leserfotos<br />
© Sandra Goldbach, (O.i.F.)<br />
Portfolio<br />
Nadine Dinter<br />
Die in Berlin lebende Freelance<br />
Fotografin Nadine Dinter hat sich auf<br />
Kunst- , Städte - und Porträtfotografie<br />
spezialisiert.<br />
Die Autodidaktin begann mit einer analogen<br />
Pentax Kamera ihres Großvater<br />
Skulpturen in ihrer Heimatstadt Berlin<br />
aufzunehmen. Sukzessive kamen weitere<br />
Sujets hinzu.<br />
Dabei gelingt es Nadine Dinter, den<br />
Bogen von der klassischen Skulpturfotografie<br />
bis hin zur Auftragsfotografie<br />
von Künstlern (z.B. Douglas Gordon)<br />
und internationalen Kunst-Events (wie<br />
z.B. der documenta und der Biennale<br />
in Venedig) zu spannen.<br />
www.nadine-dinter.de<br />
© Nadine Dinter, Tribute to Warhol –<br />
torso series reloaded,<br />
Benjamin Godfre, Berlin, 2012<br />
© Nadine Dinter, »Marco Nizzoli –<br />
italienischer Illustrator«, Berlin 2012<br />
90 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>
ennpunkt 2/<strong>2013</strong><br />
91
Galerien<br />
92 <strong>brennpunkt</strong> 2/<strong>2013</strong>