Fleischatlas 2014 - Daten und Fakten über Tiere als ... - Bund
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FLEISCHATLAS<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel <strong>2014</strong><br />
NEUE THEMEN
IMPRESSUM<br />
Der FLEISCHATLAS <strong>2014</strong> ist ein Kooperationsprojekt von<br />
Heinrich-Böll-Stiftung, B<strong>und</strong> für Umwelt- <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland<br />
<strong>und</strong> Le Monde diplomatique.<br />
Inhaltliche Leitung:<br />
Christine Chemnitz<br />
Reinhild Benning<br />
Projektmanagement: Dietmar Bartz<br />
Art Direktion <strong>und</strong> Herstellung: Ellen Stockmar<br />
Übersetzungen: Bettina von Arps-Aubert<br />
Textchefin: Elisabeth Schmidt-Landenberger<br />
Dokumentation <strong>und</strong> Schlussredaktion: Bernd Cornely, Stefan Mahlke<br />
Mit Originalbeiträgen von Michael Álvarez Kalverkamp, Wolfgang Bayer,<br />
Stanka Becheva, Reinhild Benning, Stephan Börnecke, Christine Chemnitz,<br />
Karen Hansen-Kuhn, Patrick Holden, Ursula Hudson, Annette Jensen, Evelyn Mathias,<br />
Heike Moldenhauer, Carlo Petrini, Tobias Reichert, Marcel Sebastian,<br />
Shefali Sharma, Ruth Shave, Ann Waters-Bayer, Kathy Jo Wetter, Sascha Zastiral<br />
V. i. S. d. P.: Annette Maennel, Heinrich-Böll-Stiftung<br />
1. Auflage, Januar <strong>2014</strong><br />
Produktionsplanung:<br />
Norman Nieß, taz Verlags- <strong>und</strong> Vertriebs GmbH<br />
Druck: möller druck, Ahrensfelde<br />
Klimaneutral gedruckt auf 100 % Recyclingpapier.<br />
Dieses Werk steht unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung –<br />
Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“ (CC BY-SA 3.0 DE). Der Text<br />
der Lizenz ist unter http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode<br />
abrufbar. Eine Zusammenfassung (kein Ersatz) ist unter<br />
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/ nachzulesen.<br />
BESTELL- UND DOWNLOAD-ADRESSEN<br />
Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin, www.boell.de/fleischatlas<br />
B<strong>und</strong> für Umwelt- <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland/Versand, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, www.b<strong>und</strong>.net
FLEISCHATLAS<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />
<strong>2014</strong>
INHALT<br />
2<br />
6<br />
50<br />
IMPRESSUM<br />
VORWORTE<br />
ÜBER UNS<br />
8<br />
10<br />
12<br />
14<br />
16<br />
ELF KURZE LEKTIONEN<br />
UNERSÄTTLICHER WELTMARKT<br />
In Asien findet im Schnelldurchgang ein<br />
Wandel statt, den die Industrieländer<br />
längst hinter sich haben: Die Mittelschichten<br />
lösen eine Nachfrage aus, die mit<br />
dem Einsatz von Kapital <strong>und</strong> Technik bedient<br />
wird. Doch für Rinder ist jetzt weniger<br />
Platz <strong>als</strong> für Schweine <strong>und</strong> Hühner – vor allem<br />
aber boomen indische Büffel.<br />
KONZENTRATION – DIE ZUKUNFT<br />
DER GLOBALISIERTEN INDUSTRIE<br />
Größenvorteile senken die Erzeugerpreise<br />
<strong>und</strong> steigern den Umsatz. Mit Zukäufen<br />
von Unternehmen stoßen die weltweit<br />
aktiven Fleischkonzerne unter die Größten<br />
der Lebenmittelbranche vor. Jetzt<br />
schlägt die St<strong>und</strong>e der Banken, die auf<br />
Rohstoffmärkten spekulieren, Kredite<br />
anbieten <strong>und</strong> weitere Fusionen planen.<br />
FREIHÄNDLER WITTERN<br />
MORGENLUFT<br />
USA <strong>und</strong> EU verhandeln über ein neues<br />
Handelsabkommen. Die Wunschliste<br />
der Industriekonzerne ist lang. Amerikaner<br />
möchten europäische Schutzvorschriften<br />
gegen Hormone, Antibiotika <strong>und</strong><br />
Genmanipulationen aushebeln, Europas<br />
Fleischkonzerne hingegen endlich wieder<br />
Rindfleisch über den Atlanik verkaufen.<br />
ROSAROT IM KÜHLREGAL<br />
Supermärkte mit Kühltruhen <strong>und</strong><br />
Fast-Food-Ketten mit Qualitätsversprechen<br />
verändern das Einkaufen in den<br />
Städten der Boomländer. Die Städte wachsen<br />
so schnell, dass kleine Läden die<br />
Menschen nicht mehr versorgen können.<br />
Diese Aufgabe übernehmen<br />
kapit<strong>als</strong>tarke Lebensmittelketten.<br />
18<br />
20<br />
22<br />
24<br />
26<br />
IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT<br />
Das Töten von <strong>Tiere</strong>n zur Herstellung von<br />
Nahrungsmitteln ist hoch industrialisiert.<br />
Die Schlachthöfe der globalen<br />
Konzerne verfügen über unvorstellbare<br />
Kapazitäten <strong>und</strong> liegen fern der Städte –<br />
Konsumenten sehen keine Verbindung<br />
mehr zwischen einem lebenden<br />
Tier <strong>und</strong> einem eingeschweißten Filet.<br />
DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN<br />
Großbetriebe dominieren auch in<br />
Deutschland die Schlachthofbranche.<br />
Billiglöhne für die Leiharbeiter<br />
aus dem Osten der EU begünstigen weitere<br />
Investitionen der Konzerne. Doch<br />
gegen noch mehr Mast- <strong>und</strong> Schlachtanlagen<br />
regt sich Widerstand.<br />
TIERGENETIK: EINE HANDVOLL<br />
ARTEN FÜR DIE GANZE WELT<br />
Das Zuchtmaterial für die meisten <strong>Tiere</strong> in<br />
der industriellen Landwirtschaft<br />
stammt von einigen wenigen Firmen. Sie<br />
dominieren auch die Erforschung<br />
neuer Hochleistungsrassen. Dabei macht die<br />
zurückgehende genetische Vielfalt<br />
die Nutztiere anfälliger für Schädlinge,<br />
Krankheiten <strong>und</strong> Wetterextreme.<br />
HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN<br />
Hormonfleisch <strong>und</strong> -milch sollen in Europa<br />
wieder zugelassen werden – darum bemühen<br />
sich die USA seit mehr <strong>als</strong> 25 Jahren.<br />
Dabei sind in der EU nur Wachstums-, nicht<br />
aber Sexualhormone verboten.<br />
TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND<br />
Drei Viertel aller agrarischen Nutzflächen<br />
werden heute in irgendeiner Weise<br />
für die Tierfütterung beansprucht. Dabei<br />
wären sie effizienter für die Produktion<br />
menschlicher Nahrungsmittel zu verwenden.<br />
4<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
28<br />
30<br />
32<br />
34<br />
36<br />
SCHNITZEL, WÜRSTCHEN,<br />
GLYPHOSAT<br />
Was essen die <strong>Tiere</strong>, die wir essen? Wenn<br />
Fleisch, Milch <strong>und</strong> Eier Rückstände von<br />
Pestiziden, Herbiziden oder Medikamenten<br />
enthalten, nehmen wir diese Stoffe<br />
womöglich auch zu uns. Zwar schützen<br />
Gesetze vor den gefährlichsten Substanzen,<br />
aber sie bieten auch Schlupflöcher<br />
<strong>und</strong> ermöglichen Grauzonen, wie das<br />
Beispiel Glyphosat zeigt.<br />
ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH<br />
Die globale Nachfrage nach Tierfutter hat<br />
einen neuen Typ Farmer hervorgebracht<br />
<strong>und</strong> der Regierung in Buenos Aires<br />
enorme Steuereinnahmen verschafft. Der<br />
Strukturwandel in der Landwirtschaft<br />
hat soziale, ökologische <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Auswirkungen, die in der argentinischen<br />
Öffentlichkeit kaum diskutiert werden.<br />
HÜHNER – WELTWEITER<br />
STEIGFLUG IN DIE FABRIK<br />
In den Industrieländern, wo die<br />
Geflügelproduktion hoch industrialisiert<br />
ist, wird mittlerweile mehr Hühner<strong>als</strong><br />
Rindfleisch konsumiert. In Asien wird<br />
sich die Nachfrage vervielfachen.<br />
Hier endet die Zeit der Kleinproduzenten,<br />
Händler auf Fahrrädern <strong>und</strong><br />
Lebendvogelmärkte.<br />
DIE ZWEIFEL DER REICHEN<br />
In den Industrieländern scheint der<br />
Höhepunkt des Fleischbooms vorbei zu sein.<br />
Skandale haben die Konsumenten<br />
verunsichert, Informationen über die Folgen<br />
der Massentierhaltung sind weithin<br />
zugänglich. Aber Biofleisch bleibt für viele<br />
Menschen zu teuer, <strong>und</strong> neue<br />
Gütesiegel verwirren die Interessenten.<br />
DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE<br />
– VON RIO BIS SCHANGHAI<br />
Brasilien, Russland, Indien, China <strong>und</strong><br />
Südafrika – woher die <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong> ihr<br />
Futter kommen sollen, um den künftigen<br />
Fleischkonsum in den fünf „Brics“-Ländern<br />
zu decken, weiß heute noch niemand.<br />
38<br />
40<br />
42<br />
44<br />
46<br />
48<br />
URBANE TIERHALTUNG<br />
<strong>Tiere</strong> in der Stadt – für viele ein<br />
Widerspruch in sich. Gehören sie nicht aufs<br />
Land, jenseits von Lärm, Gestank <strong>und</strong><br />
Luftverschmutzung? Und doch sind gerade<br />
sie für viele ärmere Stadtbewohner<br />
eine wichtige Lebensgr<strong>und</strong>lage, denn<br />
sie liefern preiswertere Nahrung<br />
<strong>als</strong> ihre Artgenossen auf dem Lande.<br />
PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP<br />
Nomaden halten ihr Vieh auf Land, das<br />
für Nutzpflanzen ungeeignet ist. Sie<br />
produzieren große Mengen Nahrungsmittel<br />
<strong>und</strong> tragen zum Schutz der Natur<br />
bei. Aber sie erhalten zu wenig politische<br />
<strong>und</strong> rechtliche Unterstützung.<br />
Existenziell bedrohlich sind die<br />
Beschränkungen ihrer Wanderwirtschaft.<br />
GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT<br />
Bewusste Verbraucher in der reichen<br />
Welt erwarten Fleisch von hoher Qualität<br />
aus umweltfre<strong>und</strong>licher, artgerechter<br />
Produktion. Als bewusste Akteure<br />
im Nahrungsmittelsystem können sie auch<br />
„solidarische Landwirtschaft“ treiben.<br />
EINZELN UND GEMEINSAM TIERE,<br />
MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN<br />
Eine große Zahl von Organisationen<br />
<strong>und</strong> Netzwerken versucht naturgemäßere<br />
Agrarsysteme durchzusetzen.<br />
Individuelle Entscheidungen können<br />
zu anderen Arten der Ernährung führen.<br />
Am Ende entscheidet die Gesellschaft.<br />
EINE SINNVOLLE<br />
EU-AGRAR-POLITIK<br />
Jahrzehntelang hat die Gemeinsame<br />
Agrarpolitik (GAP) der Europäischen<br />
Union die landwirtschaftliche Produktion<br />
verzerrt. Zu langsam wird sie<br />
umweltbewusster. Aber es ist auch eine<br />
GAP vorstellbar, die aktiv für eine<br />
sozial <strong>und</strong> ökologisch vertretbare<br />
Viehwirtschaft eintritt.<br />
AUTOREN UND QUELLEN VON<br />
TEXTEN, KARTEN UND DATEN<br />
20 Themen<br />
<strong>und</strong> 60 Grafiken<br />
über die Folgen<br />
der industriellen<br />
Tierhaltung<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
5
VORWORTE<br />
F<br />
ragen Sie sich auch manchmal,<br />
woher die Steaks, Würstchen<br />
oder Burger kommen, die<br />
Sie gelegentlich verspeisen? Und selbst<br />
wenn Sie es wüssten, könnten Sie<br />
dann sagen, unter welchen Umständen<br />
<strong>und</strong> mit welchen Folgen das Fleisch<br />
für Ihre Mahlzeit produziert wurde?<br />
Nein? Das verw<strong>und</strong>ert nicht, denn<br />
darüber steht auch nichts auf den<br />
Verpackungen von Wurst <strong>und</strong> Fleisch<br />
in den Supermärkten.<br />
Woher <strong>als</strong>o sollen durchschnittlich<br />
informierte Konsumentinnen<br />
<strong>und</strong> Konsumenten wissen, dass ihr<br />
Fleischkonsum Auswirkungen<br />
r<strong>und</strong> um den Globus hat? Wer weiß<br />
schon, dass die massenhafte<br />
<strong>und</strong> global organisierte<br />
Fleischproduktion für die Abholzung<br />
des Amazonas-Regenwalds<br />
unmittelbar verantwortlich ist?<br />
Wer kennt die Auswirkungen<br />
unserer Agrarexporte auf Armut <strong>und</strong><br />
Hunger in Ländern wie Kamerun<br />
oder Ghana, auf Vertreibung<br />
<strong>und</strong> Migration, auf Klimawandel <strong>und</strong><br />
Artenvielfalt?<br />
Und wie kann das Menschenrecht<br />
auf Nahrung, dem sich fast alle Länder<br />
der Welt verpflichtet haben,<br />
überhaupt umgesetzt werden,<br />
wenn sich die Flächen für den<br />
Anbau von Futtermitteln in den<br />
Entwicklungsländern für den<br />
Fleischkonsum der reichen Staaten<br />
immer weiter ausdehnen?<br />
Globalisierte Agrarkonzerne auf<br />
der Jagd nach Anbauflächen<br />
tragen dazu bei, dass Bauern von<br />
ihrem Land vertrieben werden<br />
<strong>und</strong> so die Gr<strong>und</strong>lage ihrer<br />
Ernährungssicherheit verlieren.<br />
W<br />
ie soll außerdem das<br />
weltweit vereinbarte Ziel<br />
erreicht werden, den<br />
Verlust der biologischen Vielfalt<br />
bis zum Jahr 2020 zu bremsen? Die<br />
agrarindustrielle Bewirtschaftung<br />
verwandelt immer mehr artenreiche<br />
Wiesen in Mais- oder Soja-<br />
Monokulturen. Und die Gülle aus<br />
der Massentierhaltung trägt immer<br />
weiter zur Überdüngung bei<br />
<strong>und</strong> ist eine der Hauptursachen des<br />
Artensterbens.<br />
Die großen Agrarkonzerne<br />
versuchen, die negativen Auswirkungen<br />
der Fleischproduktion unter<br />
den Teppich zu kehren. Ihre Werbeversprechen<br />
suggerieren den<br />
Konsumenten das Bild einer<br />
heimatverb<strong>und</strong>enen <strong>und</strong> intakten<br />
bäuerlichen Tierhaltung – die Leiden<br />
der <strong>Tiere</strong>, ökologische Schäden<br />
oder sozial negative Auswirkungen<br />
Die Fleisch-<br />
Industrie will die<br />
negativen Seiten<br />
ihrer Produktion<br />
verbergen<br />
6<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
werden hingegen verheimlicht.<br />
Die Heinrich-Böll-Stiftung hat vor<br />
einem Jahr zusammen mit dem<br />
B<strong>und</strong> für Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz<br />
Deutschland (BUND) <strong>und</strong><br />
Le Monde diplomatique einen<br />
„<strong>Fleischatlas</strong>“ mit <strong>Daten</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Fakten</strong> veröffentlicht, der die globalen<br />
Zusammenhänge der Fleischerzeugung<br />
durchleuchtete. Jetzt,<br />
Anfang <strong>2014</strong>, veröffentlichen wir<br />
eine Fortsetzung, die erneut<br />
hinter die Kulissen der Schlachthöfe<br />
<strong>und</strong> der Fleischindustrie blickt.<br />
D<br />
er Einsatz von Hormonen, die<br />
Rolle der Fast-Food-Ketten,<br />
aber auch die neuen Fleischgroßkonsumenten<br />
wie China<br />
<strong>und</strong> Indien nehmen wir unter die Lupe.<br />
Und wir stellen die Frage, welche<br />
Auswirkungen das aktuell diskutierte<br />
„Freihandelsabkommen“ zwischen<br />
den USA <strong>und</strong> der EU für die Bauern,<br />
ihre Produkte <strong>und</strong> ihre <strong>Tiere</strong> hat.<br />
Weltweit haben es die<br />
Verbraucherinnen <strong>und</strong> Verbraucher<br />
satt, von der Agrarindustrie<br />
für dumm verkauft zu werden.<br />
Anstatt – wie in der EU <strong>und</strong> den USA<br />
üblich – die Massentierhaltung<br />
mit öffentlichen Geldern zu<br />
fördern, verlangen sie vernünftige<br />
politische Rahmenbedingungen<br />
für eine ökologische, soziale<br />
<strong>und</strong> ethisch vertretbare<br />
Landwirtschaft. Deshalb ist es der<br />
Heinrich-Böll-Stiftung <strong>und</strong><br />
dem BUND so wichtig, über die<br />
negativen Auswirkungen<br />
der Fleischproduktion zu informieren<br />
<strong>und</strong> Alternativen aufzuzeigen.<br />
Jede <strong>und</strong> jeder soll selbst entscheiden<br />
können, was sie oder er essen<br />
möchte. „Konsum in Verantwortung“<br />
wird von immer mehr Menschen<br />
gefordert. Dafür benötigen<br />
sie umfangreiche Informationen.<br />
Wir hoffen, dass wir mit diesem<br />
„<strong>Fleischatlas</strong> <strong>2014</strong>“ einen Beitrag<br />
dazu leisten.<br />
Barbara Unmüßig<br />
Heinrich-Böll-Stiftung<br />
Hubert Weiger<br />
B<strong>und</strong> für Umwelt <strong>und</strong><br />
Naturschutz Deutschland<br />
I<br />
ch will mir mein saftiges Steak<br />
nicht madig machen lassen!<br />
Die Lebensmittelkonzerne diktieren<br />
doch sowieso die internationale<br />
Agrarpolitik! – Mit derartigen Aussagen<br />
schleichen wir uns aus der<br />
Verantwortung <strong>und</strong> rechtfertigen den<br />
gleichgültigen Konsum von<br />
<strong>Tiere</strong>n. Aber das Unbehagen bleibt.<br />
Wir wollen es genauer wissen,<br />
informieren uns, lesen kritische<br />
Zeitungsartikel, erkennen<br />
Zusammenhänge <strong>und</strong> engagieren uns –<br />
weil wir etwas verändern wollen.<br />
Soll „Konsum<br />
in Verantwortung“<br />
funktionieren,<br />
benötigt er viel<br />
Information<br />
Barbara Bauer<br />
Le Monde diplomatique<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
7
ELF KURZE LEKTIONEN<br />
ÜBER FLEISCH UND DIE WELT<br />
1<br />
ERNÄHRUNG IST NICHT<br />
NUR PRIVATSACHE. Sie hat ganz<br />
konkrete Auswirkungen auf das<br />
Leben der Menschen in allen Ländern,<br />
an die wir häufig nicht denken,<br />
wenn wir ein Stück Fleisch essen. Auf<br />
die Umwelt, die biologische<br />
Vielfalt <strong>und</strong> das Klima. Auch bei uns.<br />
2<br />
Wasser, Wald, Landnutzung, Klima <strong>und</strong> Biodiversität:<br />
DIE UMWELT LIESSE SICH DURCH EINEN<br />
GERINGEREN FLEISCHKONSUM UND EINE<br />
ANDERE ART DER Produktion leicht schützen.<br />
HOHER FLEISCHKONSUM<br />
FÜHRT ZU EINER<br />
INDUSTRIALISIERTEN<br />
LANDWIRTSCHAFT.<br />
Nur einige wenige<br />
internationale<br />
Konzerne profitieren<br />
von ihr <strong>und</strong> bauen<br />
ihre Marktmacht<br />
immer weiter aus.<br />
4<br />
3<br />
Die globale Mittelschicht isst zu viel Fleisch.<br />
NICHT NUR IN AMERIKA UND<br />
EUROPA, SONDERN ZUNEHMEND<br />
AUCH IN CHINA, INDIEN <strong>und</strong><br />
anderen Boomländern.<br />
5<br />
Der Konsum verändert sich. Vor allem<br />
STÄDTER ESSEN IMMER MEHR<br />
FLEISCH. Bevölkerungswachstum<br />
spielt dabei eine untergeordnete Rolle.<br />
8<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Kein landwirtschaftlicher<br />
Teilbereich ist so stark<br />
international verflochten,<br />
produziert so massenhaft<br />
<strong>und</strong> wächst gleichzeitig so stark<br />
wie die Geflügelproduktion –<br />
SEHR ZUM LEIDWESEN<br />
DER TIERE, DER KLEINEN<br />
PRODUZENTEN UND DER<br />
UMWELT.<br />
6<br />
7<br />
INTENSIVE FLEISCHPRODUKTION<br />
KANN KRANK MACHEN – nicht nur<br />
durch den Gebrauch von Antibiotika <strong>und</strong><br />
Hormonen, sondern auch<br />
durch den exzessiven<br />
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln<br />
in der<br />
Futterproduktion.<br />
Urbane <strong>und</strong> bäuerliche Tierhaltung<br />
können ARMUT LINDERN, FÜR<br />
GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT<br />
UND EINE GESUNDE ERNÄHRUNG<br />
sorgen – nicht nur im globalen Süden.<br />
10<br />
Alternativen gibt es: Viele<br />
zertifizierte Produktionen des<br />
ökologischen Landbaus zeigen, WIE EINE<br />
ANDERE FLEISCHPRODUKTION<br />
AUSSEHEN KÖNNTE, die die Umwelt<br />
<strong>und</strong> die menschliche Ges<strong>und</strong>heit schützt<br />
<strong>und</strong> annehmbare Lebensbedingungen<br />
für <strong>Tiere</strong> garantiert.<br />
8<br />
9<br />
FLEISCHKONSUM MUSS KEIN<br />
KLIMA- UND UMWELTKILLER SEIN.<br />
Im Gegenteil. Wenn <strong>Tiere</strong> auf Weiden<br />
artgerecht <strong>und</strong> in passender Zahl<br />
gehalten werden, kann das sogar vorteilhaft<br />
für Klima <strong>und</strong> Umwelt sein.<br />
11<br />
WANDEL IST MÖGLICH.<br />
Entgegen der Behauptung, dass<br />
sich die Gewohnheiten beim<br />
Fleischkonsum nicht ändern werden,<br />
gibt es inzwischen viele Menschen,<br />
die es nicht <strong>als</strong> Verzicht empfinden,<br />
kein oder wenig Fleisch zu essen,<br />
<strong>und</strong> die eine ges<strong>und</strong>e Ernährung<br />
<strong>und</strong> einen verantwortungsvollen<br />
Konsum <strong>als</strong> modernen Lebensstil<br />
empfinden.<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
9
UNERSÄTTLICHER WELTMARKT<br />
In Asien findet im Schnelldurchgang ein Wandel statt, den die Industrieländer<br />
längst hinter sich haben: Die Mittelschichten lösen eine Nachfrage aus, die mit dem<br />
Einsatz von Kapital <strong>und</strong> Technik bedient wird. Für Rinder ist jetzt weniger Platz <strong>als</strong><br />
für Schweine <strong>und</strong> Hühner – vor allem aber boomen indische Büffel.<br />
Exportieren<br />
kann nur, wer die<br />
Qualitätsansprüche<br />
der Abnehmerländer<br />
erfüllt<br />
D<br />
ie weltweite Nachfrage nach Fleisch steigt<br />
in den Regionen der Welt ganz unterschiedlich.<br />
In Europa <strong>und</strong> den USA, den traditionell<br />
großen Fleischproduzenten des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />
nimmt der Konsum nur noch langsam zu<br />
oder stagniert sogar. Auf die zumeist asiatischen<br />
Boomländer werden hingegen bis 2022 r<strong>und</strong><br />
80 Prozent des Wachstums im Fleischsektor entfallen.<br />
Das größte Wachstum wird aufgr<strong>und</strong> der<br />
immensen Nachfrage der neuen Mittelschichten<br />
in China <strong>und</strong> Indien stattfinden.<br />
In China werden heute noch mehr <strong>als</strong> 50 Prozent<br />
der Schweine in kleinbäuerlichen Betrieben<br />
produziert. Das wird ohne Gegensteuern nicht<br />
mehr lange so bleiben. Die gleichen technik<strong>und</strong><br />
kapitalintensiven Prozesse, die die Tierproduktion<br />
des Nordens dominieren, wachsen<br />
in die lukrativen Märkte des Südens hinein, zugleich<br />
integriert in globale Wertschöpfungsketten.<br />
Dies bedeutet, dass bald auch in den Boomländern,<br />
wenn ein Ferkel geboren wird, schon<br />
feststeht, in welcher Stadt <strong>und</strong> in welchem Supermarkt<br />
mit welcher Werbung sechs Monate später<br />
die Filets zu kaufen sein werden.<br />
Dabei sind die Rahmenbedingungen der Produktion<br />
heute gr<strong>und</strong>legend anders <strong>als</strong> früher.<br />
Die industrielle Tierhaltung in Europa <strong>und</strong> den<br />
USA hatte sich noch mit geringen Futterpreisen,<br />
niedrigen Energiekosten <strong>und</strong> billigem Land etabliert.<br />
Heute sind Agrarflächen, Futter <strong>und</strong> Energie<br />
knapp <strong>und</strong> die Kosten hoch. Daher steigt die<br />
Gesamtproduktion von Fleisch weniger stark <strong>als</strong><br />
noch in den letzten Dekaden. Nur bei Schweinen<br />
<strong>und</strong> Geflügel wächst der Markt. Beide Tierarten<br />
verwerten das Futter gut <strong>und</strong> können auf engem<br />
Raum gehalten werden. Damit befriedigen sie die<br />
unersättliche Nachfrage nach billigem Fleisch.<br />
Bis 2022 wird fast die Hälfte des zusätzlich konsumierten<br />
Fleischs Geflügel sein.<br />
Die Produktion von Rindfleisch hingegen<br />
wächst kaum. Die USA bleiben mit 11 Millionen<br />
Tonnen der größte Rindfleischproduzent der<br />
Welt. Dennoch beschreibt die Fleischindustrie die<br />
Lage <strong>als</strong> dramatisch schlecht. Für 2013 rechnet sie<br />
mit einem Rückgang von 4 bis 6 Prozent im Vergleich<br />
zum Vorjahr <strong>und</strong> sieht diesen Trend auch<br />
im Jahr <strong>2014</strong>. In anderen traditionellen Erzeugerregionen<br />
– Brasilien, Kanada, Europa – stagniert<br />
oder sinkt die Produktion.<br />
Das Land der St<strong>und</strong>e hingegen ist Indien – dank<br />
der Produktion von Büffelfleisch. Dessen Wachstum<br />
hat sich zwischen 2010 <strong>und</strong> 2013 fast verdoppelt,<br />
<strong>und</strong> Indien drängt damit auf den Weltmarkt:<br />
25 Prozent des dort gehandelten Rindfleisches<br />
stammt inzwischen vom Subkontinent. Seit 2012<br />
ist Indien – knapp vor Brasilien – der größte Exporteur<br />
von Rindfleisch, wenn man Büffel darunter<br />
mitversteht. Büffel sind kostengünstig zu halten,<br />
weshalb der Kilopreis in der Erzeugung um mehr<br />
<strong>als</strong> einen Dollar unter dem von Rindfleisch liegt.<br />
Zudem hat die indische Regierung viel Geld in<br />
Schlachthäuser investiert. Hinzu kommen die<br />
hohen Preise für Futtermittel; deren Erlöse lassen<br />
brasilianische Farmer von Rinder- auf Sojaproduktion<br />
umsteigen. So werden, wenn auch noch auf<br />
niedrigem Niveau, Marktanteile frei, die die indischen<br />
Exporteure übernehmen.<br />
In Afrika wird ebenfalls mehr Fleisch gegessen,<br />
wenn auch weder die Nachfrage noch das Angebot<br />
so wächst wie in anderen Teilen der Welt.<br />
Produktion<br />
Handel<br />
Handel<br />
Verbrauch<br />
Weltweit, Prognose für 2013,<br />
in Millionen Tonnen<br />
FAO<br />
Weltweit, Prognose für 2013,<br />
in Millionen Tonnen<br />
FAO<br />
Weltweit, Prognose für 2013,<br />
in Prozent<br />
FAO<br />
Weltweit, pro Kopf, Prognose<br />
2013, Kilogramm/Jahr<br />
FAO<br />
13,8<br />
0,9 9,9<br />
68,1<br />
8,6<br />
7,2<br />
114,2 308,2 30,2 100<br />
33,3<br />
43,1<br />
106,4<br />
13,3<br />
9,.1<br />
79,3<br />
Rind, Kalb<br />
Geflügel<br />
Schwein andere<br />
Schaf, Ziege<br />
Rind, Kalb<br />
Geflügel<br />
Schwein andere<br />
Schaf, Ziege<br />
Verbrauch im Inland<br />
Export<br />
entwickelte Länder<br />
Entwicklungsländer<br />
weltweit<br />
10<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Globale Fleischproduktion<br />
11,4<br />
10,2<br />
1,8<br />
19,2<br />
USA<br />
1,2<br />
2,8<br />
0,1<br />
Mexiko<br />
Chile<br />
23,0<br />
3,2<br />
2,1<br />
2,5<br />
12,4<br />
0,6<br />
1,7<br />
0,2<br />
1,4<br />
0,4 0,9<br />
8,1<br />
1,2 Russland<br />
0,1<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,2<br />
Kanada<br />
2,6<br />
0,3<br />
1,8<br />
9,7<br />
0,1<br />
Argentinien<br />
3,3<br />
13,1<br />
Brasilien<br />
0,5<br />
0,1<br />
Uruguay<br />
0,1<br />
EU<br />
0,3<br />
0,2<br />
Algerien<br />
1,0<br />
0,2<br />
0,3<br />
0,9 1,5<br />
0,2<br />
Südafrika<br />
Ukraine<br />
1,6<br />
0,3 0,4<br />
Millionen Tonnen, Durchschnitt 2010-<br />
2012, Angaben für 2012 sind geschätzt<br />
1,7<br />
0,5<br />
Türkei<br />
Iran 2,9 2,9<br />
0,8<br />
0,5<br />
0,3<br />
0,9<br />
0,7 0,1 Saudi-Arabien<br />
Indien<br />
Ägypten<br />
1,5 0,8<br />
0,5<br />
Pakistan<br />
0,2<br />
6,5<br />
0,2<br />
0,2<br />
Bangladesch<br />
Rind, Kalb<br />
Schwein<br />
Geflügel<br />
Schaf, Ziege<br />
50,4<br />
17,1<br />
China<br />
4,1<br />
1,5<br />
0,2<br />
Malaysia<br />
0,3<br />
1,0<br />
0,7<br />
Südkorea<br />
1,3<br />
0,5<br />
1,7<br />
0,7<br />
0,5 0,1<br />
Indonesien<br />
2,1<br />
1,0<br />
0,3<br />
0,6<br />
Australien<br />
0,6<br />
1,4<br />
Japan<br />
0,5<br />
0,2<br />
Neuseeland<br />
FAO<br />
Vielerorts hat in den letzten zehn Jahren die Produktion<br />
angezogen, überproportional in bevölkerungsreichen<br />
Ländern wie Südafrika, Ägypten,<br />
Nigeria, Marokko <strong>und</strong> Äthiopien. Pro Kopf liegt<br />
der Kontinent mit 20 Kilogramm im Jahr unter<br />
dem weltweiten Durchschnitt. Zugenommen hat<br />
der Import von preiswerten Geflügelteilen, oft auf<br />
Kosten heimischer Erzeuger.<br />
Der internationale Fleischhandel nimmt<br />
schnell zu, allein in den letzten zehn Jahren um<br />
40 Prozent. Heute dominieren noch die Industrieländer<br />
den Weltmarkt, doch sein Wachstum wird<br />
inzwischen von den Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländern<br />
bestimmt. Noch geht nur ein Zehntel<br />
des Fleisches in den Handel. Denn exportieren<br />
kann nur, wer den Qualitätsansprüchen in den<br />
Abnehmerländern entspricht <strong>und</strong> dies auch nachweisen<br />
kann. Die Angst vor Tierkrankheiten wie<br />
BSE, Maul- <strong>und</strong> Klauenseuche oder Vogelgrippe<br />
ist groß. Der zeitweilige Zusammenbruch der Geflügelmärkte<br />
in Südostasien <strong>und</strong> der vollständige<br />
Kollaps der britischen Rindfleischexporte haben<br />
gezeigt, wie internationale Handelsströme innerhalb<br />
kürzester Zeit versiegen können.<br />
Kleinere <strong>Tiere</strong>, größere Mengen<br />
Stabile Preise nur ohne Spekulanten<br />
Trends der Fleischerzeugung, in Millionen Tonnen<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Rind, Kalb<br />
Geflügel<br />
Schwein<br />
Schaf, Ziege<br />
0<br />
1995 1999 2003 2007 2011 2015 2019<br />
2021<br />
OECD/FAO<br />
Reale Fleischpreise, 2005–2021, Dollar pro Tonne<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
Rind, Kalb<br />
Geflügel<br />
Schwein<br />
Schaf, Ziege<br />
0<br />
1991 1996 2001 2006 2011 2016 2021<br />
OECD/FAO<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
11
KONZENTRATION – DIE ZUKUNFT<br />
DER GLOBALISIERTEN INDUSTRIE<br />
Die Größenvorteile der Fleischkonzerne senken die Erzeugerpreise <strong>und</strong> steigern<br />
ihre Marktmacht. Mit Zukäufen von Unternehmen stoßen sie unter die Größten<br />
der Lebenmittelbranche vor. Jetzt schlägt die St<strong>und</strong>e der Banken, die auf<br />
Rohstoffmärkten spekulieren, Kredite anbieten <strong>und</strong> weitere Fusionen planen.<br />
Hohe Schulden<br />
der Fleischkonzerne<br />
sorgen für immer<br />
neue Eigentümer-<br />
Wechsel<br />
I<br />
m September 2013 erwarb Shuanghui International<br />
Holdings, Hauptaktionär von Chinas<br />
größtem Fleischverarbeiter, den weltgrößten<br />
Schweinefleischproduzenten: das US-amerikanische<br />
Unternehmen Smithfield Foods. Der Gesamtpreis<br />
der Übernahme lag bei 7,1 Milliarden<br />
Dollar, darunter 2,4 Milliarden Dollar Schulden.<br />
Dieser Verkauf steht für eine Umstrukturierung,<br />
die sich weltweit über Ländergrenzen hinweg<br />
beobachten lässt. Investitionen sind keine Einbahnstraße<br />
mehr. Firmenkäufer kommen jetzt<br />
auch aus dem globalen Süden <strong>und</strong> werden im<br />
Norden fündig.<br />
JBS, ein Rindfleischunternehmen aus Brasilien,<br />
wurde mit dem Kauf mehrerer Fleischunternehmen<br />
in den USA, Australien <strong>und</strong> Europa<br />
sowie im eigenen Land Ende der 2000er Jahre zum<br />
weltweit größten Produzenten von Rindfleisch.<br />
Seit er im Sommer 2013 vom kleineren Konkurrenten<br />
Marfrig, seinerseits mit 4,7 Milliarden<br />
Dollar verschuldet, für 2,5 bis 3 Milliarden Dollar<br />
dessen Firmentochter Seara übernommen hat,<br />
ist JBS auch der weltgrößte Geflügelproduzent.<br />
Der weit verzweigte Konzern gehört inzwischen<br />
sogar zu den zehn führenden internationalen<br />
Lebensmittel- <strong>und</strong> Getränkekonzernen <strong>und</strong> setzt<br />
mit Lebensmitteln mehr um <strong>als</strong> Unilever, Cargill<br />
<strong>und</strong> Danone. Nicht sinnlich vorstellbar sind<br />
JBS’ Schlachtkapazitäten: 85.000 Rinder, 70.000<br />
Schweine <strong>und</strong> 12 Millionen Vögel – <strong>und</strong> zwar täglich.<br />
Sobald das Fleisch vom Knochen getrennt ist,<br />
wird es in 150 Länder ausgeliefert.<br />
Da die Gewinnmargen in der Fleischindustrie<br />
gering sind, jagen die Unternehmen Größenvorteilen<br />
hinterher: Sie versuchen die Produktion<br />
durch mehr Effizienz <strong>und</strong> zu geringeren Kosten<br />
zu steigern. Dies führt zu einer doppelten Konzentration.<br />
Einerseits werden Unternehmen durch<br />
Fusionen <strong>und</strong> Übernahmen immer größer <strong>und</strong><br />
expandieren über Grenzen <strong>und</strong> Arten hinweg.<br />
Andererseits nimmt die Intensität der Fleischproduktion<br />
zu, indem mehr <strong>Tiere</strong> gehalten <strong>und</strong><br />
schneller <strong>und</strong> mit weniger Abfall verarbeitet werden.<br />
Einige Analysten weisen jedoch darauf hin,<br />
dass das Fleischgeschäft von Natur aus riskant ist:<br />
Auch wenn man weiß, wie Rinder gezüchtet, geschlachtet,<br />
verarbeitet <strong>und</strong> transportiert werden,<br />
bedeutet das nicht automatisch, dass man auch<br />
Geflügelgroßbetriebe führen kann.<br />
Schwankende Dünger- <strong>und</strong> Futtermittelpreise<br />
verschärfen das finanzielle Risiko. Höherpreisige<br />
Tierfuttermittel treiben die Produktionskosten<br />
in die Höhe, senken die Gewinne <strong>und</strong> verschieben<br />
die Nachfrage. Hinzu kommen spekulative<br />
Marktmanipulationen, die zu Preissprüngen<br />
führen. Zudem verknappt der Anbau von Pflanzen,<br />
die zu Agrokraftstoffen verarbeitet werden,<br />
das verfügbare Land. Insgesamt ein Geschäft wie<br />
Weltmarktpreise für Fleischarten im Vergleich<br />
Milchprodukte werden teuer<br />
Indizes, 2002–2004 = 100<br />
FAO<br />
Indizes, 2002–2004 = 100<br />
FAO<br />
Rind, Kalb<br />
Geflügel<br />
Schwein<br />
Schaf, Ziege<br />
FAO<br />
220<br />
220<br />
190<br />
190<br />
160<br />
130<br />
100<br />
160<br />
130<br />
100<br />
Fleisch<br />
Milchprodukte<br />
Lebensmittel<br />
70<br />
70<br />
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2006 2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />
12<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Die Top 10 der Branche<br />
Konzerne nach Lebensmittelumsätzen (2011–13),<br />
Milliarden Dollar<br />
Cargill<br />
33<br />
3<br />
Tyson Foods<br />
13<br />
Smithfield Foods<br />
7<br />
8 Hormel Foods<br />
10<br />
2<br />
TysonFood.<br />
Gegründet 1935; Umsatz<br />
2012: 33,3 Milliarden Dollar.<br />
Weltgrößter Fleischhersteller<br />
<strong>und</strong> zweitgrößter Verarbeiter<br />
von Hühnern, Rindern <strong>und</strong><br />
Schweinen<br />
2<br />
3<br />
Cargill. Gegründet 1865,<br />
Familienunternehmen.<br />
Weltumsatz 2013: 32,5 Milliarden<br />
Dollar. Hält in den USA einen<br />
Marktanteil von 22 Prozent<br />
bei Fleischprodukten, in<br />
Argentinien größter<br />
33<br />
Exporteur<br />
10<br />
Hormel Foods.<br />
Gegründet 1891; Umsatz 2012:<br />
8,2 Milliarden Dollar.<br />
40 Betriebe <strong>und</strong> Verteilerzentren,<br />
Ausrichtung auf „ethnic food“<br />
(z. B. mexikanisch,<br />
asiatisch)<br />
15<br />
BRF<br />
13 1<br />
4<br />
Marfrig<br />
8<br />
7<br />
Smithfield Foods.<br />
Gegründet 1936; Umsatz 2012:<br />
13,1 Milliarden Dollar. Größter<br />
Produzent <strong>und</strong> Verarbeiter von<br />
Schweinefleisch in den USA.<br />
Mit Milliardenschulden 2013 an<br />
die halb so große chinesische<br />
Shuanghui-Gruppe<br />
verkauft<br />
13 10 Danish Crown AmbA<br />
Vion<br />
9<br />
5<br />
5<br />
JBS<br />
37<br />
4<br />
BRF. 2009 <strong>als</strong> Brasil Foods<br />
aus der Fusion von Sadia<br />
<strong>und</strong> Perdigão entstanden.<br />
Umsatz 2012: 14,9 Milliarden<br />
Dollar. 60 Fabriken in<br />
Brasilien, Vertretungen in<br />
110 Ländern<br />
1<br />
JBS. Gegründet 1953;<br />
Umsatz 2012: 38,7 Milliarden<br />
Dollar. Weltgrößter Fleischverarbeiter,<br />
weltgrößte Schlachtkapazitäten.<br />
Übernahm kürzlich von Smithfield<br />
Foods die Rindfleischsparte <strong>und</strong><br />
von Malfrig Geflügel- <strong>und</strong><br />
Vion. 2003 aus mehreren<br />
Fusionen entstanden.<br />
Umsatz 2011:<br />
13,2 Milliarden Dollar. Größter<br />
Schweinefleischverarbeiter<br />
Europas, enormes Wachstum.<br />
2002: 1 Milliarde Dollar<br />
(Vorläuferfirmen)<br />
Schweinebetriebe<br />
8<br />
Marfrig. 2000 aus mehreren<br />
Fusionen entstanden.<br />
Umsatz 2012: 12,8 Milliarden Dollar.<br />
Niederlassungen in 22 Ländern.<br />
Viertgrößter Rindfleischproduzent<br />
der Welt. Verkaufte 2013<br />
seine Geflügel- <strong>und</strong> Schweinebetriebe<br />
an JBS<br />
9<br />
Danish Crown AmbA.<br />
1998 aus mehreren Fusionen<br />
entstanden. Umsätze 2012:<br />
10,3 Milliarden Dollar. Hauptniederlassungen<br />
in USA, Polen<br />
<strong>und</strong> Schweden, Europas größter<br />
Fleischproduzent, weltgrößter<br />
Schweineexporteur<br />
13<br />
Nippon Meat Packers<br />
6<br />
Nippon Meat Packers.<br />
Gegründet 1949;<br />
Umsatz 2013: 12,8 Milliarden<br />
Dollar. Bekann <strong>als</strong> „Nippon<br />
Ham“. Betriebe an 59 Standorten<br />
in 12 Ländern, meist in<br />
Asien <strong>und</strong> Australien<br />
LEATHERHEAD/ETC<br />
6<br />
geschaffen für Investmentbanker. Tatsächlich<br />
hat die Wall-Street-Firma Goldman Sachs den<br />
Shuanghui-Smithfield-Deal auf unterschiedliche<br />
Art <strong>und</strong> Weise eingefädelt <strong>und</strong> abgewickelt. Es<br />
wurde von Smithfield mit der Beratung über potenzielle<br />
Verkäufer beauftragt, hält selbst einen<br />
fünfprozentigen Anteil an Shuanghui <strong>und</strong> ist<br />
Großhändler von Rohstoffen: 2012 erwirtschaftete<br />
Goldman Sachs damit r<strong>und</strong> 1,25 Milliarden Dollar,<br />
davon 400 Millionen im Food-Bereich.<br />
Die doppelte Konzentration in der Fleischindustrie<br />
– Expansion der Unternehmen, Intensivierung<br />
der Produktion – lässt kleineren<br />
Produzenten kaum eine Überlebenschance. Die<br />
multinationalen Strukturen vernichten eine<br />
Einkommensquelle der Armen <strong>und</strong> schränken<br />
gleichzeitig die Produktauswahl für die Verbraucher<br />
ein. Die Größenvorteile versprechen Aktionären<br />
<strong>und</strong> anderen Kapitalgebern höhere Gewinne.<br />
Effizienz birgt aber auch Gefahren. Wo enden<br />
die Größenvorteile, wenn heutzutage bereits bis<br />
zu 100.000 <strong>Tiere</strong> zugleich gemästet werden können?<br />
Solche Betriebsgrößen gibt es in den USA bereits.<br />
Die Logistik ist heute noch beherrschbar, jedoch<br />
gilt: je größer das System, desto anfälliger.<br />
In der Intensivhaltung breiten sich Krankheitserreger<br />
schneller <strong>und</strong> leichter von einem Tier<br />
auf das nächste aus, sowohl im Stall wie beim<br />
Transport. Das Gleiche gilt für die Schlachthöfe,<br />
da die Geschwindigkeit der Verarbeitung<br />
zunimmt. Außerdem funktioniert das System im<br />
Falle einer Katastrophe, etwa einer weitflächigen<br />
Überschwemmung, nicht mehr. Und wenn die<br />
Verbrauchernachfrage sinkt, droht Unternehmen<br />
mit knappen Reserven der Bankrott. Das wiederum<br />
macht Versicherungsunternehmen mit maßgeschneiderten<br />
Risikobewertungen zu wichtigen<br />
Spielern im modernen Fleischgeschäft.<br />
Je größer<br />
das System der<br />
Fleischerzeugung,<br />
umso anfälliger<br />
wird es<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
13
FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT<br />
USA <strong>und</strong> EU verhandeln über ein neues Handelsabkommen. Die Wunschliste der<br />
Industriekonzerne ist lang. Amerikaner möchten europäische Schutzvorschriften<br />
gegen Hormone, Antibiotika <strong>und</strong> Genmanipulationen aushebeln, Europas<br />
Fleischkonzerne hingegen wollen mehr Rindfleisch über den Atlantik verkaufen.<br />
Beamte<br />
verhandeln heimlich<br />
über neue Grenzwerte<br />
für Chemikalien<br />
im Fleisch<br />
I<br />
n der Europäischen Union basieren die Vorschriften<br />
für die Sicherheit von Nahrungsmitteln<br />
<strong>und</strong> Chemikalien auf dem Vorsorgeprinzip.<br />
Dieser Gr<strong>und</strong>pfeiler europäischen Rechts<br />
ermöglicht es der EU, alle Einfuhren, die ein potenzielles<br />
Risiko für Mensch oder Umwelt darstellen,<br />
so lange zu beschränken, bis gesicherte<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen – importiert<br />
werden darf nur, was nachweisbar<br />
ungefährlich ist. In den Vereinigten Staaten<br />
hingegen ist es umgekehrt – exportiert werden<br />
darf alles, was nicht nachweisbar gefährlich ist.<br />
Derartige Entscheidungen erfolgen mittels einer<br />
Kosten-Nutzen-Analyse der Risiken <strong>und</strong> mit <strong>Daten</strong>,<br />
die <strong>als</strong> „belastbare wissenschaftliche <strong>Fakten</strong>“<br />
gelten – <strong>und</strong> die etwa im Fall der Unbedenklichkeitserklärung<br />
für gentechnisch modifizierte Organismen<br />
direkt von der Industrie kamen.<br />
Ungeachtet solcher erheblichen Unterschiede<br />
begannen EU <strong>und</strong> USA 2013 mit Verhandlungen<br />
über eine Transatlantische Handels- <strong>und</strong> Investitionspartnerschaft<br />
(Transatlantic Trade and Investment<br />
Partnership, TTIP), mit der ein Transatlantisches<br />
Freihandelsabkommen (Trans-Atlantic Free<br />
Trade Agreement, TAFTA) entstehen soll. Als Maßnahme<br />
zur Stützung der schwächelnden Wirtschaft<br />
beider Regionen gedacht, könnte dieser<br />
Vertrag das größte bilaterale Freihandelsabkommen<br />
in der Geschichte werden. Auf beiden Seiten<br />
des Atlantiks drängen jetzt einflussreiche Interessengruppen,<br />
darunter der Landwirtschafts-,<br />
Futtermittel- <strong>und</strong> Chemiesektor, auf ein Abkommen,<br />
das Handelsschranken für landwirtschaftliche<br />
Erzeugnisse einschließlich Fleischprodukten<br />
abbaut. Ein derartiger Vertrag könnte drastische<br />
Änderungen beim Einsatz von Antibiotika in der<br />
Fleischproduktion, bei der Zulassung von genetisch<br />
veränderten Organismen, für den Tierschutz<br />
<strong>und</strong> andere Bereiche mit sich bringen. Die<br />
Industrie wird bestrebt sein, im Interesse einer<br />
Ausdehnung ihrer Märkte die jeweils niedrigsten<br />
Standards auch auf der Gegenseite zuzulassen.<br />
Beispielhaft dafür ist Ractopamin, das in den<br />
Vereinigten Staaten <strong>als</strong> Futterzusatz zur Steigerung<br />
der Produktion mageren Schweine- <strong>und</strong><br />
Rindfleischs eingesetzt wird. Sein Einsatz ist in<br />
160 Staaten, darunter auch der EU, verboten,<br />
denn es gibt keine unabhängigen wissenschaft-<br />
Gewinner <strong>und</strong> Verlierer der transatlantischen Handelsgespräche<br />
Mögliche Zu- <strong>und</strong> Abnahmen des realen Pro-Kopf-Einkommens durch stärkeren Wettbewerb, in Prozent. Unterstellt ist der<br />
Wegfall aller Zölle <strong>und</strong> Einfuhrverbote von EU <strong>und</strong> USA, ohne dass sich die Handelsvorschriften anderer Staaten anpassen.<br />
IFO<br />
13,4<br />
USA<br />
Kanada<br />
-9,5<br />
6,9<br />
Irland<br />
9,7<br />
GB<br />
7,3<br />
Schweden 6,2<br />
Finnland<br />
6,6<br />
Spanien<br />
Mexiko<br />
-7,2<br />
-9,5 bis -6,1<br />
-6,0 bis -3,1<br />
-3,0 bis 0,0<br />
0,1 bis 3,0<br />
3,1 bis 6,0<br />
6,1 bis 13,4<br />
keine Angaben<br />
Australien<br />
-7,4<br />
14<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Fleischhandel zwischen den USA <strong>und</strong> der EU<br />
Im- <strong>und</strong> Exporte, Millionen Dollar<br />
2010 2011 2012<br />
Gesamter<br />
Fleischhandel<br />
USA<br />
Rind, Kalb<br />
Geflügel, Eier<br />
lichen Studien, die etwas über die Folgen für die<br />
menschliche Ges<strong>und</strong>heit aussagen könnten. Den<br />
USA ist es derzeit nicht gestattet, Fleisch von mit<br />
Ractopamin behandeltem Vieh in die EU zu exportieren.<br />
Amerikanische Agrarkonzerne <strong>und</strong><br />
fleischverarbeitende Unternehmen fordern, dass<br />
die EU dieses Verbot aufhebt <strong>und</strong> das Thema in<br />
die TTIP-Verhandlungen aufnimmt.<br />
Nach mehreren Jahren relativer Ruhe wurde<br />
auch ein alter Handelsstreit neu belebt. Im Rahmen<br />
des TTIP versuchen die USA jetzt wieder, eine<br />
Zulassung von Peroxysäure zu erhalten. Dieser<br />
antimikrobiell wirksame Stoff wird in den USA<br />
verbreitet zur Desinfektion von Rohgeflügel nach<br />
dem Schlachten eingesetzt. Die EU, in der Geflügel<br />
ausschließlich mit heißem Wasser gereinigt<br />
werden darf, betrachtet den Einsatz von Peroxysäure<br />
<strong>als</strong> Verstoß gegen das Konzept „Vom Erzeuger<br />
zum Verbraucher“ <strong>und</strong> vom damit verb<strong>und</strong>enen<br />
möglichst geringen Einsatz von Chemikalien<br />
in der Nahrungsmittelverarbeitung.<br />
Darüber hinaus bietet das TTIP multinationalen<br />
Konzernen die Möglichkeit, die EU-Verbote<br />
von genetisch veränderten Nahrungsmitteln zu<br />
unterlaufen, die in den USA <strong>als</strong> wettbewerbswidrige<br />
„technische Handelsschranken“ gesehen<br />
werden. Umwelt-, Verbraucher- <strong>und</strong> Tierschützer<br />
fürchten nun, dass sich die EU bei den Verhandlungen<br />
hinter verschlossenen Türen eine Schwächung<br />
ihrer Schutzvorschriften abhandeln lässt.<br />
Die EU ihrerseits versucht das Verbot von Rindfleischimporten<br />
aus Europa in die USA zu kippen. Die<br />
Vereinigten Staaten verbieten den Einsatz <strong>und</strong><br />
die Einfuhr von Futtermittelbestandteilen, die<br />
nachweislich an der Übertragung von BSE, dem<br />
„Rinderwahn“, beteiligt sind. Die Verfechter von<br />
Nahrungsmittelsicherheit in den USA sind besorgt,<br />
dass die EU-Vorschriften über den Einsatz<br />
von aus Wiederkäuern gewonnenen Futtermittelzusätzen<br />
nicht ausreichen, um eine Kontamination<br />
zu verhindern. Da die EU gegenwärtig sogar<br />
noch eine weitere Lockerung der Standards<br />
für diese Futtermittelzusätze erwägt, nähme aus<br />
US-Sicht das Risiko aufgr<strong>und</strong> des Handels mit BSEverseuchtem<br />
Rindfleisch zu.<br />
Darüber hinaus gibt es noch den Mechanismus<br />
zur „Schlichtung von Streitigkeiten zwischen<br />
Investoren <strong>und</strong> dem Staat“. Mit dieser bereits in<br />
vielen Handelsverträgen enthaltenen Klausel<br />
kann ein Unternehmen den Staat auf Schadenersatz<br />
für Vorschriften verklagen, die seine Gewinne<br />
beeinträchtigen. Mit dem TTIP wollen die<br />
Agrarkonzerne nun diesen Mechanismus auch<br />
auf die Standards zur Nahrungsmittelsicherheit<br />
„uneingeschränkt“ anwenden. Mit anderen Worten:<br />
Da internationale Investoren durch diesen<br />
Mechanismus einen Rechtsanspruch auf „stabile<br />
Investitionsbedingungen“ erhalten, würden alle<br />
Verschärfungen von Umwelt- oder Tierschutzgesetzen<br />
erheblich erschwert.<br />
So könnte es durch TTIP deutlich schwieriger<br />
werden, nachteilige Umwelt-, Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsfolgen<br />
der industriellen Tierproduktion<br />
zu beseitigen. Statt die Standards weiter zu verwässern,<br />
sollten die Verbraucher <strong>und</strong> Aktivisten<br />
in den USA <strong>und</strong> der EU ihre Regierungen drängen,<br />
mit dem TTIP die Standards auf beiden Seiten des<br />
Atlantiks anzuheben. Oder sie sollten die Gespräche<br />
komplett abbrechen.<br />
Futtermittelhandel zwischen den USA <strong>und</strong> der EU<br />
Im- <strong>und</strong> Exporte, Millionen Dollar<br />
2010 2011 2012<br />
Mais<br />
USA<br />
Hirse<br />
Futtermittel<br />
Ölsaaten<br />
Soja<br />
946 1.154 988<br />
1.652 2.031 2.154<br />
136 231 223<br />
298 326 355<br />
219 218 199<br />
741 868 845<br />
43 239 18<br />
38 239 1<br />
320 492 265<br />
2.072 1.632 2.676<br />
1 108 795 1 481<br />
217 270 265<br />
872 928 1.016<br />
847 897 976<br />
EU<br />
Schwein<br />
Käse<br />
EU<br />
Futtermittel<br />
Ölsaaten<br />
Olivenöl<br />
USDA ERS<br />
USDA ERS<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
15
ROSAROT IM KÜHLREGAL<br />
Supermärkte mit Kühltruhen <strong>und</strong> Fast-Food-Ketten mit Qualitätsversprechen<br />
verändern das Einkaufen in den Städten der Boomländer. Die Städte<br />
wachsen so schnell, dass kleine Läden ihre Bedeutung verlieren. Deren Aufgabe<br />
übernehmen kapit<strong>als</strong>tarke Lebensmittelketten.<br />
Normierte<br />
Waren erleichtern<br />
Supermärkten<br />
den massenhaften<br />
Absatz<br />
D<br />
er Metzger, der im Hinterraum seines<br />
Ladens fachgerecht halbe Rinder oder<br />
Schweine zerlegt <strong>und</strong> vorne Fleisch <strong>und</strong><br />
Wurst an seine K<strong>und</strong>en verkauft, ist in den Industrieländern<br />
selten geworden. Heute werden diese<br />
verderblichen Lebensmittel auf null bis vier Grad<br />
heruntergekühlt, vom Großhändler oder gleich<br />
vom Schlachthof in die Supermärkte geliefert.<br />
Dort legen die Verkäuferinnen das Fleisch nur<br />
noch hinter die Scheiben des Verkaufstresens,<br />
oder die K<strong>und</strong>en holen sich die verpackte<br />
Ware direkt aus der Truhe. Damit Selbstbedienungsware<br />
tagelang appetitlich aussieht,<br />
werden Hühnerbrüste <strong>und</strong> Koteletts in einer<br />
möglichst keimkontrollierten Umgebung vakuumverpackt<br />
<strong>und</strong> die Päckchen anschließend mit<br />
einem sauerstoffreichen Gas aufgeblasen. Das<br />
sorgt bei Rind <strong>und</strong> Schwein für eine rote Färbung<br />
<strong>und</strong> suggeriert Frische – auch wenn tatsächlich<br />
durch eine mehrtägige Lagerung schon Keime<br />
entstanden sein können.<br />
Fleisch, vielerorts noch vor zehn, zwanzig Jahren<br />
ein Luxusgut, gehört für immer mehr Menschen<br />
auch in den Schwellenländern zum festen<br />
Bestandteil ihrer täglichen Ernährung. Das Supermarktmodell<br />
kapitalkräftiger Einzelhandelsketten<br />
wie WalMart aus den USA, Carrefour aus<br />
Frankreich, Tesco aus Großbritannien <strong>und</strong> Metro<br />
aus Deutschland eroberte die Welt <strong>und</strong> löste auch<br />
enorme Investitionen heimischer Konzerne aus.<br />
Der Prozess ist gut untersucht: Die erste Welle<br />
begann in den frühen 1990er Jahren in Südamerika,<br />
in den ersten ostasiatischen Boomländern<br />
wie Korea <strong>und</strong> Taiwan sowie in Südafrika; von<br />
1990 bis um 2005 stieg der Marktanteil von Supermärkten<br />
von 10 auf bis zu 60 Prozent. Die zweite<br />
Welle konnte Mitte bis Ende der Neunziger in Mittelamerika<br />
<strong>und</strong> südostasiatischen Ländern beobachtet<br />
werden; hier lag der Marktanteil um 2005<br />
bei 30 bis 50 Prozent. Die dritte Welle begann um<br />
2000 in China sowie Indien <strong>und</strong> großen aufholenden<br />
Volkswirtschaften wie Vietnam; nach wenigen<br />
Jahren wuchsen die Umsätze um 30 bis 50<br />
Prozent jährlich.<br />
Die Gründe dafür liegen nicht einfach in der<br />
steigenden Kaufkraft der Mittelschichten, sondern<br />
in f<strong>und</strong>amentalen gesellschaftlichen Veränderungen.<br />
In Pakistan etwa schreitet die Urbanisierung<br />
sehr schnell voran, die Metropole Lahore<br />
wächst um 300.000 Einwohner pro Jahr. Die Lieferung<br />
von Fleisch <strong>und</strong> Milchprodukten kommt<br />
auf den traditionellen Handelswegen nicht nach.<br />
Der Mangel an Waren <strong>und</strong> ihre schlechte Qualität<br />
treibt den Mittelstand in die Supermärkte, wie die<br />
Tageszeitung Express Tribune berichtet. Berufstätige<br />
Frauen, weiterhin für die Zubereitung der<br />
Mahlzeiten zuständig, hätten keine Zeit mehr,<br />
von Laden zu Laden zu laufen, um die Qualität des<br />
empfindlichen Fleisches zu prüfen <strong>und</strong> mit den<br />
Verkäufern um Preise zu feilschen.<br />
China: Schnellimbisse wachsen langsamer<br />
Indien: Der Aufschwung geht weiter<br />
Jährliches Wachstum von Fast-Food-Geschäften, 2010–14,<br />
<strong>und</strong> Marktanteile, 2012, in Prozent<br />
12<br />
11<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Unabhängige<br />
Ketten<br />
0<br />
2010 2011 2012 2013 <strong>2014</strong><br />
(geschätzt)<br />
84,1<br />
Yum!*<br />
McDonald‘s<br />
Ting Hsin<br />
6,5<br />
2,3<br />
1,5<br />
4,3<br />
Hua Lai Shi<br />
Shigemitsu<br />
Kungfu<br />
andere Fast-Food-Ketten<br />
unabhängige Fast-Food-Geschäfte<br />
EUROMONITOR<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,3<br />
Vorhandene <strong>und</strong> geplante Fastfood-Filialen<br />
vorhanden, 2012/13<br />
geplant, 2013/14<br />
+ 125<br />
602<br />
*Kentucky Fried Chicken, Pizza Hut, Taco Bell<br />
+ 38–50<br />
166<br />
+ 250<br />
500<br />
Domino‘s McDonald‘s Yum!*<br />
BUSINESS STANDARD<br />
16<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Große Einkaufsflächen lohnen sich in Einzugsgebieten<br />
mit mehreren tausend potenziellen<br />
K<strong>und</strong>en. In vielen Regionen mit hoher Mobilität<br />
– in den autogerechten Vorstädten der USA etwa<br />
– können arme Leute deshalb heute keinen Lebensmittelladen<br />
mehr zu Fuß erreichen, in dem<br />
sie frische Produkte kaufen können, um sie selbst<br />
zuzubereiten. Sie bekommen nur noch fertiges Essen<br />
in Fast-Food-Ketten. Sozial- <strong>und</strong> Ernährungsforscher<br />
bezeichnen solche Gegenden <strong>als</strong> „Food<br />
Deserts“, Nahrungswüsten.<br />
Der Verkauf von normierten Produkten erleichtert<br />
den Lebensmittelketten nicht nur die<br />
Werbung, sondern verschafft ihnen auch eine<br />
enorme Marktmacht gegenüber den Lieferanten,<br />
denen sie die Preise diktieren <strong>und</strong> die sie jederzeit<br />
wechseln können. Zugleich machen sich auch die<br />
Supermarktkonzerne gegenseitig Konkurrenz. So<br />
sind die Angebote billig <strong>und</strong> Produkte aus der Region<br />
können sich bestenfalls noch in Nischen halten.<br />
Mit der Öffnung der globalen Märkte haben<br />
Millionen Kleinhändler ihre Existenzgr<strong>und</strong>lage<br />
verloren, weil sie nicht umsatzstark genug waren<br />
<strong>und</strong> nicht für angemessene Lagerung <strong>und</strong> vor allem<br />
für die kontinuierliche Kühlung von Fleisch,<br />
Wurst, Eiern oder Frischmilch sorgen konnten.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des Dumpingwettbewerbs kommt<br />
es immer wieder zu Skandalen mit Gammel- oder<br />
verbotenem Hormonfleisch sowie f<strong>als</strong>chen Deklarationen.<br />
So landete Esels- statt Rindfleisch auf<br />
den Tellern von Südafrikanern, in Europa wurde<br />
Pferdefleisch <strong>als</strong> Rind ausgegeben <strong>und</strong> in die Kühltruhen<br />
der Supermärkte verteilt. Und in In dien<br />
mag manches Stück abgepacktes Büffelfleisch<br />
tatsächlich aus einer illegalen Rinderschlachterei<br />
stammen.<br />
In keinem anderen Land der Welt wird so viel<br />
Fleisch produziert <strong>und</strong> gegessen wie in China.<br />
Vor allem Schweinefleisch ist dort äußerst beliebt.<br />
Die meisten im Land gezüchteten <strong>Tiere</strong> kommen<br />
bisher noch nicht aus Massenställen. Vielerorts<br />
gibt es zudem noch keine funktionierenden Kühlketten,<br />
<strong>und</strong> so wird ein Großteil des Fleisches geschmort<br />
oder gekocht an die Endverbraucher verkauft.<br />
Doch die Nachfrage nach Fleisch aus dem<br />
Supermarkt wächst <strong>und</strong> macht inzwischen gut<br />
10 Prozent des Gesamtumsatzes aus.<br />
Internationale Fast-Food-Ketten wie Kentucky<br />
Fried Chicken (KFC) <strong>und</strong> McDonald’s versprechen<br />
ihrer K<strong>und</strong>schaft, dass die Zulieferbetriebe zertifiziert<br />
sein müssen <strong>und</strong> immer wieder kontrolliert<br />
werden. Denn Lebensmittelskandale verderben<br />
den Appetit <strong>und</strong> sind schlecht fürs Geschäft.<br />
KFC hatte um die Jahreswende 2012/13 zweimal<br />
Probleme mit antibiotikaverseuchtem Geflügelfleisch.<br />
Ihr Geschäft ist daraufhin um 10 Prozent<br />
eingebrochen <strong>und</strong> hat sich bis in den Herbst 2013<br />
nicht erholt. McDo wurde in den Strudel mit hineingezogen<br />
– die Verkäufe gingen hier ebenfalls<br />
zurück.<br />
Auch in China müssen die Endverkäufer nun<br />
die Endverbraucher fürchten.<br />
Der Umsatz kommt aus den Kühltruhen<br />
Verkäufe im Einzelhandel, 2012/13, in Dollar<br />
US<br />
US<br />
über 600 Millionen<br />
300–599 Millionen<br />
KA<br />
MX<br />
US<br />
AR<br />
VE<br />
BR<br />
RU<br />
GB DE UA<br />
FR<br />
TR<br />
IR<br />
NG<br />
SA<br />
Fertigmahlzeiten mit/ohne Fleisch<br />
AR Argentinien<br />
AU Australien<br />
BR Brasilien<br />
KA Kanada<br />
CN China<br />
GB<br />
Milchprodukte<br />
GB<br />
FR<br />
DE<br />
DE<br />
Tiefgekühlte Fleischwaren<br />
TR<br />
IR<br />
DE Deutschland<br />
AL Algerien<br />
FR Frankreich<br />
ID Indonesien<br />
IN Indien<br />
150–299 Millionen<br />
0,1–149 Millionen<br />
RU<br />
CN<br />
CN<br />
US<br />
Konservierte Fleischerzeugnisse<br />
US<br />
MX<br />
US<br />
Käse<br />
AR<br />
VE<br />
AR<br />
IR Iran<br />
MX Mexiko<br />
NG Nigeria<br />
RU Russland<br />
SA Saudi-Arabien<br />
BR<br />
BR<br />
FR<br />
GB<br />
DE<br />
ZA<br />
FR<br />
AL<br />
TR<br />
IR<br />
Tiefgekühltes Geflügel<br />
kein Wachstum<br />
negatives Wachstum<br />
NG<br />
IR<br />
TR Türkei<br />
UA Ukraine<br />
GB Großbritannien<br />
IN<br />
IR<br />
RU<br />
RU<br />
CN<br />
RU<br />
CN<br />
ID<br />
AU<br />
US USA<br />
VE Venezuela<br />
ZA Südafrika<br />
EUROMONITOR<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
17
IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT<br />
Das Töten von <strong>Tiere</strong>n zur Herstellung von Nahrungsmitteln ist hoch industrialisiert.<br />
Die Schlachthöfe der globalen Konzerne verfügen über unvorstellbare<br />
Kapazitäten <strong>und</strong> liegen fern der Städte – Konsumenten sehen keine Verbindung<br />
mehr zwischen einem lebenden Tier <strong>und</strong> einem eingeschweißten Filet.<br />
Billigfleisch<br />
entsteht auch durch<br />
die Dumpinglöhne<br />
der Schlachthof-<br />
Arbeiter<br />
D<br />
as Chicago des beginnenden 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
gilt <strong>als</strong> die Wiege der industriellen<br />
Schlachtung. Mit den Fließbändern, die hier<br />
zum ersten Mal systematisch in den Fabriken eingesetzt<br />
wurden, dauerte es insgesamt nur noch<br />
15 Minuten, ein Rind zu töten <strong>und</strong> vollständig zu<br />
zerlegen. Bis auf zwölf Millionen im Jahr stieg so<br />
die Zahl der hier geschlachteten <strong>Tiere</strong>, ein solcher<br />
Effizienzsprung, dass Henry Ford das Verfahren<br />
für den Bau von Autos übernahm.<br />
Mit der Industrialisierung des Schlachtprozesses<br />
setzte auf der ganzen Welt die Zentralisierung<br />
ein. In den USA bildeten sich bis zur Weltwirtschaftskrise<br />
zunächst marktbeherrschende<br />
Konglomerate, gefolgt von einer langen Phase<br />
der Entflechtung. Doch ab den frühen 1970er<br />
Jahren, <strong>als</strong> die Deregulierung begann <strong>und</strong> der<br />
Börsenboom einsetzte, nahm die Konzentration<br />
schnell wieder zu. Zwischen 1967 <strong>und</strong> 2010<br />
sank die Zahl der Schlachthöfe in den USA<br />
von fast 10.000 auf weniger <strong>als</strong> 3.000. Heute<br />
schlachten dort zehn Konzerne 88 Prozent aller<br />
Schweine. Die globalen Kapazitäten der Firmen<br />
erreichen Ausmaße, die sinnlich nicht mehr nachvollziehbar<br />
sind: Die US-Gesellschaft Tyson Foods,<br />
nach JBS aus Brasilien das zweitgrößte Fleischunternehmen<br />
der Welt, schlachtet 42 Millionen<br />
Hühner, 170.000 Rinder <strong>und</strong> 350.000 Schweine –<br />
pro Woche.<br />
Sie stammen meist aus eigener Aufzucht, werden<br />
in eigenen Fabriken verarbeitet <strong>und</strong> unter<br />
eigener Handelsbezeichnung vermarktet. Nach<br />
dem Motto „From farm to fork“, „Vom Hof bis auf<br />
die Gabel“, soll so ein möglichst großer Teil der<br />
Wertschöpfungskette ausgenutzt werden. Dies<br />
ist auch erforderlich, um der starken Marktmacht<br />
der Großabnehmer – der internationalen Handelsketten<br />
<strong>und</strong> Großimporteure – die eigene wirtschaftliche<br />
Stärke entgegenzusetzen. Aber auch<br />
Lohnschlachterei für andere Hersteller ist möglich,<br />
wenn zur Verfügung stehende Kapazität <strong>und</strong><br />
Marktlage dies erlauben – oder erzwingen.<br />
Die Einführung von öffentlichen oder privaten<br />
Schlachthöfen war in den armen Ländern der erste<br />
gezielte Schritt zur systematischen Hygiene in<br />
der Tierverarbeitung. Am Ende der Entwicklung<br />
stehen heute Hochleistungsfabriken in den Industrieregionen,<br />
verbreitet inzwischen auch in den<br />
Boomländern. Vor allem die Lebensmittelskandale<br />
führten zu strengeren, oft sehr kostspieligen<br />
Auflagen. Der Kampf um die niedrigsten Schlachtpreise<br />
wird vor allem auf dem Rücken der Arbeiter<br />
ausgetragen.<br />
Weltweit arbeiten mehrere Millionen Menschen<br />
in Schlachthöfen – niemand weiß, wie viele<br />
es genau sind. Ihre Arbeit gilt <strong>als</strong> „dirty work“.<br />
Vor allem in westlichen Industrienationen erfährt<br />
sie kaum soziale Anerkennung <strong>und</strong> ist kulturell<br />
weitgehend geächtet. Dumpinglöhne <strong>und</strong> katastrophale<br />
Arbeitsbedingungen sind die Regel.<br />
Hohe Arbeitsgeschwindigkeit, die Monotonie der<br />
immer gleichen Abläufe, die Unfallgefahr beim<br />
Umgang mit gefährlichen Werkzeugen <strong>und</strong> Chemikalien<br />
sowie die einseitige Beanspruchung von<br />
Rücken <strong>und</strong> Gelenken – diese Kombination ist<br />
enorm belastend. Je nach Arbeitsplatz kommen<br />
Hitze oder Kälte, Lärm, ein erhöhtes Risiko durch<br />
Infektionskrankheiten sowie besonders frühe<br />
oder späte Schichten hinzu. Zusätzlich kann für<br />
Arbeitnehmer auch der Umgang mit <strong>und</strong> die Tö-<br />
Branchenkonzentration in den USA<br />
Zahl der Schlachtanlagen<br />
12.000<br />
10.000<br />
8.000<br />
6.000<br />
4.000<br />
2.000<br />
0<br />
1967 1977 1987 1997 2007<br />
Marktanteil der vier größten Schlachtfirmen, in Prozent<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Rind<br />
Schwein<br />
1965 1975 1985 1995 2005<br />
DENNY/ USDA<br />
18<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Weltweite Schlachtungen: Milliarden <strong>Tiere</strong> im Jahr<br />
Amtliche <strong>und</strong> amtlich geschätzte Zahlen, 2011<br />
296<br />
000 000<br />
24 000 000<br />
Büffel<br />
Rinder<br />
Ziegen<br />
Schafe<br />
Schweine<br />
1 383<br />
000 000<br />
430<br />
Hühner<br />
Enten<br />
Truthähne<br />
Gänse <strong>und</strong><br />
Perlhühner<br />
000 000<br />
517<br />
000 000<br />
58<br />
654<br />
000 000<br />
110<br />
000 000<br />
2 817<br />
000 000<br />
Schlachtungen in den vier wichtigsten Ländern,<br />
2011, Köpfe<br />
35.108.100<br />
USA<br />
Rinder <strong>und</strong><br />
Büffel<br />
39.100.000<br />
Brasilien<br />
46.193.000<br />
China<br />
21.490.000<br />
8.954.959.000<br />
USA<br />
11.080.000.000<br />
China<br />
Indien<br />
5.370.102.000<br />
Geflügel 2.049.445.000<br />
Brasilien<br />
Indonesien<br />
649<br />
000 000<br />
110.956.304<br />
USA<br />
Schweine<br />
59.735.680<br />
Deutschland<br />
661.702.976<br />
China<br />
44.270.000<br />
Vietnam<br />
Schafe <strong>und</strong><br />
Ziegen<br />
38.600.000<br />
Nigeria<br />
273.080.000<br />
China<br />
84.110.000<br />
Indien<br />
28.980.000<br />
Bangladesch<br />
FAOSTAT<br />
tung von <strong>Tiere</strong>n belastend sein. Viele Schlachter<br />
nennen „Härte“ <strong>als</strong> Voraussetzung für die Ausübung<br />
ihres Berufes.<br />
Mit der Industrialisierung des Schlachtens begann<br />
aber auch ein Prozess der Dequalifizierung<br />
<strong>und</strong> Mechanisierung der Arbeit. Heute brauchen<br />
Schlachter die meisten traditionellen Fähigkeiten<br />
<strong>und</strong> ein Handwerkswissen nicht mehr. Eingestellt<br />
werden billige, immer häufiger nur angelernte<br />
Arbeitskräfte. Die Arbeitsmigration aus Mexiko<br />
nach Nordamerika oder von Ost- nach Westeuropa<br />
<strong>und</strong> die kurze Verweildauer der Arbeiter führen<br />
zu Belegschaften, die den Anforderungen der<br />
Unternehmen weitgehend schutzlos ausgesetzt<br />
sind. Waren die Gewerkschaften auf den Schlachthöfen<br />
bis in die 1960er Jahre noch stark, ist ihre<br />
Arbeit in den vergangenen beiden Jahrzehnten<br />
deutlich schwieriger geworden. Und Tarifverträge<br />
sind weltweit überwiegend unbekannt.<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
In den meisten Industrieländern wurden die<br />
Schlachthöfe aus den urbanen Zentren in die rurale<br />
Peripherie verlagert. Die Grausamkeit des<br />
Schlachtens soll den Konsumenten verborgen<br />
bleiben. Hier offenbart sich ein sozialer Prozess:<br />
Sichtbare Gewalt wird aus dem öffentlichen<br />
Raum verdrängt. Schlachtung <strong>und</strong> die Schlachter<br />
wurden <strong>und</strong> sind für die meisten Menschen<br />
unsichtbar. Die Verbindung zwischen dem<br />
einst lebenden Tier, das in Viehwaggons in die<br />
Stadt gebracht wurde, dem früher sicht-, hör<strong>und</strong><br />
riechbaren Tod im Schlachthof <strong>und</strong> dem<br />
Fleischprodukt am Ende dieser Produktion<br />
wurde gekappt. Die meisten Konsumenten sehen<br />
vom Tier heute nur noch ein eingeschweißtes<br />
Erzeugnis im Supermarkt. Die Vermutung liegt<br />
nahe, dass ein Besuch im Schlachthof, um diese<br />
Anonymisierung zu durchbrechen, die Bereitschaft<br />
zum Fleischverzehr nicht erhöht.<br />
Die Gewalt der<br />
Schlachthöfe soll<br />
nicht ins Bewusstsein<br />
der Öffentlichkeit<br />
gelangen<br />
19
DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN<br />
Großbetriebe dominieren auch in Deutschland die Schlachthofbranche. Billiglöhne<br />
für die Leiharbeiter aus dem Osten der EU begünstigen weitere Investitionen der<br />
Konzerne. Doch gegen noch mehr Mast- <strong>und</strong> Schlachtanlagen regt sich Widerstand.<br />
Tierschützer<br />
kritisieren die<br />
Quälerei des Tötens,<br />
Tierrechtler das<br />
Töten selbst<br />
Fleischproduktion in Deutschland<br />
Millionen Tonnen<br />
6<br />
20<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
D<br />
eutschland steht bei der Schweineschlachtung<br />
mit über 58 Millionen getöteten <strong>Tiere</strong>n<br />
pro Jahr auf Platz 1 der europäischen<br />
Spitzenproduzenten, beim Rindfleisch auf Platz<br />
2 hinter Frankreich. Auch bei Hühnern gehört<br />
Deutschland zu den Top 5. B<strong>und</strong>esweit existieren<br />
knapp 350 Schlachthöfe mit jeweils über 20 Beschäftigten.<br />
Die meisten dieser Betriebe sind klein<br />
bis mittelgroß; Betriebe mit mehr <strong>als</strong> 500 Arbeitnehmern<br />
sind selten.<br />
Dennoch ist der deutsche Schlachtmarkt<br />
zentralisiert. Die vielen kleineren Unternehmen<br />
spielen in Bezug auf die absolute Menge<br />
an geschlachteten <strong>Tiere</strong>n nur eine geringe<br />
Rolle. Über 55 Prozent des Schlachtwertes<br />
entfielen im Jahr 2012 auf die drei größten<br />
Schweineschlachtkonzerne – Tönnies, Vion <strong>und</strong><br />
Westfleisch. Bei den Rindern teilen sich die fünf<br />
größten Unternehmen etwa die Hälfte des Marktes,<br />
der Branchenprimus Vion liegt dabei mit fast<br />
25 Prozent deutlich vorn. Bei Geflügel führt die<br />
PHW Gruppe die Branche an, bekannt durch ihre<br />
Handelsmarke Wiesenhof.<br />
Jede Tierart erfordert ein anderes Schlachtsystem,<br />
das sich an ihren Körpern orientiert. Rinder<br />
werden meistens mit einem Bolzenschuss betäubt,<br />
Schweine mit Gas oder der Elektrozange.<br />
Beide werden anschließend mit einem Kehlenschnitt<br />
getötet, nach dem Entbluten in das Produktionsband<br />
eingehängt <strong>und</strong> von den Arbeitern<br />
zerlegt. Wie die B<strong>und</strong>esregierung 2012 auf eine<br />
Kleine Anfrage der Grünen bestätigte, ist die Betäubung<br />
bei 4 bis 9 Prozent der Rinder <strong>und</strong> bei<br />
10 bis 12 Prozent der Schweine mangelhaft oder<br />
fehlt sogar ganz. Die Schlachtung von Hühnern<br />
ist stärker automatisiert. Sie werden in ein elektrisch<br />
geladenes Wasserbecken getaucht <strong>und</strong> so<br />
Rind<br />
Geflügel<br />
Schwein<br />
Schaf<br />
0<br />
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />
DESTATIS<br />
per Stromschlag betäubt. Arbeiter hängen sie in<br />
ein „Schlachtband“ ein. Von hier an übernimmt<br />
die Maschine die Zerlegung der Tierkörper. Die<br />
Teile kommen in ein Kühlhaus, bis sie zur Weiterverarbeitung<br />
transportiert werden.<br />
2012 waren in Deutschland fast 28.000 Menschen<br />
im Bereich Schlachtung sozialversicherungspflichtig<br />
beschäftigt. Die tatsächlichen<br />
Arbeitsverhältnisse <strong>und</strong> die enorme Fluktuation<br />
erschweren präzise Angaben. Durch die EU-Richtlinie<br />
zur grenzüberschreitenden Entsendung von<br />
Arbeitnehmern ist Deutschland zu einem Billiglohnland<br />
geworden. In den Betrieben arbeiten<br />
vor allem polnische, rumänische oder bulgarische<br />
Leiharbeiter, angeworben von Unternehmen<br />
in ihren Heimatländern, die sie dann nach<br />
Deutschland schicken.<br />
Ohne Mindestlohn oder flächendeckende Tarifverträge<br />
sind St<strong>und</strong>enlöhne unter 5 Euro für<br />
Leiharbeiter keine Seltenheit. Untergebracht werden<br />
sie in wenig attraktiven Sammelunterkünften.<br />
Manche Schlachter arbeiten scheinselbständig,<br />
weil die Unternehmen die Lohnnebenkosten<br />
senken wollen. Wenig verw<strong>und</strong>erlich, dass in den<br />
letzten Jahren die Zahl der Auszubildenden stetig<br />
abgenommen hat.<br />
Die niedrigen Löhne in Deutschland führen<br />
dazu, dass Fleischkonzerne aus Nachbarländern<br />
ihre <strong>Tiere</strong> zur Schlachtung nach Deutschland<br />
bringen. Der Großkonzern Danish Crown verlagerte<br />
tausende Arbeitsplätze von Dänemark nach<br />
Deutschland. Einige Staaten <strong>und</strong> Initiativen legten<br />
deshalb offiziell bei der Europäischen Kommission<br />
Beschwerde ein. Die belgische Regierung<br />
sowie eine Initiative französischer Schlachtbetriebe<br />
sehen in den deutschen Dumpinglöhnen<br />
Wettbewerbsverzerrungen.<br />
Die Gewerkschaften können in deutschen<br />
Schlachthöfen nicht allzu viel ausrichten. Die<br />
Leiharbeiter sind offiziell bei den Subunternehmen<br />
in ihren Herkunftsländern angestellt, die<br />
Schlachthöfe gelten lediglich <strong>als</strong> Einsatzorte.<br />
Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten<br />
(NGG) verweist so auch darauf, dass ausländische<br />
Gewerkschaften zuständig seien. Die meist kurzen<br />
Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland<br />
<strong>und</strong> Sprachprobleme mit den Arbeitnehmerorganisationen<br />
im Ausland erschweren jedoch eine<br />
dauerhafte grenzüberschreitende Zusammenarbeit.<br />
Viele Arbeiter haben Angst, ihre Arbeit zu<br />
verlieren, wenn sie Kritik äußern.<br />
Auch Tierschutzverbände <strong>und</strong> Tierrechtsorganisationen<br />
kritisieren die Schlachtbranche. Ers-<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Unsichtbares Geschäft hinter Fabrikmauern, sichtbare Ergebnisse im Supermarkt<br />
Geschlachtete <strong>Tiere</strong> in Deutschland, 2012, in Millionen pro Symbol<br />
DESTATIS<br />
29.000 Ziegen<br />
530.000 Gänse<br />
1.085.000 Schafe<br />
3.244.000 Rinder<br />
25.460.000 Enten<br />
37.700.000 Puten<br />
58.350.000 Schweine 627.941.000 Hühner<br />
tere wollen die Behandlung der <strong>Tiere</strong> verbessern,<br />
etwa durch kürzere Schlachttransporte, bessere<br />
Betäubung <strong>und</strong> eine Abkehr von der industriellen<br />
Massentierhaltung. Der Deutsche Tierschutzb<strong>und</strong><br />
entwickelt daher in Zusammenarbeit mit<br />
der Fleischindustrie Gütesiegel für Tiermast <strong>und</strong><br />
Tierschlachtung. Hingegen lehnen Tierrechtsorganisationen<br />
wie „Animal Rights Watch“ oder<br />
„Die Tierbefreier“ die massenhafte Tötung von<br />
<strong>Tiere</strong>n prinzipiell ab <strong>und</strong> bewerben einen veganen<br />
Lebensstil.<br />
Demonstrationen <strong>und</strong> Protestcamps, Blockaden<br />
<strong>und</strong> Besetzungen sollen für Öffentlichkeit<br />
sorgen. Besonders umstritten ist der „Mega-Geflügelschlachthof“<br />
im niedersächischen Wietze, seit<br />
2011 in Betrieb. Er gehört dem Rothkötter-Konzern,<br />
der zweitgrößten deutschen Geflügelfirma.<br />
Nach Medienberichten sind 400 neue Mastanlagen<br />
à 40.000 Hähnchen nötig, damit die Anlage<br />
wirtschaftlich arbeitet. Im Vollbetrieb wird Wietze<br />
die größte Anlage ihrer Art in Europa sein – mit<br />
jährlich 135 Millionen Schlachtungen.<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
21
TIERGENETIK: EINE HANDVOLL<br />
ARTEN FÜR DIE GANZE WELT<br />
Das Zuchtmaterial für die meisten <strong>Tiere</strong> in der industriellen Landwirtschaft stammt<br />
von einigen wenigen Firmen. Sie dominieren auch die Erforschung neuer<br />
Hochleistungsrassen. Dabei macht die zurückgehende genetische Vielfalt die<br />
Nutztiere anfälliger für Schädlinge, Krankheiten <strong>und</strong> Wetterextreme.<br />
Diese <strong>Tiere</strong><br />
überleben nur mit<br />
Futterzusätzen,<br />
Medikamenten <strong>und</strong><br />
Klimaanlagen<br />
Zwei Gewinner der Globalisierung<br />
22<br />
Vorkommen der Holstein-Friesischen Milchkuh<br />
Vorkommen der Schweinerasse „Large White“<br />
FAO<br />
D<br />
er Mensch hat 30 Nutztierarten domestiziert<br />
<strong>und</strong> nutzt dabei eine unglaubliche<br />
Anzahl verschiedener Rassen; die UN-Organisation<br />
für Ernährung <strong>und</strong> Landwirtschaft (FAO)<br />
hat bisher r<strong>und</strong> 8.000 dokumentiert. Viele dieser<br />
Rassen werden von kleineren Viehzüchtern gehalten,<br />
meist von Frauen, die für einen Großteil<br />
der weltweiten Fleischproduktion verantwortlich<br />
zeichnen <strong>und</strong> zugleich die Artenvielfalt<br />
der Nutztiere bewahren. Für viele arme Haushalte<br />
sind <strong>Tiere</strong>, insbesondere Hühner, Schafe<br />
<strong>und</strong> Ziegen, eine wichtige Einkommensquelle.<br />
Dabei werden einheimische <strong>Tiere</strong> zu verschiedenen<br />
Zwecken – von der Fleischproduktion bis zur<br />
Kapitalanlage – gehalten <strong>und</strong> den exotischen oder<br />
„verbesserten“ Rassen vorgezogen, weil sie sich<br />
den oft unwirtlichen Bedingungen vor Ort angepasst<br />
haben.<br />
Die Fleischindustrie nutzt acht Tierarten in<br />
großem Umfang: Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen,<br />
Hühner, Truthähne, Enten <strong>und</strong> Hasen. Sie<br />
entwickelt bestimmte Rassen dieser Arten weiter<br />
<strong>und</strong> verändert sie so, dass sich einige sehr ertragreiche<br />
Zuchtstämme herausbilden. Sie werden<br />
miteinander gekreuzt, bis letztlich die <strong>Tiere</strong> entstehen,<br />
die wir essen. Diese Form der Hybridzucht<br />
ist vor allem bei Geflügel <strong>und</strong> Schweinen verbreitet<br />
<strong>und</strong> führt dazu, dass die genetische Vielfalt dieser<br />
<strong>Tiere</strong> weiter abnimmt.<br />
Dieser Verlust begann in den 1950er Jahren<br />
zeitgleich mit der industriellen Fleischproduktion:<br />
Zuchtunternehmen konzentrierten sich auf<br />
eine Maximierung der Produktion <strong>und</strong> auf kommerziell<br />
nutzbare Eigenschaften wie schnelles<br />
Wachstum, effiziente Futterverwertung <strong>und</strong> hohe<br />
Erträge. Das Ergebnis: leistungsstarke <strong>und</strong> genetisch<br />
einheitliche Rassen, die ohne eiweißreiche<br />
Nahrung, kostspielige Pharmazeutika <strong>und</strong> eine<br />
klimatisierte Umgebung nicht überleben können.<br />
Heute liefert eine kleine Zahl transnationaler<br />
Firmen wirtschaftlich nutzbare Rassen, die einen<br />
immer größeren Anteil der weltweiten Fleischmärkte<br />
abdecken: Drei Unternehmen kontrollieren<br />
95 Prozent des Marktes für Brathähnchen.<br />
Zwei Unternehmen beherrschen 94 Prozent des<br />
Zuchtbestandes an kommerziellen Legehennen.<br />
Und in der Schweine- <strong>und</strong> Rinderindustrie entfallen<br />
zwei Drittel der gesamten Forschung <strong>und</strong><br />
Entwicklung auf die vier führenden Betriebe.<br />
Die Aquakultur macht zurzeit nur einen kleinen<br />
Teil der Tierzucht aus, ist aber der Sektor, der am<br />
schnellsten wächst. Auch hier experimentieren<br />
viele Spitzenunternehmen in der Tiergenetik mit<br />
nur einer Handvoll Arten, vor allem mit Atlan tiklachs,<br />
Regenbogenforelle, tropischen Garnelen<br />
<strong>und</strong> Buntbarsch.<br />
Die meisten globalen Lieferanten von Zuchtmaterial<br />
befinden sich in privater Hand <strong>und</strong> veröffentlichen<br />
weder Statistiken über ihre Einnahmen<br />
<strong>und</strong> Investitionen noch über firmeneigene Keimgewebe-<br />
oder Zuchttierbestände. Offensichtlich<br />
ist dieser Markt aber winzig im Vergleich zu seinem<br />
Gegenstück im Getreidesektor, dem Markt<br />
für kommerziell genutztes Saatgut.<br />
China ist zurzeit der weltweit größte Fleischkonsument.<br />
Schweinefleisch ist dabei die beliebteste<br />
Eiweißquelle des Landes. Bisher übernehmen<br />
noch größtenteils Hinterhof-Schweinezüchter die<br />
Versorgung. Doch die Politik zur Förderung der<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Die Top 7 der weltgrößten Zuchtfirmen<br />
Konzerne <strong>und</strong> Profile<br />
7<br />
Tyson Foods.<br />
Verkaufte 2012 Masthähnchen<br />
im Wert von 33 Milliarden Dollar.<br />
Die Tochterfirma<br />
Cobb-Vantress vertreibt<br />
Hühnerbrut in über<br />
90 Länder<br />
Smithfield Foods<br />
Tyson Foods<br />
7<br />
6<br />
Smithfields Foods.<br />
Der weltgrößte Produzent <strong>und</strong> Verarbeiter<br />
von Schweinen (Umsatz<br />
2012: 13 Milliarden Dollar) wurde<br />
mitsamt Zuchtgeschäft 2013 von<br />
Shuanghui, dem größten Fleischverarbeiter<br />
in China, aufgekauft.<br />
Preis: 7,1 Milliarden<br />
Dollar<br />
6<br />
Genus<br />
3<br />
Groupe Grimaud<br />
3<br />
Genus. Verkauft Schweine,<br />
Milchvieh <strong>und</strong> Rinder.<br />
Umsatz 2012: 550 Millionen<br />
Dollar. Mit 2.100 Beschäftigten<br />
in 30 Ländern aktiv;<br />
40 weitere werden<br />
beliefert<br />
4<br />
5<br />
Hendrix Genetics<br />
2<br />
EW Group<br />
4<br />
Groupe Grimaud.<br />
Verkauft Masthähnchen, Legehennen<br />
<strong>und</strong> Schweine, betreibt<br />
Aquakultur. In Privatbesitz;<br />
Umsatz 330 Millionen Dollar<br />
(2011), davon 75 Prozent<br />
international<br />
2<br />
EW Group. Weltgrößter<br />
Anbieter in der industriellen<br />
Geflügelzucht. Verkauft Masthähnchen,<br />
Legehennen, Puten, Produkte<br />
aus Aquakultur. Vorm<strong>als</strong> „Erich<br />
Wesjohann Gruppe“, in Privatbesitz,<br />
veröffentlicht keine Umsätze;<br />
5.600 Beschäftigte<br />
(2011)<br />
5<br />
Hendrix Genetics.<br />
Verkauft Legehennen, Puten<br />
<strong>und</strong> Schweine, Produkte aus<br />
Aquakultur. In Privatbesitz;<br />
2.400 Beschäftigte (2012).<br />
Gemeinsame Projekte mit Tyson<br />
Foods’ Tochterfirma<br />
Cobb-Vantress<br />
1<br />
Charoen Pokphand Group<br />
1<br />
Charoen Pokphand Group.<br />
Verkauft Masthähnchen, Schweine<br />
<strong>und</strong> Produkte aus Aquakultur.<br />
Konglomerat u. a. mit agroindustriellen<br />
<strong>und</strong> Telekom-Firmen. Umsatz 2013:<br />
33 Milliarden Dollar, davon<br />
11,3 Milliarden mit „feed, farm<br />
and food“-Produkten<br />
einschließlich Tierzucht<br />
ETC GROUP/USDA<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
vertikalen Integration – eine Firma übernimmt<br />
mehrere Produktionsschritte – führt dazu, dass in<br />
China im Jahr 2015 die Hälfte aller Schweine aus<br />
Massenbetrieben stammen wird. Obwohl es in<br />
China eine größere Vielfalt an Schweinearten gibt<br />
<strong>als</strong> in jedem anderen Land, greifen die Großbetriebe<br />
des Landes auf importierte Zuchttierbestände<br />
zurück – ein Trend, der sich noch beschleunigen<br />
dürfte, nachdem 2013 der größte chinesische<br />
Fleischverarbeiter, Shuanghui International, für<br />
7,1 Milliarden US-Dollar den US-Konzern Smithfield<br />
Foods übernommen hat. Das Paket umfasst<br />
auch Smithfield Premium Genetics, die für<br />
Schweinezucht zuständige Tochterfirma des Unternehmens.<br />
Der hart umkämpfte Besitz <strong>und</strong> die Kontrolle<br />
von Zuchttierbeständen bedrohen Millionen von<br />
Kleinbauern, Fischern <strong>und</strong> Viehhaltern. In Zeiten<br />
des Klimawandels können Rassen, die gegen<br />
Dürre, extreme Hitze <strong>und</strong> tropische Krankheiten<br />
resistent sind, eine entscheidende Rolle <strong>als</strong> Quelle<br />
einzigartigen genetischen Materi<strong>als</strong> für Zuchtprogramme<br />
spielen. Im Jahr 2007 unterzeichneten<br />
109 Staaten die Erklärung von Interlaken zu<br />
tiergenetischen Ressourcen. Darin verpflichteten<br />
sich die Unterzeichnerstaaten, sicherzustellen,<br />
dass die globale Tierartenvielfalt zur Förderung<br />
der weltweiten Lebensmittelsicherheit eingesetzt<br />
<strong>und</strong> für zukünftige Generationen bewahrt wird.<br />
Ein Viertel der 8.000 Nutztierrassen aber ist<br />
derzeit vom Aussterben bedroht, was vor allem<br />
auf die Zunahme der industriellen Tierzucht<br />
zurückzuführen ist. Die mangelnde genetische<br />
Vielfalt der kommerziell genutzten Tierrassen<br />
macht diese anfälliger für Schädlinge <strong>und</strong> Krankheiten.<br />
Langfristig gefährdet sie auch die Lebensmittelsicherheit,<br />
weil sie die Handlungsoptionen<br />
bei künftigen Umweltproblemen, schwierigen<br />
Marktsituationen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Erfordernissen<br />
einschränkt – <strong>und</strong> keiner dieser Faktoren<br />
ist vorhersagbar.<br />
Bedrohte Nutztierarten in Deutschland<br />
Anzahl, 2013, nach der „Roten Liste der bedrohten Nutztierrassen in Deutschland“<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
extrem gefährdet<br />
Dominante Tierrassen in den USA<br />
Marktanteil von Rassen für die Milch-, Rindfleisch- <strong>und</strong> Schweinefleischproduktion,<br />
in Prozent<br />
Holsteins<br />
83<br />
stark gefährdet<br />
6 6<br />
5 5<br />
5<br />
4 4 4<br />
3<br />
2 2<br />
2<br />
2 3 3 4<br />
3<br />
2 2<br />
1<br />
1<br />
Rinder Schweine Schafe Ziegen Hühner Enten Gänse Puten<br />
10<br />
60<br />
Angus,<br />
Hereford,<br />
Simmental<br />
9<br />
gefährdet<br />
Vorwarnstufe<br />
75<br />
aus drei Rassen<br />
GEH<br />
MEDILL<br />
23
HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN<br />
Hormonfleisch <strong>und</strong> -milch sollen in Europa wieder zugelassen werden – darum<br />
bemühen sich die USA seit mehr <strong>als</strong> 25 Jahren. Dabei sind in der EU nur Wachstums-,<br />
nicht aber Sexualhormone verboten.<br />
Wenn sie<br />
Sexualhormone<br />
erhalten, werfen<br />
Säue oft 15 Ferkel –<br />
bei 14 Zitzen<br />
N<br />
eben Antibiotika werden in der Massentierhaltung<br />
auch Hormone eingesetzt.<br />
Während Antibiotika Krankheitserreger in<br />
Schach halten sollen <strong>und</strong> nebenbei mastbeschleunigend<br />
wirken, weil sie auch „ges<strong>und</strong>e“ Darmbakterien<br />
<strong>und</strong> so deren Energieverbrauch reduzieren,<br />
wirken Hormone anders: Sie beeinflussen unmittelbar<br />
das Zellwachstum <strong>und</strong> die Gewichtszunahme.<br />
Damit können sie die Leistung von Milchkühen<br />
um 15 bis 30 Prozent, das Fleischwachstum<br />
bei Rindern, Schweinen <strong>und</strong> Schafen um 8 bis<br />
38 Prozent steigern. Bekannt sind viele Nebenwirkungen<br />
für die <strong>Tiere</strong>, darunter Hyperaktivität,<br />
Herzrasen, aber auch Spontantode. Wenn<br />
<strong>Tiere</strong> mit Hormonen behandelt werden, erhalten<br />
sie oft auch mehr Antibiotika. Mit Sexualhormonen<br />
steuern Tierhalter den Zyklus weiblicher<br />
<strong>Tiere</strong>, sparen somit Arbeitskosten <strong>und</strong> steigern die<br />
Nachkommenzahl.<br />
Wachstumshormone wie Ractopamin sind<br />
global umstritten. Sie erlangten traurige Berühmtheit,<br />
<strong>als</strong> in China 2010 Mädchen im Säuglingsalter,<br />
die alle das gleiche Milchpulver erhalten<br />
hatten, Brustwachstum aufwiesen. Ärzte<br />
brachten Milchpulver von hormonbehandelten<br />
Kühen damit in Verbindung. Veterinärmediziner<br />
<strong>und</strong> Krebsforscher warnen vor Wachstums- bzw.<br />
Masthormonen, weil sie <strong>als</strong> krebsfördernd <strong>und</strong><br />
erbgutschädigend gelten. Viele Regierungen verbieten<br />
Ractopamin, darunter China, die EU, Russland,<br />
Indien <strong>und</strong> die Türkei.<br />
Über 60 Staaten sehen eher die Risiken der<br />
Wachstumshormone. In den USA allerdings werden<br />
sie in der Milch- <strong>und</strong> Fleischproduktion eingesetzt.<br />
Dem Beispiel folgen 25 weitere Länder,<br />
darunter auch Brasilien. Die EU, Russland <strong>und</strong><br />
China haben lange Zeit den Einsatz im eigenen<br />
Land <strong>und</strong> den Import von Hormonfleisch untersagt.<br />
Russland verweigert immer wieder Fleisch<br />
mit Ractopaminrückständen aus Kanada, Mexiko<br />
<strong>und</strong> den USA. Auf Drängen von Pharmafirmen<br />
<strong>und</strong> der US-Regierung wurden im Rahmen<br />
der Freihandelsorganisation WTO jedoch 2012<br />
Grenzwerte für Hormonrückstände in Fleisch <strong>und</strong><br />
Lebern festgeschrieben.<br />
Der EU-Markt ist seit 1988 unzugänglich für<br />
Hormonfleisch. Die USA haben darauf zunächst<br />
mit Strafzöllen auf EU-Waren reagiert. Um wieder<br />
Frieden zu schaffen, erlaubte die EU ab 2009<br />
die zollfreie Einfuhr von r<strong>und</strong> 45.000 Tonnen<br />
Rindfleisch, für das die USA Hormonfreiheit zusichern<br />
mussten. Die USA beendeten umgekehrt<br />
ihre Sanktionen gegen EU-Waren <strong>und</strong> damit den<br />
„Hormonstreit“ – auch mit dem Ausblick auf die<br />
im Jahr 2013 begonnenen TTIP-Freihandelsgespräche<br />
mit der EU-Kommission. US-Schweine-<br />
Die Top 4 der Hersteller von Veterinärpharmaka <strong>und</strong> ihre Dachkonzerne<br />
Umsätze 2012, Milliarden Dollar<br />
4,3<br />
Zoetis*<br />
Merck MSD<br />
3,4<br />
2,9<br />
Merial<br />
Elanco<br />
2,0<br />
MOTLEY FOOL/PHARMABIZ<br />
51,2<br />
40,6<br />
43,3<br />
24,3<br />
Pfizer, USA<br />
Merck & Co, USA<br />
Sanofi, Frankreich<br />
Eli Lilly, USA<br />
* ca. 80 Prozent, börsennotiert;<br />
Rest Streubesitz<br />
24<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Hormone im Wasser aus vielfältigen Quellen<br />
Ergebnisse aus dem Flusssystem des US-B<strong>und</strong>esstaates Pennsylvania, 2006–09, Auswahl<br />
Fließgewässer<br />
Sediment<br />
Beschreibung, Verwendung Nanogramm/Liter Milligramm/Kilogramm<br />
USGS<br />
0 0,5 1,0 1,5 2,0 0 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25<br />
4-Androsten-3,17-dion<br />
cis-Androsteron<br />
Epitosteron<br />
11-Ketotestosteron<br />
Equilenin<br />
Equilin<br />
17-alpha-Ethynylestradiol<br />
Mestranol<br />
Progesteron<br />
Norethindron<br />
Cholesterol<br />
verbotenes Steroid<br />
Testosteronprodukt, Abwehrmittel gegen Wildtiere<br />
menschliches Steroid<br />
Sexualhormon<br />
Hormonersatzstoff<br />
Hormonersatzstoff<br />
Verhütungsmittel<br />
Verhütungsmittel<br />
menschliches Sexualhormon<br />
Verhütungsmittel<br />
tierisches <strong>und</strong> pflanzliches Hormon<br />
1.000<br />
125<br />
3-beta-Coprostanol<br />
Fäkalhormon von Fleischfressern<br />
1.000<br />
250<br />
fleischexporte in die EU seien auf einige wenige<br />
US-Erzeuger ohne Hormoneinsatz begrenzt, solange<br />
dieses Mittel verboten ist, klagte die US-Regierung<br />
im Vorfeld der Verhandlungen.<br />
Sowohl global agierende Pharmafirmen <strong>als</strong><br />
auch amerikanische Fleischexportfirmen wollen<br />
Handelshemmnisse für Hormonfleisch abbauen.<br />
Die Verhandlungen sind nicht öffentlich, daher<br />
wissen Verbraucher in der EU aktuell nicht, was<br />
die EU-Kommission den USA verspricht. Verbraucher-,<br />
Umwelt- <strong>und</strong> Tierschutzorganisationen fordern<br />
den Stopp der Geheimverhandlungen <strong>und</strong><br />
eine verpflichtende Kennzeichnung für Fleisch<br />
<strong>und</strong> alle anderen Lebensmittel vom Tier, <strong>als</strong>o<br />
letztlich Wahlfreiheit im Einzelhandel: Herkunft,<br />
Hormoneinsatz, Gentechnik im Futter <strong>und</strong> die<br />
Haltung der <strong>Tiere</strong> müssen eindeutig erkennbar<br />
sein. Eine solche Kennzeichnung aber gilt Konzernen<br />
gerade <strong>als</strong> zentrales „Handelshemmnis“, das<br />
der TTIP-Vertrag beseitigen soll.<br />
Erlaubt ist in der EU der Einsatz von Sexualhormonen.<br />
Sie werden Sauen im Stall gespritzt, damit<br />
alle den gleichen Zyklus haben. Natürlicherweise<br />
gebären Sauen ihre Ferkel, wenn die Tragzeit beendet<br />
ist, <strong>und</strong> werden erst wieder tragend, wenn<br />
die Säugezeit nach etwa sechs Wochen zu Ende<br />
geht. Industrielle Ställe mit zehntausenden Sauen<br />
folgen einer anderen Logik. Ihre Architektur mit<br />
tausenden von Eisengitter-Geburtsständen gibt<br />
vor, dass die exakt passende Anzahl Sauen zur<br />
gleichen Zeit gebären. Nach kaum drei Wochen<br />
Säugezeit soll die Sau mit Hilfe von weiteren Hormongaben<br />
sofort wieder tragend werden; eine<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
„leere“ Sau kostet nur. Sexualhormone sparen Arbeitskräfte<br />
bei Geburten am Fließband <strong>und</strong> bringen<br />
mehr Ferkel, allerdings auch mehr tote. So<br />
wird einkalkuliert, dass eine Sau mit Hormonbehandlung<br />
trotz ihrer maximal 14 Zitzen oft mehr<br />
<strong>als</strong> 15 Ferkel pro Wurf gebiert. „Überzählige“ Ferkel<br />
werden meist getötet.<br />
Bisher sieht kein Staat systematische Rückstandsuntersuchungen<br />
oder eine verpflichtende<br />
Kennzeichnung von Fleisch aus Hormonzucht<br />
vor. Über die eingesetzten Hormonmengen gibt<br />
keine Verbraucherschutzbehörde transparente<br />
Auskunft. Nur Pharmafirmen wissen, wo welche<br />
Hormone eingesetzt <strong>und</strong> wie viel an Wirkstoffen<br />
in welchem Land gekauft werden.<br />
Nicht nur über das Fleisch können die Hormone<br />
Menschen erreichen. <strong>Tiere</strong> scheiden<br />
85 Prozent der Wirkstoffe wieder aus. Sie gelangen<br />
mit der Gülle in die Umwelt, vor allem<br />
in die Gewässer. Mediziner führen das Wachstum<br />
einiger Krebsarten, zunehmende Unfruchtbarkeitsprobleme<br />
bei Männern sowie eine immer<br />
früher einsetzende Pubertät auf die allgemein<br />
steigende Belastung der Natur mit hormonwirksamen<br />
Substanzen zurück. Welcher Anteil davon<br />
auf die Tierzucht entfällt, ist bislang nicht untersucht.<br />
Doch insbesondere im Kindesalter können<br />
bereits sehr geringe Hormondosen zu Fehlbildungen<br />
der Geschlechtsorgane <strong>und</strong> Geschlechtsumwandlungen<br />
beitragen, zeigen Tierversuche<br />
im Labor <strong>und</strong> bei Wildtieren in der Natur. Die<br />
Technik bietet keine Hilfe: Kläranlagen halten die<br />
meisten Stoffe nicht auf.<br />
Kläranlagen<br />
stoppen Hormone<br />
aus den Arzneien<br />
für Mensch <strong>und</strong><br />
Tier nicht<br />
25
TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND<br />
Drei Viertel aller agrarischen Nutzflächen werden heute in irgendeiner Weise<br />
für die Tierfütterung beansprucht. Dabei wären sie effizienter für die Produktion<br />
menschlicher Nahrungsmittel zu verwenden.<br />
Eine Milliarde<br />
Tonnen Ölschrote<br />
<strong>und</strong> Getreide<br />
wandert im Jahr in<br />
die Viehtröge<br />
R<br />
ind, Schaf <strong>und</strong> Ziege sind ideale Grasfresser.<br />
Als Wiederkäuer können sie auch noch solche<br />
Kohlenhydrate ausbeuten, die für andere<br />
Tierarten <strong>und</strong> den Menschen unverdaulich<br />
sind – Zellulose zum Beispiel. Theoretisch konkurrieren<br />
Menschen <strong>und</strong> wiederkäuende Nutztiere<br />
nicht um ihre Nahrung – hier das Korn fürs Brot,<br />
dort Gras <strong>und</strong> Klee für die Kuh <strong>und</strong> ihre Milch.<br />
Doch so funktioniert das schon lange nicht<br />
mehr. Um aus den <strong>Tiere</strong>n mehr herauszuholen,<br />
<strong>als</strong> mit der vergleichsweise energiearmen<br />
Gras-, Silage- <strong>und</strong> Heufütterung möglich wäre,<br />
enthält die tägliche Ration einen hohen Anteil an<br />
eiweißhaltigem Kraftfutter.<br />
Daraus kann heute um die 20 <strong>und</strong> manchmal<br />
bis zu 30 Prozent des Rinderfutters bestehen.<br />
Schweine finden, genau ihrem Alter angepasst,<br />
6 bis 25 Prozent Soja im Trog vor. R<strong>und</strong> 40 Prozent<br />
des Futters, auf alle Nutztierarten bezogen,<br />
stammt aus Gras, Heu, Silage von den Wiesen oder<br />
aus Silomais. Doch es gibt regional große Unterschiede:<br />
Weltweit sind 57 Prozent der Gersten-,<br />
Roggen-, Hirse-, Hafer- <strong>und</strong> Maisernte zum Tierfutter<br />
bestimmt. Selbst in den USA, wo große Mengen<br />
für die Ethanolherstellung verwendet werden,<br />
geht Mais zu 44 Prozent in die Tröge, in der<br />
EU 45 Prozent des Weizens. In Afrika, vor allem<br />
südlich der Sahara, wo das Hungerrisiko groß ist,<br />
sind solche Zahlen <strong>und</strong>enkbar. Dort wird 80 Prozent<br />
der Getreideernte von Menschen gegessen.<br />
Die <strong>Tiere</strong> finden ihre Nahrung auf den Weiden.<br />
Im globalen Maßstab wandern von der jährlichen<br />
Getreideernte an Weizen, Roggen, Hafer <strong>und</strong><br />
Mais über 40 Prozent oder fast 800 Millionen Tonnen<br />
direkt in die Tröge. Hinzu kommen 250 Millionen<br />
Tonnen Ölschrote, vor allem aus Sojabohnen.<br />
Sie sind wie andere Bohnen Leguminosen: Sie<br />
entnehmen der Atmosphäre Stickstoff, reichern<br />
Die EU lässt wachsen – Anbauflächen, die im Ausland „eingekauft“ werden<br />
Netto-Landhandel der EU, in Millionen Hektar, Durchschnitt 2008–10<br />
negativer Wert: Exporte, positiver Wert: Importe<br />
WWF<br />
Nordamerika<br />
-1,6<br />
GUS<br />
Asien<br />
-2<br />
Ozeanien<br />
0,0<br />
-0,2<br />
Südamerika<br />
Sonstige<br />
-0,1<br />
Paraguay<br />
Brasilien<br />
-0,9<br />
Argentinien<br />
-12,8<br />
+0,2<br />
Naher Osten/<br />
Nordafrika<br />
+0,1<br />
Sojafelder für das Vieh der EU, Millionen Hektar<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
-5,4<br />
-6,4<br />
Subsahara-<br />
Afrika<br />
8<br />
0<br />
2001 2005 2010<br />
26<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
damit beim Unterpflügen oder über ihre Wurzeln<br />
die Böden an <strong>und</strong> verbessern somit die Fruchtbarkeit<br />
der Böden. Knapp ein Drittel der 14 Milliarden<br />
Hektar kultivierten Landes unserer Erde dient dem<br />
Anbau von Futtermitteln. Eine Rechnung der UN-<br />
Agrarorganisation FAO fällt drastischer aus, wenn<br />
die Nebenprodukte aus der landwirtschaftlichen<br />
Erzeugung, die ins Futter gehen, ebenfalls berücksichtigt<br />
werden: Einschließlich Stroh, Öl kuchen<br />
von Soja <strong>und</strong> Raps oder Trester dienen sogar drei<br />
Viertel der Äcker in irgendeiner Weise der Tierfütterung.<br />
Der UN-Weltagrarbericht schätzt, dass die<br />
Nutztierhaltung heute 70 Prozent der globalen<br />
Äcker <strong>und</strong> Weiden beansprucht.<br />
Soja ist heute der wesentliche Eiweißlieferant<br />
im Tierfutter. Dabei könnte es durch heimische<br />
Leguminosen wie Ackerbohnen, Erbsen, Luzerne<br />
ersetzt werden. Die haben aber in der EU nur noch<br />
einen Anteil von r<strong>und</strong> 20 Prozent an der Eiweißversorgung.<br />
Auch in den USA <strong>und</strong> einigen lateinamerikanischen<br />
Ländern wie Mexiko, natürlich<br />
in Europa <strong>und</strong> sogar in Ägypten wird Vieh nicht<br />
unbedingt mit dem früher üblichen Gras, sondern<br />
längst auch mit Mais, Weizen <strong>und</strong> Soja-Pflanzen<br />
gefüttert. Doch so geht ein Großteil der eingesetzten<br />
Produkte verloren. Sie wären effizienter direkt<br />
<strong>als</strong> Nahrung für die Menschen zu verwenden.<br />
Außerdem wird durch den Import von Futtermitteln<br />
die Futter- von der Fleischproduktion<br />
getrennt; die Ernte muss auf weiten Wegen zum<br />
Vieh transportiert werden. Zu den Folgen gehört,<br />
dass viele Fleischproduzenten ihre Gülle nicht<br />
ortsnah, umwelt- <strong>und</strong> vor allem gr<strong>und</strong>wasserverträglich<br />
in der Landschaft verteilen, sondern<br />
kostenpflichtig entsorgen müssen. Auf der anderen<br />
Seite werden dort, wo das Futter herkommt, in<br />
großen Mengen künstlicher Dünger <strong>und</strong> Pestizide<br />
eingesetzt, weil die Gülle fehlt.<br />
Zudem steigt die Getreideproduktion nicht<br />
mehr überall. Nach einem Bericht der University<br />
of Minnesota stagnieren die Erträge in einem<br />
Viertel bis einem Drittel der Ernteregionen, etwa<br />
in Australien, Argentinien, Kenia oder den US-<br />
Staaten Arkansas <strong>und</strong> Texas. In einigen Gegenden<br />
Gier nach Nutzung: Aus Grünland werden Agrarflächen<br />
in Prozent der natürlichen Bestände Ackerland Weideland<br />
Südamerika<br />
Nordamerika<br />
Ozeanien<br />
Europa<br />
Asien<br />
(inkl. GUS)<br />
Afrika<br />
0 2 4 6 8 10 12<br />
vorher Grasland oder Savannen<br />
Großbritanniens, einst Rekordhalter der Getreideproduktion,<br />
sind die Ernten seit 20 Jahren sogar<br />
gesunken. Britische Forscher meinen, dass dies<br />
bei Weizen <strong>und</strong> Raps am Einsatz von Großmaschinen<br />
liegt, der die Böden zerstört.<br />
Global betroffen von der annähernden Stagnation<br />
sind jene vier Hauptgetreidearten, die<br />
für zwei Drittel aller landwirtschaftlich produzierten<br />
Kalorien stehen: Mais, Reis, Weizen<br />
<strong>und</strong> Soja. Ihre Ernte wächst weltweit um<br />
nur noch 0,9 bis 1,6 Prozent pro Jahr. Es rächt<br />
sich, meinen die Autoren der Studie aus Minnesota,<br />
dass sich die Agrarwirtschaft vorrangig<br />
damit beschäftigt habe, Futter für Nutztiere <strong>und</strong><br />
Agrospritpflanzen für Autos zu produzieren. Die<br />
Erforschung unterschiedlicher Pflanzen für die<br />
lokale Nahrungsproduktion hingegen kam über<br />
Jahrzehnte zu kurz. Und jetzt reicht das Wissen<br />
über die Alternativen nicht.<br />
0 2 4 6 8 10 12<br />
vorher Steppen<br />
FAO<br />
Industrielle<br />
Tierhaltung führt<br />
zu Gülleüberschuss,<br />
der abtransportiert<br />
werden muss<br />
Platz für Mahlzeiten<br />
Landbedarf für typische Gerichte, in m 2 /Person<br />
WWF<br />
3,61<br />
3,38<br />
3,12<br />
2,23<br />
0,66<br />
1,36<br />
0,76<br />
0,38<br />
2,26<br />
1,96<br />
0,35<br />
Landbedarf gesamt<br />
Bedarf für Fleischbestandteile<br />
Bedarf für Soja<br />
0,11<br />
Schweinebraten Hamburger Curryhuhn Rostbratwurst<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
27
SCHNITZEL, WÜRSTCHEN, GLYPHOSAT<br />
Was essen die <strong>Tiere</strong>, die wir essen? Wenn Fleisch, Milch <strong>und</strong> Eier Rückstände<br />
von Pestiziden, Herbiziden oder Medikamenten enthalten, nehmen wir<br />
diese Stoffe womöglich auch zu uns. Zwar schützen Gesetze vor den gefährlichsten<br />
Substanzen, aber sie bieten auch Schlupflöcher <strong>und</strong> ermöglichen<br />
Grauzonen, wie das Beispiel Glyphosat zeigt.<br />
Als das<br />
genmanipulierte<br />
Getreide kam,<br />
stiegen auch die<br />
Grenzwerte<br />
D<br />
ie Massentierhaltung in der Europäischen<br />
Union basiert zu einem großen Teil auf<br />
der Verfütterung von Sojabohnen <strong>und</strong> vor<br />
allem von genmanipuliertem Soja. Die einzige<br />
„positive“ Auswirkung dieses gentechnischen<br />
Verfahrens besteht darin, dass es die Sojapflanze<br />
resistent gegen Glyphosat macht. Dies ist ein<br />
Breitspektrum-Herbizid, das jede Pflanze auf<br />
einem Feld tötet, die nicht durch Genmanipulation<br />
immunisiert wurde.<br />
Glyphosat ist weltweit das meistverkaufte<br />
chemische Pflanzenvernichtungsmittel. In den<br />
1970er Jahren vom US-Unternehmen Monsanto<br />
zum Patent angemeldet, wird es unter dem Markennamen<br />
Ro<strong>und</strong>up vermarktet. Monsanto, der<br />
größte Saatguthersteller der Welt, erzeugt mehr<br />
<strong>als</strong> die Hälfte des weltweit verwendeten Glyphosats.<br />
Im Jahr 2011 erwirtschaftete das Unternehmen<br />
mit dieser Substanz 27 Prozent seines Umsatzes.<br />
Nachdem 1991 das internationale Patent <strong>und</strong><br />
2000 das US-Patent ausgelaufen waren, musste<br />
Monsanto eine neue Strategie entwickeln, um seinen<br />
Marktanteil gegen konkurrierende Chemieunternehmen<br />
wie BASF, Syngenta <strong>und</strong> Bayer zu<br />
verteidigen, die mittlerweile auch Herbizide mit<br />
Glyphosat produzierten. Also führte Monsanto<br />
Getreidesorten ein, die <strong>als</strong> „Ro<strong>und</strong>up Ready“ bezeichnet<br />
werden <strong>und</strong> mittels Gentechnik resistent<br />
gegen Glyphosat gemacht worden waren. Mit<br />
dem Versprechen eines einfachen Programms<br />
zur Unkrautbekämpfung ermuntert Monsanto<br />
nun die Landwirte, die Soja, Mais, Baumwolle <strong>und</strong><br />
Zuckerrüben aus der Ro<strong>und</strong>up-Ready-Produktreihe<br />
anbauen, auch das dazugehörige Herbizid<br />
vom selben Unternehmen zu kaufen.<br />
Zurzeit sind r<strong>und</strong> 85 Prozent der weltweit<br />
angebauten genmanipulierten Getreidearten<br />
resistent gegen Herbizide, wie auch die meisten<br />
Ro<strong>und</strong>up-Ready-Pflanzen von Monsanto. 2012<br />
machten Ro<strong>und</strong>up-Ready-Sojabohnen weltweit<br />
fast die Hälfte aller angebauten genmanipulierten<br />
Getreidepflanzen aus. In Nord- <strong>und</strong> Südamerika<br />
auf einer Gesamtfläche von r<strong>und</strong> 85 Millionen<br />
Hektar geerntet, werden sie vor allem nach China<br />
<strong>und</strong> in die EU exportiert <strong>und</strong> bei der Massenhaltung<br />
von Geflügel, Schweinen <strong>und</strong> Rindern <strong>als</strong><br />
Futtermittel verwendet.<br />
Zwar sind die Pflanzen resistent gegen Glyphosat,<br />
sie nehmen das Herbizid aber auf. Die<br />
Rückstände bleiben in Essen <strong>und</strong> Futter mindestens<br />
ein Jahr lang stabil erhalten, selbst dann,<br />
wenn die Nahrung gefroren oder getrocknet<br />
wird. Nutztiere speichern die Chemikalie. Studien<br />
haben ergeben, dass in Milch, Eiern, der Leber<br />
<strong>und</strong> den Nieren auch dann geringfügige Restmengen<br />
an Glyphosat nachweisbar sein können,<br />
wenn die <strong>Tiere</strong> nur die zulässige Menge der Substanz<br />
mit der Nahrung aufgenommen haben. Die<br />
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit<br />
(EFSA) will sich jetzt mit dem Thema befassen.<br />
Rapide Verbreitung von Glyphosat in den USA<br />
Verteilung auf Feldbauprodukte,<br />
Millionen Kilogramm<br />
Glyphosat-resistente Feldfrüchte<br />
in Prozent des bebauten Landes<br />
USDA ERS<br />
2009<br />
2008<br />
2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
2003<br />
2002<br />
2001<br />
2000<br />
1999<br />
1998<br />
1997<br />
1996<br />
1995<br />
1994<br />
1993<br />
Mais<br />
Sojabohnen<br />
Sonstige<br />
0 25 50 75 100<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Sojabohnen<br />
Mais<br />
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
28<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Genmanipulierte Produkte – Zustimmung <strong>und</strong> Ablehnung<br />
Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen,<br />
Flächen in Millionen Hektar, nach Ländern<br />
über 9<br />
3 bis 9<br />
1 bis 3<br />
0,01 bis 1<br />
0<br />
FAO, centerforfoodsafety.org<br />
Vorschriften für genetisch<br />
veränderte Lebensmittel<br />
(nicht Tierfutter)<br />
Verbot<br />
Kennzeichnungspflicht:<br />
alle pflanzlichen Produkte, Ausnahme: wenn eine<br />
Verunreinigung bis 0,9 Prozent „zufällig oder<br />
technisch unvermeidbar“ war. Keine Kennzeichnung<br />
tierischer Erzeugnisse (Eier, Fleisch, Milch), wenn die<br />
<strong>Tiere</strong> gentechnisch manipuliertes Futter erhielten<br />
für viele Produkte; bis 1 Prozent des<br />
Gesamtprodukts ungekennzeichnet<br />
für wenige Produkte, mit vielen Ausnahmen<br />
Verbot von gentechnisch manipulierten<br />
Pflanzen in europäischen Ländern<br />
Im Jahr 1996 erhöhte die US-Umweltbehörde<br />
EPA die gesetzlich festgeschriebene Höchstgrenze<br />
für Glyphosat-Rückstände in Sojabohnen von<br />
0,1 auf 20 Milligramm/Kilogramm, was daraufhin<br />
auch international <strong>als</strong> zulässiger Höchstwert<br />
anerkannt wurde. Dies geschah im selben Jahr, in<br />
dem auch die ersten genmanipulierten Getreidearten<br />
angebaut wurden.<br />
Es gibt Hinweise darauf, dass sich eine Woche<br />
nachdem ein Mensch Glyphosat zu sich genommen<br />
hat, noch 1 Prozent der Substanz im Körper<br />
befindet. Und da das Herbizid so breit angewendet<br />
wird, sind ihm die meisten Menschen regelmäßig<br />
ausgesetzt. Noch nie aber wurde untersucht,<br />
wie viele Menschen welche Mengen über<br />
einen längeren Zeitraum im alltäglichen Leben<br />
zu sich nehmen <strong>und</strong> was das bedeutet.<br />
Auch aus anderen Gründen kann die Verwendung<br />
der Substanz problematisch sein. Oft wird<br />
sie aus Flugzeugen auf große Felder gesprüht,<br />
ohne dass auf andere Getreidesorten <strong>und</strong> Pflanzen<br />
in der Umgebung Rücksicht genommen<br />
würde. Dadurch nimmt die lokale Artenvielfalt<br />
drastisch ab. Zudem kann die Chemikalie ins<br />
Gr<strong>und</strong>wasser sickern. Anwohner <strong>und</strong> Menschen,<br />
die sich zufällig in der Gegend aufhalten oder<br />
am Rand der Felder leben, können dem Herbizid<br />
immer wieder ausgesetzt sein. Das kann schwerwiegende<br />
Konsequenzen haben. Es gibt Hinweise<br />
darauf, dass Glyphosat das menschliche Hormonsystem<br />
beeinflusst, was während der Schwangerschaft<br />
zu irreversiblen Schäden führen kann. Außerdem<br />
wurde nachgewiesen, dass Herbizide, die<br />
Glyphosat enthalten, „genotoxisch“ wirken – das<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
heißt, sie beeinflussen die Fähigkeit einer Zelle,<br />
die DNA korrekt zu kopieren <strong>und</strong> sich zu teilen,<br />
was zu genetischen Mutationen <strong>und</strong> einem erhöhten<br />
Krebsrisiko führen kann.<br />
In Ecuador <strong>und</strong> Kolumbien werden Herbizide<br />
mit Glyphosat zur Bekämpfung der Kokain-<br />
Produktion eingesetzt. Studien verzeichnen<br />
genetische Schädigungen <strong>und</strong> Fehlgeburten<br />
während der Zeit, in der das Herbizid gesprüht<br />
wurde. In allen südamerikanischen Regionen,<br />
in denen Soja produziert wird, kommt es vermehrt<br />
zu Fehlbildungen bei Neugeborenen. Laut<br />
einer Studie in Paraguay ist die Wahrscheinlichkeit<br />
mehr <strong>als</strong> doppelt so hoch, wenn die Mutter<br />
weniger <strong>als</strong> einen Kilometer von einem Feld entfernt<br />
lebt, auf dem Glyphosat gesprüht wird.<br />
Pestizid-Einsatz in Argentinien<br />
Verkäufe in Millionen Kilogramm, meist Glyphosat enthaltend<br />
2013<br />
2009<br />
2005<br />
2001<br />
1997<br />
Nie wurde<br />
untersucht, welche<br />
Langzeitwirkungen<br />
Glyphosat haben<br />
könnte<br />
0 50 100 150 200 250 300 350<br />
REDUAS/CASAFE<br />
29
ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH<br />
Die globale Nachfrage nach Tierfutter hat einen neuen Typ Farmer hervorgebracht<br />
<strong>und</strong> der Regierung in Buenos Aires enorme Steuereinnahmen verschafft. Der<br />
Strukturwandel in der Landwirtschaft hat soziale, ökologische <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Auswirkungen, die in der argentinischen Öffentlichkeit kaum diskutiert werden.<br />
„Saatpools“<br />
verdrängen kleinere<br />
Produzenten <strong>und</strong><br />
schaffen riesige<br />
Monokulturen<br />
D<br />
er neue argentinische Landwirt arbeitet<br />
wie ein internationaler Manager. Von seinem<br />
klimatisierten Büro aus verfolgt er<br />
die Preisentwicklung für Soja an den weltweiten<br />
Rohstoffbörsen <strong>und</strong> organisiert seine Produktion<br />
per Laptop <strong>und</strong> Handy. Den Einkauf von Saatgut,<br />
die Ausbringung <strong>als</strong> Direktsaat <strong>und</strong> den Einsatz<br />
von Dünger, Herbiziden <strong>und</strong> Pestiziden hat er an<br />
spezialisierte Dienstleister vergeben, ebenso Ernte<br />
<strong>und</strong> Abtransport. Praktischerweise erhält er<br />
auch Zulieferungen <strong>und</strong> Dienstleistungen aus<br />
einer Hand: Internationale Konzerne liefern<br />
Saatgut, das komplette Chemiepaket <strong>und</strong> zunehmend<br />
auch die Vermarktungsstrukturen.<br />
Der anhaltend hohe Preis für die Tonne Soja<br />
macht diese Art virtueller Landwirtschaft selbst<br />
für mittlere Betriebe – in Argentinien ab 100 Hektar<br />
– rentabel. Der Landbesitzer kalkuliert Outsourcing-Kosten<br />
von 340 Dollar pro Hektar <strong>und</strong><br />
darf je nach Lage, Wetter <strong>und</strong> bei Mehrfachsaat<br />
zwischen 2,5 <strong>und</strong> 4 Tonnen Soja Ertrag erwarten.<br />
Selbst bei einem „niedrigen“ Sojapreis von 330<br />
Dollar pro Tonne bleiben ihm zwischen 485 <strong>und</strong><br />
980 Dollar pro Hektar im Jahr, bei h<strong>und</strong>ert Hektar<br />
<strong>als</strong>o grob 50.000 bis 100.000 US-Dollar. Selbst<br />
nach Abzug von 40 Prozent Agrarsondersteuer<br />
sowie Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Einkommenssteuer hat er genug,<br />
um nicht selber Hand anlegen zu müssen.<br />
Dieses Geschäftsmodell für Landbesitzer ist<br />
seit etwa zehn Jahren verbreitet. Vorreiter waren<br />
die Landpächter: Investoren schlossen sich in Argentinien<br />
in „Saatpools“ zusammen <strong>und</strong> übernahmen<br />
vom Staat oder von privaten Landbesitzern<br />
in großem Stil Anbauflächen zur Nutzung.<br />
Diese Investmentunternehmen operieren oft nur<br />
von ein paar Büroräumen in der Hauptstadt aus<br />
<strong>und</strong> stellen in mehrfacher Hinsicht ein Problem<br />
dar. Da sie größere Flächen bewirtschaften <strong>und</strong><br />
entsprechende Erträge haben, können sie höhere<br />
Pachtbeträge <strong>als</strong> mittlere <strong>und</strong> kleine Produzenten<br />
zahlen. So verdrängen sie kleinere Produzenten<br />
<strong>und</strong> treiben die Entvölkerung ländlicher Räume<br />
voran. Außerdem führen bestimmte Firmenkonstruktionen<br />
für Saatpools zu Steuerbefreiungen.<br />
Bis zu 40 Prozent der Sojafelder werden inzwischen<br />
von Saatpools bewirtschaftet. Bis zum Jahr<br />
2012 zahlten sie <strong>als</strong> Pacht den Gegenwert von 1,8<br />
bis 2,5 Tonnen Sojabohnen pro Hektar, <strong>als</strong>o 594 bis<br />
825 Dollar. Dies ermöglicht großflächige Monokulturen<br />
über zehntausende von Hektar hinweg,<br />
die ganze Landstriche veröden lassen. Mittlere<br />
Saatpools bearbeiten Flächen zwischen 15.000<br />
<strong>und</strong> 30.000 Hektar, große bis zu 100.000 Hektar<br />
<strong>und</strong> mehr. In den Jahren 2008 bis 2012 rechneten<br />
Saatpools mit Renditen von 16 bis 21 Prozent, in<br />
Einzelfällen deutlich mehr. Sie wurden möglich,<br />
weil die Pools unter anderem das Wetterrisiko<br />
minimierten, indem sie die gepachteten Flächen<br />
geografisch breit streuten. Allerdings sind die<br />
Renditen seit 2012 wegen neuer Bestimmungen<br />
Schlüsselzahlen der Soja-Ökonomie<br />
Sojabohnen-Felder,<br />
Millionen Hektar<br />
25<br />
Sojabohnen-Ernte,<br />
Millionen Tonnen<br />
50<br />
52<br />
Sojaverbrauch <strong>und</strong> -export,<br />
Millionen Tonnen, Prognose 2013<br />
52 10<br />
20<br />
19<br />
40<br />
9<br />
15<br />
30<br />
33<br />
10<br />
9<br />
20<br />
20<br />
5<br />
4<br />
10<br />
10<br />
0<br />
1988 2000 2012<br />
0<br />
1988 2000 2012<br />
2<br />
30<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
über Exportgeschäfte auf Dollarbasis auf 3,6 bis 5<br />
Prozent gefallen. Manche Saatpools weichen nun<br />
auf Paraguay, Brasilien <strong>und</strong> Uruguay aus oder<br />
verhandeln in Argentinien um neue Pachtregelungen.<br />
Vor allem Kleinlandwirte sind Opfer des Sojabooms.<br />
Zwischen 1988 <strong>und</strong> 2008 sank die Zahl der<br />
Agrarbetriebe von 421.000 auf 270.000. Derzeit<br />
verfügen 2 Prozent der Unternehmen über mehr<br />
<strong>als</strong> 50 Prozent der Nutzfläche, während 57 Prozent<br />
der Betriebe gerade 3 Prozent bearbeiten. Wegen<br />
der inzwischen hohen Bodenpreise in der Zentralregion<br />
gehen jetzt viele Großbetriebe an die Peripherie<br />
des Landes <strong>und</strong> kaufen billiges Staatsland.<br />
Immer wieder kommt es auch zur gewaltsamen<br />
Vertreibung von Kleinbauern oder -pächtern; bewaffnete<br />
Konflikte häufen sich. Der Soja- <strong>und</strong> auch<br />
der Maisanbau drängen zudem die Qualitätsrinderzucht<br />
in die Randregionen <strong>und</strong> bewaldeten<br />
Gebiete ab, was – wie auch in Paraguay – den<br />
Druck auf indigene Gemeinschaften erhöht.<br />
Die meisten Pools lassen nicht mehr pflügen,<br />
sondern das Saatgut direkt auf dem Boden keimen.<br />
Diese „Direktsaat“ sorgt für eine schnelle<br />
Zweit- oder gar Drittsaat in einem Jahr. Zur ersten<br />
Ernte sind Hektarerträge zwischen 2,5 <strong>und</strong> 3 Tonnen<br />
möglich, bei der zweiten <strong>und</strong> dritten weniger.<br />
Um mehrfach säen zu können, müssen die<br />
Böden immer wieder mit Herbiziden, insbesondere<br />
Glyphosat, pflanzenfrei gemacht werden; nur<br />
das genveränderte Soja ist gegenüber Glyphosat<br />
resistent <strong>und</strong> wächst auf den gewaltigen Flächen.<br />
Die Auswirkungen sind dramatisch. In ländlichen<br />
Gebieten ist die Zahl der Fehlgeburten <strong>und</strong><br />
Missbildungen bei Neugeborenen gestiegen.<br />
Während im Landesdurchschnitt 19 Prozent der<br />
Menschen an Krebs sterben, sind es in diesen<br />
Gebieten mehr <strong>als</strong> 30 Prozent. Dieser Anstieg begann<br />
im Jahr 2000 – zeitgleich mit dem intensiven<br />
Einsatz von Glyphosat.<br />
Futtermittel aus Nordost<br />
Einnahmen aus Sojaexporten,<br />
nach Provinzen, 2010<br />
Millionen Dollar<br />
Dollar pro Einwohner<br />
100<br />
La Pampa<br />
3.600<br />
Córdoba<br />
310<br />
300<br />
Santiago<br />
del Estero<br />
1.090<br />
340<br />
2.900<br />
9.300<br />
Santa Fe<br />
2.300<br />
Provinz<br />
Buenos Aires<br />
150<br />
Chaco 150<br />
150<br />
400<br />
Entre Ríos<br />
Buenos Aires<br />
320<br />
INDEC<br />
unverarbeitet nach China<br />
Biodiesel <strong>und</strong> Sonstige<br />
Futter<br />
35<br />
Anteil an den Ausfuhren<br />
Argentiniens, Prozent, 2012<br />
22<br />
Soja<br />
3<br />
Rind <strong>und</strong> Geflügel<br />
Anteil am Welthandel mit Soja,<br />
Prozent, 2012<br />
Argentinien<br />
24<br />
Steueranteil der Sojaexporte,<br />
Prozent, 2011<br />
6<br />
Ausfuhrsteuern<br />
auf Soja<br />
Gesamteinnahmen<br />
USDA, FAOSTAT, INDEC<br />
Rest der Welt<br />
Lager<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
31
HÜHNER – WELTWEITER<br />
STEIGFLUG IN DIE FABRIK<br />
In den Industrieländern, wo die Geflügelproduktion hoch industrialisiert ist, wird<br />
mittlerweile mehr Hühner- <strong>als</strong> Rindfleisch konsumiert. In Asien wird sich die<br />
Nachfrage vervielfachen. Hier endet die Zeit der Kleinproduzenten, Händler auf<br />
Fahrrädern <strong>und</strong> Lebendvogelmärkte.<br />
Geflügel für das Fließband<br />
32<br />
Zahlen <strong>und</strong> Anteile, 2005/2010*<br />
Gesamtzahl Geflügel<br />
(Milliarden)<br />
7,3<br />
5,3<br />
1,2<br />
2,3<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,9<br />
4,0<br />
1.1<br />
D<br />
ie industrielle Massenproduktion von Geflügel<br />
ist das am schnellsten wachsende Segment<br />
einer hoch globalisierten Viehwirtschaft.<br />
Bis 2020 werden weltweit 124 Millionen<br />
Tonnen Geflügelfleisch produziert, was einem<br />
Anstieg von 25 Prozent innerhalb von nur zehn<br />
Jahren entspricht. Der Produktionszuwachs wird<br />
davon aus<br />
Massenproduktion<br />
(Milliarden)<br />
5,8<br />
4,7<br />
0,6<br />
48<br />
Osteuropa <strong>und</strong> Zentralasien<br />
1,5<br />
0,6<br />
57<br />
Naher Osten <strong>und</strong> Nordafrika<br />
0,3<br />
0,1<br />
Südasien, davon Indien<br />
0,3<br />
Subsahara-Afrika<br />
3,5<br />
Anteil der Massenproduktion,<br />
in Prozent,<br />
nach Ländern/Regionen<br />
79<br />
64<br />
86<br />
90<br />
Ostasien <strong>und</strong> Pazifik, davon China<br />
Südamerika <strong>und</strong> Karibik<br />
30<br />
16<br />
29<br />
Länder mit hohem Einkommen<br />
46<br />
* Einstufung der Länder 2010, <strong>Daten</strong> von 2005, keine neueren Zahlen<br />
5<br />
38<br />
12<br />
5<br />
3<br />
1<br />
2<br />
28<br />
FAO<br />
Anteil an der Massenproduktion<br />
weltweit,<br />
in Prozent<br />
in China am größten sein: 37 Prozent im Vergleich<br />
zu 2010, dicht gefolgt von Brasilien (28 Prozent).<br />
Ein unterdurchschnittliches Wachstum wird für<br />
die USA (16 Prozent) <strong>und</strong> die EU (4 Prozent) vorausgesagt.<br />
In Südasien wird die Nachfrage bis 2050 um<br />
mehr <strong>als</strong> das Siebenfache ansteigen, vorwiegend<br />
durch den Bedarf in Indien, wo nahezu eine<br />
Verzehnfachung zu erwarten ist: von ungefähr<br />
1 Million auf 9,9 Millionen Tonnen pro Jahr. Nach<br />
Angaben der UN-Organisation für Ernährung<br />
<strong>und</strong> Landwirtschaft (FAO) ist das vor allem dem<br />
steigenden Pro-Kopf-Verbrauch <strong>und</strong> nicht so sehr<br />
der wachsenden Bevölkerungszahl geschuldet.<br />
Besonders in den städtischen Ballungsgebieten<br />
nimmt der Verbrauch zu – dort ist er doppelt so<br />
hoch ist wie in ländlichen Regionen.<br />
Warum essen Menschen lieber Geflügel <strong>als</strong><br />
anderes Fleisch? Ein Gr<strong>und</strong> ist der Preis: Die Produktion<br />
von Geflügel ist deutlich günstiger.<br />
Auch wenn die Kosten für die Produktion steigen<br />
werden, weil das Futter teurer wird: Hühner<br />
sind effizientere Futtermittelverwerter <strong>als</strong> andere<br />
Nutztiere. Außerdem gibt es im Gegensatz<br />
zu Rind- <strong>und</strong> Schweinefleisch beim Verzehr von<br />
Hühnerfleisch nur wenig religiöse oder kulturelle<br />
Einschränkungen.<br />
Viele Hühner werden heutzutage in engen<br />
Hinterhöfen gehalten. Doch die Zahl der Lebendvogelmärkte<br />
<strong>und</strong> Händler auf Fahrrädern<br />
nimmt ab. Die vielen Kleinschlachtereien <strong>und</strong><br />
Einzelhändler werden zunehmend durch einige<br />
wenige große Schlachthäuser <strong>und</strong> Fabrik läden<br />
ersetzt. So hat die Industrialisierung von Chinas<br />
Geflügelproduktion rasant Fahrt aufgenommen.<br />
Die Expansion von Supermärkten <strong>und</strong> Fast-Food-<br />
Ketten fördert die Nachfrage <strong>und</strong> beschleunigt<br />
den Übergang zur Massenproduktion. Millionen<br />
bäuerlicher Geflügelproduzenten sind bereits<br />
verschw<strong>und</strong>en: zwischen 1985 <strong>und</strong> 2005 haben<br />
70 Millionen den Sektor verlassen. Kleinfarmen<br />
verlieren an Bedeutung. 1998 deckten Betriebe<br />
mit weniger <strong>als</strong> 2.000 Vögeln r<strong>und</strong> 62 Prozent des<br />
Hühnerfleischbedarfs eines Landes; 2009 produzierten<br />
diese Betriebe nur noch 30 Prozent. Mittlerweile<br />
ist der Marktanteil von Großbetrieben<br />
mit einem jährlichen Ertrag von mehr <strong>als</strong> 100<br />
Millionen <strong>Tiere</strong>n von 2 Prozent im Jahre 1998 auf<br />
über 6 Prozent im Jahre 2009 gestiegen.<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
„Huhn“, global gegessen<br />
Hühnerfleisch-Verbrauch<br />
pro Kopf 2012, Schätzung,<br />
in Kilogramm<br />
50,1<br />
36,5<br />
25,3<br />
DSW, FAO<br />
Kanada<br />
23,6<br />
Russland<br />
14,0<br />
19,1<br />
31,0<br />
USA<br />
EU-27<br />
China<br />
16,9<br />
Japan<br />
Südkorea<br />
2,4<br />
Mexiko<br />
38,5<br />
Indien<br />
50,5<br />
7,3<br />
37,8<br />
Indonesien<br />
38,6<br />
Brasilien<br />
Südafrika<br />
Australien<br />
Argentinien<br />
Derartige Massen an Vögeln sind schwer ges<strong>und</strong><br />
zu halten. Viele Betriebe mischen Antibiotika<br />
<strong>und</strong> andere Zusatzstoffe in das Tierfutter,<br />
um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern<br />
<strong>und</strong> das Wachstum der Vögel zu beschleunigen.<br />
Obgleich China eine lange Liste verbotener<br />
Futtermittelzusatzstoffe aufgestellt hat (von<br />
denen viele in den USA erlaubt sind), bleiben<br />
Überwachung <strong>und</strong> Umsetzung mangelhaft. Im<br />
Dezember 2012 enthüllte das chinesische Nationalfernsehen<br />
den Liuhe-Hühnerfleischskandal.<br />
Bis zu 18 verschiedene Antibiotika wurden in den<br />
„Cocktails“ gef<strong>und</strong>en, die den Futtermitteln des<br />
Marktführers beigemischt worden waren, um das<br />
Wachstum der Masthähnchen zu beschleunigen.<br />
Diese Vögel nahmen innerhalb von nur 40 Tagen<br />
von 30 Gramm auf 2,5 Kilogramm zu.<br />
Liuhe ist einer der Hauptlieferanten von Kentucky<br />
Fried Chicken. Der Umsatz der US-Kette<br />
brach ein. KFC reagierte darauf mit verstärkten<br />
Kontrollen seiner Lieferketten <strong>und</strong> gab den Übergang<br />
zu einem sogenannten Grow-out-System<br />
bekannt. Bei diesem Modell gibt es keine unabhängigen<br />
Kleinproduzenten oder Vertragsbetriebe<br />
mehr, die typisch für die vertikal integrierte<br />
Geflügelindustrie sind. Nun gehören dem fleischverarbeitenden<br />
Betrieb sämtliche eingesetzten<br />
Produktionsmittel; er kontrolliert das Land <strong>und</strong><br />
die Wasserressourcen <strong>und</strong> beschäftigt die Arbeitskräfte,<br />
die das Geflügel produzieren. So wandeln<br />
sich Betriebe letztlich in Fabriken.<br />
Statt sich von einem derartigen Industriemodell<br />
zu entfernen, intensiviert China seine Geflügelproduktion<br />
noch weiter. Und das trotz der<br />
Vogelgrippe: Im Jahr 1996 wurde sie erstm<strong>als</strong> bei<br />
Zuchtgänsen in Südchina entdeckt <strong>und</strong> breitete<br />
sich in 60 Ländern aus. Und seit 2004 berichtet<br />
China jedes Jahr – mit Ausnahme des Jahres 2011<br />
– über neue Fälle.<br />
Die Entwicklung in China ist durchaus typisch<br />
für die weltweiten Trends der Geflügelproduktion.<br />
Märkte <strong>und</strong> Verarbeitungsbetriebe werden<br />
immer weiter in die Handelsketten integriert,<br />
wobei die Kontrolle in den Händen von<br />
Großunternehmen liegen wird. Jeder, der<br />
heutzutage seinen Lebensunterhalt mit Geflügel<br />
verdient, wird diese Entwicklung zu spüren<br />
bekommen, insbesondere Frauen, deren Zucht<br />
in Hinterhöfen <strong>und</strong> Kleinstbetrieben für viele Familien<br />
unentbehrlich ist. Außerdem sinkt mit den<br />
Fleischpreisen auch die Fleischqualität.<br />
Die Herde wächst unaufhaltsam<br />
Milliarden <strong>Tiere</strong><br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Hühner<br />
Enten<br />
Gänse <strong>und</strong> Perlhühner<br />
Truthähne<br />
Antibiotika:<br />
In 40 Tagen nahmen<br />
Masthähnchen von<br />
30 Gramm auf 2,5<br />
Kilogramm zu<br />
0<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
FAO<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
33
DIE ZWEIFEL DER REICHEN<br />
In den Industrieländern scheint der Höhepunkt des Fleischbooms vorbei zu sein.<br />
Skandale haben die Konsumenten verunsichert, Informationen über die Folgen<br />
der Massentierhaltung sind weithin zugänglich. Aber Biofleisch bleibt für viele<br />
Menschen zu teuer, <strong>und</strong> neue Gütesiegel verwirren die Interessenten.<br />
Skeptischen<br />
Verbrauchern ist<br />
nicht klar, wie die<br />
Fleischbranche<br />
funktioniert<br />
I<br />
n den reichen Industrienationen haben sich<br />
Produktion <strong>und</strong> Verbrauch in den vergangenen<br />
50 Jahren beträchtlich verändert. Während<br />
man in Großbritannien im Jahr 1950 im<br />
Schnitt nur 20 Gramm Huhn, aber 250 Gramm<br />
Rindfleisch pro Woche konsumierte, so verzehren<br />
Briten mittlerweile durchschnittlich 250 Gramm<br />
Huhn <strong>und</strong> lediglich 120 Gramm Rindfleisch pro<br />
Woche. Allerdings scheint es in den meisten Industrienationen<br />
eine gegenläufige Bewegung<br />
zu geben: Eine kleinere Anzahl von Menschen<br />
isst inzwischen weniger Fleisch, eine ges<strong>und</strong>e,<br />
fleischarme Ernährung liegt im Trend. Doch<br />
viele andere haben keinen Zugang zu frischer,<br />
hochwertiger Nahrung, aus Mangel an Wissen<br />
kein Interesse <strong>und</strong> damit auch nicht die Wahl zwischen<br />
fleischhaltiger <strong>und</strong> fleischloser Ernährung.<br />
Insgesamt ist in den Industrienationen ein<br />
hoher, aber stagnierender Fleischverbrauch zu<br />
verzeichnen. In einigen Ländern ist der Verzehr<br />
sogar zum ersten Mal seit Jahrzehnten rückläufig.<br />
So zeigt sich die Fleischwirtschaft in den USA besorgt,<br />
weil der Konsum zwischen 2007 <strong>und</strong> 2012<br />
um 9 Prozent gesunken ist. Die Unternehmen sehen<br />
sich von einem „Propagandafeldzug gegen<br />
das Fleisch“ bedroht. In Deutschland nahm der<br />
Fleischverbrauch allein im Jahr 2012 um 2 Kilogramm<br />
pro Mensch <strong>und</strong> Jahr ab. Die Fleischwirtschaft<br />
führte dies umgehend darauf zurück, dass<br />
durch den verregneten Sommer die Grillsaison<br />
ausgefallen sei. Doch selbst dann neigen die Konsumenten<br />
in den Industrienationen offenbar<br />
dazu, auf die Qualität der Produkte zu achten. Und<br />
in den Artikeln der Lifestyle-Magazine wird eine<br />
fleischarme Ernährung mittlerweile <strong>als</strong> ges<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> modern angepriesen.<br />
Eine Ursache für diesen Trend liegt in der langen<br />
Reihe von Fleischskandalen – vom Gammelfleisch<br />
über Dioxin im Hühnerfutter bis hin zu<br />
Pferdefleisch, das <strong>als</strong> Rindfleisch verkauft wurde.<br />
Zu solchen Verbrechen kommt es durch den zunehmenden<br />
wirtschaftlichen Druck, aber auch<br />
durch komplexe, dezentralisierte <strong>und</strong> globalisierte<br />
Produktionsketten. Die Verbraucher verstehen<br />
die Struktur der Fleischindustrie nicht, sie stehen<br />
den Kontrollmechanismen skeptisch gegenüber,<br />
<strong>und</strong> durch die Berichte in den Medien ignorieren<br />
sie auch nicht länger die negativen Auswirkungen<br />
auf die Umwelt, die Ges<strong>und</strong>heit der Menschen<br />
<strong>und</strong> das Wohlergehen der <strong>Tiere</strong>.<br />
Pflanzliche <strong>und</strong> tierische Nahrung nach Ländergruppen<br />
Kilokalorien pro Kopf <strong>und</strong> Tag<br />
Pflanzlich, tierisch<br />
Industrieländer<br />
Entwicklungsländer<br />
WHO, FAOSTAT<br />
2.947 3.065 3.206 3.380 3.440 3.500<br />
2.054 2.152 2.450 2.681 2.850 2.980<br />
1964–66 1974–76 1984–86 1997–99 2015<br />
geschätzt<br />
2030<br />
geschätzt<br />
nur tierisch<br />
Industrieländer Europa USA jeweils ärmste Länder<br />
China<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
833<br />
976<br />
1.005 1.049 1.013<br />
929 971 977 958 964<br />
923 925<br />
694<br />
594<br />
400<br />
200<br />
0<br />
132 141<br />
191 160<br />
90<br />
1963 1983 2003 2009<br />
178<br />
34<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Die Nachfrage in der reichen Welt steigt nicht mehr<br />
Fleischkonsum pro Kopf, in Kilogramm, Durchschnitt 2010–12 (geschätzt), <strong>und</strong> 2022 (Prognose)<br />
20,2<br />
18,2 16,7<br />
15,8<br />
Kanada<br />
33,7<br />
32,6<br />
45,6<br />
44,4<br />
11,1<br />
11,0<br />
32,3<br />
31,7<br />
21,2<br />
20,8<br />
15,3<br />
14,9<br />
6,8 7,3<br />
Japan<br />
12,8<br />
12,7<br />
0,2 0,2<br />
OECD/FAO<br />
26,5<br />
EU<br />
39,6<br />
38,8<br />
0.9 0.8<br />
Australien<br />
24,7 21,1<br />
20,8<br />
0,4 0,3<br />
22,9<br />
22,1<br />
21,5<br />
20,0<br />
USA<br />
8,6<br />
8,4<br />
2010–<br />
2012 2022<br />
Rind, Kalb<br />
Schwein<br />
Geflügel<br />
Schaf, Ziege<br />
19,1<br />
16,8<br />
2,0 1,7<br />
Neuseeland<br />
15,7<br />
15,5<br />
31,6 32,5 10,2<br />
8,8<br />
Als Reaktion auf den rückläufigen Fleischkonsum<br />
haben die Unternehmen Gütesiegel entwickelt,<br />
die den Konsumenten die Einhaltung<br />
bestimmter Standards bezüglich Tierschutz <strong>und</strong><br />
Lebensmittelsicherheit vermitteln sollen. Kritiker<br />
warnen davor, dass diese „Standards“ der Fleischwirtschaft<br />
eher zur Verwirrung der Verbraucher<br />
<strong>als</strong> zur Verbesserung der Fleischqualität beitragen.<br />
Sinnvoll sind stattdessen gesetzlich verpflichtende<br />
Kennzeichnungsregeln für Herkunft, Haltungsform<br />
<strong>und</strong> Gentechnik im Futter.<br />
Biofleisch ist eine Alternative, die der Skepsis<br />
der Verbraucher Rechnung trägt. Dennoch stammen<br />
in den meisten Industrienationen weniger<br />
<strong>als</strong> 2 Prozent des verkauften Fleisches aus biologischer<br />
Produktion. Ein Gr<strong>und</strong> hierfür ist der Preis.<br />
In Zeiten wachsender Armut <strong>und</strong> einer zunehmenden<br />
Kluft zwischen Arm <strong>und</strong> Reich ist es für<br />
viele Menschen schwierig, mehr Geld für Nahrungsmittel<br />
auszugeben. Biofleisch ist fast doppelt<br />
so teuer wie herkömmliches, weil die Kosten<br />
der industriellen Produktion verdeckt <strong>und</strong> für die<br />
Öffentlichkeit nicht sichtbar sind, etwa Steuervergünstigungen,<br />
die Schäden an der Natur oder die<br />
Nachteile, die den Verbrauchern durch minderwertige<br />
Nahrung entstehen.<br />
In Schulen <strong>und</strong> Kantinen gibt es jeden Tag<br />
Fleisch <strong>und</strong> kaum vegetarische Gerichte. Wir<br />
verlieren die Freude am Gemüse; wir vergessen,<br />
wie man es kocht, obwohl eine vegetarische oder<br />
fleisch arme Ernährung preisgünstiger wäre. Um<br />
die Fleischproduktion nachhaltig zu gestalten,<br />
müssen die reichen Verbraucher weniger essen.<br />
Und sie müssen anders essen, das heißt, den<br />
Verzehr von Produkten aus intensiver Tierzucht<br />
zurückschrauben <strong>und</strong> sich auf die Produktion<br />
<strong>und</strong> den Konsum von Weidetieren konzentrieren.<br />
Diese haben ein gesünderes Verhältnis von Fetten<br />
<strong>und</strong> Mikronährstoffen <strong>als</strong> <strong>Tiere</strong>, die mit Getreide<br />
gefüttert werden. Und sie verwandeln<br />
Gras, ein Produkt, das wir nicht essen können,<br />
in Milch <strong>und</strong> Fleisch.<br />
USA: Talfahrt nach dem Gipfelsturm<br />
Fleischverzehr pro Kopf, Kilogramm, ohne Abfälle <strong>und</strong><br />
Haustiernahrung, 2013 <strong>und</strong> <strong>2014</strong> geschätzt<br />
85<br />
80<br />
75<br />
70<br />
0<br />
1966 1978 1990 2002 <strong>2014</strong><br />
CME<br />
Wir verlieren<br />
die Freude am<br />
Gemüse <strong>und</strong><br />
vergessen, wie<br />
man kocht<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
35
DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE –<br />
VON RIO BIS SCHANGHAI<br />
Brasilien, Russland, Indien, China <strong>und</strong> Südafrika – woher die <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong> ihr Futter<br />
kommen sollen, um den künftigen Fleischkonsum in den fünf „BRICS-Ländern“ zu<br />
decken, weiß heute noch niemand.<br />
„Non-veg“<br />
zu essen ist in<br />
den Städten Indiens<br />
zum Statussymbol<br />
geworden<br />
D<br />
as Wirtschaftswachstum in den fünf Boomländern,<br />
die nach ihren Anfangsbuchstaben<br />
auch kurz BRICS genannt werden, drückt<br />
sich auch im Fleischverbrauch aus. In Brasilien,<br />
Russland, Indien, China <strong>und</strong> Südafrika, die zusammen<br />
40 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren,<br />
nahm er von 2003 bis 2012 um 6,3 Prozent<br />
pro Jahr zu; von 2013 bis 2022 soll er noch einmal<br />
jährlich um 2,5 Prozent wachsen.<br />
Neben Bevölkerungswachstum lässt auch<br />
die Urbanisierung den Fleischverzehr steigen.<br />
Stadtbewohner haben mehr Geld <strong>als</strong> Landbewohner.<br />
Sie essen mehr, <strong>und</strong> sie essen anders<br />
– vor allem mehr tierische Produkte. Die chinesischen<br />
Landbewohner aßen im Jahr 2011 mit<br />
26,1 Kilogramm Fleisch, Milch <strong>und</strong> Eier r<strong>und</strong> 12,4<br />
Kilogramm mehr <strong>als</strong> 1990; bei den Städtern stieg<br />
der Fleischkonsum im selben Zeitraum um 19,1<br />
Kilogramm auf 48,9 Kilogramm. Im Jahr 2050,<br />
vermutet die UN-Welternährungsorganisation<br />
FAO, decken die Schwellenländer nur noch 46 Prozent<br />
ihres Kalorienbedarfs mit Getreide, aber 29<br />
Prozent mit Fleisch, Eiern, Milch <strong>und</strong> Käse.<br />
Um bei dieser Nachfrage mithalten zu können,<br />
werden die Bauern <strong>und</strong> Agrarbetriebe der Welt<br />
die globale Fleischproduktion bis zum Jahr 2050<br />
von heute 300 auf 470 Millionen Tonnen erhöhen<br />
müssen. Überall entstehen Massentierhaltungsbetriebe,<br />
wie es sie in den Industrienationen seit<br />
den 1950er Jahren gibt. Wie all die <strong>Tiere</strong> künftig<br />
ernährt werden können, ist derzeit nicht abzusehen.<br />
Da die Fleischproduktion ungeheure Mengen<br />
Getreide <strong>als</strong> Futtermittel verbraucht, wird sich<br />
die Produktion von Sojabohnen von augenblicklich<br />
260 auf weltweit 515 Millionen Tonnen fast<br />
verdoppeln müssen. Dazu müssen die Erträge pro<br />
Hektar steigen oder die Agrarflächen zunehmen –<br />
oder beides.<br />
Die beiden bevölkerungsreichsten Länder der<br />
Welt unterscheiden sich allerdings stark in ihren<br />
Kon sumstrukturen. In Indien hat die vegetarische<br />
Lebensweise tiefe kulturelle <strong>und</strong> soziale Wurzeln.<br />
Viele Hindus, aber auch die asketisch ausgerichteten<br />
Jains <strong>und</strong> Buddhisten verzichten aus religiösen<br />
Gründen ganz auf den Konsum von Fleisch.<br />
Bei Umfragen geben ein Viertel bis ein Drittel der<br />
Inder an, Vegetarier zu sein. Die Zahl der Fleischesser<br />
nimmt dennoch zu. Seit dem Beginn des<br />
Wirtschaftsbooms Anfang der 1990er Jahre passt<br />
eine neue breite Mittelschicht ihre Lebensweise<br />
dem westlichen Vorbild an. Dazu gehört auch der<br />
Verzehr von Fleisch. „Non-veg“, wie es in Indien<br />
heißt, ist zumindest in Teilen der indischen Bevölkerung<br />
zum Statussymbol geworden. Dennoch<br />
liegt der Pro-Kopf-Verbrauch in Indien bei nicht<br />
einmal einem Zehntel des Niveaus in China.<br />
In Russland, dem größten Rindfleischimporteur<br />
der Welt, hängt die Nachfrage vom Wohl-<br />
Geflügel in China <strong>und</strong> Indien: Nicht mehr der Bevölkerungszuwachs, sondern der Lifestyle sorgt für die Nachfrage<br />
Nachfrage nach Geflügelfleisch, 2000–2030, in Prozent, bei gleich gesetzter Bevölkerungszahl von 1,4 Milliarden<br />
FAO<br />
Bevölkerung<br />
in 2000 in 2030 dem Bevölkerungswachstum<br />
zuzuschreiben<br />
kombiniertes Wachstum<br />
geändertem Lebensstil zuzuschreiben<br />
Bevölkerung<br />
1,4<br />
1,2<br />
1,0<br />
0,8<br />
11 11<br />
78<br />
1,4<br />
1,2<br />
1,0<br />
0,8<br />
5<br />
27<br />
68<br />
0,6<br />
China<br />
0,6<br />
Indien<br />
0,4<br />
0,4<br />
0,2<br />
0,2<br />
0<br />
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18<br />
Pro-Kopf-Verbrauch<br />
(Kilogramm/Jahr)<br />
0<br />
0 2 4 6<br />
36<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Ein Jahrzehnt in die Zukunft<br />
Fleischverbrauch pro Kopf, Kilogramm, Durchschnitt 2010–12 (geschätzt)<br />
<strong>und</strong> 2022 (Prognose), in den Brics-Staaten<br />
24,2<br />
19,7<br />
13,6 14,2<br />
22,5<br />
29,2<br />
34,1<br />
29,2<br />
OECD/FAO<br />
41,5<br />
47,0<br />
Russland<br />
1,2 1,5<br />
45,2<br />
3,43,8<br />
China<br />
11,1 13,6 2,7 2,7<br />
29,3 30,4 12,3<br />
11,1<br />
32,2<br />
1,0 1,2 0,2 0,2<br />
Indien<br />
2,0 2,6 0,7 0,6<br />
0,4 0,4<br />
Brasilien<br />
14,4<br />
12,6<br />
2010–<br />
2012 2022<br />
Rind, Kalb<br />
Schwein<br />
Geflügel<br />
Schaf<br />
5,4<br />
5,8<br />
Südafrika<br />
3,2 3,4<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
stand durch die Einnahmen aus dem Öl- <strong>und</strong><br />
Gasexport ab. Der Beitritt zur Welthandelsorganisation<br />
WTO im Jahr 2012 hat die Einfuhren<br />
nicht belebt. Die strikte Einhaltung des Regelwerks<br />
soll allerdings die bisher üblichen sprunghaften<br />
Wechsel von Lieferländern, -mengen <strong>und</strong><br />
Fleischsorten dämpfen, heißt es. Der Markt gilt<br />
insgesamt <strong>als</strong> schwierig, weil die Angebote zu<br />
langsam auf Trends reagieren.<br />
Südafrika <strong>und</strong> Brasilien hängen wirtschaftlich<br />
ebenfalls von den Rohstoffpreisen des Weltmarktes<br />
ab. Anders <strong>als</strong> im stark industriell geprägten<br />
Russland ist Viehhaltung in Südafrika <strong>und</strong> Südamerika<br />
nichts Ungewöhnliches. Im Gegensatz<br />
zu Brasilien mit seinen Klimavorteilen ist Fleisch<br />
im nicht auf intensive Weidewirtschaft ausgerichteten<br />
Südafrika allerdings teuer. Mehrere Wirtschaftskrisen<br />
haben dafür gesorgt, dass zumeist<br />
billiges Geflügel gegessen wird.<br />
Angesichts der Folgen der Massentierhaltung<br />
– Vogelgrippe, vergiftete Milch, tote Schweine,<br />
die in Flüssen entsorgt werden – entwickeln die<br />
Verbraucher in weiten Teilen Asiens aber immer<br />
mehr ein Bewusstsein, wie es auch in den Industrie<br />
ländern entstanden ist. Und sie interessieren<br />
sich für ökologisch erzeugte Lebensmittel. Vor<br />
allem in den Metropolen entstehen neue Ketten<br />
<strong>und</strong> Bio-Abteilungen in Supermärkten. Die Marktforscher<br />
unterscheiden zwar nicht nach pflanzlichen<br />
<strong>und</strong> tierischen Bioprodukten; daher veröffentlichen<br />
sie nur Gesamtzahlen. Aber allein in<br />
Indien kalkulieren sie mit einer Verfünffachung<br />
des Umsatzes, von 190 Millionen Dollar im Jahr<br />
2012 auf 1 Milliarde Dollar im Jahr 2015. In Brasilien<br />
waren es 2011 bereits 550 Millionen Dollar. In<br />
China gelten seit 2012 Regeln für Bioware, die zu<br />
den weltweit strengsten gehören. Hier könnte der<br />
Umsatz 2015 sogar bei 3,4 bis 9,4 Milliarden Dollar<br />
liegen.<br />
Russland: Konsum in der Krise<br />
Versorgung durch tierische Produkte einschl. Milch <strong>und</strong> Eiern,<br />
Kilokalorien pro Kopf <strong>und</strong> Tag<br />
800<br />
750<br />
700<br />
650<br />
600<br />
550<br />
500<br />
0<br />
Die Hochinflation<br />
vernichtet<br />
private<br />
Ersparnisse;<br />
Pleitewelle in<br />
der Industrie<br />
Eine Bankenkrise<br />
vertreibt ausländische<br />
Investoren; die Inflation<br />
kehrt zurück<br />
Einnahmen aus Öl<br />
<strong>und</strong> Gas sanieren<br />
die Staatsfinanzen;<br />
Investitionen<br />
<strong>und</strong> Konsum<br />
steigen<br />
1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008<br />
Die globale<br />
Finanzkrise<br />
führt in die<br />
Rezession<br />
(bis 2011)<br />
FAOSTAT<br />
37
URBANE TIERHALTUNG<br />
<strong>Tiere</strong> in der Stadt – für viele ein Widerspruch in sich. Gehören sie nicht aufs Land,<br />
jenseits von Lärm, Gestank <strong>und</strong> Luftverschmutzung? Und doch sind gerade sie<br />
für viele ärmere Stadtbewohner eine wichtige Lebensgr<strong>und</strong>lage, denn sie liefern<br />
preiswertere Nahrung <strong>als</strong> ihre Artgenossen auf dem Lande.<br />
Die Haltung<br />
von <strong>Tiere</strong>n in<br />
der Stadt ist<br />
vielerorts offiziell<br />
verboten<br />
I<br />
n den Städten vieler Entwicklungsländer werden<br />
zahlreiche unterschiedliche Nutztiere<br />
gehalten. Zu den Kleintieren gehören Hasen,<br />
Meerschweinchen <strong>und</strong> Geflügel. Sie dienen gewöhnlich<br />
der Produktion von Fleisch <strong>und</strong> Eiern,<br />
die von den Eigentümern entweder selbst gegessen<br />
oder weiterverkauft werden. Mittelgroße<br />
<strong>Tiere</strong> wie Schafe, Ziegen <strong>und</strong> Schweine werden<br />
zwischen Gebäuden, auf Hinterhöfen oder am<br />
Straßenrand gehalten. Sie dienen vorwiegend<br />
der Fleischproduktion, obwohl Schafe <strong>und</strong> Ziegen<br />
auch gemolken werden können. Muslime<br />
schlachten im Rahmen religiöser Feierlichkeiten<br />
Schafe – bevorzugt Böcke – <strong>als</strong> Opfergabe. Wenn<br />
solche Feiertage näherrücken, steigen die Preise<br />
für Schafe drastisch an. Viele ärmere Haushalte<br />
kaufen sich schon mehrere Monate im Voraus ein<br />
Tier, oft die einzige Möglichkeit, an religiösen Festen<br />
teilhaben zu können.<br />
In vielen afrikanischen <strong>und</strong> asiatischen Ländern<br />
kann pasteurisierte Milch teuer <strong>und</strong> schwer<br />
zu bekommen sein. Stadtbewohner halten deshalb<br />
Rinder, Büffel <strong>und</strong> immer häufiger sogar Kamele,<br />
um die Milch zu verkaufen oder sie selber<br />
zu verbrauchen. Ärmere Stadtbewohner leisten<br />
sich Pferde <strong>und</strong> Esel, um sie <strong>als</strong> Transportmittel zu<br />
nutzen <strong>und</strong> sich so ihren Lebensunterhalt zu verdienen.<br />
In kleineren Städten, etwa in Äthiopien,<br />
dienen Pferdekutschen <strong>als</strong> Taxis, <strong>und</strong> sogar in der<br />
Hauptstadt Addis Abeba werden Esel benutzt, um<br />
Materialien zu transportieren.<br />
Die Art, wie <strong>Tiere</strong> in Städten gehalten <strong>und</strong> gefüttert<br />
werden, kann sehr unterschiedlich sein:<br />
Vieh, Schafe <strong>und</strong> Ziegen leben oft auf Höfen oder<br />
leerstehenden Gr<strong>und</strong>stücken <strong>und</strong> werden zum<br />
Grasen an den Rand von Straßen oder Eisenbahnschienen<br />
geführt. Ärmere Menschen lassen ihre<br />
Hühner häufig im Freien scharren oder stecken<br />
Entwicklungsländer: ein Panorama informeller Produktion<br />
Beispiele aus den Jahren<br />
1985 bis 2008<br />
16.500 Rinder,<br />
22.600 Schweine<br />
sowie 19.300<br />
Schafe <strong>und</strong> Ziegen<br />
leben in den Metropolregionen<br />
63.000 Schweine<br />
leben in der Stadt<br />
Geschätzte 25.000<br />
Rinder, 9.500<br />
Schweine sowie<br />
53.000 Schafe <strong>und</strong><br />
Ziegen leben in<br />
der Stadt<br />
6.500 Rinder <strong>und</strong><br />
Büffel, offiziell 3.700<br />
Schweine (geschätzte<br />
Anzahl: 120.000)<br />
sowie 5.700 Schafe<br />
<strong>und</strong> Ziegen<br />
11 Prozent der Haushalte<br />
besitzen Nutztiere<br />
WORLD BANK, FAO<br />
Mexiko-Stadt<br />
Havanna<br />
Kathmandu<br />
Dhaka<br />
Hubil-Dhawad<br />
Cagayan de Oro<br />
Bis zu 48 Prozent der<br />
Haushalte in einigen<br />
Slums betreiben<br />
Landwirtschaft, die<br />
meisten mit Kleinvieh<br />
Bis zu 55 Prozent<br />
der Haushalte züchten<br />
Kleinvieh für den<br />
Eigenbedarf<br />
Lima<br />
La Paz<br />
15.000 bis 20.000<br />
Schweine tragen<br />
6 Prozent zur<br />
nationalen Schweinefleischproduktion<br />
bei<br />
Montevideo<br />
Mehr <strong>als</strong> ein Drittel der<br />
Haushalte besitzt <strong>Tiere</strong>,<br />
vor allem Hühner, aber<br />
auch Kaninchen, Tauben,<br />
Enten <strong>und</strong> Puten<br />
Nairobi<br />
Harare<br />
Maputo<br />
29 Prozent der<br />
Haushalte besitzen<br />
Nutztiere<br />
Daressalam<br />
Mutmaßlich 80 Prozent<br />
der Einwohner Dhakas<br />
halten <strong>Tiere</strong><br />
16 Prozent des städtischen<br />
Milchverbrauchs stammen<br />
aus der Produktion vor Ort,<br />
44 Prozent aus dem Umland<br />
4.000 Rinder,<br />
12.400 Schweine<br />
<strong>und</strong> 3.250 Ziegen<br />
leben in der Stadt<br />
38<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Entwickelte Länder: Das Vieh kehrt in die Stadt zurück<br />
Ergebnisse einer Umfrage in den USA, 2011, 134 Antworten städtischer Tierzüchter<br />
Gründe für die Tierhaltung, Prozent<br />
1<br />
2<br />
13<br />
4<br />
2<br />
32<br />
Häufigkeit des Fleischverzehrs, Prozent<br />
44<br />
12<br />
44<br />
20<br />
15<br />
10<br />
Reaktionen der Nachbarn, Zahl der Antworten<br />
Sozialleben<br />
Tiergeräusche<br />
generationenübergreifendes<br />
Engagement<br />
Erziehung<br />
Tierlärm<br />
Geruch<br />
Angst vor Verletzungen<br />
<strong>und</strong><br />
Krankheiten<br />
PLUCKANDFEATHER.COM<br />
5<br />
besseres Essen<br />
Erziehung<br />
Sozialleben<br />
Kosten<br />
Ökologie<br />
Kultur<br />
seit dem Beginn der Tierhaltung<br />
weniger<br />
mehr<br />
unverändert<br />
0<br />
positiv<br />
negativ<br />
sie in Käfige. Sowohl Weidetiere <strong>als</strong> auch Aasfresser<br />
ernähren sich von Grünzeug auf leerstehenden<br />
Gr<strong>und</strong>stücken sowie von Lebensmittelresten,<br />
organischen „Abfällen“ auf der Straße <strong>und</strong>, für<br />
die Ges<strong>und</strong>heit der <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong> der Konsumenten<br />
durchaus bedenklich, von Müll. Wenn Menschen<br />
Hähnchen oder Milchkühe halten, um sie offiziell<br />
oder auf dem Schwarzmarkt anzubieten, kaufen<br />
sie oft Nahrungsergänzungsmittel oder mischen<br />
sie zu Hause selbst zusammen.<br />
Die Haltung findet meist inoffiziell <strong>und</strong> oft illegal<br />
statt. Eine Studie in der Republik Kongo ergab,<br />
dass r<strong>und</strong> ein Drittel der Bewohner von Brazzaville<br />
urbane Landwirtschaft betreiben. Nach der Studie<br />
halten 9 Prozent aller Einwohner Nutztiere, vor<br />
allem Geflügel. In Kenia betrieben in den 1980er<br />
Jahren fast 70 Prozent der Haushalte in Kibera,<br />
dem größten Slum in Nairobi, urbane Landwirtschaft.<br />
Hierzu gehörte auch eine unbekannte Anzahl<br />
von Tierhaltern. Zwanzig Jahre später standen<br />
die Häuser so dicht beieinander, dass es fast<br />
unmöglich war, Getreide anzubauen. Doch noch<br />
immer werden Geflügel <strong>und</strong> Schweine selbst in<br />
stark übervölkerten Stadtgebieten gehalten – in<br />
diesem Fall brauchen <strong>Tiere</strong> tatsächlich weniger<br />
Platz <strong>als</strong> Pflanzen.<br />
Wenn <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong> Menschen in Großstädten<br />
auf engem Raum zusammenleben, besteht ein<br />
erhöhtes Krankheitsrisiko. Und das beschränkt<br />
sich nicht nur auf die Vogelgrippe. Viele Erkrankungen<br />
des Menschen – Grippe, Pocken, Pest, Masern,<br />
Tuberkulose, Cholera – entstanden im Laufe<br />
der letzten 10.000 Jahre durch die Interaktion von<br />
Mensch <strong>und</strong> Tier. Eine gute veterinärärztliche<br />
Überwachung verringert das Auftreten von Tierkrankheiten<br />
<strong>und</strong> das Risiko einer Übertragung auf<br />
den Menschen.<br />
In schwierigen Zeiten nimmt das Interesse<br />
an urbaner Tierhaltung gewöhnlich zu. In der<br />
ugandischen Hauptstadt Kampala gab es während<br />
jahrelanger politischer Unruhen deutlich<br />
mehr Nutztiere. In Mittelasien fingen nach dem<br />
Zusammenbruch der Sowjetunion mehr Stadtbewohner<br />
an, <strong>Tiere</strong> zu halten. Wenn die Wirtschaft<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
sich erholt <strong>und</strong> das Einkommen der Haushalte<br />
steigt, nimmt die Bedeutung der Nutztiere wieder<br />
ab. Dies war nach dem Zweiten Weltkrieg auch in<br />
europäischen Großstädten zu beobachten. Wenn<br />
<strong>als</strong>o in den Städten mehr <strong>Tiere</strong> gehalten werden,<br />
so kann dies ein Anzeichen für wirtschaftliche<br />
Probleme oder politische Krisen sein.<br />
Auch in den Industrienationen findet urbane<br />
Tierhaltung im weitesten Sinne statt – Bienen<br />
<strong>und</strong> Fische werden gezüchtet, Regenwürmer zur<br />
Erzeugung von Kompost eingesetzt. So werden<br />
Einkommen <strong>und</strong> sinnvolle Tätigkeiten generiert.<br />
Soziologen zufolge ermutigt dies auch junge<br />
Menschen in den Slums der großen Metropolen<br />
wie New York, zu lernen <strong>und</strong> zu arbeiten.<br />
Warum sollte es erlaubt sein, Nutztiere in der<br />
Stadt zu halten? Während einer Wirtschaftskrise<br />
ist es eine wichtige Anpassungsstrategie. Abfälle<br />
werden in wertvolle Produkte wie Fleisch,<br />
Milch <strong>und</strong> Eier umgewandelt. Ärmere Menschen<br />
gewinnen an Selbstachtung <strong>und</strong> Ansehen in<br />
Gesellschaften, in denen <strong>Tiere</strong> eine bedeutende<br />
kulturelle Rolle einnehmen. Und es ist ein<br />
wichtiger Beitrag zur sozialen Absicherung<br />
gefährdeter Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel<br />
von Arbeitslosen, älteren Menschen <strong>und</strong><br />
Rentnern oder alleinerziehenden Frauen.<br />
Stadt überholt Land <strong>und</strong> gibt den Lebensstil vor<br />
Bevölkerung in entwickelten <strong>und</strong> Entwicklungsländern,<br />
in Millionen<br />
ländlich, Entwicklungsländer städtisch, Entwicklungsländer<br />
ländlich, entwickelte Länder städtisch, entwickelte Länder<br />
5.000<br />
4.000<br />
3.000<br />
2.500<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030<br />
WORLD BANK, FAO<br />
In Zeiten<br />
von Krieg <strong>und</strong><br />
Krisen steigt die<br />
Zahl der <strong>Tiere</strong> in<br />
den Städten<br />
39
PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP<br />
Nomaden halten ihr Vieh auf Land, das für Nutzpflanzen ungeeignet ist. Sie<br />
produzieren große Mengen Nahrungsmittel <strong>und</strong> tragen zum Schutz der Natur bei.<br />
Aber sie erhalten zu wenig politische <strong>und</strong> rechtliche Unterstützung. Existenziell<br />
bedrohlich sind die Beschränkungen ihrer Wanderwirtschaft.<br />
Bis zu<br />
10 Prozent der<br />
Wirtschaftsleistung<br />
entfallen in Afrika<br />
auf Nomaden<br />
Fleisch <strong>und</strong> Milch von saisonalen Weiden<br />
40<br />
Anteil weltweit, in Prozent, 2000/2010*<br />
5<br />
50<br />
28<br />
9<br />
Rindfleisch<br />
7<br />
Lammfleisch<br />
21<br />
28<br />
15<br />
19<br />
18<br />
59<br />
Milch<br />
7<br />
13<br />
17<br />
Agropastoral (halbnomadische<br />
Produktion auf wechselnden Weiden)<br />
Gemischt extensive Vieh- <strong>und</strong><br />
Weidewirtschaft<br />
Gemischt intensive Vieh- <strong>und</strong><br />
Weidewirtschaft mit Bewässerung<br />
Andere<br />
entwickelte Länder<br />
* Angaben von 2000, Jahr der Veröffentlichung: 2010.<br />
Aktuellere Angaben nicht verfügbar<br />
4<br />
ILRI/HERRERO<br />
Ü<br />
ber 40 Prozent der Erdoberfläche sind für<br />
Nutzpflanzen zu trocken, zu steil, zu heiß<br />
oder zu kalt. In diesen Regionen haben Halter<br />
von Nutztieren einen existenziellen Vorteil,<br />
weil ihre <strong>Tiere</strong> die lokale Vegetation in Nahrung<br />
<strong>und</strong> Energie umwandeln. Sie halten nur bestimmte<br />
Rassen, kennen die Bedürfnisse dieser <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong><br />
die Bedingungen für eine artgerechte Haltung<br />
vor Ort sehr gut. Deswegen sind diese Methoden<br />
nachhaltig.<br />
Nomadische Hirten sind hierin Meister.<br />
Sie sind mobile Viehbesitzer, die Rinder, Schafe,<br />
Ziegen, Kamele, Rentiere, Yaks, Lamas <strong>und</strong><br />
Alpakas in großer Zahl auf Gemeinland halten.<br />
Über die Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg haben sich ihre<br />
Herden bestens an die spärliche Vegetation in<br />
Trockengebieten, am Wegesrand, auf abgeernteten<br />
Feldern <strong>und</strong> an andere widrige Bedingungen<br />
ihrer Umgebung angepasst.<br />
Die Hirtennomaden, auch Pastoralisten genannt,<br />
ließen ihre <strong>Tiere</strong> in unterschiedlichen Gebieten<br />
grasen <strong>und</strong> konnten so jahrh<strong>und</strong>ertelang<br />
in den unwirtlichsten Regionen überleben, ohne<br />
ihre Ressourcen zu erschöpfen. Weil sie sich immer<br />
nur kurze Zeit an einem Ort aufhalten, kann<br />
sich die Vegetation jedes Mal erholen. Für den<br />
Zugang zu Land <strong>und</strong> Wasser in Weidegebieten<br />
gelten eigene Regelungen. So haben beispielsweise<br />
die Borana in Südäthiopien ein komplexes<br />
Netz von Einrichtungen <strong>und</strong> Komitees geschaffen,<br />
die die Herdenbewegungen überwachen <strong>und</strong> die<br />
Nutzung der Ressourcen mit anderen Hirtengruppen<br />
in der Region koordinieren.<br />
Nomadische Herden können pro Hektar<br />
größere Erträge <strong>als</strong> Viehbetriebe erzielen <strong>und</strong><br />
profitabler <strong>als</strong> andere intensivere Formen der<br />
Landnutzung sein. Allerdings ist diese Form der<br />
Viehhaltung bedroht, wenn das Herumziehen der<br />
Nomaden eingeschränkt wird – durch die Ausdehnung<br />
des Ackerbaus, die Privatisierung <strong>und</strong><br />
Einzäunung zuvor offenen Landes oder durch<br />
staatliche Bestimmungen, die das Wandern der<br />
Herden einschränken.<br />
Auf etwas ertragreicheren Böden halten<br />
„semi pastoralistische“ Kleinbauern ihr Vieh, bauen<br />
aber gleichzeitig Feldfrüchte an. Sie besitzen<br />
oder pachten Felder von einigen Hektar für den<br />
Ackerbau <strong>und</strong> weiden ihre <strong>Tiere</strong> auf Gemeinland.<br />
Sie nutzen die natürlichen Ressourcen, kaufen<br />
jedoch bei Bedarf Futter zu. Ihre <strong>Tiere</strong> kommen<br />
aus der Gegend oder sind Kreuzungen mit ertragsstarken,<br />
neu eingeführten Rassen. Üblich<br />
sind die Freilandhaltung – beispielsweise auf dem<br />
Hühnerhof –, das Weiden an Straßenrändern oder<br />
auf abgeernteten Feldern (Schafe, Ziegen, Rinder,<br />
Büffel) oder die Stallhaltung <strong>und</strong> Fütterung mit<br />
geerntetem Futter (Milchkühe <strong>und</strong> Büffel, Schafe<br />
<strong>und</strong> Ziegen).<br />
Kleinbauern recyceln Nährstoffe auf ihren Höfen,<br />
indem sie die Erntereste an ihr Vieh verfüttern<br />
<strong>und</strong> den Dung <strong>als</strong> Dünger oder Heizmaterial nutzen.<br />
Hierdurch <strong>und</strong> dank der Mitarbeit der Familie<br />
sind sie in der Lage, ihre Kosten niedrig zu halten<br />
<strong>und</strong> ökonomisch effektiv zu arbeiten. Und obwohl<br />
ihre Kosten pro Nutzvieh niedriger sein können<br />
<strong>als</strong> in Großbetrieben, verschlechtert sich ihre Position<br />
im Vergleich, weil sie weniger produzieren.<br />
In über 40 Ländern werden mehr <strong>als</strong> 45 definierte<br />
Gruppen nomadischer Hirten gezählt, doch<br />
noch sind nicht alle erfasst. Internationale Organisationen<br />
schätzen die Zahl der Pastoralisten weltweit<br />
auf 120 bis 200 Millionen, die von Kleinbauern<br />
mit teilnomadischer Produktion auf bis zu 600<br />
Millionen. Ihre wirtschaftliche Bedeutung kann<br />
erheblich sein. In Äthiopien trugen Bauernnomaden<br />
2006 r<strong>und</strong> 9 Prozent zum Bruttoinlandspro-<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
„Pastoralisten“ <strong>und</strong> ihr Vieh<br />
Tierhaltung nach Ländern <strong>und</strong> hauptsächlich genutzten Tierarten, Auswahl<br />
FAO<br />
Rinder<br />
Schafe<br />
Ziegen<br />
Dromedare<br />
Kamele<br />
Esel,<br />
Pferde<br />
Yaks<br />
Büffel<br />
Rentiere<br />
Lamas<br />
Vicunja<br />
dukt (BIP) bei, in Uganda 8,5, in Mali 10 <strong>und</strong> in der<br />
Mongolei r<strong>und</strong> 30 Prozent. Der Anteil der Bauernnomaden<br />
am landwirtschaftlichen BIP betrug im<br />
Sudan, im Senegal <strong>und</strong> in Niger 80 Prozent. In Kenia<br />
lag er bei 50 Prozent.<br />
Bauernnomaden <strong>und</strong> Kleinbauern produzieren<br />
nicht nur große Mengen Nahrungsmittel, sie<br />
tragen auch zum Schutz der Umwelt <strong>und</strong> zur Erhaltung<br />
der Artenvielfalt bei. In Europa gehören<br />
die von Wanderhirten genutzten traditionellen<br />
Schafstriften zu den artenreichsten Gebieten des<br />
Kontinents. In den Niederlanden sind Schafherden<br />
ein wichtier Teil des Deichschutzes, weil sie<br />
die Grasnarbe kurz <strong>und</strong> dicht halten <strong>und</strong> den Boden<br />
festtrampeln. Und in Deutschland sorgen<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
sie dafür, dass die touristisch reizvollen offenen<br />
Landschaften nicht verwalden.<br />
Bauernnomaden <strong>und</strong> Kleinbauern erfahren<br />
nur manchmal die nötige Unterstützung. Sie<br />
brauchen gesetzlichen Schutz, um ihre <strong>Tiere</strong><br />
von Ort zu Ort zu führen, um Futter, Wasser<br />
<strong>und</strong> Schutz vor Hitze <strong>und</strong> Kälte zu finden, Informationen<br />
zu erhalten <strong>und</strong> Märkte beschicken<br />
zu können. Ihnen gebührt eine angemessene<br />
Entlohnung für ihre Leistungen zum Schutz<br />
von Landschaften <strong>und</strong> zum Erhalt der Artenvielfalt.<br />
Nicht jeder Bauernnomade <strong>und</strong> Kleinbauer<br />
will seine jetzige Lebensweise beibehalten. Doch<br />
diejenigen, die dies wünschen, sollten auch die<br />
Möglichkeit dazu haben.<br />
An der<br />
Nordseeküste sind<br />
Schafherden ein<br />
wichtiger Teil des<br />
Deichschutzes<br />
41
GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT<br />
Bewusste Verbraucher in der reichen Welt erwarten Fleisch von hoher Qualität<br />
aus umweltfre<strong>und</strong>licher, artgerechter Produktion. Als bewusste Akteure im<br />
Nahrungsmittelsystem können sie auch „solidarische Landwirtschaft“ treiben.<br />
Laborfleisch<br />
entfernt die <strong>Tiere</strong><br />
aus dem Ökosystem<br />
mit dem<br />
Menschen<br />
I<br />
m August 2013 wurde in London der erste<br />
„Labor-Burger“ serviert. Diese Substanz wird<br />
produziert, indem man aus einzelnen, einem<br />
lebenden Tier entnommenen Zellen Proteinstränge<br />
in einer Petrischale züchtet. Es wird ein<br />
großer Aufwand betrieben, um einen fleischähnlichen<br />
Geruchs-, Farb- <strong>und</strong> Textureindruck zu<br />
erreichen, der nach Aussagen der Hersteller<br />
in Blindverkostungen nicht von dem echten<br />
Fleisch zu unterscheiden ist. Der Gr<strong>und</strong>gedanke<br />
ist, dem Verbraucher das Protein zu bieten,<br />
ohne Tier <strong>und</strong> Umwelt zu schädigen.<br />
Von praktischen Fragen einmal abgesehen<br />
(dieser erste „Labor-Burger“ kostete in der Herstellung<br />
ca. 250.000 Dollar), bringt dieses Konzept<br />
auch gr<strong>und</strong>legendere Probleme mit sich. Auch<br />
wenn Geschmack <strong>und</strong> Textur weitgehend nachgeahmt<br />
werden können, bleibt bei dem „Fleisch“<br />
aus dem Labor außer Acht, dass <strong>Tiere</strong> eine komplexe<br />
<strong>und</strong> wichtige Funktion in unserem Ökosystem<br />
wahrnehmen. So erreicht dieses Konzept einen<br />
neuen Höhepunkt in der Entfremdung des Menschen<br />
von seinen Nahrungsquellen <strong>und</strong> den natürlichen<br />
Abläufen, deren Teil wir alle sind.<br />
Eine ökologisch vernünftige Landwirtschaft<br />
wäre eine bessere Alternative. Allerdings hat sie<br />
es schwer, mit industriellen Großerzeugern zu<br />
konkurrieren, die auf Geschwindigkeit <strong>und</strong> Menge<br />
setzen. Etikettierungen allein helfen da nicht.<br />
Labels, die den EU-Vorgaben für die Erfüllung<br />
von Biostandards genügen, enthalten oftm<strong>als</strong><br />
nicht genügend Informationen, <strong>als</strong>o zum Beispiel<br />
über Herkunft <strong>und</strong> Rasse des <strong>Tiere</strong>s, Tierschutz,<br />
Schlachtungs- <strong>und</strong> Verarbeitungsverfahren sowie<br />
Angaben zur Lagerung <strong>und</strong> Zubereitung des Fleisches.<br />
Damit Produkte wettbewerbsfähig werden,<br />
müssen sie sich von der Masse derjenigen abheben,<br />
bei denen gr<strong>und</strong>legende Fragen unbeantwortet<br />
bleiben. Die Produzenten müssen das Informationsbedürfnis<br />
ihrer K<strong>und</strong>en ernst nehmen.<br />
Zertifizierte Öko-Landwirtschaft<br />
Anteil an der Agrarfläche, 2009, in Prozent<br />
FAO<br />
keine Angaben<br />
bis 0,49 Prozent<br />
0,49 bis 3 Prozent<br />
über 3 Prozent<br />
0.12 0.94 0.25<br />
5.76 3.11 0.78<br />
Afrika Nord- <strong>und</strong> Südamerika Asien Europa Pazifik Welt<br />
Viele Bauern weltweit produzieren ökologisch, aber nicht zertifiziert, weil sie nicht über Kunstdünger verfügen.<br />
42<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Im Vergleich: Haltungen gegenüber Fleisch<br />
Ansichten deutscher Konsumenten über individuelle <strong>und</strong> ethische Aspekte des Fleischkonsums,<br />
Umfrage 2011<br />
wenig durchschnittlich stark<br />
Fleischverzehr der Teilnehmer, Prozent<br />
KAYSER ET AL.<br />
Fleischanteil am Essen, Prozent<br />
7,12 19,00 38,31<br />
Vorliebe für Fleisch<br />
Vertrauen in die Nahrungsmittelindustrie<br />
Umweltbewusstsein<br />
Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein<br />
Auf die Figur achten<br />
Bewusstes Essen von <strong>Tiere</strong>n<br />
Tierschutzbewusstsein<br />
stark positiv<br />
+16 bis +58 Indexpunkte<br />
schwach negativ<br />
-2 bis -15 Indexpunkte<br />
stark negativ<br />
-16 bis -40 Indexpunkte<br />
990 Teilnehmer, von denen 34 (3 Prozent) <strong>als</strong> Vegetarier unberücksichtigt blieben<br />
Vor einigen Jahren wurde der Begriff des „Mitproduzenten“<br />
geprägt, um die Macht des Verbrauchers<br />
über eine rein passive Rolle hinaus zu<br />
definieren <strong>und</strong> zugleich darauf hinzuweisen, dass<br />
er ein aktiver <strong>und</strong> einflussreicher Beteiligter am<br />
Produktionsprozess sein kann. Der Mitproduzent<br />
ist ein bewusster Akteur innerhalb des Nahrungsmittelsystems,<br />
der auf der Gr<strong>und</strong>lage von Informationen,<br />
wer Lebensmittel wie produziert, seine<br />
Entscheidungen trifft.<br />
Dies wird mit dem Modell der „solidarischen<br />
Landwirtschaft“ in die Praxis umgesetzt. Diese<br />
Idee, die in den USA <strong>als</strong> „Community Supported<br />
Agriculture“ (CSA) bekannt wurde <strong>und</strong> schnell<br />
populär geworden ist, sichert den Landwirten ihr<br />
Auskommen <strong>und</strong> unterstützt auf diese Weise verantwortungsbewusste<br />
Praktiken, etwa extensive<br />
Weidetierhaltung. Eine Gruppe von Menschen<br />
garantiert dem Landwirt die Abnahme sämtlicher<br />
zur Jahreszeit verfügbaren Erzeugnisse, sei es<br />
Gemüse <strong>und</strong> Fleisch, Milchprodukte oder Honig.<br />
Darüber hinaus teilen diese Menschen das Risiko<br />
natürlicher Prozesse, etwa schlechter Ernten: Sie<br />
zahlen im Voraus <strong>und</strong> tragen so zur Finanzierung<br />
der Produktionskosten über die gesamte Produktionskette<br />
bei.<br />
Dieses Modell gibt es bereits in mehreren<br />
Ländern: in Deutschland unter der Bezeichnung<br />
„Solidarische Landwirtschaft“, in Frankreich <strong>als</strong><br />
„Association pour le maintien d’une agriculture<br />
paysanne“ <strong>und</strong> in Italien unter der Bezeichnung<br />
„gruppo di acquisto solidale“. Das Ergebnis ist eine<br />
Win-win-Situation für alle Beteiligten. Der K<strong>und</strong>e<br />
bekommt gute, frische Erzeugnisse. Er kennt ihre<br />
Herkunft <strong>und</strong> weiß, wie sie produziert wurden.<br />
Er lernt etwas über die Lebensmittel, die er konsumiert,<br />
<strong>und</strong> er erweitert sein soziales Netzwerk.<br />
Der Landwirt bekommt finanzielle <strong>und</strong> praktische<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
Unterstützung <strong>und</strong> entwickelt eine Beziehung<br />
zu seinen Abnehmern. Die Landwirtschaft wird<br />
vor Marktschwankungen <strong>und</strong> der Ausbeutung<br />
menschlicher, tierischer oder ökologischer Ressourcen<br />
geschützt, denn geeignete Praktiken<br />
schützen Wasser, Luft <strong>und</strong> Boden.<br />
Eine Änderung der Nahrungsmittelsysteme<br />
ist unerlässlich. Es sind dabei nicht allein<br />
die Großunternehmen, die die Regeln für den<br />
Lebensmittelmarkt festlegen. Unabhängige Erzeuger<br />
<strong>und</strong> informierte Verbraucher sind dazu<br />
ebenfalls in der Lage.<br />
Schnelles Wachstum: Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften<br />
Zahl der Farmen mit Community Supported Agriculture (CSA)<br />
in den USA, Schätzungen<br />
6.000–6.500<br />
3.600<br />
Verbraucher<br />
verlassen <strong>als</strong><br />
„Mitproduzenten“<br />
ihre passive<br />
Rolle<br />
1.000<br />
60<br />
2<br />
2013<br />
2009<br />
2000<br />
1990<br />
1986<br />
MCFADDEN<br />
43
EINZELN UND GEMEINSAM TIERE,<br />
MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN<br />
Eine große Zahl von Organisationen <strong>und</strong> Netzwerken versucht naturgemäßere<br />
Agrarsysteme durchzusetzen. Individuelle Entscheidungen können zu<br />
anderen Arten der Ernährung führen. Am Ende entscheidet die Gesellschaft.<br />
Forderungen<br />
richten sich an die<br />
Konsumenten der<br />
Mittelschicht, nicht<br />
an die Armen<br />
E<br />
ine kleine, aber wachsende Zahl von Menschen<br />
in den Industrieländern bezieht Stellung.<br />
Diese Verbraucher fordern Produkte,<br />
die Umwelt- <strong>und</strong> Tierschutz respektieren. Sie essen<br />
weniger Fleisch oder verzichten <strong>als</strong> Vegetarier<br />
oder Veganer ganz auf tierische Produkte. Viele zivilgesellschaftliche<br />
Organisationen <strong>und</strong> Bauernbewegungen<br />
fordern Agrarsysteme, die sowohl<br />
den Menschen <strong>als</strong> auch die Natur achten. Zusammen<br />
mit internationalen Organisationen<br />
wie dem World Cancer Research F<strong>und</strong> schlagen<br />
sie vor, weniger Fleischmahlzeiten auf die<br />
Speisepläne von Krankenhäusern oder Schulen<br />
zu setzen <strong>und</strong> gesünderes Essen anzubieten. Die<br />
Bewegung Meat Free Mondays existiert bereits in<br />
29 Ländern.<br />
Außerdem findet der Tierschutz – nicht nur<br />
in westlichen Gesellschaften – immer mehr Aufmerksamkeit:<br />
Die Eurogroup for Anim<strong>als</strong> ist ein Zusammenschluss<br />
von 40 Organisationen aus ganz Europa,<br />
der sich für Tierschutz einsetzt.<br />
People for the Ethical Treatment of Anim<strong>als</strong> (Peta)<br />
in den USA meint, dass „es uns nicht zusteht, <strong>Tiere</strong><br />
zu essen, zu tragen, für Versuchs- oder Unterhaltungszwecke<br />
zu nutzen oder anderweitig zu<br />
missbrauchen“, <strong>und</strong> weist mit spektakulären,<br />
auch umstrittenen Aktionen darauf hin.<br />
Das Chinese Animal Protection Network, das sich<br />
aus mehr <strong>als</strong> 40 Gruppierungen zusammensetzt,<br />
möchte ethische Erwägungen <strong>und</strong> wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse zur Gr<strong>und</strong>lage seiner<br />
Tierschutzaktivitäten machen.<br />
Der Animal Welfare Board of India hat bei der<br />
indischen Regierung Beraterstatus <strong>und</strong> ist seit<br />
mehr <strong>als</strong> 50 Jahren der bekannteste Teil der nationalen<br />
Tierschutzbewegung.<br />
Die Forderungen solcher Organisationen richten<br />
sich weltweit an die wohlhabenden Mittelschichtsverbraucher,<br />
nicht an die ungefähr eine<br />
Milliarde Menschen – einige von ihnen die Ärmsten<br />
der Welt –, die <strong>als</strong> Viehhüter leben oder in kleinen<br />
gemischten Betrieben auch <strong>Tiere</strong> züchten. Im<br />
Gegenteil: Initiativen weltweit fordern, sich für<br />
die Erhaltung dieser bäuerlichen Landwirtschaft<br />
einzusetzen.<br />
Eine der größten Organisationen ist La Via Campesina,<br />
eine internationale Bewegung von Kleinbauern,<br />
die inzwischen 164 regionale <strong>und</strong> nationale<br />
Organisationen in 79 Ländern vereint. Sie<br />
Via Campesina, eine internationale Bewegung von Kleinbauern<br />
Mitgliedschaft, nach Ländern, 2013<br />
VIA CAMPESINA<br />
164 Organisationen<br />
in 79 Ländern<br />
44<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
vertritt insgesamt ungefähr 200 Millionen Bauern<br />
<strong>und</strong> verteidigt kleinbäuerliche nachhaltige<br />
Landwirtschaft <strong>als</strong> Weg zur Förderung sozialer<br />
Gerechtigkeit <strong>und</strong> Würde. Sie wehrt sich gegen<br />
industrielle Landwirtschaft <strong>und</strong> transnationale<br />
Betriebe, die gleichermaßen den Menschen, <strong>Tiere</strong>n<br />
<strong>und</strong> der Natur schaden.<br />
More and Better ist ein internationales Netzwerk<br />
sozialer Bewegungen, Nichtregierungsorganisationen<br />
<strong>und</strong> nationaler Kampagnen. Es<br />
konzentriert sich auf die Förderung von Landwirtschaft<br />
<strong>und</strong> ländlicher Entwicklung in den<br />
ärmsten Ländern <strong>und</strong> will dort die Ernährungslage<br />
verbessern.<br />
The Food Sovereignty Movement setzt sich dafür<br />
ein, dass lokale Gemeinschaften die Kontrolle<br />
über ihre Lebensmittel bekommen. Die Bewegung<br />
fördert die Vielfalt der Esskulturen, insbesondere<br />
den Konsum von hochqualitativen<br />
einheimischen, saisonalen <strong>und</strong> nicht industriell<br />
verarbeiteten Lebensmitteln.<br />
Letztlich wird es eine Kombination aus Einzelentscheidungen<br />
sowie gesetzlichen <strong>und</strong> politischen<br />
Veränderungen sein, die das Verhältnis der Gesellschaft<br />
zum Thema Fleisch verändern wird. Für<br />
wohlhabende Gesellschaften ist es kein Problem,<br />
sich ges<strong>und</strong>e Lebensmittel zu leisten, die arm an<br />
tierischen Proteinen oder ganz frei davon sind,<br />
<strong>und</strong> auf andere Proteinquellen umzusteigen.<br />
Dazu gehören auch einige in bestimmten Regionen<br />
der Erde verbreitete Alternativen, die anderswo<br />
zunächst exotisch wirken. Eine Möglichkeit<br />
sind Mahlzeiten mit Wasserpflanzen wie Seetang,<br />
eine andere ist die Gewinnung aus Insekten. Viele<br />
Konsumenten in den Industrieländern sind noch<br />
weit davon entfernt, diese <strong>Tiere</strong> in ihren Speisenplan<br />
einzubeziehen. Allerdings loten einige neue<br />
Wasserpflanzen <strong>als</strong> Protein-Alternativen<br />
Produktion,<br />
Millionen Tonnen<br />
pro Jahr<br />
Nahrung,<br />
Kilogramm<br />
pro Person<br />
<strong>und</strong> Jahr<br />
Proteine,<br />
Gramm<br />
pro Person<br />
<strong>und</strong> Tag<br />
1,3<br />
0,8<br />
0,2 0,2<br />
1,6<br />
Japan<br />
16,5<br />
Südkorea<br />
Unternehmen diese Möglichkeit gerade aus. In<br />
London hebt die Firma Ento die Kulinarik mit<br />
sushi artigen Insektenprodukten in neue Sphären.<br />
In New York hat die Firma Exo einen Proteinriegel<br />
entwickelt, der Grillenmehl enthält. Grillen<br />
emittieren 80 Prozent weniger Methan <strong>als</strong> Vieh<br />
<strong>und</strong> enthalten prozentual doppelt so viel Protein<br />
wie Hühnerfleisch <strong>und</strong> Steaks. Einzelne wie auch<br />
Regierungen sollten sich bemühen, auch solchen<br />
Alternativen Akzeptanz zu verschaffen.<br />
Vertiefende Bücher, Filme <strong>und</strong> Webseiten auf S. 64–65<br />
7,9<br />
China<br />
10,8<br />
0,6<br />
FAOSTAT<br />
Effiziente Grillen<br />
Essbare Insekten<br />
Essbarer Anteil des ganzen <strong>Tiere</strong>s<br />
FAO<br />
Zahl der Arten, nach Ländern<br />
FAO<br />
80<br />
55<br />
Grille<br />
Geflügel<br />
55<br />
40<br />
Schwein<br />
Rind<br />
1 bis 100<br />
100 bis 200<br />
200 bis 300<br />
über 300<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
45
EINE SINNVOLLE EU-AGRARPOLITIK<br />
Jahrzehntelang hat die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union<br />
die landwirtschaftliche Produktion verzerrt. Zu langsam wird sie umweltbewusster.<br />
Aber es ist auch eine GAP vorstellbar, die aktiv für eine sozial <strong>und</strong> ökologisch<br />
vertretbare Viehwirtschaft eintritt.<br />
Die EU muss<br />
damit aufhören,<br />
Großmastanlagen<br />
finanziell<br />
zu fördern<br />
D<br />
ie Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen<br />
Union ist ein wichtiger Motor der<br />
Industrialisierung <strong>und</strong> Globalisierung der<br />
Viehproduktion. Bis Anfang der 1990er Jahre garantierte<br />
die EU Viehpreise, die deutlich über den<br />
Weltmarktpreisen lagen, <strong>und</strong> schuf so für europäische<br />
Landwirte Anreize, ihre Produktion zu<br />
steigern. Gleichzeitig garantierte die GAP auch<br />
hohe Preise für Getreide, ohne jedoch Fördermittel<br />
für Ölsaaten zu gewähren. Die Handelspolitik<br />
ihrerseits unterstützte dieses System,<br />
indem hohe Einfuhrzölle auf Vieh <strong>und</strong> Getreide<br />
<strong>und</strong> geringe oder keine Zölle auf Ölsaaten<br />
<strong>und</strong> Futtermittel erhoben wurden. Diese Politik<br />
trieb die Intensivierung der Viehproduktion mittels<br />
importierter Futtermittel voran – zulasten der<br />
Weidehaltung <strong>und</strong> der in den Mitgliedsländern<br />
angebauten Futtermittel.<br />
Schon vor Jahrzehnten wurde die EU zu einem<br />
Nettoexporteur von Fleisch- <strong>und</strong> Molkereiprodukten.<br />
Da die garantierten Binnenpreise über den<br />
Weltmarktpreisen lagen, waren Exporte meist<br />
nur durch „Erstattungen“ für Exporteure möglich,<br />
um die Differenz zwischen Binnen- <strong>und</strong> Exportpreisen<br />
auszugleichen. Diese Subventionierung<br />
erwies sich im internationalen Handel <strong>als</strong> wesentlicher<br />
Streitpunkt. Die Exporte der EU erweckten<br />
den Eindruck, die EU produziere landwirtschaftliche<br />
Überschüsse. Bei dieser Diskussion wurde jedoch<br />
weitgehend übersehen, dass die Exporte nur<br />
aufgr<strong>und</strong> steigender Futtermittelimporte möglich<br />
geworden waren.<br />
In zwei Schritten, 2003 <strong>und</strong> 2005, erfolgte<br />
die Abkehr von den Garantiezahlungen hin zu<br />
Flächenzahlungen. Seither erhalten Bauern ihre<br />
Zuschüsse auf der Basis ihrer Felder, Wiesen <strong>und</strong><br />
Weiden. Dies gibt Anreize, weniger auf Menge zu<br />
produzieren. Dennoch setzte sich der Trend der<br />
Umwandlung von Weide- zu Ackerland fort – teilweise<br />
aufgr<strong>und</strong> neuer Anreize für den Anbau von<br />
Mais für Biogas. Die Reform von 2013 bringt praktisch<br />
kaum Veränderungen. Exportsubventionen<br />
sollen künftig durch „Krisenzahlungen“ ergänzt<br />
werden. Darüber hinaus steht es den EU-Mitgliedstaaten<br />
<strong>und</strong> einzelnen Regionen frei, nachhaltige<br />
Formen der Viehhaltung wie beispielsweise<br />
Weidehaltung <strong>und</strong> Bioproduktion zusätzlich zu<br />
fördern <strong>und</strong> hierfür Mittel aus einem anderen EU-<br />
Im Schutz von Regulierung <strong>und</strong> Subventionen – Europas Top 15 der Fleischindustrie<br />
Fleischproduktion, in 1.000 Tonnen, 2010/11<br />
Rind <strong>und</strong> Kalb<br />
Schwein<br />
Geflügel<br />
Schaf<br />
362<br />
355<br />
13<br />
14<br />
470<br />
450<br />
353<br />
15<br />
410<br />
10 9<br />
12<br />
4<br />
6<br />
941<br />
558<br />
2.525<br />
2.040<br />
2<br />
416<br />
11<br />
727<br />
1<br />
5<br />
3<br />
1.546<br />
7<br />
497<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
Vion Food Group, NL<br />
Danish Crown AmbA, DK<br />
Tönnies, DE<br />
Bigard, FR<br />
Westfleisch, DE<br />
LDC, FR<br />
HKScan, FI<br />
Gruppo Verones, IT<br />
Cooperl, FR<br />
Groupe Doux, FR<br />
Plukon Food Group, NL<br />
Terrena, FR<br />
Irish Food Processors/ABP, IE<br />
Moy Park (Marfrig), GB<br />
2 Sisters Food Group, GB<br />
GIRA<br />
8<br />
487<br />
46<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Viehbesatz in der Europäischen Union<br />
<strong>Tiere</strong> für die Fleischerzeugung, 2011, je Hektar<br />
Nutzfläche, in Großvieheinheiten<br />
Besatzdichte<br />
mehr <strong>als</strong> 3<br />
2 bis 3<br />
1 bis 2<br />
0,5 bis 1<br />
weniger <strong>als</strong> 0,5<br />
2,02<br />
Portugal<br />
5,45<br />
Irland<br />
1,08<br />
Spanien<br />
2,20<br />
Großbritannien<br />
1,23<br />
Frankreich<br />
0,67<br />
Schweden<br />
1,97<br />
Dänemark<br />
6,44<br />
4,60 Niederlande<br />
0,94<br />
Belgien 1,50<br />
Polen<br />
2,71 Deutschland<br />
0,54<br />
Luxemburg<br />
Tschechien 0,48<br />
Slowakei<br />
1,85<br />
0,57<br />
Österreich<br />
Ungarn<br />
3,08<br />
Slowenien<br />
4,67<br />
Malta<br />
1,46<br />
Italien<br />
0,50<br />
Finnland<br />
0,48<br />
Estland<br />
0,78<br />
Lettland<br />
0,41<br />
Litauen<br />
0,61<br />
Rumänien<br />
0,35<br />
Bulgarien<br />
0,96<br />
Griechenland<br />
Beispiele für die<br />
Berechnung von<br />
Großvieheinheiten:<br />
0.4 Kalb<br />
1.0 Milchkuh<br />
0.1 Schaf<br />
0.5 Zuchtsau<br />
0.007 Masthahn<br />
2,42<br />
Zypern<br />
EUROSTAT, INDEX MUNDI<br />
Topf in Anspruch zu nehmen: dem Europäischen<br />
Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des<br />
ländlichen Raums.<br />
Wie aber könnte eine Politik der Europäischen<br />
Union aussehen, die nachhaltige Viehhaltung<br />
in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zur sozial<br />
<strong>und</strong> ökologisch verträglichen Gestaltung der<br />
Landwirtschaft stellt? Vier Schritte sind denkbar,<br />
um die Fleischpolitik so umzugestalten, dass sie<br />
nicht mehr Teil des Problems, sondern vielmehr<br />
Teil der Lösung ist.<br />
Erstens sollte die Europäische Kommission ihre<br />
Förderung für den Bau von Intensivmastanlagen<br />
einstellen <strong>und</strong> stattdessen kleine <strong>und</strong> mittelständische<br />
Unternehmen an benachteiligten<br />
Standorten unterstützen, sofern diese ihr Vieh<br />
einen großen Teil des Jahres weiden lassen.<br />
Zweitens sollte die EU Landwirte verpflichten,<br />
mindestens die Hälfte ihrer Futtermittel auf ihrem<br />
eigenen Hof anzubauen, <strong>und</strong> hiermit den<br />
Wünschen der europäischen Verbraucher Rechnung<br />
tragen. Darüber hinaus könnte die EU den<br />
Einsatz genveränderter Futtermittel verbieten.<br />
Eindeutige Regelungen für die Beschaffung von<br />
Futtermitteln würden regionale <strong>und</strong> internationale<br />
Ungleichgewichte bei Nährstoffen beseitigen.<br />
Dung <strong>und</strong> Gülle bräuchten nicht mehr über<br />
große Entfernungen hinweg transportiert, sondern<br />
könnten direkt auf dem jeweiligen Hof <strong>als</strong><br />
Düngemittel eingesetzt werden.<br />
Drittens sollte der Einsatz von Antibiotika in Fütterungs-<br />
<strong>und</strong> Tränkanlagen verboten werden.<br />
Auf diese Weise würden die <strong>Tiere</strong> individuell<br />
<strong>und</strong> entsprechend tierärztlicher Diagnose behandelt.<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
Viertens sollte der Schutz der Nutztiere deutlich<br />
ausgedehnt werden. Jede Nutztierart<br />
muss artgerecht gehalten werden. Die EU<br />
sollte zu diesem Zweck entsprechende Richtlinien<br />
erlassen. So sollten <strong>Tiere</strong> in überschaubaren<br />
Herden gehalten werden, in denen sie<br />
ihre natürlichen Rang- <strong>und</strong> Sozialbeziehungen<br />
entwickeln können. Das Vieh sollte sich frei<br />
bewegen können, was eine Tierhaltung in Ställen<br />
ohne Tageslicht oder frische Luft verbieten<br />
würde.<br />
Unrealistisch, blauäugig? Dies sind lediglich Regeln,<br />
die viele Viehzüchterverbände seit Jahren<br />
für eine biologische Haltung befolgen. Eine Vorlage<br />
für eine nachhaltige Viehwirtschaft existiert<br />
<strong>als</strong>o schon seit langem.<br />
Wenn Garantiepreise locken – Rindfleisch- <strong>und</strong> Butterberge<br />
Einlagerung von Überschüssen,<br />
Interventionsmengen in 1.000 Tonnen<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Butter<br />
Rindfleisch<br />
Viehhalter<br />
sollten die Hälfte<br />
ihrer Futtermittel<br />
selbst anbauen<br />
müssen<br />
1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013<br />
EU<br />
47
AUTOREN UND QUELLEN VON<br />
TEXTEN, KARTEN UND DATEN<br />
10–11<br />
UNERSÄTTLICHER WELTMARKT<br />
von Christine Chemnitz<br />
S. 10: FAO Food Outlook, Juni 2013.<br />
S. 11: FAOSTAT. OECD FAO agricultural outlook,<br />
2013–2022<br />
12–13<br />
KONZENTRATION: DIE ZUKUNFT DER<br />
GLOBALEN FLEISCHINDUSTRIE<br />
von Kathy Jo Wetter<br />
S. 12: FAO Food Outlook, Juni 2013.<br />
S. 13: Leatherhead Food Research, ETC Group<br />
20–21<br />
DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN<br />
von Marcel Sebastian<br />
S. 20-21: Destatis<br />
22–23<br />
EINE HANDVOLL ARTEN FÜR DIE<br />
GANZE WELT<br />
von Kathy Jo Wetter<br />
S. 22: FAO, Livestock’s long shadow, 2006.<br />
S. 23: ETC Group; Keith O. Fuglie u. a., Research<br />
Investments and Market Structure in the<br />
Food Processing, Agricultural Input, and Biofuel<br />
Industries Worldwide, USDA ERS, 2011.<br />
GEH, Rote Liste 2013. Sarah Beth Moore u. a.,<br />
Heritage breeds: Saving chickens and<br />
cows from extinction, Medill Reports, 3. Juni 2011<br />
14–15<br />
FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT<br />
von Shefali Sharma<br />
<strong>und</strong> Karen Hansen-Kuhn<br />
S. 14: Bertelsmann-Stiftung/ifo Institut,<br />
Die Transatlantische Handels- <strong>und</strong> Investitionspartnerschaft<br />
(THIP), 2013. S. 15: USDA ERS<br />
16–17<br />
ROSAROT IM KÜHLREGAL<br />
von Annette Jensen<br />
S. 16: Euromonitor international, Fast food<br />
in China, 2013. Viveat Susan Pinto,<br />
Are store additions by food retail chains<br />
sustainable? Business Standard, Mumbai,<br />
13. September 2013. S. 17: Euromonitor<br />
international, Datagraphic: A Panorama of<br />
Packaged Food, 10. Oktober 2013<br />
18–19<br />
IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT<br />
von Marcel Sebastian<br />
S. 18: Riva Caroline Hodges Denny,<br />
Between the Farm and the Farmer’s Market:<br />
Slaughterhouses, Regulations, and Alternative<br />
Food Networks. Auburn, Alabama 2012.<br />
S. 19: FAOSTAT<br />
24–25<br />
HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN<br />
von Reinhild Benning<br />
S. 24: Sanjai Pingle, Patent expiry hits profitability<br />
of 15 global pharma cos in 2012, Pharmabiz,<br />
15. April 2013; Dan Carroll, The Investor’s Guide<br />
to Zoetis, Motley Fool, 7. Februar 2013.<br />
S. 25: USGS, Occurrence of Pharmaceutic<strong>als</strong>,<br />
Hormones, and Organic Wastewater Compo<strong>und</strong>s<br />
in Pennsylvania Waters 2006–09, 2012<br />
26–27<br />
TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND<br />
von Stephan Börnecke<br />
S. 26–27: WWF, Fleisch frisst Land, 2011.<br />
S. 27: FAO: Challenges and opportunities for<br />
carbon sequestration in grassland systems, 2010<br />
28–29<br />
SCHNITZEL, WÜRSTCHEN, GLYPHOSAT<br />
von Heike Moldenhauer<br />
S. 28: USDA ERS, USGS Pesticide National<br />
Synthesis Project. S. 29: FAO Statistical Yearbook<br />
2012, www.centerfordoodsafety.org.<br />
Red universitaria de ambiente y salud,<br />
El consume de agrotóxicos en Argentina<br />
aumenta continuamente, 23. Juni 2013<br />
48<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
30–31<br />
ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH<br />
von Michael Álvarez Kalverkamp<br />
S. 30–31: USDA ERS: Agriculture in Brazil and<br />
Argentina, 2001; FAOSTAT; USDA GAIN:<br />
Argentina Oilseeds and Products,<br />
2012; Indec, Intercambio Comercial Argentino,<br />
23. Januar 2013; Soybeans: U.S. Export<br />
Trend is up, Share of World Exports is Down,<br />
Global AgInvesting, 26. September 2013.<br />
S. 31: Indec-<strong>Daten</strong>bank<br />
32–33<br />
HÜHNER – WELTWEITER STEIGFLUG<br />
IN DIE FABRIK<br />
von Shefali Sharma<br />
S. 32: FAO, Global livestock production systems,<br />
2011. S. 33: DSW report, 2012; FAO, Food<br />
Outlook 11/2012. FAO, Statistical Yearbook 2013<br />
34–35<br />
DIE ZWEIFEL DER REICHEN<br />
von Patrick Holden<br />
S. 34: WHO/ FAOSTAT; J. Kearney, Food<br />
consumption trends and drivers. Philosophical<br />
Transactions of the Royal Society,<br />
Biological sciences, 2010. S. 35: OECD FAO<br />
Agricultural Outlook 2013–2022, 2013.<br />
CME Daily Livestock report, 20. Dezember 2011,<br />
<strong>und</strong> USDA, Livestock, Dairy, and Poultry<br />
Outlook, 15. November 2013<br />
36–37<br />
DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE –<br />
VON RIO BIS SCHANGHAI<br />
von Sascha Zastiral<br />
S. 36: FAO, Mapping supply and demand for<br />
animal-source foods to 2030, 2011.<br />
S. 37: OECD FAO Agricultural Outlook 2013–2022,<br />
2013. FAOSTAT<br />
38–39<br />
URBANE TIERHALTUNG<br />
von Wolfgang Bayer<br />
<strong>und</strong> Ann Waters-Bayer<br />
S. 38–39: World Bank/FAO, Urban Agriculture,<br />
For Sustainable Poverty Alleviation and<br />
Food Security, 2008. S. 39: pluckandfeather.com,<br />
Urban Livestock in Oakland, 2011<br />
40–41<br />
PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP<br />
von Evelyn Mathias<br />
S. 40: ILRI/Mario Herrero, Food security,<br />
livelihoods and livestock in the developing<br />
world, 2010.<br />
S. 41: FAO, Pastoralism in the new millenium,<br />
2001, mit Ergänzungen der Autorin<br />
42–43<br />
GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT<br />
von Ursula Hudson and Carlo Petrini<br />
S. 42: FAO Statistical yearbook, 2012. S. 43:<br />
Maike Kayser u. a., Analysis of Differences in Meat<br />
Consumption Patterns. International Food<br />
and Agribusiness Management Review, 2013.<br />
Steven McFadden, Unraveling the CSA Number<br />
Con<strong>und</strong>rum, thecalloftheland, 9. Januar 2012<br />
44–45<br />
EINZELN UND GEMEINSAM TIERE,<br />
MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN<br />
von Ruth Shave <strong>und</strong> Stanka Becheva<br />
S. 44: viacampesina.org.<br />
S. 45: FAOSTAT. FAO, Edible insects, 2013<br />
46–47<br />
EINE SINNVOLLE EU-AGRARPOLITIK<br />
von Tobias Reichert<br />
S. 46: GIRA, Richard Brown: Structure &<br />
dynamics of the European Meat Industry,<br />
2010/11–2015, Brussels 2012.<br />
S. 47: Eurostat/ Index m<strong>und</strong>i database. EU,<br />
The Common Agricultural Policy explained,<br />
2004, <strong>und</strong> DairyCo Market Information,<br />
26. November 2013<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />
49
HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG<br />
Heinrich-Böll-Stiftung<br />
Schumannstr. 8, 10117 Berlin, www.boell.de<br />
BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ<br />
DEUTSCHLAND (BUND)<br />
B<strong>und</strong> für Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland<br />
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, www.b<strong>und</strong>.net<br />
LE MONDE DIPLOMATIQUE<br />
Le Monde diplomatique<br />
Rudi-Dutschke-Str. 23, 10969 Berlin, www.monde-diplomatique.de<br />
Demokratie <strong>und</strong> Menschenrechte durchsetzen,<br />
gegen die Zerstörung unseres globalen Ökosystems<br />
angehen, patriarchale Herrschaftsstrukturen<br />
überwinden, in Krisenzonen präventiv den<br />
Frieden sichern, die Freiheit des Individuums gegen<br />
staatliche <strong>und</strong> wirtschaftliche Übermacht verteidigen<br />
– das sind die Ziele, die das Handeln der<br />
Heinrich-Böll-Stiftung bestimmen. Sie steht zwar<br />
den Grünen nahe, ist aber unabhängig <strong>und</strong> geistiger<br />
Offenheit verpflichtet.<br />
Mit derzeit 29 Auslandsbüros verfügt sie über<br />
ein weltweites Netz für ihr Engagement. Sie arbeitet<br />
mit ihren Landesstiftungen in allen deutschen<br />
B<strong>und</strong>esländern zusammen, fördert begabte, gesellschaftspolitisch<br />
engagierte Studierende <strong>und</strong><br />
Graduierte im In- <strong>und</strong> Ausland <strong>und</strong> erleichtert die<br />
soziale <strong>und</strong> politische Teilhabe von Immigrantinnen<br />
<strong>und</strong> Immigranten.<br />
Der BUND setzt sich ein für den Schutz der Natur<br />
<strong>und</strong> Umwelt – damit die Erde für alle, die auf ihr<br />
leben, bewohnbar bleibt. Wir engagieren uns für<br />
eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft, ges<strong>und</strong>e<br />
Lebensmittel, für den Schutz des Klimas,<br />
der Wälder <strong>und</strong> des Wassers, für den Ausbau regenerativer<br />
Energien <strong>und</strong> für bedrohte Arten.<br />
Als einer der großen Umweltverbände in<br />
Deutschland verstehen wir uns <strong>als</strong> treibende gesellschaftliche<br />
Kraft für ökologische Erneuerung<br />
mit sozialer Gerechtigkeit. Unsere Vision ist ein<br />
zukunftsfähiges Land in einer zukunftsfähigen<br />
<strong>und</strong> friedfertigen Welt. Der BUND ist Mitglied<br />
von Friends of the Earth International, dem weltgrößten<br />
Netzwerk unabhängiger Umweltgruppen.<br />
Hinter dem Atlas der Globalisierung, der vor zehn<br />
Jahren erstm<strong>als</strong> erschienen ist, steht die internationale<br />
Monatszeitung Le Monde diplomatique<br />
(LMd). Ihre deutsche Ausgabe wird seit 1995 in<br />
Berlin unter dem Dach der taz produziert.<br />
LMd berichtet aus aller Welt, wird von Leuten<br />
in aller Welt gemacht <strong>und</strong> auch in aller Welt gelesen.<br />
Von den weltweit 1,5 Millionen Leserinnen<br />
<strong>und</strong> Lesern haben manche die Zeitung auf Arabisch<br />
vor Augen, andere lesen sie auf Japanisch,<br />
Slowenisch, Norwegisch oder Farsi – insgesamt<br />
gibt es über 60 Print- <strong>und</strong> Online-Ausgaben.<br />
Wie in der globalisierten Welt alles mit allem<br />
zusammenhängt, wird nicht zuletzt durch die<br />
Karten <strong>und</strong> Grafiken verständlich, die Philippe<br />
Rekacewicz, der Initiator des Atlas der Globalisierung,<br />
entwickelt hat. Seine „engagierte Kartografie“<br />
ist das wichtigste Bindeglied zwischen der Monatszeitung<br />
Le Monde diplomatique <strong>und</strong> dem Atlas<br />
der Globalisierung.<br />
50<br />
FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>
Verteilung von Arbeit, Entscheidungen <strong>und</strong><br />
Eigentumsrechten an Hühnern in Afrika, nach<br />
100 Entscheidungsfindung<br />
Geschlecht <strong>und</strong> Familienbeziehungen, in %<br />
80<br />
60<br />
40<br />
70<br />
20<br />
60 Arbeitsteilige Hühnerwirtschaft<br />
0<br />
50<br />
Verkauf von Eiern Verzehr von Eiern<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Stickstoffbelastung<br />
Dörfliche Haushalte in der<br />
56<br />
Zur Herstellung von 1 kg oder 1 L<br />
Western Division, Gambia<br />
10<br />
wird an Wasser benötigt:<br />
niedrig<br />
0<br />
17<br />
mittel<br />
Stallbau Misten Füttern Tränken Verkauf von Verkauf von Pflege bei<br />
Hühnern Eiern Krankheit<br />
Rindfleisch<br />
hoch<br />
sehr hoch<br />
13<br />
1<br />
7<br />
Dänemark<br />
5 2<br />
9 8<br />
Irland 53<br />
13<br />
27<br />
18<br />
Großbritannien 4<br />
12<br />
Niederlande<br />
Eigentum an Hühnern<br />
Dörfliche Haushalte in Dodoma, Tansania<br />
15.455 L<br />
11<br />
4<br />
2<br />
Deutschland<br />
Polen<br />
Anbauflächen mit gentechnisch veränderten Belgien Pflanzen, in Millionen Hektar<br />
Produktion<br />
8<br />
in 100.000 Tonnen, 2011<br />
18<br />
Rindfleisch<br />
2 6<br />
Schweinefleisch<br />
20<br />
16<br />
Österreich<br />
Frauen<br />
74<br />
Indices, 2002–2004 = 100<br />
Männer 35<br />
9 15<br />
220<br />
Regelungen Eigentum an Hühnern<br />
Kinder für<br />
über 9<br />
genmanipulierte<br />
Frankreich<br />
190<br />
Familie<br />
3 – 9<br />
16<br />
Nahrungsmittel<br />
Käse<br />
Frauen <strong>und</strong> Kinder<br />
Kauf <strong>und</strong> Verkauf von Hühnern<br />
1 – 3<br />
10<br />
160<br />
Frauen <strong>und</strong> Männer<br />
76<br />
0,01 – 1<br />
5.000 L<br />
Verbot<br />
130<br />
0 Rindfleisch<br />
6<br />
Italien<br />
Schweinefleisch<br />
Geflügelfleisch<br />
100<br />
Spanien<br />
Schaffleisch<br />
Kennzeichnungspflicht<br />
Entwicklung der Haltungsflächen von Hühnern in der EU, in cm 2 pro Tier<br />
70<br />
für die meisten Produkte, bis<br />
2006 2008 2009 2010 2011 2012<br />
1 Prozent einer Zutat<br />
Reis<br />
ungekennzeichnet; in der EU<br />
3.400 L<br />
bis 0,9 Prozent, wenn<br />
gentechnische Verunreinigung<br />
450<br />
zufällig 624 oder technisch<br />
550<br />
unvermeidbar; die absichtliche<br />
Zufügung in 1.000 ist Tonnen, verboten 2011 Schätzung, 2012 Prognose<br />
Eier<br />
1.667<br />
300für viele Produkte, bis 1 Prozent<br />
3.300 L Angola<br />
des Gesamt Angola produkts ungekennzeichnet<br />
Benin D. R. Kongo Ghana Südafrika alle Geflügelimporte nach Afrika<br />
Benin<br />
Zertifizierte 250für wenige Ökolandwirtschaft, Produkte, mit vielen Anteil Ausnahmen an der Gesamtanbaufläche<br />
D. R. Kongo<br />
1.300<br />
Ghana<br />
200<br />
1.233 Zucker<br />
1.500 L Südafrika<br />
alle Geflügelimporte<br />
nach<br />
0<br />
150<br />
995<br />
Afrika<br />
763<br />
Weizen <strong>und</strong> 4 m 2 Auslauf im Freien<br />
100<br />
1.111<br />
1.300 L<br />
Direkte 259<br />
1.111 513 612<br />
800<br />
Emissionen 50<br />
Milchpulver<br />
in Prozent 91 179 kg<br />
Millionen 900 Tonnen, cm 2 bei 2010<br />
Eierstempelcodes<br />
Milch<br />
<strong>und</strong> Kilogramm<br />
29 kg über 2 kg Gewicht<br />
pflanzlich<br />
0<br />
1.000 L<br />
0 Ökohaltung<br />
CO 2 -Äquivalent 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />
Käse<br />
Milch, Milchprodukte<br />
pro Person<br />
1<br />
1 Freilandhaltung<br />
<strong>und</strong> Jahr<br />
89 kg<br />
23,6 %<br />
2 Bodenhaltung<br />
Fleischverbrauch pro Kopf<br />
50,1<br />
2<br />
3<br />
Äpfel<br />
700 L<br />
Butter<br />
2.003 kg<br />
<strong>und</strong> 4 m 2 Auslauf im Freien<br />
Käfighaltung<br />
2012, Schätzung, in kg,<br />
3<br />
36,5<br />
25,3<br />
Produktion Eier, Eierwaren<br />
Karkassengewicht 149 kg 69 30,7<br />
41,3<br />
Export 1,3 %<br />
24,1<br />
32,7<br />
(nach Ausweidung)<br />
Bier<br />
20,0<br />
36,8<br />
28,3<br />
Fleisch, Fleischerzeugnisse<br />
300 L<br />
Frischmilcherzeugnisse<br />
Import<br />
17,9<br />
38,8<br />
FLEISCHATLAS 2013 Download: 19,1 www.boell.de/fleischatlas<br />
27,6<br />
40,7 %<br />
9,8<br />
Russland<br />
Kartoffeln<br />
255 L<br />
53<br />
Eier<br />
26 kg<br />
Japan<br />
über 10 Prozent<br />
Südkorea<br />
31,0<br />
Kanada<br />
5,0<br />
5 – 10<br />
14,0<br />
Tomaten<br />
184 L<br />
EU-27<br />
42 Schweinefleisch<br />
USA<br />
1 – 5<br />
17,0<br />
260 kg<br />
China<br />
0,5 – 1<br />
14,9435 kg<br />
Rind- <strong>und</strong> Kalbfleisch<br />
weniger <strong>als</strong> 0,5<br />
Möhren<br />
131 L<br />
1,5 2,4<br />
82 kg<br />
Mexiko<br />
26 40,7<br />
0,2 7,8 7,3<br />
50,5<br />
Deutscher Durchschnittsverbrauch im Laufe des Geflügelfleisch<br />
Lebens<br />
1 Badewanne entspricht etwa 140 Liter Wasser.<br />
38,5<br />
Indien Fleisch-<br />
China<br />
2,9<br />
<strong>und</strong> Wurstverzehr in Gramm/Tag<br />
1 – 300<br />
14<br />
15<br />
38,7<br />
> 300<br />
Indonesien<br />
59,7<br />
13<br />
37,8<br />
100.000 <strong>Tiere</strong><br />
historische Grenze<br />
13,3<br />
4 3<br />
10 Millionen <strong>Tiere</strong><br />
des Regenwaldes<br />
4 Rinder EU-27<br />
18,6<br />
4 Schafe<br />
12 Gänse<br />
23,0<br />
Brasilien<br />
6,9<br />
Kanada USA Argentinien Brasilien 38,6<br />
Indien<br />
Seitenaufrufe pro Monat FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas<br />
37 Enten<br />
Südafrika<br />
Australien<br />
„Vegetarismus“ „Veganismus“<br />
16<br />
8,1<br />
35<br />
Häufige Erreger <strong>und</strong><br />
46 Schweine<br />
Viele Erreger dieser Bakteriengruppen können bei Menschen 30<br />
Argentinien<br />
zu schweren, auch tödlichen Durchfallerkrankungen führen 31.000<br />
die Anzahl der Antibiotika-Klassen,<br />
gegen 100<br />
26.000<br />
60<br />
25<br />
24.000<br />
20<br />
23.000<br />
die sie resistent sind:<br />
21.000<br />
46 Puten<br />
19.000<br />
4519.000<br />
über 4<br />
15<br />
80<br />
16.000<br />
3<br />
Salmonellen Campylobacter 10 jejuni Escherichia coli<br />
2<br />
60<br />
5<br />
1<br />
0<br />
Erzeugung, Trends April 2009<strong>und</strong> Prognosen, FLEISCHATLAS April 2010 in Mio. April Tonnen 2013 2011 Download: April 2012 www.boell.de/fleischatlas<br />
April 2013<br />
40<br />
Erreger sind noch<br />
nicht resistent:<br />
57<br />
140<br />
Rindfleisch<br />
sensibel<br />
20<br />
120<br />
40 – 45 51 – 55<br />
Schweinefleisch<br />
100<br />
46 – 50 über 55Geflügelfleisch<br />
Proben in Prozent<br />
Schaffleisch<br />
0<br />
80<br />
Putenfleisch Mastpute Mastpute Masthähnchen Putenfleisch Mastpute<br />
Putenfleisch Mastpute Masthähnchen Mastkalb<br />
(H<strong>als</strong>haut) (gesamt)<br />
60 (H<strong>als</strong>haut)<br />
(gesamt)<br />
USA<br />
4<br />
Selbst- oder Fremdbezeichnung <strong>als</strong> Vegetarier oder Veganer, in Prozent der Bevölkerung<br />
40<br />
7<br />
92<br />
20<br />
2<br />
Männer<br />
0<br />
Deutschland 1<br />
1995 1999 2003 2007 Frauen 2011 2015 2019 2021<br />
2,2<br />
Männer <strong>und</strong> Frauen<br />
0,1<br />
945 Hühner<br />
FLEISCHATLAS<br />
Veganer (Männer<br />
2013<br />
<strong>und</strong> Frauen)<br />
8,5*<br />
Download: www.boell.de/fleischatlas<br />
* 2012, lt. Vegetarierb<strong>und</strong><br />
Indien<br />
31<br />
USA<br />
15<br />
Millionen Vegetarier<br />
117<br />
Deutschland<br />
Welt, Prognose 2012,<br />
Welt, Prognose 2012,<br />
Welt, Prognose 2012,<br />
Welt, Prognose 2012,<br />
1,5 7*<br />
in Millionen Tonnen<br />
in Millionen Tonnen<br />
in Prozent<br />
kg pro Kopf<br />
Indien<br />
375<br />
FAO<br />
FAO<br />
FAO<br />
FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas<br />
90 – 95 101 – 105<br />
96 – 100 über 105<br />
Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländer<br />
Schweinefleisch Geflügelfleisch<br />
Schweinefleisch Geflügelfleisch<br />
Industrieländer<br />
Rindfleisch Schaffleisch andere<br />
Rindfleisch Schaffleisch andere<br />
Verbrauch Export<br />
Welt (gewichteter Durchschnitt)<br />
Verzehr in Deutschland pro Kopf, in Kilogramm<br />
Produktion/<br />
• Deutschland ist Netto-Exporteur<br />
globaler Handel von Fleisch <strong>und</strong> Fleischwaren.<br />
Erzeugung<br />
Auch Zu- <strong>und</strong> Abnahmen von<br />
40<br />
Rind, Kalb<br />
Lagermengen werden bilanziert.<br />
Schwein<br />
• insgesamt ca. minus 10 Prozent<br />
30<br />
60,7 60,7 61,3 FLEISCHATLAS 61 2013 Download: 59,5<br />
Geflügel<br />
www.boell.de/fleischatlas<br />
• minus Knochen, Schwarten, Fett<br />
Sonstiges<br />
Konsum/<br />
20<br />
Schlachtung <strong>und</strong> untaugliches Fleisch<br />
Gesamt<br />
Verbrauch<br />
• minus Futter, Tierfertignahrung,<br />
10<br />
industrielle Weiterverarbeitung<br />
• insgesamt ca. minus 20 Prozent<br />
0<br />
2008 2009<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
2013<br />
• minus Abfälle bei der<br />
Verzehr Zubereitung<br />
Zubereitung <strong>und</strong> Speisereste<br />
• minus Haustier-Frischfutter<br />
• Die Vogelgrippe mit • Eine neuer • Dioxin in „Bio-Mais“ • Ekelfleischskandal • Hygienemängel beim • Pferdefleischskandal<br />
• insgesamt ca. minus 5 Prozent<br />
Massenkeulungen in ganz Schweinegrippe- erschüttert die Glaubwürdigkeit<br />
der Bio-Höfe • Dioxin in konventionel-<br />
Wiesenhof<br />
Ausmaßen<br />
von 2007 vor Gericht Geflügel-Marktführer mit europäischen<br />
Deutschland flaut ab Virus ängstigt<br />
aufgenommene Nahrung<br />
• Schweinefleisch aus Irland die Welt, ist dann • TV-Berichte über „Klebefleisch“<br />
aus Schinkenteilen zu 5.000 Höfen von 2006 vor<br />
lem Tierfutter von bis • Gammelfleischskandal<br />
ist mit Dioxin vergiftet aber harmlos<br />
Gericht<br />
FAO<br />
FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas<br />
FAO<br />
FAO<br />
FAO<br />
BVL<br />
FAO<br />
NVS<br />
FLEISCHATLAS<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel <strong>2014</strong><br />
NEUE THEMEN<br />
FLEISCHATLAS<br />
<strong>2014</strong><br />
MEAT ATLAS<br />
Facts and figures about the anim<strong>als</strong> we eat<br />
Die App zum FLEISCHATLAS<br />
www.boell.de/fleischatlas<br />
DE<br />
ATLAS CARNE<br />
LA<br />
Lorem ipsum sit dolor lorem ispum sit<br />
MEAT ATLAS<br />
<strong>2014</strong><br />
ATLAS DE LA CARNE<br />
Februar <strong>2014</strong><br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />
HÜHNER, DAS KAPITAL<br />
AFRIKANISCHER FRAUEN<br />
FLEISCHATLAS<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel 2013<br />
Zwischen Rechtlosigkeit <strong>und</strong> Marktbeherrschung<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />
In Entwicklungsländern stammt viel<br />
Geflügelfleisch aus Hinterhof- oder<br />
kleinbäuerlicher Haltung, oft nur für<br />
den Eigenbedarf.<br />
In vielen Gesellschaften Afrikas ist die<br />
Hühnerzucht Frauensache. Einnahmen<br />
durch Eierhandel, Schlachtung <strong>und</strong><br />
Virtuelles Verkauf senken Wasserdie Abhängigkeit vom<br />
Ehemann. Als „lebendige Sparkasse“<br />
dienen sie der Sicherheit in Notzeiten.<br />
Brustfilets von Hühnern <strong>und</strong> Puten<br />
boomen. Andere Hühnerteile sind in<br />
der EU kaum noch verkäuflich <strong>und</strong><br />
werden zu Billigpreisen nach Afrika<br />
exportiert. Mit schlimmen Folgen: Wo<br />
die Tiefkühlschiffe anlegen, löschen<br />
sie die einheimische Produktion aus.<br />
WASSER, KLIMA, ARTENVIELFALT<br />
Fleischerzeugung <strong>und</strong> Stickstoffbelastung in Europa<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />
FUTTERMITTEL FÜR MILLIARDEN<br />
Gentechnikprodukte <strong>und</strong> ihre Kritiker<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />
EINE FRAGE DER HALTUNG<br />
Der lange Weg zu mehr Bewegung<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />
Welt-Fleischpreise im Vergleich<br />
INDIVIDUELLE ALTERNATIVEN<br />
A4-Blatt (21,0 x 29,7 cm)<br />
Käfighaltung (bis 2009)<br />
Größte afrikanische Importländer für Geflügel<br />
Ökohaltung<br />
Massentierhaltung verschwendet das Rinder stoßen den Klimakiller Methan<br />
Käfighaltung (bis 2003)<br />
Die Regen- Biobauern <strong>und</strong> Trinkwasser, kommen überdüngt die aus. Stimmen Futtermix, Düngung <strong>und</strong><br />
Gewässer <strong>und</strong> emittiert Treibhausgase. Bestandsdichte auf der Weide, kann die<br />
Aus Weiden, wichtigen CO 2 -Speichern, Ökobilanz neutral werden. Und positiv,<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />
werden Äcker für den Futteranbau.<br />
falls die Weide früher ein Acker war.<br />
Freilandhaltung<br />
Emissionen Bodenhaltung durch tierische Nahrungsmittel in Deutschland<br />
Käfighaltung<br />
Sojabohnen SPEISEPLAN – Produktion <strong>und</strong> Welthandel 680 DER 705 MITTELSCHICHT<br />
Vieh ist hungrig. In Deutschland frisst es mehr <strong>als</strong> die Hälfte<br />
der Ernte. Aber das reicht nicht: Zusätzliches Kraftfutter soll<br />
die Mast beschleunigen. Es wird aus Übersee importiert.<br />
Auf den Tellern der Welt<br />
31,2 % In Lateinamerika wächst der Eiweißlieferant Soja für die EU-<br />
Tierproduktion auf 17 Millionen Hektar – so viel wie alle<br />
<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />
Agrarflächen Deutschlands. Das Soja ist meist gentechnisch<br />
verändert. Aus Flugzeugen werden die Felder mit Pestiziden<br />
Fisch 3,2 % besprüht, die auch die Anwohner vergiften.<br />
Je enger, desto profitabler: Die industrielle Tierhaltung nimmt 15,5 23,6<br />
12,7 16,9<br />
Zentren der Massenhaltung von Schweinen<br />
zu, wenn Betriebe weniger für Boden, Arbeit <strong>und</strong> Heizung<br />
Der Soja-Anbau fördert das Abholzen: Auch der Verlust von<br />
FLEISCHKONSUM IN<br />
aufwenden wollen. Auch Tierschutz gilt <strong>als</strong> Kostenfaktor. Und Weiden DEUTSCHLAND<br />
treibt Brasiliens Rinderzüchter in den Regenwald.<br />
das lebensgefährliche Geschäft mit den Antibiotika boomt.<br />
1094 <strong>Tiere</strong> auf dem Teller Rinder drängen an den Essverhalten Amazonas nach B<strong>und</strong>esländern<br />
Vorschriften über die Bedingungen in den Ställen der Fleischindustrie<br />
müssen nicht nur vorhanden sein, sondern auch<br />
Rinder pro km 2 0<br />
Rind<br />
eingehalten <strong>und</strong> kontrolliert werden. Selbst dann kann von<br />
artgerechter Haltung oft nicht die Rede sein. Hilfreich wäre,<br />
Fleisch Kaum eine so zu Kantine etikettieren, oder Uni-Mensa dass die Haltungsbedingungen verzichtet heute noch des auf Neugier: „Vegetarismus“ <strong>und</strong> „Veganismus“ in der Wikipedia<br />
<strong>Tiere</strong>s fleischlose daraus Gerichte. ersehen In werden Industrieländern können. ist es für jüngere<br />
Schwein<br />
Leute nicht mehr ungewöhnlich, vegetarisch oder vegan zu<br />
leben. Produkte <strong>und</strong> Rezepte stehen reichlich zur Verfügung.<br />
Immer resistenter, immer gefährlicher<br />
Frauen<br />
Für den Verzicht auf jede Nutzung tierischer Produkte nennt<br />
der Veganismus ethische, ökologische <strong>und</strong> politische Gründe:<br />
Geflügel<br />
<strong>Tiere</strong> dürfen nicht genutzt, ausgebeutet <strong>und</strong> getötet werden.<br />
19.000<br />
16.000<br />
Wer weder auf Fleisch verzichten noch die Massentierhaltung<br />
Wo in den Schwellen- <strong>und</strong> Entwicklungsländern der Wohlstand Kleine <strong>Tiere</strong> in großen Massen – Geflügel boomt<br />
fördern <strong>und</strong> die Umwelt belasten will, findet Angebote aus<br />
wächst, entstehen neue Mittelschichten. Sie orientieren sich<br />
regionaler, ökologischer Haltung. Im städtischen Umkreis sind<br />
an den reichen Ländern. Fleisch gilt <strong>als</strong> Proteinlieferant <strong>und</strong><br />
Erzeuger-/Käufergemeinschaften für Fleisch eine Alternative.<br />
Kraftspender, aber auch <strong>als</strong> Symbol für Aufstieg <strong>und</strong> Luxus.<br />
Daher steigt der weltweite Verbrauch. Anders ist die Lage in<br />
Vegetarier den Industrieländern. – relativ <strong>und</strong> Hier absolut stagniert die Nachfrage, allerdings<br />
auf viel zu hohem Niveau.<br />
Das Schwein gilt in weiten Teilen Nordafrikas <strong>und</strong> Asiens <strong>als</strong><br />
unrein. Dennoch dominiert es die Teller der Welt. Bald wird es<br />
vom Huhn überflügelt, dem billigsten aller Fleischlieferanten.<br />
Produktion<br />
Handel<br />
Eigenverbrauch <strong>und</strong> Handel<br />
Früher galt Fleisch in Deutschland<br />
mehr <strong>als</strong> Frauen, Jüngere mehr <strong>als</strong> Alte<br />
<strong>als</strong> ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> lebenswichtig. Heute <strong>und</strong> Ostler mehr <strong>als</strong> Westler. Übrigens<br />
ist dieses Vertrauen verschw<strong>und</strong>en. sind inzwischen r<strong>und</strong> zwei Drittel aller<br />
Nach den vielen Skandalen haben<br />
Fleischeinkäufe in Plastik abgepackt.<br />
die Fleischkonzerne 13,9 ein schlechteres 0,8<br />
10<br />
Image <strong>als</strong> die Chemische 66,8 Industrie.<br />
8,0<br />
7,4 Traditionelle Supermärkte bieten noch<br />
wenig Alternativen. Ob dort, beim Öko-<br />
110,8 301,8 29,4<br />
100<br />
Dennoch: Der Verzehr sinkt kaum. Die Metzger oder im Bioladen: Wer Fleisch<br />
meisten Deutschen essen täglich oder<br />
104,5<br />
13,0 aus Massentierhaltung meidet, fördert 90<br />
fast täglich Fleisch <strong>und</strong> Wurst, Männer nachhaltige Landwirtschaft.<br />
FAOSTAT<br />
Eurostat<br />
WWF<br />
VEBU<br />
Männer<br />
Verbrauch<br />
32,7<br />
42,5<br />
79,0<br />
FAO, centerforfoodsafety.org<br />
thepoultrysite.com<br />
BUND DSW, FAO<br />
waterfootprint.org<br />
stats.grok.se<br />
FAO, WWF<br />
Gallup, OECD/FAO NVS, SNS, VEBU<br />
FLEISCHATLAS<br />
2013<br />
6. Auflage<br />
Wort <strong>und</strong> Tat – eine Systematik<br />
Fleischverzehr <strong>und</strong> -skandale<br />
DPA, BVDF<br />
FLEISCHPLAKATE<br />
Satz von acht Motiven, DIN A1<br />
2013
Der Verbraucher erfährt viel<br />
zu wenig über das Fleisch, das er kauft.<br />
aus: GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT, Seite 43<br />
Die weltweit hohe Nachfrage nach Hühnern liegt<br />
am Anstieg der Kaufkraft, nicht am Bevölkerungszuwachs.<br />
aus: WELTWEITER STEILFLUG IN DIE FABRIK, Seite 32<br />
220<br />
190<br />
160<br />
130<br />
362<br />
3 244 000 Rinder<br />
25 460 000 Enten<br />
100<br />
10 9<br />
37 700 000 Puten 4 12<br />
70<br />
6<br />
2006 2008 2009 2010 2011 941 2012 2013<br />
Das Transatlantische Handelsabkommen könnte zu 558mehr<br />
Antibiotika im Fleisch <strong>und</strong> zu weniger Tierschutz führen.<br />
aus: FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT, Seite 14<br />
Um mehrfach im Jahr säen zu können, macht<br />
Glyphosat die Böden immer wieder pflanzenfrei.<br />
aus: ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH, Seite 31<br />
58 350 000 Schweine 627 941 000 Hühner<br />
355<br />
13<br />
470<br />
450<br />
353<br />
15<br />
410<br />
2,525<br />
1<br />
11<br />
416<br />
5<br />
2<br />
727<br />
3<br />
8<br />
1,546<br />
487