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Fleischatlas 2014 - Daten und Fakten über Tiere als ... - Bund

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FLEISCHATLAS<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel <strong>2014</strong><br />

NEUE THEMEN


IMPRESSUM<br />

Der FLEISCHATLAS <strong>2014</strong> ist ein Kooperationsprojekt von<br />

Heinrich-Böll-Stiftung, B<strong>und</strong> für Umwelt- <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland<br />

<strong>und</strong> Le Monde diplomatique.<br />

Inhaltliche Leitung:<br />

Christine Chemnitz<br />

Reinhild Benning<br />

Projektmanagement: Dietmar Bartz<br />

Art Direktion <strong>und</strong> Herstellung: Ellen Stockmar<br />

Übersetzungen: Bettina von Arps-Aubert<br />

Textchefin: Elisabeth Schmidt-Landenberger<br />

Dokumentation <strong>und</strong> Schlussredaktion: Bernd Cornely, Stefan Mahlke<br />

Mit Originalbeiträgen von Michael Álvarez Kalverkamp, Wolfgang Bayer,<br />

Stanka Becheva, Reinhild Benning, Stephan Börnecke, Christine Chemnitz,<br />

Karen Hansen-Kuhn, Patrick Holden, Ursula Hudson, Annette Jensen, Evelyn Mathias,<br />

Heike Moldenhauer, Carlo Petrini, Tobias Reichert, Marcel Sebastian,<br />

Shefali Sharma, Ruth Shave, Ann Waters-Bayer, Kathy Jo Wetter, Sascha Zastiral<br />

V. i. S. d. P.: Annette Maennel, Heinrich-Böll-Stiftung<br />

1. Auflage, Januar <strong>2014</strong><br />

Produktionsplanung:<br />

Norman Nieß, taz Verlags- <strong>und</strong> Vertriebs GmbH<br />

Druck: möller druck, Ahrensfelde<br />

Klimaneutral gedruckt auf 100 % Recyclingpapier.<br />

Dieses Werk steht unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung –<br />

Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“ (CC BY-SA 3.0 DE). Der Text<br />

der Lizenz ist unter http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode<br />

abrufbar. Eine Zusammenfassung (kein Ersatz) ist unter<br />

http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/ nachzulesen.<br />

BESTELL- UND DOWNLOAD-ADRESSEN<br />

Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin, www.boell.de/fleischatlas<br />

B<strong>und</strong> für Umwelt- <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland/Versand, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, www.b<strong>und</strong>.net


FLEISCHATLAS<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />

<strong>2014</strong>


INHALT<br />

2<br />

6<br />

50<br />

IMPRESSUM<br />

VORWORTE<br />

ÜBER UNS<br />

8<br />

10<br />

12<br />

14<br />

16<br />

ELF KURZE LEKTIONEN<br />

UNERSÄTTLICHER WELTMARKT<br />

In Asien findet im Schnelldurchgang ein<br />

Wandel statt, den die Industrieländer<br />

längst hinter sich haben: Die Mittelschichten<br />

lösen eine Nachfrage aus, die mit<br />

dem Einsatz von Kapital <strong>und</strong> Technik bedient<br />

wird. Doch für Rinder ist jetzt weniger<br />

Platz <strong>als</strong> für Schweine <strong>und</strong> Hühner – vor allem<br />

aber boomen indische Büffel.<br />

KONZENTRATION – DIE ZUKUNFT<br />

DER GLOBALISIERTEN INDUSTRIE<br />

Größenvorteile senken die Erzeugerpreise<br />

<strong>und</strong> steigern den Umsatz. Mit Zukäufen<br />

von Unternehmen stoßen die weltweit<br />

aktiven Fleischkonzerne unter die Größten<br />

der Lebenmittelbranche vor. Jetzt<br />

schlägt die St<strong>und</strong>e der Banken, die auf<br />

Rohstoffmärkten spekulieren, Kredite<br />

anbieten <strong>und</strong> weitere Fusionen planen.<br />

FREIHÄNDLER WITTERN<br />

MORGENLUFT<br />

USA <strong>und</strong> EU verhandeln über ein neues<br />

Handelsabkommen. Die Wunschliste<br />

der Industriekonzerne ist lang. Amerikaner<br />

möchten europäische Schutzvorschriften<br />

gegen Hormone, Antibiotika <strong>und</strong><br />

Genmanipulationen aushebeln, Europas<br />

Fleischkonzerne hingegen endlich wieder<br />

Rindfleisch über den Atlanik verkaufen.<br />

ROSAROT IM KÜHLREGAL<br />

Supermärkte mit Kühltruhen <strong>und</strong><br />

Fast-Food-Ketten mit Qualitätsversprechen<br />

verändern das Einkaufen in den<br />

Städten der Boomländer. Die Städte wachsen<br />

so schnell, dass kleine Läden die<br />

Menschen nicht mehr versorgen können.<br />

Diese Aufgabe übernehmen<br />

kapit<strong>als</strong>tarke Lebensmittelketten.<br />

18<br />

20<br />

22<br />

24<br />

26<br />

IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT<br />

Das Töten von <strong>Tiere</strong>n zur Herstellung von<br />

Nahrungsmitteln ist hoch industrialisiert.<br />

Die Schlachthöfe der globalen<br />

Konzerne verfügen über unvorstellbare<br />

Kapazitäten <strong>und</strong> liegen fern der Städte –<br />

Konsumenten sehen keine Verbindung<br />

mehr zwischen einem lebenden<br />

Tier <strong>und</strong> einem eingeschweißten Filet.<br />

DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN<br />

Großbetriebe dominieren auch in<br />

Deutschland die Schlachthofbranche.<br />

Billiglöhne für die Leiharbeiter<br />

aus dem Osten der EU begünstigen weitere<br />

Investitionen der Konzerne. Doch<br />

gegen noch mehr Mast- <strong>und</strong> Schlachtanlagen<br />

regt sich Widerstand.<br />

TIERGENETIK: EINE HANDVOLL<br />

ARTEN FÜR DIE GANZE WELT<br />

Das Zuchtmaterial für die meisten <strong>Tiere</strong> in<br />

der industriellen Landwirtschaft<br />

stammt von einigen wenigen Firmen. Sie<br />

dominieren auch die Erforschung<br />

neuer Hochleistungsrassen. Dabei macht die<br />

zurückgehende genetische Vielfalt<br />

die Nutztiere anfälliger für Schädlinge,<br />

Krankheiten <strong>und</strong> Wetterextreme.<br />

HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN<br />

Hormonfleisch <strong>und</strong> -milch sollen in Europa<br />

wieder zugelassen werden – darum bemühen<br />

sich die USA seit mehr <strong>als</strong> 25 Jahren.<br />

Dabei sind in der EU nur Wachstums-, nicht<br />

aber Sexualhormone verboten.<br />

TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND<br />

Drei Viertel aller agrarischen Nutzflächen<br />

werden heute in irgendeiner Weise<br />

für die Tierfütterung beansprucht. Dabei<br />

wären sie effizienter für die Produktion<br />

menschlicher Nahrungsmittel zu verwenden.<br />

4<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


28<br />

30<br />

32<br />

34<br />

36<br />

SCHNITZEL, WÜRSTCHEN,<br />

GLYPHOSAT<br />

Was essen die <strong>Tiere</strong>, die wir essen? Wenn<br />

Fleisch, Milch <strong>und</strong> Eier Rückstände von<br />

Pestiziden, Herbiziden oder Medikamenten<br />

enthalten, nehmen wir diese Stoffe<br />

womöglich auch zu uns. Zwar schützen<br />

Gesetze vor den gefährlichsten Substanzen,<br />

aber sie bieten auch Schlupflöcher<br />

<strong>und</strong> ermöglichen Grauzonen, wie das<br />

Beispiel Glyphosat zeigt.<br />

ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH<br />

Die globale Nachfrage nach Tierfutter hat<br />

einen neuen Typ Farmer hervorgebracht<br />

<strong>und</strong> der Regierung in Buenos Aires<br />

enorme Steuereinnahmen verschafft. Der<br />

Strukturwandel in der Landwirtschaft<br />

hat soziale, ökologische <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Auswirkungen, die in der argentinischen<br />

Öffentlichkeit kaum diskutiert werden.<br />

HÜHNER – WELTWEITER<br />

STEIGFLUG IN DIE FABRIK<br />

In den Industrieländern, wo die<br />

Geflügelproduktion hoch industrialisiert<br />

ist, wird mittlerweile mehr Hühner<strong>als</strong><br />

Rindfleisch konsumiert. In Asien wird<br />

sich die Nachfrage vervielfachen.<br />

Hier endet die Zeit der Kleinproduzenten,<br />

Händler auf Fahrrädern <strong>und</strong><br />

Lebendvogelmärkte.<br />

DIE ZWEIFEL DER REICHEN<br />

In den Industrieländern scheint der<br />

Höhepunkt des Fleischbooms vorbei zu sein.<br />

Skandale haben die Konsumenten<br />

verunsichert, Informationen über die Folgen<br />

der Massentierhaltung sind weithin<br />

zugänglich. Aber Biofleisch bleibt für viele<br />

Menschen zu teuer, <strong>und</strong> neue<br />

Gütesiegel verwirren die Interessenten.<br />

DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE<br />

– VON RIO BIS SCHANGHAI<br />

Brasilien, Russland, Indien, China <strong>und</strong><br />

Südafrika – woher die <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong> ihr<br />

Futter kommen sollen, um den künftigen<br />

Fleischkonsum in den fünf „Brics“-Ländern<br />

zu decken, weiß heute noch niemand.<br />

38<br />

40<br />

42<br />

44<br />

46<br />

48<br />

URBANE TIERHALTUNG<br />

<strong>Tiere</strong> in der Stadt – für viele ein<br />

Widerspruch in sich. Gehören sie nicht aufs<br />

Land, jenseits von Lärm, Gestank <strong>und</strong><br />

Luftverschmutzung? Und doch sind gerade<br />

sie für viele ärmere Stadtbewohner<br />

eine wichtige Lebensgr<strong>und</strong>lage, denn<br />

sie liefern preiswertere Nahrung<br />

<strong>als</strong> ihre Artgenossen auf dem Lande.<br />

PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP<br />

Nomaden halten ihr Vieh auf Land, das<br />

für Nutzpflanzen ungeeignet ist. Sie<br />

produzieren große Mengen Nahrungsmittel<br />

<strong>und</strong> tragen zum Schutz der Natur<br />

bei. Aber sie erhalten zu wenig politische<br />

<strong>und</strong> rechtliche Unterstützung.<br />

Existenziell bedrohlich sind die<br />

Beschränkungen ihrer Wanderwirtschaft.<br />

GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT<br />

Bewusste Verbraucher in der reichen<br />

Welt erwarten Fleisch von hoher Qualität<br />

aus umweltfre<strong>und</strong>licher, artgerechter<br />

Produktion. Als bewusste Akteure<br />

im Nahrungsmittelsystem können sie auch<br />

„solidarische Landwirtschaft“ treiben.<br />

EINZELN UND GEMEINSAM TIERE,<br />

MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN<br />

Eine große Zahl von Organisationen<br />

<strong>und</strong> Netzwerken versucht naturgemäßere<br />

Agrarsysteme durchzusetzen.<br />

Individuelle Entscheidungen können<br />

zu anderen Arten der Ernährung führen.<br />

Am Ende entscheidet die Gesellschaft.<br />

EINE SINNVOLLE<br />

EU-AGRAR-POLITIK<br />

Jahrzehntelang hat die Gemeinsame<br />

Agrarpolitik (GAP) der Europäischen<br />

Union die landwirtschaftliche Produktion<br />

verzerrt. Zu langsam wird sie<br />

umweltbewusster. Aber es ist auch eine<br />

GAP vorstellbar, die aktiv für eine<br />

sozial <strong>und</strong> ökologisch vertretbare<br />

Viehwirtschaft eintritt.<br />

AUTOREN UND QUELLEN VON<br />

TEXTEN, KARTEN UND DATEN<br />

20 Themen<br />

<strong>und</strong> 60 Grafiken<br />

über die Folgen<br />

der industriellen<br />

Tierhaltung<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

5


VORWORTE<br />

F<br />

ragen Sie sich auch manchmal,<br />

woher die Steaks, Würstchen<br />

oder Burger kommen, die<br />

Sie gelegentlich verspeisen? Und selbst<br />

wenn Sie es wüssten, könnten Sie<br />

dann sagen, unter welchen Umständen<br />

<strong>und</strong> mit welchen Folgen das Fleisch<br />

für Ihre Mahlzeit produziert wurde?<br />

Nein? Das verw<strong>und</strong>ert nicht, denn<br />

darüber steht auch nichts auf den<br />

Verpackungen von Wurst <strong>und</strong> Fleisch<br />

in den Supermärkten.<br />

Woher <strong>als</strong>o sollen durchschnittlich<br />

informierte Konsumentinnen<br />

<strong>und</strong> Konsumenten wissen, dass ihr<br />

Fleischkonsum Auswirkungen<br />

r<strong>und</strong> um den Globus hat? Wer weiß<br />

schon, dass die massenhafte<br />

<strong>und</strong> global organisierte<br />

Fleischproduktion für die Abholzung<br />

des Amazonas-Regenwalds<br />

unmittelbar verantwortlich ist?<br />

Wer kennt die Auswirkungen<br />

unserer Agrarexporte auf Armut <strong>und</strong><br />

Hunger in Ländern wie Kamerun<br />

oder Ghana, auf Vertreibung<br />

<strong>und</strong> Migration, auf Klimawandel <strong>und</strong><br />

Artenvielfalt?<br />

Und wie kann das Menschenrecht<br />

auf Nahrung, dem sich fast alle Länder<br />

der Welt verpflichtet haben,<br />

überhaupt umgesetzt werden,<br />

wenn sich die Flächen für den<br />

Anbau von Futtermitteln in den<br />

Entwicklungsländern für den<br />

Fleischkonsum der reichen Staaten<br />

immer weiter ausdehnen?<br />

Globalisierte Agrarkonzerne auf<br />

der Jagd nach Anbauflächen<br />

tragen dazu bei, dass Bauern von<br />

ihrem Land vertrieben werden<br />

<strong>und</strong> so die Gr<strong>und</strong>lage ihrer<br />

Ernährungssicherheit verlieren.<br />

W<br />

ie soll außerdem das<br />

weltweit vereinbarte Ziel<br />

erreicht werden, den<br />

Verlust der biologischen Vielfalt<br />

bis zum Jahr 2020 zu bremsen? Die<br />

agrarindustrielle Bewirtschaftung<br />

verwandelt immer mehr artenreiche<br />

Wiesen in Mais- oder Soja-<br />

Monokulturen. Und die Gülle aus<br />

der Massentierhaltung trägt immer<br />

weiter zur Überdüngung bei<br />

<strong>und</strong> ist eine der Hauptursachen des<br />

Artensterbens.<br />

Die großen Agrarkonzerne<br />

versuchen, die negativen Auswirkungen<br />

der Fleischproduktion unter<br />

den Teppich zu kehren. Ihre Werbeversprechen<br />

suggerieren den<br />

Konsumenten das Bild einer<br />

heimatverb<strong>und</strong>enen <strong>und</strong> intakten<br />

bäuerlichen Tierhaltung – die Leiden<br />

der <strong>Tiere</strong>, ökologische Schäden<br />

oder sozial negative Auswirkungen<br />

Die Fleisch-<br />

Industrie will die<br />

negativen Seiten<br />

ihrer Produktion<br />

verbergen<br />

6<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


werden hingegen verheimlicht.<br />

Die Heinrich-Böll-Stiftung hat vor<br />

einem Jahr zusammen mit dem<br />

B<strong>und</strong> für Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz<br />

Deutschland (BUND) <strong>und</strong><br />

Le Monde diplomatique einen<br />

„<strong>Fleischatlas</strong>“ mit <strong>Daten</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Fakten</strong> veröffentlicht, der die globalen<br />

Zusammenhänge der Fleischerzeugung<br />

durchleuchtete. Jetzt,<br />

Anfang <strong>2014</strong>, veröffentlichen wir<br />

eine Fortsetzung, die erneut<br />

hinter die Kulissen der Schlachthöfe<br />

<strong>und</strong> der Fleischindustrie blickt.<br />

D<br />

er Einsatz von Hormonen, die<br />

Rolle der Fast-Food-Ketten,<br />

aber auch die neuen Fleischgroßkonsumenten<br />

wie China<br />

<strong>und</strong> Indien nehmen wir unter die Lupe.<br />

Und wir stellen die Frage, welche<br />

Auswirkungen das aktuell diskutierte<br />

„Freihandelsabkommen“ zwischen<br />

den USA <strong>und</strong> der EU für die Bauern,<br />

ihre Produkte <strong>und</strong> ihre <strong>Tiere</strong> hat.<br />

Weltweit haben es die<br />

Verbraucherinnen <strong>und</strong> Verbraucher<br />

satt, von der Agrarindustrie<br />

für dumm verkauft zu werden.<br />

Anstatt – wie in der EU <strong>und</strong> den USA<br />

üblich – die Massentierhaltung<br />

mit öffentlichen Geldern zu<br />

fördern, verlangen sie vernünftige<br />

politische Rahmenbedingungen<br />

für eine ökologische, soziale<br />

<strong>und</strong> ethisch vertretbare<br />

Landwirtschaft. Deshalb ist es der<br />

Heinrich-Böll-Stiftung <strong>und</strong><br />

dem BUND so wichtig, über die<br />

negativen Auswirkungen<br />

der Fleischproduktion zu informieren<br />

<strong>und</strong> Alternativen aufzuzeigen.<br />

Jede <strong>und</strong> jeder soll selbst entscheiden<br />

können, was sie oder er essen<br />

möchte. „Konsum in Verantwortung“<br />

wird von immer mehr Menschen<br />

gefordert. Dafür benötigen<br />

sie umfangreiche Informationen.<br />

Wir hoffen, dass wir mit diesem<br />

„<strong>Fleischatlas</strong> <strong>2014</strong>“ einen Beitrag<br />

dazu leisten.<br />

Barbara Unmüßig<br />

Heinrich-Böll-Stiftung<br />

Hubert Weiger<br />

B<strong>und</strong> für Umwelt <strong>und</strong><br />

Naturschutz Deutschland<br />

I<br />

ch will mir mein saftiges Steak<br />

nicht madig machen lassen!<br />

Die Lebensmittelkonzerne diktieren<br />

doch sowieso die internationale<br />

Agrarpolitik! – Mit derartigen Aussagen<br />

schleichen wir uns aus der<br />

Verantwortung <strong>und</strong> rechtfertigen den<br />

gleichgültigen Konsum von<br />

<strong>Tiere</strong>n. Aber das Unbehagen bleibt.<br />

Wir wollen es genauer wissen,<br />

informieren uns, lesen kritische<br />

Zeitungsartikel, erkennen<br />

Zusammenhänge <strong>und</strong> engagieren uns –<br />

weil wir etwas verändern wollen.<br />

Soll „Konsum<br />

in Verantwortung“<br />

funktionieren,<br />

benötigt er viel<br />

Information<br />

Barbara Bauer<br />

Le Monde diplomatique<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

7


ELF KURZE LEKTIONEN<br />

ÜBER FLEISCH UND DIE WELT<br />

1<br />

ERNÄHRUNG IST NICHT<br />

NUR PRIVATSACHE. Sie hat ganz<br />

konkrete Auswirkungen auf das<br />

Leben der Menschen in allen Ländern,<br />

an die wir häufig nicht denken,<br />

wenn wir ein Stück Fleisch essen. Auf<br />

die Umwelt, die biologische<br />

Vielfalt <strong>und</strong> das Klima. Auch bei uns.<br />

2<br />

Wasser, Wald, Landnutzung, Klima <strong>und</strong> Biodiversität:<br />

DIE UMWELT LIESSE SICH DURCH EINEN<br />

GERINGEREN FLEISCHKONSUM UND EINE<br />

ANDERE ART DER Produktion leicht schützen.<br />

HOHER FLEISCHKONSUM<br />

FÜHRT ZU EINER<br />

INDUSTRIALISIERTEN<br />

LANDWIRTSCHAFT.<br />

Nur einige wenige<br />

internationale<br />

Konzerne profitieren<br />

von ihr <strong>und</strong> bauen<br />

ihre Marktmacht<br />

immer weiter aus.<br />

4<br />

3<br />

Die globale Mittelschicht isst zu viel Fleisch.<br />

NICHT NUR IN AMERIKA UND<br />

EUROPA, SONDERN ZUNEHMEND<br />

AUCH IN CHINA, INDIEN <strong>und</strong><br />

anderen Boomländern.<br />

5<br />

Der Konsum verändert sich. Vor allem<br />

STÄDTER ESSEN IMMER MEHR<br />

FLEISCH. Bevölkerungswachstum<br />

spielt dabei eine untergeordnete Rolle.<br />

8<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Kein landwirtschaftlicher<br />

Teilbereich ist so stark<br />

international verflochten,<br />

produziert so massenhaft<br />

<strong>und</strong> wächst gleichzeitig so stark<br />

wie die Geflügelproduktion –<br />

SEHR ZUM LEIDWESEN<br />

DER TIERE, DER KLEINEN<br />

PRODUZENTEN UND DER<br />

UMWELT.<br />

6<br />

7<br />

INTENSIVE FLEISCHPRODUKTION<br />

KANN KRANK MACHEN – nicht nur<br />

durch den Gebrauch von Antibiotika <strong>und</strong><br />

Hormonen, sondern auch<br />

durch den exzessiven<br />

Einsatz von Pflanzenschutzmitteln<br />

in der<br />

Futterproduktion.<br />

Urbane <strong>und</strong> bäuerliche Tierhaltung<br />

können ARMUT LINDERN, FÜR<br />

GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT<br />

UND EINE GESUNDE ERNÄHRUNG<br />

sorgen – nicht nur im globalen Süden.<br />

10<br />

Alternativen gibt es: Viele<br />

zertifizierte Produktionen des<br />

ökologischen Landbaus zeigen, WIE EINE<br />

ANDERE FLEISCHPRODUKTION<br />

AUSSEHEN KÖNNTE, die die Umwelt<br />

<strong>und</strong> die menschliche Ges<strong>und</strong>heit schützt<br />

<strong>und</strong> annehmbare Lebensbedingungen<br />

für <strong>Tiere</strong> garantiert.<br />

8<br />

9<br />

FLEISCHKONSUM MUSS KEIN<br />

KLIMA- UND UMWELTKILLER SEIN.<br />

Im Gegenteil. Wenn <strong>Tiere</strong> auf Weiden<br />

artgerecht <strong>und</strong> in passender Zahl<br />

gehalten werden, kann das sogar vorteilhaft<br />

für Klima <strong>und</strong> Umwelt sein.<br />

11<br />

WANDEL IST MÖGLICH.<br />

Entgegen der Behauptung, dass<br />

sich die Gewohnheiten beim<br />

Fleischkonsum nicht ändern werden,<br />

gibt es inzwischen viele Menschen,<br />

die es nicht <strong>als</strong> Verzicht empfinden,<br />

kein oder wenig Fleisch zu essen,<br />

<strong>und</strong> die eine ges<strong>und</strong>e Ernährung<br />

<strong>und</strong> einen verantwortungsvollen<br />

Konsum <strong>als</strong> modernen Lebensstil<br />

empfinden.<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

9


UNERSÄTTLICHER WELTMARKT<br />

In Asien findet im Schnelldurchgang ein Wandel statt, den die Industrieländer<br />

längst hinter sich haben: Die Mittelschichten lösen eine Nachfrage aus, die mit dem<br />

Einsatz von Kapital <strong>und</strong> Technik bedient wird. Für Rinder ist jetzt weniger Platz <strong>als</strong><br />

für Schweine <strong>und</strong> Hühner – vor allem aber boomen indische Büffel.<br />

Exportieren<br />

kann nur, wer die<br />

Qualitätsansprüche<br />

der Abnehmerländer<br />

erfüllt<br />

D<br />

ie weltweite Nachfrage nach Fleisch steigt<br />

in den Regionen der Welt ganz unterschiedlich.<br />

In Europa <strong>und</strong> den USA, den traditionell<br />

großen Fleischproduzenten des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

nimmt der Konsum nur noch langsam zu<br />

oder stagniert sogar. Auf die zumeist asiatischen<br />

Boomländer werden hingegen bis 2022 r<strong>und</strong><br />

80 Prozent des Wachstums im Fleischsektor entfallen.<br />

Das größte Wachstum wird aufgr<strong>und</strong> der<br />

immensen Nachfrage der neuen Mittelschichten<br />

in China <strong>und</strong> Indien stattfinden.<br />

In China werden heute noch mehr <strong>als</strong> 50 Prozent<br />

der Schweine in kleinbäuerlichen Betrieben<br />

produziert. Das wird ohne Gegensteuern nicht<br />

mehr lange so bleiben. Die gleichen technik<strong>und</strong><br />

kapitalintensiven Prozesse, die die Tierproduktion<br />

des Nordens dominieren, wachsen<br />

in die lukrativen Märkte des Südens hinein, zugleich<br />

integriert in globale Wertschöpfungsketten.<br />

Dies bedeutet, dass bald auch in den Boomländern,<br />

wenn ein Ferkel geboren wird, schon<br />

feststeht, in welcher Stadt <strong>und</strong> in welchem Supermarkt<br />

mit welcher Werbung sechs Monate später<br />

die Filets zu kaufen sein werden.<br />

Dabei sind die Rahmenbedingungen der Produktion<br />

heute gr<strong>und</strong>legend anders <strong>als</strong> früher.<br />

Die industrielle Tierhaltung in Europa <strong>und</strong> den<br />

USA hatte sich noch mit geringen Futterpreisen,<br />

niedrigen Energiekosten <strong>und</strong> billigem Land etabliert.<br />

Heute sind Agrarflächen, Futter <strong>und</strong> Energie<br />

knapp <strong>und</strong> die Kosten hoch. Daher steigt die<br />

Gesamtproduktion von Fleisch weniger stark <strong>als</strong><br />

noch in den letzten Dekaden. Nur bei Schweinen<br />

<strong>und</strong> Geflügel wächst der Markt. Beide Tierarten<br />

verwerten das Futter gut <strong>und</strong> können auf engem<br />

Raum gehalten werden. Damit befriedigen sie die<br />

unersättliche Nachfrage nach billigem Fleisch.<br />

Bis 2022 wird fast die Hälfte des zusätzlich konsumierten<br />

Fleischs Geflügel sein.<br />

Die Produktion von Rindfleisch hingegen<br />

wächst kaum. Die USA bleiben mit 11 Millionen<br />

Tonnen der größte Rindfleischproduzent der<br />

Welt. Dennoch beschreibt die Fleischindustrie die<br />

Lage <strong>als</strong> dramatisch schlecht. Für 2013 rechnet sie<br />

mit einem Rückgang von 4 bis 6 Prozent im Vergleich<br />

zum Vorjahr <strong>und</strong> sieht diesen Trend auch<br />

im Jahr <strong>2014</strong>. In anderen traditionellen Erzeugerregionen<br />

– Brasilien, Kanada, Europa – stagniert<br />

oder sinkt die Produktion.<br />

Das Land der St<strong>und</strong>e hingegen ist Indien – dank<br />

der Produktion von Büffelfleisch. Dessen Wachstum<br />

hat sich zwischen 2010 <strong>und</strong> 2013 fast verdoppelt,<br />

<strong>und</strong> Indien drängt damit auf den Weltmarkt:<br />

25 Prozent des dort gehandelten Rindfleisches<br />

stammt inzwischen vom Subkontinent. Seit 2012<br />

ist Indien – knapp vor Brasilien – der größte Exporteur<br />

von Rindfleisch, wenn man Büffel darunter<br />

mitversteht. Büffel sind kostengünstig zu halten,<br />

weshalb der Kilopreis in der Erzeugung um mehr<br />

<strong>als</strong> einen Dollar unter dem von Rindfleisch liegt.<br />

Zudem hat die indische Regierung viel Geld in<br />

Schlachthäuser investiert. Hinzu kommen die<br />

hohen Preise für Futtermittel; deren Erlöse lassen<br />

brasilianische Farmer von Rinder- auf Sojaproduktion<br />

umsteigen. So werden, wenn auch noch auf<br />

niedrigem Niveau, Marktanteile frei, die die indischen<br />

Exporteure übernehmen.<br />

In Afrika wird ebenfalls mehr Fleisch gegessen,<br />

wenn auch weder die Nachfrage noch das Angebot<br />

so wächst wie in anderen Teilen der Welt.<br />

Produktion<br />

Handel<br />

Handel<br />

Verbrauch<br />

Weltweit, Prognose für 2013,<br />

in Millionen Tonnen<br />

FAO<br />

Weltweit, Prognose für 2013,<br />

in Millionen Tonnen<br />

FAO<br />

Weltweit, Prognose für 2013,<br />

in Prozent<br />

FAO<br />

Weltweit, pro Kopf, Prognose<br />

2013, Kilogramm/Jahr<br />

FAO<br />

13,8<br />

0,9 9,9<br />

68,1<br />

8,6<br />

7,2<br />

114,2 308,2 30,2 100<br />

33,3<br />

43,1<br />

106,4<br />

13,3<br />

9,.1<br />

79,3<br />

Rind, Kalb<br />

Geflügel<br />

Schwein andere<br />

Schaf, Ziege<br />

Rind, Kalb<br />

Geflügel<br />

Schwein andere<br />

Schaf, Ziege<br />

Verbrauch im Inland<br />

Export<br />

entwickelte Länder<br />

Entwicklungsländer<br />

weltweit<br />

10<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Globale Fleischproduktion<br />

11,4<br />

10,2<br />

1,8<br />

19,2<br />

USA<br />

1,2<br />

2,8<br />

0,1<br />

Mexiko<br />

Chile<br />

23,0<br />

3,2<br />

2,1<br />

2,5<br />

12,4<br />

0,6<br />

1,7<br />

0,2<br />

1,4<br />

0,4 0,9<br />

8,1<br />

1,2 Russland<br />

0,1<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,2<br />

Kanada<br />

2,6<br />

0,3<br />

1,8<br />

9,7<br />

0,1<br />

Argentinien<br />

3,3<br />

13,1<br />

Brasilien<br />

0,5<br />

0,1<br />

Uruguay<br />

0,1<br />

EU<br />

0,3<br />

0,2<br />

Algerien<br />

1,0<br />

0,2<br />

0,3<br />

0,9 1,5<br />

0,2<br />

Südafrika<br />

Ukraine<br />

1,6<br />

0,3 0,4<br />

Millionen Tonnen, Durchschnitt 2010-<br />

2012, Angaben für 2012 sind geschätzt<br />

1,7<br />

0,5<br />

Türkei<br />

Iran 2,9 2,9<br />

0,8<br />

0,5<br />

0,3<br />

0,9<br />

0,7 0,1 Saudi-Arabien<br />

Indien<br />

Ägypten<br />

1,5 0,8<br />

0,5<br />

Pakistan<br />

0,2<br />

6,5<br />

0,2<br />

0,2<br />

Bangladesch<br />

Rind, Kalb<br />

Schwein<br />

Geflügel<br />

Schaf, Ziege<br />

50,4<br />

17,1<br />

China<br />

4,1<br />

1,5<br />

0,2<br />

Malaysia<br />

0,3<br />

1,0<br />

0,7<br />

Südkorea<br />

1,3<br />

0,5<br />

1,7<br />

0,7<br />

0,5 0,1<br />

Indonesien<br />

2,1<br />

1,0<br />

0,3<br />

0,6<br />

Australien<br />

0,6<br />

1,4<br />

Japan<br />

0,5<br />

0,2<br />

Neuseeland<br />

FAO<br />

Vielerorts hat in den letzten zehn Jahren die Produktion<br />

angezogen, überproportional in bevölkerungsreichen<br />

Ländern wie Südafrika, Ägypten,<br />

Nigeria, Marokko <strong>und</strong> Äthiopien. Pro Kopf liegt<br />

der Kontinent mit 20 Kilogramm im Jahr unter<br />

dem weltweiten Durchschnitt. Zugenommen hat<br />

der Import von preiswerten Geflügelteilen, oft auf<br />

Kosten heimischer Erzeuger.<br />

Der internationale Fleischhandel nimmt<br />

schnell zu, allein in den letzten zehn Jahren um<br />

40 Prozent. Heute dominieren noch die Industrieländer<br />

den Weltmarkt, doch sein Wachstum wird<br />

inzwischen von den Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländern<br />

bestimmt. Noch geht nur ein Zehntel<br />

des Fleisches in den Handel. Denn exportieren<br />

kann nur, wer den Qualitätsansprüchen in den<br />

Abnehmerländern entspricht <strong>und</strong> dies auch nachweisen<br />

kann. Die Angst vor Tierkrankheiten wie<br />

BSE, Maul- <strong>und</strong> Klauenseuche oder Vogelgrippe<br />

ist groß. Der zeitweilige Zusammenbruch der Geflügelmärkte<br />

in Südostasien <strong>und</strong> der vollständige<br />

Kollaps der britischen Rindfleischexporte haben<br />

gezeigt, wie internationale Handelsströme innerhalb<br />

kürzester Zeit versiegen können.<br />

Kleinere <strong>Tiere</strong>, größere Mengen<br />

Stabile Preise nur ohne Spekulanten<br />

Trends der Fleischerzeugung, in Millionen Tonnen<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Rind, Kalb<br />

Geflügel<br />

Schwein<br />

Schaf, Ziege<br />

0<br />

1995 1999 2003 2007 2011 2015 2019<br />

2021<br />

OECD/FAO<br />

Reale Fleischpreise, 2005–2021, Dollar pro Tonne<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

Rind, Kalb<br />

Geflügel<br />

Schwein<br />

Schaf, Ziege<br />

0<br />

1991 1996 2001 2006 2011 2016 2021<br />

OECD/FAO<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

11


KONZENTRATION – DIE ZUKUNFT<br />

DER GLOBALISIERTEN INDUSTRIE<br />

Die Größenvorteile der Fleischkonzerne senken die Erzeugerpreise <strong>und</strong> steigern<br />

ihre Marktmacht. Mit Zukäufen von Unternehmen stoßen sie unter die Größten<br />

der Lebenmittelbranche vor. Jetzt schlägt die St<strong>und</strong>e der Banken, die auf<br />

Rohstoffmärkten spekulieren, Kredite anbieten <strong>und</strong> weitere Fusionen planen.<br />

Hohe Schulden<br />

der Fleischkonzerne<br />

sorgen für immer<br />

neue Eigentümer-<br />

Wechsel<br />

I<br />

m September 2013 erwarb Shuanghui International<br />

Holdings, Hauptaktionär von Chinas<br />

größtem Fleischverarbeiter, den weltgrößten<br />

Schweinefleischproduzenten: das US-amerikanische<br />

Unternehmen Smithfield Foods. Der Gesamtpreis<br />

der Übernahme lag bei 7,1 Milliarden<br />

Dollar, darunter 2,4 Milliarden Dollar Schulden.<br />

Dieser Verkauf steht für eine Umstrukturierung,<br />

die sich weltweit über Ländergrenzen hinweg<br />

beobachten lässt. Investitionen sind keine Einbahnstraße<br />

mehr. Firmenkäufer kommen jetzt<br />

auch aus dem globalen Süden <strong>und</strong> werden im<br />

Norden fündig.<br />

JBS, ein Rindfleischunternehmen aus Brasilien,<br />

wurde mit dem Kauf mehrerer Fleischunternehmen<br />

in den USA, Australien <strong>und</strong> Europa<br />

sowie im eigenen Land Ende der 2000er Jahre zum<br />

weltweit größten Produzenten von Rindfleisch.<br />

Seit er im Sommer 2013 vom kleineren Konkurrenten<br />

Marfrig, seinerseits mit 4,7 Milliarden<br />

Dollar verschuldet, für 2,5 bis 3 Milliarden Dollar<br />

dessen Firmentochter Seara übernommen hat,<br />

ist JBS auch der weltgrößte Geflügelproduzent.<br />

Der weit verzweigte Konzern gehört inzwischen<br />

sogar zu den zehn führenden internationalen<br />

Lebensmittel- <strong>und</strong> Getränkekonzernen <strong>und</strong> setzt<br />

mit Lebensmitteln mehr um <strong>als</strong> Unilever, Cargill<br />

<strong>und</strong> Danone. Nicht sinnlich vorstellbar sind<br />

JBS’ Schlachtkapazitäten: 85.000 Rinder, 70.000<br />

Schweine <strong>und</strong> 12 Millionen Vögel – <strong>und</strong> zwar täglich.<br />

Sobald das Fleisch vom Knochen getrennt ist,<br />

wird es in 150 Länder ausgeliefert.<br />

Da die Gewinnmargen in der Fleischindustrie<br />

gering sind, jagen die Unternehmen Größenvorteilen<br />

hinterher: Sie versuchen die Produktion<br />

durch mehr Effizienz <strong>und</strong> zu geringeren Kosten<br />

zu steigern. Dies führt zu einer doppelten Konzentration.<br />

Einerseits werden Unternehmen durch<br />

Fusionen <strong>und</strong> Übernahmen immer größer <strong>und</strong><br />

expandieren über Grenzen <strong>und</strong> Arten hinweg.<br />

Andererseits nimmt die Intensität der Fleischproduktion<br />

zu, indem mehr <strong>Tiere</strong> gehalten <strong>und</strong><br />

schneller <strong>und</strong> mit weniger Abfall verarbeitet werden.<br />

Einige Analysten weisen jedoch darauf hin,<br />

dass das Fleischgeschäft von Natur aus riskant ist:<br />

Auch wenn man weiß, wie Rinder gezüchtet, geschlachtet,<br />

verarbeitet <strong>und</strong> transportiert werden,<br />

bedeutet das nicht automatisch, dass man auch<br />

Geflügelgroßbetriebe führen kann.<br />

Schwankende Dünger- <strong>und</strong> Futtermittelpreise<br />

verschärfen das finanzielle Risiko. Höherpreisige<br />

Tierfuttermittel treiben die Produktionskosten<br />

in die Höhe, senken die Gewinne <strong>und</strong> verschieben<br />

die Nachfrage. Hinzu kommen spekulative<br />

Marktmanipulationen, die zu Preissprüngen<br />

führen. Zudem verknappt der Anbau von Pflanzen,<br />

die zu Agrokraftstoffen verarbeitet werden,<br />

das verfügbare Land. Insgesamt ein Geschäft wie<br />

Weltmarktpreise für Fleischarten im Vergleich<br />

Milchprodukte werden teuer<br />

Indizes, 2002–2004 = 100<br />

FAO<br />

Indizes, 2002–2004 = 100<br />

FAO<br />

Rind, Kalb<br />

Geflügel<br />

Schwein<br />

Schaf, Ziege<br />

FAO<br />

220<br />

220<br />

190<br />

190<br />

160<br />

130<br />

100<br />

160<br />

130<br />

100<br />

Fleisch<br />

Milchprodukte<br />

Lebensmittel<br />

70<br />

70<br />

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2006 2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />

12<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Die Top 10 der Branche<br />

Konzerne nach Lebensmittelumsätzen (2011–13),<br />

Milliarden Dollar<br />

Cargill<br />

33<br />

3<br />

Tyson Foods<br />

13<br />

Smithfield Foods<br />

7<br />

8 Hormel Foods<br />

10<br />

2<br />

TysonFood.<br />

Gegründet 1935; Umsatz<br />

2012: 33,3 Milliarden Dollar.<br />

Weltgrößter Fleischhersteller<br />

<strong>und</strong> zweitgrößter Verarbeiter<br />

von Hühnern, Rindern <strong>und</strong><br />

Schweinen<br />

2<br />

3<br />

Cargill. Gegründet 1865,<br />

Familienunternehmen.<br />

Weltumsatz 2013: 32,5 Milliarden<br />

Dollar. Hält in den USA einen<br />

Marktanteil von 22 Prozent<br />

bei Fleischprodukten, in<br />

Argentinien größter<br />

33<br />

Exporteur<br />

10<br />

Hormel Foods.<br />

Gegründet 1891; Umsatz 2012:<br />

8,2 Milliarden Dollar.<br />

40 Betriebe <strong>und</strong> Verteilerzentren,<br />

Ausrichtung auf „ethnic food“<br />

(z. B. mexikanisch,<br />

asiatisch)<br />

15<br />

BRF<br />

13 1<br />

4<br />

Marfrig<br />

8<br />

7<br />

Smithfield Foods.<br />

Gegründet 1936; Umsatz 2012:<br />

13,1 Milliarden Dollar. Größter<br />

Produzent <strong>und</strong> Verarbeiter von<br />

Schweinefleisch in den USA.<br />

Mit Milliardenschulden 2013 an<br />

die halb so große chinesische<br />

Shuanghui-Gruppe<br />

verkauft<br />

13 10 Danish Crown AmbA<br />

Vion<br />

9<br />

5<br />

5<br />

JBS<br />

37<br />

4<br />

BRF. 2009 <strong>als</strong> Brasil Foods<br />

aus der Fusion von Sadia<br />

<strong>und</strong> Perdigão entstanden.<br />

Umsatz 2012: 14,9 Milliarden<br />

Dollar. 60 Fabriken in<br />

Brasilien, Vertretungen in<br />

110 Ländern<br />

1<br />

JBS. Gegründet 1953;<br />

Umsatz 2012: 38,7 Milliarden<br />

Dollar. Weltgrößter Fleischverarbeiter,<br />

weltgrößte Schlachtkapazitäten.<br />

Übernahm kürzlich von Smithfield<br />

Foods die Rindfleischsparte <strong>und</strong><br />

von Malfrig Geflügel- <strong>und</strong><br />

Vion. 2003 aus mehreren<br />

Fusionen entstanden.<br />

Umsatz 2011:<br />

13,2 Milliarden Dollar. Größter<br />

Schweinefleischverarbeiter<br />

Europas, enormes Wachstum.<br />

2002: 1 Milliarde Dollar<br />

(Vorläuferfirmen)<br />

Schweinebetriebe<br />

8<br />

Marfrig. 2000 aus mehreren<br />

Fusionen entstanden.<br />

Umsatz 2012: 12,8 Milliarden Dollar.<br />

Niederlassungen in 22 Ländern.<br />

Viertgrößter Rindfleischproduzent<br />

der Welt. Verkaufte 2013<br />

seine Geflügel- <strong>und</strong> Schweinebetriebe<br />

an JBS<br />

9<br />

Danish Crown AmbA.<br />

1998 aus mehreren Fusionen<br />

entstanden. Umsätze 2012:<br />

10,3 Milliarden Dollar. Hauptniederlassungen<br />

in USA, Polen<br />

<strong>und</strong> Schweden, Europas größter<br />

Fleischproduzent, weltgrößter<br />

Schweineexporteur<br />

13<br />

Nippon Meat Packers<br />

6<br />

Nippon Meat Packers.<br />

Gegründet 1949;<br />

Umsatz 2013: 12,8 Milliarden<br />

Dollar. Bekann <strong>als</strong> „Nippon<br />

Ham“. Betriebe an 59 Standorten<br />

in 12 Ländern, meist in<br />

Asien <strong>und</strong> Australien<br />

LEATHERHEAD/ETC<br />

6<br />

geschaffen für Investmentbanker. Tatsächlich<br />

hat die Wall-Street-Firma Goldman Sachs den<br />

Shuanghui-Smithfield-Deal auf unterschiedliche<br />

Art <strong>und</strong> Weise eingefädelt <strong>und</strong> abgewickelt. Es<br />

wurde von Smithfield mit der Beratung über potenzielle<br />

Verkäufer beauftragt, hält selbst einen<br />

fünfprozentigen Anteil an Shuanghui <strong>und</strong> ist<br />

Großhändler von Rohstoffen: 2012 erwirtschaftete<br />

Goldman Sachs damit r<strong>und</strong> 1,25 Milliarden Dollar,<br />

davon 400 Millionen im Food-Bereich.<br />

Die doppelte Konzentration in der Fleischindustrie<br />

– Expansion der Unternehmen, Intensivierung<br />

der Produktion – lässt kleineren<br />

Produzenten kaum eine Überlebenschance. Die<br />

multinationalen Strukturen vernichten eine<br />

Einkommensquelle der Armen <strong>und</strong> schränken<br />

gleichzeitig die Produktauswahl für die Verbraucher<br />

ein. Die Größenvorteile versprechen Aktionären<br />

<strong>und</strong> anderen Kapitalgebern höhere Gewinne.<br />

Effizienz birgt aber auch Gefahren. Wo enden<br />

die Größenvorteile, wenn heutzutage bereits bis<br />

zu 100.000 <strong>Tiere</strong> zugleich gemästet werden können?<br />

Solche Betriebsgrößen gibt es in den USA bereits.<br />

Die Logistik ist heute noch beherrschbar, jedoch<br />

gilt: je größer das System, desto anfälliger.<br />

In der Intensivhaltung breiten sich Krankheitserreger<br />

schneller <strong>und</strong> leichter von einem Tier<br />

auf das nächste aus, sowohl im Stall wie beim<br />

Transport. Das Gleiche gilt für die Schlachthöfe,<br />

da die Geschwindigkeit der Verarbeitung<br />

zunimmt. Außerdem funktioniert das System im<br />

Falle einer Katastrophe, etwa einer weitflächigen<br />

Überschwemmung, nicht mehr. Und wenn die<br />

Verbrauchernachfrage sinkt, droht Unternehmen<br />

mit knappen Reserven der Bankrott. Das wiederum<br />

macht Versicherungsunternehmen mit maßgeschneiderten<br />

Risikobewertungen zu wichtigen<br />

Spielern im modernen Fleischgeschäft.<br />

Je größer<br />

das System der<br />

Fleischerzeugung,<br />

umso anfälliger<br />

wird es<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

13


FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT<br />

USA <strong>und</strong> EU verhandeln über ein neues Handelsabkommen. Die Wunschliste der<br />

Industriekonzerne ist lang. Amerikaner möchten europäische Schutzvorschriften<br />

gegen Hormone, Antibiotika <strong>und</strong> Genmanipulationen aushebeln, Europas<br />

Fleischkonzerne hingegen wollen mehr Rindfleisch über den Atlantik verkaufen.<br />

Beamte<br />

verhandeln heimlich<br />

über neue Grenzwerte<br />

für Chemikalien<br />

im Fleisch<br />

I<br />

n der Europäischen Union basieren die Vorschriften<br />

für die Sicherheit von Nahrungsmitteln<br />

<strong>und</strong> Chemikalien auf dem Vorsorgeprinzip.<br />

Dieser Gr<strong>und</strong>pfeiler europäischen Rechts<br />

ermöglicht es der EU, alle Einfuhren, die ein potenzielles<br />

Risiko für Mensch oder Umwelt darstellen,<br />

so lange zu beschränken, bis gesicherte<br />

wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen – importiert<br />

werden darf nur, was nachweisbar<br />

ungefährlich ist. In den Vereinigten Staaten<br />

hingegen ist es umgekehrt – exportiert werden<br />

darf alles, was nicht nachweisbar gefährlich ist.<br />

Derartige Entscheidungen erfolgen mittels einer<br />

Kosten-Nutzen-Analyse der Risiken <strong>und</strong> mit <strong>Daten</strong>,<br />

die <strong>als</strong> „belastbare wissenschaftliche <strong>Fakten</strong>“<br />

gelten – <strong>und</strong> die etwa im Fall der Unbedenklichkeitserklärung<br />

für gentechnisch modifizierte Organismen<br />

direkt von der Industrie kamen.<br />

Ungeachtet solcher erheblichen Unterschiede<br />

begannen EU <strong>und</strong> USA 2013 mit Verhandlungen<br />

über eine Transatlantische Handels- <strong>und</strong> Investitionspartnerschaft<br />

(Transatlantic Trade and Investment<br />

Partnership, TTIP), mit der ein Transatlantisches<br />

Freihandelsabkommen (Trans-Atlantic Free<br />

Trade Agreement, TAFTA) entstehen soll. Als Maßnahme<br />

zur Stützung der schwächelnden Wirtschaft<br />

beider Regionen gedacht, könnte dieser<br />

Vertrag das größte bilaterale Freihandelsabkommen<br />

in der Geschichte werden. Auf beiden Seiten<br />

des Atlantiks drängen jetzt einflussreiche Interessengruppen,<br />

darunter der Landwirtschafts-,<br />

Futtermittel- <strong>und</strong> Chemiesektor, auf ein Abkommen,<br />

das Handelsschranken für landwirtschaftliche<br />

Erzeugnisse einschließlich Fleischprodukten<br />

abbaut. Ein derartiger Vertrag könnte drastische<br />

Änderungen beim Einsatz von Antibiotika in der<br />

Fleischproduktion, bei der Zulassung von genetisch<br />

veränderten Organismen, für den Tierschutz<br />

<strong>und</strong> andere Bereiche mit sich bringen. Die<br />

Industrie wird bestrebt sein, im Interesse einer<br />

Ausdehnung ihrer Märkte die jeweils niedrigsten<br />

Standards auch auf der Gegenseite zuzulassen.<br />

Beispielhaft dafür ist Ractopamin, das in den<br />

Vereinigten Staaten <strong>als</strong> Futterzusatz zur Steigerung<br />

der Produktion mageren Schweine- <strong>und</strong><br />

Rindfleischs eingesetzt wird. Sein Einsatz ist in<br />

160 Staaten, darunter auch der EU, verboten,<br />

denn es gibt keine unabhängigen wissenschaft-<br />

Gewinner <strong>und</strong> Verlierer der transatlantischen Handelsgespräche<br />

Mögliche Zu- <strong>und</strong> Abnahmen des realen Pro-Kopf-Einkommens durch stärkeren Wettbewerb, in Prozent. Unterstellt ist der<br />

Wegfall aller Zölle <strong>und</strong> Einfuhrverbote von EU <strong>und</strong> USA, ohne dass sich die Handelsvorschriften anderer Staaten anpassen.<br />

IFO<br />

13,4<br />

USA<br />

Kanada<br />

-9,5<br />

6,9<br />

Irland<br />

9,7<br />

GB<br />

7,3<br />

Schweden 6,2<br />

Finnland<br />

6,6<br />

Spanien<br />

Mexiko<br />

-7,2<br />

-9,5 bis -6,1<br />

-6,0 bis -3,1<br />

-3,0 bis 0,0<br />

0,1 bis 3,0<br />

3,1 bis 6,0<br />

6,1 bis 13,4<br />

keine Angaben<br />

Australien<br />

-7,4<br />

14<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Fleischhandel zwischen den USA <strong>und</strong> der EU<br />

Im- <strong>und</strong> Exporte, Millionen Dollar<br />

2010 2011 2012<br />

Gesamter<br />

Fleischhandel<br />

USA<br />

Rind, Kalb<br />

Geflügel, Eier<br />

lichen Studien, die etwas über die Folgen für die<br />

menschliche Ges<strong>und</strong>heit aussagen könnten. Den<br />

USA ist es derzeit nicht gestattet, Fleisch von mit<br />

Ractopamin behandeltem Vieh in die EU zu exportieren.<br />

Amerikanische Agrarkonzerne <strong>und</strong><br />

fleischverarbeitende Unternehmen fordern, dass<br />

die EU dieses Verbot aufhebt <strong>und</strong> das Thema in<br />

die TTIP-Verhandlungen aufnimmt.<br />

Nach mehreren Jahren relativer Ruhe wurde<br />

auch ein alter Handelsstreit neu belebt. Im Rahmen<br />

des TTIP versuchen die USA jetzt wieder, eine<br />

Zulassung von Peroxysäure zu erhalten. Dieser<br />

antimikrobiell wirksame Stoff wird in den USA<br />

verbreitet zur Desinfektion von Rohgeflügel nach<br />

dem Schlachten eingesetzt. Die EU, in der Geflügel<br />

ausschließlich mit heißem Wasser gereinigt<br />

werden darf, betrachtet den Einsatz von Peroxysäure<br />

<strong>als</strong> Verstoß gegen das Konzept „Vom Erzeuger<br />

zum Verbraucher“ <strong>und</strong> vom damit verb<strong>und</strong>enen<br />

möglichst geringen Einsatz von Chemikalien<br />

in der Nahrungsmittelverarbeitung.<br />

Darüber hinaus bietet das TTIP multinationalen<br />

Konzernen die Möglichkeit, die EU-Verbote<br />

von genetisch veränderten Nahrungsmitteln zu<br />

unterlaufen, die in den USA <strong>als</strong> wettbewerbswidrige<br />

„technische Handelsschranken“ gesehen<br />

werden. Umwelt-, Verbraucher- <strong>und</strong> Tierschützer<br />

fürchten nun, dass sich die EU bei den Verhandlungen<br />

hinter verschlossenen Türen eine Schwächung<br />

ihrer Schutzvorschriften abhandeln lässt.<br />

Die EU ihrerseits versucht das Verbot von Rindfleischimporten<br />

aus Europa in die USA zu kippen. Die<br />

Vereinigten Staaten verbieten den Einsatz <strong>und</strong><br />

die Einfuhr von Futtermittelbestandteilen, die<br />

nachweislich an der Übertragung von BSE, dem<br />

„Rinderwahn“, beteiligt sind. Die Verfechter von<br />

Nahrungsmittelsicherheit in den USA sind besorgt,<br />

dass die EU-Vorschriften über den Einsatz<br />

von aus Wiederkäuern gewonnenen Futtermittelzusätzen<br />

nicht ausreichen, um eine Kontamination<br />

zu verhindern. Da die EU gegenwärtig sogar<br />

noch eine weitere Lockerung der Standards<br />

für diese Futtermittelzusätze erwägt, nähme aus<br />

US-Sicht das Risiko aufgr<strong>und</strong> des Handels mit BSEverseuchtem<br />

Rindfleisch zu.<br />

Darüber hinaus gibt es noch den Mechanismus<br />

zur „Schlichtung von Streitigkeiten zwischen<br />

Investoren <strong>und</strong> dem Staat“. Mit dieser bereits in<br />

vielen Handelsverträgen enthaltenen Klausel<br />

kann ein Unternehmen den Staat auf Schadenersatz<br />

für Vorschriften verklagen, die seine Gewinne<br />

beeinträchtigen. Mit dem TTIP wollen die<br />

Agrarkonzerne nun diesen Mechanismus auch<br />

auf die Standards zur Nahrungsmittelsicherheit<br />

„uneingeschränkt“ anwenden. Mit anderen Worten:<br />

Da internationale Investoren durch diesen<br />

Mechanismus einen Rechtsanspruch auf „stabile<br />

Investitionsbedingungen“ erhalten, würden alle<br />

Verschärfungen von Umwelt- oder Tierschutzgesetzen<br />

erheblich erschwert.<br />

So könnte es durch TTIP deutlich schwieriger<br />

werden, nachteilige Umwelt-, Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsfolgen<br />

der industriellen Tierproduktion<br />

zu beseitigen. Statt die Standards weiter zu verwässern,<br />

sollten die Verbraucher <strong>und</strong> Aktivisten<br />

in den USA <strong>und</strong> der EU ihre Regierungen drängen,<br />

mit dem TTIP die Standards auf beiden Seiten des<br />

Atlantiks anzuheben. Oder sie sollten die Gespräche<br />

komplett abbrechen.<br />

Futtermittelhandel zwischen den USA <strong>und</strong> der EU<br />

Im- <strong>und</strong> Exporte, Millionen Dollar<br />

2010 2011 2012<br />

Mais<br />

USA<br />

Hirse<br />

Futtermittel<br />

Ölsaaten<br />

Soja<br />

946 1.154 988<br />

1.652 2.031 2.154<br />

136 231 223<br />

298 326 355<br />

219 218 199<br />

741 868 845<br />

43 239 18<br />

38 239 1<br />

320 492 265<br />

2.072 1.632 2.676<br />

1 108 795 1 481<br />

217 270 265<br />

872 928 1.016<br />

847 897 976<br />

EU<br />

Schwein<br />

Käse<br />

EU<br />

Futtermittel<br />

Ölsaaten<br />

Olivenöl<br />

USDA ERS<br />

USDA ERS<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

15


ROSAROT IM KÜHLREGAL<br />

Supermärkte mit Kühltruhen <strong>und</strong> Fast-Food-Ketten mit Qualitätsversprechen<br />

verändern das Einkaufen in den Städten der Boomländer. Die Städte<br />

wachsen so schnell, dass kleine Läden ihre Bedeutung verlieren. Deren Aufgabe<br />

übernehmen kapit<strong>als</strong>tarke Lebensmittelketten.<br />

Normierte<br />

Waren erleichtern<br />

Supermärkten<br />

den massenhaften<br />

Absatz<br />

D<br />

er Metzger, der im Hinterraum seines<br />

Ladens fachgerecht halbe Rinder oder<br />

Schweine zerlegt <strong>und</strong> vorne Fleisch <strong>und</strong><br />

Wurst an seine K<strong>und</strong>en verkauft, ist in den Industrieländern<br />

selten geworden. Heute werden diese<br />

verderblichen Lebensmittel auf null bis vier Grad<br />

heruntergekühlt, vom Großhändler oder gleich<br />

vom Schlachthof in die Supermärkte geliefert.<br />

Dort legen die Verkäuferinnen das Fleisch nur<br />

noch hinter die Scheiben des Verkaufstresens,<br />

oder die K<strong>und</strong>en holen sich die verpackte<br />

Ware direkt aus der Truhe. Damit Selbstbedienungsware<br />

tagelang appetitlich aussieht,<br />

werden Hühnerbrüste <strong>und</strong> Koteletts in einer<br />

möglichst keimkontrollierten Umgebung vakuumverpackt<br />

<strong>und</strong> die Päckchen anschließend mit<br />

einem sauerstoffreichen Gas aufgeblasen. Das<br />

sorgt bei Rind <strong>und</strong> Schwein für eine rote Färbung<br />

<strong>und</strong> suggeriert Frische – auch wenn tatsächlich<br />

durch eine mehrtägige Lagerung schon Keime<br />

entstanden sein können.<br />

Fleisch, vielerorts noch vor zehn, zwanzig Jahren<br />

ein Luxusgut, gehört für immer mehr Menschen<br />

auch in den Schwellenländern zum festen<br />

Bestandteil ihrer täglichen Ernährung. Das Supermarktmodell<br />

kapitalkräftiger Einzelhandelsketten<br />

wie WalMart aus den USA, Carrefour aus<br />

Frankreich, Tesco aus Großbritannien <strong>und</strong> Metro<br />

aus Deutschland eroberte die Welt <strong>und</strong> löste auch<br />

enorme Investitionen heimischer Konzerne aus.<br />

Der Prozess ist gut untersucht: Die erste Welle<br />

begann in den frühen 1990er Jahren in Südamerika,<br />

in den ersten ostasiatischen Boomländern<br />

wie Korea <strong>und</strong> Taiwan sowie in Südafrika; von<br />

1990 bis um 2005 stieg der Marktanteil von Supermärkten<br />

von 10 auf bis zu 60 Prozent. Die zweite<br />

Welle konnte Mitte bis Ende der Neunziger in Mittelamerika<br />

<strong>und</strong> südostasiatischen Ländern beobachtet<br />

werden; hier lag der Marktanteil um 2005<br />

bei 30 bis 50 Prozent. Die dritte Welle begann um<br />

2000 in China sowie Indien <strong>und</strong> großen aufholenden<br />

Volkswirtschaften wie Vietnam; nach wenigen<br />

Jahren wuchsen die Umsätze um 30 bis 50<br />

Prozent jährlich.<br />

Die Gründe dafür liegen nicht einfach in der<br />

steigenden Kaufkraft der Mittelschichten, sondern<br />

in f<strong>und</strong>amentalen gesellschaftlichen Veränderungen.<br />

In Pakistan etwa schreitet die Urbanisierung<br />

sehr schnell voran, die Metropole Lahore<br />

wächst um 300.000 Einwohner pro Jahr. Die Lieferung<br />

von Fleisch <strong>und</strong> Milchprodukten kommt<br />

auf den traditionellen Handelswegen nicht nach.<br />

Der Mangel an Waren <strong>und</strong> ihre schlechte Qualität<br />

treibt den Mittelstand in die Supermärkte, wie die<br />

Tageszeitung Express Tribune berichtet. Berufstätige<br />

Frauen, weiterhin für die Zubereitung der<br />

Mahlzeiten zuständig, hätten keine Zeit mehr,<br />

von Laden zu Laden zu laufen, um die Qualität des<br />

empfindlichen Fleisches zu prüfen <strong>und</strong> mit den<br />

Verkäufern um Preise zu feilschen.<br />

China: Schnellimbisse wachsen langsamer<br />

Indien: Der Aufschwung geht weiter<br />

Jährliches Wachstum von Fast-Food-Geschäften, 2010–14,<br />

<strong>und</strong> Marktanteile, 2012, in Prozent<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Unabhängige<br />

Ketten<br />

0<br />

2010 2011 2012 2013 <strong>2014</strong><br />

(geschätzt)<br />

84,1<br />

Yum!*<br />

McDonald‘s<br />

Ting Hsin<br />

6,5<br />

2,3<br />

1,5<br />

4,3<br />

Hua Lai Shi<br />

Shigemitsu<br />

Kungfu<br />

andere Fast-Food-Ketten<br />

unabhängige Fast-Food-Geschäfte<br />

EUROMONITOR<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,3<br />

Vorhandene <strong>und</strong> geplante Fastfood-Filialen<br />

vorhanden, 2012/13<br />

geplant, 2013/14<br />

+ 125<br />

602<br />

*Kentucky Fried Chicken, Pizza Hut, Taco Bell<br />

+ 38–50<br />

166<br />

+ 250<br />

500<br />

Domino‘s McDonald‘s Yum!*<br />

BUSINESS STANDARD<br />

16<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Große Einkaufsflächen lohnen sich in Einzugsgebieten<br />

mit mehreren tausend potenziellen<br />

K<strong>und</strong>en. In vielen Regionen mit hoher Mobilität<br />

– in den autogerechten Vorstädten der USA etwa<br />

– können arme Leute deshalb heute keinen Lebensmittelladen<br />

mehr zu Fuß erreichen, in dem<br />

sie frische Produkte kaufen können, um sie selbst<br />

zuzubereiten. Sie bekommen nur noch fertiges Essen<br />

in Fast-Food-Ketten. Sozial- <strong>und</strong> Ernährungsforscher<br />

bezeichnen solche Gegenden <strong>als</strong> „Food<br />

Deserts“, Nahrungswüsten.<br />

Der Verkauf von normierten Produkten erleichtert<br />

den Lebensmittelketten nicht nur die<br />

Werbung, sondern verschafft ihnen auch eine<br />

enorme Marktmacht gegenüber den Lieferanten,<br />

denen sie die Preise diktieren <strong>und</strong> die sie jederzeit<br />

wechseln können. Zugleich machen sich auch die<br />

Supermarktkonzerne gegenseitig Konkurrenz. So<br />

sind die Angebote billig <strong>und</strong> Produkte aus der Region<br />

können sich bestenfalls noch in Nischen halten.<br />

Mit der Öffnung der globalen Märkte haben<br />

Millionen Kleinhändler ihre Existenzgr<strong>und</strong>lage<br />

verloren, weil sie nicht umsatzstark genug waren<br />

<strong>und</strong> nicht für angemessene Lagerung <strong>und</strong> vor allem<br />

für die kontinuierliche Kühlung von Fleisch,<br />

Wurst, Eiern oder Frischmilch sorgen konnten.<br />

Aufgr<strong>und</strong> des Dumpingwettbewerbs kommt<br />

es immer wieder zu Skandalen mit Gammel- oder<br />

verbotenem Hormonfleisch sowie f<strong>als</strong>chen Deklarationen.<br />

So landete Esels- statt Rindfleisch auf<br />

den Tellern von Südafrikanern, in Europa wurde<br />

Pferdefleisch <strong>als</strong> Rind ausgegeben <strong>und</strong> in die Kühltruhen<br />

der Supermärkte verteilt. Und in In dien<br />

mag manches Stück abgepacktes Büffelfleisch<br />

tatsächlich aus einer illegalen Rinderschlachterei<br />

stammen.<br />

In keinem anderen Land der Welt wird so viel<br />

Fleisch produziert <strong>und</strong> gegessen wie in China.<br />

Vor allem Schweinefleisch ist dort äußerst beliebt.<br />

Die meisten im Land gezüchteten <strong>Tiere</strong> kommen<br />

bisher noch nicht aus Massenställen. Vielerorts<br />

gibt es zudem noch keine funktionierenden Kühlketten,<br />

<strong>und</strong> so wird ein Großteil des Fleisches geschmort<br />

oder gekocht an die Endverbraucher verkauft.<br />

Doch die Nachfrage nach Fleisch aus dem<br />

Supermarkt wächst <strong>und</strong> macht inzwischen gut<br />

10 Prozent des Gesamtumsatzes aus.<br />

Internationale Fast-Food-Ketten wie Kentucky<br />

Fried Chicken (KFC) <strong>und</strong> McDonald’s versprechen<br />

ihrer K<strong>und</strong>schaft, dass die Zulieferbetriebe zertifiziert<br />

sein müssen <strong>und</strong> immer wieder kontrolliert<br />

werden. Denn Lebensmittelskandale verderben<br />

den Appetit <strong>und</strong> sind schlecht fürs Geschäft.<br />

KFC hatte um die Jahreswende 2012/13 zweimal<br />

Probleme mit antibiotikaverseuchtem Geflügelfleisch.<br />

Ihr Geschäft ist daraufhin um 10 Prozent<br />

eingebrochen <strong>und</strong> hat sich bis in den Herbst 2013<br />

nicht erholt. McDo wurde in den Strudel mit hineingezogen<br />

– die Verkäufe gingen hier ebenfalls<br />

zurück.<br />

Auch in China müssen die Endverkäufer nun<br />

die Endverbraucher fürchten.<br />

Der Umsatz kommt aus den Kühltruhen<br />

Verkäufe im Einzelhandel, 2012/13, in Dollar<br />

US<br />

US<br />

über 600 Millionen<br />

300–599 Millionen<br />

KA<br />

MX<br />

US<br />

AR<br />

VE<br />

BR<br />

RU<br />

GB DE UA<br />

FR<br />

TR<br />

IR<br />

NG<br />

SA<br />

Fertigmahlzeiten mit/ohne Fleisch<br />

AR Argentinien<br />

AU Australien<br />

BR Brasilien<br />

KA Kanada<br />

CN China<br />

GB<br />

Milchprodukte<br />

GB<br />

FR<br />

DE<br />

DE<br />

Tiefgekühlte Fleischwaren<br />

TR<br />

IR<br />

DE Deutschland<br />

AL Algerien<br />

FR Frankreich<br />

ID Indonesien<br />

IN Indien<br />

150–299 Millionen<br />

0,1–149 Millionen<br />

RU<br />

CN<br />

CN<br />

US<br />

Konservierte Fleischerzeugnisse<br />

US<br />

MX<br />

US<br />

Käse<br />

AR<br />

VE<br />

AR<br />

IR Iran<br />

MX Mexiko<br />

NG Nigeria<br />

RU Russland<br />

SA Saudi-Arabien<br />

BR<br />

BR<br />

FR<br />

GB<br />

DE<br />

ZA<br />

FR<br />

AL<br />

TR<br />

IR<br />

Tiefgekühltes Geflügel<br />

kein Wachstum<br />

negatives Wachstum<br />

NG<br />

IR<br />

TR Türkei<br />

UA Ukraine<br />

GB Großbritannien<br />

IN<br />

IR<br />

RU<br />

RU<br />

CN<br />

RU<br />

CN<br />

ID<br />

AU<br />

US USA<br />

VE Venezuela<br />

ZA Südafrika<br />

EUROMONITOR<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

17


IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT<br />

Das Töten von <strong>Tiere</strong>n zur Herstellung von Nahrungsmitteln ist hoch industrialisiert.<br />

Die Schlachthöfe der globalen Konzerne verfügen über unvorstellbare<br />

Kapazitäten <strong>und</strong> liegen fern der Städte – Konsumenten sehen keine Verbindung<br />

mehr zwischen einem lebenden Tier <strong>und</strong> einem eingeschweißten Filet.<br />

Billigfleisch<br />

entsteht auch durch<br />

die Dumpinglöhne<br />

der Schlachthof-<br />

Arbeiter<br />

D<br />

as Chicago des beginnenden 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

gilt <strong>als</strong> die Wiege der industriellen<br />

Schlachtung. Mit den Fließbändern, die hier<br />

zum ersten Mal systematisch in den Fabriken eingesetzt<br />

wurden, dauerte es insgesamt nur noch<br />

15 Minuten, ein Rind zu töten <strong>und</strong> vollständig zu<br />

zerlegen. Bis auf zwölf Millionen im Jahr stieg so<br />

die Zahl der hier geschlachteten <strong>Tiere</strong>, ein solcher<br />

Effizienzsprung, dass Henry Ford das Verfahren<br />

für den Bau von Autos übernahm.<br />

Mit der Industrialisierung des Schlachtprozesses<br />

setzte auf der ganzen Welt die Zentralisierung<br />

ein. In den USA bildeten sich bis zur Weltwirtschaftskrise<br />

zunächst marktbeherrschende<br />

Konglomerate, gefolgt von einer langen Phase<br />

der Entflechtung. Doch ab den frühen 1970er<br />

Jahren, <strong>als</strong> die Deregulierung begann <strong>und</strong> der<br />

Börsenboom einsetzte, nahm die Konzentration<br />

schnell wieder zu. Zwischen 1967 <strong>und</strong> 2010<br />

sank die Zahl der Schlachthöfe in den USA<br />

von fast 10.000 auf weniger <strong>als</strong> 3.000. Heute<br />

schlachten dort zehn Konzerne 88 Prozent aller<br />

Schweine. Die globalen Kapazitäten der Firmen<br />

erreichen Ausmaße, die sinnlich nicht mehr nachvollziehbar<br />

sind: Die US-Gesellschaft Tyson Foods,<br />

nach JBS aus Brasilien das zweitgrößte Fleischunternehmen<br />

der Welt, schlachtet 42 Millionen<br />

Hühner, 170.000 Rinder <strong>und</strong> 350.000 Schweine –<br />

pro Woche.<br />

Sie stammen meist aus eigener Aufzucht, werden<br />

in eigenen Fabriken verarbeitet <strong>und</strong> unter<br />

eigener Handelsbezeichnung vermarktet. Nach<br />

dem Motto „From farm to fork“, „Vom Hof bis auf<br />

die Gabel“, soll so ein möglichst großer Teil der<br />

Wertschöpfungskette ausgenutzt werden. Dies<br />

ist auch erforderlich, um der starken Marktmacht<br />

der Großabnehmer – der internationalen Handelsketten<br />

<strong>und</strong> Großimporteure – die eigene wirtschaftliche<br />

Stärke entgegenzusetzen. Aber auch<br />

Lohnschlachterei für andere Hersteller ist möglich,<br />

wenn zur Verfügung stehende Kapazität <strong>und</strong><br />

Marktlage dies erlauben – oder erzwingen.<br />

Die Einführung von öffentlichen oder privaten<br />

Schlachthöfen war in den armen Ländern der erste<br />

gezielte Schritt zur systematischen Hygiene in<br />

der Tierverarbeitung. Am Ende der Entwicklung<br />

stehen heute Hochleistungsfabriken in den Industrieregionen,<br />

verbreitet inzwischen auch in den<br />

Boomländern. Vor allem die Lebensmittelskandale<br />

führten zu strengeren, oft sehr kostspieligen<br />

Auflagen. Der Kampf um die niedrigsten Schlachtpreise<br />

wird vor allem auf dem Rücken der Arbeiter<br />

ausgetragen.<br />

Weltweit arbeiten mehrere Millionen Menschen<br />

in Schlachthöfen – niemand weiß, wie viele<br />

es genau sind. Ihre Arbeit gilt <strong>als</strong> „dirty work“.<br />

Vor allem in westlichen Industrienationen erfährt<br />

sie kaum soziale Anerkennung <strong>und</strong> ist kulturell<br />

weitgehend geächtet. Dumpinglöhne <strong>und</strong> katastrophale<br />

Arbeitsbedingungen sind die Regel.<br />

Hohe Arbeitsgeschwindigkeit, die Monotonie der<br />

immer gleichen Abläufe, die Unfallgefahr beim<br />

Umgang mit gefährlichen Werkzeugen <strong>und</strong> Chemikalien<br />

sowie die einseitige Beanspruchung von<br />

Rücken <strong>und</strong> Gelenken – diese Kombination ist<br />

enorm belastend. Je nach Arbeitsplatz kommen<br />

Hitze oder Kälte, Lärm, ein erhöhtes Risiko durch<br />

Infektionskrankheiten sowie besonders frühe<br />

oder späte Schichten hinzu. Zusätzlich kann für<br />

Arbeitnehmer auch der Umgang mit <strong>und</strong> die Tö-<br />

Branchenkonzentration in den USA<br />

Zahl der Schlachtanlagen<br />

12.000<br />

10.000<br />

8.000<br />

6.000<br />

4.000<br />

2.000<br />

0<br />

1967 1977 1987 1997 2007<br />

Marktanteil der vier größten Schlachtfirmen, in Prozent<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Rind<br />

Schwein<br />

1965 1975 1985 1995 2005<br />

DENNY/ USDA<br />

18<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Weltweite Schlachtungen: Milliarden <strong>Tiere</strong> im Jahr<br />

Amtliche <strong>und</strong> amtlich geschätzte Zahlen, 2011<br />

296<br />

000 000<br />

24 000 000<br />

Büffel<br />

Rinder<br />

Ziegen<br />

Schafe<br />

Schweine<br />

1 383<br />

000 000<br />

430<br />

Hühner<br />

Enten<br />

Truthähne<br />

Gänse <strong>und</strong><br />

Perlhühner<br />

000 000<br />

517<br />

000 000<br />

58<br />

654<br />

000 000<br />

110<br />

000 000<br />

2 817<br />

000 000<br />

Schlachtungen in den vier wichtigsten Ländern,<br />

2011, Köpfe<br />

35.108.100<br />

USA<br />

Rinder <strong>und</strong><br />

Büffel<br />

39.100.000<br />

Brasilien<br />

46.193.000<br />

China<br />

21.490.000<br />

8.954.959.000<br />

USA<br />

11.080.000.000<br />

China<br />

Indien<br />

5.370.102.000<br />

Geflügel 2.049.445.000<br />

Brasilien<br />

Indonesien<br />

649<br />

000 000<br />

110.956.304<br />

USA<br />

Schweine<br />

59.735.680<br />

Deutschland<br />

661.702.976<br />

China<br />

44.270.000<br />

Vietnam<br />

Schafe <strong>und</strong><br />

Ziegen<br />

38.600.000<br />

Nigeria<br />

273.080.000<br />

China<br />

84.110.000<br />

Indien<br />

28.980.000<br />

Bangladesch<br />

FAOSTAT<br />

tung von <strong>Tiere</strong>n belastend sein. Viele Schlachter<br />

nennen „Härte“ <strong>als</strong> Voraussetzung für die Ausübung<br />

ihres Berufes.<br />

Mit der Industrialisierung des Schlachtens begann<br />

aber auch ein Prozess der Dequalifizierung<br />

<strong>und</strong> Mechanisierung der Arbeit. Heute brauchen<br />

Schlachter die meisten traditionellen Fähigkeiten<br />

<strong>und</strong> ein Handwerkswissen nicht mehr. Eingestellt<br />

werden billige, immer häufiger nur angelernte<br />

Arbeitskräfte. Die Arbeitsmigration aus Mexiko<br />

nach Nordamerika oder von Ost- nach Westeuropa<br />

<strong>und</strong> die kurze Verweildauer der Arbeiter führen<br />

zu Belegschaften, die den Anforderungen der<br />

Unternehmen weitgehend schutzlos ausgesetzt<br />

sind. Waren die Gewerkschaften auf den Schlachthöfen<br />

bis in die 1960er Jahre noch stark, ist ihre<br />

Arbeit in den vergangenen beiden Jahrzehnten<br />

deutlich schwieriger geworden. Und Tarifverträge<br />

sind weltweit überwiegend unbekannt.<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

In den meisten Industrieländern wurden die<br />

Schlachthöfe aus den urbanen Zentren in die rurale<br />

Peripherie verlagert. Die Grausamkeit des<br />

Schlachtens soll den Konsumenten verborgen<br />

bleiben. Hier offenbart sich ein sozialer Prozess:<br />

Sichtbare Gewalt wird aus dem öffentlichen<br />

Raum verdrängt. Schlachtung <strong>und</strong> die Schlachter<br />

wurden <strong>und</strong> sind für die meisten Menschen<br />

unsichtbar. Die Verbindung zwischen dem<br />

einst lebenden Tier, das in Viehwaggons in die<br />

Stadt gebracht wurde, dem früher sicht-, hör<strong>und</strong><br />

riechbaren Tod im Schlachthof <strong>und</strong> dem<br />

Fleischprodukt am Ende dieser Produktion<br />

wurde gekappt. Die meisten Konsumenten sehen<br />

vom Tier heute nur noch ein eingeschweißtes<br />

Erzeugnis im Supermarkt. Die Vermutung liegt<br />

nahe, dass ein Besuch im Schlachthof, um diese<br />

Anonymisierung zu durchbrechen, die Bereitschaft<br />

zum Fleischverzehr nicht erhöht.<br />

Die Gewalt der<br />

Schlachthöfe soll<br />

nicht ins Bewusstsein<br />

der Öffentlichkeit<br />

gelangen<br />

19


DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN<br />

Großbetriebe dominieren auch in Deutschland die Schlachthofbranche. Billiglöhne<br />

für die Leiharbeiter aus dem Osten der EU begünstigen weitere Investitionen der<br />

Konzerne. Doch gegen noch mehr Mast- <strong>und</strong> Schlachtanlagen regt sich Widerstand.<br />

Tierschützer<br />

kritisieren die<br />

Quälerei des Tötens,<br />

Tierrechtler das<br />

Töten selbst<br />

Fleischproduktion in Deutschland<br />

Millionen Tonnen<br />

6<br />

20<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

D<br />

eutschland steht bei der Schweineschlachtung<br />

mit über 58 Millionen getöteten <strong>Tiere</strong>n<br />

pro Jahr auf Platz 1 der europäischen<br />

Spitzenproduzenten, beim Rindfleisch auf Platz<br />

2 hinter Frankreich. Auch bei Hühnern gehört<br />

Deutschland zu den Top 5. B<strong>und</strong>esweit existieren<br />

knapp 350 Schlachthöfe mit jeweils über 20 Beschäftigten.<br />

Die meisten dieser Betriebe sind klein<br />

bis mittelgroß; Betriebe mit mehr <strong>als</strong> 500 Arbeitnehmern<br />

sind selten.<br />

Dennoch ist der deutsche Schlachtmarkt<br />

zentralisiert. Die vielen kleineren Unternehmen<br />

spielen in Bezug auf die absolute Menge<br />

an geschlachteten <strong>Tiere</strong>n nur eine geringe<br />

Rolle. Über 55 Prozent des Schlachtwertes<br />

entfielen im Jahr 2012 auf die drei größten<br />

Schweineschlachtkonzerne – Tönnies, Vion <strong>und</strong><br />

Westfleisch. Bei den Rindern teilen sich die fünf<br />

größten Unternehmen etwa die Hälfte des Marktes,<br />

der Branchenprimus Vion liegt dabei mit fast<br />

25 Prozent deutlich vorn. Bei Geflügel führt die<br />

PHW Gruppe die Branche an, bekannt durch ihre<br />

Handelsmarke Wiesenhof.<br />

Jede Tierart erfordert ein anderes Schlachtsystem,<br />

das sich an ihren Körpern orientiert. Rinder<br />

werden meistens mit einem Bolzenschuss betäubt,<br />

Schweine mit Gas oder der Elektrozange.<br />

Beide werden anschließend mit einem Kehlenschnitt<br />

getötet, nach dem Entbluten in das Produktionsband<br />

eingehängt <strong>und</strong> von den Arbeitern<br />

zerlegt. Wie die B<strong>und</strong>esregierung 2012 auf eine<br />

Kleine Anfrage der Grünen bestätigte, ist die Betäubung<br />

bei 4 bis 9 Prozent der Rinder <strong>und</strong> bei<br />

10 bis 12 Prozent der Schweine mangelhaft oder<br />

fehlt sogar ganz. Die Schlachtung von Hühnern<br />

ist stärker automatisiert. Sie werden in ein elektrisch<br />

geladenes Wasserbecken getaucht <strong>und</strong> so<br />

Rind<br />

Geflügel<br />

Schwein<br />

Schaf<br />

0<br />

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

DESTATIS<br />

per Stromschlag betäubt. Arbeiter hängen sie in<br />

ein „Schlachtband“ ein. Von hier an übernimmt<br />

die Maschine die Zerlegung der Tierkörper. Die<br />

Teile kommen in ein Kühlhaus, bis sie zur Weiterverarbeitung<br />

transportiert werden.<br />

2012 waren in Deutschland fast 28.000 Menschen<br />

im Bereich Schlachtung sozialversicherungspflichtig<br />

beschäftigt. Die tatsächlichen<br />

Arbeitsverhältnisse <strong>und</strong> die enorme Fluktuation<br />

erschweren präzise Angaben. Durch die EU-Richtlinie<br />

zur grenzüberschreitenden Entsendung von<br />

Arbeitnehmern ist Deutschland zu einem Billiglohnland<br />

geworden. In den Betrieben arbeiten<br />

vor allem polnische, rumänische oder bulgarische<br />

Leiharbeiter, angeworben von Unternehmen<br />

in ihren Heimatländern, die sie dann nach<br />

Deutschland schicken.<br />

Ohne Mindestlohn oder flächendeckende Tarifverträge<br />

sind St<strong>und</strong>enlöhne unter 5 Euro für<br />

Leiharbeiter keine Seltenheit. Untergebracht werden<br />

sie in wenig attraktiven Sammelunterkünften.<br />

Manche Schlachter arbeiten scheinselbständig,<br />

weil die Unternehmen die Lohnnebenkosten<br />

senken wollen. Wenig verw<strong>und</strong>erlich, dass in den<br />

letzten Jahren die Zahl der Auszubildenden stetig<br />

abgenommen hat.<br />

Die niedrigen Löhne in Deutschland führen<br />

dazu, dass Fleischkonzerne aus Nachbarländern<br />

ihre <strong>Tiere</strong> zur Schlachtung nach Deutschland<br />

bringen. Der Großkonzern Danish Crown verlagerte<br />

tausende Arbeitsplätze von Dänemark nach<br />

Deutschland. Einige Staaten <strong>und</strong> Initiativen legten<br />

deshalb offiziell bei der Europäischen Kommission<br />

Beschwerde ein. Die belgische Regierung<br />

sowie eine Initiative französischer Schlachtbetriebe<br />

sehen in den deutschen Dumpinglöhnen<br />

Wettbewerbsverzerrungen.<br />

Die Gewerkschaften können in deutschen<br />

Schlachthöfen nicht allzu viel ausrichten. Die<br />

Leiharbeiter sind offiziell bei den Subunternehmen<br />

in ihren Herkunftsländern angestellt, die<br />

Schlachthöfe gelten lediglich <strong>als</strong> Einsatzorte.<br />

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten<br />

(NGG) verweist so auch darauf, dass ausländische<br />

Gewerkschaften zuständig seien. Die meist kurzen<br />

Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland<br />

<strong>und</strong> Sprachprobleme mit den Arbeitnehmerorganisationen<br />

im Ausland erschweren jedoch eine<br />

dauerhafte grenzüberschreitende Zusammenarbeit.<br />

Viele Arbeiter haben Angst, ihre Arbeit zu<br />

verlieren, wenn sie Kritik äußern.<br />

Auch Tierschutzverbände <strong>und</strong> Tierrechtsorganisationen<br />

kritisieren die Schlachtbranche. Ers-<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Unsichtbares Geschäft hinter Fabrikmauern, sichtbare Ergebnisse im Supermarkt<br />

Geschlachtete <strong>Tiere</strong> in Deutschland, 2012, in Millionen pro Symbol<br />

DESTATIS<br />

29.000 Ziegen<br />

530.000 Gänse<br />

1.085.000 Schafe<br />

3.244.000 Rinder<br />

25.460.000 Enten<br />

37.700.000 Puten<br />

58.350.000 Schweine 627.941.000 Hühner<br />

tere wollen die Behandlung der <strong>Tiere</strong> verbessern,<br />

etwa durch kürzere Schlachttransporte, bessere<br />

Betäubung <strong>und</strong> eine Abkehr von der industriellen<br />

Massentierhaltung. Der Deutsche Tierschutzb<strong>und</strong><br />

entwickelt daher in Zusammenarbeit mit<br />

der Fleischindustrie Gütesiegel für Tiermast <strong>und</strong><br />

Tierschlachtung. Hingegen lehnen Tierrechtsorganisationen<br />

wie „Animal Rights Watch“ oder<br />

„Die Tierbefreier“ die massenhafte Tötung von<br />

<strong>Tiere</strong>n prinzipiell ab <strong>und</strong> bewerben einen veganen<br />

Lebensstil.<br />

Demonstrationen <strong>und</strong> Protestcamps, Blockaden<br />

<strong>und</strong> Besetzungen sollen für Öffentlichkeit<br />

sorgen. Besonders umstritten ist der „Mega-Geflügelschlachthof“<br />

im niedersächischen Wietze, seit<br />

2011 in Betrieb. Er gehört dem Rothkötter-Konzern,<br />

der zweitgrößten deutschen Geflügelfirma.<br />

Nach Medienberichten sind 400 neue Mastanlagen<br />

à 40.000 Hähnchen nötig, damit die Anlage<br />

wirtschaftlich arbeitet. Im Vollbetrieb wird Wietze<br />

die größte Anlage ihrer Art in Europa sein – mit<br />

jährlich 135 Millionen Schlachtungen.<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

21


TIERGENETIK: EINE HANDVOLL<br />

ARTEN FÜR DIE GANZE WELT<br />

Das Zuchtmaterial für die meisten <strong>Tiere</strong> in der industriellen Landwirtschaft stammt<br />

von einigen wenigen Firmen. Sie dominieren auch die Erforschung neuer<br />

Hochleistungsrassen. Dabei macht die zurückgehende genetische Vielfalt die<br />

Nutztiere anfälliger für Schädlinge, Krankheiten <strong>und</strong> Wetterextreme.<br />

Diese <strong>Tiere</strong><br />

überleben nur mit<br />

Futterzusätzen,<br />

Medikamenten <strong>und</strong><br />

Klimaanlagen<br />

Zwei Gewinner der Globalisierung<br />

22<br />

Vorkommen der Holstein-Friesischen Milchkuh<br />

Vorkommen der Schweinerasse „Large White“<br />

FAO<br />

D<br />

er Mensch hat 30 Nutztierarten domestiziert<br />

<strong>und</strong> nutzt dabei eine unglaubliche<br />

Anzahl verschiedener Rassen; die UN-Organisation<br />

für Ernährung <strong>und</strong> Landwirtschaft (FAO)<br />

hat bisher r<strong>und</strong> 8.000 dokumentiert. Viele dieser<br />

Rassen werden von kleineren Viehzüchtern gehalten,<br />

meist von Frauen, die für einen Großteil<br />

der weltweiten Fleischproduktion verantwortlich<br />

zeichnen <strong>und</strong> zugleich die Artenvielfalt<br />

der Nutztiere bewahren. Für viele arme Haushalte<br />

sind <strong>Tiere</strong>, insbesondere Hühner, Schafe<br />

<strong>und</strong> Ziegen, eine wichtige Einkommensquelle.<br />

Dabei werden einheimische <strong>Tiere</strong> zu verschiedenen<br />

Zwecken – von der Fleischproduktion bis zur<br />

Kapitalanlage – gehalten <strong>und</strong> den exotischen oder<br />

„verbesserten“ Rassen vorgezogen, weil sie sich<br />

den oft unwirtlichen Bedingungen vor Ort angepasst<br />

haben.<br />

Die Fleischindustrie nutzt acht Tierarten in<br />

großem Umfang: Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen,<br />

Hühner, Truthähne, Enten <strong>und</strong> Hasen. Sie<br />

entwickelt bestimmte Rassen dieser Arten weiter<br />

<strong>und</strong> verändert sie so, dass sich einige sehr ertragreiche<br />

Zuchtstämme herausbilden. Sie werden<br />

miteinander gekreuzt, bis letztlich die <strong>Tiere</strong> entstehen,<br />

die wir essen. Diese Form der Hybridzucht<br />

ist vor allem bei Geflügel <strong>und</strong> Schweinen verbreitet<br />

<strong>und</strong> führt dazu, dass die genetische Vielfalt dieser<br />

<strong>Tiere</strong> weiter abnimmt.<br />

Dieser Verlust begann in den 1950er Jahren<br />

zeitgleich mit der industriellen Fleischproduktion:<br />

Zuchtunternehmen konzentrierten sich auf<br />

eine Maximierung der Produktion <strong>und</strong> auf kommerziell<br />

nutzbare Eigenschaften wie schnelles<br />

Wachstum, effiziente Futterverwertung <strong>und</strong> hohe<br />

Erträge. Das Ergebnis: leistungsstarke <strong>und</strong> genetisch<br />

einheitliche Rassen, die ohne eiweißreiche<br />

Nahrung, kostspielige Pharmazeutika <strong>und</strong> eine<br />

klimatisierte Umgebung nicht überleben können.<br />

Heute liefert eine kleine Zahl transnationaler<br />

Firmen wirtschaftlich nutzbare Rassen, die einen<br />

immer größeren Anteil der weltweiten Fleischmärkte<br />

abdecken: Drei Unternehmen kontrollieren<br />

95 Prozent des Marktes für Brathähnchen.<br />

Zwei Unternehmen beherrschen 94 Prozent des<br />

Zuchtbestandes an kommerziellen Legehennen.<br />

Und in der Schweine- <strong>und</strong> Rinderindustrie entfallen<br />

zwei Drittel der gesamten Forschung <strong>und</strong><br />

Entwicklung auf die vier führenden Betriebe.<br />

Die Aquakultur macht zurzeit nur einen kleinen<br />

Teil der Tierzucht aus, ist aber der Sektor, der am<br />

schnellsten wächst. Auch hier experimentieren<br />

viele Spitzenunternehmen in der Tiergenetik mit<br />

nur einer Handvoll Arten, vor allem mit Atlan tiklachs,<br />

Regenbogenforelle, tropischen Garnelen<br />

<strong>und</strong> Buntbarsch.<br />

Die meisten globalen Lieferanten von Zuchtmaterial<br />

befinden sich in privater Hand <strong>und</strong> veröffentlichen<br />

weder Statistiken über ihre Einnahmen<br />

<strong>und</strong> Investitionen noch über firmeneigene Keimgewebe-<br />

oder Zuchttierbestände. Offensichtlich<br />

ist dieser Markt aber winzig im Vergleich zu seinem<br />

Gegenstück im Getreidesektor, dem Markt<br />

für kommerziell genutztes Saatgut.<br />

China ist zurzeit der weltweit größte Fleischkonsument.<br />

Schweinefleisch ist dabei die beliebteste<br />

Eiweißquelle des Landes. Bisher übernehmen<br />

noch größtenteils Hinterhof-Schweinezüchter die<br />

Versorgung. Doch die Politik zur Förderung der<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Die Top 7 der weltgrößten Zuchtfirmen<br />

Konzerne <strong>und</strong> Profile<br />

7<br />

Tyson Foods.<br />

Verkaufte 2012 Masthähnchen<br />

im Wert von 33 Milliarden Dollar.<br />

Die Tochterfirma<br />

Cobb-Vantress vertreibt<br />

Hühnerbrut in über<br />

90 Länder<br />

Smithfield Foods<br />

Tyson Foods<br />

7<br />

6<br />

Smithfields Foods.<br />

Der weltgrößte Produzent <strong>und</strong> Verarbeiter<br />

von Schweinen (Umsatz<br />

2012: 13 Milliarden Dollar) wurde<br />

mitsamt Zuchtgeschäft 2013 von<br />

Shuanghui, dem größten Fleischverarbeiter<br />

in China, aufgekauft.<br />

Preis: 7,1 Milliarden<br />

Dollar<br />

6<br />

Genus<br />

3<br />

Groupe Grimaud<br />

3<br />

Genus. Verkauft Schweine,<br />

Milchvieh <strong>und</strong> Rinder.<br />

Umsatz 2012: 550 Millionen<br />

Dollar. Mit 2.100 Beschäftigten<br />

in 30 Ländern aktiv;<br />

40 weitere werden<br />

beliefert<br />

4<br />

5<br />

Hendrix Genetics<br />

2<br />

EW Group<br />

4<br />

Groupe Grimaud.<br />

Verkauft Masthähnchen, Legehennen<br />

<strong>und</strong> Schweine, betreibt<br />

Aquakultur. In Privatbesitz;<br />

Umsatz 330 Millionen Dollar<br />

(2011), davon 75 Prozent<br />

international<br />

2<br />

EW Group. Weltgrößter<br />

Anbieter in der industriellen<br />

Geflügelzucht. Verkauft Masthähnchen,<br />

Legehennen, Puten, Produkte<br />

aus Aquakultur. Vorm<strong>als</strong> „Erich<br />

Wesjohann Gruppe“, in Privatbesitz,<br />

veröffentlicht keine Umsätze;<br />

5.600 Beschäftigte<br />

(2011)<br />

5<br />

Hendrix Genetics.<br />

Verkauft Legehennen, Puten<br />

<strong>und</strong> Schweine, Produkte aus<br />

Aquakultur. In Privatbesitz;<br />

2.400 Beschäftigte (2012).<br />

Gemeinsame Projekte mit Tyson<br />

Foods’ Tochterfirma<br />

Cobb-Vantress<br />

1<br />

Charoen Pokphand Group<br />

1<br />

Charoen Pokphand Group.<br />

Verkauft Masthähnchen, Schweine<br />

<strong>und</strong> Produkte aus Aquakultur.<br />

Konglomerat u. a. mit agroindustriellen<br />

<strong>und</strong> Telekom-Firmen. Umsatz 2013:<br />

33 Milliarden Dollar, davon<br />

11,3 Milliarden mit „feed, farm<br />

and food“-Produkten<br />

einschließlich Tierzucht<br />

ETC GROUP/USDA<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

vertikalen Integration – eine Firma übernimmt<br />

mehrere Produktionsschritte – führt dazu, dass in<br />

China im Jahr 2015 die Hälfte aller Schweine aus<br />

Massenbetrieben stammen wird. Obwohl es in<br />

China eine größere Vielfalt an Schweinearten gibt<br />

<strong>als</strong> in jedem anderen Land, greifen die Großbetriebe<br />

des Landes auf importierte Zuchttierbestände<br />

zurück – ein Trend, der sich noch beschleunigen<br />

dürfte, nachdem 2013 der größte chinesische<br />

Fleischverarbeiter, Shuanghui International, für<br />

7,1 Milliarden US-Dollar den US-Konzern Smithfield<br />

Foods übernommen hat. Das Paket umfasst<br />

auch Smithfield Premium Genetics, die für<br />

Schweinezucht zuständige Tochterfirma des Unternehmens.<br />

Der hart umkämpfte Besitz <strong>und</strong> die Kontrolle<br />

von Zuchttierbeständen bedrohen Millionen von<br />

Kleinbauern, Fischern <strong>und</strong> Viehhaltern. In Zeiten<br />

des Klimawandels können Rassen, die gegen<br />

Dürre, extreme Hitze <strong>und</strong> tropische Krankheiten<br />

resistent sind, eine entscheidende Rolle <strong>als</strong> Quelle<br />

einzigartigen genetischen Materi<strong>als</strong> für Zuchtprogramme<br />

spielen. Im Jahr 2007 unterzeichneten<br />

109 Staaten die Erklärung von Interlaken zu<br />

tiergenetischen Ressourcen. Darin verpflichteten<br />

sich die Unterzeichnerstaaten, sicherzustellen,<br />

dass die globale Tierartenvielfalt zur Förderung<br />

der weltweiten Lebensmittelsicherheit eingesetzt<br />

<strong>und</strong> für zukünftige Generationen bewahrt wird.<br />

Ein Viertel der 8.000 Nutztierrassen aber ist<br />

derzeit vom Aussterben bedroht, was vor allem<br />

auf die Zunahme der industriellen Tierzucht<br />

zurückzuführen ist. Die mangelnde genetische<br />

Vielfalt der kommerziell genutzten Tierrassen<br />

macht diese anfälliger für Schädlinge <strong>und</strong> Krankheiten.<br />

Langfristig gefährdet sie auch die Lebensmittelsicherheit,<br />

weil sie die Handlungsoptionen<br />

bei künftigen Umweltproblemen, schwierigen<br />

Marktsituationen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Erfordernissen<br />

einschränkt – <strong>und</strong> keiner dieser Faktoren<br />

ist vorhersagbar.<br />

Bedrohte Nutztierarten in Deutschland<br />

Anzahl, 2013, nach der „Roten Liste der bedrohten Nutztierrassen in Deutschland“<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

extrem gefährdet<br />

Dominante Tierrassen in den USA<br />

Marktanteil von Rassen für die Milch-, Rindfleisch- <strong>und</strong> Schweinefleischproduktion,<br />

in Prozent<br />

Holsteins<br />

83<br />

stark gefährdet<br />

6 6<br />

5 5<br />

5<br />

4 4 4<br />

3<br />

2 2<br />

2<br />

2 3 3 4<br />

3<br />

2 2<br />

1<br />

1<br />

Rinder Schweine Schafe Ziegen Hühner Enten Gänse Puten<br />

10<br />

60<br />

Angus,<br />

Hereford,<br />

Simmental<br />

9<br />

gefährdet<br />

Vorwarnstufe<br />

75<br />

aus drei Rassen<br />

GEH<br />

MEDILL<br />

23


HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN<br />

Hormonfleisch <strong>und</strong> -milch sollen in Europa wieder zugelassen werden – darum<br />

bemühen sich die USA seit mehr <strong>als</strong> 25 Jahren. Dabei sind in der EU nur Wachstums-,<br />

nicht aber Sexualhormone verboten.<br />

Wenn sie<br />

Sexualhormone<br />

erhalten, werfen<br />

Säue oft 15 Ferkel –<br />

bei 14 Zitzen<br />

N<br />

eben Antibiotika werden in der Massentierhaltung<br />

auch Hormone eingesetzt.<br />

Während Antibiotika Krankheitserreger in<br />

Schach halten sollen <strong>und</strong> nebenbei mastbeschleunigend<br />

wirken, weil sie auch „ges<strong>und</strong>e“ Darmbakterien<br />

<strong>und</strong> so deren Energieverbrauch reduzieren,<br />

wirken Hormone anders: Sie beeinflussen unmittelbar<br />

das Zellwachstum <strong>und</strong> die Gewichtszunahme.<br />

Damit können sie die Leistung von Milchkühen<br />

um 15 bis 30 Prozent, das Fleischwachstum<br />

bei Rindern, Schweinen <strong>und</strong> Schafen um 8 bis<br />

38 Prozent steigern. Bekannt sind viele Nebenwirkungen<br />

für die <strong>Tiere</strong>, darunter Hyperaktivität,<br />

Herzrasen, aber auch Spontantode. Wenn<br />

<strong>Tiere</strong> mit Hormonen behandelt werden, erhalten<br />

sie oft auch mehr Antibiotika. Mit Sexualhormonen<br />

steuern Tierhalter den Zyklus weiblicher<br />

<strong>Tiere</strong>, sparen somit Arbeitskosten <strong>und</strong> steigern die<br />

Nachkommenzahl.<br />

Wachstumshormone wie Ractopamin sind<br />

global umstritten. Sie erlangten traurige Berühmtheit,<br />

<strong>als</strong> in China 2010 Mädchen im Säuglingsalter,<br />

die alle das gleiche Milchpulver erhalten<br />

hatten, Brustwachstum aufwiesen. Ärzte<br />

brachten Milchpulver von hormonbehandelten<br />

Kühen damit in Verbindung. Veterinärmediziner<br />

<strong>und</strong> Krebsforscher warnen vor Wachstums- bzw.<br />

Masthormonen, weil sie <strong>als</strong> krebsfördernd <strong>und</strong><br />

erbgutschädigend gelten. Viele Regierungen verbieten<br />

Ractopamin, darunter China, die EU, Russland,<br />

Indien <strong>und</strong> die Türkei.<br />

Über 60 Staaten sehen eher die Risiken der<br />

Wachstumshormone. In den USA allerdings werden<br />

sie in der Milch- <strong>und</strong> Fleischproduktion eingesetzt.<br />

Dem Beispiel folgen 25 weitere Länder,<br />

darunter auch Brasilien. Die EU, Russland <strong>und</strong><br />

China haben lange Zeit den Einsatz im eigenen<br />

Land <strong>und</strong> den Import von Hormonfleisch untersagt.<br />

Russland verweigert immer wieder Fleisch<br />

mit Ractopaminrückständen aus Kanada, Mexiko<br />

<strong>und</strong> den USA. Auf Drängen von Pharmafirmen<br />

<strong>und</strong> der US-Regierung wurden im Rahmen<br />

der Freihandelsorganisation WTO jedoch 2012<br />

Grenzwerte für Hormonrückstände in Fleisch <strong>und</strong><br />

Lebern festgeschrieben.<br />

Der EU-Markt ist seit 1988 unzugänglich für<br />

Hormonfleisch. Die USA haben darauf zunächst<br />

mit Strafzöllen auf EU-Waren reagiert. Um wieder<br />

Frieden zu schaffen, erlaubte die EU ab 2009<br />

die zollfreie Einfuhr von r<strong>und</strong> 45.000 Tonnen<br />

Rindfleisch, für das die USA Hormonfreiheit zusichern<br />

mussten. Die USA beendeten umgekehrt<br />

ihre Sanktionen gegen EU-Waren <strong>und</strong> damit den<br />

„Hormonstreit“ – auch mit dem Ausblick auf die<br />

im Jahr 2013 begonnenen TTIP-Freihandelsgespräche<br />

mit der EU-Kommission. US-Schweine-<br />

Die Top 4 der Hersteller von Veterinärpharmaka <strong>und</strong> ihre Dachkonzerne<br />

Umsätze 2012, Milliarden Dollar<br />

4,3<br />

Zoetis*<br />

Merck MSD<br />

3,4<br />

2,9<br />

Merial<br />

Elanco<br />

2,0<br />

MOTLEY FOOL/PHARMABIZ<br />

51,2<br />

40,6<br />

43,3<br />

24,3<br />

Pfizer, USA<br />

Merck & Co, USA<br />

Sanofi, Frankreich<br />

Eli Lilly, USA<br />

* ca. 80 Prozent, börsennotiert;<br />

Rest Streubesitz<br />

24<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Hormone im Wasser aus vielfältigen Quellen<br />

Ergebnisse aus dem Flusssystem des US-B<strong>und</strong>esstaates Pennsylvania, 2006–09, Auswahl<br />

Fließgewässer<br />

Sediment<br />

Beschreibung, Verwendung Nanogramm/Liter Milligramm/Kilogramm<br />

USGS<br />

0 0,5 1,0 1,5 2,0 0 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25<br />

4-Androsten-3,17-dion<br />

cis-Androsteron<br />

Epitosteron<br />

11-Ketotestosteron<br />

Equilenin<br />

Equilin<br />

17-alpha-Ethynylestradiol<br />

Mestranol<br />

Progesteron<br />

Norethindron<br />

Cholesterol<br />

verbotenes Steroid<br />

Testosteronprodukt, Abwehrmittel gegen Wildtiere<br />

menschliches Steroid<br />

Sexualhormon<br />

Hormonersatzstoff<br />

Hormonersatzstoff<br />

Verhütungsmittel<br />

Verhütungsmittel<br />

menschliches Sexualhormon<br />

Verhütungsmittel<br />

tierisches <strong>und</strong> pflanzliches Hormon<br />

1.000<br />

125<br />

3-beta-Coprostanol<br />

Fäkalhormon von Fleischfressern<br />

1.000<br />

250<br />

fleischexporte in die EU seien auf einige wenige<br />

US-Erzeuger ohne Hormoneinsatz begrenzt, solange<br />

dieses Mittel verboten ist, klagte die US-Regierung<br />

im Vorfeld der Verhandlungen.<br />

Sowohl global agierende Pharmafirmen <strong>als</strong><br />

auch amerikanische Fleischexportfirmen wollen<br />

Handelshemmnisse für Hormonfleisch abbauen.<br />

Die Verhandlungen sind nicht öffentlich, daher<br />

wissen Verbraucher in der EU aktuell nicht, was<br />

die EU-Kommission den USA verspricht. Verbraucher-,<br />

Umwelt- <strong>und</strong> Tierschutzorganisationen fordern<br />

den Stopp der Geheimverhandlungen <strong>und</strong><br />

eine verpflichtende Kennzeichnung für Fleisch<br />

<strong>und</strong> alle anderen Lebensmittel vom Tier, <strong>als</strong>o<br />

letztlich Wahlfreiheit im Einzelhandel: Herkunft,<br />

Hormoneinsatz, Gentechnik im Futter <strong>und</strong> die<br />

Haltung der <strong>Tiere</strong> müssen eindeutig erkennbar<br />

sein. Eine solche Kennzeichnung aber gilt Konzernen<br />

gerade <strong>als</strong> zentrales „Handelshemmnis“, das<br />

der TTIP-Vertrag beseitigen soll.<br />

Erlaubt ist in der EU der Einsatz von Sexualhormonen.<br />

Sie werden Sauen im Stall gespritzt, damit<br />

alle den gleichen Zyklus haben. Natürlicherweise<br />

gebären Sauen ihre Ferkel, wenn die Tragzeit beendet<br />

ist, <strong>und</strong> werden erst wieder tragend, wenn<br />

die Säugezeit nach etwa sechs Wochen zu Ende<br />

geht. Industrielle Ställe mit zehntausenden Sauen<br />

folgen einer anderen Logik. Ihre Architektur mit<br />

tausenden von Eisengitter-Geburtsständen gibt<br />

vor, dass die exakt passende Anzahl Sauen zur<br />

gleichen Zeit gebären. Nach kaum drei Wochen<br />

Säugezeit soll die Sau mit Hilfe von weiteren Hormongaben<br />

sofort wieder tragend werden; eine<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

„leere“ Sau kostet nur. Sexualhormone sparen Arbeitskräfte<br />

bei Geburten am Fließband <strong>und</strong> bringen<br />

mehr Ferkel, allerdings auch mehr tote. So<br />

wird einkalkuliert, dass eine Sau mit Hormonbehandlung<br />

trotz ihrer maximal 14 Zitzen oft mehr<br />

<strong>als</strong> 15 Ferkel pro Wurf gebiert. „Überzählige“ Ferkel<br />

werden meist getötet.<br />

Bisher sieht kein Staat systematische Rückstandsuntersuchungen<br />

oder eine verpflichtende<br />

Kennzeichnung von Fleisch aus Hormonzucht<br />

vor. Über die eingesetzten Hormonmengen gibt<br />

keine Verbraucherschutzbehörde transparente<br />

Auskunft. Nur Pharmafirmen wissen, wo welche<br />

Hormone eingesetzt <strong>und</strong> wie viel an Wirkstoffen<br />

in welchem Land gekauft werden.<br />

Nicht nur über das Fleisch können die Hormone<br />

Menschen erreichen. <strong>Tiere</strong> scheiden<br />

85 Prozent der Wirkstoffe wieder aus. Sie gelangen<br />

mit der Gülle in die Umwelt, vor allem<br />

in die Gewässer. Mediziner führen das Wachstum<br />

einiger Krebsarten, zunehmende Unfruchtbarkeitsprobleme<br />

bei Männern sowie eine immer<br />

früher einsetzende Pubertät auf die allgemein<br />

steigende Belastung der Natur mit hormonwirksamen<br />

Substanzen zurück. Welcher Anteil davon<br />

auf die Tierzucht entfällt, ist bislang nicht untersucht.<br />

Doch insbesondere im Kindesalter können<br />

bereits sehr geringe Hormondosen zu Fehlbildungen<br />

der Geschlechtsorgane <strong>und</strong> Geschlechtsumwandlungen<br />

beitragen, zeigen Tierversuche<br />

im Labor <strong>und</strong> bei Wildtieren in der Natur. Die<br />

Technik bietet keine Hilfe: Kläranlagen halten die<br />

meisten Stoffe nicht auf.<br />

Kläranlagen<br />

stoppen Hormone<br />

aus den Arzneien<br />

für Mensch <strong>und</strong><br />

Tier nicht<br />

25


TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND<br />

Drei Viertel aller agrarischen Nutzflächen werden heute in irgendeiner Weise<br />

für die Tierfütterung beansprucht. Dabei wären sie effizienter für die Produktion<br />

menschlicher Nahrungsmittel zu verwenden.<br />

Eine Milliarde<br />

Tonnen Ölschrote<br />

<strong>und</strong> Getreide<br />

wandert im Jahr in<br />

die Viehtröge<br />

R<br />

ind, Schaf <strong>und</strong> Ziege sind ideale Grasfresser.<br />

Als Wiederkäuer können sie auch noch solche<br />

Kohlenhydrate ausbeuten, die für andere<br />

Tierarten <strong>und</strong> den Menschen unverdaulich<br />

sind – Zellulose zum Beispiel. Theoretisch konkurrieren<br />

Menschen <strong>und</strong> wiederkäuende Nutztiere<br />

nicht um ihre Nahrung – hier das Korn fürs Brot,<br />

dort Gras <strong>und</strong> Klee für die Kuh <strong>und</strong> ihre Milch.<br />

Doch so funktioniert das schon lange nicht<br />

mehr. Um aus den <strong>Tiere</strong>n mehr herauszuholen,<br />

<strong>als</strong> mit der vergleichsweise energiearmen<br />

Gras-, Silage- <strong>und</strong> Heufütterung möglich wäre,<br />

enthält die tägliche Ration einen hohen Anteil an<br />

eiweißhaltigem Kraftfutter.<br />

Daraus kann heute um die 20 <strong>und</strong> manchmal<br />

bis zu 30 Prozent des Rinderfutters bestehen.<br />

Schweine finden, genau ihrem Alter angepasst,<br />

6 bis 25 Prozent Soja im Trog vor. R<strong>und</strong> 40 Prozent<br />

des Futters, auf alle Nutztierarten bezogen,<br />

stammt aus Gras, Heu, Silage von den Wiesen oder<br />

aus Silomais. Doch es gibt regional große Unterschiede:<br />

Weltweit sind 57 Prozent der Gersten-,<br />

Roggen-, Hirse-, Hafer- <strong>und</strong> Maisernte zum Tierfutter<br />

bestimmt. Selbst in den USA, wo große Mengen<br />

für die Ethanolherstellung verwendet werden,<br />

geht Mais zu 44 Prozent in die Tröge, in der<br />

EU 45 Prozent des Weizens. In Afrika, vor allem<br />

südlich der Sahara, wo das Hungerrisiko groß ist,<br />

sind solche Zahlen <strong>und</strong>enkbar. Dort wird 80 Prozent<br />

der Getreideernte von Menschen gegessen.<br />

Die <strong>Tiere</strong> finden ihre Nahrung auf den Weiden.<br />

Im globalen Maßstab wandern von der jährlichen<br />

Getreideernte an Weizen, Roggen, Hafer <strong>und</strong><br />

Mais über 40 Prozent oder fast 800 Millionen Tonnen<br />

direkt in die Tröge. Hinzu kommen 250 Millionen<br />

Tonnen Ölschrote, vor allem aus Sojabohnen.<br />

Sie sind wie andere Bohnen Leguminosen: Sie<br />

entnehmen der Atmosphäre Stickstoff, reichern<br />

Die EU lässt wachsen – Anbauflächen, die im Ausland „eingekauft“ werden<br />

Netto-Landhandel der EU, in Millionen Hektar, Durchschnitt 2008–10<br />

negativer Wert: Exporte, positiver Wert: Importe<br />

WWF<br />

Nordamerika<br />

-1,6<br />

GUS<br />

Asien<br />

-2<br />

Ozeanien<br />

0,0<br />

-0,2<br />

Südamerika<br />

Sonstige<br />

-0,1<br />

Paraguay<br />

Brasilien<br />

-0,9<br />

Argentinien<br />

-12,8<br />

+0,2<br />

Naher Osten/<br />

Nordafrika<br />

+0,1<br />

Sojafelder für das Vieh der EU, Millionen Hektar<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

-5,4<br />

-6,4<br />

Subsahara-<br />

Afrika<br />

8<br />

0<br />

2001 2005 2010<br />

26<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


damit beim Unterpflügen oder über ihre Wurzeln<br />

die Böden an <strong>und</strong> verbessern somit die Fruchtbarkeit<br />

der Böden. Knapp ein Drittel der 14 Milliarden<br />

Hektar kultivierten Landes unserer Erde dient dem<br />

Anbau von Futtermitteln. Eine Rechnung der UN-<br />

Agrarorganisation FAO fällt drastischer aus, wenn<br />

die Nebenprodukte aus der landwirtschaftlichen<br />

Erzeugung, die ins Futter gehen, ebenfalls berücksichtigt<br />

werden: Einschließlich Stroh, Öl kuchen<br />

von Soja <strong>und</strong> Raps oder Trester dienen sogar drei<br />

Viertel der Äcker in irgendeiner Weise der Tierfütterung.<br />

Der UN-Weltagrarbericht schätzt, dass die<br />

Nutztierhaltung heute 70 Prozent der globalen<br />

Äcker <strong>und</strong> Weiden beansprucht.<br />

Soja ist heute der wesentliche Eiweißlieferant<br />

im Tierfutter. Dabei könnte es durch heimische<br />

Leguminosen wie Ackerbohnen, Erbsen, Luzerne<br />

ersetzt werden. Die haben aber in der EU nur noch<br />

einen Anteil von r<strong>und</strong> 20 Prozent an der Eiweißversorgung.<br />

Auch in den USA <strong>und</strong> einigen lateinamerikanischen<br />

Ländern wie Mexiko, natürlich<br />

in Europa <strong>und</strong> sogar in Ägypten wird Vieh nicht<br />

unbedingt mit dem früher üblichen Gras, sondern<br />

längst auch mit Mais, Weizen <strong>und</strong> Soja-Pflanzen<br />

gefüttert. Doch so geht ein Großteil der eingesetzten<br />

Produkte verloren. Sie wären effizienter direkt<br />

<strong>als</strong> Nahrung für die Menschen zu verwenden.<br />

Außerdem wird durch den Import von Futtermitteln<br />

die Futter- von der Fleischproduktion<br />

getrennt; die Ernte muss auf weiten Wegen zum<br />

Vieh transportiert werden. Zu den Folgen gehört,<br />

dass viele Fleischproduzenten ihre Gülle nicht<br />

ortsnah, umwelt- <strong>und</strong> vor allem gr<strong>und</strong>wasserverträglich<br />

in der Landschaft verteilen, sondern<br />

kostenpflichtig entsorgen müssen. Auf der anderen<br />

Seite werden dort, wo das Futter herkommt, in<br />

großen Mengen künstlicher Dünger <strong>und</strong> Pestizide<br />

eingesetzt, weil die Gülle fehlt.<br />

Zudem steigt die Getreideproduktion nicht<br />

mehr überall. Nach einem Bericht der University<br />

of Minnesota stagnieren die Erträge in einem<br />

Viertel bis einem Drittel der Ernteregionen, etwa<br />

in Australien, Argentinien, Kenia oder den US-<br />

Staaten Arkansas <strong>und</strong> Texas. In einigen Gegenden<br />

Gier nach Nutzung: Aus Grünland werden Agrarflächen<br />

in Prozent der natürlichen Bestände Ackerland Weideland<br />

Südamerika<br />

Nordamerika<br />

Ozeanien<br />

Europa<br />

Asien<br />

(inkl. GUS)<br />

Afrika<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

vorher Grasland oder Savannen<br />

Großbritanniens, einst Rekordhalter der Getreideproduktion,<br />

sind die Ernten seit 20 Jahren sogar<br />

gesunken. Britische Forscher meinen, dass dies<br />

bei Weizen <strong>und</strong> Raps am Einsatz von Großmaschinen<br />

liegt, der die Böden zerstört.<br />

Global betroffen von der annähernden Stagnation<br />

sind jene vier Hauptgetreidearten, die<br />

für zwei Drittel aller landwirtschaftlich produzierten<br />

Kalorien stehen: Mais, Reis, Weizen<br />

<strong>und</strong> Soja. Ihre Ernte wächst weltweit um<br />

nur noch 0,9 bis 1,6 Prozent pro Jahr. Es rächt<br />

sich, meinen die Autoren der Studie aus Minnesota,<br />

dass sich die Agrarwirtschaft vorrangig<br />

damit beschäftigt habe, Futter für Nutztiere <strong>und</strong><br />

Agrospritpflanzen für Autos zu produzieren. Die<br />

Erforschung unterschiedlicher Pflanzen für die<br />

lokale Nahrungsproduktion hingegen kam über<br />

Jahrzehnte zu kurz. Und jetzt reicht das Wissen<br />

über die Alternativen nicht.<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

vorher Steppen<br />

FAO<br />

Industrielle<br />

Tierhaltung führt<br />

zu Gülleüberschuss,<br />

der abtransportiert<br />

werden muss<br />

Platz für Mahlzeiten<br />

Landbedarf für typische Gerichte, in m 2 /Person<br />

WWF<br />

3,61<br />

3,38<br />

3,12<br />

2,23<br />

0,66<br />

1,36<br />

0,76<br />

0,38<br />

2,26<br />

1,96<br />

0,35<br />

Landbedarf gesamt<br />

Bedarf für Fleischbestandteile<br />

Bedarf für Soja<br />

0,11<br />

Schweinebraten Hamburger Curryhuhn Rostbratwurst<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

27


SCHNITZEL, WÜRSTCHEN, GLYPHOSAT<br />

Was essen die <strong>Tiere</strong>, die wir essen? Wenn Fleisch, Milch <strong>und</strong> Eier Rückstände<br />

von Pestiziden, Herbiziden oder Medikamenten enthalten, nehmen wir<br />

diese Stoffe womöglich auch zu uns. Zwar schützen Gesetze vor den gefährlichsten<br />

Substanzen, aber sie bieten auch Schlupflöcher <strong>und</strong> ermöglichen<br />

Grauzonen, wie das Beispiel Glyphosat zeigt.<br />

Als das<br />

genmanipulierte<br />

Getreide kam,<br />

stiegen auch die<br />

Grenzwerte<br />

D<br />

ie Massentierhaltung in der Europäischen<br />

Union basiert zu einem großen Teil auf<br />

der Verfütterung von Sojabohnen <strong>und</strong> vor<br />

allem von genmanipuliertem Soja. Die einzige<br />

„positive“ Auswirkung dieses gentechnischen<br />

Verfahrens besteht darin, dass es die Sojapflanze<br />

resistent gegen Glyphosat macht. Dies ist ein<br />

Breitspektrum-Herbizid, das jede Pflanze auf<br />

einem Feld tötet, die nicht durch Genmanipulation<br />

immunisiert wurde.<br />

Glyphosat ist weltweit das meistverkaufte<br />

chemische Pflanzenvernichtungsmittel. In den<br />

1970er Jahren vom US-Unternehmen Monsanto<br />

zum Patent angemeldet, wird es unter dem Markennamen<br />

Ro<strong>und</strong>up vermarktet. Monsanto, der<br />

größte Saatguthersteller der Welt, erzeugt mehr<br />

<strong>als</strong> die Hälfte des weltweit verwendeten Glyphosats.<br />

Im Jahr 2011 erwirtschaftete das Unternehmen<br />

mit dieser Substanz 27 Prozent seines Umsatzes.<br />

Nachdem 1991 das internationale Patent <strong>und</strong><br />

2000 das US-Patent ausgelaufen waren, musste<br />

Monsanto eine neue Strategie entwickeln, um seinen<br />

Marktanteil gegen konkurrierende Chemieunternehmen<br />

wie BASF, Syngenta <strong>und</strong> Bayer zu<br />

verteidigen, die mittlerweile auch Herbizide mit<br />

Glyphosat produzierten. Also führte Monsanto<br />

Getreidesorten ein, die <strong>als</strong> „Ro<strong>und</strong>up Ready“ bezeichnet<br />

werden <strong>und</strong> mittels Gentechnik resistent<br />

gegen Glyphosat gemacht worden waren. Mit<br />

dem Versprechen eines einfachen Programms<br />

zur Unkrautbekämpfung ermuntert Monsanto<br />

nun die Landwirte, die Soja, Mais, Baumwolle <strong>und</strong><br />

Zuckerrüben aus der Ro<strong>und</strong>up-Ready-Produktreihe<br />

anbauen, auch das dazugehörige Herbizid<br />

vom selben Unternehmen zu kaufen.<br />

Zurzeit sind r<strong>und</strong> 85 Prozent der weltweit<br />

angebauten genmanipulierten Getreidearten<br />

resistent gegen Herbizide, wie auch die meisten<br />

Ro<strong>und</strong>up-Ready-Pflanzen von Monsanto. 2012<br />

machten Ro<strong>und</strong>up-Ready-Sojabohnen weltweit<br />

fast die Hälfte aller angebauten genmanipulierten<br />

Getreidepflanzen aus. In Nord- <strong>und</strong> Südamerika<br />

auf einer Gesamtfläche von r<strong>und</strong> 85 Millionen<br />

Hektar geerntet, werden sie vor allem nach China<br />

<strong>und</strong> in die EU exportiert <strong>und</strong> bei der Massenhaltung<br />

von Geflügel, Schweinen <strong>und</strong> Rindern <strong>als</strong><br />

Futtermittel verwendet.<br />

Zwar sind die Pflanzen resistent gegen Glyphosat,<br />

sie nehmen das Herbizid aber auf. Die<br />

Rückstände bleiben in Essen <strong>und</strong> Futter mindestens<br />

ein Jahr lang stabil erhalten, selbst dann,<br />

wenn die Nahrung gefroren oder getrocknet<br />

wird. Nutztiere speichern die Chemikalie. Studien<br />

haben ergeben, dass in Milch, Eiern, der Leber<br />

<strong>und</strong> den Nieren auch dann geringfügige Restmengen<br />

an Glyphosat nachweisbar sein können,<br />

wenn die <strong>Tiere</strong> nur die zulässige Menge der Substanz<br />

mit der Nahrung aufgenommen haben. Die<br />

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit<br />

(EFSA) will sich jetzt mit dem Thema befassen.<br />

Rapide Verbreitung von Glyphosat in den USA<br />

Verteilung auf Feldbauprodukte,<br />

Millionen Kilogramm<br />

Glyphosat-resistente Feldfrüchte<br />

in Prozent des bebauten Landes<br />

USDA ERS<br />

2009<br />

2008<br />

2007<br />

2006<br />

2005<br />

2004<br />

2003<br />

2002<br />

2001<br />

2000<br />

1999<br />

1998<br />

1997<br />

1996<br />

1995<br />

1994<br />

1993<br />

Mais<br />

Sojabohnen<br />

Sonstige<br />

0 25 50 75 100<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Sojabohnen<br />

Mais<br />

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

28<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Genmanipulierte Produkte – Zustimmung <strong>und</strong> Ablehnung<br />

Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen,<br />

Flächen in Millionen Hektar, nach Ländern<br />

über 9<br />

3 bis 9<br />

1 bis 3<br />

0,01 bis 1<br />

0<br />

FAO, centerforfoodsafety.org<br />

Vorschriften für genetisch<br />

veränderte Lebensmittel<br />

(nicht Tierfutter)<br />

Verbot<br />

Kennzeichnungspflicht:<br />

alle pflanzlichen Produkte, Ausnahme: wenn eine<br />

Verunreinigung bis 0,9 Prozent „zufällig oder<br />

technisch unvermeidbar“ war. Keine Kennzeichnung<br />

tierischer Erzeugnisse (Eier, Fleisch, Milch), wenn die<br />

<strong>Tiere</strong> gentechnisch manipuliertes Futter erhielten<br />

für viele Produkte; bis 1 Prozent des<br />

Gesamtprodukts ungekennzeichnet<br />

für wenige Produkte, mit vielen Ausnahmen<br />

Verbot von gentechnisch manipulierten<br />

Pflanzen in europäischen Ländern<br />

Im Jahr 1996 erhöhte die US-Umweltbehörde<br />

EPA die gesetzlich festgeschriebene Höchstgrenze<br />

für Glyphosat-Rückstände in Sojabohnen von<br />

0,1 auf 20 Milligramm/Kilogramm, was daraufhin<br />

auch international <strong>als</strong> zulässiger Höchstwert<br />

anerkannt wurde. Dies geschah im selben Jahr, in<br />

dem auch die ersten genmanipulierten Getreidearten<br />

angebaut wurden.<br />

Es gibt Hinweise darauf, dass sich eine Woche<br />

nachdem ein Mensch Glyphosat zu sich genommen<br />

hat, noch 1 Prozent der Substanz im Körper<br />

befindet. Und da das Herbizid so breit angewendet<br />

wird, sind ihm die meisten Menschen regelmäßig<br />

ausgesetzt. Noch nie aber wurde untersucht,<br />

wie viele Menschen welche Mengen über<br />

einen längeren Zeitraum im alltäglichen Leben<br />

zu sich nehmen <strong>und</strong> was das bedeutet.<br />

Auch aus anderen Gründen kann die Verwendung<br />

der Substanz problematisch sein. Oft wird<br />

sie aus Flugzeugen auf große Felder gesprüht,<br />

ohne dass auf andere Getreidesorten <strong>und</strong> Pflanzen<br />

in der Umgebung Rücksicht genommen<br />

würde. Dadurch nimmt die lokale Artenvielfalt<br />

drastisch ab. Zudem kann die Chemikalie ins<br />

Gr<strong>und</strong>wasser sickern. Anwohner <strong>und</strong> Menschen,<br />

die sich zufällig in der Gegend aufhalten oder<br />

am Rand der Felder leben, können dem Herbizid<br />

immer wieder ausgesetzt sein. Das kann schwerwiegende<br />

Konsequenzen haben. Es gibt Hinweise<br />

darauf, dass Glyphosat das menschliche Hormonsystem<br />

beeinflusst, was während der Schwangerschaft<br />

zu irreversiblen Schäden führen kann. Außerdem<br />

wurde nachgewiesen, dass Herbizide, die<br />

Glyphosat enthalten, „genotoxisch“ wirken – das<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

heißt, sie beeinflussen die Fähigkeit einer Zelle,<br />

die DNA korrekt zu kopieren <strong>und</strong> sich zu teilen,<br />

was zu genetischen Mutationen <strong>und</strong> einem erhöhten<br />

Krebsrisiko führen kann.<br />

In Ecuador <strong>und</strong> Kolumbien werden Herbizide<br />

mit Glyphosat zur Bekämpfung der Kokain-<br />

Produktion eingesetzt. Studien verzeichnen<br />

genetische Schädigungen <strong>und</strong> Fehlgeburten<br />

während der Zeit, in der das Herbizid gesprüht<br />

wurde. In allen südamerikanischen Regionen,<br />

in denen Soja produziert wird, kommt es vermehrt<br />

zu Fehlbildungen bei Neugeborenen. Laut<br />

einer Studie in Paraguay ist die Wahrscheinlichkeit<br />

mehr <strong>als</strong> doppelt so hoch, wenn die Mutter<br />

weniger <strong>als</strong> einen Kilometer von einem Feld entfernt<br />

lebt, auf dem Glyphosat gesprüht wird.<br />

Pestizid-Einsatz in Argentinien<br />

Verkäufe in Millionen Kilogramm, meist Glyphosat enthaltend<br />

2013<br />

2009<br />

2005<br />

2001<br />

1997<br />

Nie wurde<br />

untersucht, welche<br />

Langzeitwirkungen<br />

Glyphosat haben<br />

könnte<br />

0 50 100 150 200 250 300 350<br />

REDUAS/CASAFE<br />

29


ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH<br />

Die globale Nachfrage nach Tierfutter hat einen neuen Typ Farmer hervorgebracht<br />

<strong>und</strong> der Regierung in Buenos Aires enorme Steuereinnahmen verschafft. Der<br />

Strukturwandel in der Landwirtschaft hat soziale, ökologische <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Auswirkungen, die in der argentinischen Öffentlichkeit kaum diskutiert werden.<br />

„Saatpools“<br />

verdrängen kleinere<br />

Produzenten <strong>und</strong><br />

schaffen riesige<br />

Monokulturen<br />

D<br />

er neue argentinische Landwirt arbeitet<br />

wie ein internationaler Manager. Von seinem<br />

klimatisierten Büro aus verfolgt er<br />

die Preisentwicklung für Soja an den weltweiten<br />

Rohstoffbörsen <strong>und</strong> organisiert seine Produktion<br />

per Laptop <strong>und</strong> Handy. Den Einkauf von Saatgut,<br />

die Ausbringung <strong>als</strong> Direktsaat <strong>und</strong> den Einsatz<br />

von Dünger, Herbiziden <strong>und</strong> Pestiziden hat er an<br />

spezialisierte Dienstleister vergeben, ebenso Ernte<br />

<strong>und</strong> Abtransport. Praktischerweise erhält er<br />

auch Zulieferungen <strong>und</strong> Dienstleistungen aus<br />

einer Hand: Internationale Konzerne liefern<br />

Saatgut, das komplette Chemiepaket <strong>und</strong> zunehmend<br />

auch die Vermarktungsstrukturen.<br />

Der anhaltend hohe Preis für die Tonne Soja<br />

macht diese Art virtueller Landwirtschaft selbst<br />

für mittlere Betriebe – in Argentinien ab 100 Hektar<br />

– rentabel. Der Landbesitzer kalkuliert Outsourcing-Kosten<br />

von 340 Dollar pro Hektar <strong>und</strong><br />

darf je nach Lage, Wetter <strong>und</strong> bei Mehrfachsaat<br />

zwischen 2,5 <strong>und</strong> 4 Tonnen Soja Ertrag erwarten.<br />

Selbst bei einem „niedrigen“ Sojapreis von 330<br />

Dollar pro Tonne bleiben ihm zwischen 485 <strong>und</strong><br />

980 Dollar pro Hektar im Jahr, bei h<strong>und</strong>ert Hektar<br />

<strong>als</strong>o grob 50.000 bis 100.000 US-Dollar. Selbst<br />

nach Abzug von 40 Prozent Agrarsondersteuer<br />

sowie Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Einkommenssteuer hat er genug,<br />

um nicht selber Hand anlegen zu müssen.<br />

Dieses Geschäftsmodell für Landbesitzer ist<br />

seit etwa zehn Jahren verbreitet. Vorreiter waren<br />

die Landpächter: Investoren schlossen sich in Argentinien<br />

in „Saatpools“ zusammen <strong>und</strong> übernahmen<br />

vom Staat oder von privaten Landbesitzern<br />

in großem Stil Anbauflächen zur Nutzung.<br />

Diese Investmentunternehmen operieren oft nur<br />

von ein paar Büroräumen in der Hauptstadt aus<br />

<strong>und</strong> stellen in mehrfacher Hinsicht ein Problem<br />

dar. Da sie größere Flächen bewirtschaften <strong>und</strong><br />

entsprechende Erträge haben, können sie höhere<br />

Pachtbeträge <strong>als</strong> mittlere <strong>und</strong> kleine Produzenten<br />

zahlen. So verdrängen sie kleinere Produzenten<br />

<strong>und</strong> treiben die Entvölkerung ländlicher Räume<br />

voran. Außerdem führen bestimmte Firmenkonstruktionen<br />

für Saatpools zu Steuerbefreiungen.<br />

Bis zu 40 Prozent der Sojafelder werden inzwischen<br />

von Saatpools bewirtschaftet. Bis zum Jahr<br />

2012 zahlten sie <strong>als</strong> Pacht den Gegenwert von 1,8<br />

bis 2,5 Tonnen Sojabohnen pro Hektar, <strong>als</strong>o 594 bis<br />

825 Dollar. Dies ermöglicht großflächige Monokulturen<br />

über zehntausende von Hektar hinweg,<br />

die ganze Landstriche veröden lassen. Mittlere<br />

Saatpools bearbeiten Flächen zwischen 15.000<br />

<strong>und</strong> 30.000 Hektar, große bis zu 100.000 Hektar<br />

<strong>und</strong> mehr. In den Jahren 2008 bis 2012 rechneten<br />

Saatpools mit Renditen von 16 bis 21 Prozent, in<br />

Einzelfällen deutlich mehr. Sie wurden möglich,<br />

weil die Pools unter anderem das Wetterrisiko<br />

minimierten, indem sie die gepachteten Flächen<br />

geografisch breit streuten. Allerdings sind die<br />

Renditen seit 2012 wegen neuer Bestimmungen<br />

Schlüsselzahlen der Soja-Ökonomie<br />

Sojabohnen-Felder,<br />

Millionen Hektar<br />

25<br />

Sojabohnen-Ernte,<br />

Millionen Tonnen<br />

50<br />

52<br />

Sojaverbrauch <strong>und</strong> -export,<br />

Millionen Tonnen, Prognose 2013<br />

52 10<br />

20<br />

19<br />

40<br />

9<br />

15<br />

30<br />

33<br />

10<br />

9<br />

20<br />

20<br />

5<br />

4<br />

10<br />

10<br />

0<br />

1988 2000 2012<br />

0<br />

1988 2000 2012<br />

2<br />

30<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


über Exportgeschäfte auf Dollarbasis auf 3,6 bis 5<br />

Prozent gefallen. Manche Saatpools weichen nun<br />

auf Paraguay, Brasilien <strong>und</strong> Uruguay aus oder<br />

verhandeln in Argentinien um neue Pachtregelungen.<br />

Vor allem Kleinlandwirte sind Opfer des Sojabooms.<br />

Zwischen 1988 <strong>und</strong> 2008 sank die Zahl der<br />

Agrarbetriebe von 421.000 auf 270.000. Derzeit<br />

verfügen 2 Prozent der Unternehmen über mehr<br />

<strong>als</strong> 50 Prozent der Nutzfläche, während 57 Prozent<br />

der Betriebe gerade 3 Prozent bearbeiten. Wegen<br />

der inzwischen hohen Bodenpreise in der Zentralregion<br />

gehen jetzt viele Großbetriebe an die Peripherie<br />

des Landes <strong>und</strong> kaufen billiges Staatsland.<br />

Immer wieder kommt es auch zur gewaltsamen<br />

Vertreibung von Kleinbauern oder -pächtern; bewaffnete<br />

Konflikte häufen sich. Der Soja- <strong>und</strong> auch<br />

der Maisanbau drängen zudem die Qualitätsrinderzucht<br />

in die Randregionen <strong>und</strong> bewaldeten<br />

Gebiete ab, was – wie auch in Paraguay – den<br />

Druck auf indigene Gemeinschaften erhöht.<br />

Die meisten Pools lassen nicht mehr pflügen,<br />

sondern das Saatgut direkt auf dem Boden keimen.<br />

Diese „Direktsaat“ sorgt für eine schnelle<br />

Zweit- oder gar Drittsaat in einem Jahr. Zur ersten<br />

Ernte sind Hektarerträge zwischen 2,5 <strong>und</strong> 3 Tonnen<br />

möglich, bei der zweiten <strong>und</strong> dritten weniger.<br />

Um mehrfach säen zu können, müssen die<br />

Böden immer wieder mit Herbiziden, insbesondere<br />

Glyphosat, pflanzenfrei gemacht werden; nur<br />

das genveränderte Soja ist gegenüber Glyphosat<br />

resistent <strong>und</strong> wächst auf den gewaltigen Flächen.<br />

Die Auswirkungen sind dramatisch. In ländlichen<br />

Gebieten ist die Zahl der Fehlgeburten <strong>und</strong><br />

Missbildungen bei Neugeborenen gestiegen.<br />

Während im Landesdurchschnitt 19 Prozent der<br />

Menschen an Krebs sterben, sind es in diesen<br />

Gebieten mehr <strong>als</strong> 30 Prozent. Dieser Anstieg begann<br />

im Jahr 2000 – zeitgleich mit dem intensiven<br />

Einsatz von Glyphosat.<br />

Futtermittel aus Nordost<br />

Einnahmen aus Sojaexporten,<br />

nach Provinzen, 2010<br />

Millionen Dollar<br />

Dollar pro Einwohner<br />

100<br />

La Pampa<br />

3.600<br />

Córdoba<br />

310<br />

300<br />

Santiago<br />

del Estero<br />

1.090<br />

340<br />

2.900<br />

9.300<br />

Santa Fe<br />

2.300<br />

Provinz<br />

Buenos Aires<br />

150<br />

Chaco 150<br />

150<br />

400<br />

Entre Ríos<br />

Buenos Aires<br />

320<br />

INDEC<br />

unverarbeitet nach China<br />

Biodiesel <strong>und</strong> Sonstige<br />

Futter<br />

35<br />

Anteil an den Ausfuhren<br />

Argentiniens, Prozent, 2012<br />

22<br />

Soja<br />

3<br />

Rind <strong>und</strong> Geflügel<br />

Anteil am Welthandel mit Soja,<br />

Prozent, 2012<br />

Argentinien<br />

24<br />

Steueranteil der Sojaexporte,<br />

Prozent, 2011<br />

6<br />

Ausfuhrsteuern<br />

auf Soja<br />

Gesamteinnahmen<br />

USDA, FAOSTAT, INDEC<br />

Rest der Welt<br />

Lager<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

31


HÜHNER – WELTWEITER<br />

STEIGFLUG IN DIE FABRIK<br />

In den Industrieländern, wo die Geflügelproduktion hoch industrialisiert ist, wird<br />

mittlerweile mehr Hühner- <strong>als</strong> Rindfleisch konsumiert. In Asien wird sich die<br />

Nachfrage vervielfachen. Hier endet die Zeit der Kleinproduzenten, Händler auf<br />

Fahrrädern <strong>und</strong> Lebendvogelmärkte.<br />

Geflügel für das Fließband<br />

32<br />

Zahlen <strong>und</strong> Anteile, 2005/2010*<br />

Gesamtzahl Geflügel<br />

(Milliarden)<br />

7,3<br />

5,3<br />

1,2<br />

2,3<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,9<br />

4,0<br />

1.1<br />

D<br />

ie industrielle Massenproduktion von Geflügel<br />

ist das am schnellsten wachsende Segment<br />

einer hoch globalisierten Viehwirtschaft.<br />

Bis 2020 werden weltweit 124 Millionen<br />

Tonnen Geflügelfleisch produziert, was einem<br />

Anstieg von 25 Prozent innerhalb von nur zehn<br />

Jahren entspricht. Der Produktionszuwachs wird<br />

davon aus<br />

Massenproduktion<br />

(Milliarden)<br />

5,8<br />

4,7<br />

0,6<br />

48<br />

Osteuropa <strong>und</strong> Zentralasien<br />

1,5<br />

0,6<br />

57<br />

Naher Osten <strong>und</strong> Nordafrika<br />

0,3<br />

0,1<br />

Südasien, davon Indien<br />

0,3<br />

Subsahara-Afrika<br />

3,5<br />

Anteil der Massenproduktion,<br />

in Prozent,<br />

nach Ländern/Regionen<br />

79<br />

64<br />

86<br />

90<br />

Ostasien <strong>und</strong> Pazifik, davon China<br />

Südamerika <strong>und</strong> Karibik<br />

30<br />

16<br />

29<br />

Länder mit hohem Einkommen<br />

46<br />

* Einstufung der Länder 2010, <strong>Daten</strong> von 2005, keine neueren Zahlen<br />

5<br />

38<br />

12<br />

5<br />

3<br />

1<br />

2<br />

28<br />

FAO<br />

Anteil an der Massenproduktion<br />

weltweit,<br />

in Prozent<br />

in China am größten sein: 37 Prozent im Vergleich<br />

zu 2010, dicht gefolgt von Brasilien (28 Prozent).<br />

Ein unterdurchschnittliches Wachstum wird für<br />

die USA (16 Prozent) <strong>und</strong> die EU (4 Prozent) vorausgesagt.<br />

In Südasien wird die Nachfrage bis 2050 um<br />

mehr <strong>als</strong> das Siebenfache ansteigen, vorwiegend<br />

durch den Bedarf in Indien, wo nahezu eine<br />

Verzehnfachung zu erwarten ist: von ungefähr<br />

1 Million auf 9,9 Millionen Tonnen pro Jahr. Nach<br />

Angaben der UN-Organisation für Ernährung<br />

<strong>und</strong> Landwirtschaft (FAO) ist das vor allem dem<br />

steigenden Pro-Kopf-Verbrauch <strong>und</strong> nicht so sehr<br />

der wachsenden Bevölkerungszahl geschuldet.<br />

Besonders in den städtischen Ballungsgebieten<br />

nimmt der Verbrauch zu – dort ist er doppelt so<br />

hoch ist wie in ländlichen Regionen.<br />

Warum essen Menschen lieber Geflügel <strong>als</strong><br />

anderes Fleisch? Ein Gr<strong>und</strong> ist der Preis: Die Produktion<br />

von Geflügel ist deutlich günstiger.<br />

Auch wenn die Kosten für die Produktion steigen<br />

werden, weil das Futter teurer wird: Hühner<br />

sind effizientere Futtermittelverwerter <strong>als</strong> andere<br />

Nutztiere. Außerdem gibt es im Gegensatz<br />

zu Rind- <strong>und</strong> Schweinefleisch beim Verzehr von<br />

Hühnerfleisch nur wenig religiöse oder kulturelle<br />

Einschränkungen.<br />

Viele Hühner werden heutzutage in engen<br />

Hinterhöfen gehalten. Doch die Zahl der Lebendvogelmärkte<br />

<strong>und</strong> Händler auf Fahrrädern<br />

nimmt ab. Die vielen Kleinschlachtereien <strong>und</strong><br />

Einzelhändler werden zunehmend durch einige<br />

wenige große Schlachthäuser <strong>und</strong> Fabrik läden<br />

ersetzt. So hat die Industrialisierung von Chinas<br />

Geflügelproduktion rasant Fahrt aufgenommen.<br />

Die Expansion von Supermärkten <strong>und</strong> Fast-Food-<br />

Ketten fördert die Nachfrage <strong>und</strong> beschleunigt<br />

den Übergang zur Massenproduktion. Millionen<br />

bäuerlicher Geflügelproduzenten sind bereits<br />

verschw<strong>und</strong>en: zwischen 1985 <strong>und</strong> 2005 haben<br />

70 Millionen den Sektor verlassen. Kleinfarmen<br />

verlieren an Bedeutung. 1998 deckten Betriebe<br />

mit weniger <strong>als</strong> 2.000 Vögeln r<strong>und</strong> 62 Prozent des<br />

Hühnerfleischbedarfs eines Landes; 2009 produzierten<br />

diese Betriebe nur noch 30 Prozent. Mittlerweile<br />

ist der Marktanteil von Großbetrieben<br />

mit einem jährlichen Ertrag von mehr <strong>als</strong> 100<br />

Millionen <strong>Tiere</strong>n von 2 Prozent im Jahre 1998 auf<br />

über 6 Prozent im Jahre 2009 gestiegen.<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


„Huhn“, global gegessen<br />

Hühnerfleisch-Verbrauch<br />

pro Kopf 2012, Schätzung,<br />

in Kilogramm<br />

50,1<br />

36,5<br />

25,3<br />

DSW, FAO<br />

Kanada<br />

23,6<br />

Russland<br />

14,0<br />

19,1<br />

31,0<br />

USA<br />

EU-27<br />

China<br />

16,9<br />

Japan<br />

Südkorea<br />

2,4<br />

Mexiko<br />

38,5<br />

Indien<br />

50,5<br />

7,3<br />

37,8<br />

Indonesien<br />

38,6<br />

Brasilien<br />

Südafrika<br />

Australien<br />

Argentinien<br />

Derartige Massen an Vögeln sind schwer ges<strong>und</strong><br />

zu halten. Viele Betriebe mischen Antibiotika<br />

<strong>und</strong> andere Zusatzstoffe in das Tierfutter,<br />

um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern<br />

<strong>und</strong> das Wachstum der Vögel zu beschleunigen.<br />

Obgleich China eine lange Liste verbotener<br />

Futtermittelzusatzstoffe aufgestellt hat (von<br />

denen viele in den USA erlaubt sind), bleiben<br />

Überwachung <strong>und</strong> Umsetzung mangelhaft. Im<br />

Dezember 2012 enthüllte das chinesische Nationalfernsehen<br />

den Liuhe-Hühnerfleischskandal.<br />

Bis zu 18 verschiedene Antibiotika wurden in den<br />

„Cocktails“ gef<strong>und</strong>en, die den Futtermitteln des<br />

Marktführers beigemischt worden waren, um das<br />

Wachstum der Masthähnchen zu beschleunigen.<br />

Diese Vögel nahmen innerhalb von nur 40 Tagen<br />

von 30 Gramm auf 2,5 Kilogramm zu.<br />

Liuhe ist einer der Hauptlieferanten von Kentucky<br />

Fried Chicken. Der Umsatz der US-Kette<br />

brach ein. KFC reagierte darauf mit verstärkten<br />

Kontrollen seiner Lieferketten <strong>und</strong> gab den Übergang<br />

zu einem sogenannten Grow-out-System<br />

bekannt. Bei diesem Modell gibt es keine unabhängigen<br />

Kleinproduzenten oder Vertragsbetriebe<br />

mehr, die typisch für die vertikal integrierte<br />

Geflügelindustrie sind. Nun gehören dem fleischverarbeitenden<br />

Betrieb sämtliche eingesetzten<br />

Produktionsmittel; er kontrolliert das Land <strong>und</strong><br />

die Wasserressourcen <strong>und</strong> beschäftigt die Arbeitskräfte,<br />

die das Geflügel produzieren. So wandeln<br />

sich Betriebe letztlich in Fabriken.<br />

Statt sich von einem derartigen Industriemodell<br />

zu entfernen, intensiviert China seine Geflügelproduktion<br />

noch weiter. Und das trotz der<br />

Vogelgrippe: Im Jahr 1996 wurde sie erstm<strong>als</strong> bei<br />

Zuchtgänsen in Südchina entdeckt <strong>und</strong> breitete<br />

sich in 60 Ländern aus. Und seit 2004 berichtet<br />

China jedes Jahr – mit Ausnahme des Jahres 2011<br />

– über neue Fälle.<br />

Die Entwicklung in China ist durchaus typisch<br />

für die weltweiten Trends der Geflügelproduktion.<br />

Märkte <strong>und</strong> Verarbeitungsbetriebe werden<br />

immer weiter in die Handelsketten integriert,<br />

wobei die Kontrolle in den Händen von<br />

Großunternehmen liegen wird. Jeder, der<br />

heutzutage seinen Lebensunterhalt mit Geflügel<br />

verdient, wird diese Entwicklung zu spüren<br />

bekommen, insbesondere Frauen, deren Zucht<br />

in Hinterhöfen <strong>und</strong> Kleinstbetrieben für viele Familien<br />

unentbehrlich ist. Außerdem sinkt mit den<br />

Fleischpreisen auch die Fleischqualität.<br />

Die Herde wächst unaufhaltsam<br />

Milliarden <strong>Tiere</strong><br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Hühner<br />

Enten<br />

Gänse <strong>und</strong> Perlhühner<br />

Truthähne<br />

Antibiotika:<br />

In 40 Tagen nahmen<br />

Masthähnchen von<br />

30 Gramm auf 2,5<br />

Kilogramm zu<br />

0<br />

2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />

FAO<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

33


DIE ZWEIFEL DER REICHEN<br />

In den Industrieländern scheint der Höhepunkt des Fleischbooms vorbei zu sein.<br />

Skandale haben die Konsumenten verunsichert, Informationen über die Folgen<br />

der Massentierhaltung sind weithin zugänglich. Aber Biofleisch bleibt für viele<br />

Menschen zu teuer, <strong>und</strong> neue Gütesiegel verwirren die Interessenten.<br />

Skeptischen<br />

Verbrauchern ist<br />

nicht klar, wie die<br />

Fleischbranche<br />

funktioniert<br />

I<br />

n den reichen Industrienationen haben sich<br />

Produktion <strong>und</strong> Verbrauch in den vergangenen<br />

50 Jahren beträchtlich verändert. Während<br />

man in Großbritannien im Jahr 1950 im<br />

Schnitt nur 20 Gramm Huhn, aber 250 Gramm<br />

Rindfleisch pro Woche konsumierte, so verzehren<br />

Briten mittlerweile durchschnittlich 250 Gramm<br />

Huhn <strong>und</strong> lediglich 120 Gramm Rindfleisch pro<br />

Woche. Allerdings scheint es in den meisten Industrienationen<br />

eine gegenläufige Bewegung<br />

zu geben: Eine kleinere Anzahl von Menschen<br />

isst inzwischen weniger Fleisch, eine ges<strong>und</strong>e,<br />

fleischarme Ernährung liegt im Trend. Doch<br />

viele andere haben keinen Zugang zu frischer,<br />

hochwertiger Nahrung, aus Mangel an Wissen<br />

kein Interesse <strong>und</strong> damit auch nicht die Wahl zwischen<br />

fleischhaltiger <strong>und</strong> fleischloser Ernährung.<br />

Insgesamt ist in den Industrienationen ein<br />

hoher, aber stagnierender Fleischverbrauch zu<br />

verzeichnen. In einigen Ländern ist der Verzehr<br />

sogar zum ersten Mal seit Jahrzehnten rückläufig.<br />

So zeigt sich die Fleischwirtschaft in den USA besorgt,<br />

weil der Konsum zwischen 2007 <strong>und</strong> 2012<br />

um 9 Prozent gesunken ist. Die Unternehmen sehen<br />

sich von einem „Propagandafeldzug gegen<br />

das Fleisch“ bedroht. In Deutschland nahm der<br />

Fleischverbrauch allein im Jahr 2012 um 2 Kilogramm<br />

pro Mensch <strong>und</strong> Jahr ab. Die Fleischwirtschaft<br />

führte dies umgehend darauf zurück, dass<br />

durch den verregneten Sommer die Grillsaison<br />

ausgefallen sei. Doch selbst dann neigen die Konsumenten<br />

in den Industrienationen offenbar<br />

dazu, auf die Qualität der Produkte zu achten. Und<br />

in den Artikeln der Lifestyle-Magazine wird eine<br />

fleischarme Ernährung mittlerweile <strong>als</strong> ges<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> modern angepriesen.<br />

Eine Ursache für diesen Trend liegt in der langen<br />

Reihe von Fleischskandalen – vom Gammelfleisch<br />

über Dioxin im Hühnerfutter bis hin zu<br />

Pferdefleisch, das <strong>als</strong> Rindfleisch verkauft wurde.<br />

Zu solchen Verbrechen kommt es durch den zunehmenden<br />

wirtschaftlichen Druck, aber auch<br />

durch komplexe, dezentralisierte <strong>und</strong> globalisierte<br />

Produktionsketten. Die Verbraucher verstehen<br />

die Struktur der Fleischindustrie nicht, sie stehen<br />

den Kontrollmechanismen skeptisch gegenüber,<br />

<strong>und</strong> durch die Berichte in den Medien ignorieren<br />

sie auch nicht länger die negativen Auswirkungen<br />

auf die Umwelt, die Ges<strong>und</strong>heit der Menschen<br />

<strong>und</strong> das Wohlergehen der <strong>Tiere</strong>.<br />

Pflanzliche <strong>und</strong> tierische Nahrung nach Ländergruppen<br />

Kilokalorien pro Kopf <strong>und</strong> Tag<br />

Pflanzlich, tierisch<br />

Industrieländer<br />

Entwicklungsländer<br />

WHO, FAOSTAT<br />

2.947 3.065 3.206 3.380 3.440 3.500<br />

2.054 2.152 2.450 2.681 2.850 2.980<br />

1964–66 1974–76 1984–86 1997–99 2015<br />

geschätzt<br />

2030<br />

geschätzt<br />

nur tierisch<br />

Industrieländer Europa USA jeweils ärmste Länder<br />

China<br />

1.200<br />

1.000<br />

800<br />

600<br />

833<br />

976<br />

1.005 1.049 1.013<br />

929 971 977 958 964<br />

923 925<br />

694<br />

594<br />

400<br />

200<br />

0<br />

132 141<br />

191 160<br />

90<br />

1963 1983 2003 2009<br />

178<br />

34<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Die Nachfrage in der reichen Welt steigt nicht mehr<br />

Fleischkonsum pro Kopf, in Kilogramm, Durchschnitt 2010–12 (geschätzt), <strong>und</strong> 2022 (Prognose)<br />

20,2<br />

18,2 16,7<br />

15,8<br />

Kanada<br />

33,7<br />

32,6<br />

45,6<br />

44,4<br />

11,1<br />

11,0<br />

32,3<br />

31,7<br />

21,2<br />

20,8<br />

15,3<br />

14,9<br />

6,8 7,3<br />

Japan<br />

12,8<br />

12,7<br />

0,2 0,2<br />

OECD/FAO<br />

26,5<br />

EU<br />

39,6<br />

38,8<br />

0.9 0.8<br />

Australien<br />

24,7 21,1<br />

20,8<br />

0,4 0,3<br />

22,9<br />

22,1<br />

21,5<br />

20,0<br />

USA<br />

8,6<br />

8,4<br />

2010–<br />

2012 2022<br />

Rind, Kalb<br />

Schwein<br />

Geflügel<br />

Schaf, Ziege<br />

19,1<br />

16,8<br />

2,0 1,7<br />

Neuseeland<br />

15,7<br />

15,5<br />

31,6 32,5 10,2<br />

8,8<br />

Als Reaktion auf den rückläufigen Fleischkonsum<br />

haben die Unternehmen Gütesiegel entwickelt,<br />

die den Konsumenten die Einhaltung<br />

bestimmter Standards bezüglich Tierschutz <strong>und</strong><br />

Lebensmittelsicherheit vermitteln sollen. Kritiker<br />

warnen davor, dass diese „Standards“ der Fleischwirtschaft<br />

eher zur Verwirrung der Verbraucher<br />

<strong>als</strong> zur Verbesserung der Fleischqualität beitragen.<br />

Sinnvoll sind stattdessen gesetzlich verpflichtende<br />

Kennzeichnungsregeln für Herkunft, Haltungsform<br />

<strong>und</strong> Gentechnik im Futter.<br />

Biofleisch ist eine Alternative, die der Skepsis<br />

der Verbraucher Rechnung trägt. Dennoch stammen<br />

in den meisten Industrienationen weniger<br />

<strong>als</strong> 2 Prozent des verkauften Fleisches aus biologischer<br />

Produktion. Ein Gr<strong>und</strong> hierfür ist der Preis.<br />

In Zeiten wachsender Armut <strong>und</strong> einer zunehmenden<br />

Kluft zwischen Arm <strong>und</strong> Reich ist es für<br />

viele Menschen schwierig, mehr Geld für Nahrungsmittel<br />

auszugeben. Biofleisch ist fast doppelt<br />

so teuer wie herkömmliches, weil die Kosten<br />

der industriellen Produktion verdeckt <strong>und</strong> für die<br />

Öffentlichkeit nicht sichtbar sind, etwa Steuervergünstigungen,<br />

die Schäden an der Natur oder die<br />

Nachteile, die den Verbrauchern durch minderwertige<br />

Nahrung entstehen.<br />

In Schulen <strong>und</strong> Kantinen gibt es jeden Tag<br />

Fleisch <strong>und</strong> kaum vegetarische Gerichte. Wir<br />

verlieren die Freude am Gemüse; wir vergessen,<br />

wie man es kocht, obwohl eine vegetarische oder<br />

fleisch arme Ernährung preisgünstiger wäre. Um<br />

die Fleischproduktion nachhaltig zu gestalten,<br />

müssen die reichen Verbraucher weniger essen.<br />

Und sie müssen anders essen, das heißt, den<br />

Verzehr von Produkten aus intensiver Tierzucht<br />

zurückschrauben <strong>und</strong> sich auf die Produktion<br />

<strong>und</strong> den Konsum von Weidetieren konzentrieren.<br />

Diese haben ein gesünderes Verhältnis von Fetten<br />

<strong>und</strong> Mikronährstoffen <strong>als</strong> <strong>Tiere</strong>, die mit Getreide<br />

gefüttert werden. Und sie verwandeln<br />

Gras, ein Produkt, das wir nicht essen können,<br />

in Milch <strong>und</strong> Fleisch.<br />

USA: Talfahrt nach dem Gipfelsturm<br />

Fleischverzehr pro Kopf, Kilogramm, ohne Abfälle <strong>und</strong><br />

Haustiernahrung, 2013 <strong>und</strong> <strong>2014</strong> geschätzt<br />

85<br />

80<br />

75<br />

70<br />

0<br />

1966 1978 1990 2002 <strong>2014</strong><br />

CME<br />

Wir verlieren<br />

die Freude am<br />

Gemüse <strong>und</strong><br />

vergessen, wie<br />

man kocht<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

35


DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE –<br />

VON RIO BIS SCHANGHAI<br />

Brasilien, Russland, Indien, China <strong>und</strong> Südafrika – woher die <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong> ihr Futter<br />

kommen sollen, um den künftigen Fleischkonsum in den fünf „BRICS-Ländern“ zu<br />

decken, weiß heute noch niemand.<br />

„Non-veg“<br />

zu essen ist in<br />

den Städten Indiens<br />

zum Statussymbol<br />

geworden<br />

D<br />

as Wirtschaftswachstum in den fünf Boomländern,<br />

die nach ihren Anfangsbuchstaben<br />

auch kurz BRICS genannt werden, drückt<br />

sich auch im Fleischverbrauch aus. In Brasilien,<br />

Russland, Indien, China <strong>und</strong> Südafrika, die zusammen<br />

40 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren,<br />

nahm er von 2003 bis 2012 um 6,3 Prozent<br />

pro Jahr zu; von 2013 bis 2022 soll er noch einmal<br />

jährlich um 2,5 Prozent wachsen.<br />

Neben Bevölkerungswachstum lässt auch<br />

die Urbanisierung den Fleischverzehr steigen.<br />

Stadtbewohner haben mehr Geld <strong>als</strong> Landbewohner.<br />

Sie essen mehr, <strong>und</strong> sie essen anders<br />

– vor allem mehr tierische Produkte. Die chinesischen<br />

Landbewohner aßen im Jahr 2011 mit<br />

26,1 Kilogramm Fleisch, Milch <strong>und</strong> Eier r<strong>und</strong> 12,4<br />

Kilogramm mehr <strong>als</strong> 1990; bei den Städtern stieg<br />

der Fleischkonsum im selben Zeitraum um 19,1<br />

Kilogramm auf 48,9 Kilogramm. Im Jahr 2050,<br />

vermutet die UN-Welternährungsorganisation<br />

FAO, decken die Schwellenländer nur noch 46 Prozent<br />

ihres Kalorienbedarfs mit Getreide, aber 29<br />

Prozent mit Fleisch, Eiern, Milch <strong>und</strong> Käse.<br />

Um bei dieser Nachfrage mithalten zu können,<br />

werden die Bauern <strong>und</strong> Agrarbetriebe der Welt<br />

die globale Fleischproduktion bis zum Jahr 2050<br />

von heute 300 auf 470 Millionen Tonnen erhöhen<br />

müssen. Überall entstehen Massentierhaltungsbetriebe,<br />

wie es sie in den Industrienationen seit<br />

den 1950er Jahren gibt. Wie all die <strong>Tiere</strong> künftig<br />

ernährt werden können, ist derzeit nicht abzusehen.<br />

Da die Fleischproduktion ungeheure Mengen<br />

Getreide <strong>als</strong> Futtermittel verbraucht, wird sich<br />

die Produktion von Sojabohnen von augenblicklich<br />

260 auf weltweit 515 Millionen Tonnen fast<br />

verdoppeln müssen. Dazu müssen die Erträge pro<br />

Hektar steigen oder die Agrarflächen zunehmen –<br />

oder beides.<br />

Die beiden bevölkerungsreichsten Länder der<br />

Welt unterscheiden sich allerdings stark in ihren<br />

Kon sumstrukturen. In Indien hat die vegetarische<br />

Lebensweise tiefe kulturelle <strong>und</strong> soziale Wurzeln.<br />

Viele Hindus, aber auch die asketisch ausgerichteten<br />

Jains <strong>und</strong> Buddhisten verzichten aus religiösen<br />

Gründen ganz auf den Konsum von Fleisch.<br />

Bei Umfragen geben ein Viertel bis ein Drittel der<br />

Inder an, Vegetarier zu sein. Die Zahl der Fleischesser<br />

nimmt dennoch zu. Seit dem Beginn des<br />

Wirtschaftsbooms Anfang der 1990er Jahre passt<br />

eine neue breite Mittelschicht ihre Lebensweise<br />

dem westlichen Vorbild an. Dazu gehört auch der<br />

Verzehr von Fleisch. „Non-veg“, wie es in Indien<br />

heißt, ist zumindest in Teilen der indischen Bevölkerung<br />

zum Statussymbol geworden. Dennoch<br />

liegt der Pro-Kopf-Verbrauch in Indien bei nicht<br />

einmal einem Zehntel des Niveaus in China.<br />

In Russland, dem größten Rindfleischimporteur<br />

der Welt, hängt die Nachfrage vom Wohl-<br />

Geflügel in China <strong>und</strong> Indien: Nicht mehr der Bevölkerungszuwachs, sondern der Lifestyle sorgt für die Nachfrage<br />

Nachfrage nach Geflügelfleisch, 2000–2030, in Prozent, bei gleich gesetzter Bevölkerungszahl von 1,4 Milliarden<br />

FAO<br />

Bevölkerung<br />

in 2000 in 2030 dem Bevölkerungswachstum<br />

zuzuschreiben<br />

kombiniertes Wachstum<br />

geändertem Lebensstil zuzuschreiben<br />

Bevölkerung<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

11 11<br />

78<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

5<br />

27<br />

68<br />

0,6<br />

China<br />

0,6<br />

Indien<br />

0,4<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,2<br />

0<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18<br />

Pro-Kopf-Verbrauch<br />

(Kilogramm/Jahr)<br />

0<br />

0 2 4 6<br />

36<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Ein Jahrzehnt in die Zukunft<br />

Fleischverbrauch pro Kopf, Kilogramm, Durchschnitt 2010–12 (geschätzt)<br />

<strong>und</strong> 2022 (Prognose), in den Brics-Staaten<br />

24,2<br />

19,7<br />

13,6 14,2<br />

22,5<br />

29,2<br />

34,1<br />

29,2<br />

OECD/FAO<br />

41,5<br />

47,0<br />

Russland<br />

1,2 1,5<br />

45,2<br />

3,43,8<br />

China<br />

11,1 13,6 2,7 2,7<br />

29,3 30,4 12,3<br />

11,1<br />

32,2<br />

1,0 1,2 0,2 0,2<br />

Indien<br />

2,0 2,6 0,7 0,6<br />

0,4 0,4<br />

Brasilien<br />

14,4<br />

12,6<br />

2010–<br />

2012 2022<br />

Rind, Kalb<br />

Schwein<br />

Geflügel<br />

Schaf<br />

5,4<br />

5,8<br />

Südafrika<br />

3,2 3,4<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

stand durch die Einnahmen aus dem Öl- <strong>und</strong><br />

Gasexport ab. Der Beitritt zur Welthandelsorganisation<br />

WTO im Jahr 2012 hat die Einfuhren<br />

nicht belebt. Die strikte Einhaltung des Regelwerks<br />

soll allerdings die bisher üblichen sprunghaften<br />

Wechsel von Lieferländern, -mengen <strong>und</strong><br />

Fleischsorten dämpfen, heißt es. Der Markt gilt<br />

insgesamt <strong>als</strong> schwierig, weil die Angebote zu<br />

langsam auf Trends reagieren.<br />

Südafrika <strong>und</strong> Brasilien hängen wirtschaftlich<br />

ebenfalls von den Rohstoffpreisen des Weltmarktes<br />

ab. Anders <strong>als</strong> im stark industriell geprägten<br />

Russland ist Viehhaltung in Südafrika <strong>und</strong> Südamerika<br />

nichts Ungewöhnliches. Im Gegensatz<br />

zu Brasilien mit seinen Klimavorteilen ist Fleisch<br />

im nicht auf intensive Weidewirtschaft ausgerichteten<br />

Südafrika allerdings teuer. Mehrere Wirtschaftskrisen<br />

haben dafür gesorgt, dass zumeist<br />

billiges Geflügel gegessen wird.<br />

Angesichts der Folgen der Massentierhaltung<br />

– Vogelgrippe, vergiftete Milch, tote Schweine,<br />

die in Flüssen entsorgt werden – entwickeln die<br />

Verbraucher in weiten Teilen Asiens aber immer<br />

mehr ein Bewusstsein, wie es auch in den Industrie<br />

ländern entstanden ist. Und sie interessieren<br />

sich für ökologisch erzeugte Lebensmittel. Vor<br />

allem in den Metropolen entstehen neue Ketten<br />

<strong>und</strong> Bio-Abteilungen in Supermärkten. Die Marktforscher<br />

unterscheiden zwar nicht nach pflanzlichen<br />

<strong>und</strong> tierischen Bioprodukten; daher veröffentlichen<br />

sie nur Gesamtzahlen. Aber allein in<br />

Indien kalkulieren sie mit einer Verfünffachung<br />

des Umsatzes, von 190 Millionen Dollar im Jahr<br />

2012 auf 1 Milliarde Dollar im Jahr 2015. In Brasilien<br />

waren es 2011 bereits 550 Millionen Dollar. In<br />

China gelten seit 2012 Regeln für Bioware, die zu<br />

den weltweit strengsten gehören. Hier könnte der<br />

Umsatz 2015 sogar bei 3,4 bis 9,4 Milliarden Dollar<br />

liegen.<br />

Russland: Konsum in der Krise<br />

Versorgung durch tierische Produkte einschl. Milch <strong>und</strong> Eiern,<br />

Kilokalorien pro Kopf <strong>und</strong> Tag<br />

800<br />

750<br />

700<br />

650<br />

600<br />

550<br />

500<br />

0<br />

Die Hochinflation<br />

vernichtet<br />

private<br />

Ersparnisse;<br />

Pleitewelle in<br />

der Industrie<br />

Eine Bankenkrise<br />

vertreibt ausländische<br />

Investoren; die Inflation<br />

kehrt zurück<br />

Einnahmen aus Öl<br />

<strong>und</strong> Gas sanieren<br />

die Staatsfinanzen;<br />

Investitionen<br />

<strong>und</strong> Konsum<br />

steigen<br />

1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008<br />

Die globale<br />

Finanzkrise<br />

führt in die<br />

Rezession<br />

(bis 2011)<br />

FAOSTAT<br />

37


URBANE TIERHALTUNG<br />

<strong>Tiere</strong> in der Stadt – für viele ein Widerspruch in sich. Gehören sie nicht aufs Land,<br />

jenseits von Lärm, Gestank <strong>und</strong> Luftverschmutzung? Und doch sind gerade sie<br />

für viele ärmere Stadtbewohner eine wichtige Lebensgr<strong>und</strong>lage, denn sie liefern<br />

preiswertere Nahrung <strong>als</strong> ihre Artgenossen auf dem Lande.<br />

Die Haltung<br />

von <strong>Tiere</strong>n in<br />

der Stadt ist<br />

vielerorts offiziell<br />

verboten<br />

I<br />

n den Städten vieler Entwicklungsländer werden<br />

zahlreiche unterschiedliche Nutztiere<br />

gehalten. Zu den Kleintieren gehören Hasen,<br />

Meerschweinchen <strong>und</strong> Geflügel. Sie dienen gewöhnlich<br />

der Produktion von Fleisch <strong>und</strong> Eiern,<br />

die von den Eigentümern entweder selbst gegessen<br />

oder weiterverkauft werden. Mittelgroße<br />

<strong>Tiere</strong> wie Schafe, Ziegen <strong>und</strong> Schweine werden<br />

zwischen Gebäuden, auf Hinterhöfen oder am<br />

Straßenrand gehalten. Sie dienen vorwiegend<br />

der Fleischproduktion, obwohl Schafe <strong>und</strong> Ziegen<br />

auch gemolken werden können. Muslime<br />

schlachten im Rahmen religiöser Feierlichkeiten<br />

Schafe – bevorzugt Böcke – <strong>als</strong> Opfergabe. Wenn<br />

solche Feiertage näherrücken, steigen die Preise<br />

für Schafe drastisch an. Viele ärmere Haushalte<br />

kaufen sich schon mehrere Monate im Voraus ein<br />

Tier, oft die einzige Möglichkeit, an religiösen Festen<br />

teilhaben zu können.<br />

In vielen afrikanischen <strong>und</strong> asiatischen Ländern<br />

kann pasteurisierte Milch teuer <strong>und</strong> schwer<br />

zu bekommen sein. Stadtbewohner halten deshalb<br />

Rinder, Büffel <strong>und</strong> immer häufiger sogar Kamele,<br />

um die Milch zu verkaufen oder sie selber<br />

zu verbrauchen. Ärmere Stadtbewohner leisten<br />

sich Pferde <strong>und</strong> Esel, um sie <strong>als</strong> Transportmittel zu<br />

nutzen <strong>und</strong> sich so ihren Lebensunterhalt zu verdienen.<br />

In kleineren Städten, etwa in Äthiopien,<br />

dienen Pferdekutschen <strong>als</strong> Taxis, <strong>und</strong> sogar in der<br />

Hauptstadt Addis Abeba werden Esel benutzt, um<br />

Materialien zu transportieren.<br />

Die Art, wie <strong>Tiere</strong> in Städten gehalten <strong>und</strong> gefüttert<br />

werden, kann sehr unterschiedlich sein:<br />

Vieh, Schafe <strong>und</strong> Ziegen leben oft auf Höfen oder<br />

leerstehenden Gr<strong>und</strong>stücken <strong>und</strong> werden zum<br />

Grasen an den Rand von Straßen oder Eisenbahnschienen<br />

geführt. Ärmere Menschen lassen ihre<br />

Hühner häufig im Freien scharren oder stecken<br />

Entwicklungsländer: ein Panorama informeller Produktion<br />

Beispiele aus den Jahren<br />

1985 bis 2008<br />

16.500 Rinder,<br />

22.600 Schweine<br />

sowie 19.300<br />

Schafe <strong>und</strong> Ziegen<br />

leben in den Metropolregionen<br />

63.000 Schweine<br />

leben in der Stadt<br />

Geschätzte 25.000<br />

Rinder, 9.500<br />

Schweine sowie<br />

53.000 Schafe <strong>und</strong><br />

Ziegen leben in<br />

der Stadt<br />

6.500 Rinder <strong>und</strong><br />

Büffel, offiziell 3.700<br />

Schweine (geschätzte<br />

Anzahl: 120.000)<br />

sowie 5.700 Schafe<br />

<strong>und</strong> Ziegen<br />

11 Prozent der Haushalte<br />

besitzen Nutztiere<br />

WORLD BANK, FAO<br />

Mexiko-Stadt<br />

Havanna<br />

Kathmandu<br />

Dhaka<br />

Hubil-Dhawad<br />

Cagayan de Oro<br />

Bis zu 48 Prozent der<br />

Haushalte in einigen<br />

Slums betreiben<br />

Landwirtschaft, die<br />

meisten mit Kleinvieh<br />

Bis zu 55 Prozent<br />

der Haushalte züchten<br />

Kleinvieh für den<br />

Eigenbedarf<br />

Lima<br />

La Paz<br />

15.000 bis 20.000<br />

Schweine tragen<br />

6 Prozent zur<br />

nationalen Schweinefleischproduktion<br />

bei<br />

Montevideo<br />

Mehr <strong>als</strong> ein Drittel der<br />

Haushalte besitzt <strong>Tiere</strong>,<br />

vor allem Hühner, aber<br />

auch Kaninchen, Tauben,<br />

Enten <strong>und</strong> Puten<br />

Nairobi<br />

Harare<br />

Maputo<br />

29 Prozent der<br />

Haushalte besitzen<br />

Nutztiere<br />

Daressalam<br />

Mutmaßlich 80 Prozent<br />

der Einwohner Dhakas<br />

halten <strong>Tiere</strong><br />

16 Prozent des städtischen<br />

Milchverbrauchs stammen<br />

aus der Produktion vor Ort,<br />

44 Prozent aus dem Umland<br />

4.000 Rinder,<br />

12.400 Schweine<br />

<strong>und</strong> 3.250 Ziegen<br />

leben in der Stadt<br />

38<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Entwickelte Länder: Das Vieh kehrt in die Stadt zurück<br />

Ergebnisse einer Umfrage in den USA, 2011, 134 Antworten städtischer Tierzüchter<br />

Gründe für die Tierhaltung, Prozent<br />

1<br />

2<br />

13<br />

4<br />

2<br />

32<br />

Häufigkeit des Fleischverzehrs, Prozent<br />

44<br />

12<br />

44<br />

20<br />

15<br />

10<br />

Reaktionen der Nachbarn, Zahl der Antworten<br />

Sozialleben<br />

Tiergeräusche<br />

generationenübergreifendes<br />

Engagement<br />

Erziehung<br />

Tierlärm<br />

Geruch<br />

Angst vor Verletzungen<br />

<strong>und</strong><br />

Krankheiten<br />

PLUCKANDFEATHER.COM<br />

5<br />

besseres Essen<br />

Erziehung<br />

Sozialleben<br />

Kosten<br />

Ökologie<br />

Kultur<br />

seit dem Beginn der Tierhaltung<br />

weniger<br />

mehr<br />

unverändert<br />

0<br />

positiv<br />

negativ<br />

sie in Käfige. Sowohl Weidetiere <strong>als</strong> auch Aasfresser<br />

ernähren sich von Grünzeug auf leerstehenden<br />

Gr<strong>und</strong>stücken sowie von Lebensmittelresten,<br />

organischen „Abfällen“ auf der Straße <strong>und</strong>, für<br />

die Ges<strong>und</strong>heit der <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong> der Konsumenten<br />

durchaus bedenklich, von Müll. Wenn Menschen<br />

Hähnchen oder Milchkühe halten, um sie offiziell<br />

oder auf dem Schwarzmarkt anzubieten, kaufen<br />

sie oft Nahrungsergänzungsmittel oder mischen<br />

sie zu Hause selbst zusammen.<br />

Die Haltung findet meist inoffiziell <strong>und</strong> oft illegal<br />

statt. Eine Studie in der Republik Kongo ergab,<br />

dass r<strong>und</strong> ein Drittel der Bewohner von Brazzaville<br />

urbane Landwirtschaft betreiben. Nach der Studie<br />

halten 9 Prozent aller Einwohner Nutztiere, vor<br />

allem Geflügel. In Kenia betrieben in den 1980er<br />

Jahren fast 70 Prozent der Haushalte in Kibera,<br />

dem größten Slum in Nairobi, urbane Landwirtschaft.<br />

Hierzu gehörte auch eine unbekannte Anzahl<br />

von Tierhaltern. Zwanzig Jahre später standen<br />

die Häuser so dicht beieinander, dass es fast<br />

unmöglich war, Getreide anzubauen. Doch noch<br />

immer werden Geflügel <strong>und</strong> Schweine selbst in<br />

stark übervölkerten Stadtgebieten gehalten – in<br />

diesem Fall brauchen <strong>Tiere</strong> tatsächlich weniger<br />

Platz <strong>als</strong> Pflanzen.<br />

Wenn <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong> Menschen in Großstädten<br />

auf engem Raum zusammenleben, besteht ein<br />

erhöhtes Krankheitsrisiko. Und das beschränkt<br />

sich nicht nur auf die Vogelgrippe. Viele Erkrankungen<br />

des Menschen – Grippe, Pocken, Pest, Masern,<br />

Tuberkulose, Cholera – entstanden im Laufe<br />

der letzten 10.000 Jahre durch die Interaktion von<br />

Mensch <strong>und</strong> Tier. Eine gute veterinärärztliche<br />

Überwachung verringert das Auftreten von Tierkrankheiten<br />

<strong>und</strong> das Risiko einer Übertragung auf<br />

den Menschen.<br />

In schwierigen Zeiten nimmt das Interesse<br />

an urbaner Tierhaltung gewöhnlich zu. In der<br />

ugandischen Hauptstadt Kampala gab es während<br />

jahrelanger politischer Unruhen deutlich<br />

mehr Nutztiere. In Mittelasien fingen nach dem<br />

Zusammenbruch der Sowjetunion mehr Stadtbewohner<br />

an, <strong>Tiere</strong> zu halten. Wenn die Wirtschaft<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

sich erholt <strong>und</strong> das Einkommen der Haushalte<br />

steigt, nimmt die Bedeutung der Nutztiere wieder<br />

ab. Dies war nach dem Zweiten Weltkrieg auch in<br />

europäischen Großstädten zu beobachten. Wenn<br />

<strong>als</strong>o in den Städten mehr <strong>Tiere</strong> gehalten werden,<br />

so kann dies ein Anzeichen für wirtschaftliche<br />

Probleme oder politische Krisen sein.<br />

Auch in den Industrienationen findet urbane<br />

Tierhaltung im weitesten Sinne statt – Bienen<br />

<strong>und</strong> Fische werden gezüchtet, Regenwürmer zur<br />

Erzeugung von Kompost eingesetzt. So werden<br />

Einkommen <strong>und</strong> sinnvolle Tätigkeiten generiert.<br />

Soziologen zufolge ermutigt dies auch junge<br />

Menschen in den Slums der großen Metropolen<br />

wie New York, zu lernen <strong>und</strong> zu arbeiten.<br />

Warum sollte es erlaubt sein, Nutztiere in der<br />

Stadt zu halten? Während einer Wirtschaftskrise<br />

ist es eine wichtige Anpassungsstrategie. Abfälle<br />

werden in wertvolle Produkte wie Fleisch,<br />

Milch <strong>und</strong> Eier umgewandelt. Ärmere Menschen<br />

gewinnen an Selbstachtung <strong>und</strong> Ansehen in<br />

Gesellschaften, in denen <strong>Tiere</strong> eine bedeutende<br />

kulturelle Rolle einnehmen. Und es ist ein<br />

wichtiger Beitrag zur sozialen Absicherung<br />

gefährdeter Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel<br />

von Arbeitslosen, älteren Menschen <strong>und</strong><br />

Rentnern oder alleinerziehenden Frauen.<br />

Stadt überholt Land <strong>und</strong> gibt den Lebensstil vor<br />

Bevölkerung in entwickelten <strong>und</strong> Entwicklungsländern,<br />

in Millionen<br />

ländlich, Entwicklungsländer städtisch, Entwicklungsländer<br />

ländlich, entwickelte Länder städtisch, entwickelte Länder<br />

5.000<br />

4.000<br />

3.000<br />

2.500<br />

2.000<br />

1.500<br />

1.000<br />

500<br />

0<br />

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030<br />

WORLD BANK, FAO<br />

In Zeiten<br />

von Krieg <strong>und</strong><br />

Krisen steigt die<br />

Zahl der <strong>Tiere</strong> in<br />

den Städten<br />

39


PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP<br />

Nomaden halten ihr Vieh auf Land, das für Nutzpflanzen ungeeignet ist. Sie<br />

produzieren große Mengen Nahrungsmittel <strong>und</strong> tragen zum Schutz der Natur bei.<br />

Aber sie erhalten zu wenig politische <strong>und</strong> rechtliche Unterstützung. Existenziell<br />

bedrohlich sind die Beschränkungen ihrer Wanderwirtschaft.<br />

Bis zu<br />

10 Prozent der<br />

Wirtschaftsleistung<br />

entfallen in Afrika<br />

auf Nomaden<br />

Fleisch <strong>und</strong> Milch von saisonalen Weiden<br />

40<br />

Anteil weltweit, in Prozent, 2000/2010*<br />

5<br />

50<br />

28<br />

9<br />

Rindfleisch<br />

7<br />

Lammfleisch<br />

21<br />

28<br />

15<br />

19<br />

18<br />

59<br />

Milch<br />

7<br />

13<br />

17<br />

Agropastoral (halbnomadische<br />

Produktion auf wechselnden Weiden)<br />

Gemischt extensive Vieh- <strong>und</strong><br />

Weidewirtschaft<br />

Gemischt intensive Vieh- <strong>und</strong><br />

Weidewirtschaft mit Bewässerung<br />

Andere<br />

entwickelte Länder<br />

* Angaben von 2000, Jahr der Veröffentlichung: 2010.<br />

Aktuellere Angaben nicht verfügbar<br />

4<br />

ILRI/HERRERO<br />

Ü<br />

ber 40 Prozent der Erdoberfläche sind für<br />

Nutzpflanzen zu trocken, zu steil, zu heiß<br />

oder zu kalt. In diesen Regionen haben Halter<br />

von Nutztieren einen existenziellen Vorteil,<br />

weil ihre <strong>Tiere</strong> die lokale Vegetation in Nahrung<br />

<strong>und</strong> Energie umwandeln. Sie halten nur bestimmte<br />

Rassen, kennen die Bedürfnisse dieser <strong>Tiere</strong> <strong>und</strong><br />

die Bedingungen für eine artgerechte Haltung<br />

vor Ort sehr gut. Deswegen sind diese Methoden<br />

nachhaltig.<br />

Nomadische Hirten sind hierin Meister.<br />

Sie sind mobile Viehbesitzer, die Rinder, Schafe,<br />

Ziegen, Kamele, Rentiere, Yaks, Lamas <strong>und</strong><br />

Alpakas in großer Zahl auf Gemeinland halten.<br />

Über die Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg haben sich ihre<br />

Herden bestens an die spärliche Vegetation in<br />

Trockengebieten, am Wegesrand, auf abgeernteten<br />

Feldern <strong>und</strong> an andere widrige Bedingungen<br />

ihrer Umgebung angepasst.<br />

Die Hirtennomaden, auch Pastoralisten genannt,<br />

ließen ihre <strong>Tiere</strong> in unterschiedlichen Gebieten<br />

grasen <strong>und</strong> konnten so jahrh<strong>und</strong>ertelang<br />

in den unwirtlichsten Regionen überleben, ohne<br />

ihre Ressourcen zu erschöpfen. Weil sie sich immer<br />

nur kurze Zeit an einem Ort aufhalten, kann<br />

sich die Vegetation jedes Mal erholen. Für den<br />

Zugang zu Land <strong>und</strong> Wasser in Weidegebieten<br />

gelten eigene Regelungen. So haben beispielsweise<br />

die Borana in Südäthiopien ein komplexes<br />

Netz von Einrichtungen <strong>und</strong> Komitees geschaffen,<br />

die die Herdenbewegungen überwachen <strong>und</strong> die<br />

Nutzung der Ressourcen mit anderen Hirtengruppen<br />

in der Region koordinieren.<br />

Nomadische Herden können pro Hektar<br />

größere Erträge <strong>als</strong> Viehbetriebe erzielen <strong>und</strong><br />

profitabler <strong>als</strong> andere intensivere Formen der<br />

Landnutzung sein. Allerdings ist diese Form der<br />

Viehhaltung bedroht, wenn das Herumziehen der<br />

Nomaden eingeschränkt wird – durch die Ausdehnung<br />

des Ackerbaus, die Privatisierung <strong>und</strong><br />

Einzäunung zuvor offenen Landes oder durch<br />

staatliche Bestimmungen, die das Wandern der<br />

Herden einschränken.<br />

Auf etwas ertragreicheren Böden halten<br />

„semi pastoralistische“ Kleinbauern ihr Vieh, bauen<br />

aber gleichzeitig Feldfrüchte an. Sie besitzen<br />

oder pachten Felder von einigen Hektar für den<br />

Ackerbau <strong>und</strong> weiden ihre <strong>Tiere</strong> auf Gemeinland.<br />

Sie nutzen die natürlichen Ressourcen, kaufen<br />

jedoch bei Bedarf Futter zu. Ihre <strong>Tiere</strong> kommen<br />

aus der Gegend oder sind Kreuzungen mit ertragsstarken,<br />

neu eingeführten Rassen. Üblich<br />

sind die Freilandhaltung – beispielsweise auf dem<br />

Hühnerhof –, das Weiden an Straßenrändern oder<br />

auf abgeernteten Feldern (Schafe, Ziegen, Rinder,<br />

Büffel) oder die Stallhaltung <strong>und</strong> Fütterung mit<br />

geerntetem Futter (Milchkühe <strong>und</strong> Büffel, Schafe<br />

<strong>und</strong> Ziegen).<br />

Kleinbauern recyceln Nährstoffe auf ihren Höfen,<br />

indem sie die Erntereste an ihr Vieh verfüttern<br />

<strong>und</strong> den Dung <strong>als</strong> Dünger oder Heizmaterial nutzen.<br />

Hierdurch <strong>und</strong> dank der Mitarbeit der Familie<br />

sind sie in der Lage, ihre Kosten niedrig zu halten<br />

<strong>und</strong> ökonomisch effektiv zu arbeiten. Und obwohl<br />

ihre Kosten pro Nutzvieh niedriger sein können<br />

<strong>als</strong> in Großbetrieben, verschlechtert sich ihre Position<br />

im Vergleich, weil sie weniger produzieren.<br />

In über 40 Ländern werden mehr <strong>als</strong> 45 definierte<br />

Gruppen nomadischer Hirten gezählt, doch<br />

noch sind nicht alle erfasst. Internationale Organisationen<br />

schätzen die Zahl der Pastoralisten weltweit<br />

auf 120 bis 200 Millionen, die von Kleinbauern<br />

mit teilnomadischer Produktion auf bis zu 600<br />

Millionen. Ihre wirtschaftliche Bedeutung kann<br />

erheblich sein. In Äthiopien trugen Bauernnomaden<br />

2006 r<strong>und</strong> 9 Prozent zum Bruttoinlandspro-<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


„Pastoralisten“ <strong>und</strong> ihr Vieh<br />

Tierhaltung nach Ländern <strong>und</strong> hauptsächlich genutzten Tierarten, Auswahl<br />

FAO<br />

Rinder<br />

Schafe<br />

Ziegen<br />

Dromedare<br />

Kamele<br />

Esel,<br />

Pferde<br />

Yaks<br />

Büffel<br />

Rentiere<br />

Lamas<br />

Vicunja<br />

dukt (BIP) bei, in Uganda 8,5, in Mali 10 <strong>und</strong> in der<br />

Mongolei r<strong>und</strong> 30 Prozent. Der Anteil der Bauernnomaden<br />

am landwirtschaftlichen BIP betrug im<br />

Sudan, im Senegal <strong>und</strong> in Niger 80 Prozent. In Kenia<br />

lag er bei 50 Prozent.<br />

Bauernnomaden <strong>und</strong> Kleinbauern produzieren<br />

nicht nur große Mengen Nahrungsmittel, sie<br />

tragen auch zum Schutz der Umwelt <strong>und</strong> zur Erhaltung<br />

der Artenvielfalt bei. In Europa gehören<br />

die von Wanderhirten genutzten traditionellen<br />

Schafstriften zu den artenreichsten Gebieten des<br />

Kontinents. In den Niederlanden sind Schafherden<br />

ein wichtier Teil des Deichschutzes, weil sie<br />

die Grasnarbe kurz <strong>und</strong> dicht halten <strong>und</strong> den Boden<br />

festtrampeln. Und in Deutschland sorgen<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

sie dafür, dass die touristisch reizvollen offenen<br />

Landschaften nicht verwalden.<br />

Bauernnomaden <strong>und</strong> Kleinbauern erfahren<br />

nur manchmal die nötige Unterstützung. Sie<br />

brauchen gesetzlichen Schutz, um ihre <strong>Tiere</strong><br />

von Ort zu Ort zu führen, um Futter, Wasser<br />

<strong>und</strong> Schutz vor Hitze <strong>und</strong> Kälte zu finden, Informationen<br />

zu erhalten <strong>und</strong> Märkte beschicken<br />

zu können. Ihnen gebührt eine angemessene<br />

Entlohnung für ihre Leistungen zum Schutz<br />

von Landschaften <strong>und</strong> zum Erhalt der Artenvielfalt.<br />

Nicht jeder Bauernnomade <strong>und</strong> Kleinbauer<br />

will seine jetzige Lebensweise beibehalten. Doch<br />

diejenigen, die dies wünschen, sollten auch die<br />

Möglichkeit dazu haben.<br />

An der<br />

Nordseeküste sind<br />

Schafherden ein<br />

wichtiger Teil des<br />

Deichschutzes<br />

41


GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT<br />

Bewusste Verbraucher in der reichen Welt erwarten Fleisch von hoher Qualität<br />

aus umweltfre<strong>und</strong>licher, artgerechter Produktion. Als bewusste Akteure im<br />

Nahrungsmittelsystem können sie auch „solidarische Landwirtschaft“ treiben.<br />

Laborfleisch<br />

entfernt die <strong>Tiere</strong><br />

aus dem Ökosystem<br />

mit dem<br />

Menschen<br />

I<br />

m August 2013 wurde in London der erste<br />

„Labor-Burger“ serviert. Diese Substanz wird<br />

produziert, indem man aus einzelnen, einem<br />

lebenden Tier entnommenen Zellen Proteinstränge<br />

in einer Petrischale züchtet. Es wird ein<br />

großer Aufwand betrieben, um einen fleischähnlichen<br />

Geruchs-, Farb- <strong>und</strong> Textureindruck zu<br />

erreichen, der nach Aussagen der Hersteller<br />

in Blindverkostungen nicht von dem echten<br />

Fleisch zu unterscheiden ist. Der Gr<strong>und</strong>gedanke<br />

ist, dem Verbraucher das Protein zu bieten,<br />

ohne Tier <strong>und</strong> Umwelt zu schädigen.<br />

Von praktischen Fragen einmal abgesehen<br />

(dieser erste „Labor-Burger“ kostete in der Herstellung<br />

ca. 250.000 Dollar), bringt dieses Konzept<br />

auch gr<strong>und</strong>legendere Probleme mit sich. Auch<br />

wenn Geschmack <strong>und</strong> Textur weitgehend nachgeahmt<br />

werden können, bleibt bei dem „Fleisch“<br />

aus dem Labor außer Acht, dass <strong>Tiere</strong> eine komplexe<br />

<strong>und</strong> wichtige Funktion in unserem Ökosystem<br />

wahrnehmen. So erreicht dieses Konzept einen<br />

neuen Höhepunkt in der Entfremdung des Menschen<br />

von seinen Nahrungsquellen <strong>und</strong> den natürlichen<br />

Abläufen, deren Teil wir alle sind.<br />

Eine ökologisch vernünftige Landwirtschaft<br />

wäre eine bessere Alternative. Allerdings hat sie<br />

es schwer, mit industriellen Großerzeugern zu<br />

konkurrieren, die auf Geschwindigkeit <strong>und</strong> Menge<br />

setzen. Etikettierungen allein helfen da nicht.<br />

Labels, die den EU-Vorgaben für die Erfüllung<br />

von Biostandards genügen, enthalten oftm<strong>als</strong><br />

nicht genügend Informationen, <strong>als</strong>o zum Beispiel<br />

über Herkunft <strong>und</strong> Rasse des <strong>Tiere</strong>s, Tierschutz,<br />

Schlachtungs- <strong>und</strong> Verarbeitungsverfahren sowie<br />

Angaben zur Lagerung <strong>und</strong> Zubereitung des Fleisches.<br />

Damit Produkte wettbewerbsfähig werden,<br />

müssen sie sich von der Masse derjenigen abheben,<br />

bei denen gr<strong>und</strong>legende Fragen unbeantwortet<br />

bleiben. Die Produzenten müssen das Informationsbedürfnis<br />

ihrer K<strong>und</strong>en ernst nehmen.<br />

Zertifizierte Öko-Landwirtschaft<br />

Anteil an der Agrarfläche, 2009, in Prozent<br />

FAO<br />

keine Angaben<br />

bis 0,49 Prozent<br />

0,49 bis 3 Prozent<br />

über 3 Prozent<br />

0.12 0.94 0.25<br />

5.76 3.11 0.78<br />

Afrika Nord- <strong>und</strong> Südamerika Asien Europa Pazifik Welt<br />

Viele Bauern weltweit produzieren ökologisch, aber nicht zertifiziert, weil sie nicht über Kunstdünger verfügen.<br />

42<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Im Vergleich: Haltungen gegenüber Fleisch<br />

Ansichten deutscher Konsumenten über individuelle <strong>und</strong> ethische Aspekte des Fleischkonsums,<br />

Umfrage 2011<br />

wenig durchschnittlich stark<br />

Fleischverzehr der Teilnehmer, Prozent<br />

KAYSER ET AL.<br />

Fleischanteil am Essen, Prozent<br />

7,12 19,00 38,31<br />

Vorliebe für Fleisch<br />

Vertrauen in die Nahrungsmittelindustrie<br />

Umweltbewusstsein<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbewusstsein<br />

Auf die Figur achten<br />

Bewusstes Essen von <strong>Tiere</strong>n<br />

Tierschutzbewusstsein<br />

stark positiv<br />

+16 bis +58 Indexpunkte<br />

schwach negativ<br />

-2 bis -15 Indexpunkte<br />

stark negativ<br />

-16 bis -40 Indexpunkte<br />

990 Teilnehmer, von denen 34 (3 Prozent) <strong>als</strong> Vegetarier unberücksichtigt blieben<br />

Vor einigen Jahren wurde der Begriff des „Mitproduzenten“<br />

geprägt, um die Macht des Verbrauchers<br />

über eine rein passive Rolle hinaus zu<br />

definieren <strong>und</strong> zugleich darauf hinzuweisen, dass<br />

er ein aktiver <strong>und</strong> einflussreicher Beteiligter am<br />

Produktionsprozess sein kann. Der Mitproduzent<br />

ist ein bewusster Akteur innerhalb des Nahrungsmittelsystems,<br />

der auf der Gr<strong>und</strong>lage von Informationen,<br />

wer Lebensmittel wie produziert, seine<br />

Entscheidungen trifft.<br />

Dies wird mit dem Modell der „solidarischen<br />

Landwirtschaft“ in die Praxis umgesetzt. Diese<br />

Idee, die in den USA <strong>als</strong> „Community Supported<br />

Agriculture“ (CSA) bekannt wurde <strong>und</strong> schnell<br />

populär geworden ist, sichert den Landwirten ihr<br />

Auskommen <strong>und</strong> unterstützt auf diese Weise verantwortungsbewusste<br />

Praktiken, etwa extensive<br />

Weidetierhaltung. Eine Gruppe von Menschen<br />

garantiert dem Landwirt die Abnahme sämtlicher<br />

zur Jahreszeit verfügbaren Erzeugnisse, sei es<br />

Gemüse <strong>und</strong> Fleisch, Milchprodukte oder Honig.<br />

Darüber hinaus teilen diese Menschen das Risiko<br />

natürlicher Prozesse, etwa schlechter Ernten: Sie<br />

zahlen im Voraus <strong>und</strong> tragen so zur Finanzierung<br />

der Produktionskosten über die gesamte Produktionskette<br />

bei.<br />

Dieses Modell gibt es bereits in mehreren<br />

Ländern: in Deutschland unter der Bezeichnung<br />

„Solidarische Landwirtschaft“, in Frankreich <strong>als</strong><br />

„Association pour le maintien d’une agriculture<br />

paysanne“ <strong>und</strong> in Italien unter der Bezeichnung<br />

„gruppo di acquisto solidale“. Das Ergebnis ist eine<br />

Win-win-Situation für alle Beteiligten. Der K<strong>und</strong>e<br />

bekommt gute, frische Erzeugnisse. Er kennt ihre<br />

Herkunft <strong>und</strong> weiß, wie sie produziert wurden.<br />

Er lernt etwas über die Lebensmittel, die er konsumiert,<br />

<strong>und</strong> er erweitert sein soziales Netzwerk.<br />

Der Landwirt bekommt finanzielle <strong>und</strong> praktische<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

Unterstützung <strong>und</strong> entwickelt eine Beziehung<br />

zu seinen Abnehmern. Die Landwirtschaft wird<br />

vor Marktschwankungen <strong>und</strong> der Ausbeutung<br />

menschlicher, tierischer oder ökologischer Ressourcen<br />

geschützt, denn geeignete Praktiken<br />

schützen Wasser, Luft <strong>und</strong> Boden.<br />

Eine Änderung der Nahrungsmittelsysteme<br />

ist unerlässlich. Es sind dabei nicht allein<br />

die Großunternehmen, die die Regeln für den<br />

Lebensmittelmarkt festlegen. Unabhängige Erzeuger<br />

<strong>und</strong> informierte Verbraucher sind dazu<br />

ebenfalls in der Lage.<br />

Schnelles Wachstum: Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften<br />

Zahl der Farmen mit Community Supported Agriculture (CSA)<br />

in den USA, Schätzungen<br />

6.000–6.500<br />

3.600<br />

Verbraucher<br />

verlassen <strong>als</strong><br />

„Mitproduzenten“<br />

ihre passive<br />

Rolle<br />

1.000<br />

60<br />

2<br />

2013<br />

2009<br />

2000<br />

1990<br />

1986<br />

MCFADDEN<br />

43


EINZELN UND GEMEINSAM TIERE,<br />

MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN<br />

Eine große Zahl von Organisationen <strong>und</strong> Netzwerken versucht naturgemäßere<br />

Agrarsysteme durchzusetzen. Individuelle Entscheidungen können zu<br />

anderen Arten der Ernährung führen. Am Ende entscheidet die Gesellschaft.<br />

Forderungen<br />

richten sich an die<br />

Konsumenten der<br />

Mittelschicht, nicht<br />

an die Armen<br />

E<br />

ine kleine, aber wachsende Zahl von Menschen<br />

in den Industrieländern bezieht Stellung.<br />

Diese Verbraucher fordern Produkte,<br />

die Umwelt- <strong>und</strong> Tierschutz respektieren. Sie essen<br />

weniger Fleisch oder verzichten <strong>als</strong> Vegetarier<br />

oder Veganer ganz auf tierische Produkte. Viele zivilgesellschaftliche<br />

Organisationen <strong>und</strong> Bauernbewegungen<br />

fordern Agrarsysteme, die sowohl<br />

den Menschen <strong>als</strong> auch die Natur achten. Zusammen<br />

mit internationalen Organisationen<br />

wie dem World Cancer Research F<strong>und</strong> schlagen<br />

sie vor, weniger Fleischmahlzeiten auf die<br />

Speisepläne von Krankenhäusern oder Schulen<br />

zu setzen <strong>und</strong> gesünderes Essen anzubieten. Die<br />

Bewegung Meat Free Mondays existiert bereits in<br />

29 Ländern.<br />

Außerdem findet der Tierschutz – nicht nur<br />

in westlichen Gesellschaften – immer mehr Aufmerksamkeit:<br />

Die Eurogroup for Anim<strong>als</strong> ist ein Zusammenschluss<br />

von 40 Organisationen aus ganz Europa,<br />

der sich für Tierschutz einsetzt.<br />

People for the Ethical Treatment of Anim<strong>als</strong> (Peta)<br />

in den USA meint, dass „es uns nicht zusteht, <strong>Tiere</strong><br />

zu essen, zu tragen, für Versuchs- oder Unterhaltungszwecke<br />

zu nutzen oder anderweitig zu<br />

missbrauchen“, <strong>und</strong> weist mit spektakulären,<br />

auch umstrittenen Aktionen darauf hin.<br />

Das Chinese Animal Protection Network, das sich<br />

aus mehr <strong>als</strong> 40 Gruppierungen zusammensetzt,<br />

möchte ethische Erwägungen <strong>und</strong> wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse zur Gr<strong>und</strong>lage seiner<br />

Tierschutzaktivitäten machen.<br />

Der Animal Welfare Board of India hat bei der<br />

indischen Regierung Beraterstatus <strong>und</strong> ist seit<br />

mehr <strong>als</strong> 50 Jahren der bekannteste Teil der nationalen<br />

Tierschutzbewegung.<br />

Die Forderungen solcher Organisationen richten<br />

sich weltweit an die wohlhabenden Mittelschichtsverbraucher,<br />

nicht an die ungefähr eine<br />

Milliarde Menschen – einige von ihnen die Ärmsten<br />

der Welt –, die <strong>als</strong> Viehhüter leben oder in kleinen<br />

gemischten Betrieben auch <strong>Tiere</strong> züchten. Im<br />

Gegenteil: Initiativen weltweit fordern, sich für<br />

die Erhaltung dieser bäuerlichen Landwirtschaft<br />

einzusetzen.<br />

Eine der größten Organisationen ist La Via Campesina,<br />

eine internationale Bewegung von Kleinbauern,<br />

die inzwischen 164 regionale <strong>und</strong> nationale<br />

Organisationen in 79 Ländern vereint. Sie<br />

Via Campesina, eine internationale Bewegung von Kleinbauern<br />

Mitgliedschaft, nach Ländern, 2013<br />

VIA CAMPESINA<br />

164 Organisationen<br />

in 79 Ländern<br />

44<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


vertritt insgesamt ungefähr 200 Millionen Bauern<br />

<strong>und</strong> verteidigt kleinbäuerliche nachhaltige<br />

Landwirtschaft <strong>als</strong> Weg zur Förderung sozialer<br />

Gerechtigkeit <strong>und</strong> Würde. Sie wehrt sich gegen<br />

industrielle Landwirtschaft <strong>und</strong> transnationale<br />

Betriebe, die gleichermaßen den Menschen, <strong>Tiere</strong>n<br />

<strong>und</strong> der Natur schaden.<br />

More and Better ist ein internationales Netzwerk<br />

sozialer Bewegungen, Nichtregierungsorganisationen<br />

<strong>und</strong> nationaler Kampagnen. Es<br />

konzentriert sich auf die Förderung von Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> ländlicher Entwicklung in den<br />

ärmsten Ländern <strong>und</strong> will dort die Ernährungslage<br />

verbessern.<br />

The Food Sovereignty Movement setzt sich dafür<br />

ein, dass lokale Gemeinschaften die Kontrolle<br />

über ihre Lebensmittel bekommen. Die Bewegung<br />

fördert die Vielfalt der Esskulturen, insbesondere<br />

den Konsum von hochqualitativen<br />

einheimischen, saisonalen <strong>und</strong> nicht industriell<br />

verarbeiteten Lebensmitteln.<br />

Letztlich wird es eine Kombination aus Einzelentscheidungen<br />

sowie gesetzlichen <strong>und</strong> politischen<br />

Veränderungen sein, die das Verhältnis der Gesellschaft<br />

zum Thema Fleisch verändern wird. Für<br />

wohlhabende Gesellschaften ist es kein Problem,<br />

sich ges<strong>und</strong>e Lebensmittel zu leisten, die arm an<br />

tierischen Proteinen oder ganz frei davon sind,<br />

<strong>und</strong> auf andere Proteinquellen umzusteigen.<br />

Dazu gehören auch einige in bestimmten Regionen<br />

der Erde verbreitete Alternativen, die anderswo<br />

zunächst exotisch wirken. Eine Möglichkeit<br />

sind Mahlzeiten mit Wasserpflanzen wie Seetang,<br />

eine andere ist die Gewinnung aus Insekten. Viele<br />

Konsumenten in den Industrieländern sind noch<br />

weit davon entfernt, diese <strong>Tiere</strong> in ihren Speisenplan<br />

einzubeziehen. Allerdings loten einige neue<br />

Wasserpflanzen <strong>als</strong> Protein-Alternativen<br />

Produktion,<br />

Millionen Tonnen<br />

pro Jahr<br />

Nahrung,<br />

Kilogramm<br />

pro Person<br />

<strong>und</strong> Jahr<br />

Proteine,<br />

Gramm<br />

pro Person<br />

<strong>und</strong> Tag<br />

1,3<br />

0,8<br />

0,2 0,2<br />

1,6<br />

Japan<br />

16,5<br />

Südkorea<br />

Unternehmen diese Möglichkeit gerade aus. In<br />

London hebt die Firma Ento die Kulinarik mit<br />

sushi artigen Insektenprodukten in neue Sphären.<br />

In New York hat die Firma Exo einen Proteinriegel<br />

entwickelt, der Grillenmehl enthält. Grillen<br />

emittieren 80 Prozent weniger Methan <strong>als</strong> Vieh<br />

<strong>und</strong> enthalten prozentual doppelt so viel Protein<br />

wie Hühnerfleisch <strong>und</strong> Steaks. Einzelne wie auch<br />

Regierungen sollten sich bemühen, auch solchen<br />

Alternativen Akzeptanz zu verschaffen.<br />

Vertiefende Bücher, Filme <strong>und</strong> Webseiten auf S. 64–65<br />

7,9<br />

China<br />

10,8<br />

0,6<br />

FAOSTAT<br />

Effiziente Grillen<br />

Essbare Insekten<br />

Essbarer Anteil des ganzen <strong>Tiere</strong>s<br />

FAO<br />

Zahl der Arten, nach Ländern<br />

FAO<br />

80<br />

55<br />

Grille<br />

Geflügel<br />

55<br />

40<br />

Schwein<br />

Rind<br />

1 bis 100<br />

100 bis 200<br />

200 bis 300<br />

über 300<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

45


EINE SINNVOLLE EU-AGRARPOLITIK<br />

Jahrzehntelang hat die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union<br />

die landwirtschaftliche Produktion verzerrt. Zu langsam wird sie umweltbewusster.<br />

Aber es ist auch eine GAP vorstellbar, die aktiv für eine sozial <strong>und</strong> ökologisch<br />

vertretbare Viehwirtschaft eintritt.<br />

Die EU muss<br />

damit aufhören,<br />

Großmastanlagen<br />

finanziell<br />

zu fördern<br />

D<br />

ie Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen<br />

Union ist ein wichtiger Motor der<br />

Industrialisierung <strong>und</strong> Globalisierung der<br />

Viehproduktion. Bis Anfang der 1990er Jahre garantierte<br />

die EU Viehpreise, die deutlich über den<br />

Weltmarktpreisen lagen, <strong>und</strong> schuf so für europäische<br />

Landwirte Anreize, ihre Produktion zu<br />

steigern. Gleichzeitig garantierte die GAP auch<br />

hohe Preise für Getreide, ohne jedoch Fördermittel<br />

für Ölsaaten zu gewähren. Die Handelspolitik<br />

ihrerseits unterstützte dieses System,<br />

indem hohe Einfuhrzölle auf Vieh <strong>und</strong> Getreide<br />

<strong>und</strong> geringe oder keine Zölle auf Ölsaaten<br />

<strong>und</strong> Futtermittel erhoben wurden. Diese Politik<br />

trieb die Intensivierung der Viehproduktion mittels<br />

importierter Futtermittel voran – zulasten der<br />

Weidehaltung <strong>und</strong> der in den Mitgliedsländern<br />

angebauten Futtermittel.<br />

Schon vor Jahrzehnten wurde die EU zu einem<br />

Nettoexporteur von Fleisch- <strong>und</strong> Molkereiprodukten.<br />

Da die garantierten Binnenpreise über den<br />

Weltmarktpreisen lagen, waren Exporte meist<br />

nur durch „Erstattungen“ für Exporteure möglich,<br />

um die Differenz zwischen Binnen- <strong>und</strong> Exportpreisen<br />

auszugleichen. Diese Subventionierung<br />

erwies sich im internationalen Handel <strong>als</strong> wesentlicher<br />

Streitpunkt. Die Exporte der EU erweckten<br />

den Eindruck, die EU produziere landwirtschaftliche<br />

Überschüsse. Bei dieser Diskussion wurde jedoch<br />

weitgehend übersehen, dass die Exporte nur<br />

aufgr<strong>und</strong> steigender Futtermittelimporte möglich<br />

geworden waren.<br />

In zwei Schritten, 2003 <strong>und</strong> 2005, erfolgte<br />

die Abkehr von den Garantiezahlungen hin zu<br />

Flächenzahlungen. Seither erhalten Bauern ihre<br />

Zuschüsse auf der Basis ihrer Felder, Wiesen <strong>und</strong><br />

Weiden. Dies gibt Anreize, weniger auf Menge zu<br />

produzieren. Dennoch setzte sich der Trend der<br />

Umwandlung von Weide- zu Ackerland fort – teilweise<br />

aufgr<strong>und</strong> neuer Anreize für den Anbau von<br />

Mais für Biogas. Die Reform von 2013 bringt praktisch<br />

kaum Veränderungen. Exportsubventionen<br />

sollen künftig durch „Krisenzahlungen“ ergänzt<br />

werden. Darüber hinaus steht es den EU-Mitgliedstaaten<br />

<strong>und</strong> einzelnen Regionen frei, nachhaltige<br />

Formen der Viehhaltung wie beispielsweise<br />

Weidehaltung <strong>und</strong> Bioproduktion zusätzlich zu<br />

fördern <strong>und</strong> hierfür Mittel aus einem anderen EU-<br />

Im Schutz von Regulierung <strong>und</strong> Subventionen – Europas Top 15 der Fleischindustrie<br />

Fleischproduktion, in 1.000 Tonnen, 2010/11<br />

Rind <strong>und</strong> Kalb<br />

Schwein<br />

Geflügel<br />

Schaf<br />

362<br />

355<br />

13<br />

14<br />

470<br />

450<br />

353<br />

15<br />

410<br />

10 9<br />

12<br />

4<br />

6<br />

941<br />

558<br />

2.525<br />

2.040<br />

2<br />

416<br />

11<br />

727<br />

1<br />

5<br />

3<br />

1.546<br />

7<br />

497<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

15<br />

Vion Food Group, NL<br />

Danish Crown AmbA, DK<br />

Tönnies, DE<br />

Bigard, FR<br />

Westfleisch, DE<br />

LDC, FR<br />

HKScan, FI<br />

Gruppo Verones, IT<br />

Cooperl, FR<br />

Groupe Doux, FR<br />

Plukon Food Group, NL<br />

Terrena, FR<br />

Irish Food Processors/ABP, IE<br />

Moy Park (Marfrig), GB<br />

2 Sisters Food Group, GB<br />

GIRA<br />

8<br />

487<br />

46<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Viehbesatz in der Europäischen Union<br />

<strong>Tiere</strong> für die Fleischerzeugung, 2011, je Hektar<br />

Nutzfläche, in Großvieheinheiten<br />

Besatzdichte<br />

mehr <strong>als</strong> 3<br />

2 bis 3<br />

1 bis 2<br />

0,5 bis 1<br />

weniger <strong>als</strong> 0,5<br />

2,02<br />

Portugal<br />

5,45<br />

Irland<br />

1,08<br />

Spanien<br />

2,20<br />

Großbritannien<br />

1,23<br />

Frankreich<br />

0,67<br />

Schweden<br />

1,97<br />

Dänemark<br />

6,44<br />

4,60 Niederlande<br />

0,94<br />

Belgien 1,50<br />

Polen<br />

2,71 Deutschland<br />

0,54<br />

Luxemburg<br />

Tschechien 0,48<br />

Slowakei<br />

1,85<br />

0,57<br />

Österreich<br />

Ungarn<br />

3,08<br />

Slowenien<br />

4,67<br />

Malta<br />

1,46<br />

Italien<br />

0,50<br />

Finnland<br />

0,48<br />

Estland<br />

0,78<br />

Lettland<br />

0,41<br />

Litauen<br />

0,61<br />

Rumänien<br />

0,35<br />

Bulgarien<br />

0,96<br />

Griechenland<br />

Beispiele für die<br />

Berechnung von<br />

Großvieheinheiten:<br />

0.4 Kalb<br />

1.0 Milchkuh<br />

0.1 Schaf<br />

0.5 Zuchtsau<br />

0.007 Masthahn<br />

2,42<br />

Zypern<br />

EUROSTAT, INDEX MUNDI<br />

Topf in Anspruch zu nehmen: dem Europäischen<br />

Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des<br />

ländlichen Raums.<br />

Wie aber könnte eine Politik der Europäischen<br />

Union aussehen, die nachhaltige Viehhaltung<br />

in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zur sozial<br />

<strong>und</strong> ökologisch verträglichen Gestaltung der<br />

Landwirtschaft stellt? Vier Schritte sind denkbar,<br />

um die Fleischpolitik so umzugestalten, dass sie<br />

nicht mehr Teil des Problems, sondern vielmehr<br />

Teil der Lösung ist.<br />

Erstens sollte die Europäische Kommission ihre<br />

Förderung für den Bau von Intensivmastanlagen<br />

einstellen <strong>und</strong> stattdessen kleine <strong>und</strong> mittelständische<br />

Unternehmen an benachteiligten<br />

Standorten unterstützen, sofern diese ihr Vieh<br />

einen großen Teil des Jahres weiden lassen.<br />

Zweitens sollte die EU Landwirte verpflichten,<br />

mindestens die Hälfte ihrer Futtermittel auf ihrem<br />

eigenen Hof anzubauen, <strong>und</strong> hiermit den<br />

Wünschen der europäischen Verbraucher Rechnung<br />

tragen. Darüber hinaus könnte die EU den<br />

Einsatz genveränderter Futtermittel verbieten.<br />

Eindeutige Regelungen für die Beschaffung von<br />

Futtermitteln würden regionale <strong>und</strong> internationale<br />

Ungleichgewichte bei Nährstoffen beseitigen.<br />

Dung <strong>und</strong> Gülle bräuchten nicht mehr über<br />

große Entfernungen hinweg transportiert, sondern<br />

könnten direkt auf dem jeweiligen Hof <strong>als</strong><br />

Düngemittel eingesetzt werden.<br />

Drittens sollte der Einsatz von Antibiotika in Fütterungs-<br />

<strong>und</strong> Tränkanlagen verboten werden.<br />

Auf diese Weise würden die <strong>Tiere</strong> individuell<br />

<strong>und</strong> entsprechend tierärztlicher Diagnose behandelt.<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

Viertens sollte der Schutz der Nutztiere deutlich<br />

ausgedehnt werden. Jede Nutztierart<br />

muss artgerecht gehalten werden. Die EU<br />

sollte zu diesem Zweck entsprechende Richtlinien<br />

erlassen. So sollten <strong>Tiere</strong> in überschaubaren<br />

Herden gehalten werden, in denen sie<br />

ihre natürlichen Rang- <strong>und</strong> Sozialbeziehungen<br />

entwickeln können. Das Vieh sollte sich frei<br />

bewegen können, was eine Tierhaltung in Ställen<br />

ohne Tageslicht oder frische Luft verbieten<br />

würde.<br />

Unrealistisch, blauäugig? Dies sind lediglich Regeln,<br />

die viele Viehzüchterverbände seit Jahren<br />

für eine biologische Haltung befolgen. Eine Vorlage<br />

für eine nachhaltige Viehwirtschaft existiert<br />

<strong>als</strong>o schon seit langem.<br />

Wenn Garantiepreise locken – Rindfleisch- <strong>und</strong> Butterberge<br />

Einlagerung von Überschüssen,<br />

Interventionsmengen in 1.000 Tonnen<br />

1.400<br />

1.200<br />

1.000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

Butter<br />

Rindfleisch<br />

Viehhalter<br />

sollten die Hälfte<br />

ihrer Futtermittel<br />

selbst anbauen<br />

müssen<br />

1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013<br />

EU<br />

47


AUTOREN UND QUELLEN VON<br />

TEXTEN, KARTEN UND DATEN<br />

10–11<br />

UNERSÄTTLICHER WELTMARKT<br />

von Christine Chemnitz<br />

S. 10: FAO Food Outlook, Juni 2013.<br />

S. 11: FAOSTAT. OECD FAO agricultural outlook,<br />

2013–2022<br />

12–13<br />

KONZENTRATION: DIE ZUKUNFT DER<br />

GLOBALEN FLEISCHINDUSTRIE<br />

von Kathy Jo Wetter<br />

S. 12: FAO Food Outlook, Juni 2013.<br />

S. 13: Leatherhead Food Research, ETC Group<br />

20–21<br />

DEUTSCHES DUMPING-SCHLACHTEN<br />

von Marcel Sebastian<br />

S. 20-21: Destatis<br />

22–23<br />

EINE HANDVOLL ARTEN FÜR DIE<br />

GANZE WELT<br />

von Kathy Jo Wetter<br />

S. 22: FAO, Livestock’s long shadow, 2006.<br />

S. 23: ETC Group; Keith O. Fuglie u. a., Research<br />

Investments and Market Structure in the<br />

Food Processing, Agricultural Input, and Biofuel<br />

Industries Worldwide, USDA ERS, 2011.<br />

GEH, Rote Liste 2013. Sarah Beth Moore u. a.,<br />

Heritage breeds: Saving chickens and<br />

cows from extinction, Medill Reports, 3. Juni 2011<br />

14–15<br />

FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT<br />

von Shefali Sharma<br />

<strong>und</strong> Karen Hansen-Kuhn<br />

S. 14: Bertelsmann-Stiftung/ifo Institut,<br />

Die Transatlantische Handels- <strong>und</strong> Investitionspartnerschaft<br />

(THIP), 2013. S. 15: USDA ERS<br />

16–17<br />

ROSAROT IM KÜHLREGAL<br />

von Annette Jensen<br />

S. 16: Euromonitor international, Fast food<br />

in China, 2013. Viveat Susan Pinto,<br />

Are store additions by food retail chains<br />

sustainable? Business Standard, Mumbai,<br />

13. September 2013. S. 17: Euromonitor<br />

international, Datagraphic: A Panorama of<br />

Packaged Food, 10. Oktober 2013<br />

18–19<br />

IN DEN SCHLACHTHÖFEN DER WELT<br />

von Marcel Sebastian<br />

S. 18: Riva Caroline Hodges Denny,<br />

Between the Farm and the Farmer’s Market:<br />

Slaughterhouses, Regulations, and Alternative<br />

Food Networks. Auburn, Alabama 2012.<br />

S. 19: FAOSTAT<br />

24–25<br />

HORMONE – DER KAMPF UM DAS NEIN<br />

von Reinhild Benning<br />

S. 24: Sanjai Pingle, Patent expiry hits profitability<br />

of 15 global pharma cos in 2012, Pharmabiz,<br />

15. April 2013; Dan Carroll, The Investor’s Guide<br />

to Zoetis, Motley Fool, 7. Februar 2013.<br />

S. 25: USGS, Occurrence of Pharmaceutic<strong>als</strong>,<br />

Hormones, and Organic Wastewater Compo<strong>und</strong>s<br />

in Pennsylvania Waters 2006–09, 2012<br />

26–27<br />

TIERFUTTER VERGEUDET ACKERLAND<br />

von Stephan Börnecke<br />

S. 26–27: WWF, Fleisch frisst Land, 2011.<br />

S. 27: FAO: Challenges and opportunities for<br />

carbon sequestration in grassland systems, 2010<br />

28–29<br />

SCHNITZEL, WÜRSTCHEN, GLYPHOSAT<br />

von Heike Moldenhauer<br />

S. 28: USDA ERS, USGS Pesticide National<br />

Synthesis Project. S. 29: FAO Statistical Yearbook<br />

2012, www.centerfordoodsafety.org.<br />

Red universitaria de ambiente y salud,<br />

El consume de agrotóxicos en Argentina<br />

aumenta continuamente, 23. Juni 2013<br />

48<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


30–31<br />

ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH<br />

von Michael Álvarez Kalverkamp<br />

S. 30–31: USDA ERS: Agriculture in Brazil and<br />

Argentina, 2001; FAOSTAT; USDA GAIN:<br />

Argentina Oilseeds and Products,<br />

2012; Indec, Intercambio Comercial Argentino,<br />

23. Januar 2013; Soybeans: U.S. Export<br />

Trend is up, Share of World Exports is Down,<br />

Global AgInvesting, 26. September 2013.<br />

S. 31: Indec-<strong>Daten</strong>bank<br />

32–33<br />

HÜHNER – WELTWEITER STEIGFLUG<br />

IN DIE FABRIK<br />

von Shefali Sharma<br />

S. 32: FAO, Global livestock production systems,<br />

2011. S. 33: DSW report, 2012; FAO, Food<br />

Outlook 11/2012. FAO, Statistical Yearbook 2013<br />

34–35<br />

DIE ZWEIFEL DER REICHEN<br />

von Patrick Holden<br />

S. 34: WHO/ FAOSTAT; J. Kearney, Food<br />

consumption trends and drivers. Philosophical<br />

Transactions of the Royal Society,<br />

Biological sciences, 2010. S. 35: OECD FAO<br />

Agricultural Outlook 2013–2022, 2013.<br />

CME Daily Livestock report, 20. Dezember 2011,<br />

<strong>und</strong> USDA, Livestock, Dairy, and Poultry<br />

Outlook, 15. November 2013<br />

36–37<br />

DIE NEUE HUNGRIGE MITTELKLASSE –<br />

VON RIO BIS SCHANGHAI<br />

von Sascha Zastiral<br />

S. 36: FAO, Mapping supply and demand for<br />

animal-source foods to 2030, 2011.<br />

S. 37: OECD FAO Agricultural Outlook 2013–2022,<br />

2013. FAOSTAT<br />

38–39<br />

URBANE TIERHALTUNG<br />

von Wolfgang Bayer<br />

<strong>und</strong> Ann Waters-Bayer<br />

S. 38–39: World Bank/FAO, Urban Agriculture,<br />

For Sustainable Poverty Alleviation and<br />

Food Security, 2008. S. 39: pluckandfeather.com,<br />

Urban Livestock in Oakland, 2011<br />

40–41<br />

PROTEIN AUS GRAS UND GESTRÜPP<br />

von Evelyn Mathias<br />

S. 40: ILRI/Mario Herrero, Food security,<br />

livelihoods and livestock in the developing<br />

world, 2010.<br />

S. 41: FAO, Pastoralism in the new millenium,<br />

2001, mit Ergänzungen der Autorin<br />

42–43<br />

GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT<br />

von Ursula Hudson and Carlo Petrini<br />

S. 42: FAO Statistical yearbook, 2012. S. 43:<br />

Maike Kayser u. a., Analysis of Differences in Meat<br />

Consumption Patterns. International Food<br />

and Agribusiness Management Review, 2013.<br />

Steven McFadden, Unraveling the CSA Number<br />

Con<strong>und</strong>rum, thecalloftheland, 9. Januar 2012<br />

44–45<br />

EINZELN UND GEMEINSAM TIERE,<br />

MENSCHEN UND UMWELT SCHÜTZEN<br />

von Ruth Shave <strong>und</strong> Stanka Becheva<br />

S. 44: viacampesina.org.<br />

S. 45: FAOSTAT. FAO, Edible insects, 2013<br />

46–47<br />

EINE SINNVOLLE EU-AGRARPOLITIK<br />

von Tobias Reichert<br />

S. 46: GIRA, Richard Brown: Structure &<br />

dynamics of the European Meat Industry,<br />

2010/11–2015, Brussels 2012.<br />

S. 47: Eurostat/ Index m<strong>und</strong>i database. EU,<br />

The Common Agricultural Policy explained,<br />

2004, <strong>und</strong> DairyCo Market Information,<br />

26. November 2013<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong><br />

49


HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG<br />

Heinrich-Böll-Stiftung<br />

Schumannstr. 8, 10117 Berlin, www.boell.de<br />

BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ<br />

DEUTSCHLAND (BUND)<br />

B<strong>und</strong> für Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland<br />

Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, www.b<strong>und</strong>.net<br />

LE MONDE DIPLOMATIQUE<br />

Le Monde diplomatique<br />

Rudi-Dutschke-Str. 23, 10969 Berlin, www.monde-diplomatique.de<br />

Demokratie <strong>und</strong> Menschenrechte durchsetzen,<br />

gegen die Zerstörung unseres globalen Ökosystems<br />

angehen, patriarchale Herrschaftsstrukturen<br />

überwinden, in Krisenzonen präventiv den<br />

Frieden sichern, die Freiheit des Individuums gegen<br />

staatliche <strong>und</strong> wirtschaftliche Übermacht verteidigen<br />

– das sind die Ziele, die das Handeln der<br />

Heinrich-Böll-Stiftung bestimmen. Sie steht zwar<br />

den Grünen nahe, ist aber unabhängig <strong>und</strong> geistiger<br />

Offenheit verpflichtet.<br />

Mit derzeit 29 Auslandsbüros verfügt sie über<br />

ein weltweites Netz für ihr Engagement. Sie arbeitet<br />

mit ihren Landesstiftungen in allen deutschen<br />

B<strong>und</strong>esländern zusammen, fördert begabte, gesellschaftspolitisch<br />

engagierte Studierende <strong>und</strong><br />

Graduierte im In- <strong>und</strong> Ausland <strong>und</strong> erleichtert die<br />

soziale <strong>und</strong> politische Teilhabe von Immigrantinnen<br />

<strong>und</strong> Immigranten.<br />

Der BUND setzt sich ein für den Schutz der Natur<br />

<strong>und</strong> Umwelt – damit die Erde für alle, die auf ihr<br />

leben, bewohnbar bleibt. Wir engagieren uns für<br />

eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft, ges<strong>und</strong>e<br />

Lebensmittel, für den Schutz des Klimas,<br />

der Wälder <strong>und</strong> des Wassers, für den Ausbau regenerativer<br />

Energien <strong>und</strong> für bedrohte Arten.<br />

Als einer der großen Umweltverbände in<br />

Deutschland verstehen wir uns <strong>als</strong> treibende gesellschaftliche<br />

Kraft für ökologische Erneuerung<br />

mit sozialer Gerechtigkeit. Unsere Vision ist ein<br />

zukunftsfähiges Land in einer zukunftsfähigen<br />

<strong>und</strong> friedfertigen Welt. Der BUND ist Mitglied<br />

von Friends of the Earth International, dem weltgrößten<br />

Netzwerk unabhängiger Umweltgruppen.<br />

Hinter dem Atlas der Globalisierung, der vor zehn<br />

Jahren erstm<strong>als</strong> erschienen ist, steht die internationale<br />

Monatszeitung Le Monde diplomatique<br />

(LMd). Ihre deutsche Ausgabe wird seit 1995 in<br />

Berlin unter dem Dach der taz produziert.<br />

LMd berichtet aus aller Welt, wird von Leuten<br />

in aller Welt gemacht <strong>und</strong> auch in aller Welt gelesen.<br />

Von den weltweit 1,5 Millionen Leserinnen<br />

<strong>und</strong> Lesern haben manche die Zeitung auf Arabisch<br />

vor Augen, andere lesen sie auf Japanisch,<br />

Slowenisch, Norwegisch oder Farsi – insgesamt<br />

gibt es über 60 Print- <strong>und</strong> Online-Ausgaben.<br />

Wie in der globalisierten Welt alles mit allem<br />

zusammenhängt, wird nicht zuletzt durch die<br />

Karten <strong>und</strong> Grafiken verständlich, die Philippe<br />

Rekacewicz, der Initiator des Atlas der Globalisierung,<br />

entwickelt hat. Seine „engagierte Kartografie“<br />

ist das wichtigste Bindeglied zwischen der Monatszeitung<br />

Le Monde diplomatique <strong>und</strong> dem Atlas<br />

der Globalisierung.<br />

50<br />

FLEISCHATLAS <strong>2014</strong>


Verteilung von Arbeit, Entscheidungen <strong>und</strong><br />

Eigentumsrechten an Hühnern in Afrika, nach<br />

100 Entscheidungsfindung<br />

Geschlecht <strong>und</strong> Familienbeziehungen, in %<br />

80<br />

60<br />

40<br />

70<br />

20<br />

60 Arbeitsteilige Hühnerwirtschaft<br />

0<br />

50<br />

Verkauf von Eiern Verzehr von Eiern<br />

40<br />

30<br />

20<br />

Stickstoffbelastung<br />

Dörfliche Haushalte in der<br />

56<br />

Zur Herstellung von 1 kg oder 1 L<br />

Western Division, Gambia<br />

10<br />

wird an Wasser benötigt:<br />

niedrig<br />

0<br />

17<br />

mittel<br />

Stallbau Misten Füttern Tränken Verkauf von Verkauf von Pflege bei<br />

Hühnern Eiern Krankheit<br />

Rindfleisch<br />

hoch<br />

sehr hoch<br />

13<br />

1<br />

7<br />

Dänemark<br />

5 2<br />

9 8<br />

Irland 53<br />

13<br />

27<br />

18<br />

Großbritannien 4<br />

12<br />

Niederlande<br />

Eigentum an Hühnern<br />

Dörfliche Haushalte in Dodoma, Tansania<br />

15.455 L<br />

11<br />

4<br />

2<br />

Deutschland<br />

Polen<br />

Anbauflächen mit gentechnisch veränderten Belgien Pflanzen, in Millionen Hektar<br />

Produktion<br />

8<br />

in 100.000 Tonnen, 2011<br />

18<br />

Rindfleisch<br />

2 6<br />

Schweinefleisch<br />

20<br />

16<br />

Österreich<br />

Frauen<br />

74<br />

Indices, 2002–2004 = 100<br />

Männer 35<br />

9 15<br />

220<br />

Regelungen Eigentum an Hühnern<br />

Kinder für<br />

über 9<br />

genmanipulierte<br />

Frankreich<br />

190<br />

Familie<br />

3 – 9<br />

16<br />

Nahrungsmittel<br />

Käse<br />

Frauen <strong>und</strong> Kinder<br />

Kauf <strong>und</strong> Verkauf von Hühnern<br />

1 – 3<br />

10<br />

160<br />

Frauen <strong>und</strong> Männer<br />

76<br />

0,01 – 1<br />

5.000 L<br />

Verbot<br />

130<br />

0 Rindfleisch<br />

6<br />

Italien<br />

Schweinefleisch<br />

Geflügelfleisch<br />

100<br />

Spanien<br />

Schaffleisch<br />

Kennzeichnungspflicht<br />

Entwicklung der Haltungsflächen von Hühnern in der EU, in cm 2 pro Tier<br />

70<br />

für die meisten Produkte, bis<br />

2006 2008 2009 2010 2011 2012<br />

1 Prozent einer Zutat<br />

Reis<br />

ungekennzeichnet; in der EU<br />

3.400 L<br />

bis 0,9 Prozent, wenn<br />

gentechnische Verunreinigung<br />

450<br />

zufällig 624 oder technisch<br />

550<br />

unvermeidbar; die absichtliche<br />

Zufügung in 1.000 ist Tonnen, verboten 2011 Schätzung, 2012 Prognose<br />

Eier<br />

1.667<br />

300für viele Produkte, bis 1 Prozent<br />

3.300 L Angola<br />

des Gesamt Angola produkts ungekennzeichnet<br />

Benin D. R. Kongo Ghana Südafrika alle Geflügelimporte nach Afrika<br />

Benin<br />

Zertifizierte 250für wenige Ökolandwirtschaft, Produkte, mit vielen Anteil Ausnahmen an der Gesamtanbaufläche<br />

D. R. Kongo<br />

1.300<br />

Ghana<br />

200<br />

1.233 Zucker<br />

1.500 L Südafrika<br />

alle Geflügelimporte<br />

nach<br />

0<br />

150<br />

995<br />

Afrika<br />

763<br />

Weizen <strong>und</strong> 4 m 2 Auslauf im Freien<br />

100<br />

1.111<br />

1.300 L<br />

Direkte 259<br />

1.111 513 612<br />

800<br />

Emissionen 50<br />

Milchpulver<br />

in Prozent 91 179 kg<br />

Millionen 900 Tonnen, cm 2 bei 2010<br />

Eierstempelcodes<br />

Milch<br />

<strong>und</strong> Kilogramm<br />

29 kg über 2 kg Gewicht<br />

pflanzlich<br />

0<br />

1.000 L<br />

0 Ökohaltung<br />

CO 2 -Äquivalent 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

Käse<br />

Milch, Milchprodukte<br />

pro Person<br />

1<br />

1 Freilandhaltung<br />

<strong>und</strong> Jahr<br />

89 kg<br />

23,6 %<br />

2 Bodenhaltung<br />

Fleischverbrauch pro Kopf<br />

50,1<br />

2<br />

3<br />

Äpfel<br />

700 L<br />

Butter<br />

2.003 kg<br />

<strong>und</strong> 4 m 2 Auslauf im Freien<br />

Käfighaltung<br />

2012, Schätzung, in kg,<br />

3<br />

36,5<br />

25,3<br />

Produktion Eier, Eierwaren<br />

Karkassengewicht 149 kg 69 30,7<br />

41,3<br />

Export 1,3 %<br />

24,1<br />

32,7<br />

(nach Ausweidung)<br />

Bier<br />

20,0<br />

36,8<br />

28,3<br />

Fleisch, Fleischerzeugnisse<br />

300 L<br />

Frischmilcherzeugnisse<br />

Import<br />

17,9<br />

38,8<br />

FLEISCHATLAS 2013 Download: 19,1 www.boell.de/fleischatlas<br />

27,6<br />

40,7 %<br />

9,8<br />

Russland<br />

Kartoffeln<br />

255 L<br />

53<br />

Eier<br />

26 kg<br />

Japan<br />

über 10 Prozent<br />

Südkorea<br />

31,0<br />

Kanada<br />

5,0<br />

5 – 10<br />

14,0<br />

Tomaten<br />

184 L<br />

EU-27<br />

42 Schweinefleisch<br />

USA<br />

1 – 5<br />

17,0<br />

260 kg<br />

China<br />

0,5 – 1<br />

14,9435 kg<br />

Rind- <strong>und</strong> Kalbfleisch<br />

weniger <strong>als</strong> 0,5<br />

Möhren<br />

131 L<br />

1,5 2,4<br />

82 kg<br />

Mexiko<br />

26 40,7<br />

0,2 7,8 7,3<br />

50,5<br />

Deutscher Durchschnittsverbrauch im Laufe des Geflügelfleisch<br />

Lebens<br />

1 Badewanne entspricht etwa 140 Liter Wasser.<br />

38,5<br />

Indien Fleisch-<br />

China<br />

2,9<br />

<strong>und</strong> Wurstverzehr in Gramm/Tag<br />

1 – 300<br />

14<br />

15<br />

38,7<br />

> 300<br />

Indonesien<br />

59,7<br />

13<br />

37,8<br />

100.000 <strong>Tiere</strong><br />

historische Grenze<br />

13,3<br />

4 3<br />

10 Millionen <strong>Tiere</strong><br />

des Regenwaldes<br />

4 Rinder EU-27<br />

18,6<br />

4 Schafe<br />

12 Gänse<br />

23,0<br />

Brasilien<br />

6,9<br />

Kanada USA Argentinien Brasilien 38,6<br />

Indien<br />

Seitenaufrufe pro Monat FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas<br />

37 Enten<br />

Südafrika<br />

Australien<br />

„Vegetarismus“ „Veganismus“<br />

16<br />

8,1<br />

35<br />

Häufige Erreger <strong>und</strong><br />

46 Schweine<br />

Viele Erreger dieser Bakteriengruppen können bei Menschen 30<br />

Argentinien<br />

zu schweren, auch tödlichen Durchfallerkrankungen führen 31.000<br />

die Anzahl der Antibiotika-Klassen,<br />

gegen 100<br />

26.000<br />

60<br />

25<br />

24.000<br />

20<br />

23.000<br />

die sie resistent sind:<br />

21.000<br />

46 Puten<br />

19.000<br />

4519.000<br />

über 4<br />

15<br />

80<br />

16.000<br />

3<br />

Salmonellen Campylobacter 10 jejuni Escherichia coli<br />

2<br />

60<br />

5<br />

1<br />

0<br />

Erzeugung, Trends April 2009<strong>und</strong> Prognosen, FLEISCHATLAS April 2010 in Mio. April Tonnen 2013 2011 Download: April 2012 www.boell.de/fleischatlas<br />

April 2013<br />

40<br />

Erreger sind noch<br />

nicht resistent:<br />

57<br />

140<br />

Rindfleisch<br />

sensibel<br />

20<br />

120<br />

40 – 45 51 – 55<br />

Schweinefleisch<br />

100<br />

46 – 50 über 55Geflügelfleisch<br />

Proben in Prozent<br />

Schaffleisch<br />

0<br />

80<br />

Putenfleisch Mastpute Mastpute Masthähnchen Putenfleisch Mastpute<br />

Putenfleisch Mastpute Masthähnchen Mastkalb<br />

(H<strong>als</strong>haut) (gesamt)<br />

60 (H<strong>als</strong>haut)<br />

(gesamt)<br />

USA<br />

4<br />

Selbst- oder Fremdbezeichnung <strong>als</strong> Vegetarier oder Veganer, in Prozent der Bevölkerung<br />

40<br />

7<br />

92<br />

20<br />

2<br />

Männer<br />

0<br />

Deutschland 1<br />

1995 1999 2003 2007 Frauen 2011 2015 2019 2021<br />

2,2<br />

Männer <strong>und</strong> Frauen<br />

0,1<br />

945 Hühner<br />

FLEISCHATLAS<br />

Veganer (Männer<br />

2013<br />

<strong>und</strong> Frauen)<br />

8,5*<br />

Download: www.boell.de/fleischatlas<br />

* 2012, lt. Vegetarierb<strong>und</strong><br />

Indien<br />

31<br />

USA<br />

15<br />

Millionen Vegetarier<br />

117<br />

Deutschland<br />

Welt, Prognose 2012,<br />

Welt, Prognose 2012,<br />

Welt, Prognose 2012,<br />

Welt, Prognose 2012,<br />

1,5 7*<br />

in Millionen Tonnen<br />

in Millionen Tonnen<br />

in Prozent<br />

kg pro Kopf<br />

Indien<br />

375<br />

FAO<br />

FAO<br />

FAO<br />

FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas<br />

90 – 95 101 – 105<br />

96 – 100 über 105<br />

Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländer<br />

Schweinefleisch Geflügelfleisch<br />

Schweinefleisch Geflügelfleisch<br />

Industrieländer<br />

Rindfleisch Schaffleisch andere<br />

Rindfleisch Schaffleisch andere<br />

Verbrauch Export<br />

Welt (gewichteter Durchschnitt)<br />

Verzehr in Deutschland pro Kopf, in Kilogramm<br />

Produktion/<br />

• Deutschland ist Netto-Exporteur<br />

globaler Handel von Fleisch <strong>und</strong> Fleischwaren.<br />

Erzeugung<br />

Auch Zu- <strong>und</strong> Abnahmen von<br />

40<br />

Rind, Kalb<br />

Lagermengen werden bilanziert.<br />

Schwein<br />

• insgesamt ca. minus 10 Prozent<br />

30<br />

60,7 60,7 61,3 FLEISCHATLAS 61 2013 Download: 59,5<br />

Geflügel<br />

www.boell.de/fleischatlas<br />

• minus Knochen, Schwarten, Fett<br />

Sonstiges<br />

Konsum/<br />

20<br />

Schlachtung <strong>und</strong> untaugliches Fleisch<br />

Gesamt<br />

Verbrauch<br />

• minus Futter, Tierfertignahrung,<br />

10<br />

industrielle Weiterverarbeitung<br />

• insgesamt ca. minus 20 Prozent<br />

0<br />

2008 2009<br />

2010<br />

2011<br />

2012<br />

2013<br />

• minus Abfälle bei der<br />

Verzehr Zubereitung<br />

Zubereitung <strong>und</strong> Speisereste<br />

• minus Haustier-Frischfutter<br />

• Die Vogelgrippe mit • Eine neuer • Dioxin in „Bio-Mais“ • Ekelfleischskandal • Hygienemängel beim • Pferdefleischskandal<br />

• insgesamt ca. minus 5 Prozent<br />

Massenkeulungen in ganz Schweinegrippe- erschüttert die Glaubwürdigkeit<br />

der Bio-Höfe • Dioxin in konventionel-<br />

Wiesenhof<br />

Ausmaßen<br />

von 2007 vor Gericht Geflügel-Marktführer mit europäischen<br />

Deutschland flaut ab Virus ängstigt<br />

aufgenommene Nahrung<br />

• Schweinefleisch aus Irland die Welt, ist dann • TV-Berichte über „Klebefleisch“<br />

aus Schinkenteilen zu 5.000 Höfen von 2006 vor<br />

lem Tierfutter von bis • Gammelfleischskandal<br />

ist mit Dioxin vergiftet aber harmlos<br />

Gericht<br />

FAO<br />

FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas<br />

FAO<br />

FAO<br />

FAO<br />

BVL<br />

FAO<br />

NVS<br />

FLEISCHATLAS<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel <strong>2014</strong><br />

NEUE THEMEN<br />

FLEISCHATLAS<br />

<strong>2014</strong><br />

MEAT ATLAS<br />

Facts and figures about the anim<strong>als</strong> we eat<br />

Die App zum FLEISCHATLAS<br />

www.boell.de/fleischatlas<br />

DE<br />

ATLAS CARNE<br />

LA<br />

Lorem ipsum sit dolor lorem ispum sit<br />

MEAT ATLAS<br />

<strong>2014</strong><br />

ATLAS DE LA CARNE<br />

Februar <strong>2014</strong><br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />

HÜHNER, DAS KAPITAL<br />

AFRIKANISCHER FRAUEN<br />

FLEISCHATLAS<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel 2013<br />

Zwischen Rechtlosigkeit <strong>und</strong> Marktbeherrschung<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />

In Entwicklungsländern stammt viel<br />

Geflügelfleisch aus Hinterhof- oder<br />

kleinbäuerlicher Haltung, oft nur für<br />

den Eigenbedarf.<br />

In vielen Gesellschaften Afrikas ist die<br />

Hühnerzucht Frauensache. Einnahmen<br />

durch Eierhandel, Schlachtung <strong>und</strong><br />

Virtuelles Verkauf senken Wasserdie Abhängigkeit vom<br />

Ehemann. Als „lebendige Sparkasse“<br />

dienen sie der Sicherheit in Notzeiten.<br />

Brustfilets von Hühnern <strong>und</strong> Puten<br />

boomen. Andere Hühnerteile sind in<br />

der EU kaum noch verkäuflich <strong>und</strong><br />

werden zu Billigpreisen nach Afrika<br />

exportiert. Mit schlimmen Folgen: Wo<br />

die Tiefkühlschiffe anlegen, löschen<br />

sie die einheimische Produktion aus.<br />

WASSER, KLIMA, ARTENVIELFALT<br />

Fleischerzeugung <strong>und</strong> Stickstoffbelastung in Europa<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />

FUTTERMITTEL FÜR MILLIARDEN<br />

Gentechnikprodukte <strong>und</strong> ihre Kritiker<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />

EINE FRAGE DER HALTUNG<br />

Der lange Weg zu mehr Bewegung<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />

Welt-Fleischpreise im Vergleich<br />

INDIVIDUELLE ALTERNATIVEN<br />

A4-Blatt (21,0 x 29,7 cm)<br />

Käfighaltung (bis 2009)<br />

Größte afrikanische Importländer für Geflügel<br />

Ökohaltung<br />

Massentierhaltung verschwendet das Rinder stoßen den Klimakiller Methan<br />

Käfighaltung (bis 2003)<br />

Die Regen- Biobauern <strong>und</strong> Trinkwasser, kommen überdüngt die aus. Stimmen Futtermix, Düngung <strong>und</strong><br />

Gewässer <strong>und</strong> emittiert Treibhausgase. Bestandsdichte auf der Weide, kann die<br />

Aus Weiden, wichtigen CO 2 -Speichern, Ökobilanz neutral werden. Und positiv,<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />

werden Äcker für den Futteranbau.<br />

falls die Weide früher ein Acker war.<br />

Freilandhaltung<br />

Emissionen Bodenhaltung durch tierische Nahrungsmittel in Deutschland<br />

Käfighaltung<br />

Sojabohnen SPEISEPLAN – Produktion <strong>und</strong> Welthandel 680 DER 705 MITTELSCHICHT<br />

Vieh ist hungrig. In Deutschland frisst es mehr <strong>als</strong> die Hälfte<br />

der Ernte. Aber das reicht nicht: Zusätzliches Kraftfutter soll<br />

die Mast beschleunigen. Es wird aus Übersee importiert.<br />

Auf den Tellern der Welt<br />

31,2 % In Lateinamerika wächst der Eiweißlieferant Soja für die EU-<br />

Tierproduktion auf 17 Millionen Hektar – so viel wie alle<br />

<strong>Daten</strong> <strong>und</strong> <strong>Fakten</strong> über <strong>Tiere</strong> <strong>als</strong> Nahrungsmittel<br />

Agrarflächen Deutschlands. Das Soja ist meist gentechnisch<br />

verändert. Aus Flugzeugen werden die Felder mit Pestiziden<br />

Fisch 3,2 % besprüht, die auch die Anwohner vergiften.<br />

Je enger, desto profitabler: Die industrielle Tierhaltung nimmt 15,5 23,6<br />

12,7 16,9<br />

Zentren der Massenhaltung von Schweinen<br />

zu, wenn Betriebe weniger für Boden, Arbeit <strong>und</strong> Heizung<br />

Der Soja-Anbau fördert das Abholzen: Auch der Verlust von<br />

FLEISCHKONSUM IN<br />

aufwenden wollen. Auch Tierschutz gilt <strong>als</strong> Kostenfaktor. Und Weiden DEUTSCHLAND<br />

treibt Brasiliens Rinderzüchter in den Regenwald.<br />

das lebensgefährliche Geschäft mit den Antibiotika boomt.<br />

1094 <strong>Tiere</strong> auf dem Teller Rinder drängen an den Essverhalten Amazonas nach B<strong>und</strong>esländern<br />

Vorschriften über die Bedingungen in den Ställen der Fleischindustrie<br />

müssen nicht nur vorhanden sein, sondern auch<br />

Rinder pro km 2 0<br />

Rind<br />

eingehalten <strong>und</strong> kontrolliert werden. Selbst dann kann von<br />

artgerechter Haltung oft nicht die Rede sein. Hilfreich wäre,<br />

Fleisch Kaum eine so zu Kantine etikettieren, oder Uni-Mensa dass die Haltungsbedingungen verzichtet heute noch des auf Neugier: „Vegetarismus“ <strong>und</strong> „Veganismus“ in der Wikipedia<br />

<strong>Tiere</strong>s fleischlose daraus Gerichte. ersehen In werden Industrieländern können. ist es für jüngere<br />

Schwein<br />

Leute nicht mehr ungewöhnlich, vegetarisch oder vegan zu<br />

leben. Produkte <strong>und</strong> Rezepte stehen reichlich zur Verfügung.<br />

Immer resistenter, immer gefährlicher<br />

Frauen<br />

Für den Verzicht auf jede Nutzung tierischer Produkte nennt<br />

der Veganismus ethische, ökologische <strong>und</strong> politische Gründe:<br />

Geflügel<br />

<strong>Tiere</strong> dürfen nicht genutzt, ausgebeutet <strong>und</strong> getötet werden.<br />

19.000<br />

16.000<br />

Wer weder auf Fleisch verzichten noch die Massentierhaltung<br />

Wo in den Schwellen- <strong>und</strong> Entwicklungsländern der Wohlstand Kleine <strong>Tiere</strong> in großen Massen – Geflügel boomt<br />

fördern <strong>und</strong> die Umwelt belasten will, findet Angebote aus<br />

wächst, entstehen neue Mittelschichten. Sie orientieren sich<br />

regionaler, ökologischer Haltung. Im städtischen Umkreis sind<br />

an den reichen Ländern. Fleisch gilt <strong>als</strong> Proteinlieferant <strong>und</strong><br />

Erzeuger-/Käufergemeinschaften für Fleisch eine Alternative.<br />

Kraftspender, aber auch <strong>als</strong> Symbol für Aufstieg <strong>und</strong> Luxus.<br />

Daher steigt der weltweite Verbrauch. Anders ist die Lage in<br />

Vegetarier den Industrieländern. – relativ <strong>und</strong> Hier absolut stagniert die Nachfrage, allerdings<br />

auf viel zu hohem Niveau.<br />

Das Schwein gilt in weiten Teilen Nordafrikas <strong>und</strong> Asiens <strong>als</strong><br />

unrein. Dennoch dominiert es die Teller der Welt. Bald wird es<br />

vom Huhn überflügelt, dem billigsten aller Fleischlieferanten.<br />

Produktion<br />

Handel<br />

Eigenverbrauch <strong>und</strong> Handel<br />

Früher galt Fleisch in Deutschland<br />

mehr <strong>als</strong> Frauen, Jüngere mehr <strong>als</strong> Alte<br />

<strong>als</strong> ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> lebenswichtig. Heute <strong>und</strong> Ostler mehr <strong>als</strong> Westler. Übrigens<br />

ist dieses Vertrauen verschw<strong>und</strong>en. sind inzwischen r<strong>und</strong> zwei Drittel aller<br />

Nach den vielen Skandalen haben<br />

Fleischeinkäufe in Plastik abgepackt.<br />

die Fleischkonzerne 13,9 ein schlechteres 0,8<br />

10<br />

Image <strong>als</strong> die Chemische 66,8 Industrie.<br />

8,0<br />

7,4 Traditionelle Supermärkte bieten noch<br />

wenig Alternativen. Ob dort, beim Öko-<br />

110,8 301,8 29,4<br />

100<br />

Dennoch: Der Verzehr sinkt kaum. Die Metzger oder im Bioladen: Wer Fleisch<br />

meisten Deutschen essen täglich oder<br />

104,5<br />

13,0 aus Massentierhaltung meidet, fördert 90<br />

fast täglich Fleisch <strong>und</strong> Wurst, Männer nachhaltige Landwirtschaft.<br />

FAOSTAT<br />

Eurostat<br />

WWF<br />

VEBU<br />

Männer<br />

Verbrauch<br />

32,7<br />

42,5<br />

79,0<br />

FAO, centerforfoodsafety.org<br />

thepoultrysite.com<br />

BUND DSW, FAO<br />

waterfootprint.org<br />

stats.grok.se<br />

FAO, WWF<br />

Gallup, OECD/FAO NVS, SNS, VEBU<br />

FLEISCHATLAS<br />

2013<br />

6. Auflage<br />

Wort <strong>und</strong> Tat – eine Systematik<br />

Fleischverzehr <strong>und</strong> -skandale<br />

DPA, BVDF<br />

FLEISCHPLAKATE<br />

Satz von acht Motiven, DIN A1<br />

2013


Der Verbraucher erfährt viel<br />

zu wenig über das Fleisch, das er kauft.<br />

aus: GUTE LEBENSMITTEL GESUCHT, Seite 43<br />

Die weltweit hohe Nachfrage nach Hühnern liegt<br />

am Anstieg der Kaufkraft, nicht am Bevölkerungszuwachs.<br />

aus: WELTWEITER STEILFLUG IN DIE FABRIK, Seite 32<br />

220<br />

190<br />

160<br />

130<br />

362<br />

3 244 000 Rinder<br />

25 460 000 Enten<br />

100<br />

10 9<br />

37 700 000 Puten 4 12<br />

70<br />

6<br />

2006 2008 2009 2010 2011 941 2012 2013<br />

Das Transatlantische Handelsabkommen könnte zu 558mehr<br />

Antibiotika im Fleisch <strong>und</strong> zu weniger Tierschutz führen.<br />

aus: FREIHÄNDLER WITTERN MORGENLUFT, Seite 14<br />

Um mehrfach im Jahr säen zu können, macht<br />

Glyphosat die Böden immer wieder pflanzenfrei.<br />

aus: ARGENTINIEN, DAS SOJA-REICH, Seite 31<br />

58 350 000 Schweine 627 941 000 Hühner<br />

355<br />

13<br />

470<br />

450<br />

353<br />

15<br />

410<br />

2,525<br />

1<br />

11<br />

416<br />

5<br />

2<br />

727<br />

3<br />

8<br />

1,546<br />

487

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