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4. Konzept zur analytischen Rekonstruktion und zur Beurteilung von ...

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Kapitel 4: Zur <strong>Rekonstruktion</strong> <strong>und</strong> <strong>Beurteilung</strong> <strong>von</strong> Lernprozessen<br />

zusammenhänge eingebettet sein (z. B. Güterproduktion als gesellschaftliche Produktionstätigkeit<br />

unter dem Motiv der kollektiven Güterversorgung; Güterproduktion als Erwerbstätigkeit<br />

unter dem Motiv, sich den Tauschwert des Lohnes anzueignen, oder Güterproduktion als<br />

Lerntätigkeit unter der Motivlage des Wissens- <strong>und</strong> Kompetenzerwerbs).<br />

Die Relevanz der Tätigkeitseinbettung bzw. des Handlungsmotivs für die einzelne Handlung<br />

ergibt sich jetzt daraus, daß hierdurch die Nebenbedingungen, unter denen die Handlung<br />

optimiert wird, erheblich variieren, <strong>und</strong> dies heißt im Endeffekt, daß die Tätigkeitseinbettung<br />

starke Auswirkungen auf die Zielfestlegung, die Motivation <strong>und</strong> die Ausführungsqualität der<br />

Handlung haben wird.<br />

Die Beziehung zwischen (Handlungs-)Ziel <strong>und</strong> (Tätigkeits-)Motiv ist also komplexer Natur,<br />

sie ist unmittelbar sinnlich nicht mehr zu erfahren, sondern bedarf der kognitiven (Re-)<br />

Konstruktion. Diese Beziehung zwischen Motiv <strong>und</strong> Ziel beim Individuum nennt LEONTJEW<br />

Sinn (vgl. MATTHÄUS 1988, S. 257). „Wenn dem Individuum das Motiv, dem seine<br />

Handlungen dienen, bewußt ist - im Fall der Kooperation: wenn es Einsicht in das kollektive<br />

Gesamtziel hat - so hat es ein ‘Motivziel’“ (MATTHÄUS 1988, S. 258). Die Parallele zum Sinn<strong>und</strong><br />

Motivkonzept bei Max WEBER (1921) tritt hier ebenso zutage, wie jene <strong>zur</strong> Struktur der<br />

„rationalen Zweck-Mittel-Argumentation“ im Zusammenhang der konstruktivistischen<br />

Philosophie (vgl. SCHWEMMER 1987; GATZEMEIER 1975; FÜGLISTER 1978; KÖNIG 1975).<br />

Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage ist es möglich, zwischen der - auch inhaltlich präzisierten, kompetenz<strong>und</strong><br />

wissensbezogenen - Sinnorientierung der Lerntätigkeit (des Lernhandelns) auf der einen<br />

Seite <strong>und</strong> den konkreten, äußerlich faßbaren Lernzielen einzelner Lernhandlungen auf der<br />

anderen Seite zu unterscheiden. Didaktisch kompetentes Lehrhandeln hat dafür Sorge zu<br />

tragen, daß diese beiden Komponenten zweckmäßig aufeinander bezogen sind <strong>und</strong> daß die<br />

Lernenden selbst an der sinnvollen Festlegung konkreter Lernziele beteiligt werden <strong>und</strong> in<br />

wachsendem Maße Freiräume erhalten, in denen sie ihr Lernhandeln selbst sinnvoll in<br />

Hinblick auf die angestrebten inneren Ergebnisse gestalten können.<br />

<strong>4.</strong>2.2.5 Lernhandeln als gegenständliches Handeln<br />

Mit diesen Überlegungen <strong>zur</strong> Zielsetzung wurden zwei wesentliche Strukturmerkmale des<br />

Lernhandelns angesprochen: Lernhandeln ist motiviert <strong>und</strong> zielgerichtet. Ein weiteres<br />

Merkmal schien dabei wiederholt auf: die Gegenständlichkeit des Lernhandelns, die im<br />

Begriff des Lerngegenstandes ihren konzeptuellen Ausdruck findet.<br />

AEBLI (1980, S. 13) sieht in der Handlung generell die Funktion der „Stiftung <strong>von</strong><br />

Beziehungen zwischen vorgef<strong>und</strong>enen oder laufend erzeugten Elementen“. Er unterscheidet<br />

mithin die „Handlung als dynamischen Prozeß in der Zeit <strong>von</strong> den Objekten, auf die sie sich<br />

bezieht <strong>und</strong> die sie verändert oder erzeugt“ (ebenda, S. 212). Dabei sei es „unwesentlich, ob<br />

die Elemente (die ‘Gegebenheiten’) wahrgenommen oder spontan erzeugt sind, ob es sich<br />

dabei um Sinnesgegebenheiten oder um begriffliche Elemente handelt. Entscheidend ist ihr<br />

‘Gegeben-Sein’: Dann kann zwischen ihnen eine Beziehung geknüpft werden“ (ebenda,<br />

S. 25).<br />

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