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4. Konzept zur analytischen Rekonstruktion und zur Beurteilung von ...

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Kapitel 4: Zur <strong>Rekonstruktion</strong> <strong>und</strong> <strong>Beurteilung</strong> <strong>von</strong> Lernprozessen<br />

Charakteristisch für diese Akzentsetzung ist die Form der tautologischverhaltensorientierten<br />

Qualifikationsdefinition, wie z. B. „Fähigkeit, Vorgesetzter zu sein<br />

<strong>und</strong> sich durchzusetzen“ (ebenda, S. 61). Äußere Strukturmerkmale der Tätigkeit werden<br />

mit dem Zusatz „Fähigkeit“ versehen in Pseudo-Dispositionen umgeformt. Wir waren auf<br />

dieses Phänomen bereits im Zuge unserer Behandlung des Qualifikationsbegriffs<br />

gestoßen; an dieser Stelle soll es lediglich als Indiz für die Subjektblindheit des<br />

analysierten Modellierungskonzepts dienen.<br />

Eine solche Leitvorstellung läßt sich unschwer als Ausformung des „behavioralen<br />

Subjektmodells“ rekonstruieren, wird doch hier vom umweltgesteuerten Menschen<br />

ausgegangen, „der passiv auf externe Stimuluskontingenzen reagiert, selbst keine<br />

Möglichkeit hat, sein Handeln planend <strong>und</strong> antizipierend auf Zielzustände ausrichten zu<br />

können - mithin als reflexionslose, subjektlose Natur vorkommt“ (HÄRLE 1980, S. 31;<br />

vgl. SÖLTENFUß 1983). Zugleich läßt sich zeigen, daß sich ein solches<br />

Gegenstandsverständnis nahtlos an das traditionelle „Instruktionsmodell des Lernens“<br />

anschließt, das wir oben skizziert haben. Auch wenn Übungsfirmenarbeit stark <strong>von</strong><br />

herkömmlichen Unterrichtsmustern abweicht, zeigt sich nunmehr, daß der Versuch<br />

verbreitet ist, sie unter den traditionellen Vorstellungen behavioral-funktionalistischer<br />

Lehr-Lern-Vorstellungen zu subsumieren. Daß damit zugleich ihr innovatives Potential<br />

verschüttet wird, bedarf keiner weiteren Begründung.<br />

(4) Durch die Reduktion des individuellen Handelns <strong>und</strong> Lernens in der Übungsfirma auf die<br />

funktionale Anforderungserfüllung geht schließlich die Mehrdimensionalität des<br />

Handelns in der Übungsfirma ebenso verloren, wie die Mehrschichtigkeit der in<br />

didaktischer Absicht gestalteten <strong>und</strong> überformten Lernumwelt.<br />

Es scheint uns zwar durchaus zulässig <strong>und</strong> sinnvoll, Lernerhandeln in der Übungsfirma<br />

als Arbeitstätigkeit zu erfassen; es ist jedoch nie nur <strong>und</strong> nie ungebrochen<br />

Arbeitstätigkeit. Die Arbeitstätigkeit im Rahmen des Modells Übungsfirma ist eingebettet<br />

in die zeitlich <strong>und</strong> thematisch umfassendere <strong>und</strong> intentional dominierende Lerntätigkeit.<br />

Lernchancen ergeben sich mithin nicht allein in Form arbeitsimmanenter Qualifizierung,<br />

sondern gerade auch durch Prozesse der Reflexion <strong>und</strong> der begrifflichen<br />

Systematisierung. Restriktionen auf der einen Ebene können durchaus Lernimpulse auf<br />

der anderen darstellen (so z. B. Routinearbeit als Einschränkung arbeitsimmanenten<br />

Lernens <strong>und</strong> als Gegenstand kritischer Reflexion).<br />

Als Konsequenz dieser Überlegungen ist weiterhin anzumerken, daß die Lernumwelt<br />

Übungsfirma bei der Analyse nicht auf den Bereich der Arbeitsanforderungen <strong>und</strong> -bedingungen<br />

des funktionalen Modells reduziert werden darf. Ihr Lernpotential wird ebenso<br />

da<strong>von</strong> bestimmt, in welcher Weise die funktionalen Strukturen <strong>und</strong> Prozesse didaktisch<br />

überformt <strong>und</strong> curricular eingeb<strong>und</strong>en werden.<br />

Der Begriff der „didaktischen Überformung“ bezieht sich einerseits auf die didaktisch begründeten<br />

Besonderheiten der Konstruktion des funktionalen Modells Übungsfirma, so<br />

z. B. auf Merkmale der Aufbau- <strong>und</strong> Ablauforganisation, auf die Gestaltung der Arbeitsobjekte<br />

<strong>und</strong> Arbeitsmittel u. a. m. Sie bezieht sich andererseits auf alle Maßnahmen <strong>zur</strong><br />

Vorbereitung, begleitenden Reflexion <strong>und</strong> Systematisierung <strong>und</strong> <strong>zur</strong> Auswertung der konkreten<br />

Übungsfirmenarbeit. Mit „curricularer Einbindung“ ist das Problem der thema-<br />

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