4. Konzept zur analytischen Rekonstruktion und zur Beurteilung von ...

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Kapitel 4: Rekonstruktion und Beurteilung von Lernprozessen - die unterste Ebene ist die "sensumotorische Regulationsebene", die unselbständige Handlungsbestandteile an der Grenze zu physiologischen Vorgängen umfaßt. "Bewegungsorientierende Abbilder" lenken stereotype Unterprogramme von Handlungen und ermöglichen damit eine "schnelle und 'automatisierte' Anpassung an die streng regelhaften Aspekte der Umwelt" (VOLPERT 1983a, S. 39; HACKER 1978, S. 104). - Auf der mittleren, der "perzeptiv-begrifflichen Regulationsebene" werden Handlungen durch relativ flexibel einsetzbare, komplexe Schemata reguliert, deren Einsatz durch begrifflich in unterschiedlichem Maße überformte Wahrnehmungen und Vorstellungen vorbereitet und kontrolliert wird. Die Leistungsfähigkeit dieser Regulationsebene hängt von Umfang und Variabilität des Signalinventars und der entsprechenden Handlungsschemata ab. - Die intellektuelle Regulationsebene ist als höchste im hierarchischen System "insbesondere dann von Bedeutung, wenn eine subjektiv neue Tätigkeit gefordert wird bzw. wenn eine Tätigkeit unter ungewohnten Bedingungen durchzuführen ist" (SCHNOTZ 1979, S. 62). Prozesse auf dieser Ebene umfassen die Entwicklung komplexer Pläne und Strategien und basieren auf komplexen begrifflichen Abbildsystemen als Ergebnis intellektueller Analyse und Synthese (HACKER 1978, S. 104). Die Ebenen sind offenkundig durch unterschiedliche Niveaus kognitiver Orientierungs- und Regulationsanforderungen gekennzeichnet und stehen von daher grundsätzlich in direkter Beziehung zum Gegenstand der arbeitspsychologischen Analyse kognitiver Regulationsleistungen im Zuge auftragsgebundenen Arbeitshandelns. Die Kritik an diesem Modell, aus der heraus auch das 5-Ebenen-Modell OESTERREICHs entstanden ist, konzentriert sich unter anderem auf zwei Aspekte: − Zum einen wird die Berechtigung einer eigenständigen perzeptiv-begrifflichen Regulationsebene mit dem Einwand in Frage gestellt, daß perzeptive und begriffliche Vorgänge "als Ausarbeitungen der psychischen 'Funktionen' des Wahrnehmens und Sprechens ... an allen Handlungen und Denkprozessen auf allen Ebenen beteiligt sind oder prinzipiell beteiligt sein" könnten (LEMPERT/HOFF/LAPPE 1979, S. 73; OESTERREICH 1981, S. 19). − Zum anderen zielt die Kritik darauf ab, daß die intellektuelle Regulationsebene zu wenig differenziert und ausgearbeitet sei, um der potentiellen Verschiedenartigkeit kognitiver Anforderungen im Zuge von Problemlöse- und Planungsvorgängen gerecht werden zu können (ebenda, S. 18; LEMPERT/HOFF/LAPPE 1979, S. 75ff.). Entsprechende Ansätze zur Ausdifferenzierung konzentrierten sich entsprechend darauf, eine weitere Differenzierung auf der Ebene formaler Merkmale der erforderlichen Denkleistungen, z. B. unter Rückgriff auf die Problemlösetheorie (z. B. Komplexitätsstufen des Aufgabentyps), zu leisten (LEMPERT/ HOFF/LAPPE 1979, S. 76ff.; SEMMER/FREESE 1979; z. B. das 9-Stufen Modell der Problemhaltigkeit in VOLPERT/LUDBORZS/MUSTER 1981, S. 215ff.). OESTERREICH ging hier einen anderen Weg, indem er den Versuch einer Begründung verschiedener Ebenen der Handlungsregulation unter dem Aspekt der Erreichbarkeit von Handlungszielen unternahm. Konzeptuell findet dieser Ansatz seinen Ausdruck im Konstrukt der "Kontrolle", das OESTERREICH (1981, S. 26) folgendermaßen einführt: 315

Kapitel 4: Rekonstruktion und Beurteilung von Lernprozessen "Das Konzept der Kontrolle im Handeln betrifft das Verhältnis zwischen einem zielgerichtet Handelnden und Ereignissen in einer objektiven Situation, in der der Handelnde handelt. 'Kontrolle' bezieht sich darauf, in welchem Maß das Auftreten der vom Handelnden zielgerichtet angestrebten Ereignisse von seinen Handlungen abhängig oder unabhängig ist. Der Handelnde verfügt über eine 'Kontrollkompetenz', die bestimmt ist durch seine Kenntnisse über die Abhängigkeiten der angestrebten Ereignisse von den eigenen Handlungen." Das Modell OESTERREICHs soll kurz in der vereinfachten Form, in der es im Manual zum Arbeitsanalyseverfahren VERA dargestellt ist, referiert werden (VOLPERT et al. 1983). Die einzelnen Ebenen werden jeweils durch eine Alltagssequenz illustriert und durch Angaben zu den ebenenspezifischen Zielen und Aktionsprogrammen in bezug auf Arbeitshandlungen konkretisiert. Im Hinblick auf die Form der ebenenspezifischen Aktionsprogramme haben VOLPERT et al. (1983, S. 38) jeweils eine zusätzliche Differenzierung in eine "restriktive" und eine "nicht-restriktive" Ausprägung vorgenommen, so daß sich auf jeder Ebene zwei Stufen ergeben, auf der Ebene 1 also beispielsweise die nicht-restriktive Stufe 1 und die restriktive Stufe 1R. Eine Arbeitsaufgabe ist jeweils der höchsten bei ihrer Ausführung benötigten Stufe der Regulationserfordernisse zuzuordnen. Die höheren Stufen schließen jeweils die Notwendigkeit der Planung auf den darunterliegenden Stufen mit ein und zwar in ihrer nicht-restriktiven Form. Die Feststellung, ob die Regulationserfordernisse in restriktiver oder nicht-restriktiver Form vorliegen, ist also nur auf der jeweils höchsten Stufe der Regulationserfordernisse notwendig. EBENE 1: Sensumotorische Regulation (Handlungsausführung) "Herr X geht die Treppe hinunter. Das Bewegungsprogramm, d. h. die zum Treppenhinabsteigen notwendigen Körperbewegungen, läuft ohne Zuwendung des Bewußtseins ab" (ebenda, S. 25). Auf der Ebene der sensumotorischen Regulation besteht das Ziel in einer "Veränderung materieller Gegebenheiten, die durch eine schon oft ausgeführte Abfolge von Einzelbewegungen erreicht werden kann". Entsprechend besteht das Aktionsprogramm aus einem Bewegungsprogramm, welches aus einer Sequenz mehrerer Einzelbewegungen (bzw. im Grenzfall aus einer Einzelbewegung) besteht. Ein Bewegungsprogramm wird in bewußter Zuwendung ausgelöst und läuft dann automatisiert bis hin zum beabsichtigten Arbeitsergebnis ab (ebenda, S. 28), sofern "nicht der besondere Fall eintritt, daß es fehlerhaft ausgeführt wurde oder Fehler in den Arbeitsmaterialien vorliegen" (ebenda, S. 39). Es ist möglich, im Bewegungsprogramm Variationen in den Arbeitsmaterialien zu berücksichtigen. Stufe 1R: Stufe 1: Innerhalb des Bewegungsprogramms können Variationen in den Arbeitsmaterialien berücksichtigt werden. "Es kommt jedoch nicht vor, daß auch solche Variationen zu berücksichtigen sind, die zu anderen Varianten des Arbeitsergebnisses führende Bewegungsabläufe oder die Benutzung anderer Arbeitsgeräte erfordern" (ebenda). Innerhalb des Bewegungsprogramms müssen Variationen in den Arbeitsmaterialien berücksichtigt werden. Es kommt vor, daß auch solche Variationen im 316

Kapitel 4: <strong>Rekonstruktion</strong> <strong>und</strong> <strong>Beurteilung</strong> <strong>von</strong> Lernprozessen<br />

"Das <strong>Konzept</strong> der Kontrolle im Handeln betrifft das Verhältnis zwischen einem zielgerichtet<br />

Handelnden <strong>und</strong> Ereignissen in einer objektiven Situation, in der der Handelnde<br />

handelt. 'Kontrolle' bezieht sich darauf, in welchem Maß das Auftreten der<br />

vom Handelnden zielgerichtet angestrebten Ereignisse <strong>von</strong> seinen Handlungen abhängig<br />

oder unabhängig ist. Der Handelnde verfügt über eine 'Kontrollkompetenz',<br />

die bestimmt ist durch seine Kenntnisse über die Abhängigkeiten der angestrebten<br />

Ereignisse <strong>von</strong> den eigenen Handlungen."<br />

Das Modell OESTERREICHs soll kurz in der vereinfachten Form, in der es im Manual zum Arbeitsanalyseverfahren<br />

VERA dargestellt ist, referiert werden (VOLPERT et al. 1983). Die einzelnen<br />

Ebenen werden jeweils durch eine Alltagssequenz illustriert <strong>und</strong> durch Angaben zu<br />

den ebenenspezifischen Zielen <strong>und</strong> Aktionsprogrammen in bezug auf Arbeitshandlungen konkretisiert.<br />

Im Hinblick auf die Form der ebenenspezifischen Aktionsprogramme haben<br />

VOLPERT et al. (1983, S. 38) jeweils eine zusätzliche Differenzierung in eine "restriktive" <strong>und</strong><br />

eine "nicht-restriktive" Ausprägung vorgenommen, so daß sich auf jeder Ebene zwei Stufen<br />

ergeben, auf der Ebene 1 also beispielsweise die nicht-restriktive Stufe 1 <strong>und</strong> die restriktive<br />

Stufe 1R.<br />

Eine Arbeitsaufgabe ist jeweils der höchsten bei ihrer Ausführung benötigten Stufe der Regulationserfordernisse<br />

zuzuordnen. Die höheren Stufen schließen jeweils die Notwendigkeit der<br />

Planung auf den darunterliegenden Stufen mit ein <strong>und</strong> zwar in ihrer nicht-restriktiven Form.<br />

Die Feststellung, ob die Regulationserfordernisse in restriktiver oder nicht-restriktiver Form<br />

vorliegen, ist also nur auf der jeweils höchsten Stufe der Regulationserfordernisse notwendig.<br />

EBENE 1: Sensumotorische Regulation (Handlungsausführung)<br />

"Herr X geht die Treppe hinunter. Das Bewegungsprogramm, d. h. die zum Treppenhinabsteigen<br />

notwendigen Körperbewegungen, läuft ohne Zuwendung des Bewußtseins<br />

ab" (ebenda, S. 25).<br />

Auf der Ebene der sensumotorischen Regulation besteht das Ziel in einer "Veränderung materieller<br />

Gegebenheiten, die durch eine schon oft ausgeführte Abfolge <strong>von</strong> Einzelbewegungen<br />

erreicht werden kann". Entsprechend besteht das Aktionsprogramm aus einem Bewegungsprogramm,<br />

welches aus einer Sequenz mehrerer Einzelbewegungen (bzw. im Grenzfall aus<br />

einer Einzelbewegung) besteht. Ein Bewegungsprogramm wird in bewußter Zuwendung ausgelöst<br />

<strong>und</strong> läuft dann automatisiert bis hin zum beabsichtigten Arbeitsergebnis ab (ebenda, S.<br />

28), sofern "nicht der besondere Fall eintritt, daß es fehlerhaft ausgeführt wurde oder Fehler in<br />

den Arbeitsmaterialien vorliegen" (ebenda, S. 39). Es ist möglich, im Bewegungsprogramm<br />

Variationen in den Arbeitsmaterialien zu berücksichtigen.<br />

Stufe 1R:<br />

Stufe 1:<br />

Innerhalb des Bewegungsprogramms können Variationen in den Arbeitsmaterialien<br />

berücksichtigt werden. "Es kommt jedoch nicht vor, daß auch solche Variationen<br />

zu berücksichtigen sind, die zu anderen Varianten des Arbeitsergebnisses<br />

führende Bewegungsabläufe oder die Benutzung anderer Arbeitsgeräte<br />

erfordern" (ebenda).<br />

Innerhalb des Bewegungsprogramms müssen Variationen in den Arbeitsmaterialien<br />

berücksichtigt werden. Es kommt vor, daß auch solche Variationen im<br />

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