Globale Entwicklung - Bildung für nachhaltige Entwicklung ...
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22 Verschiedentlich wird die Auffassung vertreten, dass sich Nachhaltigkeit durch die parallele Verfolgung der jeweiligen Ziele der Entwicklungsdimensionen erreichen ließe. Dieses „eindimensionale Modell“ würde bedeuten, dass „innerhalb“ bzw. aus der jeweiligen Entwicklungsdimension heraus Nachhaltigkeitsprinzipien definiert und verfolgt werden könnten. Die so gewonnenen ökologischen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen, d.h. dimensionenspezifischen Nachhaltigkeitsprinzipien würden dann gleichberechtigt neben einander stehen. Ökologische Leitplankenmodelle gehen i.d.R. nicht von der Gleichwertigkeit der Entwicklungsdimensionen aus. Ihnen zufolge bilden ökologische Leitplanken, die die Grenze zu nicht-nachhaltiger Entwicklung definieren, einen Entwicklungskorridor, der nicht verlassen werden darf. Nur innerhalb dieses Korridors besteht ein Spielraum zur Verfolgung wirtschaftlicher, sozialer, ökologischer und politischer Ziele. Der Grundsatz der Gleichwertigkeit der Entwicklungsdimensionen und ihrer Ziele könnte auch die Definition politischer, sozialer und wirtschaftlicher Leitplanken erfordern. So wird „Armut“, wie in den Millennium Goals definiert, de facto von der Weltgemeinschaft als Leitplanke für die menschliche Entwicklung betrachtet. 30 Ein „integratives Modell“ steht dem Kohärenzgedanken näher und stellt auch die politische Umsetzbarkeit einer Strategie der Nachhaltigkeit in den Vordergrund. „Eine ökologisch dominierte Nachhaltigkeitspolitik wird im gesellschaftlichen Abwägungsprozess immer dann unterliegen, wenn sich andere Problemlagen als unmittelbarer, spürbarer und virulenter erweisen und damit auch für politisches Handeln dringlicher und attraktiver sind. Selbst wenn sie sich durchsetzen kann, bleibt sie ohne Wirkung, denn letztlich dürfte nur eine Politik der Integration der (…) Dimensionen in der Lage sein, die konzeptionelle Schwäche einer von wirtschaftlichen und sozialen Fragestellungen isolierten Umweltdiskussion zu überwinden. (…) In Deutschland reift allmählich die Erkenntnis, dass mit dem Leitbild der nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung wichtige Entwicklungslinien auch jenseits der ökologischen Dimension angesprochen werden. Aufgrund der komplexen Zusammenhänge zwischen den (…) Dimensionen bzw. Sichtweisen von Ökologie, Ökonomie und Sozialem müssen sie integrativ behandelt werden. Dabei geht es – bildhaft gesprochen – nicht um die Zusammenführung dreier nebeneinander stehender Säulen, sondern um die Entwicklung einer dreidimensionalen Perspektive aus der Erfahrungswirklichkeit. Die Diskussion tendiert dahin, Nachhaltigkeitspolitik als Gesellschaftspolitik zu interpretieren, die im Prinzip und auf lange Sicht alle genannten Dimensionen gleichberechtigt und gleichwertig behandelt“ 31 Bei konkreten Kohärenzfragen bzw. bei der Analyse nicht-nachhaltiger Entwicklungen ist die Untersuchung der Interdependenzen zwischen den Entwicklungsdimensionen und ihren einzelnen Elemente notwendig. In Natur und Gesellschaft können u.a. die folgenden Aspekte eine Rolle spielen: • Kausale (wohl selten: monokausale) Wirkungsbeziehungen oder weitläufige Wirkungsfelder mit unterschiedlichen Wechselwirkungen • Zeitliche Abläufe in Prozessformen (Regelhaftigkeit, Selbstverstärkung oder Selbstdämpfung, Schwellenwerte usw.) 30 In den MDGs werden auch neben dem Ziel der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, soziale (z.B. Gesundheit, Bildung) und wirtschaftliche Ziele (Armutsbekämpfung) angesprochen. Die Beseitigung der extremen Armut wird als Voraussetzung für Entwicklung in allen andere bereichen bezeichnet. www.un.org/millenniumgoals 31 Enquête-Kommission des 13. Deutschen Bundestags: „Schutz des Menschen und der Umwelt“ 1998: 31f.
23 Als Problemlösungs- und Entscheidungskriterien bei Kohärenzfragen können die folgenden Aspekte wichtig sein: • Indikatoren und Grenzwerte für wichtige Faktoren bzw. für angestrebte Veränderungen • Identifizierung von Akteuren und deren eventuellen Macht- und anderen Einflussstrukturen (z.B. wirtschaftliche und politische Macht, Ressourcenzugang) • Kommunikationswege zwischen den Beteiligten, öffentliche Medienpräsenz und Diskussionskultur • Konfliktlösungsmodelle und Steuerungsmodi der beteiligten Handlungsebenen, Schiedsgerichte, professionelle Gremien und Standards, wissenschaftliche Begründungszusammenhänge • Übergreifende Kriterien wie das Leitbild nachhaltiger Entwicklung sowie entsprechende nationale und internationale Beschlüsse. Kohärenz auf den verschiedenen Handlungsebenen Wenn mit zunehmender Globalisierung globale und lokale Phänomene enger miteinander verknüpft werden, macht es Sinn, die Kohärenzproblematik auf den verschiedenen Handlungsebenen zu betrachten. Individuelle Ebene und Lebenswelt Die unmittelbare Lebenswelt kann als Mikroebene bezeichnet werden. Sie umschließt das Individuum, die Familie oder Kleingruppe sowie das überschaubare Umfeld der Gemeinde. Die Gestaltung der Lebenswelt beruht großenteils auf persönlichen Beziehungen. Die Kohärenzfragen der Lebenswelt lassen sich unter der Annahme erschließen, dass dort die vier Entwicklungsdimensionen im konkreten persönlichen Handeln zusammenlaufen. Jeder Mensch steht vor wirtschaftlichen, sozialen, politischen und ökologischen Herausforderungen, die er für seine jeweilige Situation harmonisieren muss, um den Anforderungen an ein zukunftsfähiges Leben zu genügen. Dies gilt u.a. für den Lebensstil, die Haushaltsführung, die gesellschaftliche und politische Mitwirkung. Schon auf dieser Ebene müssen Zielkonflikte geklärt und komplexe Zusammenhänge auf gangbare und nachhaltige Verhaltensalternativen reduziert werden. Auch auf der lebensweltlichen Ebene wirken sich Globalisierungseinflüsse aus. Dies wird im zwischenmenschlichen Kontakt erfahren (z.B. als Tourist oder bei interkulturellen Begegnungen in Deutschland), wie auch als Auswirkung institutioneller, wirtschaftlicher oder staatlicher Auseinandersetzung mit der Globalisierung z.B. in der Frage der Arbeitsplatzkonkurrenz mit „Niedriglohnländern“ oder im Angebot von Lebensmitteln aus Entwicklungsländern. Die Komplexität der lebensweltlichen Entscheidungsfragen, die sich innerhalb der pluralistischen Gesellschaft vor konkurrierenden Ansprüchen und Möglichkeiten auftun, wird durch die globalen Einflüsse noch wesentlich gesteigert. Oftmals sind dann Zielkonflikte zwischen lokalen und globalen Interessen zu lösen (z.B. stehen beim Kauf von frischem Obst im Winter die ökologischen Bedenken und die Einkommensmöglichkeiten der ärmeren südlichen Herkunftsländer im Widerspruch).
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Als Problemlösungs- und Entscheidungskriterien bei Kohärenzfragen können die<br />
folgenden Aspekte wichtig sein:<br />
• Indikatoren und Grenzwerte für wichtige Faktoren bzw. für angestrebte Veränderungen<br />
• Identifizierung von Akteuren und deren eventuellen Macht- und anderen Einflussstrukturen<br />
(z.B. wirtschaftliche und politische Macht, Ressourcenzugang)<br />
• Kommunikationswege zwischen den Beteiligten, öffentliche Medienpräsenz und<br />
Diskussionskultur<br />
• Konfliktlösungsmodelle und Steuerungsmodi der beteiligten Handlungsebenen,<br />
Schiedsgerichte, professionelle Gremien und Standards, wissenschaftliche Begründungszusammenhänge<br />
• Übergreifende Kriterien wie das Leitbild <strong>nachhaltige</strong>r <strong>Entwicklung</strong> sowie entsprechende<br />
nationale und internationale Beschlüsse.<br />
Kohärenz auf den verschiedenen Handlungsebenen<br />
Wenn mit zunehmender Globalisierung globale und lokale Phänomene enger miteinander<br />
verknüpft werden, macht es Sinn, die Kohärenzproblematik auf den verschiedenen<br />
Handlungsebenen zu betrachten.<br />
Individuelle Ebene und Lebenswelt<br />
Die unmittelbare Lebenswelt kann als Mikroebene bezeichnet werden. Sie umschließt<br />
das Individuum, die Familie oder Kleingruppe sowie das überschaubare<br />
Umfeld der Gemeinde. Die Gestaltung der Lebenswelt beruht großenteils auf persönlichen<br />
Beziehungen. Die Kohärenzfragen der Lebenswelt lassen sich unter der<br />
Annahme erschließen, dass dort die vier <strong>Entwicklung</strong>sdimensionen im konkreten<br />
persönlichen Handeln zusammenlaufen. Jeder Mensch steht vor wirtschaftlichen,<br />
sozialen, politischen und ökologischen Herausforderungen, die er für seine jeweilige<br />
Situation harmonisieren muss, um den Anforderungen an ein zukunftsfähiges Leben<br />
zu genügen. Dies gilt u.a. für den Lebensstil, die Haushaltsführung, die gesellschaftliche<br />
und politische Mitwirkung. Schon auf dieser Ebene müssen Zielkonflikte geklärt<br />
und komplexe Zusammenhänge auf gangbare und <strong>nachhaltige</strong> Verhaltensalternativen<br />
reduziert werden.<br />
Auch auf der lebensweltlichen Ebene wirken sich Globalisierungseinflüsse aus. Dies<br />
wird im zwischenmenschlichen Kontakt erfahren (z.B. als Tourist oder bei interkulturellen<br />
Begegnungen in Deutschland), wie auch als Auswirkung institutioneller, wirtschaftlicher<br />
oder staatlicher Auseinandersetzung mit der Globalisierung z.B. in der<br />
Frage der Arbeitsplatzkonkurrenz mit „Niedriglohnländern“ oder im Angebot von Lebensmitteln<br />
aus <strong>Entwicklung</strong>sländern.<br />
Die Komplexität der lebensweltlichen Entscheidungsfragen, die sich innerhalb der<br />
pluralistischen Gesellschaft vor konkurrierenden Ansprüchen und Möglichkeiten auftun,<br />
wird durch die globalen Einflüsse noch wesentlich gesteigert. Oftmals sind dann<br />
Zielkonflikte zwischen lokalen und globalen Interessen zu lösen (z.B. stehen beim<br />
Kauf von frischem Obst im Winter die ökologischen Bedenken und die Einkommensmöglichkeiten<br />
der ärmeren südlichen Herkunftsländer im Widerspruch).