PUBLIC PRIVATE PARTNERSHIP - Convent
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DETLEF KNOP (HRSG.)<br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong><br />
<strong>PARTNERSHIP</strong><br />
Jahrbuch<br />
2013
Jahrbuch<br />
2013<br />
DETLEF KNOP (HRSG.)<br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong><br />
<strong>PARTNERSHIP</strong><br />
TITELBILDER:<br />
oben links: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berlin | Foto: Pelzetter<br />
oben rechts: Schloss Sonnenstein, Pirna | Foto: Bilfinger SE<br />
unten links: Schulen in East Down und Lisburn, Nordirland | Foto: Bilfinger SE<br />
unten rechts: Autobahn A1 Hamburg–Bremen | Foto: A1 mobil GmbH & Co. KG
Public Private Partnership<br />
Jahrbuch 2013<br />
Herausgeber: Detlef Knop<br />
Redaktion: die-journalisten.de GmbH, Köln<br />
Stefany Krath, Anna Petersen, Kim Schönrock<br />
Koordination: Detlev Leisse, <strong>Convent</strong> Kongresse GmbH<br />
Gestaltung/Satz: Kontur/Repro 45, Frankfurt am Main<br />
Druck & Verarbeitung: Boschen Druck, Frankfurt am Main<br />
ISBN: 978-3-9813677-6-8<br />
Schutzgebühr: 38,– Euro<br />
© <strong>Convent</strong> GmbH 2013<br />
II
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III
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Inhalt<br />
Vorwort Detlef Knop Investitionsbedarf versus Schuldenbremse:<br />
ÖPP bietet bewährte Lösungen 2<br />
Kapitel 1<br />
Investitionsbedarf und Schuldenbremse<br />
Werner Gatzer<br />
Aus Sicht der Bundesregierung:<br />
Öffentlich-Private Partnerschaften –<br />
eine wirtschaftliche Beschaffungsalternative<br />
5<br />
Thomas Töpfer<br />
Aus Sicht der Bauwirtschaft:<br />
Erfolgsfaktoren für ÖPP 9<br />
Helmut Dedy<br />
Aus Sicht der Städte und Gemeinden:<br />
Investitionsfähigkeit sichern 13<br />
Bernward Kulle<br />
Anja Tannhäuser<br />
Partnerschaften Deutschland:<br />
Partnerschaftsmodelle strategisch<br />
gestalten 17<br />
Regine Unbehauen<br />
Klaus Dohmen<br />
Kommunaler Investitionsbedarf:<br />
Erfahrungen aus weiteren Pilotprojekten<br />
in Nordrhein-Westfalen 21<br />
Gabriele Engel<br />
Lernen aus PPP in Bayern:<br />
Projektberichte aus Hoch- und<br />
Straßenbau 25<br />
Dr. Oliver Rottmann<br />
PPP als alternativer Beschaffungsansatz<br />
im Freistaat Sachsen 29<br />
Ulrich Kist<br />
PPP in Hessen:<br />
wichtiger Bestandteil der Baupolitik 33<br />
Tim-Oliver Müller Der ÖPP-Markt 2012:<br />
Talsohle erreicht? 37<br />
IV
Kapitel 2<br />
Öffentlicher Hochbau<br />
Thomas Leitschuh<br />
Christian Pelzeter<br />
Bundesministerium für Bildung<br />
und Forschung – aus Sicht<br />
des Auftraggebers 43<br />
Dr. Manfred Otto<br />
Justizvollzugsanstalt Bremervörde:<br />
Erfolg durch optimale Vorbereitung 47<br />
Dr. Helmut Müller<br />
Über 30 Jahre Erfahrungen<br />
mit PPP in Wiesbaden 51<br />
Thomas Buths Seit 12 Jahren in Betrieb –<br />
die Britische Botschaft in Berlin 57<br />
Uwe Kaven Seit 7 Jahren in Betrieb –<br />
die Schulen in Köln 61<br />
Thomas Buths Seit 6 Jahren in Betrieb –<br />
das Kreishaus Unna 65<br />
Oliver Baumann Seit 1 Jahr in Betrieb –<br />
Daniel Przemeck Schloss Sonnenstein in Pirna 69<br />
Bianca Grübbel<br />
Schulen des Landkreises Miesbach:<br />
innovativ, energieeffizient<br />
und wirtschaftlich 73<br />
Dr. Matthias Sundermeier Antoniuskolleg<br />
Helmut Meng<br />
Neunkirchen-Seelscheid:<br />
Peter Melching Standortsicherung dank ÖPP 77<br />
Helmuth Hahn-Klimroth Krankenhaus in Hofheim am Taunus:<br />
Dr. Petra Beckefeld ein PPP-Leasingmodell 81<br />
Friedrich Prem Wiener Spitalskonzept 2030:<br />
Dr. Stefan Reimoser Konzentration auf sieben Standorte 85<br />
Erich Thewanger<br />
V
Kapitel 3<br />
Verkehrswegebau<br />
Tatjana Tegtbauer<br />
Die A- und F-Modelle als Wegbereiter<br />
für die Zukunft 91<br />
Petra Rother<br />
Julia Fundheller<br />
Aus Sicht des Auftraggebers:<br />
Sechsstreifiger Ausbau der A1 in<br />
beeindruckend kurzer Gesamtbauzeit 95<br />
Volker Ellenberg<br />
Lutz Hoffmann<br />
Aus Sicht des Auftragnehmers:<br />
PPP-Pilotprojekt A1 erfolgreich<br />
umgesetzt 99<br />
Prof. Dr. Torsten R. Böger Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur:<br />
Juliane Willmer Der Blick in die Zukunft 103<br />
Alexander Hofmann Sicherung einer leistungsfähigen<br />
Jana Sudau Verkehrsinfrastruktur: Was ist zu tun? 107<br />
Dr. Jörg Hopfe<br />
Verkehrsinfrastruktur in<br />
Frank M. Schmid<br />
Deutschland: Kommunale<br />
Michael Schultze-Rhonhof Vermögenswerte sichern 111<br />
Thomas Brehler<br />
Highway Maintenance PPP in UK:<br />
Maik Heringhaus ein Modell für Deutschland? 115<br />
Peter H. Coenen<br />
Dr. Ansgar Bendiek<br />
Weltweite Erfahrungen mit<br />
PPP-Infrastrukturprojekten:<br />
Erfolg in Chile 119<br />
Michael Korn<br />
Entlang der Seidenstraße:<br />
ein wichtiger Handelsweg<br />
nach Asien 123<br />
Kapitel 4<br />
Instrumente und Verfahren<br />
Dr. Hans-Georg Napp<br />
Die Finanzierungsmöglichkeiten<br />
von PPP im Wandel der Zeiten 127<br />
VI
Dr. Johannes Schuy<br />
Anja Tannhäuser<br />
Transparenz bei ÖPP-Projekten:<br />
Forschungsprojekt zeigt<br />
Handlungsoptionen 131<br />
Prof. Dr. Andreas Pfnür Kooperation fördert Projekterfolg:<br />
Kevin Meyer<br />
Analyse des privaten<br />
Dr. Christian Glock Lebenszyklus-Pilotprojekts 135<br />
Thomas Schubert<br />
Partnerschaftliche Zusammenarbeit:<br />
Hartmut Fischer Vertrauen senkt Transaktionskosten 139<br />
Monica A. Schulte Strathaus<br />
Anett Sommer<br />
Bündelung von PPP-Projekten:<br />
Herausforderungen heterogener<br />
Portfolios 143<br />
Dr. Robin Heidel<br />
ÖPP und Energieeffizienz:<br />
Kai Mathieu<br />
Mit richtigen Maßnahmen<br />
Henrik Vogt langfristigen Erfolg sichern 147<br />
Klaus Hahnenfeld<br />
PPP und IT: Erfolgsfaktoren für<br />
ein effektives Miteinander 151<br />
Claus Wechselmann<br />
PPP und IT: Durch strategische<br />
Kooperation zum Erfolg 155<br />
Jürgen Walther<br />
Einsatz von PPP für das<br />
Breitbandprojekt Odenwaldkreis 159<br />
Kapitel 5<br />
Internationale Erfahrungen und Entwicklungen<br />
Klaus Grewe<br />
Großprojekt Olympia 2012 in London:<br />
in time und in budget 163<br />
Robert Stakowski PPP in Frankreich: Auch 2012<br />
Prof. Dr. Dieter Jacob wieder Spitzenreiter in Europa<br />
Corinna Hilbig 167<br />
VII
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VIII
Lorenz Bösch PPP in der Schweiz: Die Perspektiven 171<br />
Sietske G. Bergsma<br />
Henri Krecké<br />
Carsten Müller<br />
Oliver Lauw<br />
PPP in den Niederlanden:<br />
Lessons Learned beim Umbau des<br />
Finanzministeriums in Den Haag 175<br />
PPP in Luxemburg: Sport und Freizeit<br />
im Parc des Sports Oberkorn 181<br />
PPP in Kanada: Pragmatischer<br />
Umgang mit PPP 185<br />
PPP in Australien: Peninsula Link<br />
als Meilenstein beim Ausbau<br />
des Autobahnnetzes 189<br />
Die Inhaltsverzeichnisse der letzten Jahre finden Sie im Internet unter<br />
www.convent.de<br />
IX
VORWORT<br />
Investitionsbedarf versus Schuldenbremse:<br />
ÖPP bietet bewährte Lösungen<br />
Mit 15 beauftragten Projekten und einem Investitionsvolumen von 550 Millionen<br />
Euro für Hoch- und Verkehrswegebau konnte ÖPP 2012 noch nicht wieder so richtig<br />
durchstarten. Der Verkehrswegebau hatte ohne A-Modelle nur ein Projekt mit 10 Millionen<br />
Euro beizusteuern. Beim Hochbau wirkte das Konjunkturpaket nach, da kaum<br />
neue Projekte vorbereitet waren. Dazu verunsicherte die Schuldenbremse, welche<br />
Projekte sich eine Kommune noch leisten kann.<br />
Detlef Knop ist Herausgeber<br />
des Jahrbuchs und PPP-<br />
Pionier in Deutschland.<br />
Wie sind die Aussichten?<br />
Bereits 200 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 7,8 Milliarden Euro sind seit<br />
2003 im Hoch- und Verkehrswegebau vergeben worden, davon im Hochbau zunehmend<br />
auch mit langfristiger Finanzierung durch den öffentlichen Auftraggeber. Die<br />
erreichten Einsparungen in Höhe von 12 Prozent entsprechen 940 Millionen Euro.<br />
Rund 100 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 6 Milliarden Euro befinden<br />
sich in Vorbereitung. Beim Hochbau punkten Gesundheit, Bildung und Verwaltung,<br />
beim Verkehrswegebau sind die bewährten A-Modelle stark nachgefragt. Weitere<br />
Nutzungen wie IT-Dienstleistungen, Energiewende und Schiene sind vorgesehen.<br />
Erheblicher Investitionsbedarf<br />
Der durch steigende Sozialausgaben ausgelöste Investitionsstau bei den Kommunen<br />
wird mit 150 Milliarden Euro festgestellt, bei den Verkehrswegen Straße, Schiene, Wasser<br />
fehlen 7,2 Milliarden Euro pro Jahr. Durch Energiewende und Staatsmodernisierung<br />
werden weitere Milliardenbeträge benötigt – und gleichzeitig soll die Schuldenbremse<br />
eingehalten werden: Das alles erfordert große Anstrengungen und innovative Lösungen.<br />
Die öffentliche Hand hat erkannt, dass ÖPP hierfür bewährte Lösungen bietet.<br />
Kosten und Termine bei Großprojekten<br />
Viele konventionelle Großprojekte wie die Hamburger Elbphilharmonie, der Berliner<br />
Flughafen, der Stuttgarter Bahnhof oder der Frankfurter Eurotower verursachen mit<br />
enormen Kosten- und Terminüberschreitungen negative Schlagzeilen.<br />
Dagegen überzeugen PPP-Großprojekte mit Kosten- und Termineinhaltung. Beim<br />
650-Millionen-Euro-Projekt A1 von Bremen nach Hamburg überschlug sich die Presse<br />
mit Lobeshymnen zur strikten Kosteneinhaltung und zur vorzeitigen Fertigstellung<br />
(drei Monate) bei gleichzeitig hoher Qualität. Die anderen A-Modelle waren ebenso<br />
erfolgreich. Dass das auch bei noch größeren Projekten funktioniert, beweisen die<br />
Olympischen Spiele 2012 in London: Der Projektsteuerer Klaus Grewe erläutert in seinem<br />
Beitrag, wie er das 9,3-Milliarden-Pfund-Projekt in budget und in time erfolgreich<br />
realisiert hat: 10 Prozent unter Budget und vier Monate vor Zeitplan.<br />
2
Qualität und Innovation<br />
Ulrich Kist geht der Frage nach „Was hat PPP?“ und resümiert, dass die Vorteile von PPP vor allem aus<br />
dem Lebenszyklusansatz kommen: Ein privater Partner, der nicht nur baut, sondern auch für 30 Jahre<br />
Betrieb verantwortlich zeichnet, versucht seine Bauunterhaltungs- und Instandhaltungskosten ebenso wie<br />
die Betriebskosten gering zu halten. Er baut qualitativ hochwertiger und damit auch teurer, spart das jedoch<br />
über den Lebenszyklus wieder ein. Dass eine öffentliche Hand ohne privaten Partner gleichermaßen<br />
handeln könnte, sei in Zeiten der Schuldenkrise nicht realistisch, bedauert der Autor.<br />
Durch funktionale Ausschreibungen ist ÖPP eine innovative Beschaffungsmaßnahme, die mit vielen Auszeichnungen<br />
von sich reden macht, beispielsweise mit dem LEED-Gold-Standard für die Energieeffizienz<br />
beim Mehr-Regionen-Haus in Brüssel oder dem jährlichen Innovationspreis PPP für herausragende innovative<br />
Projektlösungen, oder auch der PPP-Persönlichkeit des Jahres 2012, Ronald Wörmcke aus Hamburg.<br />
Entsprechende Beiträge finden Sie im Jahrbuch und bei der Jahrestagung.<br />
ÖPP in der öffentlichen Wahrnehmung<br />
Eine Allensbach-Studie zu ÖPP-Projekten im Schulbereich zeigt auf, dass 90 Prozent der befragten Auftraggeber<br />
in der Zusammenarbeit mit einem privaten Partner vor allem Vorteile sehen und über 60 Prozent<br />
der Schulleiter und Elternvertreter ÖPP im Schulbereich gut finden. Werner Gatzer, Staatssekretär<br />
im Bundesfinanzministerium, bestätigt in seinem Beitrag, dass „Erfahrungen, die der Bund bislang mit<br />
ÖPP im Bundesfernstraßenbau sowie im Hochbau gemacht hat, überwiegend gut bis sehr gut sind“.<br />
Dennoch gibt es noch immer viele Vorbehalte gegen ÖPP, die privatwirtschaftliche Realisierung wird in<br />
Deutschland oft als Privatisierung verkannt. Selbst die deutschen Rechnungshöfe haben noch keinen<br />
rechten Zugang zu den unbestreitbaren Vorteilen von ÖPP, während die britischen Kollegen vom National<br />
Audit Office (NAO) bereits von Anfang an Pilotprojekte begleiten und auch jährlich im Parlament über<br />
die Ergebnisse berichten. Um die Akzeptanz beim Thema ÖPP zu verbessern, ist deshalb umfassende<br />
Kommunikation und vor allem Transparenz gefragt: „Transparenz ist ein entscheidender Erfolgsfaktor, um<br />
mehr Vertrauen in dieses Beschaffungsmodell zu bringen“, sagt Thomas Töpfer in seinem Beitrag.<br />
Und wie sehen das die Beteiligten?<br />
Das erfahren Sie in diesem im 10. Jahr erscheinenden Jahrbuch. Es enthält sowohl Vorträge von der<br />
Jahrestagung PPP als auch weitere aktuelle Beiträge aus der Praxis der beteiligten Partner, seien es Bund,<br />
Länder und Gemeinden, Sponsoren und Banken, Baufirmen und Betreiber sowie Planer und Berater. Sie<br />
alle haben ihre Erfahrungen zu Papier gebracht und informieren über die aktuellen Themen von ÖPP.<br />
Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen<br />
Detlef Knop<br />
3
Aus Sicht der Bundesregierung:<br />
Öffentlich-Private Partnerschaften –<br />
eine wirtschaftliche Beschaffungsalternative<br />
Von Werner Gatzer<br />
Die Erfahrungen, die Bund, Länder und Kommunen mit ÖPP-Projekten<br />
gemacht haben, sind überwiegend positiv. Trotzdem lag das Investitionsvolumen<br />
2012 unter dem des Vorjahrs. Neben der grundlegenden<br />
Information und einer Standardisierung von ÖPP ist es außerdem notwendig,<br />
bestehende Vorbehalte abzubauen.<br />
Zunächst ein paar Fakten: Von 2002 bis Ende<br />
2012 wurden 184 Projekte im Hoch- und Tiefbau<br />
mit einem Volumen von mehr als 7,3 Milliarden<br />
Euro unter Vertrag genommen, wobei rund<br />
4,9 Milliarden Euro auf den Hochbau und etwa<br />
2,4 Milliarden Euro auf den Tiefbau entfallen. Die<br />
Vertragsabschlüsse des Jahres 2012 konnten zwar<br />
nicht an die Zahlen des Jahres 2011 anknüpfen,<br />
in dem 16 Projekte mit einem Volumen von fast<br />
1,2 Milliarden Euro gestartet wurden. Allerdings<br />
befinden sich zurzeit mehr als 120 Projekte in der<br />
Ausschreibung, Vorbereitung oder Prüfung.<br />
Zurückhaltung trotz guter<br />
Erfahrungen mit ÖPP<br />
Doch auch wenn die Projektpipeline damit gut<br />
gefüllt ist, bleibt das Investitionsvolumen hinter<br />
den Erwartungen vieler zurück. Und das, obwohl<br />
Auftraggeber und Nutzer mit den bereits in der<br />
Betriebsphase befindlichen ÖPP-Projekten überwiegend<br />
zufrieden sind. So zeigt eine Studie des<br />
Instituts für Demoskopie Allensbach zu ÖPP-Projekten<br />
im Schulbereich, dass 90 Prozent der befragten<br />
Auftraggeber in der Zusammenarbeit mit<br />
Werner Gatzer ist<br />
Staatssekretär im<br />
Bundesministerium<br />
der Finanzen (BMF)<br />
(Foto: BMF/Hendel).<br />
INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />
Anzahl der ÖPP-Projekte und Investitionsvolumen in Mio. € von 2002 bis 2012<br />
in Mio. Euro<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
2<br />
0 64<br />
2002/2003<br />
14<br />
350<br />
2004<br />
Investitionsvolumen<br />
Straßenbau<br />
Investitionsvolumen<br />
Hochbau<br />
Anzahl Projekte kumuliert<br />
51<br />
30<br />
457<br />
2005<br />
Projektanzahl<br />
184<br />
200<br />
620<br />
176<br />
180<br />
657<br />
160<br />
145<br />
160<br />
119<br />
534 540<br />
140<br />
120<br />
91<br />
100<br />
80<br />
53<br />
22<br />
60<br />
40<br />
20<br />
594 887 775 653 362 611 150<br />
0<br />
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />
Projekt<br />
5
einem privaten Partner vor allem Vorteile sehen<br />
und über 60 Prozent der Schulleiter und Elternvertreter<br />
ÖPP im Schulbereich gut finden. Nur<br />
gut ein Viertel der Schulleiter sowie der Elternvertreter<br />
ist der Meinung, dass der Betrieb öffentlicher<br />
Schulen ganz in der Verantwortung von<br />
Städten und Gemeinden bleiben sollte.<br />
Auch die Erfahrungen, die der Bund bislang mit<br />
ÖPP im Bundesfernstraßenbau sowie im Hochbau<br />
gemacht hat, sind überwiegend gut bis sehr<br />
gut. Die Strecken der ersten drei Bundesfernstraßenprojekte,<br />
der Bundesautobahn (BAB) A8<br />
Augsburg–München, der BAB A4, der sogenannten<br />
Hörselbergumfahrung in Thüringen, und erst<br />
jüngst die BAB A1 zwischen Bremen und Hamburg<br />
konnten früher als geplant und vertraglich<br />
vereinbart in Betrieb genommen werden. Der<br />
Neubau des Bundesministeriums für Bildung und<br />
Forschung liegt voll im Zeitplan.<br />
Trotz der guten Erfahrungen gibt es noch immer<br />
viele Vorbehalte gegen ÖPP. Die Diskussionen<br />
der jüngsten Zeit haben gezeigt, dass falsche Vorstellungen<br />
von ÖPP weit verbreitet sind. ÖPP bedeutet<br />
vor allem nicht „Privatisierung“, sondern<br />
eine Beschaffungsform, bei der unterschiedliche<br />
Leistungselemente unter der Regie der öffentlichen<br />
Hand an private Dritte zur Ausführung vergeben<br />
werden, wie dies auch im konventionellen<br />
Bereich für Bau und Erhaltung und teilweise<br />
Betrieb gilt und praktiziert wird. Innovativ ist<br />
nur der Ansatz, Vereinbarungen zwischen öffentlichen<br />
und privaten Partnern über den gesamten<br />
Lebenszyklus von Projekten der öffentlichen<br />
Hand zu schließen – also über alle Phasen von<br />
Planung über Bau, Finanzierung und Betrieb bis<br />
ggf. zur Verwertung – und damit Wirtschaftlichkeitsvorteile<br />
zu erzielen.<br />
Standardisierungen voranbringen<br />
Wirtschaftlichkeit ist der zentrale Punkt: ÖPP<br />
ist zunächst nur eine Beschaffungsvariante von<br />
vielen. Immer gilt: die wirtschaftlichste Variante<br />
muss gewählt werden. Dies kann in vielen Fällen<br />
eine ÖPP sein. Deshalb kommt der Ermittlung der<br />
Wirtschaftlichkeit eine besondere Bedeutung zu.<br />
Aber auch bei ÖPP-Projekten gibt es, wie bei jeder<br />
anderen Beschaffungsvariante, Mängel. Der<br />
Erfahrungsbericht der Rechnungshöfe des Bundes<br />
und der Länder zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-<br />
Projekten vom 14. September 2011 listet solche<br />
auf. Dies zeigt, dass weiterer Bedarf für Beratung,<br />
Wissenstransfer und Standardisierung besteht,<br />
vor allem um die komplexe Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />
von Beschaffungsvarianten über<br />
den Lebenszyklus fachgerecht durchzuführen.<br />
Dem kommt die Bundesregierung in vielerlei<br />
Hinsicht nach.<br />
Seit März 2012 ist ein Rechenmodell zur Durchführung<br />
von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
im Hochbau verfügbar, das die ÖPP Deutschland<br />
AG im Auftrag des Bundesministeriums der<br />
Finanzen (BMF) entwickelt hat. Dieses Excelbasierte<br />
Modell ermöglicht einen rechnerischen<br />
Vergleich der Wirtschaftlichkeit von Eigenbau<br />
und ÖPP-Variante auf der Basis der vorhandenen<br />
Leitfäden. Es wird durch die ÖPP Deutschland<br />
AG unentgeltlich an Interessenten der öffentlichen<br />
Hand und der Privatwirtschaft abgegeben.<br />
Das Modell wird im Auftrag des BMF nun erweitert,<br />
um alle für eine Beschaffung im Hochbau<br />
möglichen Varianten gleichzeitig betrachten zu<br />
können und komfortabel die wirtschaftlichste<br />
Lösung zu ermitteln. Dies ist ein komplexer und<br />
aufwendiger Auftrag, der sich jedoch wegen des<br />
großen Bedarfs an derartigen praktikablen Hilfestellungen<br />
in jedem Fall lohnen wird.<br />
Ein weiteres Thema ist die Gleichbehandlung<br />
von konventionellen Projekten und ÖPP hinsichtlich<br />
der Einbindung von Fördermitteln. Hier<br />
besteht Informationsbedarf, da die Zuwendungsverfahren<br />
ganz auf die klassische Beschaffung zugeschnitten<br />
sind. Dazu hat die ÖPP Deutschland<br />
AG im Auftrag des BMF und in Zusammenarbeit<br />
mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Zuwendungsrecht“<br />
des Bund-Länder-Netzwerks ÖPP ein Dis-<br />
6
kussionspapier erstellt, das Möglichkeiten aufzeigt,<br />
wie diese Gleichbehandlung im Rahmen<br />
der geltenden Zuwendungsbestimmungen erreicht<br />
werden kann. Dieses Papier soll demnächst<br />
in verschiedenen Gremien diskutiert werden.<br />
Der anhaltend hohe Beratungsbedarf manifestiert<br />
sich auch in den Anfragen an das sogenannte<br />
Helpdesk der ÖPP Deutschland AG, an das sich<br />
öffentliche Auftraggeber für eine erste Beratung<br />
zu ÖPP-Projekten kostenlos wenden können. Im<br />
Jahr 2012 wurde das Helpdesk von über 100 Ratsuchenden<br />
in Anspruch genommen, wobei das<br />
Spektrum der Beratungen von allgemeinen Fragestellungen<br />
zu ÖPP bis zu konkreten Beratungen<br />
in der Frühphase eines Projekts reichte.<br />
Im Hinblick auf den nach wie vor bestehenden<br />
Bedarf an Beratung und Grundlagenarbeiten im<br />
Bereich ÖPP hat sich die Bundesregierung entschlossen,<br />
die Rahmenvereinbarung des Bundes<br />
mit der ÖPP Deutschland AG für vier weitere<br />
Jahre abzuschließen und sie auch wieder für andere<br />
öffentliche Auftraggeber zu öffnen. Die Resonanz<br />
war erfreulich und zeigt die Bereitschaft<br />
der öffentlichen Hand, das ÖPP-Modell zu nutzen.<br />
In einem für ÖPP schwierigen Umfeld haben<br />
150 öffentliche Auftraggeber, 25 Prozent mehr<br />
als bei der Premiere 2008, die neue Rahmenvereinbarung<br />
gezeichnet.<br />
ÖPP-Handlungsfelder erweitern<br />
Neben der Beratung und Standardisierung ist es<br />
weiterhin notwendig, bestehende Hemmnisse für<br />
ÖPP abzubauen und Anwendungsfelder auszubauen<br />
und neu zu entwickeln. Dazu hat das BMF<br />
sich der Themen Transparenz, Energieeffizienz<br />
und Dienstleistungszentren angenommen.<br />
Transparenz<br />
Ein durchgängiges Thema im Hinblick auf Vorbehalte<br />
gegen ÖPP ist der immer wieder zu hörende<br />
Vorwurf, ÖPP-Projekte seien nicht transparent.<br />
Dazu liegt nunmehr eine detaillierte<br />
Untersuchung der ÖPP Deutschland AG vor,<br />
die vom BMF in Auftrag gegeben wurde, um<br />
die Befindlichkeiten der verschiedenen Akteure<br />
in einem ÖPP-Prozess in Erfahrung zu bringen.<br />
Demnach scheint es angesichts der herrschenden<br />
Unsicherheit über ÖPP besonders notwendig,<br />
Vertrauen herzustellen, und zwar über den gesamten<br />
ÖPP-Prozess hinweg: Die Beteiligten und<br />
Interessierten sollten in jeder Phase wie Bedarfsfeststellung,<br />
Vorbereitung, Ausschreibung und<br />
Vergabe, Bau und Betrieb sowie ggf. Verwertung<br />
adressatengerecht die erforderlichen Informationen<br />
zur Verfügung gestellt bekommen. Allerdings<br />
hat Transparenz auch Grenzen: Die fiskalischen<br />
Interessen des Staates müssen gewahrt bleiben,<br />
die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Beschaffung<br />
im Wettbewerb darf dadurch für die Zukunft<br />
nicht in Frage gestellt werden.<br />
ÖPP und Energieeffizienz<br />
Um die Ziele der Energiewende zu erreichen,<br />
sind eine Steigerung der Energieeffizienz und eine<br />
Senkung des Primärenergiebedarfs notwendig.<br />
Wichtig ist dabei auch eine bessere Energieeffizienz<br />
bestehender Gebäude. Daher hat das BMF<br />
die ÖPP Deutschland AG mit der Grundlagenarbeit<br />
„ÖPP zur Steigerung der Energieeffizienz bei<br />
Bestandsgebäuden“ beauftragt.<br />
Die Idee dahinter ist, dass der Lebenszyklusgedanke,<br />
insbesondere die Behandlung der Betriebskosten,<br />
in der Bestandspflege und bei Sanierungsentscheidungen<br />
im öffentlichen Sektor<br />
zu Unrecht noch keine entscheidend große Rolle<br />
spielt. Sanierungsmaßnahmen im Rahmen konventioneller<br />
Eigenbaulösungen erfordern die zeitnahe<br />
Bereitstellung erheblicher Haushaltsmittel,<br />
deren „Erträge“ in Form verminderter Betriebskosten<br />
weit in der Zukunft liegen und daher bei<br />
der Entscheidungsfindung zu wenig berücksichtigt<br />
werden. Umfassende Sanierungen werden<br />
daher in vielen Fällen gar nicht erst erwogen. In<br />
der Folge wird ein Großteil öffentlicher Gebäude<br />
mit schlechter Energieeffizienz unwirtschaftlich<br />
und wenig nachhaltig weiterbetrieben.<br />
7
Auch hier können ÖPP-Lösungen das richtige Instrument<br />
sein: Der Lebenszyklusansatz macht die<br />
durch Energieeinsparungen sinkenden Betriebskosten<br />
im Wirtschaftlichkeitsvergleich unmittelbar<br />
sichtbar.<br />
ÖPP und Dienstleistungen<br />
Für ÖPP-Lösungen kommt aber nicht nur der<br />
klassisch damit in Verbindung gebrachte Bereich<br />
mit dem Schwerpunkt Bauen in Betracht, sondern<br />
auch das große Feld der Dienstleistungen. In<br />
diesem Segment passt die herkömmliche Denkweise<br />
„Planen, Bauen, Finanzieren und Betreiben“<br />
nicht, da der Schwerpunkt der Beschaffung<br />
nicht mehr eine Baumaßnahme ist, sondern eine<br />
Dienstleistung mit einer in der Regel hohen Personalintensität.<br />
Mit anderen Worten: Köpfe, nicht<br />
Beton, stehen im Vordergrund.<br />
Dass in diesem Bereich Handlungsbedarf besteht,<br />
wird insbesondere begreifbar, wenn man sich die<br />
demografische Entwicklung vor Augen führt. Der<br />
Staat wird langfristig prüfen müssen, ob er sich<br />
dauerhaft eine öffentliche Dienstleistungslandschaft<br />
in der jetzigen Form leisten kann und will:<br />
weil in der Fläche die Kunden, also die Bürger<br />
fehlen, und vor allem auch, weil die öffentliche<br />
Hand mit der privaten Wirtschaft um die Köpfe<br />
streiten wird, die die Dienstleistungen erbringen<br />
sollen.<br />
Um die Frage zu klären, wie ÖPP-Modelle hier<br />
zur Lösung beitragen können, hat das BMF nach<br />
Befassung im Bund-Länder-Netzwerk ÖPP, in<br />
dem auch die kommunalen Spitzenverbände<br />
vertreten sind, die ÖPP Deutschland AG mit der<br />
Grundlagenarbeit „Dienstleistungszentren (DLZ)<br />
in Form von Öffentlich-Privaten Partnerschaften<br />
(ÖPP), insbesondere im interkommunalen<br />
Bereich“ beauftragt. Zielstellung ist, eine Vorgehensweise<br />
für die Identifizierung, Bewertung und<br />
Umsetzung einer gemeinsamen Leistungserbringung<br />
in Form von ÖPP-Dienstleistungszentren<br />
zu erarbeiten. Da dies besonders die kommunale<br />
Ebene betrifft, ist es erfreulich, dass sich insbesondere<br />
der Deutsche Landkreistag, der Landkreis<br />
Miltenberg sowie die Städteregion Aachen<br />
an der Arbeit beteiligen.<br />
ÖPP-Zukunft<br />
Die bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse<br />
zeigen, dass ÖPP nicht selten eine wirtschaftliche<br />
Alternative zur konventionellen Beschaffung<br />
darstellt und die vielfältigen Potenziale von ÖPP<br />
bei weitem noch nicht erschlossen sind. Für eine<br />
dauerhafte Zukunft von ÖPP wird es jedoch<br />
gleichermaßen wichtig sein, die Beteiligten und<br />
Interessierten vertrauensbildend, also frühzeitig<br />
und projektbegleitend sowie sach- und adressatengerecht,<br />
über ÖPP-Vorhaben zu informieren.<br />
Für die Bundesregierung sind Öffentlich-Private-<br />
Partnerschaften kein Königsweg, sondern eine<br />
Beschaffungsform, die sich im Wirtschaftlichkeitsvergleich<br />
mit anderen Beschaffungsvarianten bei<br />
konkreten Vorhaben bewähren muss.<br />
8
Aus Sicht der Bauwirtschaft:<br />
Erfolgsfaktoren für ÖPP<br />
Von Thomas Töpfer<br />
In der öffentlichen Diskussion werden ÖPP weiterhin kontrovers diskutiert.<br />
Insbesondere in der medialen Berichterstattung geraten Sachlichkeit<br />
und Objektivität zugunsten politischer und ideologischer Vorurteile<br />
immer mehr in den Hintergrund. Transparenz ist ein entscheidender<br />
Erfolgsfaktor, um mehr Vertrauen in dieses Beschaffungsmodell zu<br />
schaffen.<br />
Vorwürfe von „Sabotage“, „Manipulation, um<br />
Anschein von Legalität zu wecken“, „unseriöses<br />
Vorgehen“ und „griechischer Ansatz zu Infrastrukturfinanzierung“<br />
werden erhoben, ohne den<br />
eigentlichen Sachverhalt differenziert zu beleuchten.<br />
Dieses negative Meinungsumfeld hat zweifelsfrei<br />
Spuren auf dem ÖPP-Markt hinterlassen:<br />
Seine Entwicklung war in Deutschland 2012<br />
wie prognostiziert zurückhaltend. Bis Jahresende<br />
wurden 14 ÖPP-Hochbauprojekte mit einem Investitionsvolumen<br />
von rund 540 Millionen Euro<br />
Thomas Töpfer ist<br />
Mitglied des Vorstands<br />
der Bilfinger<br />
SE und Vorsitzender<br />
vergeben. Im Vergleich zum Vorjahr<br />
des Arbeitskreises<br />
ist zwar ein leichter Anstieg des Investitionsvolumens<br />
zu verzeichnen, band der Deutschen<br />
ÖPP im Hauptver-<br />
die Projektanzahl ist jedoch weiter<br />
Bauindustrie e.V.<br />
rückläufig. Im Verkehrsbereich wurden<br />
keine neuen ÖPP-Projekte vergeben,<br />
nur ein einziges A-Modell wurde ausgeschrieben.<br />
Die angekündigten A-Modelle auf der<br />
A7 in Niedersachsen, der A6 in Baden-Württemberg<br />
sowie der A94 in Bayern werden erst 2013<br />
an den Markt kommen.<br />
INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />
ÖPP im öffentlichen Hochbau: Regionale Verteilung<br />
188 vergebene Projekte<br />
24 Projekte in Ausschreibung<br />
65 Projekte in Vorbereitung<br />
Hauptverband der<br />
Deutschen Bauindustrie e.V.<br />
2<br />
0<br />
1<br />
55<br />
6<br />
15<br />
3<br />
1<br />
4<br />
0<br />
0<br />
0<br />
21<br />
5<br />
12<br />
20<br />
2<br />
4<br />
17<br />
2<br />
0<br />
16<br />
3<br />
6<br />
4<br />
0<br />
2<br />
2<br />
0<br />
5<br />
12<br />
2<br />
5<br />
17<br />
2<br />
4<br />
2<br />
0<br />
1<br />
5<br />
1<br />
3<br />
2<br />
0<br />
2<br />
10<br />
0<br />
1<br />
Quelle: eigene Erhebung<br />
Stand: 25.1.2013<br />
9
Notwendigkeit zweifelsfrei vorhanden<br />
Die pauschale Kritik führt zu einem Stillstand,<br />
den wir uns in Deutschland nicht leisten können.<br />
Der Bedarf an einer nachhaltigen, zukunftsfähigen<br />
Infrastruktur ist in allen Bereichen unverändert<br />
hoch.<br />
Die von der Verkehrsministerkonferenz eingesetzte<br />
Daehre-Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“<br />
hat in ihrem Mitte<br />
Dezember 2012 vorgelegten Abschlussbericht<br />
eine Unterfinanzierung der Verkehrswege Straße,<br />
Schiene und Wasserstraße in Höhe von mindestens<br />
7,2 Milliarden Euro pro Jahr festgestellt.<br />
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht<br />
von einem Nachholbedarf von über 23 Milliarden<br />
Euro allein für die Sanierung des Verkehrsträgers<br />
Straße. Nicht zu vergessen ist der von der Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau (KfW) in ihrem Kommunalpanel<br />
2011 bezifferte kommunale Investitionsstau<br />
von 100 Milliarden Euro. Mit Blick auf<br />
den demografischen Wandel besteht laut KfW ein<br />
Investitionsbedarf von ca. 53 Milliarden Euro für<br />
einen altersgerechten Infrastruktur-Umbau. Für<br />
die energetische Sanierung von Gebäuden der<br />
kommunalen und sozialen Infrastruktur seien zudem<br />
weitere 75 Milliarden Euro notwendig.<br />
Die öffentliche Hand ist derzeit nicht in der Lage,<br />
diese Herausforderungen aus eigener Kraft zu<br />
bewältigen. Die öffentlichen Haushalte sind nach<br />
wie vor in einer angespannten Situation. Die Investitionsetats<br />
stehen weiterhin unter Druck. Die<br />
Schuldenbremse wird diesen Druck sogar noch<br />
erhöhen.<br />
Partnerschaftliche und gut strukturierte Lösungsansätze<br />
wie ÖPP sind daher von großer Wichtigkeit,<br />
um diesen Problemen zu begegnen. Denn<br />
ÖPP bergen große Erfolgspotenziale für die öffentliche<br />
und auch private Seite. Sie können dazu<br />
beitragen, knappe Finanzmittel nachhaltig zu<br />
nutzen, Arbeitsplätze langfristig zu sichern und<br />
Projekte in hoher Qualität schneller umzusetzen.<br />
Nutzerzufriedenheit, Innovationen und<br />
Effizienz<br />
Die große Mehrheit der deutschen ÖPP-Projekte<br />
macht diese Potenziale deutlich. Im Hochbau<br />
erfreuen sich die Projekte einer großen Zufriedenheit<br />
von Auftraggebern und Nutzern, wie<br />
die Allensbach-Studie belegt hat. Grund hierfür<br />
ist vor allem die gute und schnelle Zusammenarbeit<br />
mit dem privaten Partner, die Qualität der<br />
Leistungen sowie die hohe Kostensicherheit. In<br />
einer Auftraggeber- und Nutzerbefragung der im<br />
Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau<br />
und Stadtentwicklung (BMVBS) erstellten Studie<br />
„Architekturqualität für ÖPP“ wurde zudem die<br />
ÖPP-Architektur im Vergleich zur konventionellen<br />
Beschaffung gelobt.<br />
Der für ÖPP inhärente Wettbewerb sowie die<br />
vom Auftraggeber erstellte Outputspezifikation<br />
haben sich u.a. im Bereich der Energieeffizienz<br />
als regelrechter Innovationstreiber herausgestellt.<br />
Schulen und Verwaltungsgebäude im zertifizierten<br />
Passivhaus-Standard, Plus-Energie-Häuser sowie<br />
zukunftsweisende Lösungsansätze in Bezug<br />
auf regenerative Energiequellen, Gebäudehüllen,<br />
Lüftungsanlagen und Dämmstoffe aus nachwachsenden<br />
Rohstoffquellen sind Beispiele dieses großen<br />
Innovations- und Effizienzpotenzials.<br />
Die deutlichen Effizienzpotenziale von ÖPP<br />
werden vor allem auch im Bereich der Bundesfernstraßen<br />
deutlich. Bei den drei bereits fertiggestellten<br />
ÖPP-A-Modellen wurden aufgrund<br />
des ÖPP-Modells und der Gesamtvergabe des<br />
Autobahnteilstücks erhebliche Zeiteinsparungen<br />
gegenüber dem konventionellen Verfahren realisiert.<br />
Alle bisher fertiggestellten ÖPP-A-Modelle<br />
wurden on-time, das heißt zum vertraglich festgelegten<br />
Fertigstellungstermin für den Verkehr<br />
freigegeben. Die Neu- und Ausbauarbeiten des<br />
A-Modells auf der A4 Hörselberg-Umfahrung<br />
wurden gar ein Jahr vor dem vereinbarten Fertigstellungstermin<br />
beendet. Ebenso konnte der<br />
Teilabschnitt auf der A1 zwischen dem Autobahndreieck<br />
Buchholz und dem Bremer Kreuz<br />
10
durch das ÖPP-Modell früher als geplant für den<br />
Verkehr freigegeben werden. Alle A-Modelle liefern<br />
gleichzeitig eine überdurchschnittlich hohe<br />
Qualität, da sich die Verantwortlichkeit und<br />
Risikoübernahme des privaten Unternehmens<br />
im Gegensatz zur konventionellen Realisierung<br />
über den gesamten Lebenszyklus eines Projekts<br />
erstreckt. ÖPP-Projekte bieten – bei minimalen<br />
Nachträgen von 2 bis 3 Prozent des Auftragsvolumens<br />
– zudem eine außergewöhnlich hohe<br />
Kostensicherheit. Die bislang durch die Unternehmen<br />
der Bauindustrie fertiggestellten ÖPP-<br />
A-Modelle waren alle in-budget, das heißt im<br />
veranschlagten Kostenrahmen.<br />
Erfahrungen besser kommunizieren<br />
Die vielen positiven Erfahrungen mit Partnerschaftsmodellen<br />
wie ÖPP finden im öffentlichen<br />
Diskurs jedoch weiterhin zu wenig bis gar keine<br />
Beachtung. Vielmehr wird eine Diskussion über<br />
angebliche Arbeitsplatzverluste, soziale und öffentliche<br />
Unverträglichkeiten sowie über vermeintliche<br />
ÖPP-Wirtschaftlichkeitsnachteile geführt.<br />
Bei näherer Betrachtung entbehren diese Vorwürfe<br />
zwar jeglicher Grundlage, ein aktiver Umgang<br />
mit diesen Anschuldigungen sowie deren Richtigstellung<br />
durch die ÖPP-Auftraggeber bleibt<br />
jedoch meist aus. Dies ist eines der Probleme,<br />
warum der ÖPP-Markt auch 2013 weiterhin mit<br />
Akzeptanzproblemen zu kämpfen hat.<br />
Die Deutsche Bauindustrie hat sich bereits<br />
2012 dazu entschieden, die Kritik nicht weiter<br />
unkommentiert stehen zu lassen. In Gesprächen,<br />
Stellungnahmen und Positionspapieren<br />
stellen wir Kritik richtig und bemühen uns, die<br />
verlorene Sachlichkeit in die Diskussion zurückzubringen.<br />
Wir versuchen dabei unseren Gesprächspartnern<br />
zu vermitteln, dass Investitionsentscheidungen<br />
im Einzelfall und mit Blick auf<br />
die Wirtschaftlichkeit, das heißt sowohl in Bezug<br />
auf die Haushaltsverträglichkeit als auch auf die<br />
soziale und gesellschaftliche Entwicklung, sachlich<br />
und unideologisch getroffen werden müssen.<br />
Potenziale nutzen und ausbauen<br />
Wir müssen uns außerdem dafür einsetzen, dass<br />
das bislang gesammelte ÖPP-Know-how auch<br />
auf bisher unerschlossene Marktsegmente übertragen<br />
wird, so z.B. auf den Bereich des Schienenwegebaus.<br />
Erste Überlegungen wurden hierzu<br />
bereits auf Ebene des Bundes sowie im Land<br />
Bayern am Beispiel des Schienenwegeprojekts<br />
ABS 38 angestellt. In weiteren Schritten muss<br />
das ÖPP-Schienenmodell nun gemeinsam mit<br />
der Deutschen Bahn zu einer Marktreife geführt<br />
und weitere geeignete Pilotprojekte identifiziert<br />
werden. Gleiches gilt für den Bereich der Landes-<br />
und Kommunalstraßen, in dem bislang nur<br />
wenige Projekte realisiert wurden. ÖPP können<br />
zudem als alternativer Lösungsweg für aktuelle<br />
Herausforderungen, wie für den notwendigen<br />
Ausbau von Betreuungsplätzen, genutzt werden.<br />
Der durch das Kinderförderungsgesetz (KiföG)<br />
ab August 2013 bestehende Rechtsanspruch<br />
auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab Vollendung<br />
des ersten Lebensjahres stellt insbesondere<br />
die Kommunen als öffentliche Träger vor eine<br />
große Herausforderung. ÖPP können hier eine<br />
Möglichkeit darstellen, dringende Investitionen<br />
schnell und effizient durchzuführen sowie die<br />
Kita-Einrichtungen nachhaltig und verlässlich zu<br />
bewirtschaften.<br />
Transparenz weiter fördern<br />
Um die Akzeptanz für Öffentlich-Private Partnerschaften<br />
zu erhöhen, müssen wir uns weiter für<br />
mehr Transparenz einsetzen. Transparenz ist und<br />
bleibt ein wichtiger Baustein für die Legitimation<br />
von ÖPP, auch wenn ÖPP-Projekte allein aufgrund<br />
des großen Bürgerinteresses generell sehr<br />
viel transparenter verhandelt werden, als dies<br />
bei konventionellen Projekten üblich ist. Ein hohes<br />
Maß an Transparenz zwingt die ÖPP-Kritiker<br />
gleichzeitig dazu, sachlich und wahrheitsgemäß<br />
zu argumentieren.<br />
Mit der Transparenzinitiative der Deutschen Bauindustrie<br />
haben wir einen wichtigen Schritt in die<br />
11
ichtige Richtung gemacht. Als Ergebnis wurden<br />
die ersten Verträge auf der Transparenz-Plattform<br />
der ÖPP Deutschland AG veröffentlicht. Wir können<br />
uns jedoch noch mehr Transparenz vorstellen,<br />
z.B. im Verkehrswegebau. Wir haben nichts<br />
gegen die Offenlegung der Verträge für ÖPP-<br />
Verkehrsprojekte. Die öffentlichen Auftraggeber<br />
könnten durch einen offeneren Umgang mit den<br />
Vertragsinhalten sogar vielen bösartigen Unterstellungen<br />
die Grundlage entziehen.<br />
Die positive Resonanz auf die Transparenzinitiative<br />
der Deutschen Bauindustrie bestärkt uns<br />
in dieser Ansicht. Sowohl die SPD als auch die<br />
CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprechen sich für<br />
mehr Transparenz bei ÖPP aus. Die Bundestagsfraktion<br />
Bündnis 90/Die Grünen hat sich u.a.<br />
auch der Idee des ergänzenden Projektreports<br />
angenommen.<br />
Als nächster Schritt müssen einheitliche Transparenzstandards<br />
zwischen der öffentlichen Hand<br />
und der Privatwirtschaft entwickelt und verpflichtend<br />
vorgeschrieben werden, um die Transparenz<br />
nachhaltig im ÖPP-Prozess zu etablieren.<br />
Hierbei kann auch die ÖPP Deutschland AG<br />
mit ihrer in Vorbereitung befindlichen Grundlagenarbeit<br />
„ÖPP und Transparenz“ einen Beitrag<br />
leisten. Um die für den ÖPP-Prozess wichtigen<br />
Ergebnisse nutzen zu können, muss die Grundlagenarbeit<br />
zeitnah fertiggestellt werden.<br />
Partnerschaften für ÖPP<br />
Ja, es gibt gute Gründe, die trotz der Zurückhaltung<br />
am Markt und scharfer Kritik für eine<br />
Stabilisierung von ÖPP in den nächsten Jahren<br />
sprechen. Doch der Weg muss von allen ÖPP-<br />
Beteiligten, das heißt von der Bauindustrie, der<br />
öffentlichen Hand, der Kreditwirtschaft und auch<br />
den Beratungsunternehmen, gemeinsam beschritten<br />
werden. Wir sind alle aufgerufen, ein sichtbares<br />
Gegengewicht in der öffentlichen Diskussion<br />
aufzubauen, die vielen positiven Erfahrungen<br />
kontinuierlich zu kommunizieren und die oftmals<br />
haltlosen Vorwürfe zu entkräften.<br />
Nur so schaffen wir es, dass ein wirtschaftlich erfolgreiches<br />
Beschaffungsmodell ÖPP nicht ideologisch<br />
aus den Angeln gehoben wird.<br />
12
Aus Sicht der Städte und Gemeinden:<br />
Investitionsfähigkeit sichern<br />
Von Helmut Dedy<br />
Die Stabilität einer Volkswirtschaft ist wesentlich an die Funktionsund<br />
Handlungsfähigkeit der Städte gekoppelt. Ein wichtiger Indikator<br />
kommunaler Handlungsfähigkeit ist der Umfang kommunaler Inves ti -<br />
tionstätigkeit. Folgerichtig waren in den zurückliegenden Jahrzehnten<br />
öffentliche Investitionen in Deutschland vor allem kommunale Investitionen.<br />
Ihr Anteil betrug über Jahre rund zwei Drittel der öffentlichen<br />
Investitionen. Inzwischen ist er jedoch unter 60 Prozent gesunken.<br />
Bei öffentlichen Investitionen sind PPP-Modelle<br />
zum einen Beschaffungsvarianten, zum anderen<br />
aber immer auch kreditähnliche Rechtsgeschäfte.<br />
PPP-Initiativen können Kommunen folglich nur<br />
anstoßen, wenn sie im Rahmen der ermittelten<br />
Leistungsfähigkeit ihres Haushalts die notwendigen<br />
Mittel zur langfristigen Finanzierung der<br />
damit verbundenen Zahlungsverpflichtungen<br />
aufbringen können. Investitionen, die sich eine<br />
Kommune konventionell finanziert nicht leisten<br />
kann, darf sie sich in der Regel ebenso wenig alternativ<br />
finanziert über PPP leisten. Für die Beantwortung<br />
der Frage zur Zukunft von PPP im<br />
kommunalen Bereich sind somit die finanziellen<br />
Handlungsspielräume der Kommunen und<br />
die sich vor dem Hintergrund der europäischen<br />
Finanz- und Staatsschuldenkrise verändernden<br />
Rahmensetzungen und -bedingungen für kommunale<br />
Investitionen wesentlich.<br />
Aktuelle Finanzsituation<br />
Zu den guten Nachrichten der letzten Monate<br />
gehört: In der Gesamtsicht der Kommunen fallen<br />
die Zahlen für das zurückliegende Jahr deutlich<br />
positiver als in den Vorjahren aus. Kommunen<br />
haben ebenso wie Bund und Länder von der guten<br />
Konjunktur profitiert und deutlich höhere<br />
Einnahmen verzeichnen können. Dadurch ist das<br />
kommunale Jahresdefizit spürbar zurückgegangen,<br />
und 2012 konnte erstmals seit der Finanz-<br />
und Wirtschaftskrise wieder ein<br />
Überschuss für die Gesamtheit der<br />
Kommunen vermeldet werden.<br />
Aber: Drastische Anstrengungen waren und sind<br />
erforderlich, um insbesondere die Entwicklung<br />
der Kreditbestände zur Liquiditätssicherung im<br />
kommunalen Bereich einzudämmen. Der po sitive<br />
Trend beim Abbau von Defiziten – nach Jahren<br />
mit Rekorddefiziten – war daher nicht mit steigenden<br />
Investitionen verbunden. Kommunale<br />
Investitionen sind im Vergleich zu 2011 vielmehr<br />
wieder eingebrochen und dürften nach unserer<br />
Einschätzung 2012 wohl nicht einmal das Niveau<br />
von 2008 erreicht haben.<br />
Allein das Zukunftsinvestitionsgesetz hatte zwischenzeitlich<br />
dafür gesorgt, dass die seit Jahren<br />
rückläufigen kommunalen Investitionen erhöht<br />
werden konnten. Nach Auslaufen dieses Pakets<br />
tritt nunmehr die strukturell bedingte kommunale<br />
Investitionsschwäche erneut deutlich zutage<br />
und die Bedeutung des Konjunkturpakets wird<br />
nochmals unterstrichen.<br />
Kommunalhaushalte entlasten<br />
Kommunale Haushalte sind immer weniger Investitionshaushalte<br />
als vielmehr Sozialhaushalte.<br />
Der Anstieg der sozialen Leistungen ist ungebrochen.<br />
Die sozialen Leistungen sind im zurücklie-<br />
Helmut Dedy ist<br />
Ständiger Stellvertreter<br />
des Hauptgeschäftsführers<br />
des Deutschen<br />
Städtetages.<br />
INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />
13
Investitionsrückgang nach Auslaufen des Konjunkturpakets<br />
2011<br />
2005<br />
2000<br />
1990<br />
1980<br />
1970<br />
0% 50% 100%<br />
Sachinvestitionen<br />
Laufender Sachaufwand<br />
Sonstige Ausgaben<br />
Zinsausgaben<br />
Personalausgaben<br />
Soziale Leistungen<br />
* bis einschl. 1990 alte Länder<br />
Eigene Zusammenstellung und Berechnung nach der<br />
Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamts<br />
genden Jahr erneut um knapp 4 Prozent gestiegen<br />
und liegen jetzt bei rund 45 Milliarden Euro.<br />
Hierzu trägt keineswegs allein die Einführung des<br />
sozialpolitisch zu begrüßenden Bildungs- und Teilhabepakts<br />
bei – dem stehen erhöhte Zuweisungen<br />
gegenüber. Gerade in den nicht konjunkturell<br />
bedingten Ausgabenbereichen und den durch die<br />
Kommunen nicht oder nur sehr begrenzt steuerbaren<br />
Ausgaben liegen die Steigerungsraten Jahr<br />
für Jahr über dem Wachstum der Einnahmen:<br />
Hierzu zählen die Hilfen zur Erziehung, die Jugendhilfe,<br />
die Eingliederungshilfe, die Hilfe zur<br />
Pflege oder zur Grundsicherung im Alter.<br />
Investitionsbremse Fiskalpakt?<br />
Die finanzpolitische Diskussion wird von der europäischen<br />
Staatsschuldenkrise und den Reaktionen<br />
der Politik beherrscht. Welche Auswirkungen wird<br />
der Fiskalpakt auf die Investitionsfähigkeit der<br />
Kommunen haben? Der Fiskalpakt als zentrales<br />
europäisches Regelwerk zur Vermeidung zukünftiger<br />
Krisen fordert erstens die Einhaltung einer<br />
Defizitobergrenze der öffentlichen Hauhalte von<br />
Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen<br />
in Höhe von insgesamt 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />
(BIP). Zweitens fordert er einen<br />
Korrekturmechanismus. Dieser soll sicherstellen,<br />
dass die maximalen Defizitquoten auch tatsächlich<br />
eingehalten werden. Betrachtet man ausschließlich<br />
die kommunalrelevanten Aspekte des<br />
Fiskalpakts, ist deutlich zu unterscheiden zwischen<br />
einerseits der eigentlichen Umsetzung des<br />
Fiskalpakts, das heißt der Umsetzung der auf europäischer<br />
Ebene getroffenen Vereinbarungen in nationales<br />
Recht, und andererseits denjenigen Maßnahmen,<br />
die erst eine Zustimmung der Länder<br />
ermöglichten.<br />
Im Rahmen der innerstaatlichen Umsetzung ist<br />
bis zum Jahr 2020 keine länderindividuelle Zurechnung<br />
der kommunalen Defizite geplant.<br />
Aber auch bei der Diskussion um die Umsetzung<br />
der schon 2009 für Deutschland beschlossenen<br />
Schuldenbremse wird deutlich: Es besteht die<br />
Gefahr der Verlagerung von Defiziten aus Länderhaushalten<br />
in die jeweiligen Kommunalhaushalte.<br />
Der Anreiz für die Länder, zur eigenen Haushaltssanierung<br />
den Konsolidierungszwang auf die<br />
Kommunen abzuwälzen, scheint sich entgegen<br />
ersten Befürchtungen zumindest bezogen auf den<br />
Fiskalpakt mittelfristig nicht zu erhöhen. Dies gilt<br />
allerdings nur, weil sich die expliziten Konsolidierungsverpflichtungen<br />
der Länder bis zum Jahr<br />
2020 gegenüber dem Status quo nicht erhöhen.<br />
Daher ist über den bereits jetzt existierenden Verlagerungsdruck<br />
hinaus durch den Fiskalpakt und<br />
seine innerstaatliche Umsetzung kein zusätzlicher<br />
14
Verlagerungsdruck zu erwarten. Es ist zumindest<br />
davon auszugehen, dass ab dem Jahr 2020 eine<br />
länderindividuelle Zurechnung der kommunalen<br />
Defizite erfolgt.<br />
Entschuldungshilfen sind wichtig<br />
Die europäische Staatsschuldenkrise hat jedem<br />
vor Augen geführt, dass die Verschuldung öffentlicher<br />
Haushalte dringend zurückgefahren werden<br />
muss. Entschuldungshilfen für notleidende Kommunen,<br />
wie sie jetzt in verschiedenen Bundesländern<br />
umgesetzt werden, sind deshalb besonders<br />
wichtig. Die ergriffenen Maßnahmen sind erste,<br />
wichtige und notwendige Hilfestellungen der Länder<br />
für Kommunen mit strukturellen Defiziten.<br />
Damit wird auch der Nachweis erbracht, dass<br />
das bündische Prinzip im föderalen Staatsaufbau<br />
der Bundesrepublik hält. Sollen Entschuldungsfonds<br />
dauerhaft Wirkung zeigen, müssen die Faktoren,<br />
die zu dem enormen Anstieg der Defizite<br />
geführt haben, dauerhaft korrigiert werden. Die<br />
Einhaltung des Konnexitätsprinzips – „wer bestellt,<br />
bezahlt“ – ist für die Zukunft elementar.<br />
Deshalb ist weiterhin eindringlich an die Länder<br />
zu appellieren, die Schuldenbremse nicht zu Las-<br />
ten der Kommunen anzuwenden. Die öffentliche<br />
Verschuldung muss auf allen Ebenen begrenzt<br />
werden. In allen Landesverfassungen muss der<br />
Anspruch der Kommunen auf eine finanzielle<br />
Mindestausstattung verankert werden. Das ist eine<br />
wesentliche Bedingung, um auch künftig in<br />
strukturschwachen Regionen kommunale Investitionen<br />
zu sichern.<br />
Änderung der Vorfinanzierung<br />
Es besteht die Gefahr, dass kommunale Investitionstätigkeit<br />
in Zukunft zusätzlich eingeschränkt<br />
wird, weil die Vorfinanzierung kommunaler Investitionen<br />
teurer und möglicherweise auch<br />
schwieriger wird. Gegenwärtig stellt sich der Bankenbereich<br />
neu auf. Die Geschäftsmodelle der einzelnen<br />
Häuser stehen auf dem Prüfstand. Hintergrund<br />
sind die zu erwartenden Neuregelungen der<br />
Bankenaufsicht (Basel III). Das geplante Regelwerk<br />
sieht u.a. verschärfte Eigenkapitalanforderungen<br />
an Banken und die Einführung neuer Kennzahlen<br />
für die Bankenaufsicht vor. Rückwirkungen für das<br />
Angebot an Kommunalkrediten werden von neuen<br />
Kennzahlen für die Bankenaufsicht erwartet.<br />
Dabei spielt insbesondere die Leverage Ratio, der<br />
Ausgabenstruktur der Kommunen seit 1970<br />
Investitionsrückgang nach Auslaufen des Konjunkturprogramms<br />
Sachinvestitionen in den kommunalen Haushalten 1992 bis 2012 in Milliarden Euro<br />
35<br />
30<br />
Klar erkennbare Auswirkungen<br />
des Konjunkturpakets<br />
in den Jahren 2009 bis 2011<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
2011<br />
2012*<br />
Ost West *Prognose Eigene Zusammenstellung und Berechnung nach der<br />
Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamts<br />
15
Verschuldungsgrad, eine große Rolle. Aus diesem<br />
Anlass wird das für Banken margenarme, weil risikoarme<br />
Geschäft mit Kommunen problematisiert.<br />
Gleichwohl: Der Kommunalkredit wird auch in<br />
Zukunft das Hauptinstrument zur Vorfinanzierung<br />
kommunaler Aufgaben bleiben. Zur Verbreiterung<br />
der kommunalen Finanzierungsstruktur sind neben<br />
dem Kommunalkredit jedoch alternative Finanzierungen,<br />
zu denen auch PPP-Modelle gehören,<br />
in Erwägung zu ziehen.<br />
Neue Modelle gesucht<br />
Städte haben auch in den vergangenen Jahren<br />
nach Wegen gesucht, Investitionen über die konventionellen<br />
Modelle hinaus zu realisieren. Möglichkeiten<br />
der interkommunalen Zusammenarbeit,<br />
die Realisierung von Investitionen gemeinsam mit<br />
kommunalen Tochterunternehmen, aber auch<br />
die Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen<br />
werden dabei erwogen. Städtische Investitionsund<br />
Finanzierungsentscheidungen sind prinzipiell<br />
Einzelfallentscheidungen. Ob z.B. ÖPP eine tragfähige<br />
Beschaffungsalternative für die Kommune<br />
ist, muss vor Ort unter Beachtung von Wirtschaftlichkeits-<br />
und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten<br />
entschieden werden. Die Erfahrungen mit ÖPP<br />
fallen weiterhin durchaus unterschiedlich aus.<br />
Die erwarteten Effizienzvor teile aus den Kooperationen<br />
sind oft geringer als zunächst erwartet.<br />
Einige dieser Kooperationen zeigen aber auch,<br />
dass sich Effizienzgewinne durchaus realisieren<br />
lassen. So gewinnt die Verbesserung der Entscheidungsgrundlagen<br />
der örtlichen Gremien<br />
an Bedeutung. Es geht dabei um eine neutrale,<br />
nicht interessengeleitete Beurteilung nach wirtschaftlichen<br />
Kriterien und um Transparenz bei der<br />
Entscheidungsfindung.<br />
Bei ÖPP-Projekten gehören daher folgende Aspekte<br />
zu den wesent lichen Grundsätzen:<br />
x ÖPP-Projekte, die sich die Kommune konventionell<br />
finanziert nicht leisten kann, darf sie sich<br />
ebenso wenig alternativ finanziert leisten.<br />
x Die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts muss<br />
in jedem Einzelfall, und über die gesamte Laufzeit<br />
hinweg, im Sinne des Lebenszyklusansatzes<br />
nachgewiesen sein.<br />
Bei der Inanspruchnahme von Beratung bei der<br />
Projektvorbereitung sind zwingend klare Grenzen<br />
zwischen Beratung und Lobbying zu beachten.<br />
Notwendige Transaktionskosten müssen zudem<br />
realistisch in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen<br />
einbezogen werden. Weitere interessante<br />
Informationen dazu finden sich im „Gemeinsamen<br />
Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von<br />
ÖPP-Projekten“, der im September 2011 von den<br />
Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und<br />
der Länder herausgegeben wurde.<br />
Im Jahr 2012 hat eine beachtliche Zahl von<br />
Kommunen die Rahmenvereinbarung der ÖPP<br />
Deutschland AG – Partnerschaften Deutschland<br />
(PD) gezeichnet. Zu den gängigen Motiven gehört,<br />
sich für die nächsten Jahre entsprechend der<br />
Zwecksetzungen und Neuausrichtungen der PD<br />
– u.a. die neutrale Beratung für Einzelprojekte –<br />
die Beratung durch eine Institution zu sichern, die<br />
ausschließlich für öffentliche Auftraggeber tätig<br />
wird und die Nutzung z.B. des Standardtools für<br />
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bietet.<br />
Gewaltige Herausforderungen<br />
Die Herausforderungen für die Kommunalpolitik<br />
sind gewaltig: demografischer Wandel, die erforderliche<br />
Verbesserung in der Kinderbetreuung,<br />
die Umsetzung der Energiewende. Bei knappen<br />
Ressourcen ist die vorbehaltlose Prüfung möglicher<br />
Lösungsansätze weiterhin geboten, um die<br />
Investitionsfähigkeit der Kommunen zu erhalten.<br />
PPP gehört zu den Optionen. Unabdingbar ist<br />
eine angemessene Bürgerbeteiligung an den Investitionsentscheidungen.<br />
Transparente Entscheidungsprozesse<br />
sind wesentlich, um Akzeptanz zu<br />
erreichen. Aus damit verbundenen Beteiligungsverfahren<br />
erwachsen auch neue Ideen für die<br />
Umsetzung wie auch Finanzierung kommunaler<br />
Vorhaben. Hier lassen sich für die Zukunft neuartige<br />
Kooperationsmodelle und Sonderfinanzierungen<br />
vermuten.<br />
16
Partnerschaften Deutschland:<br />
Partnerschaftsmodelle strategisch gestalten<br />
Von Bernward Kulle und Anja Tannhäuser<br />
Das Thema ÖPP hat 2012 eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit erhalten.<br />
Im Spannungsfeld der Aufgaben, moderne Beratungsleistungen anzubieten<br />
und gleichzeitig den Markt zu fördern, hat sich die ÖPP Deutschland<br />
AG – Partnerschaften Deutschland (PD) den sich wandelnden Herausforderungen<br />
gestellt und in einem Strategie-Review ihre Vision und Mission<br />
überarbeitet.<br />
Auch durch die Wissensverbreiterung in Form<br />
von Grundlagenarbeiten und eine zunehmende<br />
Projektexpertise konnten im Sommer 2012<br />
150 neue Rahmenvereinbarungspartner gewonnen<br />
werden. Das damit ausgesprochene Vertrauen<br />
stärkt die Arbeit von Partnerschaften Deutschland<br />
mit der Beschaffungsvariante ÖPP und zeigt zum<br />
anderen den Bedarf der öffentlichen Hand an Beratung<br />
zu modernen Partnerschaftsstrategien und<br />
Organisationsmodellen.<br />
Neupositionierung notwendig<br />
Die öffentliche Verwaltung steht vor einem tiefgreifenden<br />
Veränderungsprozess, bei dem Partnerschaftsmodelle<br />
einen wichtigen Beitrag zur Zukunftssicherung<br />
leisten werden. Nicht nur die<br />
Veränderungen, die durch Schuldenbremse und<br />
kommunale Regelungen die öffentlichen Haushalte<br />
begrenzen, sondern auch die wachsenden Anforderungen<br />
der Bürger an Verwaltungsleistungen<br />
erfordern eine Neupositionierung der öffentlichen<br />
Hand. Neben Themen der Infrastrukturbereit stellung<br />
rücken damit As pekte der Verwaltungs modernisierung<br />
immer stärker in den Fokus. Nach haltiges<br />
Verwaltungshandeln wird sich in Zukunft an<br />
der Verfügbarkeit von Fachkräften orientieren<br />
müssen – eine Determinante, der die Erfüllung der<br />
hoheitlichen Auf gaben entgegenzusetzen ist.<br />
Die öffentliche Hand stellt sich bereits jetzt auf<br />
die geänderten Anforderungen ein und macht<br />
ihr Handeln damit flexibler. Einen Mehrwert bieten<br />
Partnerschaftsmodelle, wenn ihre<br />
Grundstruktur der Projekt-Lebenszyklus-<br />
Betrachtung beibehalten wird. Unter<br />
Beachtung der Rahmenbedingungen,<br />
Bedürfnisse und Verfügbarkeiten entwickeln<br />
sich zunehmend nach einem<br />
Baukastensystem neue Partnerschaftsmodelle<br />
– sei es mit der Übernahme der<br />
Endfinanzierung oder der Beibehaltung<br />
des Betriebs durch die öffentliche Hand.<br />
Der private Partner als Investor und Projektmanager<br />
übernimmt dabei jedoch<br />
immer die integrierte Gesamtverantwortung<br />
des Projekts. Er sichert damit den<br />
Kostenrahmen, den Terminplan und<br />
langfristige Qualitäten.<br />
Die ÖPP Deutschland AG greift diese Aspekte auf<br />
und entwickelt im Dialog mit der öffentlichen<br />
Hand und der Privatwirtschaft Lösungen. Auf<br />
der Offenlegung von Verträgen lag 2012 dabei<br />
ein besonderer Schwerpunkt – auf der Transparenzplattform<br />
der ÖPP Deutschland AG konnten<br />
neun Verträge veröffentlicht werden. Darüber<br />
hinaus ist auch die Kommunikation ein maßgeblicher<br />
Erfolgsfaktor in ÖPP-Projekten, wie eine<br />
für die Veröffentlichung im Frühjahr 2013 vorgesehene<br />
Untersuchung der ÖPP Deutschland AG<br />
zeigt. Die Stärkung der öffentlichen Hand führt<br />
zu mehr Freiräumen für die Fokussierung auf die<br />
Kernaufgaben der Verwaltung – Freiräume für eigene<br />
Aufgaben wie auch für die Umsetzung von<br />
Infrastrukturprojekten. Im Jahr 2012 lagen zwei<br />
Bernward Kulle ist<br />
Mitglied des Vorstands<br />
und<br />
Anja Tannhäuser ist<br />
Leiterin Marketing<br />
und Kommunikation<br />
bei der ÖPP<br />
Deutschland AG<br />
– Partnerschaften<br />
Deutschland.<br />
INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />
17
Schwerpunkte der Grundlagenarbeiten der ÖPP<br />
Deutschland AG auf dem Straßeninfrastrukturbereich<br />
und im Gesundheitswesen.<br />
Moderne Straßeninfrastruktur mit ÖPP<br />
Der Erhaltungsstau bei Kommunal- und Landesstraßen<br />
liegt inzwischen in Milliardenhöhe. Allein<br />
bei den Gemeinden und Landkreisen wurde der<br />
Investitionsbedarf laut KfW Kommunalpanel 2011<br />
auf etwa 24,5 Milliarden Euro im Jahr 2011 beziffert.<br />
Abhilfe könnten hier ÖPP leisten. Das ist das<br />
Ergebnis der Studie, die die ÖPP Deutschland AG<br />
im Juli 2012 vorgelegt hat. Dringend erforderliche<br />
Straßensanierungs- und Neubaumaßnahmen auf<br />
kommunaler und Landesebene könnten in Angriff<br />
genommen werden und eine nachhaltige Erhaltungsstrategie<br />
würde sichergestellt. Bei den bereits<br />
realisierten ÖPP-Projekten, wie beispielsweise<br />
der Landesstraße L192 Süderlügum–Ellund in<br />
Schleswig-Holstein oder dem kommunalen Straßenbauprojekt<br />
im Kreis Lippe in Nordrhein-Westfalen,<br />
wurden Wirtschaftlichkeitsvorteile von bis<br />
zu 20 Prozent gegenüber einer konventionellen<br />
Realisierung erzielt. Neben diesen monetären Vorteilen<br />
waren die Projekte zudem häufig schneller<br />
fertig, und dies in dauerhaft hoher Qualität.<br />
Neben den Straßen stellen auch die Lichtsignalanlagen<br />
und die Straßenbeleuchtung ein identifiziertes<br />
ÖPP-Potenzial dar. Im Zusammenhang mit der<br />
Neugestaltung der Tiefbaustruktur könnten hier<br />
kommunale Auftraggeber Aufgaben zusammenfassen<br />
und wirtschaftliche Ergebnisse erzielen. Die<br />
Ampeln hat die ÖPP Deutschland AG hierfür im<br />
Februar 2012 auf Grün gestellt: Für Lichtsignalanlagenprojekte<br />
in Öffentlich-Privater Partnerschaft<br />
wurden im Auftrag des Bundesministeriums der<br />
Finanzen Musterverdingungsunterlagen entwickelt.<br />
Mit diesen kann die gesamte Vorbereitung<br />
und Durchführung eines Vergabeverfahrens gestaltet<br />
werden. Durch die Modernisierung von<br />
Teilsystemen und Komponenten sowie die Umstellung<br />
auf LED-Technik sind bis zu 70 Prozent<br />
Energieeinsparungen möglich. Damit könnten<br />
Kommunen den bestehenden Investitionsstau im<br />
Bereich Lichtsignalanlagen schnell abbauen, die<br />
kumulierten Kosten des Projekts über die gesamte<br />
Laufzeit reduzieren sowie Risiken auf private Partner<br />
übertragen und Energie- und CO 2<br />
-Einsparziele<br />
erfüllen. Die Musterverdingungsunterlagen für<br />
ÖPP-Straßenbeleuchtungsprojekte wurden im Jahr<br />
2012 an geänderte Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten<br />
angepasst und neu aufgelegt.<br />
Gestaltungsspielräume bei<br />
Krankenversorgung<br />
Die Aufgaben für Krankenhäuser in öffentlicher<br />
Trägerschaft steigen angesichts wachsender Patientenzahlen,<br />
immer neuer technischer Möglichkeiten<br />
und unter dem Verdikt von Qualität und<br />
Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung.<br />
Eine Untersuchung der ÖPP Deutschland AG im<br />
Jahr 2012 hat gezeigt, dass es den Krankenhäusern<br />
in öffentlicher Trägerschaft mit ÖPP gelingen<br />
kann, Wettbewerbsvorteile durch eine qualitativ<br />
hochwertige und wirtschaftliche Krankenversorgung<br />
zu erzielen. Langfristige Partnerschaften im<br />
Bereich der Medizintechnik lassen nicht nur eine<br />
Fokussierung der Klinik auf ihre Kernaufgaben<br />
zu. Durch vereinbarte kurze Reinvestitionszyklen<br />
bzw. die in solchen Verträgen realisierbare Verpflichtung<br />
des privaten Partners zur Bereitstellung<br />
der Medizintechnik jeweils auf dem aktuellen<br />
Stand der Technik profitieren die Krankenhäuser<br />
schneller von Innovationen bei weiterentwickelten<br />
medizintechnischen Produkten und verbessern<br />
so ihre medizinische Versorgungsqualität.<br />
Dabei können medizintechnische Geräte von<br />
Krankenhäusern entweder separat von ihren<br />
sonstigen baulichen Maßnahmen beschafft und<br />
eingesetzt oder als Kernelement eines neuen Bauwerks<br />
von vornherein in dieses integriert werden.<br />
Zugleich führen diese Projekte mit Übertragung<br />
der Verfügbarkeitsverantwortung auf den privaten<br />
Partner auch zu einem standardisierten und effizienten<br />
Einsatz medizintechnischer Geräte auf dauerhaft<br />
hohem technischem Niveau.<br />
Neben der Medizintechnik ist auch der Krankenhausbetrieb,<br />
das Facility-Management, ein poten-<br />
18
zieller Bereich für die Zusammenarbeit mit privaten<br />
Partnern. In einer zweiten Untersuchung<br />
wurde ein Kennzahlensystem erarbeitet, das die<br />
Prüfung eines Projekts auf ÖPP-Realisierbarkeit<br />
ermöglicht. Insbesondere unter Berücksichtigung<br />
der hygienischen und technischen Anforderungen<br />
sowie der benötigten hohen Verfügbarkeiten<br />
ist die Leistungsintensität des Facility-Managements<br />
in Kliniken entsprechend hoch. Mit dem<br />
entwickelten Kennzahlensystem für ÖPP-Krankenhausprojekte<br />
können die über den gesamten<br />
Lebenszyklus anfallenden Betriebskosten erfasst<br />
und für einen Vergleich mit einer konventionellen<br />
Realisierung eines geplanten Projekts herangezogen<br />
werden. Aufbauend auf den einschlägigen<br />
Normen und Richtlinien für Kosten und Facility-<br />
Management-Leistungen im Krankenhausbetrieb<br />
der GEFMA 200, 812 sowie DIN 276 werden<br />
Aspekte der Qualität im Lebenszyklus eines Projekts<br />
mit berücksichtigt. Mit Hilfe der entwickelten<br />
Erhebungsbögen bietet das Kennzahlensystem<br />
Projektträgern valide, belastbare und nachvollziehbare<br />
Kennzahlen aus der Betriebsphase von<br />
ÖPP-Krankenhausprojekten oder vergleichbaren<br />
konventionellen Projekten.<br />
Innovative Lösungen nachhaltig umsetzen<br />
Das erste zivile Bundeshochbauprojekt – der Neubau<br />
des Dienstsitzes des Bundesministeriums für<br />
Bildung und Forschung (BMBF) in Berlin –, das<br />
von der ÖPP Deutschland AG in der Umsetzung<br />
begleitet wird, ist von der Auftraggeberin, der<br />
damaligen Bundesforschungsministerin Annette<br />
Schavan, sowie dem Parlamentarischen Staatssekretär<br />
im Bundesministerium der Finanzen (BMF)<br />
Hartmut Koschyk gelobt worden. Schavan würdigte<br />
im Rahmen der Grundsteinlegung im Mai<br />
2012 die ÖPP Deutschland AG als einen wichtigen<br />
Partner des BMBF und der Bundesanstalt für<br />
Immobilienaufgaben (BImA) bei der Umsetzung<br />
dieses ÖPP-Projekts. Im Oktober 2012 wurde das<br />
Projekt mit dem Innovationspreis PPP 2012 in<br />
der Kategorie „Verwaltungsgebäude“ ausgezeichnet.<br />
Qualifiziert hatte es sich durch innovative<br />
Lösungsansätze bei der Finanzierung, die Mitspra-<br />
cherechte der Betroffenen sowie die Nachhaltigkeit<br />
und Energieeffizienz des Gebäudes. Koschyk<br />
betonte bei der Preisverleihung, dass ÖPP als Beschaffungs-<br />
und Steuerungsmodell an Bedeutung<br />
gewinnt und zahlreiche Reserven bei der Infrastrukturgestaltung<br />
noch ausgeschöpft werden können.<br />
Die ÖPP Deutschland AG unterstützt dies<br />
mit wettbewerbsfähigen Beratungsleistungen.<br />
Im März 2012 konnte sich die ÖPP Deutschland<br />
AG als Berater für die Begleitung des ÖPP-Vergabeverfahrens<br />
„Bauliche Sanierung des Universitätsklinikums<br />
Schleswig-Holstein“ behaupten.<br />
Aufgabe der ÖPP Deutschland AG sind dabei die<br />
zur Realisierung des Projekts erforderlichen Wirtschafts-<br />
und Finanzberatungsleistungen, z.B. zur<br />
Modell- und Finanzierungsstruktur und zu Wirtschaftlichkeitsberechnungen.<br />
Für das komplexe<br />
Immobilien-ÖPP an den Standorten Kiel und Lübeck<br />
wird ein Wettbewerblicher Dialog als Vergabeverfahren<br />
durchgeführt. Beim Wettbewerblichen<br />
Dialog handelt es sich um ein von der EU<br />
eingeführtes Verfahren für komplexe und sehr große<br />
Projekte, um im Laufe des Dialogs mit mehreren<br />
Teilnehmern die bestmögliche Lösung für die<br />
gestellte Aufgabe zu finden. Das Verfahren hat mit<br />
dem Teilnahmewettbewerb im Frühjahr 2012 begonnen.<br />
In der seit Beginn 2013 laufenden zweiten<br />
Dialogphase werden nun mit allen Bietern deren<br />
Vorschläge konkretisiert und vertieft. Am Ende<br />
dieser Dialogphase im Sommer 2013 werden die<br />
Teilnehmer gebeten, ihre Angebote zu bepreisen.<br />
Der Zuschlag an das wirtschaftlichste Angebot ist<br />
für Ende 2013 geplant. Ab 2014 soll mit den Bauund<br />
Sanierungsmaßnahmen begonnen werden.<br />
Nach einem 18-monatigen Vergabeverfahren, begleitet<br />
durch die ÖPP Deutschland AG, wurde im<br />
Herbst 2012 die strategische Servicepartnerschaft<br />
zwischen der Deutschen Rentenversicherung<br />
Bund (DRV Bund) und Iron Mountain Deutschland<br />
GmbH zu einem Abschluss geführt. Iron<br />
Mountain wird künftig einen wesentlichen Teil<br />
der Archivdienstleistungen der DRV Bund übernehmen.<br />
Hierfür wurde von der ÖPP Deutschland<br />
AG ein Partnerschaftsmodell entwickelt, das auf<br />
19
ÖPP-Projekte mit Vertragsabschluss im Hoch- und Straßenbau<br />
Investitionsvolumen in Mio. Euro<br />
1000<br />
Investitionsvolumen<br />
900<br />
Hochbau - 4 Phasen<br />
800<br />
Investitionsvolumen<br />
700<br />
Hochbau - 3 Phasen<br />
600<br />
Anzahl Projekte kumuliert<br />
500<br />
594<br />
400<br />
457<br />
300<br />
350<br />
51<br />
200<br />
28<br />
100 2 14<br />
0<br />
64<br />
2002/2003 2004 2005 2006<br />
887<br />
84<br />
2007<br />
775<br />
110<br />
2008<br />
653<br />
137<br />
55<br />
2009<br />
160<br />
362<br />
127<br />
2010<br />
Projektanzahl<br />
250<br />
176 190 200<br />
611<br />
150<br />
150<br />
100<br />
389<br />
50<br />
146<br />
0<br />
2011 2012<br />
H<br />
H<br />
Stand: 31.12.2012<br />
einer ausgewogenen Risikoverteilung zwischen<br />
den beiden Partnern und einer Anreizsystematik<br />
basiert. Gleichzeitig wurde ein Konzept zugrunde<br />
gelegt, mit dem das Verfahren zu einer deutlichen<br />
Optimierung der Gesamtwirtschaftlichkeit des<br />
Archivbetriebs beiträgt. So werden beispielsweise<br />
künftig die bisherigen drei Archivstandorte in<br />
einem Hochsicherheitsarchiv zusammengelegt.<br />
Mit rund 177 Kilometern Akten und 30.000 Aktenbewegungen<br />
pro Tag besitzt der Deutsche<br />
Rentenversicherung Bund eines der größten Aktenarchive<br />
Deutschlands. Der private Partner, die<br />
Iron Mountain Deutschland GmbH, übernimmt<br />
neben der Archivierung der Akten auch alle<br />
Sicherheitsmaßnahmen.<br />
Projektstrukturen werden flexibler<br />
Im gesamten Jahr 2012 wurden acht sogenannte<br />
Vier-Modul-ÖPP-Vertragsabschlüsse (Planen, Bauen,<br />
Betreiben und (langfristig) Finanzieren) erzielt<br />
(Vorjahr 16 Projekte). Das zugrunde liegende Investitionsvolumen<br />
sank auf 150 Millionen Euro<br />
(Vorjahr 1.151 Millionen Euro). Allerdings wurden<br />
weitere acht sogenannte Drei-Modul-ÖPP-<br />
Verträge abgeschlossen, bei denen entweder der<br />
Betrieb gesamt oder in Teilen oder die langfristige<br />
Finanzierung durch den öffentlichen Auftraggeber<br />
übernommen wird. In dieser Struktur wurde<br />
erstmals ein höheres Projektvolumen – 389 Mil-<br />
lionen Euro gegenüber 150 Millionen – und eine<br />
höhere Projektanzahl abgeschlossen. Zusammengenommen<br />
wurden für die Drei- und Vier-Modul-<br />
Vertragsabschlüsse im Hochbau 16 Projekte mit<br />
einem Investitionsvolumen von 539 Millionen<br />
Euro beauftragt. Trotz einer hohen Anzahl von<br />
Projekten in der Pipeline kam es damit zu einem<br />
Rückgang der Projektanzahl von ca. 15 Prozent<br />
und des Investitionsvolumens von ca. 30 Prozent<br />
bezogen auf den Hochbau. Im Verkehrswegebau<br />
kam es in diesem Jahr zu keinem Vertragsabschluss.<br />
Die Anzahl der geplanten oder bereits<br />
ausgeschriebenen Projekte liegt jedoch nach wie<br />
vor bei deutlich über 100 Projekten, sodass ausreichend<br />
Potenzial für ein erfolgreiches Jahr 2013<br />
vorhanden ist.<br />
Die Chancen für die Gestaltung flexibler Zukunftsmodelle<br />
der partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />
müssen ergriffen werden. Der integrierte Wettbewerb<br />
um Qualität, Kosten und Innovationen wird<br />
künftige Beschaffungsmaßnahmen beeinflussen.<br />
Kosten- und Qualitätstransparenz und -sicherheit,<br />
Nachhaltigkeit und moderne Standards können<br />
als Kernelemente von Kooperationen etabliert<br />
werden. Hierfür setzt sich die ÖPP Deutschland<br />
AG 2013 mit den Schwerpunkten Infrastruktur<br />
und Dienstleistungen in ihren Grundlagenarbeiten<br />
auf der ÖPP-Transparenzplattform und bei der<br />
Umsetzung in eigenen Projekten ein.<br />
20
Kommunaler Investitionsbedarf: Erfahrungen aus<br />
weiteren Pilotprojekten in Nordrhein-Westfalen<br />
Von Regine Unbehauen und Klaus Dohmen<br />
Für viele Kommunen sind Investitionen jeglicher Art in die öffentliche<br />
Infrastruktur derzeit kaum realisierbar. Ausgaben – vor allem im freiwilligen<br />
Bereich – werden immer weiter zurückgefahren, viele Einrichtungen<br />
geschlossen. Oft wird an den öffentlichen Gebäuden nur noch<br />
das Nötigste gemacht. Kann ÖPP hier Abhilfe schaffen?<br />
Vor diesem Hintergrund sind in den vergangenen<br />
Jahren zahlreiche Kommunen an die PPP-Task<br />
Force herangetreten. Meistens handelte es sich<br />
um Fälle, bei denen die Kommune eigentlich umfassend<br />
sanieren müsste, jedoch nur notdürftig<br />
re parieren könnte, da der geltende Rechtsrahmen<br />
kaum Handlungsspielraum für Investitionen zulässt.<br />
Dabei stellten sich immer wieder folgende<br />
Fragen: Was ist langfristig wirtschaftlicher:<br />
„Nichts tun“ oder „umfassend sanieren“? Wie<br />
verhält sich eine ÖPP-Maßnahme zu diesen<br />
Überlegungen?<br />
Investition kann wirtschaftlich sinnvoll sein<br />
Ausgehend vom Ansatz der Wirtschaftlichkeit<br />
kann die Umsetzung umfangreicher Investitionen<br />
in der öffentlichen Infrastruktur langfristig trotz<br />
und gerade wegen der angespannten Finanzlage<br />
und dem angestrebten Schuldenabbau folgerichtig<br />
sein. Anders als in der Kameralistik, in welcher<br />
der Vermögensverzehr nicht berücksichtigt<br />
wurde, kann durch das in NRW bei den Kommunen<br />
eingeführte „Neue Kommunale Finanzmanagement“<br />
(NKF) anhand der Erfassung des Ressourcenverbrauchs<br />
– unter Berücksichtigung der<br />
Abschreibungen – der Nachweis geführt werden,<br />
ob und wann sich eine Investition wirtschaftlich<br />
rechnet.<br />
Vor diesem Hintergrund hat die PPP-Task Force<br />
im Finanzministerium des Landes NRW die wirtschaftlichen<br />
Auswirkungen langfristig unterlassener<br />
Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />
bei kommunalen<br />
Immobilien untersucht. In Abstimmung<br />
mit der Kommunalaufsicht wurde<br />
gemeinsam mit der NRW.BANK<br />
Regine Unbehauen<br />
und vier Beratungsgesellschaften anhand<br />
von NRW-Referenz objekten aus Klaus Dohmen ist<br />
ist Leiterin und<br />
dem Sektor Schulen beleuchtet, inwieweit<br />
es über einen Zeitraum von<br />
Mitglied der PPP-<br />
Task Force im Finanzministerium<br />
25 Jahren im Rahmen der Lebenszyk<br />
lusbetrachtung wirtschaftlicher ist, rhein-Westfalen.<br />
des Landes Nord-<br />
in vestive Maßnahmen zu unterlassen,<br />
sie konventio nell in Eigenrealisierung<br />
oder als ÖPP-Projekt durchzuführen.<br />
Im Mittelpunkt des dazu im Juli 2011<br />
veröffentlichten Berichts (www.ppp.nrw.de)<br />
stand die Frage, wie sich bloße Sicherungsmaßnahmen<br />
im Vergleich zu Instandhaltungs- und<br />
insbesondere Sanierungsmaßnahmen wirtschaftlich<br />
darstellen und wie sich die jeweiligen Maßnahmen<br />
im NKF niederschlagen.<br />
x 0-Variante: Weiterbetrieb des Gebäudes ohne<br />
Sanierungsmaßnahmen; Instandhaltungsaufwand<br />
nach Bedarf zur Aufrechterhaltung der<br />
Funktion und Verkehrssicherheit.<br />
x Eigenrealisierung: Sanierungsmaßnahme durch<br />
die Kommune; Instandhaltungsaufwand als<br />
werterhaltende Instandhaltungsmaßnahmen<br />
über den Lebenszyklus hinweg.<br />
x ÖPP-Variante: Sanierungsmaßnahme durch einen<br />
privaten Partner; Instandhaltungsaufwand<br />
als werterhaltende Instandhaltungsmaßnah-<br />
INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />
21
men über den Lebenszyklus hinweg nach vordefiniertem<br />
Instandhaltungskonzept.<br />
Als zentrales Ergebnis der untersuchten Fälle<br />
mit Referenzschulprojekten der Gemeinde Marienheide<br />
und der Stadt Mülheim an der Ruhr<br />
ist festzuhalten, dass aus der mit dem NKF verbundenen<br />
ressourcenorientierten Betrachtung<br />
die ÖPP-Variante die geringste Belastung ausgelöst<br />
hat. Die Berechnungen verdeutlichen zudem,<br />
dass eine Ausgabenvermeidung um jeden<br />
Preis, wie in der 0-Variante geplant, zu höheren<br />
Gesamtbelastungen über einen entsprechenden<br />
Betrachtungszeitraum führen kann. Der in der<br />
Studie gewählte Zeitraum von 25 Jahren – zuzüglich<br />
der Sanierungsphase von drei Jahren –<br />
hat sich bewährt. Ein kurzer Betrachtungs- und<br />
Prog nosezeitraum, wie z.B. im Haushalt angelegt,<br />
ist keinesfalls geeignet, um aussagekräftige<br />
Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bei Immobilien<br />
anzustellen. Daher ist eine lebenszyklusorientierte<br />
Betrachtung vonnöten, die sich nicht nur auf<br />
die bilanziellen Ansätze bezieht, sondern auch<br />
die laufenden Kosten und Ad-hoc-Aufwendungen,<br />
z.B. für zwingend notwendige Sanierungen,<br />
hochrechnet.<br />
Pilotprojekte in NRW<br />
Bereits während der Erstellung der Studie zeigten<br />
sich einige nordrhein-westfälische Kommunen<br />
interessiert, bei konkreten Projektideen die Systematik<br />
des Berichts anzuwenden.<br />
Entsprechende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
wurden 2012 bei zwei aktuellen kommunalen<br />
Vorhaben aus dem Sektor Verwaltungsgebäude<br />
in Witten und Schwelm abgeschlossen.<br />
Rathaus Witten<br />
Der Rat der Stadt Witten hat Anfang 2011 beschlossen,<br />
einen Prüfprozess zur grundlegenden<br />
Sanierung, Modernisierung und Nutzungsverdichtung<br />
des Rathauses als zentralen Teil einer<br />
umfassenden Neuordnung der Standorte der<br />
Stadtverwaltung durchzuführen.<br />
Dabei stand die Frage im Raum, ob unter den<br />
Bedingungen des Nothaushaltsrechts eine Sanierung<br />
des Rathauses erfolgen und gleichzeitig eine<br />
nachhaltige Verbesserung der Ergebnisrechnung<br />
sowie der Bilanz erreicht werden kann.<br />
Die ÖPP-Variante zeigte sich als wirtschaftlichstes Modell für die Sanierung des Rathauses Witten<br />
22
Auf dieser Basis wurden die Sanierung und der<br />
Ausbau des Rathauses sowie die gleichzeitige<br />
Zentralisierung mehrerer Verwaltungsgebäude<br />
mittels der im Bericht dargestellten Vergleichsrechnung<br />
von drei Handlungsoptionen<br />
untersucht.<br />
Wesentliche Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen<br />
sind, dass bei Fortsetzung der derzeitigen<br />
werteverzehrenden Unterhaltungsstrategie<br />
eine kosten- und betreuungsintensive Problemimmobilie<br />
zu unterhalten wäre. Zudem würde der<br />
Wert des Rathauses in einer relativ kurzen Restnutzungsdauer<br />
von 28 Jahren auf 0 Euro sinken<br />
und dann eine Komplettsanierung anstehen.<br />
Durch eine wertsteigernde Vollsanierung bei<br />
gleichzeitiger Steigerung der Flächeneffizienz<br />
und Flächenoptimierung können mehr Mitarbeiter<br />
im Rathaus untergebracht werden. Diese<br />
Maßnahmen sowie das damit einhergehende<br />
„Abmietungspotenzial“ und die mithin erzielbare<br />
Verminderung von Mietaufwand haben einen erheblichen<br />
wirtschaftlichen Effekt.<br />
Mit der Systematik der wirtschaftlichen Untersuchung<br />
und der Darstellung im NKF konnte<br />
belegt werden, dass eine Investition trotz Kreditaufnahme<br />
bereits innerhalb des Konsolidierungszeitraums<br />
von zehn Jahren Haushaltsentlastungen<br />
nach § 76 Gemeindeordnung NRW<br />
bringen kann. Dies kann sich langfristig auch für<br />
eine Haushaltssicherungskommune lohnen. Im<br />
Wittener Beispiel wirken Sanierungskonzept,<br />
Nutzungsverdichtung und Standortkonzentration<br />
(Abmietung) zusammen.<br />
Verwaltung Schwelm<br />
Die Verwaltung in Schwelm ist derzeit an vier<br />
Standorten in Verwaltungsgebäuden mit erheblichem<br />
und zum Teil dringlichem Sanierungsbedarf<br />
untergebracht. Vor diesem Hintergrund<br />
wurden drei Handlungsoptionen zur zukünftigen<br />
räumlichen Unterbringung der Verwaltung unter<br />
Berücksichtigung einer bereits beschlossenen<br />
Personalreduzierung untersucht und die Beschaffungsvariante<br />
ÖPP geprüft.<br />
Die Untersuchung mittels der ressourcenorientierten<br />
Betrachtung nach NKF hat gezeigt, dass die<br />
Bestandsobjekte in der 0-Variante spätestens nach<br />
20 Jahren bilanziell vollständig abgeschrieben und<br />
technisch auch nicht weiter nutzbar sind. Darüber<br />
hinaus liegt die Neubauvariante mit Kostenvorteilen<br />
sowie wirtschaftlicherem Ressourcenverbrauch<br />
und längerer Restnutzungsdauer gegenüber<br />
der Variante der Bestandssanierung vorne.<br />
Die in Schwelm und Witten abgeschlossenen<br />
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen kommen zu<br />
dem Ergebnis, dass über einen Betrachtungszeitraum<br />
von 25 Jahren bloße Sicherungsmaßnahmen<br />
zu einem höheren Ressourcenverbrauch<br />
führen. Die ÖPP-Variante wäre in beiden Fällen<br />
das wirtschaftlichste Modell und würde die geringste<br />
Belastung auslösen.<br />
Nach diesen ersten Projekten hat die PPP-Task<br />
Force bereits weitere Pilotvereinbarungen geschlossen:<br />
2013 wollen auch die Städte Marl und<br />
Geseke entsprechende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
anhand der Studie vornehmen.<br />
Rathaus Marl<br />
Bei der Stadt Marl geht es um eine Sanierung des<br />
denkmalgeschützten Rathauses aus den Baujahren<br />
1960 bis 1967, insbesondere um die beiden<br />
Bürotürme. Derzeit nutzt die Stadtverwaltung<br />
vier Standorte. Infolge der Sanierung der Rathaustürme<br />
würde eine erhebliche Flächeneinsparung<br />
entstehen, sodass einer der Verwaltungsstandorte<br />
aufgegeben werden könnte.<br />
Besonders bedeutsam wird die energetische Sanierung<br />
der Fassade sein. Die vorhandene, unveränderte<br />
Fassade aus den 1960er Jahren erfüllt<br />
in keiner Weise die Anforderungen der aktuellen<br />
Wärmeschutz- und Energieeinsparverordnung.<br />
Ebenfalls müssten Energieversorgung und Energieverteilung<br />
vollständig erneuert werden.<br />
23
Um gegenüberzustellen, wie sich der Weiterbetrieb<br />
des Rathauses ohne Sanierungsmaßnahmen<br />
gegenüber einer umfassenden Sanierung darstellt,<br />
soll die Berechnungssystematik aus der Studie<br />
der PPP-Task Force angewendet werden. Dabei<br />
soll auch eine ÖPP-Variante für den Fall einer<br />
umfassenden Sanierung geprüft werden.<br />
Rathaus Geseke<br />
Auch bei der Stadt Geseke geht es um ein Rathausprojekt.<br />
Die Beschäftigten der Stadt sind<br />
derzeit in verschiedenen Verwaltungsgebäuden<br />
untergebracht.<br />
Das Hauptgebäude stammt aus dem 19. Jahrhundert.<br />
Es wurde im Verlauf der letzten hundert<br />
Jahre mehrfach an- bzw. umgebaut. 1906 erfolgte<br />
eine Aufstockung des ehemals eingeschossigen<br />
Gebäudes. Aufgrund des derzeitigen Bauzustands<br />
müsste das Gebäude umfassend saniert werden.<br />
Den Schwerpunkt bilden das Dach und die Fassade,<br />
vor allem in Hinblick auf energetische Sanierungsmaßnahmen.<br />
Ebenso ist bei einem weiteren<br />
Umbau des Gebäudes die Barrierefreiheit zu<br />
beachten.<br />
Bedingt durch die räumliche Trennung der Mitarbeiter<br />
in verschiedene Standorte werden einige<br />
Bereiche doppelt vorgehalten, was sich als wirtschaftlich<br />
nachteilig erweist. Die Arbeitsplätze<br />
entsprechen teilweise nicht den Arbeitsstättenrichtlinien.<br />
Deshalb strebt die Stadt Geseke an,<br />
die Mitarbeiter in einem gemeinsamen Gebäude<br />
unterzubringen.<br />
Neben der Beibehaltung des Status quo in der<br />
0-Variante sollen folgende Handlungsoptionen geprüft<br />
werden:<br />
x Sanierung des jetzigen Verwaltungsgebäudes<br />
mit Anbau<br />
x Neubau Verwaltungsgebäude auf einer innerstädtischen<br />
Fläche<br />
x Um- und Ausbau eines Franziskanerklosters,<br />
das sich im Eigentum des Landschaftsverbands<br />
Westfalen-Lippe befindet. Die Übernahme des<br />
Franziskanerklosters zwecks Umbau zum Rathaus<br />
beinhaltet auch die Übernahme der denkmalgeschützten<br />
Kirche. Bei entsprechender<br />
Eignung soll außerdem der Vergleich mit einer<br />
ÖPP-Variante gezogen werden.<br />
Neue Impulse liefern<br />
Die für den Vergleich unterschiedlich umfangreicher<br />
Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />
entwickelte NKF-Bewertungsmethodik ist<br />
auch für den Vergleich unterschiedlicher Handlungsvarianten<br />
wie etwa von Neubau- und Sanierungsvorhaben<br />
nutzbar. Sie ermöglicht u.a. die<br />
Berücksichtigung von Erlösen und Erträgen sowie<br />
die Reduzierung von Finanzierungsbedarfen<br />
durch Erlöse.<br />
Aus der NKF-Betrachtung ergibt sich mit der parallelen<br />
Betrachtung von Zinsaufwand und Abschreibung<br />
eine methodische Weiterentwicklung<br />
zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsvergleichen<br />
zwischen ÖPP- und Eigenrealisierungen.<br />
Die Erkenntnisse aus den Untersuchungen sollten<br />
neue Impulse für Lebenszyklusbetrachtungen<br />
bei kommunalen Projekten bringen, indem<br />
die knappen verfügbaren Mittel aktiv und gezielt<br />
eingesetzt und nicht situativ zum Stopfen von<br />
Löchern verwendet werden. Die erweiterte Sicht<br />
bei der Beurteilung wirtschaftlicher Investitionen<br />
dürfte aufgrund der häufig enthaltenen energetischen<br />
Aspekte auch bei Fragen zur Energiewende<br />
eine wichtige Rolle spielen.<br />
24
Lernen aus PPP in Bayern:<br />
Projektberichte aus Hoch- und Straßenbau<br />
Von Gabriele Engel<br />
Wenn in Deutschland von PPP die Rede ist, sehen manche einen Markt,<br />
der großartige Chancen bietet, während andere abwehren, weil PPP<br />
nur für die Banken und die großen Unternehmen gut sei. Dabei gilt für<br />
PPP wie für viele andere Dinge auch: Es gibt Vor- und Nachteile, Stärken<br />
und Schwächen. Man muss beides gut kennen, um ein Instrument<br />
sinnvoll einzusetzen.<br />
PPP ist eigentlich nicht neu. Es wurde aus der<br />
Konzession entwickelt, die seit langer Zeit in verschiedenen<br />
Varianten zur Realisierung großer Infrastrukturaufgaben<br />
genutzt wird. Einige geschichtliche<br />
Beispiele sind die frühen Eisenbahnstrecken,<br />
wie die Bagdadbahn im 19. Jahrhundert, berühmte<br />
Kanäle wie der Suez-Kanal im 19. Jahrhundert<br />
und der Canal du Midi im 17. Jahrhundert oder<br />
die Nutzung von Wasser zur Versorgung des Handwerks<br />
und der Industrie.<br />
Aus bayerischer Sicht ist die Steinerne Brücke in<br />
Regensburg zu nennen, die bereits im 12. Jahrhundert<br />
von Regensburger Kaufleuten errichtet<br />
wurde. In der Gegenwart sind bekannte Beispiele<br />
die Autobahnen in verschiedenen europäischen<br />
Ländern, die großen Brücken in Dänemark oder<br />
der Tunnel unter dem Ärmelkanal. Vor allem den<br />
geschichtlichen Beispielen ist zu eigen, dass das<br />
wirtschaftliche Risiko allein in der Hand der privaten<br />
Investoren und Betreiber lag. Aber auch die<br />
gegenwärtigen Konzessionen funktionieren im<br />
Wesentlichen nach diesem Prinzip.<br />
PPP in Bayern<br />
Wir haben PPP schon immer als spannenden<br />
Ansatz begriffen, den wir mit dem Ziel verfolgt<br />
haben, die Chancen und Risiken in Erkenntnisse<br />
und diese wiederum in neue Beschaffungsmodelle<br />
münden zu lassen. Wir wollten PPP also weiterentwickeln<br />
und flexibilisieren, um es für die<br />
Ministerialrätin<br />
Dipl.-Ing. Gabriele<br />
Engel ist Architektin<br />
und leitet ein<br />
Praxis vielseitig nutzbar zu machen.<br />
Sach gebiet in der<br />
Es sei erinnert an unser frühes Eintreten<br />
für die Möglichkeit, die lang-<br />
der Obersten Bau-<br />
Hochbauabteilung<br />
fristige private Finanzierung als Option<br />
zu betrachten und im Einzelfall<br />
behörde (OBB) im<br />
Bayerischen Staatsministerium<br />
des<br />
zugunsten einer öffentlichen Finanzierung<br />
darauf zu verzichten. Dies<br />
Innern.<br />
hat in der Hochbauszene anfangs Aufregung und<br />
Unverständnis erzeugt.<br />
Heute ist unser Modell in Bayern die gängigste<br />
Variante von PPP im Hochbau, die auch bundesweit<br />
angewandt und viel diskutiert wird. Es<br />
war ein wesentliches Ergebnis der Beschäftigung<br />
mit PPP, dass uns die Chancen der sogenannten<br />
konventionellen Realisierung ebenso deutlich<br />
bewusst wurden wie die Risiken oder Probleme.<br />
Und genauso schnell war uns klar, dass PPP kein<br />
Allheilmittel ist. Dabei kommt es in besonderem<br />
Maß darauf an, ob die Beschaffenheit eines<br />
Projekts die Realisierung in einem PPP-Modell<br />
nahelegt.<br />
Die Bayerische Staatsbauverwaltung hat in den<br />
vergangenen Jahren mehrere PPP-Pilotprojekte<br />
im Hochbau und Straßenbau realisiert, die eigens<br />
vom Bayerischen Landtag genehmigt wurden.<br />
Alle diese Projekte befinden sich inzwischen in<br />
der Betriebsphase.<br />
Vor fünf Jahren haben wir mit der Evaluierung<br />
begonnen. Durch einen ständigen Informations-<br />
INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />
25
austausch sowohl zwischen Hochbau und Straßenbau<br />
als auch mit den Kommunen, die wir im<br />
Auftrag des Bayerischen Landtags beraten, haben<br />
wir einen guten Überblick und gute Kenntnis von<br />
den Chancen und Risiken von PPP sowie von den<br />
Variationen, die als Weiterentwicklung möglich<br />
sind. Die im bayerischen PPP-Leitfaden Teil 1<br />
definierten qualitativen Projekteigenschaften bestimmen<br />
ganz wesentlich nicht nur die grundsätzliche<br />
Entscheidung für ein PPP-Modell, sondern<br />
auch die Projektkonfiguration im Einzelfall.<br />
Inzwischen weist unsere Statistik 100 kommunale<br />
und 25 staatliche Projekte in Bayern in den<br />
vergangenen sieben Jahren aus: PPP hat ohne<br />
Zweifel seinen Platz im Bereich öffentlicher Beschaffung<br />
gefunden. Dabei entsteht der Eindruck,<br />
dass die anfängliche allgemeine Euphorie einer<br />
eher pragmatischen Haltung gewichen ist – PPP<br />
als Mittel zum Zweck, aber nicht als vermeintliches<br />
Universalinstrument zur Lösung aller Probleme<br />
beim Bau und Betrieb von Gebäuden. PPP<br />
also als Beschaffungsmethode mit Stärken und<br />
Schwächen.<br />
Beispiel aus dem staatlichen Hochbau<br />
Wir waren also gut vorbereitet, als im Mai 2010<br />
das Bayerische Kabinett endgültig entschied, das<br />
Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz von<br />
Regensburg nach Tirschenreuth zu verlegen und<br />
dafür eine Kostenobergrenze vorzugeben, die<br />
rund 20 Prozent unter der Kostenschätzung bei<br />
ca. 8,5 Millionen Euro lag. Damit war es nicht<br />
mehr sinnvoll, die Qualitäten des Projekts in<br />
Form einer Ausführungsplanung und mittels Leistungsverzeichnissen<br />
zu beschreiben. Wir haben<br />
uns daher für eine Ausschreibung entschieden,<br />
die die Planung und die Errichtung des Gebäudes<br />
sowie einige Wartungsverträge und lange<br />
Gewährleistungsfristen für wesentliche Bauteile<br />
enthält. Entscheidend war die verbindliche<br />
Vorgabe einer Kostenobergrenze, die zu einem<br />
echten Qualitätswettbewerb im Vergabeverfahren<br />
geführt hat. In der Ausschreibung haben wir<br />
den Bebauungsplan, Mindeststandards für die<br />
geforderte Holzbauweise sowie den Ausbau und<br />
das Raumprogramm vorgegeben und für diesen<br />
Leistungsumfang 90 Prozent der Wertungspunkte<br />
reserviert. Nur 10 Prozent entfielen damit auf<br />
den Preis, der vorgegeben war und dessen Überschreitung<br />
zum Ausschluss des Angebots führte.<br />
Kurz: Der Freistaat Bayern als Bauherr und Auftraggeber<br />
stellte ein Budget zur Verfügung und<br />
erwartete von der Bauwirtschaft Angebote, die<br />
darstellten, was für dieses Budget zu erhalten<br />
war. Allerdings haben wir die Risiken aus dem<br />
Gegenüberstellung<br />
26
Baugrund und die Baupreissteigerung vom Kostendeckel<br />
ausgenommen.<br />
Mittelstand beteiligt sich<br />
Im Teilnahmewettbewerb hatten sich 17 geeignete<br />
Bewerber gemeldet, von denen über 70 Prozent<br />
aus Bayern stammten, knapp 50 Prozent aus<br />
der Region Oberpfalz/Oberfranken. Über 80 Prozent<br />
der Bewerber waren dem Mittelstand zuzurechnen.<br />
Die Hälfte der sechs Bieter, die tatsächlich<br />
Angebote abgaben, waren mittelständische<br />
Betriebe und stammten aus Nordbayern. Auch<br />
der Auftragnehmer, der das Projekt schließlich<br />
durchgeführt hat, stammt aus diesem Kreis. Wir<br />
sind der Auffassung, dass damit die oft geäußerte<br />
Meinung, den Interessen des Mittelstandes entspreche<br />
nur die Fachlosausschreibung, zumindest<br />
relativiert ist; im Übrigen beobachten wir auch bei<br />
anderen vergleichbaren Ausschreibungen, dass<br />
sich vorwiegend Mittelständler bewerben und die<br />
Aufträge erhalten, wenn das Investitionsvolumen<br />
im mittelständisch handhabbaren Bereich liegt.<br />
Der Umstand, dass die Finanzierung von öffentlicher<br />
Seite beigestellt wurde, hat aus unserer Sicht<br />
die Akzeptanz beim Mittelstand erhöht.<br />
Der Bauablauf war nach Aussage aller Beteiligten<br />
weitgehend störungsfrei: Im Oktober 2011<br />
Weiterentwicklung – Neue Modelle<br />
war Baubeginn, Richtfest war im Juli 2012, Ende<br />
2012 wurde die Maßnahme pünktlich fertiggestellt.<br />
Der Nutzer hat sich intensiv an den regelmäßigen<br />
Projektbesprechungen beteiligt. In diesem<br />
Punkt unterschied sich der Ablauf nicht von<br />
der konventionellen Vorgehensweise. Der vom<br />
Generalunternehmer (GU) beauftragte Architekt<br />
hat sich überdurchschnittlich engagiert, und der<br />
GU selbst sowie die von ihm eingeschaltete Holzbaufirma<br />
haben ihre Leistungsfähigkeit bewiesen.<br />
Das Staatliche Bauamt hat die Abwicklung gesteuert<br />
und die positive Arbeitsatmosphäre bestätigt.<br />
Bisher wurden unsere Erwartungen durch<br />
die Ergebnisse erfüllt, auch wenn abschließende<br />
Aussagen zum Projekt noch nicht möglich sind.<br />
Beispiele aus dem Autobahnbau<br />
Auf der A8 zwischen Augsburg und München haben<br />
wir mit dem ersten Betreibermodell im Bundesfernstraßenbau<br />
Pionierarbeit geleistet. Unser<br />
privater Partner hat die Autobahn sechsstreifig<br />
ausgebaut und übernimmt die bauliche Erhaltung,<br />
den Betriebsdienst und die Finanzierung für<br />
insgesamt 30 Jahre. Im Gegenzug erhält er die<br />
LKW-Maut aus diesem Abschnitt und eine geringe<br />
Anschubfinanzierung aus dem Bundeshaushalt.<br />
Die Bauarbeiten begannen im Jahr 2007<br />
und sind seit Ende 2010 abgeschlossen. Das Fazit<br />
bisher: Die Bauqualität ist insgesamt<br />
überdurchschnittlich, das Projekt<br />
wurde termingerecht fertiggestellt,<br />
die Kosten sind im Rahmen geblieben<br />
und die Vertragspartnerschaft<br />
war gut. Die Verkehrsteilnehmer<br />
waren mit dem Ablauf der Bauarbeiten<br />
trotz der unvermeidbaren Behinderungen<br />
sehr zufrieden. Damit<br />
haben sich unsere Erwartungen an<br />
diese Beschaffungsvariante in den<br />
wesentlichen Punkten erfüllt.<br />
Gute Risikoverteilung<br />
Die Ursachen dafür sind in dem Vertragsmodell<br />
angelegt: langfristige<br />
27
Verantwortung des Auftragnehmers für den Zustand<br />
der Strecke und eine Risikoverteilung nach<br />
dem Motto, dass jeder das Risiko tragen soll, das<br />
er am besten beeinflussen kann, sowie Anreize<br />
zur Verringerung der Verkehrsbehinderungen<br />
nach Umfang und Dauer und eine Vertragsgestaltung,<br />
die Kostensteigerungen entgegenwirkt. Die<br />
finanzierenden Banken unterstützen durch ihr Eigeninteresse<br />
den Projekterfolg. Bestärkt durch die<br />
positiven Erfahrungen haben wir den Ausbau der<br />
A8 zwischen Ulm und Augsburg mit einem sehr<br />
ähnlichen Modell fortgesetzt. Wir haben lediglich<br />
das Vergütungsmodell geringfügig geändert. Dieser<br />
Abschnitt ist noch im Bau.<br />
Bei den beiden Projekten haben wir aber auch gelernt,<br />
dass Projektfinanzierungsmodelle sehr stark<br />
von der Situation an den Finanzmärkten beeinflusst<br />
werden und die ohnehin höheren Finanzierungskosten<br />
bei der privaten Kreditbeschaffung<br />
nochmals deutlich steigen können. Deshalb war<br />
es schon nach dem ersten Betreibermodell naheliegend,<br />
zu erproben, ob sich die positiven Erfahrungen<br />
auch mit staatlicher Finanzierung, aber<br />
sonst ähnlicher Vertragsgestaltung realisieren lassen.<br />
Die Finanzmarktkrise hat uns zusätzlich bestärkt,<br />
diesen Weg zu gehen.<br />
Den Ausbau der A6 zwischen der Anschlussstelle<br />
Roth und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd<br />
haben wir mit einem PPP-Modell mit staatlicher<br />
Finanzierung realisiert. Unser privater Partner hat<br />
die Autobahn sechsstreifig ausgebaut und übernimmt<br />
die bauliche Erhaltung für 25 Jahre. Die<br />
Bauqualität war gut, die Strecke konnte pünktlich<br />
für den Verkehr freigegeben werden. Das Vertragsmodell<br />
hat Kostensteigerungen entgegengewirkt.<br />
Ermutigt durch die guten Erfahrungen erarbeiten<br />
wir gerade einen Leitfaden für Funktionsbauverträge<br />
im Straßenbau als Hilfestellung für weitere<br />
PPP-Projekte mit staatlicher Finanzierung.<br />
Wie geht es weiter?<br />
Also alles bestens? Warum nicht immer so? Weil<br />
die pauschale Übertragung dieser Modellkonfiguration<br />
auf andere Projekte dem Grundsatz widersprechen<br />
würde, dass es auf den Einzelfall ankommt.<br />
Daher sind pauschale Festlegungen aus<br />
unserer Sicht nicht angemessen. Die bayerische<br />
Staatsbauverwaltung führt in verschiedenen Einzelfällen<br />
GU-Vergaben durch; aber jede ist maßgeschneidert,<br />
weil sie sich aus ganz individuellen<br />
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen entwickelt.<br />
Außerdem lässt auch das Vergaberecht<br />
keine Verallgemeinerung zu, sondern verlangt<br />
gerade die Begründung im Einzelfall. Nicht zu<br />
vergessen: Der Erfolg – oder Misserfolg – eines<br />
Projekts hängt nach unseren Erfahrungen entscheidend<br />
von den Beteiligten ab.<br />
Die intensive Beschäftigung mit PPP hat unsere<br />
Erfahrungen bereichert und dazu geführt, ein<br />
theoretisches Modell zu entwickeln, das seinen<br />
ersten Praxistest schon fast bestanden hat. Zumindest<br />
gedanklich haben wir diese Erfahrungen<br />
auch schon wieder auf PPP übertragen. Wir haben<br />
also kein starres Modell entwickelt, sondern<br />
vielmehr ein flexibel auf den Einzelfall anpassbares,<br />
das von der Vollversion bis zum abgestuften<br />
GU-Modell reichen kann. Unser Ziel ist es, dieses<br />
Spektrum auszuweiten und in geeigneten Fällen<br />
dem Praxistest zu unterwerfen – denn nur so ist<br />
es möglich, den eigenen Blickwinkel zu verändern<br />
und tatsächlich Neues zu entwickeln.<br />
28
PPP als alternativer Beschaffungsansatz im<br />
Ffreistaat Sachsen<br />
Von Dr. Oliver Rottmann<br />
PPP spielt im Freistaat Sachsen derzeit noch eine untergeordnete Rolle.<br />
Dies liegt vor allem daran, dass die lebenszyklusorientierte Infrastrukturbeschaffung<br />
und deren Wirkung teilweise unreflektiert diskutiert<br />
und in den Modellen vermischt wird. Diejenigen Kommunen, die schon<br />
PPP-Projekte realisiert haben, stehen dem Ansatz deutlich positiver<br />
gegenüber.<br />
Die kommunale Haushaltslage ist strukturell angespannt.<br />
Hinzu kommen der stetige Prozess der<br />
Binnenmodernisierung in den Kommunalverwaltungen<br />
und die Einführung der Doppik – flankiert<br />
von einer persistenten Debatte um die effizientere<br />
und effektivere Bereitstellung öffentlicher<br />
Dienstleistungen sowie deren Bereitstellungsstrukturen.<br />
In diesem Kontext steigt die Attraktivität<br />
lebenszyklusorientierter Infrastrukturbeschaffung<br />
für die kommunale Ebene.<br />
Bei heutigen lebenszyklusorientierten Infrastrukturprojekten<br />
werden alle Phasen einer Infrastruktureinrichtung<br />
ganzheitlich über ihre gesamte<br />
Lebensdauer hinweg betrachtet. Dabei sind Effizienz-<br />
und Einspareffekte im Vergleich zur konventionellen<br />
Realisierung möglich. Dies kann<br />
eine transparente und mit Blick auf notwendige<br />
Finanzströme antizipative Wirkung entfalten, die<br />
den Prozess nachhaltiger steuert als der konventionelle<br />
Fall.<br />
Befanden sich vor einigen Jahren noch PPP der<br />
ersten Generation im Fokus der Betrachtung,<br />
bei denen der Finanzierungsaspekt deutlich im<br />
Vorder grund stand, entwickelte sich das Konzept<br />
über die Jahre weiter zu einem lebenszyklusorientierten<br />
Ansatz. Die öffentliche Kritik an finanziellen<br />
Verlagerungen („Schattenhaushalte“) und<br />
aufkommende Forderungen nach Wirtschaftlichkeitsnachweisen<br />
förderten die Standardisierung<br />
und führten zu einer deutlichen Neufokussierung<br />
Dr. Oliver Rottmann<br />
ist geschäftsführender<br />
Vorstand<br />
des Kompetenzzentrums<br />
Öffent-<br />
des ÖPP-Beschaffungsansatzes. Heutige<br />
PPP-Projekte, PPP der zweiten<br />
liche Wirtschaft,<br />
Generation, werden phasenweise<br />
Infrastruktur und<br />
als Infrastrukturprojekt ganzheitlich Daseinsvorsorge<br />
e.V. sowie Geschäftsführer<br />
des<br />
über ihre gesamte Lebensdauer hinweg<br />
betrachtet. Die Finanzierung<br />
ÖPP-Kompetenzzentrums<br />
Sachsen<br />
wird dabei zu einem Aspekt einer<br />
an der Universität<br />
Gesamtbetrachtung, bei der Planen,<br />
Leipzig.<br />
Bauen, Betreiben, Finanzieren und<br />
Weiternutzung bzw. Verwertung, im<br />
Gegensatz zu vielen konventionell<br />
geplanten Projekten, als wirtschaftliche Einheit<br />
betrachtet und in einer integralen Planung vor<br />
der Realisierung analysiert werden. Am Anfang<br />
des Projekts erfolgt die Auswahl eines privatwirtschaftlichen<br />
Partners, der im Unterschied zur<br />
konventionellen Beschaffung nicht nur Einzelleistungen<br />
bei Bau und Betrieb übernimmt, sondern<br />
die Planung ganzheitlich durchführt. Im Rahmen<br />
dieses wertschöpfungsübergreifenden Managements<br />
können frühzeitig, bereits in der Erstellungsphase,<br />
Anreize generiert werden, die im<br />
Hinblick auf spätere im Lebenszyklus akkumulierende<br />
Gesamtkosten dämpfend wirken.<br />
PPP in Sachsen<br />
Die Städte und Gemeinden im Freistaat Sachsen<br />
stehen dem PPP-Ansatz derzeit noch verhalten<br />
gegenüber, was häufig daraus resultiert, dass lebenszyklusorientierte<br />
Infrastrukturbeschaffung<br />
und deren Folgen und Wirkungen teilweise un-<br />
INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />
29
eflektiert diskutiert und in den Modellen vermischt<br />
werden. Im Rahmen einer Studie wurden<br />
vom ÖPP-Kompetenzzentrum Sachsen Ansprüche<br />
an und Erfahrungen mit Infrastrukturbeschaffung<br />
– konventionell oder lebenszyklusbasiert –<br />
in den sächsischen Städten und Gemeinden untersucht.<br />
Die Studie kann kostenfrei bezogen<br />
werden über das ÖPP-Kompetenzzentrum Sachsen,<br />
info@öpp-sachsen.de.<br />
Trotz hoher Investitionen in die öffentliche Infrastruktur<br />
im Freistaat Sachsen in den 1990er und<br />
2000er Jahren sind für die Zukunft keine stark<br />
abnehmenden Investitionsbedarfe zu erwarten.<br />
Allerdings ist festzustellen, dass die fiskalische<br />
Situation der sächsischen Kommunen trotz insgesamt<br />
positiver Finanzierungssalden und wieder<br />
steigender Steuereinnahmen in den letzten<br />
Jahren angespannt bleibt. Sowohl die Ausgaben<br />
für Investitionen als auch für den Erhalt der vorhandenen<br />
kommunalen Infrastruktur wurden seit<br />
2000 bundesweit, so auch in Sachsen, stark prozyklisch<br />
„nach Kassenlage“ getätigt. Der damit<br />
korrespondierende Investitionsstau belastet nunmehr<br />
die öffentlichen Kassen zusätzlich.<br />
Die mit den Investitionsvorhaben und der Investitionshäufigkeit<br />
korrespondierenden finanziellen<br />
Verpflichtungen werden in erster Linie im Verkehrsbereich,<br />
bei Schulen und Kindertagesstätten,<br />
bei Sport und Freizeiteinrichtungen sowie im<br />
Bereich Straßenbeleuchtung gesehen.<br />
Vor diesem Hintergrund sind alternative Beschaffungsansätze<br />
für sächsische Kommunen dann<br />
interessant, wenn durch deren Nutzung Effizienzpotenziale<br />
gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante<br />
erreicht werden können.<br />
Die Diskussion über PPP wird kontrovers geführt.<br />
Kritiker führen an, dass PPP sowohl Arbeitsplätze<br />
vernichtet und die kommunale Selbstverwaltung<br />
Investitionsbedarf gemessen an der Leistungskraft, n = 92<br />
100%<br />
Häufigkeit zukünftiger Investitionsbedarfe<br />
50%<br />
Verwaltungsgebäude y<br />
Schule /Bildungseinrichtung y<br />
y Verkehrsprojekt<br />
y Kindertagesstätten<br />
y Sport -/ Freizeiteinrichtungen<br />
y Straßenbeleuchtung<br />
y Grünanlagen/Park<br />
y Ver-/Entsorgungseinrichtungen<br />
y Kultureinrichtung/ Veranstaltungszentrum<br />
y Krankenhaus/Altersheim/Soziale Einrichtung<br />
0%<br />
gering eher gering eher hoch hoch nicht leistbar<br />
Investitionsbedarf gemessen an der finanziellen Leistungsfähigkeit<br />
Quelle: ÖPP-Kompetenzzentrum Sachsen (2012)<br />
30
Erwartungen an PPP-Projekte, n = 75<br />
4,0 3,0 2,0 1,0<br />
Kostensicherheit 1,4<br />
Kosteneinsparpotenziale 1,5<br />
Politische Unterstützung<br />
von Stadt-/Gemeinderat<br />
Effizienzvorteile<br />
Erweiterungen des finanziellen<br />
Handlungsrahmens der Gemeinde<br />
Nachhaltigkeit aufgrund<br />
des Lebenszyklusansatzes<br />
Termintreue<br />
Persönliche Überzeugung<br />
von der Vorteilhaftigkeit<br />
Reduzierung des langfristigen<br />
Personalaufwands<br />
Gute Erfahrungen<br />
aus anderen Projekten<br />
Erweiterung der Investitionstätigkeit<br />
Einbindung privaten Know-hows<br />
in allen Lebenszyklen<br />
Unterstützung aus der Verwaltung<br />
1,7<br />
1,8<br />
1,8<br />
1,9<br />
1,9<br />
1,9<br />
2,0<br />
2,1<br />
2,2<br />
2,3<br />
2,4<br />
unwichtig weniger wichtig wichtig sehr wichtig<br />
Quelle: ÖPP Kompetenzzentrum Sachsen (2012), S.17<br />
aushöhlt, wenn wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge<br />
dem Primat der reinen Gewinnorientierung<br />
unterworfen werden. Zwar existieren bei<br />
alternativen Beschaffungsvarianten spezifische<br />
Risiken, die geprüft und berücksichtigt werden<br />
müssen, allerdings führt die häufig rein ideologisch<br />
ausgerichtete Debatte nicht zu einer objektiven<br />
Bewertung aller Chancen und Risiken der<br />
Beschaffungsvariante.<br />
Keine eindeutige Meinung<br />
In Sachsen haben bereits 29 Prozent der Städte<br />
und Gemeinden alternative Beschaffungsvarian-<br />
ten genutzt. Genannt wurden hier vor allem<br />
Leasingmodelle (54 Prozent), Sponsoring<br />
(29 Prozent) und private Finanzierung (18 Prozent).<br />
21 Prozent dieser Kommunen konnten bereits<br />
Erfahrungen mit PPP sammeln. Obwohl der<br />
PPP-Ansatz in Sachsen noch eine untergeordnete<br />
Rolle spielt, haben sächsische Städte und Gemeinden<br />
keine eindeutig zustimmende oder gar<br />
ablehnende Haltung zu PPP. Knapp die Hälfte der<br />
Kommunen steht PPP neutral gegenüber, 21 Prozent<br />
haben eine negative Auffassung, 13 Prozent<br />
halten PPP für eine positive Beschaffungsalternative.<br />
Knapp jede fünfte Kommune konnte sich<br />
über PPP noch keine Meinung bilden.<br />
31
Festzuhalten ist allerdings, dass jene Kommunen,<br />
die PPP im Freistaat bereits genutzt haben, dem<br />
Ansatz deutlich positiver gegenüberstehen als andere.<br />
Hier lässt sich mit Bezug auf ein größeres<br />
PPP-Wissen eine offenere Haltung zu diesem Beschaffungsansatz<br />
ableiten.<br />
Des Weiteren kann festgehalten werden, dass<br />
die Gemeinden ihre PPP-Zurückhaltung in erster<br />
Linie mit ihrem mangelnden Wissen darüber<br />
begründen. Hierunter fallen auch Unsicherheiten<br />
rechtlicher Natur. Das kann damit begründet<br />
werden, dass im Freistaat die Realisierungsanforderungen<br />
bei PPP deutlich höher ausfallen als bei<br />
der konventionellen Beschaffungsvariante.<br />
Die Entscheidung für die Nutzung von ÖPP-Modellen<br />
ist abhängig von den für die Kommunen<br />
erwarteten Vorteilen. Für die Kommunen im Freistaat<br />
stehen insbesondere finanzielle Aspekte im<br />
Vordergrund.<br />
Die vertraglich fixierte Zahlung eines Entgelts bei<br />
ÖPP-Projekten gewährleistet Kostensicherheit<br />
über den gesamten Projektzeitraum hinweg und<br />
wird von den Kommunen als zentraler Vorteil erachtet.<br />
Kosteneinsparpotenziale und allgemeine<br />
Effizienzvorteile gegenüber der konventionellen<br />
Realisierung von Investitionen sowie die Orientierung<br />
am Lebenszyklusansatz bilden weitere<br />
wichtige Kriterien im Rahmen der Entscheidung,<br />
PPP zu nutzen.<br />
Einzelfall entscheidet<br />
Eine ablehnende Haltung gegenüber PPP bildet<br />
die oft pauschal geäußerte Vermutung, dass es<br />
sich bei PPP um Privatisierungen handelt. Offenbar<br />
scheint sich im Großen und Ganzen in vielen<br />
Kommunen jedoch bereits die Einsicht durchgesetzt<br />
zu haben, dass PPP keine faktischen Privatisierungen<br />
darstellen, sondern dass lediglich die<br />
operative Durchführung des Bauprojekts an einen<br />
privaten Dritten abgegeben wird. Festgehalten<br />
werden kann somit, dass aus Kommunalsicht in<br />
Sachsen keine der beiden Beschaffungsvarianten<br />
– konventionell oder PPP – per se der anderen<br />
vorgezogen werden kann. Entscheidend ist letztlich<br />
immer der Einzelfall.<br />
32
PPP in Hessen: wichtiger Bestandteil der Baupolitik<br />
Von Ulrich Kist<br />
Hessen blickt auf fast ein Jahrzehnt PPP-Erfahrung zurück. 2004 begannen<br />
die Vorbereitungen für die Ausschreibung des ersten Landesprojekts,<br />
des Finanzzentrums Kassel-Altmarkt. Seitdem ist viel passiert. Trotz<br />
Schuldenbremse, Finanzkrise und öffentlichem Gegenwind ist PPP bis<br />
heute fester Bestandteil hessischer Baupolitik.<br />
In den Jahren 2002 und 2003 wurden die Landesbehörden<br />
in der Stadt Kassel einem umfassenden<br />
Standortmanagement unterzogen. Die Unterbringungen<br />
wurden immobilienwirtschaftlich<br />
hinsichtlich ihres Optimierungspotenzials untersucht.<br />
Im Ergebnis kam es zu Standortkonzentrationen<br />
und damit auch zu organisatorischen<br />
Optimierungen – u.a. sollten die beiden bisherigen<br />
Finanzämter Kassel-Hofgeismar und Kassel-<br />
Spohrstraße am Altmarkt, auf dem Gelände des<br />
ehemaligen Polizeipräsidiums, gemeinsam untergebracht<br />
werden. Dies entsprach auch den Zielsetzungen<br />
der Stadtplanung, um die historische<br />
Keimzelle Kassels städtebaulich aufzuwerten.<br />
Die damalige Hausleitung im Hessischen Finanzministerium,<br />
Minister Karlheinz Weimar und<br />
Staatssekretär Dr. Walter Arnold, gab den Impuls,<br />
um neue Wege zu beschreiten. Die Ausschreibung<br />
im März 2005 erfolgte als echtes PPP-Projekt:<br />
Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb sollte ein<br />
privater Partner übernehmen. Mit der operativen<br />
Ulrich Kist ist<br />
Geschäftsbereichsleiter<br />
Portfolio- und<br />
Projektleitung dieser und späterer PPP-<br />
Standortmanagement<br />
im Hessischen<br />
Vergabeverfahren wurde das Hessische<br />
Immobilienmanagement beauftragt, die Immobilienmanagement.<br />
baufachliche Unterstützung kam vom<br />
Hessischen Baumanagement. Im Finanzministerium<br />
wurde ein PPP-Kompetenzzentrum<br />
eingerichtet, der bald gegründete Verein „PPP in<br />
Hessen und Thüringen e. V.“ brachte die Länder,<br />
die Kommunen und die Privatwirtschaft an einen<br />
Tisch. PPP in Hessen war ins Rollen gekommen.<br />
Sechs Pilotprojekte<br />
Kennzeichen aller hessischen Projekte ist die<br />
Projektfinanzierung in einem Mietmodell über<br />
30 Jahre. Ohne dass dafür eine gesetzliche Verpflichtung<br />
bestünde, werden in Hessen Projekte<br />
erst dann im PPP-Modell realisiert, wenn die<br />
Effizienzvorteile auch ohne Monetarisierung<br />
der Risikoallokation nachweisbar sind. PPP-<br />
Eignungstest, Wirtschaftlichkeitsprognose und<br />
Wirtschaftlichkeitsnachweis erfolgen anhand der<br />
im Leitfaden der Bundesfinanzministerkonferenz<br />
festgelegten Kriterien. Der Auftragnehmer wird<br />
im Teilnahmewettbewerb mit anschließendem<br />
Verhandlungsverfahren ermittelt.<br />
INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />
Finanzzentrum Kassel-Altmarkt<br />
Waren anfangs die Transaktionskosten, insbesondere<br />
durch externe Beratungsleistungen, noch<br />
relativ hoch, so konnten im Laufe der Zeit Erfahrungen<br />
gewonnen werden, die zu einer zunehmenden<br />
Standardisierung und damit Kostensenkung<br />
führten:<br />
33
x Vereinfachung der Vergabeverfahren durch<br />
Checklisten und standardisierte Bewerbungsbögen<br />
x Beurteilung der Qualität der Angebote durch<br />
ein unabhängiges Expertengremium aus freischaffenden<br />
Architekten und unabhängigen<br />
Experten für technische Gebäudeplanung und<br />
Facility-Management<br />
x Erarbeitung von Mustervertragsbausteinen und<br />
Standardisierung der Verträge<br />
x Eingliederung der PPP-Verfahren in das Regelverfahren<br />
des staatlichen Hochbaus<br />
Folgende Pilotprojekte wurden realisiert:<br />
Projekt Laufzeit Miet- Gesamtinvesti- Effizienzvorteil<br />
Vergabe Nettogrundfläche tionskosten in Prozent<br />
Verwaltungszentrum 03 / 05 – 18.343 m 2 37 Mio. Euro 12<br />
Kassel-Altmarkt 11 / 06<br />
Justiz- u. Verwaltungs- 06 / 05 – 50.615 m 2 128 Mio. Euro 14<br />
zentrum Wiesbaden 03 / 07<br />
Cityrevier 10 / 05 – 2.189 m 2 7 Mio. Euro 14<br />
Wiesbaden 03 / 07<br />
Amt für Boden- 02 / 06 – 5.592 m 2 13 Mio. Euro 12<br />
management 10 / 07<br />
(AfB) Limburg<br />
AfB Korbach 02 / 06 – 3.141 m 2 6 Mio. Euro 13<br />
10 / 07<br />
AfB Büdingen 02 / 06 – 4.200 m 2 12 Mio. Euro 10<br />
12 / 07<br />
Inzwischen liegen auch erste Betriebserfahrungen<br />
vor. Die Nutzer der Gebäude wurden sowohl<br />
hinsichtlich ihrer Zufriedenheit mit dem Verlauf<br />
des Vergabeverfahrens als auch zu ihrer Zufriedenheit<br />
mit dem Gebäude selbst durch ein unabhängiges<br />
Meinungsforschungsinstitut befragt.<br />
Dabei wurde ein Gesamtindex für die Kundenzufriedenheit,<br />
der sogenannte Customer Satisfaction<br />
Index (CSI), ermittelt. Von 100 möglichen<br />
Punkten bewerteten die Nutzer das Verfahren<br />
und die Gebäude 2008 mit 85,5 und 2010 mit<br />
90,3 Punkten außerordentlich positiv. Die Betriebskosten<br />
liegen, mit Ausnahme des wegen der<br />
Polizeisondertechnik und den Sicherheitsanforderungen<br />
nicht vergleichbaren City-Reviers Wiesbaden,<br />
mit Beträgen zwischen 2,18 und 4,67 Euro<br />
pro Quadratmeter Nettogrundfläche (NGF) im<br />
prognostizierten Bereich.<br />
Finanzkrise, Schuldenbremse und<br />
öffentlicher Gegenwind<br />
Mit der Finanzkrise geriet der PPP-Zug ins Stocken.<br />
Durch hohe Risikoaufschläge, gerade für<br />
große, langfristig angelegte Projekte, verteuerte<br />
sich die Finanzierung für die privaten Partner erheblich.<br />
In Hessen bedeutete dies, dass das 2007<br />
bereits geplante Projekt des Polizeipräsidiums<br />
Südosthessen in Offenbach, mit einem Bauvolumen<br />
von über 170 Millionen Euro, zunächst<br />
umfangreichen Prüfungen unterzogen wurde, ob<br />
eine wirtschaftliche Realisierung als PPP-Projekt<br />
angesichts der Marktentwicklung noch möglich<br />
erschien. Ein zu diesem Zweck durchgeführtes<br />
Interessenbekundungsverfahren brachte jedoch<br />
ein positives Ergebnis.<br />
Mit der Aufnahme der sogenannten Schuldenbremse<br />
in das Grundgesetz und in die hessische<br />
Verfassung, die eine Nettoneuverschuldung spätestens<br />
ab dem Jahr 2020 verbietet, unterwarf<br />
sich der Haushaltsgesetzgeber der Verpflichtung,<br />
dies durch umfassende Sparbemühungen zu ermöglichen.<br />
Davon konnten auch die Bauhaushalte<br />
allgemein und natürlich die Haushaltsmittel<br />
für die Mietzahlungen an die PPP-Partner nicht<br />
verschont bleiben. So gingen bundesweit nunmehr<br />
die Volumen umgesetzter PPP-Maßnahmen<br />
zurück.<br />
Hessen erlag dabei nicht der Versuchung, die unterschiedliche<br />
Finanzierung zum Anlass zu nehmen,<br />
mit Hilfe von PPP die Sparzwänge im Bauhaushalt<br />
zu umgehen. Völlig unabhängig von der<br />
Finanzierungsweise ist die Notwendigkeit von<br />
Neubauprojekten kritisch zu hinterfragen. Auch<br />
in der öffentlichen Wahrnehmung geriet PPP zunehmend<br />
in den Fokus einer kritischen Diskussion<br />
über den Sinn von Privatisierungen öffentlicher<br />
Aufgaben. Die Globalisierungsgegner von Attac<br />
sind seit einigen Jahren regelmäßig protestierend<br />
vor PPP-Veranstaltungen anzutreffen. Wenig differenzierend<br />
werden die Privatisierung von Bahn,<br />
Post und Telekommunikation und die Diskussion<br />
in diesem Zusammenhang über die Strom- und<br />
34
Wasserversorgung mit PPP in einen Topf geworfen.<br />
PPP wird als intransparent und sich der demokratischen<br />
Kontrolle entziehend dargestellt,<br />
einzig dem Profit des privaten Partners und der<br />
Plünderung der öffentlichen Haushalte dienend.<br />
Es wird nicht erwähnt, dass auch im klassischen<br />
Eigenbau private Partner selbstverständlich gutes<br />
Geld verdienen und die Lebenszykluskosten über<br />
30 Jahre in der Regel in PPP-Projekten sehr viel<br />
transparenter sind als im Eigenbau.<br />
Auch die 17 Rechnungshöfe des Bundes und der<br />
Länder nehmen eine kritische Haltung ein. In<br />
einem gemeinsamen Positionspapier bemängeln<br />
sie insbesondere die Methodik des Wirtschaftlichkeitsvergleichs<br />
hinsichtlich der Monetarisierung<br />
der Risikoverteilung, eine Kritik, die Hessen angesichts<br />
der oben genannten Selbstverpflichtung auf<br />
Projekte, die auch ohne Risikobetrachtung eine<br />
Effizienzdividende auswerfen, nur bedingt trifft.<br />
Folglich findet sich in den aufgelisteten Negativbeispielen<br />
auch kein hessisches Projekt. Dennoch<br />
kann eine solche öffentliche Diskussion nicht ohne<br />
Wirkung bleiben. PPP muss sich dieser Situation<br />
und der Kritik stellen, hat aber gute Argumente<br />
auf seiner Seite, um zu bestehen.<br />
Was hat PPP?<br />
Jenseits all der vorliegenden, umfangreichen<br />
Wirtschaftlichkeitsberechnungen wird oft hinterfragt,<br />
woher eigentlich die Effizienzdividenden<br />
Atrium des BHZ Heppenheim mit Foliendach<br />
kommen sollen, wenn die öffentliche Hand sich<br />
konkurrenzlos günstiger finanzieren kann als der<br />
private Partner. Nach den Erfahrungen in Hessen<br />
kommen die Vorteile vor allem aus dem Lebenszyklusansatz:<br />
Ein privater Partner, der nicht nur<br />
baut, sondern auch für 30 Jahre Betrieb verantwortlich<br />
zeichnet, versucht seine Bauunterhaltungs-<br />
und Instandhaltungskosten ebenso wie die<br />
Betriebskosten gering zu halten. Er baut qualitativ<br />
hochwertiger und damit teurer, spart über den Lebenszyklus<br />
aber ein. In Zeiten der Schuldenbremse<br />
zu glauben, auch die öffentliche Hand könne ja<br />
qualitativ hochwertiger und teurer bauen, um auf<br />
lange Sicht Geld zu sparen, ist nicht realistisch.<br />
In hessischen PPP-Projekten gibt es fast keine<br />
Nachträge, die den Eigenbau häufig belasten.<br />
Die Bauzeiten sind konkurrenzlos kurz. Konkurse<br />
von Nachunternehmern, die im Eigenbau in<br />
Einzelfällen erhebliche Bauzeitverzögerungen<br />
nach sich ziehen, spielen in PPP-<br />
Verfahren nur eine untergeordnete<br />
Rolle.<br />
Aktuelle Projekte<br />
BHZ Heppenheim<br />
Im Oktober 2009 wurde die innovative<br />
Beschaffungsvariante<br />
PPP mit einer anderen, innovativen<br />
Technik kombiniert. Das<br />
Behördenzentrum in Heppenheim,<br />
für rund 300 Bedienstete<br />
des Amtes für Bodenmanagement<br />
und von Hessen-Mobil, wurde<br />
35
Der Zuschlag erfolgte am<br />
29. Dezember 2011. Hier findet<br />
die hessische Landesvertretung<br />
gemeinsam mit Hessens Partnerregionen<br />
eine zeitgemäße<br />
Vertretung in der europäischen<br />
Metropole. Das Gebäude ist im<br />
LEED-Gold Standard (Leadership<br />
in Energy and Environmental<br />
Design) zertifiziert und<br />
wird noch in der ersten Hälfte<br />
2013 bezogen.<br />
Landesvertretung in 3-D-Visualisierung<br />
als europaweit erstes Passivhaus-Bürogebäude im<br />
PPP-Verfahren ausgeschrieben, gebaut und im<br />
Oktober 2012 von den Bediensteten bezogen.<br />
Die Passivhaus-Zertifizierung durch das Passivhaus-Institut<br />
in Darmstadt ist bereits erfolgt. Für<br />
die knapp 7.000 Quadratmeter Nutzfläche lagen<br />
die Gesamtinvestitionskosten bei 24,3 Millionen<br />
Euro mit einem Effizienzvorteil von 17,2 Prozent<br />
gegenüber dem Eigenbau. Das Land und der private<br />
Partner haben den Vertragstext mit Erläuterungen<br />
auf ihre Website sowie die Internetseiten<br />
des Hauptverbandes der Bauindustrie und der<br />
Partnerschaften Deutschland gestellt, um auch<br />
dem Vorwurf der Intransparenz entgegenzutreten.<br />
PPP hat also überlebt und seine Leistungsfähigkeit<br />
erneut bewiesen.<br />
Mit dem Mehr-Regionen-Haus in Brüssel schafft<br />
sich Hessen eine neue Plattform inmitten des Europaviertels.<br />
Die Ausschreibung erfolgte im Juni<br />
2010 für ein Raumprogramm von 2.800 Quadratmeter<br />
Nutzfläche mit 105 Arbeitsplätzen,<br />
umfangreichen Veranstaltungsbereichen inklusive<br />
Catering-Küchen und Dolmetscher-Fazilitäten.<br />
Bereits diese Beispiele weisen<br />
darauf hin, dass die Diskussion<br />
über Umwelt- und Energiestandards<br />
seit Beginn von PPP in<br />
Hessen nicht stehen geblieben<br />
ist. Hessen hat sich zum Ziel gesetzt,<br />
bis 2030 eine CO 2<br />
-neutrale<br />
Landesverwaltung zu erreichen. Dafür werden<br />
umfangreiche Anstrengungen in verschiedenen<br />
Aufgabenfeldern unternommen. Mit Kabinettsbeschluss<br />
vom 17. Mai 2010 hat sich die hessische<br />
Landesregierung in diesem Zusammenhang selbst<br />
verpflichtet, die gesetzlich geforderten Energiekennwerte<br />
der jeweils gültigen Energieeinsparverordnung<br />
um mindestens 50 Prozent zu unterschreiten,<br />
unabhängig davon, ob die Eigenbauoder<br />
die PPP-Beschaffungsvariante gewählt wird.<br />
Im Oktober 2011 erfolgte die Vergabebekanntmachung<br />
für das Polizeipräsidium Südosthessen<br />
in Offenbach mit einem Bauvolumen von<br />
173,5 Millionen Euro bei einer Größe von rund<br />
25.000 Quadratmetern Nutzfläche in diesem<br />
neuen, deutlich erhöhten Energiestandard. Der<br />
Teilnahmewettbewerb steht kurz vor dem Abschluss,<br />
der Zuschlag soll Anfang 2014 erfolgen.<br />
Mit der Polizeistation und der Polizeiautobahnstation<br />
Butzbach ist ein weiteres Projekt in Vorbereitung,<br />
andere sind in der Prüfung. PPP wird<br />
also weiter fester Bestandteil der hessischen<br />
Baupolitik bleiben.<br />
36
Der ÖPP-Markt 2012: Talsohle erreicht?<br />
Von Tim-Oliver Müller<br />
Die Entwicklung des deutschen Markts für Öffentlich-Private Partnerschaften<br />
2012 war wie erwartet äußerst zurückhaltend. Nur 14 ÖPP-<br />
Hochbauprojekte mit einem Investitionsvolumen von rund 540 Millionen<br />
Euro wurden vergeben. Die Projektanzahl war somit im vierten<br />
Jahr in Folge rückläufig.<br />
Das Investitionsvolumen verharrte auf dem Niveau<br />
des Krisenjahres 2010. Im Verkehrswegebau<br />
sorgten 2011 noch zwei zugeschlagene A-Modelle<br />
für Aufbruchstimmung. 2012 konnte an diese<br />
Entwicklung jedoch nicht angeknüpft werden.<br />
Lediglich ein kommunales Straßenbauprojekt mit<br />
einem Volumen von ca. 10 Millionen Euro wurde<br />
an ein privates Unternehmen vergeben.<br />
Der ÖPP-Hochbaumarkt 2012<br />
Die 14 ÖPP-Hochbauprojekte 2012 kommen ausschließlich<br />
aus den Bereichen Bildungseinrichtungen<br />
und Verwaltungsgebäude, die sich mit einem<br />
Anteil von 45 bzw. 16 Prozent auch wei terhin als<br />
die Bereiche mit den meisten ÖPP-Projekten seit<br />
2002 behaupten.<br />
Tim-Oliver Müller ist<br />
11 der 14 Projekte wurden im Bildungsbereich<br />
vergeben. Darunter befinden Öffentlich-Private<br />
Leiter der Abteilung<br />
Partner schaften im<br />
sich vier Neubau- und Sanierungsprojekte<br />
von Kindertagesstätten sowie<br />
Deutschen Bauin-<br />
Hauptverband der<br />
sieben Schulbauprojekte. Das Investitionsvolumen<br />
beträgt 37 bzw. 453 Milliodustrie<br />
e.V.<br />
nen Euro. Im neuen Jahr konnte bis Ende Januar<br />
2013 ein weiterer Vertrag für ein Schulprojekt<br />
der Stadt Nürnberg unterzeichnet werden. Im<br />
Bereich Verwaltungsgebäude kommen die drei<br />
verbleibenden Projekte zusammen auf ein Investitionsvolumen<br />
von rund 50 Millionen Euro.<br />
In den Bereichen Gesundheit, Kultur und Sport<br />
sowie im Bereich der Feuer- und Rettungswachen<br />
sind 2012 keine weiteren Projekte<br />
hinzugekommen.<br />
INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />
ÖPP in Deutschland: Entwicklung von 2003 bis Anfang Februar 2013<br />
Investitionsvolumen<br />
in Mio. Euro<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
Verkehr<br />
Hochbau<br />
21 Projekte<br />
14 Projekte<br />
12 Projekte<br />
4 Projekte<br />
32 Projekte<br />
1 Projekt<br />
24 Projekte<br />
3 Projekte<br />
27 Projekte<br />
650<br />
650<br />
1 Projekt<br />
25 Projekte<br />
2 Projekte<br />
17 Projekte<br />
475 540<br />
1 Projekt<br />
14 Projekte<br />
20 10<br />
Projekte<br />
200<br />
345 455 570 865 715 760<br />
2 Projekte<br />
0 65<br />
2002/2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />
Quelle: eigene Erhebungen<br />
510<br />
2010<br />
665 540<br />
1 Projekt<br />
20<br />
2011 2012 Feb 2013<br />
Stand: 4.2.2013<br />
37
ÖPP im öffentlichen Hochbau: Investitionsvolumen und Projektpipeline nach Sektoren<br />
Vergebene Projekte Projekte in Ausschreibung Projekte in Vorbereitung Gesamtpipeline<br />
Investition in Mio. Euro<br />
geschätztes Investitionsvolumen in Mio. Euro<br />
Schulen/Bildungszentren 2.324 120 531 651<br />
Verwaltungsbauten 773 323 419 742<br />
Justizvollzugsanstalten 268 0 50 50<br />
Gesundheit 798 640 60 700<br />
Sport/Kultur 762 32 328 360<br />
Sonstiges (Parken/Logistik) 158 136 28 164<br />
Bundesbauten 427 0 146 146<br />
Summe 5.510 1.251 1.562 2.813<br />
Investitionsvolumen in Mio. Euro, gerundet<br />
Quelle: eigene Erhebungen<br />
Stand: 4.2.2013<br />
Mit Blick auf die Auftraggeberstruktur öffentlicher<br />
Hochbauprojekte zeichnet sich ab, dass sich<br />
die Kommunen weiterhin als Vorreiter von ÖPP<br />
in Deutschland präsentieren. 12 der 14 Projekte,<br />
das heißt ein Anteil von über 85 Prozent, wurde<br />
auf kommunaler Ebene vergeben. Jeweils ein<br />
Projekt ist den Ländern Baden-Württemberg und<br />
Hessen zuzuordnen. Betrachtet man die Gesamtentwicklung<br />
des deutschen ÖPP-Hochbaumarkts<br />
seit 2002, wird die Vorreiterrolle der Kommunen<br />
als Auftraggeber von ÖPP ebenfalls deutlich:<br />
156 der insgesamt 189 Projekte und somit über<br />
82 Prozent wurden im kommunalen Bereich vergeben.<br />
Die Bundesländer sind mit 29 Projekten<br />
– ca. 15 Prozent – zweithäufigster ÖPP-Auftraggeber,<br />
gefolgt vom Bund mit lediglich vier Projekten<br />
– ca. 2 Prozent. Die Anteile der drei Gebietskörperschaften<br />
an dem seit 2002 im öffentlichen<br />
Hochbau insgesamt realisierten Investitionsvolumen<br />
von rund 5,51 Milliarden Euro staffeln sich<br />
wie folgt: 3,44 Milliarden Euro – 62 Prozent –<br />
entfallen auf die kommunale Ebene, ca. 1,63 Milliarden<br />
Euro – 30 Prozent – auf die Landesebene<br />
und knapp 430 Millionen Euro – 8 Prozent –<br />
auf die Bundesebene.<br />
Weniger Projekte in Ausschreibung und<br />
Vorbereitung<br />
Momentan befinden sich 23 Hochbauprojekte<br />
mit einem erwarteten Investitionsvolumen<br />
von etwas über 1,25 Milliarden Euro in der<br />
Ausschreibung. Weitere 61 Projekte mit einem<br />
erwarteten Investitionsvolumen von 1,56 Milliarden<br />
Euro sind in der Vorbereitung. Die Projektpipeline<br />
für deutsche ÖPP-Hochbauprojekte ist<br />
somit im zweiten Jahr in Folge schmaler geworden.<br />
Im direkten Vergleich zum Vorjahr ist die<br />
Projektpipeline, abgesehen von den 2012 vergebenen<br />
Projekten, um 21 Projekte und um ein<br />
erwartetes Volumen von 1,65 Milliarden Euro<br />
geschrumpft.<br />
Für diese Entwicklungen sind zum einen nach<br />
wie vor die Folgen des Zukunftsinvestitionsprogramms<br />
zugunsten der Kommunen, das Teil<br />
38
ÖPP im öffentlichen Hochbau: Investitionsvolumen und Projektpipeline<br />
vergebenes<br />
Investitionsvolumen<br />
in Mio. Euro<br />
Gesamt: 5.010<br />
29 Projekte<br />
4 Projekte<br />
427<br />
1.639<br />
3.444<br />
156 Projekte<br />
Bund<br />
Investitionsvolumen<br />
in Mio. Euro<br />
in Ausschreibung<br />
Gesamt: 1.251<br />
6 Projekte<br />
0 Projekte<br />
728<br />
0<br />
523<br />
17 Projekte<br />
Länder<br />
Gemeinden<br />
Investitionsvolumen<br />
in Mio. Euro<br />
in Vorbereitung<br />
Gesamt: 1.562<br />
9 Projekte<br />
2 Projekte<br />
146<br />
394<br />
1.021<br />
50 Projekte<br />
Quelle: eigene Erhebungen<br />
Stand: 4.2.2013<br />
Projekte und Investitionsvolumen in Mio. Euro nach staatlichen Ebenen<br />
des 2. Konjunkturprogramms (KP II) der Bundesregierung<br />
ist, verantwortlich. Viele Projekte,<br />
die mittels ÖPP realisiert werden sollten, sind<br />
entweder zurückgestellt oder mit Mitteln aus<br />
dem KP II realisiert worden. Die Einbindung der<br />
KP-II-Mittel in ÖPP-Projekte ist nur in wenigen<br />
Fällen gelungen, auch stand eine Vereinbarkeit<br />
von ÖPP mit dem KP II nicht von Anfang an<br />
eindeutig fest bzw. wurde nachträglich bekannt<br />
gegeben.<br />
Erst nach dem Auslaufen der Konjunkturprogramme<br />
haben sich öffentliche Auftraggeber<br />
wieder alternativen Beschaffungsformen wie<br />
ÖPP zugewandt, da die Notwendigkeit solcher<br />
Partnerschaftsmodelle im Hinblick auf den enormen<br />
Investitionsbedarf der öffentlichen Hand bei<br />
gleichzeitig knappen Haushaltsmitteln weiterhin<br />
hoch ist. Aufgrund der im Vergleich zur konventionellen<br />
Beschaffung langen Vorlaufphase bis zur<br />
endgültigen Ausschreibung eines ÖPP-Projekts<br />
sind neue Ausschreibungen, aber auch Zuschläge<br />
neuer Projekte 2012 ausgeblieben.<br />
Zum anderen ist die öffentliche Meinung gegenüber<br />
ÖPP-Projekten, sowohl im Hochbau als<br />
auch im Tiefbau, weiterhin kritisch. Zweifel an<br />
der Wirtschaftlichkeit sowie Vorwürfe der Intransparenz,<br />
Dumping-Löhne und Mittelstandsuntauglichkeit<br />
sind daher auch mit verantwortlich,<br />
wieso der ÖPP-Deal-Flow abebbt.<br />
Zum einen rücken öffentliche Auftraggeber oftmals<br />
von der ÖPP-Projektidee ab, weil sie den<br />
politischen und öffentlichen Widerstand fürchten.<br />
Laut der Studie des Instituts für Demoskopie<br />
Allensbach trifft dies auf acht von zehn Auftraggebern<br />
in Deutschland zu. Besorgniserregend ist<br />
dabei insbesondere, dass Ausschreibungen, trotz<br />
nachgewiesener, wirtschaftlicher Vorteilhaftigkeit<br />
des privaten Angebots, aufgehoben werden; so<br />
bei dem Projekt „Schulen in Potsdam“.<br />
Zum anderen werden ÖPP von vornherein nicht<br />
in Betracht gezogen, weil pauschale Kritiken und<br />
Vorwürfe eine differenzierte Diskussion über Potenziale<br />
und Möglichkeiten von ÖPP, auch unter<br />
39
der Berücksichtigung bisheriger Erfahrungswerte,<br />
erst gar nicht möglich machten.<br />
Kommunen auf ÖPP-Wiederholungskurs<br />
Entgegen dem allgemeinen, kritischen Meinungstrend<br />
zeichnet sich jedoch ab, dass insbesondere<br />
die guten Erfahrungen mit ÖPP-Projekten dazu<br />
motivieren, erneut auf Partnerschaftsmodelle mit<br />
der privaten Wirtschaft zur Beschaffung öffentlicher<br />
Infrastruktur zurückzugreifen.<br />
Hierbei spielen insbesondere die Kommunen eine<br />
wichtige Rolle. Von den elf kommunalen Auftraggebern<br />
2012 hatten fünf bereits Projekterfahrung<br />
mit ÖPP im öffentlichen Hochbau und mindestens<br />
ein weiteres Projekt zu einem früheren Zeitpunkt<br />
realisiert. Auch das Land Baden-Württemberg<br />
sowie das Land Hessen, die beide jeweils ein<br />
ÖPP-Projekt 2012 vergeben haben, verfügen bereits<br />
über umfassende ÖPP-Erfahrung.<br />
Die Vermutung liegt somit nahe, dass die bisherigen<br />
Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem<br />
privaten Partner für eine weitere Anwendung des<br />
ÖPP-Modells sprechen und gleichzeitig die möglichen<br />
Vorteile durch ÖPP belegen.<br />
Diese Hypothese gleicht dem Ergebnis der Allensbach-Studie,<br />
in der 82 Prozent der Auftraggeber<br />
angaben, ÖPP an anderen Schulen weiterzuempfehlen.<br />
Ebenso kommt die im Dezember 2012<br />
veröffentlichte Ernst & Young-Studie „Real Estate<br />
Trends“ zu dem Schluss, dass „ÖPP besser als ihr<br />
Ruf“ seien. Schulen, Sportstätten oder Gefängnisse<br />
würden immer häufiger über ÖPP geplant,<br />
gebaut, finanziert und betrieben, und das mit Erfolg<br />
und zur Zufriedenheit der jeweiligen Nutzer,<br />
Kommunen oder des öffentlichen Trägers.<br />
Mittelstandsbeteiligung<br />
unverändert hoch<br />
Der deutsche ÖPP-Markt ist im europäischen Vergleich<br />
besonders durch seine kleinteiligen Investitionsvolumen<br />
gekennzeichnet. 147 der insgesamt<br />
realisierten 189 Projekte haben ein Investitionsvolumen<br />
von bis zu 30 Millionen Euro. 24 Projekte<br />
bewegen sich in der Spanne zwischen 31 und<br />
70 Millionen Euro. Lediglich 18 Projekte weisen<br />
ein Investitionsvolumen von über 70 Millionen<br />
Euro auf. Die Kleinteiligkeit der Projektgrößen<br />
mag darauf zurückzuführen sein, dass die Großzahl<br />
der Projekte auf der kommunalen Ebene realisiert<br />
und größere Projekte aufgrund engerer<br />
ÖPP im öffentlichen Hochbau: Investitionsvolumen und Projektpipeline<br />
Vergebene Projekte Projekte in Ausschreibung Projekte in Vorbereitung<br />
Investition in Mio. Euro<br />
Geschätztes Investitionsvolumen in Mio. Euro<br />
Bund 427 0 146<br />
Länder 1.639 728 394<br />
Kommunen 3.444 523 1.021<br />
Gesamt 5.510<br />
1.251 1.562<br />
2.813<br />
Nach Auftraggebern, Investitionsvolumen in Mio. Euro, gerundet Quelle: eigene Erhebungen Stand: 4.2.2013<br />
40
kommunaler Haushaltsspielräume nur vereinzelt<br />
angegangen werden.<br />
Dieses für den deutschen ÖPP-Markt charakteristische<br />
Merkmal findet sich auch unter ÖPP-<br />
Hochbauprojekten 2012 wieder. Die Investitionsvolumen<br />
von 12 der 14 Hochbauprojekte und<br />
somit 85 Prozent bewegen sich zwischen 6 und<br />
30 Millionen Euro. Lediglich zwei Projekte liegen<br />
darüber: Ein Schulpaket, bestehend aus 15 ausgewählten<br />
Berufsschulen in Hamburg, mit einem<br />
Wert von 315 Millionen Euro sowie ein weiteres<br />
Schulpaket im Landkreis Miesbach mit über<br />
55 Millionen Euro Investitionsvolumen.<br />
Aus Sicht der mittelständischen Unternehmen<br />
sind die kleineren Projektgrößen jedoch als Chance<br />
zu sehen, da dies ihre Beteiligung an ÖPP-Projekten<br />
auch auf erster Auftragnehmerebene möglich<br />
macht. Dies zeigt auch die ÖPP-Statistik seit<br />
2002: 93 der 189 ÖPP-Hochbauprojekte wurden<br />
auf erster Auftragnehmerebene direkt vom Mittelstand<br />
bzw. vom industriellen Mittelstand gewonnen.<br />
Dies entspricht einem Anteil von 49 Prozent.<br />
Ebenso weisen die Projekte 2012 eine hohe<br />
Mittelstandsbeteiligung auf: 60 Prozent der Projektverträge<br />
des Jahres 2012 konnten von mittel-<br />
ständischen Unternehmen als erstem Auftragnehmer<br />
unterzeichnet werden. Gleichzeitig belegen<br />
Untersuchungen, dass zwischen 60 und 70 Prozent<br />
des Projektauftragsvolumens an regional eingebundene<br />
Mittelstands- und Handwerksunternehmen<br />
weitergeleitet wird.<br />
ÖPP im Verkehrswegebau 2012<br />
Nachdem die A-Modelle auf der A8 Ulm–Augsburg<br />
und auf der A9 Hermsdorf–Schleiz 2011<br />
erfolgreich an den Markt gebracht werden konnten,<br />
wurden im Bundesfernstraßenbau 2012<br />
keine weiteren Zuschläge erteilt. Im Bereich der<br />
Landes- und Kommunalstraßen wurde ein Projekt,<br />
der Neubau der Ortsumgehung Kuhbier<br />
mit einem Bauvolumen von rund10 Millionen<br />
Euro, vergeben. Im Verkehrsbereich wurden seit<br />
2007 somit insgesamt zwölf Projekte mit einem<br />
Investitionsvolumen von 2,34 Milliarden Euro<br />
vergeben.<br />
Dass jedoch auch im Bereich der Bundesfernstraßen<br />
weitere Projekte folgen, wurde 2012 mit der<br />
veröffentlichten Ausschreibung für das A-Modell<br />
auf der A7 Bordesholm–Hamburg deutlich.<br />
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
ÖPP im Verkehrswegebau: Entwicklung von 2007 bis Anfang Februar 2013<br />
Investitionsvolumen<br />
in Mio. Euro<br />
700<br />
4 Projekte 1 Projekt<br />
Pro<br />
600<br />
2 Projekte<br />
500<br />
3 Projekte<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
650 650 475<br />
2007 2008 2009<br />
1 Projekt<br />
20<br />
2010<br />
540<br />
2011<br />
1 Projekt<br />
10<br />
2012<br />
Quelle: eigene Erhebungen<br />
41
Stadtentwicklung will auch 2013 weitere ÖPP-<br />
Verkehrsprojekte auf den Markt bringen: Das A-<br />
Modell A7 Salzgitter–Drammetal soll trotz des<br />
jüngst bekannt gewordenen Stopps weiterverfolgt<br />
werden. Die A6 Wiesloch–Rauenberg-Weinsberg<br />
soll noch in der ersten Jahreshälfte in die Präqualifikation<br />
starten. Die A94 Pastetten–Heldenstein<br />
soll im Spätsommer 2013 folgen.<br />
Positive Erfahrungen kommunizieren<br />
Die Notwendigkeit für partnerschaftliche Beschaffungsmodelle<br />
wie ÖPP ist weiterhin vorhanden.<br />
Der Investitionsbedarf in den Kommunen,<br />
aber auch auf Landes- und Bundesebene ist unverändert<br />
hoch. Die Daehre-Kommission hat den<br />
deutschen Verkehrswegen eine Unterfinanzierung<br />
von jährlich 7,2 Milliarden Euro attestiert.<br />
Der Städte- und Gemeindebund sieht einen Sanierungsbedarf<br />
im kommunalen Verkehrsbereich<br />
von 23 Milliarden Euro. Mit Blick auf den demografischen<br />
Wandel besteht ein weiterer Investitionsbedarf<br />
von ca. 53 Milliarden Euro für einen<br />
altersgerechten Infrastruktur-Umbau. Weitere<br />
75 Milliarden Euro sind laut der Kreditbank für<br />
Wiederaufbau für die energetische Sanierung von<br />
Gebäuden der kommunalen und sozialen Infrastruktur<br />
notwendig.<br />
Mit anderen Worten: Es gibt viele Bereiche, in<br />
denen ÖPP helfen kann, dem Investitionsbedarf<br />
und -stau zu begegnen. Hierfür muss es jedoch<br />
gelingen, die vielen positiven Projekterfahrungen<br />
in der Öffentlichkeit und gegenüber potenziellen<br />
Auftraggebern zu kommunizieren. Auch muss es<br />
gelingen, die positiven Erfahrungen auf andere<br />
Bereiche zu übertragen, wie z.B. auf den Schienenwegebau.<br />
Nur so kann der Deal-Flow langfristig<br />
wieder erhöht und die Talsohle des deutschen<br />
ÖPP-Markts nachhaltig durchschritten werden.<br />
42
Bundesministerium für Bildung und Forschung –<br />
aus Sicht des Auftraggebers<br />
Von Thomas Leitschuh und Christian Pelzeter<br />
Der Neubau des BMBF, der mit dem „Innovationspreis PPP 2012“<br />
ausgezeichnet wurde, soll von innen und außen ein Aushängeschild<br />
werden. Gestalterische Topqualität, nachhaltige und energieeffiziente<br />
Gebäudetechnik zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis bei einem<br />
wirtschaftlichen Betrieb sind gefordert. Ein Jahr nach Baubeginn ist<br />
der Rohbau vollendet und die Arbeiten für die gebäudeschließende<br />
Hülle in vollem Gange.<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
Die Aufgabe der Neubaumaßnahmen ist die dauerhafte<br />
Unterbringung aller Beschäftigten des<br />
Berliner Dienstsitzes des BMBF. Bei dem Neubau<br />
des BMBF handelt es sich um eine Unterbringungsmaßnahme<br />
im Rahmen des einheitlichen<br />
Liegenschaftsmanagements (ELM) des Bundes.<br />
Wie bei einer konventionellen Umsetzung ist die<br />
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)<br />
AG im Rahmen des ÖPP-Projekts öffentlicher<br />
Partner.<br />
Neben dem Ziel der Wirtschaftlichkeit und einem<br />
guten Preis-Leistungs-Verhältnis soll ein Gebäude<br />
entstehen, das der Ressortaufgabe entspricht und<br />
als solches als Aushängeschild erkennbar sein<br />
soll. Weiteres Ziel ist die Erfüllung der hohen Anforderungen<br />
an gestalterische Qualität und städtebauliche<br />
Einbindung sowie die Nachhaltigkeit<br />
und Energieeffizienz des Gebäudes.<br />
Kostenersparnis und Risikoverteilung<br />
Der Vergleich der Barwerte der konventionellen<br />
Umsetzung und des Angebots des privaten Partners<br />
in der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />
ergab einen Barwertvorteil von<br />
9,5 Prozent für das ÖPP-Angebot. Durch die Umsetzung<br />
als ÖPP-Projekt können somit Einsparungen<br />
von insgesamt ca. 28 Millionen Euro über<br />
die Vertragslaufzeit erreicht werden.<br />
Ziel war es nicht, möglichst viele Risiken<br />
auf den Auftragnehmer (AN) zu<br />
Thomas Leitschuh<br />
übertragen. Derjenige Vertragspartner ist Leiter des Be reichs<br />
soll das Risiko tragen, der es am besten<br />
erkennen und beherrschen kann. tung der obersten<br />
Neubau und Verwal-<br />
Bundes behörden.<br />
Das ÖPP-Konzept sieht deshalb vor,<br />
Christian Pelzeter ist<br />
Planung, Errichtung, Betrieb und Instandhaltung<br />
des Gebäudes und der tensozietät Heinle,<br />
Partner der Architek-<br />
Wischer und Partner<br />
technischen Anlagen auf den AN zu<br />
und für den Neubau<br />
übertragen. Damit muss der private des BMBF als federführender<br />
Architekt<br />
Partner bereits in der frühen Planungsphase<br />
den gesamten Lebenszyklus des verantwortlich.<br />
Gebäudes berücksichtigen und die Bau-,<br />
Betriebs- und Instandhaltungsleistungen phasenübergreifend<br />
sowohl in seinem eigenen als auch<br />
im Interesse des AG optimieren.<br />
Der AG erreicht damit ein hohes bauliches und<br />
betriebliches Qualitätsniveau. Der AG erwartet<br />
ein Interesse beim AN, eine besondere Planungstiefe<br />
zu erreichen und hohe Qualitäten zu verbauen,<br />
um die Mängelanfälligkeit und den Betriebsaufwand<br />
während seiner nachfolgenden<br />
Betreiberverantwortung über 28 Jahre gering zu<br />
halten. Schließlich soll am Ende der Laufzeit über<br />
die Endschaftsregelung ein hochwertiges und voll<br />
funktionstüchtiges Bauwerk an den AG zurückgegeben<br />
werden. Damit wird faktisch die Gewährleistungsfrist<br />
für die unterschiedlichen Gewerke<br />
verlängert, weil der AN über seine Betreiberver-<br />
43
antwortung die Funktionalität und Qualität der<br />
Gebäude garantiert.<br />
Die Rolle des Architekten im ÖPP-Verfahren<br />
Die Erstellung eines prüffähigen Angebots verlangt<br />
von allen Planungsbeteiligten die Bereitschaft,<br />
sich mit der jeweiligen Kernkompetenz<br />
von Anfang an voll und ganz in den Planungsprozess<br />
einzubringen. Die Aufgabe des Architektes<br />
besteht darin, diesen integrativen Planungsansatz<br />
zu steuern und die Beiträge der einzelnen<br />
Fachdisziplinen koordinierend zu einem Ganzen<br />
zusammenzufügen. Positiv ist hierbei anzumerken,<br />
dass die herkömmliche Trennung zwischen<br />
Planung und Betrieb eines Gebäudes aufgrund<br />
der Aufgabenstellung aufgehoben wurde und somit<br />
die Anforderungen an die Nachhaltigkeit und<br />
an einen reibungslosen Betrieb schon in der Angebotserstellung<br />
durch die Bieterseite berücksichtigt<br />
werden mussten. Das Ziel ist nicht primär<br />
nur die Übergabe eines schlüsselfertigen<br />
Ministeriums, sondern auch, einen nutzergerechten<br />
Betrieb über 28 Jahre wirtschaftlich zu<br />
gewährleisten.<br />
Für den Architekten ergeben sich somit übergreifende<br />
Planungsaspekte, neben den üblichen Kriterien<br />
wie der städtebaulichen Einbindung, baulichen<br />
Ausformung und funktionalen Umsetzung<br />
des geforderten Raumprogramms. Somit musste<br />
z.B. die Auswahl der verwendeten Materialien<br />
BMBF Berlin: Bauzustand Dezember 2012<br />
44
für die Erstellung des Gebäudes nicht nur nach<br />
gestalterischen oder kostenrelevanten Gesichtspunkten<br />
erfolgen, sondern auch im Sinne der Anforderungskriterien<br />
für die angestrebte Zertifizierung<br />
nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges<br />
Bauen (BNB) (Gold-Status). Die Fragen der Werthaltigkeit<br />
der Materialien, die Umweltverträglichkeit<br />
und die Lebenszykluskosten wurden im<br />
Planungsteam abgewogen und die Auswirkungen<br />
auf ein für die AG-Seite akzeptables Gesamtpaket<br />
erörtert. Durch den von AG-Seite gewünschten<br />
Vorbildcharakter bezüglich einer hocheffizienten<br />
und nachhaltigen Gebäudetechnik mussten dementsprechend<br />
auch alle anlagenspezifischen Planungselemente<br />
frühzeitig in den Entwurfsprozess<br />
mit einbezogen werden.<br />
Durch die gewählte Form der Auslobung war ein<br />
Bieterkonsortium zu erstellen, in dem die einzelnen<br />
Planer und die ausführende Firma von Beginn<br />
an zusammen ins Rennen gingen. Die klassische<br />
Trennung zwischen Planung und Erstellung<br />
des Gebäudes entfiel somit und wir als Architekten<br />
standen vor der nicht alltäglichen Aufgabe,<br />
einerseits die Erfahrungswerte und Prozessvorschläge<br />
der ausführenden Firma zu integrieren<br />
und andererseits ein konkurrenzfähiges Gebäude<br />
unter architektonischen Bewertungskriterien zu<br />
entwerfen. Dies fiel umso mehr ins Gewicht, da<br />
aufgrund der städtebaulichen Bedeutung der Bauaufgabe<br />
an dieser prominenten Stelle in Berlin die<br />
architektonische Ausarbeitung mit 60 Prozent in<br />
die Bewertung des Angebots einging. Der Entscheidungsprozess<br />
wurde von einer hochrangigen<br />
Architektenjury begleitet und kommentiert.<br />
Frühzeitige Abstimmung<br />
Eine weitere wichtige Aufgabe war die frühzeitige<br />
Abstimmung des Entwurfs mit den Trägern<br />
der öffentlichen Belange im Vorfeld, um die allgemeine<br />
Genehmigungsfähigkeit des Angebotsentwurfs<br />
sicherzustellen. Dies betraf die Fragen<br />
der städtebaulichen Einbindung und des baulichen<br />
Brandschutzes und die Integration des geforderten<br />
Sicherheitskonzepts des Ministeriums.<br />
Die positiven Erfahrungen aus diesem gemeinsamen<br />
Angebotsprozess und die Bereicherung<br />
durch das Erzielen von Synergieeffekten im Planungsteam<br />
waren sehr prägend und bildeten die<br />
Grundlage für die weitere konstruktive und partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit im Projektablauf.<br />
Dialog mit dem Nutzer<br />
Durch die Zweistufigkeit des Verfahrens erfolgte<br />
eine frühzeitige Einbindung des Nutzers in den<br />
Planungsprozess vor dem abschließenden Vertragsabschluss.<br />
Wir sehen hier einen entscheidenden<br />
Vorteil gegenüber einem herkömmlichen<br />
Planungsverfahren, da dem Nutzer so die Möglichkeit<br />
gegeben wird, sich von Beginn an mit seinen<br />
internen Erfahrungen und zukünftigen Zielvorstellungen<br />
einzubringen.<br />
Für den Architekten gilt es, diesen konstruktiven<br />
Dialog zeitnah durch sachliche Entscheidungsvorlagen<br />
für alle an der Angebotserstellung Beteiligten<br />
transparent zu gestalten. Spekulative Einwürfe<br />
müssen in belastbare Argumente aufgearbeitet<br />
werden, somit wird über mehrere Verhandlungsrunden<br />
für beide Vertragsseiten ein Gesamtpaket<br />
geschnürt, das einerseits eine für den Nutzer<br />
– respektive AG – akzeptable Planung und andererseits<br />
eine für den AN verbindliche Grundlage<br />
für seine Angebotserstellung enthält. Durch diese<br />
Vorgehensweise lassen sich berechtigte Nutzeränderungen,<br />
die bei anderen Verfahren oft erst<br />
im späteren Planungsverlauf angemeldet werden<br />
und zu Nachträgen führen können, auf ein Minimum<br />
reduzieren.<br />
Durch die Einbeziehung der zukünftigen Nutzer<br />
bei der Gestaltung des Farb- und Materialkonzepts<br />
des Hauses werden schon im Vorfeld Gemeinsamkeiten<br />
herausgearbeitet, die im weiteren<br />
Planungsverlauf als abgestimmte Grundlage<br />
dienen.<br />
Aufgrund der Komplexität der gestellten Bauaufgabe<br />
empfanden wir als Architekten die konstruktiven<br />
Dialogrunden sehr zielgerichtet und<br />
45
über mehrere Optimierungsstufen entstand ein<br />
Gebäudeentwurf, der wie ein Maßanzug auf die<br />
vielfältigen Nutzungsanforderungen geschneidert<br />
wurde.<br />
Ein wesentlicher Aspekt bei der gemeinsamen Erarbeitung<br />
des letztgültigen Vertragsangebots sind<br />
die beiderseitigen Erkenntnisse über die Kommunikationsfähigkeit<br />
der Teilnehmer. Die Fähigkeit<br />
zum partnerschaftlichen Dialog ist Grundlage für<br />
die weiteren Planungsschritte und aus unserer<br />
Sicht ein wichtiger Baustein zum Gesamt erfolg.<br />
Alle an der Diskussion Beteiligten haben die<br />
Möglichkeit, sich im Laufe des Verfahrens auf unterschiedliche<br />
Art und Weise einzubringen und<br />
sich im Team einzuspielen.<br />
Erfahrungen im ersten Jahr<br />
Nach erfolgter Beauftragung im August 2012 erforderte<br />
der vertraglich festgelegte Bauablauf<br />
rasches Handeln auf Planungsseite. Die abgestimmten<br />
Vertragsgrundlagen ermöglichten die<br />
Einreichung des Bauantrags Mitte Oktober 2012<br />
unter Vorgabe der nutzerseitigen Zustimmung<br />
und der Klärung aller genehmigungsrelevanten<br />
Fragen. Dies wurde aus unserer Sicht dadurch<br />
ermöglicht, dass ein eingespieltes Planungsteam<br />
über alle Fachbereiche vorhanden war und keine<br />
Zeit für Anlaufschwierigkeiten aufgewendet werden<br />
musste. Alle Informationen über das Projekt<br />
waren im Zuge eines eingeführten elektronischen<br />
Datenaustauschs zwischen allen Projektbeteiligten<br />
jederzeit kommunizierbar und ermöglichten<br />
dadurch die zeitnahe Klärung offener Fragen.<br />
Durch den hohen Durcharbeitungsgrad aufgrund<br />
der geforderten Angebotsunterlagen konnte auf<br />
ein abgestimmtes Planfundament zurückgegriffen<br />
und die weiteren Planungsschritte darauf aufgebaut<br />
werden.<br />
Die Durcharbeitung des Entwurfs und die Optimierung<br />
der innerbetrieblichen Prozessabläufe<br />
des Ministeriums wurden regelmäßig in den gemeinsamen<br />
Planungsrunden zwischen AG und<br />
AN erörtert und die Entscheidungen zur weiteren<br />
Vorgehensweise in beiderseitigem Einvernehmen<br />
getroffen. Die den Bauablauf begleitenden<br />
Planungsfragen wurden im Team zeitnah gelöst,<br />
sodass bereits nach einem halben Jahr nach Auftragserteilung<br />
mit der Erstellung des Bauwerks<br />
begonnen werden konnte.<br />
Nach der Baufreimachung des Geländes standen<br />
die Vorbereitungen der Grundwasserhaltung als<br />
erste Herausforderung an. Die Erstellung des Bodenaushubs<br />
brachte einige Überraschungen mit<br />
sich, die jedoch alle im partnerschaftlichen Dialog<br />
gelöst werden konnten. Nach der Fertigstellung<br />
der Betonierarbeiten der beiden Untergeschosse<br />
konnte ein zügiger Baufortschritt in den Obergeschossen<br />
durch die Verwendung von Halbfertigteilen<br />
erzielt werden. Dabei mussten in den<br />
einzelnen Geschossdecken unzählige Rohre und<br />
Leitungen für das innovative Heiz- und Kühlsystem<br />
des Hauses mit in die Schalung eingelegt<br />
werden.<br />
Nach dem ersten Jahr seit Baubeginn sind die<br />
Rohbauarbeiten vollendet und die Arbeiten für<br />
die gebäudeschließende Hülle in vollem Gange.<br />
Das Projekt liegt im vereinbarten Zeit- und<br />
Kostenrahmen.<br />
46
Justizvollzugsanstalt Bremervörde:<br />
Erfolg durch optimale Vorbereitung<br />
Von Dr. Manfred Otto<br />
Beim Vorhaben „Neubau der Justizvollzugsanstalt Bremervörde in<br />
Öffentlich-Privater Partnerschaft“ lief alles glatt. Dank eines gelungenen<br />
Abstimmungsprozederes in der Planungsphase wurden trotz<br />
hoher Projektkomplexität Zeit- und Kostenrahmen eingehalten. Das<br />
Projekt wurde mit dem „Innovationspreis PPP 2012“ ausgezeichnet.<br />
Bekanntlich liegt ein besonderes Merkmal von<br />
ÖPP darin, bei der Ausschreibung des Vorhabens<br />
auf Leistungsverzeichnisse weitgehend zu verzichten.<br />
Stattdessen legt der Auslober den Bietern<br />
mit den Vergabeunterlagen einen mehr oder<br />
weniger detaillierten „Bestellzettel“ mit funktionalen<br />
Beschreibungen vor. Der spätere Zuschlag<br />
wird für den Baubereich eines Vorhabens in der<br />
Regel auf Basis einer Entwurfsplanung – vergleichbar<br />
der Honorarordnung für Architekten<br />
und Ingenieure (HOAI) Stufe 3 – und für die Betriebsleistungen<br />
aufgrund kurzer, prägnanter Beschreibungen<br />
und Konzepte erteilt. Darüber hinaus<br />
wird für die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens<br />
mit der Auftragserteilung eine Kostenobergrenze<br />
festgelegt, die es einzuhalten gilt. Deshalb kommt<br />
der späteren Herausarbeitung des konkreten Baubzw.<br />
Betriebssolls im Planungsverfahren eine besondere<br />
Bedeutung zu. Dieser Prozess liegt zwar<br />
formell in der Verantwortung des gewonnenen<br />
privaten Auftragnehmers, muss aber vom öffentlichen<br />
Auftraggeber begleitet werden, damit es bei<br />
der Übergabe nicht zu unliebsamen Überraschungen<br />
für beide Seiten kommt.<br />
Begleitung des Konkretisierungsprozesses<br />
Wie die Begleitung des Planungsprozesses über<br />
die Genehmigungs- hin zur Ausführungsphase<br />
auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers ausgestaltet<br />
werden sollte, hängt zu einem guten Teil<br />
von der Rolle und Funktion des öffentlichen Nutzers<br />
ab. Dies gilt auch für die Vertiefung der Be-<br />
Ministerialrat<br />
Dr. Manfred Otto,<br />
triebskonzepte. Es gehört zum gepflegten<br />
Stehsatz von Berichten über<br />
Niedersächsisches<br />
Justizministerium,<br />
war Projektleiter des<br />
abgeschlossene bzw. in der Kritik<br />
Modellvorhabens<br />
stehende Projekte, dass zeitraubende<br />
und kostensteigernde Impulse zu Die Einrichtung ging<br />
ÖPP-JVA Bremervörde.<br />
am 1. Januar 2013 in<br />
Umplanungen zu einem großen Anteil<br />
aus dem Dunkel plötzlicher öf-<br />
den Betrieb.<br />
fentlicher Nutzerbegehrlichkeiten<br />
entstehen. Oder man streitet sich darüber, was<br />
zum Bestellten – hier etwa „ein Stück Gefängnis“<br />
– dazugehört oder nur per Nachtrag zu bekommen<br />
ist. Dies ist für die Beteiligten unerfreulich,<br />
sollte aber nicht dazu führen, vor den anstehenden<br />
Abstimmungen zurückzuschrecken und als<br />
öffentlicher Auftraggeber lieber konventionell<br />
Leistungsverzeichnisse abzuarbeiten. Der Vorteil<br />
von ÖPP liegt eben auch darin, dass nur über gewährte<br />
Freiräume innovatives Wissen potenzieller<br />
privater Partner initiiert werden kann.<br />
Eine erfolgreiche Begleitung auf öffentlicher Seite<br />
hängt bei komplexen Vorhaben, wie es etwa<br />
eine Justizvollzugsanstalt mit umfangreichen<br />
Bau-, Technik- und Betriebsanteilen darstellt,<br />
von den gewählten Entscheidungsstrukturen und<br />
-kompetenzen der Beteiligten ab. Im vorliegenden<br />
Projekt wurden die üblichen Verantwortlichkeiten<br />
im öffentlichen Hochbau neu festgelegt:<br />
Das Projekt wurde durch das Niedersächsische<br />
Justizministerium als künftige nutzende Verwaltung<br />
federführend bearbeitet bzw. gesteuert; die<br />
Projektleitung war direkt dem Staatssekretär unterstellt.<br />
Durch die Zusammensetzung des Pro-<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
47
jektteams mit Beteiligung des Niedersächsischen<br />
Finanzministeriums, der Oberfinanzdirektion<br />
Niedersachsen sowie des Staatlichen Baumanagements<br />
wurde der erforderliche Sachverstand<br />
in den verschiedenen Projektphasen gebündelt.<br />
Insgesamt konnten die Kommunikationsstränge<br />
trotz der genannten hohen Komplexität des Vorhabens<br />
klar und übersichtlich gehalten werden.<br />
Die Staatliche Bauverwaltung hat sich in einer<br />
neuen Rolle als fachlicher Berater des Auftraggebers<br />
sehr engagiert eingebracht. Die Projektleitung<br />
war damit in der Lage, schnell und effizient<br />
nötige Entscheidungen zu treffen und so den<br />
Fortgang des Projekts zu fördern.<br />
Gewählte Instrumente<br />
Um den Prozess transparent und verbindlich und<br />
dabei partnerschaftlich zu gestalten, wurde ein<br />
schriftliches Verfahren vereinbart, das aus einer<br />
sogenannten Sammelliste Bau sowie einer Sammelliste<br />
Betrieb bestand. Zur Kostenkontrolle<br />
wurde darüber hinaus eine sogenannte Plus-Minus-Liste<br />
eingerichtet.<br />
x Sammellisten Bau und Betrieb<br />
In den Sammellisten Bau und Betrieb wurden<br />
alle bautechnischen und betrieblichen Einzelthemen<br />
im Planungsverlauf behandelt. Ziel war,<br />
in einem kurzen schriftlichen Dialog zwischen<br />
Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN)<br />
das Bau- bzw. Betriebssoll im Rahmen des vertraglichen<br />
Leistungssolls und des pauschal vereinbarten<br />
Preises für beide Seiten verbind -<br />
lich festzulegen.<br />
Die Listen dienten dabei der Beschreibung der<br />
Qualitäten innerhalb der ausgeschriebenen funktionalen<br />
bzw. outputorientierten Bandbreite<br />
und gaben dem Auftragnehmer Sicherheit bei<br />
der Fortführung der Bauplanungen und Fortschreibung<br />
der Betriebskonzepte. Die Sammellisten<br />
pendelten zwischen den Partnern hin<br />
und her oder wurden in Konferenzen durch die<br />
Gesprächspartner aktualisiert. Welche Punkte<br />
thematisiert wurden, lag in der Entscheidung<br />
der jeweiligen Vertragspartner. In diesem Abstimmungsprozess<br />
wurden über 850 Bau- und<br />
450 Betriebsthemen behandelt.<br />
Mit dem Vermerk „abgeschlossen“ signalisierten<br />
beide Parteien eine technische bzw. sachliche Klärung<br />
und darüber hinaus, dass sich die gefundene<br />
Festlegung im Rahmen des Pauschalpreises bewegt.<br />
Eine etwaige Kostenrelevanz im Sinne von<br />
Mehr- oder Minderaufwendungen war durch die<br />
Vertragsparteien anzuzeigen. Diese Punkte wurden<br />
sodann einvernehmlich in die Plus-Minus-Liste<br />
aufgenommen. Solange ein Punkt in der Plus-<br />
Minus-Liste in Abstimmung war, musste er in der<br />
Sammelliste als offen geführt werden. Umgekehrt<br />
galt, dass ein abgeschlossener Punkt in der Sammelliste<br />
keine ungeklärte Kostenrelevanz hatte.<br />
x Plus-Minus-Liste<br />
Die zusätzlich zu den Sammellisten eingerichtete<br />
Plus-Minus-Liste enthielt Einzelpunkte, die<br />
als kostenrelevante Leistungsänderungen im<br />
Rahmen des Auftragsumfangs in der Sammelliste<br />
identifiziert worden waren. Im Laufe des nun<br />
folgenden Abstimmungsprozesses wurde der AN<br />
durch den AG angehalten, etwaige Minder- oder<br />
Mehrkosten in der Plus-Minus-Liste nachrichtlich<br />
anzugeben. Die Liste sah Kommentarspalten<br />
für beide Parteien vor und war ebenfalls auf einen<br />
wechselseitigen Austausch ausgerichtet, sodass<br />
über die Höhe der Kostenauswirkungen verhandelt<br />
werden konnte. Weiterhin bestand bei<br />
diesem Vorgehen für den AG die Möglichkeit,<br />
qualitative Argumente und monetäre Auswirkungen<br />
gegeneinander abzuwägen und die Kostenangaben<br />
des AN zu plausibilisieren. Die endgültige<br />
Entscheidung über das Wirksamwerden einer<br />
Kostenminimierung oder -erhöhung wurde durch<br />
den AG getroffen.<br />
Sobald der Punkt hier erledigt wurde, war das Ergebnis<br />
in der Sammelliste nachzuführen und abzuschließen.<br />
Mit der Auflistung wurde das Ziel<br />
verfolgt, für das Land ein qualitativ und quantitativ<br />
konkretisiertes Leistungssoll auf der Basis des<br />
bezuschlagten Angebots zu gewährleisten und<br />
48
Das ÖPP-Projekt JVA Bremervörde wurde mit dem „Innovationspreis PPP 2012“ ausgezeichnet<br />
dabei den Kostenrahmen einzuhalten. Um den<br />
Abstimmungsprozess im Griff zu haben, wurden<br />
fortlaufende Saldierungen durchgeführt. Ein definiertes<br />
theoretisches jeweiliges „Guthaben“ wurde<br />
in der Liste dokumentiert und zu Stichtagen<br />
aktualisiert. So konnten mögliche Mehrkosten für<br />
das Land, die im Einzelnen genehmigt werden,<br />
mit theoretischen Einsparungen ausgeglichen<br />
werden.<br />
Bewährtes Verfahren<br />
Das Verfahren hat sich sehr bewährt und über die<br />
gesamte Planungs- und Bauphase dazu beigetragen,<br />
dass die beteiligten Personen ständig im Gespräch<br />
waren und ein gemeinsames Verständnis<br />
über die zu konstruierende Realität entwickeln<br />
konnten. So bekam die Anstalt ein Gesicht, in<br />
dem sich AG und AN wiedererkennen.<br />
Modellvorhaben ÖPP JVA Bremervörde<br />
Stand: 29.3.2012<br />
AG, nutzerseitige Optimierungsvorschläge Entwurfsplanung,<br />
11.11.2010<br />
AN, Frageliste – Hinweise – Architektur, 2.12.2010<br />
AN, Frageliste – Hinweise – Elektro, 2.12.2010<br />
Besprechung zur Entwurfsplanung, 30.11.2010<br />
E-Mail BAM – Grundrissauszüge –, Herr Fuchs,<br />
vom 15.12.2010<br />
E-Mail BAM – Hafthauskerne –, Herr Fuchs,<br />
vom 15.12.2010<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 15.12.2010<br />
BAM, Frageliste, Stand 10.1.2011<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 18.1.2011<br />
Besprechung zur Genehmigungsplanung, 27.1.2011<br />
Besprechung zur Küchenplanung und zum<br />
Brandschutz, 3.2.2011<br />
E-Mail BAM zur Küchenplanung vom 7.2.2011<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 9.2.2011<br />
Besprechung zum Sicherheitskonzept, JVA Rosdorf,<br />
24.2.2011<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 9.3.2011<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 29.3.2011<br />
Besprechung AG und AN, Hochbau und EDV,<br />
11.4.2011<br />
Besprechung AG und AN, PNA, Außenanlagen, HLS,<br />
12.4.2011<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 11.5.2011<br />
Besprechung AG und AN, 1.6.2011<br />
Besprechung AG und AN, 12.7.2011<br />
Besprechung AG und AN, 2.8.2011<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 26.8.2011<br />
Besprechung AG und AN, 5.9.2011<br />
Besprechung AG und AN, 29.9.2011<br />
Besprechung AG und AN, 9.11.2011<br />
Besprechung AG und AN, 30.11.2011<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 13.12.2011<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 10.1.2012<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 7.2.2012<br />
Besprechung AG und AN, 27.2.2012<br />
Telefonkonferenz, AG und AN, 13.3.2012<br />
49
Modellvorhaben ÖPP JVA Bremervörde<br />
Anmerkung Auftraggeber Nds. MJ<br />
Nr. Datum Stichwort Inhalt<br />
1 11.11.2010 Pforte Wegeführung für urlaubsrückkehrende Gefangene<br />
Urlaubsrückkehrende Gefangene werden in Verlängerung des Flures in den ausgewiesenen<br />
Räumlichkeiten W-D-W (Räume 1.3.5, 1.3.6, 1.3.7) durchsucht und müssen jetzt in den<br />
Unterkunftsbereich geführt werden. Dazu ist der Flur zwischen Außenpforte und Sicherheitszentrale<br />
nicht geeignet.<br />
Vor dem hinteren Treppenhaus sollte ein zusätzlicher Flur eingeplant werden. Über diesen<br />
Flur können die durchsuchten Gefangenen dann die Magistrale erreichen. Eine geringfügige<br />
Verkleinerung der anliegenden Räume ist hierfür hinnehmbar.<br />
Anmerkung Auftragnehmer BAM<br />
Datum Stichwort Inhalt<br />
22.11.2010 Der Vorschlag des Auftraggebers wurde in der Planung berücksichtigt.<br />
Anmerkungen, Hinweise des AG zur Rohbaugeometrie (Positionspläne), 1.4.2011<br />
Nr. Datum Stichwort Inhalt<br />
244 1.4.2011 Rohbau- Hinweis: Die in den zur Verfügung gestellten Positionsplänen dargestellte Stahlbetongeometrie,<br />
bauweise wird als grundsätzlich angemessen und robust eingestuft.<br />
Stahlbeton<br />
Abgeschlossen<br />
245 1.4.2011 Rohbau- Hinweis: In Teilbereichen der Dachflächen werden Trapezbleche als raumabschließende<br />
geometrie Konstruktion gewählt. Bautechnisch ist diese Bauweise akzeptabel. Es wird darauf hinge-<br />
Trapez- wiesen, dass auch bei diesen Konstruktionen eine hohe Funktionssicherheit gewährleistet<br />
blech sein muss und ein möglichst geräuschloses Bewegen auf der Dachfläche möglich sein soll.<br />
Abgeschlossen<br />
6.4.2011 Die Trapezdächer werden oberseitig gedämmt. Damit sollte eine geräuschlose Bewegung<br />
auf dem Dach möglich sein.<br />
12.4.2011 Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.<br />
Abgeschlossen<br />
246 1.4.2011 Rohbau- Hinweis: Die einzelnen Gebäude werden durch Medienkanäle miteinander verbunden. Im Begeometrie,<br />
reich der Übergänge Medienkanal–Gebäude werden Dehnungsfugen angeordnet. Inwie-<br />
Medien- weit zusätzliche Dehnungsfugen, Sollrissfugen oder sogar Gebäudefugen bei den z.T. sehr<br />
kanäle großen Gebäudeabmessungen geplant sind, ist aus den Positionsplänen nicht ablesbar (z.B.<br />
zwischen Gebäude F und G an Achse J; Medienkanallänge Achse 31E bis 51 ca. 102,5 m). Es<br />
wird um Berücksichtigung gebeten.<br />
Abgeschlossen<br />
6.4.2011 Gebäudedehnfugen wurden in der Planung berücksichtigt.<br />
12.4.2011 Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.<br />
Abgeschlossen<br />
247 1.4.2011 Rohbau- Hinweis: Es wird davon ausgegangen, dass die Regeln der Richtlinie für wasserundurch-<br />
Geometrie lässigen Beton des DAfStb bei der Planung und Ausführung für die Bauteile der WU-Kons-<br />
WU-Beton truktion berücksichtigt werden.<br />
Abgeschlossen<br />
6.4.2011 Die entsprechenden Vorschriften wurden berücksichtigt.<br />
12.4.2011 Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.<br />
Abgeschlossen<br />
50
Über 30 Jahre Erfahrungen mit PPP in Wiesbaden<br />
Von Dr. Helmut Müller<br />
Die öffentliche Immobilienwirtschaft befindet sich in den letzten Jahren<br />
in einem bemerkenswerten Umbruch. An vielen Stellen findet ein – im<br />
wahrsten Sinne des Wortes – sichtbarer Wechsel von einer kameralen<br />
„Verwaltung“ hin zu einer doppischen „Bewirtschaftung“ öffentlicher<br />
kommunaler Immobilien statt.<br />
Zwei Gründe liegen ganz offensichtlich auf der<br />
Hand: Zum einen der Übergang von der Kameralistik<br />
in die Doppik, die sehr schnell einige der<br />
großen Schwachstellen kameraler Verwaltung<br />
aufdeckt. In einer kameralen Welt weisen viele<br />
kommunale Immobilien schwarze Zahlen aus,<br />
da ein Mittelzufluss gezeigt wird. Die Freude<br />
schlägt beim selben Objekt bei einer doppischen<br />
Betrachtung sehr schnell in Grausen um, wenn<br />
am einzelnen Objekt deutlich wird, dass dieser<br />
Mittelzufluss oftmals nicht einmal ausreicht, um<br />
die notwendigen Reinvestitionen zu finanzieren.<br />
Dazu kommt, dass bei Sparbemühungen das kamerale<br />
Investitionsbudget sehr häufig – weil am<br />
wenigsten mit Widerstand verbunden – als Spar-<br />
Steinbruch gesehen wird, das dazu den vermeintlichen<br />
Vorteil mit sich bringt, von nicht geringer<br />
Größe zu sein.<br />
Die zweite wesentliche Einflussgröße war das Aufkommen<br />
von PPP-Projekten, die ganz neue Begriffe<br />
wie Lebenszyklusbetrachtung, projektbezogene<br />
Kalkulation oder die Überlegung, „Nutzung<br />
statt Steine“ zu kaufen, in die öffentliche Immobilienwelt<br />
eingeführt haben. Beide Entwicklungen,<br />
Doppik und das Beispiel der PPP-Projekte, haben<br />
dazu geführt, dass die Grundideen der PPP-Projekte<br />
sich langsam zum Alltag in der öffentlichen Immobilienbewirtschaftung<br />
entwickeln. Eingebaut in<br />
die budgetbezogene Haushaltsplanung, bei der die<br />
einzelnen Arbeitseinheiten relativ autonom über<br />
die Verwendung ihrer Budgets verfügen können,<br />
gibt es dadurch einen weiteren Schub, sodass die<br />
Dr. Helmut Müller<br />
ist Oberbürgermeister<br />
der<br />
Optimierungspotenziale unmittelbar von<br />
Landes hauptstadt<br />
den Nutzern gesehen und genutzt werden<br />
können: Wenn eine Immobilie op-<br />
Wiesbaden.<br />
timal bewirtschaftet wird, hat nicht nur<br />
das traditionelle Hochbauamt einen Vorteil, sondern<br />
das jeweils nutzende Amt, sodass ein ganz<br />
anderes Interesse an einer optimalen Immobiliennutzung<br />
besteht.<br />
Was bedeutet PPP?<br />
Public-Private-Partnership-Projekte werden durch<br />
den Lebenszyklusgedanken geprägt. Eine Immobilie<br />
wird nicht nur aus heutiger Sicht betrachtet,<br />
sondern über einen langen Zeitraum. Die Phasen<br />
eines PPP-Projekts – Entwicklung, Planung, Bau<br />
und Betrieb, ggf. Abriss einer Immobilie – werden<br />
vernetzt betrachtet und bewertet. Das heißt<br />
konkret: Wenn z.B. an der Grundlagenarbeit, am<br />
Standard oder bei den Planungs- und Bauarbeiten<br />
über Gebühr gespart wird, können später erhöhte<br />
Kosten an anderer Stelle zu Buche schlagen.<br />
Daher wird der Zustand der Immobilie zum Betriebsbeginn<br />
und am Ende der Vertragszeit genau<br />
definiert.<br />
Die Kosten während des gesamten Lebenszy klus<br />
eines Gebäudes, für Erstinvestition, Unterhalt,<br />
Betrieb, Medienverbrauch und die Finanzierung<br />
sind im Blick. Diese vernetzte Betrachtungsweise<br />
und die langfristige Zusammenarbeit der Partner<br />
sichern die Nachhaltigkeit und sind für die Wirtschaftlichkeit<br />
einer Immobilie die gebotene Lö-<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
51
sung. Die Vorteile für die öffentliche Hand sind<br />
offenkundig:<br />
beschichtet und das Erscheinungsbild generell<br />
aufgefrischt. Das Parkhaus verfügt jetzt über 290<br />
Stellplätze gegenüber ursprünglich 320 Stellplätzen.<br />
Ein weiterer Vorteil dieser PPP-Zusammenarbeit:<br />
Das Dach des unterirdischen Parkhauses bildet<br />
der mit seinen Denkmälern nach historischem<br />
Vorbild hervorragend gestaltete Luisenplatz.<br />
x Hohe gestalterische Qualität<br />
x Funktionalität der Gebäude<br />
x Termingenauigkeit<br />
x Kostenvorteile über den Gesamtlebenszyklus<br />
x Sichere Planbarkeit für den Haushalt<br />
Diese Elemente werden nun in die öffentliche Immobilienwirtschaft<br />
eingebaut, sodass man im Verlauf<br />
von fünf Zeitphasen sprechen kann.<br />
Parkhäuser in der ersten Phase<br />
Die Nachhaltigkeit von PPP-Projekten erfüllt<br />
die wirtschaftlichen Anforderungen jeder städtischen<br />
Finanzverwaltung. Das beste Beispiel dafür<br />
ist das unterirdisch gelegene Parkhaus Luisenplatz,<br />
vor 30 Jahren das erste PPP-Projekt<br />
Deutschlands. Zum Vorteil der Bürger wurde das<br />
Parkhaus vor zwei Jahren komplett modernisiert.<br />
Wegen der größer werdenden Autos wurden alle<br />
Parkplätze von 2,30 auf 2,60 Meter verbreitert,<br />
was aufgrund der stützenfreien Konstruktion<br />
möglich war. Des Weiteren wurde der Boden neu<br />
Im Sinne der Nachhaltigkeit von PPP fühlt sich<br />
der Investor auch heute noch für das Projekt verantwortlich.<br />
Die Kundenzufriedenheit ist groß.<br />
Immerhin erhielt das Parkhaus bei dem vom<br />
ADAC erstmals 1984 ausgeschriebenen Wettbewerb<br />
„Das benutzerfreundliche Parkhaus“ den<br />
1. Preis.<br />
Die Stadt Wiesbaden hat in den Jahren 1993 und<br />
2006 zwei weitere Parkhäuser als PPP-Projekte<br />
realisiert. Das sind die Parkhäuser am Markt und<br />
am Bowling Green. Auch diese beiden Parkhäuser<br />
sind ein positives Beispiel für Nachhaltigkeit. Das<br />
Parkhaus am Markt erhielt die Plakette „Benutzerfreundliches<br />
Parkhaus“ und kam in die Endrunde<br />
für den „European Parking Award“. Der private<br />
Partner hat aktuell eine umfangreiche Modernisierung<br />
wie beim Luisenplatz durchgeführt.<br />
Im Jahr 2006 wurde mit der Eröffnung des Parkhauses<br />
Bowling Green, zwischen dem Kurhaus,<br />
den Kolonnaden und dem Hessischen Staatstheater<br />
gelegen, das repräsentative Entree des Kurhauses<br />
wiederhergestellt. Es zeugt von der hohen<br />
gestalterischen Qualität der entstandenen Freiflächen<br />
bei gleichzeitiger Funktionalität des Parkhauses.<br />
Das Parkhaus Bowling Green stellt seiner<br />
Kundschaft 460 Stellplätze zur Verfügung. Dieses<br />
Parkhaus erhielt die ADAC-Plakette „Benutzerfreundliches<br />
Parkhaus“ mit der bisher höchsten<br />
Punktzahl. Auch hier wurde ein stützenfreies<br />
Parkhaus realisiert, das sich an neue Anforderungen<br />
anpassen lassen wird.<br />
Projekte der zweiten Phase<br />
Der Luisenplatz als Dach des unterirdischen Parkhauses<br />
(Foto: Wolfgang Eckardt)<br />
All diese Erfahrungen und Überlegungen sind in<br />
eine zweite Phase eingemündet, die mit einer großen<br />
Steigerung der Attraktivität der PPP-Projekte<br />
einherging. PPP-Projekte wurden in dieser Zeit<br />
insbesondere durch die Regierung Schröder propagiert,<br />
um die Investitionstätigkeit des öffentlichen<br />
Bereichs anzukurbeln und Investitionsrückstände<br />
52
im Infrastrukturbereich zu beseitigen. Das hat in<br />
Wiesbaden zu einem besonderen Projekt geführt,<br />
das nicht nur wegen seines Finanzvolumens, sondern<br />
auch wegen seiner Konstruktion außergewöhnlich<br />
ist. Dieses Projekt haben die Landeshauptstadt<br />
Wiesbaden und das Land Hessen,<br />
vertreten durch das Finanz- und Justizministerium<br />
des Landes, gemeinsam projektiert und umgesetzt<br />
– eine ungewöhnliche, aber außerordentlich<br />
gute Zusammenarbeit von Land und Stadt.<br />
Kostenvorteile für den gesamten Lebenszyklus<br />
werden insbesondere bei den großen PPP-Projek -<br />
ten Thermalbad Aukammtal sowie dem Justiz- und<br />
Verwaltungszentrum erwartet. Das Thermalbad<br />
Aukammtal, in den 1970er Jahren erbaut, wurde<br />
2003 saniert. Es erhielt zudem eine moderne<br />
Saunalandschaft, um den heutigen Erwartungen<br />
an ein Gesundheits- und Wellnessbad gerecht zu<br />
werden. Der private Partner realisierte und finanzierte<br />
die Erneuerung des Thermalbades und<br />
übernahm die technische Gebäudeerhaltung über<br />
23 Jahre. Die Kurbetriebe fungierten als Bauherr.<br />
Auf diesem Wege wurden Sanierung und Erweiterung<br />
ohne finanzielle Belastung durch Initiativen<br />
bei den Kurbetrieben geleistet. Die inzwischen<br />
gegründete städtische Bädergesellschaft „Mattiaqua“<br />
betreibt das Bad und trägt das wirtschaftliche<br />
Risiko.<br />
Justiz- und Verwaltungszentrum Wiesbaden<br />
Kostenvorteile für den gesamten Lebenszyklus,<br />
hohe Funktionalität und zugleich hohe gestalterische<br />
Qualität beweist auch das erwähnte PPP-Projekt<br />
Justiz- und Verwaltungszentrum Wiesbaden.<br />
Mit seiner termingerechten Eröffnung im Oktober<br />
2009 war es zugleich das zuletzt realisierte PPP-<br />
Projekt in Wiesbaden. Der private Partner plante,<br />
baute und finanzierte die Gebäude mit Gesamtinvestitionen<br />
von128 Millionen Euro; die Mietvertragsdauer<br />
beträgt 30 Jahre. Der Private betreibt<br />
und unterhält das Objekt und wird es nach Ablauf<br />
der Mietzeit weiterverwerten. Es handelt sich um<br />
ein klassisches PPP-Projekt nach allen Regeln der<br />
Kunst.<br />
Die Stadt Wiesbaden und das Land Hessen sicherten<br />
gemeinsam die architektonische und städtebauliche<br />
Qualität, indem sie ein unabhängiges<br />
und hochkarätig besetztes Fachgremium einschalteten.<br />
Stadt und Land erhielten ein harmonisches<br />
Ensemble aus zwei getrennten Gebäudekomplexen<br />
mit grünen Höfen im Innenbereich.<br />
Das Projekt wertet die Mainzer Straße auf und ist<br />
Impulsgeber für weitere Bauprojekte sowie die<br />
Entwicklung des gesamten Quartiers.<br />
Das Projekt hat unübersehbar seine Feuertaufen<br />
erlebt. Es zeigt sich dabei allerdings auch, dass<br />
sich die öffentliche Wahrnehmung an diese Form<br />
von Projekten erst noch gewöhnen muss. So gab<br />
es ein Fensterproblem, das zu heftigen Debatten<br />
und Kritik, vor allem in dem von den Landesbehörden<br />
genutzten Teil, geführt hat. Der öffentliche<br />
Auftraggeber ist in solchen Fällen allerdings<br />
auf der besseren Seite – als Mieter – und kann gewöhnlich,<br />
entsprechend den Verträgen, den ordnungsgemäßen<br />
Zustand der Mietsache verlangen.<br />
Die öffentliche Kommunikation hatte diese Seite<br />
von PPP-Projekten noch nicht ganz verinnerlicht.<br />
Dritte Phase: Sonderkonjunkturprogramme<br />
Aus chronologischer Sicht zeichnen sich die Jahre<br />
zwischen 2009 und 2012 dadurch aus, dass<br />
die Anzahl der PPP-Projekte, vor allem der relative<br />
Anteil an den öffentlichen Bauinvestitionen,<br />
zurückging. Was auf den ersten Blick überrascht,<br />
erklärt sich durch die besondere Zeitkonstellation,<br />
Blick auf das Justiz- und Verwaltungszentrum<br />
53
der Sonderkonjunkturprogramme in Richtung der<br />
klassischen Bauausführung umschlug.<br />
Andererseits zeigt sich am Beispiel der Landeshauptstadt<br />
Wiesbaden ebenso, dass Ideen der<br />
PPP-Philosophie – wie die Lebenszyklusbetrachtung<br />
– prägend und auch innerhalb des öffentlichen<br />
Sektors abbildbar sind, indem z.B. kommunale<br />
Wohnungsbaugesellschaften Aufgaben<br />
übernommen und innerhalb der Konjunkturprogramme<br />
abgewickelt haben.<br />
Projekte der vierten Phase ab 2012<br />
Nach den Erfahrungen der Sonderkonjunkturprogramme<br />
und des vorhergegangenen Einstiegs in<br />
PPP-Projekte kommen nun beide Ideen zusammen,<br />
und PPP-Projekte werden zunehmend zu einem<br />
normalen Bestandteil im Instrumentenkasten<br />
der öffentlichen Hand.<br />
Thermalbad Aukammtal<br />
vor allem durch die Verabschiedung von Sonderkonjunkturprogrammen<br />
des Bundes und des Landes<br />
Hessen. Für die Landeshauptstadt Wiesbaden<br />
bedeutete dies, dass in dieser Zeit zu den üblicherweise<br />
vorgesehenen Investitionsmitteln zusätzlich<br />
75 Millionen Euro für Baumaßnahmen zur Verfügung<br />
standen. Als Vergleich seien die Schulbauinvestitionen<br />
der Landeshauptstadt Wiesbaden genannt,<br />
die sich in den Vorjahren im Jahresmittel<br />
immer zwischen 15 und 20 Millionen Euro bewegten<br />
und in den Jahren des Sonderkonjunkturprogramms<br />
Bund und Hessen für drei Jahre auf<br />
insgesamt über 114 Millionen Euro anstiegen.<br />
Der Rückgang der PPP-Aktivitäten in dieser Zeit<br />
ist vor allem durch die Anforderung zu erklären,<br />
dass das Projekt bisher nicht im Haushalt enthalten<br />
sein durfte und von der Antragsstellung über<br />
die Planung, den Bau und die Fertigstellung bis<br />
hin zur Abrechnung innerhalb der Jahre 2009 bis<br />
Ende 2011 vollständig abgewickelt sein musste.<br />
Bei aller positiven Beobachtung bzw. Begleitung<br />
von PPP-Projekten zeigte sich dort jedoch auch,<br />
dass die Vorlaufzeiten als relativ umfänglich einzuschätzen<br />
sind, sodass das Pendel in der Zeit<br />
Eine vergleichbare Aufwertung der Stadt und zugleich<br />
hohe Funktionalität wird auch beim „Platz<br />
der Deutschen Einheit“ gelingen. Zu realisieren<br />
sind eine Wettkampfsporthalle, Flächen für den<br />
Einzelhandel und für Büros, eine Tiefgarage sowie<br />
zwei angrenzende Stadtplätze.<br />
Das Projekt „Platz der Deutschen Einheit“ zeichnet<br />
sich dadurch aus, dass hier erstmals umfassend<br />
die Öffentlichkeit im Vorfeld beteiligt wurde.<br />
Gleichzeitig wurden die Anforderungen an eine<br />
hohe städtebauliche und architektonische Qualität<br />
im Rahmen eines Wettbewerbs sichergestellt. Auf<br />
der Grundlage des Wettbewerbsergebnisses führten<br />
zahlreiche Diskussionen im politischen Raum<br />
über die Akzeptanz von PPP-Projekten letztendlich<br />
zu einer interessanten Lösung: Die Stadt<br />
finanziert den Gebäudekomplex; der private Partner<br />
plant, baut und betreibt. Die Fertigstellung<br />
wird im Mai 2014 erfolgen.<br />
Aktuelle Projekte der Phase 5<br />
Auf der Basis zahlreicher Erfahrungen startet die<br />
Stadt Wiesbaden derzeit die nächste Generation<br />
54
von PPP-Projekten: das interne PPP – auch Öffentlich-Öffentliche<br />
Partnerschaft (ÖÖP) genannt, bei<br />
dem der „öffentliche“, also externe Partner eine<br />
städtische Gesellschaft ist. Das Schuldezernat beschreibt<br />
das Raumprogramm und die Anforderungen,<br />
eine städtische Gesellschaft übernimmt die<br />
Projektierung, plant, baut und betreibt die Schule<br />
und vermietet sie an das Schuldezernat, das damit<br />
von fachfremden Bauaufgaben entlastet wird.<br />
Zwei Schulprojekte, die Comeniusschule und<br />
die Freiherr-vom Stein-Schule, wurden als interne<br />
PPP gestartet. Bei der Förderschule und der<br />
Grundschule stehen Abriss-, Umbau- und Neubaumaßnahmen<br />
an. Unter Berücksichtigung aller Vorteile<br />
von PPP-Projekten werden die Schulen durch<br />
die städtische Gesellschaft vor dem Hintergrund<br />
der Lebenszyklusbetrachtung geplant, gebaut, betrieben<br />
und finanziert. Die Mietvertragsdauer beträgt<br />
30 Jahre.<br />
Im Beschluss des Stadtparlaments Wiesbaden<br />
vom Dezember 2012 wird wiederum eine neue<br />
Form Öffentlich-Privater Partnerschaft angestoßen.<br />
So wurde im Stadtparlament beschlossen,<br />
den Bau eines Stadtmuseums kombiniert mit eieinem<br />
größeren Büro- bzw. Wohnkomplex in<br />
zen traler Lage der Stadt (Wilhelmstraße/Rheinstra<br />
ße/Kleine Frankfurter Straße) öffentlich auszuschreiben.<br />
Grundlage der Ausschreibung wird<br />
eine städtebauliche Rahmenplanung sein und eine<br />
präzise Formulierung eines Raumprogramms<br />
für das Stadtmuseum. Noch ist offen, ob das Gebäude<br />
eines Stadtmuseums entweder für 30 Jahre<br />
gemietet, sofort oder später von der Stadt erworben<br />
werden soll. Hier werden nicht nur kreative<br />
Lösungen von Privaten in der Stadt erwartet, sondern<br />
es sollen gleichzeitig durch diese besondere<br />
Form der Öffentlich-Privaten Partnerschaft ein<br />
Stück Stadtreparatur und eine Erhöhung des Volumens<br />
der Bauinvestitionen erreicht werden. Noch<br />
ist die Ausschreibung nicht erfolgt, aber bereits<br />
jetzt gibt es viele Nachfragen interessierter Investoren<br />
und Projektpartner.<br />
Über den Immobilienbereich hinaus<br />
Dass PPP-Projekte auch eine sichere Planbarkeit<br />
für den Haushalt erlauben, zeigte sich 2005 beim<br />
„PPP-Wivertis“. Die Landeshauptstadt Wiesbaden<br />
besaß zuvor eine eigene EDV-Abteilung mit einem<br />
eigenen städtischen Netz. Investitionen erfolgten<br />
in der Regel nach der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln.<br />
Service und Leistungslevels waren<br />
nicht exakt definiert. Es gab keine Trennung von<br />
IT-Steuerung und IT-Service. Die Kosten waren<br />
nicht transparent, da diese nicht gemessen wurden.<br />
Das änderte sich nachhaltig mit der Gründung<br />
von Wivertis – Gesellschaft für Informationsund<br />
Kommunikationsdienstleistungen mbH, zu<br />
Platz der deutschen Einheit<br />
55
50,1 Prozent im Besitz von „Siemens IT Solutions<br />
and Services“ und 49,9 Prozent im Besitz der Landeshauptstadt<br />
Wiesbaden. Die Vertragslaufzeit beträgt<br />
10 Jahre, der Geschäftsumfang rund 8 Millionen<br />
Euro pro Jahr.<br />
Unternehmenszweck dieser Gesellschaft ist es,<br />
Leistungen der Informations- und Telekommunikationstechnik<br />
vorrangig für die Stadt Wiesbaden<br />
bereitzustellen. Die unternehmerische Führung<br />
und das wirtschaftliche Risiko liegen bei Siemens.<br />
Als Unternehmensziele wurden festgelegt: für<br />
die Dauer des Leistungsbezugs transparente Kosten<br />
und definierte Qualitätsstandards, die Nutzung<br />
von Synergieeffekten für die städtische Informations-<br />
und Telekommunikationstechnologie<br />
durch Kooperation mit dem privaten Partner, Investitionen<br />
in innovative Technik durch den privaten<br />
Partner sowie die Erschließung weiterer<br />
Kostenoptimierungen im IT-Umfeld.<br />
Die Bedeutung dieses PPP-Projekts überschreitet<br />
die Grenzen der Stadt Wiesbaden. Wivertis hat<br />
den „Innovationspreis PPP der Bundesregierung<br />
2005“, den „Innovationspreis der Initiative Mittelstand<br />
2007“ und den „European Public Sector<br />
Award (EPSA) 2007“ erhalten.<br />
30 Jahre PPP in Wiesbaden<br />
30 Jahre PPP-Erfahrungen, angefangen bei Build-<br />
Operate-Transfer-Modellen bis hin zu komplexen<br />
Projekten, haben in Wiesbaden zur zügigen<br />
Entwicklung relevanter städtebaulicher und serviceorientierter<br />
Projekte zum Wohl der Bürger<br />
der Landeshauptstadt Wiesbaden geführt. Die Zusammenarbeit<br />
öffentlicher und privater Partner<br />
hat viele renommierte Preise und Auszeichnungen<br />
erhalten und zu herausragenden Ergebnissen<br />
geführt. Drei unterirdische Parkhäuser, die auch<br />
nach 30 Jahren noch erstklassig aussehen, die<br />
städtebaulich anspruchsvolle Gestaltung der Plätze<br />
über den Tiefgaragen, ein weit über Wiesbaden<br />
hinaus beliebtes Thermalbad mit modernen Wellness-Einrichtungen<br />
und nicht zuletzt die Zusammenführung<br />
relevanter Verwaltungseinrichtungen<br />
mit gleichzeitiger städtebaulicher Aufwertung einer<br />
der Haupteinfallstraßen der Stadt legen davon<br />
Zeugnis ab. Die an diesen Projekten beteiligten<br />
städtischen Mitarbeiter haben permanent ihre<br />
Kompetenzen erweitert und können diese gezielt<br />
für kommende Herausforderungen nutzen. Die<br />
Stadt Wiesbaden wurde zur PPP-Expertin und hat<br />
ihre Erfahrungen genutzt, um ihre Attraktivität<br />
nachhaltig zu steigern.<br />
Vielen Dank an Brigitte Böke, die mich bei der<br />
Vorbereitung dieses Beitrags unterstützt hat.<br />
Parkhaus am Markt in Wiesbaden: Oberfläche und Innenansicht<br />
56
Seit 12 Jahren in Betrieb –<br />
die Britische Botschaft in Berlin<br />
Von Thomas Buths<br />
Private Finance Initiative (PFI) – die britische Variante des ÖPP – wurde<br />
als Beschaffungsansatz für die Britische Botschaft in Berlin gewählt.<br />
Auch zwölf Betriebsjahre später stellt sie sich mit Erfolg nachhaltig und<br />
dauerhaft unter Beweis.<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
Aufgrund des für das Jahr 2000 geplanten Regierungsumzugs<br />
von Bonn nach Berlin entschied<br />
sich die britische Regierung 1994, in Berlin eine<br />
neue Botschaft zu errichten. Das Projekt war<br />
zunächst als konventionelle Ausschreibung vorgesehen<br />
und deshalb mit einem Architektenwettbewerb<br />
gestartet. Als 1995 die öffentlichen<br />
Ausgaben für alle Investitionen des Foreign and<br />
Commonwealth Office (FCO), des britischen Außenministeriums,<br />
um ein Drittel gekürzt wurden,<br />
entschloss man sich, nach einer Markterkundung<br />
und der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ein PFI-<br />
Modell in Deutschland auszuschreiben. Der Vertrag<br />
wurde am 23. Juni 1998 mit der heutigen<br />
Projektgesellschaft Arteos unterzeichnet. Maßgebliche<br />
Eckpunkte sind:<br />
x Die britische Regierung bleibt weiterhin<br />
Eigentümerin, der Projektgesellschaft<br />
wurde ein Erbbaurecht<br />
in Form einer Konzession mit einer<br />
Dauer von zunächst 30 Jahren<br />
übertragen.<br />
x Ab Fertigstellung und Inbetriebnahme erfüllt<br />
die Projektgesellschaft ihre vertraglich definierten<br />
Dienstleistungen, die das FCO mit einem<br />
monatlichen Nutzungsentgelt vergütet.<br />
x Für die zu erbringenden Dienstleistungen sind<br />
Leistungsstandards vereinbart, die einem Malus-System<br />
unterliegen.<br />
Thomas Buths von<br />
Bilfinger Project<br />
Investments Europe<br />
GmbH ist ehemaliger<br />
Geschäftsführer<br />
der Projektgesellschaft<br />
Arteos GP<br />
Limited & Co KG.<br />
Diagramm zur Vertragsstruktur<br />
Quelle: Arteos<br />
Gesellschafter<br />
Semperian<br />
Auftraggeber<br />
FCO<br />
Foreign & Commonwealth Office<br />
Kreditgeber<br />
Commerzbank<br />
Geschäftsbesorger<br />
Bilfinger PI Europe GmbH<br />
Auftragnehmer<br />
Arteos GP Limited & Co. KG<br />
Projektcontroller<br />
Alba<br />
Dach & Fach<br />
HSG<br />
Facility Management GmbH<br />
Errichter<br />
Bilfinger SE<br />
Facility-Management<br />
Johnson Controls Integrated FM<br />
57
Qualität und Verfügbarkeit<br />
Durch die Umsetzung des PFI-Modells erhielt das<br />
FCO hochwertige Büroflächen in einem zukunftsweisenden<br />
Bauwerk. Der residierende Botschafter<br />
und seine Mitarbeiter bestätigen auch nach<br />
zwölf Betriebsjahren, dass es angenehm ist, in<br />
dieser gut erhaltenen, voll funktionsfähigen und<br />
repräsentativen Botschaft zu arbeiten. Gewährleistet<br />
wird dies durch das verantwortliche Handeln<br />
aller Vertragsparteien.<br />
Einer der Partner ist die heutige Bilfinger HSG<br />
Facility Management GmbH (HSGz), die für die<br />
Instandhaltung an „Dach und Fach“ über die gesamte<br />
Betriebsphase verantwortlich zeichnet.<br />
Der Leistungsumfang bezieht sich dabei auf den<br />
kompletten Rohbau mit all seinen tragenden Bauteilen,<br />
die Dächer, die komplette Gebäudehülle<br />
mit den unterschiedlichsten Fassadenarten und<br />
alle Fenster und Türen. Nach Erfassung aller rele<br />
vanten Bauteile ist die HSGz in der Lage, den<br />
zu erwartenden Instandhaltungsaufwand zu ermitteln,<br />
die Wartungsintervalle abzustimmen<br />
und nach regelmäßig stattfindenden Zustandsbegehungen<br />
die künftig zu erwartenden Ersatzmaßnahmen<br />
zu planen. Über die Jahre ist es der<br />
HSGz gelungen, ein Gefühl für die Bauteile zu<br />
entwickeln und umfangreiche Erfahrungen zu<br />
sammeln.<br />
Gleichwohl hatten in den ersten Betriebsjahren<br />
alle Beteiligten mit der Abwicklung und Beseitigung<br />
von Mängeln aus der Bauphase zu tun.<br />
So waren beispielsweise die komplizierten Anschlussbereiche<br />
der Glasdächer undicht und<br />
mussten konstruktiv ertüchtigt werden. Hier<br />
zeigt sich PFI von Vorteil, da nach der Errichtung<br />
die Betreuung weitergeht und eine intensive baufachliche<br />
Bearbeitung zur Mängelbeseitigung und<br />
Bauerhaltung erfolgt. Anzumerken ist, dass die<br />
Standards der Dienstleistungen durch Service Levels<br />
beschrieben sind, sodass die Qualität nicht<br />
durch Nutzerumfragen oder Punktesysteme bewertet,<br />
sondern immer an den vorgegebenen Eigenschaften<br />
und dem Zustand der Bauteile oder<br />
Systeme gemessen wird.<br />
Ein weiterer Garant für die tägliche Flexibilität<br />
ist das Team von Johnson Controls IFM Industrie<br />
GmbH, das annähernd 24 Stunden verfügbar<br />
ist. Um die Vorgaben des Kunden (Output<br />
Requirements) zu der Vielzahl der Dienstleistungen<br />
(Secondary und Tertiary Services) messen zu<br />
können, wurden Nutzerprofile aufgestellt und<br />
über die Jahre die notwendigen Vorkehrungen<br />
zu deren Einhaltung aktualisiert. Das stringente<br />
Mängelbehebungsregime macht sowohl maßvolle<br />
Ersatzteilbevorratung als auch eine nachhaltige<br />
Einbindung der lokalen Fachfirmen notwendig.<br />
Mit Eintrag in das elektronische Meldebuch<br />
(Helpdesk) werden die individuellen Reaktionsund<br />
Behebungszeiten erfasst. Werden diese nicht<br />
eingehalten, führt dies zu Einbehalten im monatlichen<br />
Nutzungsentgelt.<br />
Fassade Wilhelmstraße (Quelle: Arteos)<br />
Aktuell wurde durch eine defekte Wasserleitung<br />
eine Teeküche und zwei Personaltoiletten im<br />
fünften Stockwerk in Mitleidenschaft gezogen.<br />
Fehlersuche und Trockenlegen der betroffenen<br />
Wände sowie das Wiederherstellen der Räume<br />
in einen nutzerkonformen Zustand führten zur<br />
Überschreitung der Behebungszeiten. Nach<br />
30 Tagen konnte die Teeküche wieder betriebsbereit<br />
gemeldet werden. Die Größe der Räume und<br />
deren Wertigkeit führen zu einem Einbehalt, den<br />
Arteos dann ausbezahlt bekommt, wenn in den<br />
nächsten drei Monaten kein weiterer abzugsrelevanter<br />
Vorfall eintritt.<br />
58
Innenansicht Wintergarten (Quelle: Arteos)<br />
Nach mittlerweile mehr als zwölf Jahren Betrieb<br />
hat sich insgesamt ein eingespieltes Team aus allen<br />
Beteiligten gebildet, das dem Begriff der Partnerschaft<br />
in Zusammenarbeit und Lösungssuche<br />
gerecht wird.<br />
Transparenz und Kontrolle<br />
Weniger präsent, aber dennoch regulierend tätig<br />
ist die vertraglich definierte Rolle des Projektcontrollers<br />
(Independent certifier). Diese ist seit Baubeginn<br />
in den bewährten Händen der ALBA Bau-<br />
ProjektManagement GmbH. Alba überwacht als<br />
technischer Controller die Qualität der verwendeten<br />
Materialien und deren Kosten. Nachtragsanfragen<br />
des Kunden werden nach Beauftragung<br />
und Ausführung gemeinsam abgenommen und<br />
erst nach Bescheinigung der Mängelfreiheit vergütet.<br />
Aufwendungen für Reparatur- und Ersatzmaßnahmen<br />
am Objekt werden hinsichtlich einer<br />
fachgerechten und wirtschaftlichen Ausführung<br />
durch Alba geprüft und freigegeben. Im Interesse<br />
der Kreditinstitute und der Gesellschafter werden<br />
die Art und der Umfang der Maßnahmen<br />
definiert, sodass ein Abgleich mit den Instandhaltungsrücklagen<br />
und deren Auskömmlichkeit<br />
sichergestellt ist.<br />
Von dem anfänglichen Bankenkonsortium nimmt<br />
die Commerzbank in der heutigen Struktur die<br />
Interessen des Kreditgebers wahr. Nach Bereitstellung<br />
des Fremdkapitalanteils von rund 64 Millionen<br />
D-Mark (32,72 Millionen Euro) während<br />
der Bauzeit bis Mai 2000 wird ein maßgeblicher<br />
Teil des monatlichen Nutzungsentgelts für vierteljährliche<br />
Zins- und Tilgungszahlungen verwandt.<br />
Die Konstanz der Wirtschaftlichkeit des Projekts<br />
wird im Finanzierungsmodell dokumentiert und<br />
die Einhaltung der Kennziffern zur Zufriedenheit<br />
der Bank nachgewiesen. In Zeiten der Bankenkrisen<br />
konnten die Zahlungen für die Britische<br />
Botschaft immer in der geforderten Höhe und<br />
pünktlich transferiert werden. Auch dies ist nicht<br />
zuletzt ein Verdienst der privaten Partner, die es<br />
verstehen, stets ein vertragsgerecht nutzungsbereites<br />
Gebäude zur Verfügung zu stellen, und damit<br />
die monatlichen, ungekürzten Nutzungsentgeltzahlungen<br />
durch das FCO garantieren.<br />
Auch das FCO unterliegt Kontrollorganen. Das<br />
britische Gegenstück zum deutschen Bundesrechnungshof,<br />
das National Audit Office (NAO),<br />
hat bereits mehrfach das Projekt bewertet und<br />
zum Betriebsbeginn eine umfassende Wirtschaftlichkeitsstudie<br />
über die PFI-Realisierung erstellt.<br />
59
Kunden FCO und dem Nutzer in der<br />
Botschaft, erfüllte wie vor der Gesellschafteranteilsveräußerung.<br />
Der Gesellschafter<br />
wiederum hat die gleichen<br />
Interessen wie die Kreditgeber – eine<br />
umfänglich nutzbare Liegenschaft mit<br />
einem zufriedenen, zahlungswilligen<br />
Außenministerium.<br />
Die nächsten 17 Betriebsjahre<br />
Britische Botschaft Berlin 1876<br />
Dabei ist das NAO zu dem Ergebnis gekommen,<br />
dass die britische Regierung hier wirklich Value<br />
for Money erhält.<br />
Wandel ohne Auswirkung<br />
Seit Beginn hat Bilfinger SE als Projektentwickler<br />
und mit Eigenkapital engagierter Gesellschafter<br />
die Projektgesellschaft der Britischen Botschaft<br />
betrieben. Nach Fertigstellung 2000 und Inbetriebnahme<br />
wurden die Abläufe optimiert und<br />
das Projekt in eine stabile Betriebsphase gesteuert.<br />
Ende 2006 trennte sich Bilfinger von seinen<br />
Anteilen und veräußerte diese an SMIF Second<br />
Market Infrastructure Fund. Dabei handelt es<br />
sich um einen Vorgang, der in Großbritannien<br />
üblich ist, um dem Entwickler gebundene Mittel<br />
wieder an die Hand zu geben, damit er sie in<br />
neue Projekte investieren kann. Bedenken seitens<br />
des FCO konnten in den folgenden Betriebsjahren<br />
durch die Tatsache ausgeräumt werden, dass<br />
Arteos mit der gleichen Qualität die vertraglichen<br />
Verpflichtungen gegenüber seinen Partnern, dem<br />
Es ist die Kontinuität der handelnden<br />
Personen, die für das qualifizierte Miteinander<br />
stehen. Es ist das Verständnis<br />
einer für alle Parteien akzeptablen<br />
Vertragsauslegung. Es ist die Akzeptanz<br />
für machbare und verhältnismäßige<br />
Maßnahmen zur Lösung der täglichen<br />
Aufgaben. Den Parteien sei geraten, mit qualifiziertem<br />
Personal frühzeitig einen Wissenstransfer<br />
der Verantwortlichkeiten anzustreben und Kontakte<br />
zu den Partnern inhaltlich und transparent<br />
zu gestalten. Mit der Entscheidung für die PFI-<br />
Beschaffungsvariante sind beidseitig Zwänge und<br />
Risiken eingegangen worden, die verpflichten,<br />
aber auch Gelegenheit für kontinuierliches Nachhalten<br />
und Aktualisieren bieten.<br />
Seitens des FCO wird immer wieder nach Einsparpotenzialen<br />
gesucht. Zwar hat Diplomatie<br />
viel mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun, doch ist es<br />
opportun zu hinterfragen, ob solch ein hoher<br />
Standard wie in der Britischen Botschaft notwendig<br />
ist.<br />
Mit ihrer Kreativität und der Bereitschaft, sich<br />
der Problemstellungen des FCO anzunehmen,<br />
werden Arteos und seine Partner auch künftig<br />
gefordert sein.<br />
60
Seit 7 Jahren in Betrieb – die Schulen in Köln<br />
Von Uwe Kaven<br />
In Köln wurden sieben Schulen an fünf Standorten in einer Öffentlich-<br />
Privaten Partnerschaft umfangreich saniert. Anfang 2005 hatte die<br />
Stadt Köln dem privaten Partner den Auftrag zur Planung, Finanzierung,<br />
Sanierung und zum Betrieb bis 2029 erteilt.<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
Die Gebäudewirtschaft der Stadt Köln (GW) hat<br />
seit nunmehr sieben Jahren Erfahrungen mit dem<br />
PPP-Betreibermodell gesammelt. Ziele der Umsetzung<br />
der Schulsanierungen und Neubauten<br />
durch PPP waren:<br />
x schnell sichtbare Erfolge zu schaffen<br />
x Schulsanierungen zu beschleunigen<br />
x die Nutzerzufriedenheit zu erhöhen<br />
x Kostenvorteile auszuschöpfen<br />
x Risiken für die Stadt Köln zu minimieren<br />
x den Mittelstand zu fördern<br />
Sieben Schulen an fünf Standorten<br />
Die Vergabe des sogenannten PPP-Loses 1, des<br />
„Expressloses“, erfolgte im ersten Quartal 2005.<br />
Das Los umfasste sieben Schulen an fünf Standorten.<br />
Es beinhaltete Erweiterungs- und Neubauten,<br />
Sanierungen und Umbaumaßnahmen mit einem<br />
Investitionsvolumen von 34 Millionen Euro.<br />
Die Nutzung der Schulen erfolgte im Jahre 2007.<br />
Das PPP-Los 2, das sogenannte „Handwerkerlos“,<br />
mit einem Volumen von rund fünf Millionen Euro<br />
für Sanierungen an zwei Schulen wurde im Jahr<br />
2007 vergeben. Außer diesen beiden Losen wurde<br />
2007 Los 4 mit einem Gesamtvolumen von rund<br />
50 Millionen Euro vergeben, der Neubau einer<br />
Gesamtschule, die seit 2009 in Nutzung ist. Die<br />
Laufzeit der Projekte beträgt jeweils 25 Jahre.<br />
Der Schwerpunkt der PPP-Betreibermodelle liegt<br />
auf der Nutzerzufriedenheit und der vertraglichen<br />
Ausgestaltung. Da es sich um sehr<br />
komplexe Modelle handelt, ist geplant,<br />
im Jahr 2013 eine umfangreiche Evaluation<br />
zu den vorgenannten Losen durchzuführen.<br />
Die Evaluation soll die Planungsphase,<br />
das Vergabeverfahren und die Bau- und Betriebsphase<br />
aller Projekte umfassen. Zusätzlich soll die<br />
Realisierung und Entwicklung monetärer Effizienzgewinne<br />
sowie nichtmonetärer ÖPP-Vorteile<br />
in den Projekten untersucht und dokumentiert<br />
werden.<br />
Anfang 2005 hatte die Stadt Köln der HOCH-<br />
TIEF PPP Solutions, einem Tochterunternehmen<br />
von HOCHTIEF Solutions, den Auftrag zur Planung,<br />
Finanzierung, Sanierung und zum Betrieb<br />
der sieben Bildungseinrichtungen erteilt. Seitdem<br />
ist das Unternehmen für sieben Schulen in der<br />
Stadt Köln verantwortlich. Die über die ganze<br />
Stadt verteilten Bildungseinrichtungen wurden<br />
auf Basis eines PPP-Vertrags umfangreich saniert,<br />
an zwei Standorten wurden zudem neue Gebäude<br />
errichtet.<br />
Insgesamt umfasst der Auftrag 18 Gebäude mit<br />
einer Fläche von ca. 45.000 Quadratmetern<br />
sowie etwa 72.000 Quadratmeter Außenflächen.<br />
Das Vertragsvolumen des Projekts beträgt<br />
125,9 Millionen Euro.<br />
Energieverbrauch gesenkt<br />
Uwe Kaven ist Projektleiter<br />
PPP-Schulen<br />
Köln bei der Gebäudewirtschaft<br />
der Stadt<br />
Köln.<br />
Innerhalb von 27 Monaten hat HOCHTIEF Solutions<br />
die sieben Schulen sowie Sporthallen und<br />
61
Nebenbauten saniert und modernisiert. An zwei<br />
Standorten entstanden zudem Neu- und Erweiterungsbauten<br />
für zehn Klassenräume sowie ein<br />
Schulpavillon. In Zusammenarbeit mit der Stadt,<br />
der Schule und den benachbarten Kirchengemeinden<br />
gestaltete das Unternehmen zudem<br />
ein neues Forum an der Grundschule Lustheider<br />
Straße in Vingst. Während der Bauphase entwickelten<br />
die Beteiligten ein neues Konzept für den<br />
Veranstaltungsort, den jetzt auch die Bürger des<br />
Stadtteils nutzen können. Insgesamt wurden 35<br />
Millionen Euro in die Baumaßnahmen investiert.<br />
Bei den Sanierungsarbeiten wurden widerstandsfähige<br />
und pflegeleichte Materialien verwendet,<br />
die sich besonders gut für den Schulbetrieb eignen.<br />
Durch moderne Heizungsanlagen, Vollwärmeschutz<br />
an den Fassaden sowie eine neue<br />
Elektroanlage konnte der Energieverbrauch der<br />
Gebäude spürbar reduziert werden.<br />
Bis 2029 übernimmt der private Partner den Betrieb<br />
der Schulen und ist für alle Belange erster<br />
Ansprechpartner für die Stadt Köln. Dazu gehört<br />
beispielsweise auch die Behebung von Störungen<br />
und Schäden. Dazu wurde eine 24-Stunden-Telefonhotline<br />
eingerichtet. Mit dem Facility-Management<br />
hat HOCHTIEF Solutions ein mittelständisches<br />
Kölner Unternehmen beauftragt, das<br />
u.a. für Instandhaltung, Energiemanagement und<br />
Hausmeisterdienste verantwortlich ist.<br />
Hohe Nutzerzufriedenheit<br />
Der Betrieb der Schulen nach dem PPP-Modell<br />
wird von den Nutzern der Schulen durchweg<br />
positiv beurteilt. Die Schulen sind noch in den<br />
nach Vertragsinhalten vereinbarten Zuständen,<br />
auftretende Beanstandungen werden vom Betreiber<br />
nach einer Mängelanzeige zügig beseitigt, die<br />
Reinigungen erfolgen regelmäßig und gründlich.<br />
Zur Oualitätssicherung wurde ein Bonus-System<br />
entwickelt. Die Umsetzung und Kontrolle des Bonus-Systems<br />
erfordert allerdings einen etwas höheren<br />
Zeitaufwand seitens der Schulleitungen.<br />
Die Leistungen des PPP-Partners bzw. des Nachunternehmers<br />
für die Bereiche Hausmeistertätigkeiten<br />
und Reinigung werden quartalsweise mit<br />
Bewertungsbögen von den Schulen dokumentiert<br />
und beurteilt und mittels einer Skala von 1 bis 7<br />
bewertet. Bei einer Leistungsbeurteilung von<br />
Der aus einem Architekturwettbewerb hervorgegangene Entwurf der neuen Gesamtschule Köln-Rodenkirchen wurde von der<br />
eigens dafür gegründeten Projektgesellschaft HOCHTIEF PPP Schulpartner Köln-Rodenkirchen GmbH & Co. KG realisiert<br />
62
1 bis 2,4 erhält der Betreiber den vollen vereinbarten<br />
Bonus, ab der Leistungsnote 2,5 erfolgt<br />
eine Abstufung des Bonus bis auf 0.<br />
Im Bereich der Instandhaltung erfolgte die Umsetzung<br />
des Bonus-Systems durch die Einführung<br />
eines Mängelbuches, in dem die Schulleitung<br />
und die Schüler Mängel eintragen können. Der<br />
Betreiber dokumentiert in diesem Buch im Anschluss<br />
die Mängelbeseitigung mit den Ausführungsterminen.<br />
Bei nicht fristgerechter Mängelbeseitigung<br />
werden Bonus-Leistungen gekürzt.<br />
Umsetzung der vertraglichen Regelungen<br />
Die ausgestalteten Verträge sind komplex und die<br />
Auslegung der Regelungen bedarf mitunter rechtlicher<br />
Beratungen.<br />
In der Betreiberphase stellten sich im Laufe der<br />
Zeit einige Regelungen als unterschiedlich auslegbar<br />
dar. Es wurden Änderungswünsche der<br />
Nutzer in der Bauphase zügig im Einvernehmen<br />
umgesetzt, ohne parallel dazu das Vertragswerk<br />
anzupassen, sodass in der Betreiberphase über zusätzliche<br />
Kosten, die aus diesen Änderungen resultieren,<br />
verhandelt werden musste. Anzuführen<br />
sind hier z.B. der zusätzliche Ausbau für die offene<br />
Ganztagsschule (OGTS) mit dem Einbau von<br />
Aufenthaltsräumen und Mensen mit zusätzlichen<br />
Personal- und Lagerräumen oder der zusätzliche<br />
Einbau von Behindertentoiletten. Die Folgekosten<br />
sind hier erhöhter Reinigungs- und Energieaufwand<br />
und Instandhaltungskosten, die nun entsprechend<br />
berücksichtigt werden müssen.<br />
Einige Verhandlungen über Folgekosten konnten<br />
bis heute noch nicht abgeschlossen werden. Aufgrund<br />
dieser in Los 1 gemachten Erfahrungen<br />
wurde die vertragliche Ausgestaltung bei den folgenden<br />
Losen entsprechend angepasst.<br />
Durch Änderungen der Anforderungsprofile ergeben<br />
sich jedoch auch weiterhin ständig neue Situationen,<br />
die Anpassungen und neue Regelungen<br />
erforderlich machen.<br />
Gesamtschule Köln-Rodenkirchen<br />
Mit dem Auftrag über Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb<br />
der Gesamtschule Köln-Rodenkirchen realisiert HOCH-<br />
TIEF Solutions bereits sein zweites PPP-Bildungsprojekt in<br />
Köln<br />
Durch die Einbeziehung der Nutzer in die Feststellung<br />
von Mängeln und die Beurteilung der<br />
Beseitigung wird eine vermehrte Identifikation<br />
der Nutzer mit ihren Schulen erreicht.<br />
HOCHTIEF PPP Solutions hat die Gesamtschule<br />
im Kölner Stadtteil Rodenkirchen neu errichtet.<br />
Das Vertragsvolumen des Projekts beläuft sich auf<br />
126,9 Millionen Euro. Das Investitionsvolumen<br />
beträgt insgesamt etwa 52 Millionen Euro. In der<br />
neuen Gesamtschule Köln-Rodenkirchen können<br />
ganztägig 1.200 Schüler unterrichtet werden.<br />
Ende 2009 wurde die neue Bildungseinrichtung<br />
termingerecht fertiggestellt und der Stadt sowie<br />
63
der Schulgemeinde übergeben. Das etwa<br />
28.000 Quadratmeter große neue Gebäude<br />
zeichnet sich vor allem durch sein anspruchsvolles<br />
Design und die umweltfreundliche Energieversorgung<br />
aus. Die komplette Dachfläche wird<br />
für eine Photovoltaikanlage genutzt. Die Menge<br />
der auf diesem Wege gewonnenen Energie wird<br />
auf einer Infotafel ständig aktuell angezeigt. Außerdem<br />
ist das Gebäude mit einer eigenen Geothermieanlage<br />
ausgestattet, die über eine Wärmepumpe<br />
wesentlich dazu beiträgt, das Gebäude<br />
zu heizen bzw. zu kühlen. Für die Schüler gibt es<br />
zudem etwa 500 Fahrradstellplätze, die zu mehr<br />
als einem Drittel überdacht und direkt am Hauptgebäude<br />
gelegen sind.<br />
HOCHTIEF Solutions betreibt die Gesamtschule<br />
bis zum Jahr 2034. Zu den Aufgaben gehören dabei<br />
neben der Instandhaltung der Gebäudetechnik<br />
auch Dienstleistungen wie beispielsweise die<br />
Reinigung. Die Photovoltaik- und die Geothermieanlage<br />
sowie eine hervorragende Wärmedämmung<br />
sorgen dafür, dass der CO 2<br />
-Ausstoß signifikant<br />
reduziert wird.<br />
Richtige Entscheidung<br />
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt,<br />
dass die Umsetzung der Neubauten und Sanierungen<br />
im Rahmen des PPP-Betreibermodells die<br />
richtige Entscheidung war.<br />
Die erhoffte Beschleunigung in der Bauphase<br />
wurde erreicht, so wurde der Neubau der Gesamtschule<br />
Rodenkirchen im ersten Quartal 2008<br />
begonnen und bereits im dritten Quartal 2009<br />
fertiggestellt. Die Nutzerzufriedenheit konnte erhöht<br />
werden.<br />
Die Vertragsgestaltung hat sich als verbesserungsfähig<br />
erwiesen, eine Fortschreibung und Auslegung<br />
des Regelwerks ist erforderlich. Dies war allerdings<br />
angesichts der Komplexität zu erwarten<br />
und bedeutet letztendlich keine Beeinträchtigung<br />
des Erfolgsmodells PPP.<br />
Gelungene Zusammenarbeit<br />
Die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher<br />
Hand und Privatem verlief von Beginn an sehr<br />
partnerschaftlich und konstruktiv. Der intensive<br />
Austausch zwischen den Projektbeteiligten<br />
bot und bietet die Grundlage, um die Schulen<br />
erfolgreich und nachhaltig zu sanieren und zu<br />
bewirtschaften.<br />
Gerade das technische Gebäudemanagement<br />
stellte für die Kollegen vor Ort eine große Aufgabe<br />
dar. Die technische Ausstattung der Schulgebäude<br />
war zu Projektbeginn nicht mehr auf dem<br />
neuesten Stand und musste dringend erneuert<br />
werden. Dies musste Schritt für Schritt während<br />
der Sanierung und bei laufendem Schulbetrieb<br />
geschehen. Der Unterricht durfte durch diese<br />
Maßnahmen natürlich nicht beeinträchtigt werden.<br />
All dies erforderte eine intensive Abstimmung<br />
mit den Schulleitungen, die hier eine überaus<br />
große Kooperationsbereitschaft zeigten.<br />
Darüber hinaus gehört das infrastrukturelle Gebäudemanagement<br />
wie Hausmeisterdienste, Reinigung<br />
sowie Pflege der Außenanlagen und Winterdienst<br />
zu den Aufgaben des Privaten. Sowohl<br />
der Stadt als auch den Schulleitungen steht rund<br />
um die Uhr ein direkter Ansprechpartner zur Verfügung.<br />
Dies ist die Grundlage, um schnelle unkonventionelle<br />
Lösungen herbeizuführen und so<br />
eventuell entstehende Probleme schnell zu lösen.<br />
Zentrales Bindeglied zwischen den Schulen und<br />
HOCHTIEF sind vor allem auch die Hausmeister.<br />
Sie stehen maßgeblich für die hohe Qualität aller<br />
Dienstleistungen an den Schulen.<br />
64
Seit 6 Jahren in Betrieb – das Kreishaus Unna<br />
Von Thomas Buths<br />
Bei der Planung, Finanzierung, Sanierung und dem Betrieb des neuen<br />
Kreishauses im nordrhein-westfälischen Unna handelt es sich um das<br />
erste deutsche PPP-Projekt eines Verwaltungsgebäudes.<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
Das 1962 erbaute Gebäude konnte, nach dem<br />
Beschluss des Kreistags 2004 für die PPP-Beschaffungsvariante,<br />
an die veränderten Standards und<br />
Anforderungen angepasst werden. Ein von Bilfinger<br />
SE geführtes Konsortium erhielt den Zuschlag.<br />
Der Auftragsumfang beinhaltete zudem<br />
den Neubau eines Sitzungssaals sowie den Betrieb<br />
und die Unterhaltung des Kreishauses insgesamt<br />
und zwei weiterer Verwaltungsgebäude.<br />
Die Finanzierung des Projekts erfolgt durch eine<br />
Projektfinanzierung, für die die Projektgesellschaft<br />
PBKU durch Bilfinger Project Investments<br />
mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet wurde,<br />
um die von der privaten Seite übernommenen Risiken<br />
wirtschaftlich abzudecken. 10 Prozent des<br />
Stammkapitals der Projektgesellschaft und damit<br />
die Höhe des gesetzlichen Mindestkapitals hat<br />
der Kreis Unna eingebracht. Dies gibt ihm besondere<br />
Informationsmöglichkeiten und Mitwirkungsrechte<br />
und -pflichten bei Entscheidungen<br />
der Projektgesellschaft.<br />
Das Hauptgebäude Kreishaus Unna (Quelle: PBKU)<br />
Nach Abschluss der Sanierung und Erweiterung<br />
des Kreishauses zum 31. Juli von Bilfinger Pro-<br />
Thomas Buths<br />
2006 ist die Projektgesellschaft mit ihren<br />
Partnern seit über sechs Jahren für<br />
ject Investments<br />
Europe GmbH ist<br />
Geschäftsführer der<br />
die Instandhaltung (Wartung, Inspektion<br />
und Instandsetzung) der drei Liegen-<br />
Projekt- und Be-<br />
Projektgesellschaft<br />
schaften Kreishaus Unna, Gesundheitsamt<br />
und Hansastraße einschließlich den<br />
triebsgesellschaft<br />
Kreis Haus Unna<br />
mbH (PBKU).<br />
Dienstleistungsverträgen der Gebäudereinigung,<br />
Hausmeisterei und Pflege der<br />
Außenanlagen verantwortlich. Zudem garantiert<br />
die PBKU den Medienverbrauch von Strom und<br />
Wärme und steht für Überschreitungen der zugesicherten<br />
Menge ein, sofern die Kreisverwaltung<br />
das vereinbarte Nutzerprofil beibehält.<br />
Kontinuität und Verantwortlichkeit<br />
Spätestens seit Betriebsbeginn zeichnen sowohl<br />
die Geschäftsführung der PBKU als auch die Objektleiter<br />
von HSG Zander Rhein Ruhr GmbH<br />
(HSGz) für die ihnen übertragenen Dienstleistungen<br />
verantwortlich. Gleiches gilt für die Abteilung<br />
Zentrale Dienste des Kreises (ZD), die unter<br />
Einbeziehung des Kreisdirektors und des Baudezernats<br />
für alle investiven Änderungen in der<br />
Betriebsphase zuständig ist. Gemeinsam mit dem<br />
Kreis Unna wird ein kundenorientiertes, ökonomisches<br />
Gebäudekonzept tagtäglich gelebt und<br />
nach Möglichkeit optimiert. Dazu dienen maßgeblich<br />
die turnusgemäßen Besprechungen wie<br />
auch die quartalsweise Bewer tung der Dienstleistungen.<br />
Mit der jährlichen Ob jektbegehung werden<br />
vorrangig bauliche Mängel oder Abnutzungen<br />
erfasst. Im Interesse der kreditgebenden Banken<br />
65
ist seit Baubeginn als Projectcontroller ALBA Bau-<br />
ProjektManagement GmbH tätig. ALBA überwacht<br />
die Qualität der verwendeten Materialien<br />
und deren Kosten. Aufwendungen für Reparatur-<br />
und Ersatzmaßnahmen am Objekt werden<br />
hinsichtlich einer fachgerechten und wirtschaftlichen<br />
Ausführung bewertet. Damit wird sichergestellt,<br />
dass die definierten Maßnahmen mit den<br />
Instandhaltungsrücklagen korrespondieren und<br />
diese auskömmlich sind.<br />
Transparenz und Flexibilität<br />
Wie flexibel ist das PPP-Modell mit seinen Kernaufgaben<br />
Planen, Bauen, Finanzieren, Betreiben?<br />
Auswertungstabelle der DL-Bewertungen<br />
Quelle: PBKU<br />
Reinig V Hausm V Aussen V Instandh V<br />
Ergebnis IV Q 2007 3.41 2.74 3.53<br />
3.11<br />
2007<br />
Ergebnis I Q 2008 3.32 2.65 3.40<br />
Ergebnis II Q 2008 3,52 2,55 3,09<br />
Ergebnis III Q 2008 3,17 2,47 2,65<br />
Instandhaltung: 5xA = 0,3 9xB = 0,9 9xC = 9 und 19xD > max. 25%<br />
Ergebnis IV Q 2008 2,99 2,49 2,97<br />
2,82<br />
2008<br />
Ergebnis I Q 2009 2,99 2,56 3,24<br />
Ergebnis II Q 2009 2,87 2,44 3,00<br />
Ergebnis III Q 2009 3,00 2,63 2,89<br />
Instandhaltung: 9xA = 0,45 4xB = 0,4 1xC = 0 und 2xD sind 6,85%<br />
Ergebnis IV Q 2009 2,77 2,47 2,80<br />
2,51<br />
2009<br />
Ergebnis I Q 2010 2,93 2,56 3,11<br />
Ergebnis II Q 2010 3,19 2,68 3,15<br />
Ergebnis III Q 2010 2,81 2,64 3,06<br />
Instandhaltung: 5xA = 0 2xB = 0 3xC = entspricht 3%<br />
Ergebnis IV Q 2010 3,05 2,62 2,97<br />
Ergebnis I Q 2011 2,91 2,60 2,87<br />
Ergebnis II Q 2011 2,90 2,38 2,94<br />
Ergebnis III Q 2011 2,89 2,37 2,74<br />
Instandhaltung: 3xA = 0 0xB = 0 0xC = entspricht 0%<br />
Ergebnis IV Q 2011 2,77 2,40 2,91<br />
2,83<br />
2010<br />
2,49<br />
2011<br />
Ergebnis I Q 2012 2,85 2,39 2,73<br />
Ergebnis II Q 2012 2,81 2,32 2,72<br />
Ergebnis III Q 2012 2,67 2,31 2,63<br />
Instandhaltung: 4xA = 0 1xB = 0 1xC = 0 0xD = 0 entspricht 0%<br />
Ergebnis IV Q 2012 2,72 2,34 2,68<br />
2,52<br />
2012<br />
Welchen Spielraum haben die handelnden Institutionen<br />
im Betrieb?<br />
Mit der Errichtung einer modernen Feuerwehrzentrale<br />
am Stadtrand von Unna im Jahr 2010<br />
waren die Parteien aufgefordert, die bisher im<br />
Kreishaus als Leitstelle genutzten Räumlichkeiten<br />
einer adäquaten Nutzung zuzuführen. Unter<br />
Bündelung aller Interessen konnten mittels eines<br />
Umzugskonzepts die Instandsetzungsarbeiten an<br />
der Außenfassade (Aufwand der PBKU) mit dem<br />
Innenumbau zu regulären Büroräumen (Nachtrag<br />
des Kreises) wirtschaftlich kombiniert werden.<br />
Einen anderen Ursprung hatte eine Maßnahme<br />
der Kreisverwaltung im Jahr 2007, als durch<br />
Übertragung zusätzlicher Aufgaben Personal im<br />
Bereich der Versorgungsverwaltung zu integrieren<br />
war. Sowohl die neuen Kreismitarbeiter als<br />
auch deren Klientel machten eine Erweiterung<br />
der behindertengerechten Erschließung des Kreishauses<br />
notwendig. Qualifizierte Anforderungen<br />
der ZD erlaubten der PBKU eine marktgerechte<br />
Angebotslegung und zeitnahe Realisierung optischer<br />
und akustischer Wegweiser.<br />
Ein ganz anderes Zeichen setzten der Kreis Unna<br />
und die PBKU, als sie die ÖPP-Projektverträge<br />
zum Kreishaus Unna offenlegten. Seit September<br />
2012 können der PPP-Projekt- und Konsortialvertrag<br />
sowie alle Anlagen auf der Transparenzplattform<br />
www.partnerschaften-deutschland.de/trans<br />
parenzplattform eingesehen werden. Sie sind<br />
damit die dritten Vertragspartner eines ÖPP-Projekts,<br />
die sich zur Offenlegung entschieden.<br />
Für den Kreisdirektor Rainer Stratmann eine<br />
Selbstverständlichkeit: „Vertrauen kann sich nur<br />
aufgrund ausreichender und nachvollziehbarer<br />
Informationen aufbauen. Hierfür ist die Transparenz<br />
über das Vorgehen der Projektpartner unabdingbar.“<br />
Die Veröffentlichung der Vertragsunterlagen<br />
war damit ein folgerichtiger Schritt für den<br />
Kreis und die Projektgesellschaft.<br />
Ein Leitsatz des Kreisdirektors hat nach wie vor<br />
Bestand: Art und Umfang der Risikoverantwort-<br />
66
2012 wollte sich Bilfinger Project Investments<br />
GmbH (PI) von seinen Anteilen trennen und diese<br />
zusammen mit 19 weiteren Projekten an den<br />
Bilfinger Berger Global Infrastructure Fund (BBGI)<br />
veräußern – ein Vorgang, mit dem der Entwickler<br />
gebundene Mittel wieder an die Hand bekommt,<br />
um diese in neue Projekte investieren zu können.<br />
Die Gesellschaftsform der GmbH und das Vertragswerk<br />
sehen hierfür eine Zustimmung des<br />
Kreises vor. Anfängliche Bedenken konnten erst<br />
ausgeräumt werden, nachdem dem Kreis nachlichkeit<br />
sind in den Verträgen so umfassend definiert,<br />
dass Vertragsanpassungen bisher nicht<br />
notwendig waren und auch in Zukunft nicht zu<br />
erwarten sind. In der Praxis hat sich dies durch<br />
die Diszipliniertheit der Partner bestätigt. Dennoch<br />
wird weiterhin abzuwägen sein, ob neue<br />
Anforderungen und Standards Einflüsse auf die<br />
Prozessabläufe oder die geschuldete Leistung haben<br />
werden, und wenn ja, welche Auswirkung<br />
dies auf die einzelnen Vergütungsbestandteile<br />
haben wird.<br />
Kostendisziplin – Qualität, die man sieht<br />
Blick ins Bürgerbüro KH Unna (Quelle: PBKU)<br />
Einfluss auf das Umland<br />
Das monatliche Nutzungsentgelt setzt sich aus<br />
folgenden Komponenten zusammen:<br />
x Zins und Tilgung der Gesamtinvestition von<br />
rund 24 Millionen Euro<br />
x Instandhaltungsleistungen<br />
x Versorgung mit Energie für Heizung inkl.<br />
Indexierung<br />
x Versorgung mit Strom inkl. Indexierung<br />
x Leistungsentgelte für Reinigung, Hausmeister<br />
und Pflege der Außenanlagen<br />
x Bonus/Malus für Reinigung, Hausmeister,<br />
Pflege der Außenanlagen, Instandhaltung<br />
x Erstinvestition und Betriebskosten für<br />
Nachträge<br />
Das Basisentgelt – rund 300.000 Euro/Monat –<br />
wurde seit Betriebsbeginn lediglich der vereinbarten<br />
Indexierung unterzogen. Betriebskosten,<br />
die aus Zusatzleistungen und Dienstleistungsänderungen<br />
initiiert durch den Kreis resultieren,<br />
werden nach gemeinsamer Abnahme aktiviert<br />
und über die verbleibende Vertragsdauer<br />
verrechnet.<br />
In seiner Außendarstellung ist dem Kreishaus<br />
2011, als Teil eines Forschungsauftrags des Bundesministeriums<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
(BMVBS) zu Architekturqualität für<br />
ÖPP, ein hohes Maß an Funktionalität und Qualität<br />
mit besonderem Vermerk auf Wirkung und<br />
Anmutung bescheinigt worden.<br />
Das Kreishaus und die PBKU wirken auch als<br />
Wirtschaftsfaktor in der Region. Bereits während<br />
der Bauphase wurde nachweislich eine Vergabequote<br />
an klein- und mittelständische Unternehmen<br />
von über 80 Prozent der Herstellkosten erzielt.<br />
Dies setzt sich im Betrieb fort. Ortsnahe<br />
Lieferanten und Handwerker tragen einen maßgeblichen<br />
Anteil zur zeitnahen Behebung auftretender<br />
Mängel und sind langfristig mit Wartungsverträgen<br />
an das Objekt gebunden. Gerade durch<br />
die langfristigen Kooperationen ist es der PBKU<br />
möglich, die vereinbarten Reaktions- und Behebungszeiten<br />
einzuhalten.<br />
In den Gesellschafterversammlungen werden gemeinschaftlich<br />
mit dem Kreis mindestens einmal<br />
im Jahr formale Beschlüsse zur inhaltlichen Auslegung<br />
und Optimierung von Prozessen sowie die<br />
Verwendung des durch die Wirtschaftsprüfer testierten<br />
Jahresergebnisses vereinbart.<br />
67
gewiesen wurde, dass ein mehrheitliches Engagement<br />
des Bilfinger Konzerns erhalten geblieben<br />
war. Für die PBKU hat sich nichts geändert. Sie<br />
hat die gleichen vertraglichen Verpflichtungen<br />
gegenüber ihrem Partner, dem Kreis Unna, und<br />
nimmt diese mit dem gleichen Engagement wahr.<br />
Die Gesellschafter wiederum haben die gleichen<br />
Interessen wie die Kreditgeber: eine umfänglich<br />
funktionale, nutzbare Liegenschaft.<br />
Die nächsten 18 Betriebsjahre<br />
In den noch verbleibenden 18 Jahren Vertragslaufzeit<br />
wird das Kreishaus fortlaufend in dem<br />
baulichen Zustand wie zur Übergabe im Jahr<br />
2006 gehalten. Nach zehn Jahren ist, wie im Darlehensvertrag<br />
vereinbart, zum 2. Januar 2016 die<br />
erste Zinsanpassung geplant. Zur Sicherstellung<br />
der vertragsgemäßen Rückgabe des Gebäudes<br />
kann ab dem Jahr 2026 über einen Zeitraum von<br />
fünf Jahren ein gleichbleibender Teilbetrag bis zu<br />
einer Höhe von vier Millionen Euro einbehalten<br />
werden. Im Jahr 2031 hat der Kreis eine einseitige<br />
Option der Verlängerung der Dienstleistungsverträge<br />
um weitere fünf Jahre. In einem gemeinsamen<br />
Resümee nach fünf Jahren Betrieb wurde<br />
festgestellt: Durch die Identifikation mit dem Projekt<br />
ist die Akzeptanz und Wertschätzung der<br />
Kreisverwaltung mit ihren mehr als 600 Mitarbeitern<br />
in den drei Liegenschaften gewachsen.<br />
Das PPP-Modell ist eindeutig keine reine Finanzierungsvariante,<br />
sondern eine langfristige Partnerschaft<br />
mit nachhaltiger Auswirkung auf die<br />
Qualität der Substanz der Liegenschaft und der<br />
übertragenen Dienstleistungen. Der PPP-Vertrag<br />
kann nicht alles umfänglich regeln, es ist an den<br />
Parteien, dies zu leben und einvernehmlich flexibel<br />
und transparent auszugestalten. „Wir würden<br />
es wieder machen“, bestätigte der Kreisdirektor.<br />
Vertragsstruktur-Kosmos<br />
Quelle: PBKU<br />
Kreis Unna<br />
Bilfinger Project<br />
Investments GmbH<br />
KfW<br />
SPK Unna<br />
Bilfinger SE<br />
PBKU mbH<br />
(= Kreis Unna 10%<br />
BOT 90%: GesellschaftsV)<br />
HSG Zander RR GmbH<br />
Konsortialpartner<br />
Projektverträge:<br />
1. PPP-Projekt- und Konsortialvertrag<br />
1a. Gesellschaftsvertrag (Anlage zu 1.)<br />
2. Pachtvertrag<br />
3. Sanierungs- und Mietvertrag<br />
4. Hausmeister-Servicevertrag<br />
5. Reinigungs-Servicevertrag<br />
6. Außenanlagen-Servicevertrag<br />
7. Schlichtungs- und Schiedsvereinbarung<br />
8. Direktvereinbarung<br />
9. Schiedsgutachtenabrede<br />
Finanzierungsverträge PBKU:<br />
10. Pfändungsvereinbarung über Kontenforderung<br />
11. Vertrag zur Sicherungsabtretung von Ansprüchen aus Projektverträgen<br />
12. Darlehensvertrag<br />
13. Vertrag zur Sicherungsabtretung von Ansprüchen aus Versicherungen<br />
Finanzierungsverträge PBKU:<br />
14. Generalunternehmervertrag mit der Bilfinger SE<br />
15. Vertrag über die Durchführung von Erhaltungs- und Unterhaltungsarbeiten mit HSGz RR GmbH<br />
16. Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bilfinger Project Investments GmbH<br />
17. Rahmenvereinbarung<br />
68
Seit 1 Jahr in Betrieb – Schloss Sonnenstein in Pirna<br />
Von Oliver Baumann und Daniel Przemeck<br />
Wer in jüngerer Zeit schon einmal in Pirna war, wird zustimmen: Die<br />
Stadt hat mit dem sanierten Schloss Sonnenstein ihre Krone zurückerhalten.<br />
Das Ergebnis der Sanierung der denkmalgeschützten Substanz<br />
und ihrer Ergänzung mit Neubauten zur Nutzung als Landratsamt im<br />
Rahmen einer PPP kann sich sehen lassen.<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
Nach der Beauftragung des Bieterkonsortiums<br />
im Dezember 2009 begannen sogleich die ersten<br />
Beräumungs- und Entkernungsarbeiten am<br />
Schloss. Zeitgleich wurde ein gemeinsames Besprechungsregime<br />
eingeführt. Mit dem Auftraggeber<br />
(AG), der in Pirna zugleich Nutzer der Objekte<br />
ist, der Bilfinger Hochbau, Dreßler Bau als<br />
federführendem Unternehmen der Umsetzungsphase<br />
und dem Betreiber Bilfinger HSG Facility<br />
Management saßen regelmäßig alle wesentlichen<br />
Interessenvertreter an einem Tisch zusammen.<br />
Dabei stellt sich die Frage, warum der spätere Betreiber<br />
schon derart früh, zwei Jahre vor Beginn<br />
seiner eigentlichen Aufgabe, präsent sein muss.<br />
Das Diagramm zur Kumulation der Lebenszykluskosten<br />
einer Immobilie über die Zeit und den<br />
Grad der Beeinflussbarkeit dieser Kosten liefert die<br />
Antwort. Die Möglichkeiten, Einfluss auf die Lebenszykluskosten,<br />
insbesondere auch auf die Betriebskosten<br />
zu nehmen und auf eine Immobilie<br />
hinzuwirken, die funktional ist und sich gut und<br />
wirtschaftlich betreiben lässt, sind zu Beginn des<br />
Lebenszyklus bzw. während der Planungs- und<br />
Bauphase am größten. Dementsprechend ist aus<br />
Betreibersicht die Fort setzung des eigenen Engagements<br />
während der Ausführungsphase unbedingt<br />
erforderlich. Es bestehen im Wesentlichen zwei<br />
Aufgabenstellungen:<br />
x Zum einen die lebenszyklusorientierte Baubegleitung<br />
zur bestmöglichen Ausrichtung des Objekts<br />
auf den späteren Betrieb.<br />
x Zum anderen die Vorbereitung bzw.<br />
geordnete Aufnahme des Betriebs<br />
selbst.<br />
Da die Interessenlage des Betreibers der<br />
des AG somit nicht unähnlich ist, entsteht<br />
für diesen ein Mehrwert aus der<br />
Präsenz des Betreibers.<br />
Herausforderungen der<br />
Umsetzungsphase<br />
In Pirna war die Herausforderung für<br />
die Umsetzungsphase groß. Mit den<br />
Bestandsbauten war ein Rahmen vorgegeben,<br />
innerhalb dessen eine völlig<br />
neue Strukturierung erfolgte und alle Flächen<br />
unterzubringen waren. Hier lag ein entsprechendes<br />
Augenmerk darauf, dafür zu sorgen, dass im<br />
dynamischen Planungsprozess der Architekten<br />
mit seinen Flächenverschiebungen und diversen<br />
Zwängen die Betreiberräume sinnvoll angeordnet<br />
und z.B. Distanzen zu Putzmittel- oder Lagerräumen<br />
vertretbar blieben. Ein wesentlicher Faktor<br />
bei Schloss Sonnenstein war jedoch die historische<br />
Bausubstanz.<br />
Jahrelanger Leerstand und wesentliche Schäden<br />
an der Gebäudehülle hatten dieser stark zugesetzt.<br />
Daher fand schon in der Angebotsphase eine<br />
intensive Auseinandersetzung mit der Substanz<br />
in Hinblick auf den Sanierungsgrad und die<br />
erforderlichen Sanierungsmaßnahmen im Aus-<br />
Oliver Baumann<br />
ist Projektleiter<br />
der Abteilung Lifecycle<br />
Projects der<br />
Bilfinger HSG Facility<br />
Management<br />
GmbH.<br />
Daniel Przemeck ist<br />
Projektingenieur<br />
der Abteilung Lifecycle<br />
Projects der<br />
Bilfinger HSG Facility<br />
Management<br />
GmbH.<br />
69
tausch zwischen Bau und Betrieb statt. In diesem<br />
Zug wurden eine Reihe von Maßnahmen geplant<br />
und kalkuliert, z.B. eine horizontale Feuchtigkeitssperre<br />
gefährdeter Außenwände, das Aufbringen<br />
eines „Opferputzes“ mit geplantem Austausch<br />
in der Betriebsphase in Bereichen mit feuchtem<br />
Mauerwerk (Restfeuchte) oder Revisionsöffnungen<br />
im neuen Dachstuhl, um die dort vorgesehene<br />
Lüftungsanlage eines Tages austauschen zu<br />
können.<br />
Neben der Konkretisierung der geplanten Maßnahmen<br />
zusammen mit dem Bau und ihrer Klärung<br />
im Detail war in der Umsetzungsphase nicht<br />
zuletzt die Reaktion auf neue sich ergebende Problemstellungen<br />
erforderlich. Da sich diese häufig<br />
außerhalb der Risikosphäre des AG bewegten,<br />
kam es insbesondere auf die Abstimmung zwischen<br />
Bau und Betrieb an, bei der die Zielstellungen<br />
in der Umsetzungsphase unter Umständen<br />
nicht gleichgerichtet sein können. Vereinfacht<br />
gesagt wünscht sich der Betriebspartner umfangreiche<br />
Maßnahmen unter Berücksichtigung bestmöglicher<br />
Qualitäten durch den Bau für einen sicheren<br />
und wirtschaftlichen Betrieb, während der<br />
Bau den vertraglich fixierten Rahmen für seine<br />
Baukosten im Blick behalten muss. In Pirna entschieden<br />
bei Zielkonflikten die Lebenszykluskosten<br />
anhand von Barwertbetrachtungen (Bau- und<br />
Betriebskosten) über eine Maßnahme bzw. die zur<br />
Ausführung kommende Variante.<br />
So wurden z.B. Technikräume des Gewerks Elektro<br />
in einem Bereich im Untergeschoss untergebracht,<br />
der sich als die von der Flächenplanung<br />
Luftbild von Schloss Sonnenstein<br />
her geeignetste Stelle herauskristallisiert hatte.<br />
Aufgrund der Raumkonditionen in den mit Sandsteinwänden<br />
und -gewölbedecke versehenen<br />
Räumlichkeiten wurden betriebsseitig zunächst<br />
Bedenken angemeldet. Es bestanden Zweifel, ob<br />
die dort einzustellende Technik ihre vorgesehene<br />
Lebensdauer unter diesen Bedingungen erreicht.<br />
Der Bauphysik-Planer des Projekts wurde befragt<br />
und gemeinsam mit dem Baupartner wurden<br />
Maßnahmen festgelegt. So wurde z.B. in der Regelung<br />
der Belüftung des Bereichs berücksichtigt,<br />
dass vor allem im Sommer möglichst nur kühle<br />
und feuchtigkeitsarme Luft zugeführt wird.<br />
Blick über Jugendstilgarten und Schlosshof auf Elbflügel<br />
Der Dialog mit dem AG<br />
Neben den direkten Abstimmungen zwischen Bau<br />
und Betrieb waren es in Pirna aber vor allem die<br />
konstruktiven Besprechungen mit dem AG, die<br />
sich gewissermaßen wie ein roter Faden durch die<br />
gesamte Umsetzungsphase zogen.<br />
Da in der Regel nicht nur der Betrieb an den baulichen<br />
Besprechungen teilnahm, sondern umgekehrt<br />
auch der Bau an Besprechungen zu Betriebsthemen,<br />
konnten beide als AN tatsächlich<br />
als Einheit auftreten. Das viel kommunizierte „aus<br />
einer Hand“ wurde wirklich gelebt. Eventuelle<br />
Fragen und die Auswirkungen von Maßnahmen<br />
auf eine der drei Parteien konnten oft unmittelbar<br />
geklärt, zumindest jedenfalls direkt von den<br />
Betroffenen auf- und mitgenommen werden. Das<br />
Ergebnis waren schnelle gemeinsame Lösungsfindungen<br />
und Ergebnisse. Auch so wurde letztlich<br />
ein Beitrag dazu geleistet, den ambitionierten Terminplan<br />
einzuhalten und zum 1. Dezember 2010<br />
70
fristgerecht nach nur 18 Monaten Bauzeit in Betrieb<br />
zu gehen.<br />
Positiv hervorzuheben ist in diesem Kontext auch<br />
die gute Organisation des AG in der Umsetzungsphase.<br />
Je nach Thema saßen die jeweils wesentlichen<br />
Zuständigen des AG am Tisch. So konnten<br />
Entscheidungen konstruktiv und zeitnah gefällt<br />
werden. Andere Fragestellungen konnten weiterführend<br />
zur anschließenden Einplanung auch<br />
betriebsseitig besprochen werden. In fachspezifischen<br />
Fragen konnte der AG auf kompetente Unterstützung<br />
zurückgreifen, sodass auch zu solchen<br />
Themen zügige und für alle Parteien tragbare Lösungen<br />
gefunden werden konnten.<br />
Lebenszyklusorientierte Baubegleitung<br />
Durch den Betreiber wurden weiterhin u.a. die<br />
nachstehend beschriebenen Leistungen erbracht,<br />
die sich aus seinem Erfahrungsschatz heraus als<br />
obligatorisch für die Umsetzungsphase herausgestellt<br />
haben.<br />
Kreistagssaal mit Bestuhlung<br />
Zur generellen Überprüfung der Planungen hinsichtlich<br />
betrieblicher Belange gab es regelmäßige<br />
Planungssichtungen. Die Ergebnisse wurden dem<br />
Bau übermittelt und hinsichtlich ihrer Umsetzung<br />
mit ihm besprochen. Beispiele für verfolgte Punkte<br />
sind etwa die bereits angesprochene Lage von<br />
Betreiberräumen, Zugänglichkeiten zu Technik<br />
und Revisionsöffnungen, erforderliche Bodenabläufe<br />
oder die Öffnungsmöglichkeit von Fenstern<br />
zur Reinigung – kurzum Dinge, die im Betrieb den<br />
Unterschied machen können.<br />
Ähnlich gelagert waren die Baubegehungen, bei<br />
denen nach Mängeln und Auffälligkeiten Ausschau<br />
gehalten wurde. In einem etablierten Prozess<br />
wurden diese an den Baupartner gemeldet<br />
und von diesem bearbeitet. Die Vorteile liegen auf<br />
der Hand: Mit den Begehungen wurde bereits früh<br />
in der Umsetzungsphase angesetzt. So erkannte<br />
Mängel sind bei Übergabe zum Betriebsbeginn im<br />
Zweifel nicht mehr erkennbar. Der Betreiber spart<br />
sich auf diese Weise Arbeit zu einem ungünstigeren<br />
Zeitpunkt – in der Betriebsphase – bzw. verlagert<br />
die Arbeit vor, indem er potenzielle Gewährleistungsmängel<br />
eben schon vorab erkennt. Auch<br />
die Beseitigung der Mängel bedeutet während der<br />
Umsetzungsphase weniger Aufwand, da die jeweiligen<br />
Nachunternehmer noch vor Ort sind. Indem<br />
sich mit dem Betreiber eine weitere Instanz vor<br />
dem Hintergrund ihrer eigenen Expertise mit Planung<br />
und Bauausführung befasst, wird so ein Qualitätsmanagement<br />
zum Nutzen aller betrieben.<br />
Auch bei den Nachunternehmerausschreibungen<br />
bzw. -vergaben des Baus sowie den Bemusterungen<br />
war in Pirna der Betreiber involviert.<br />
Zunächst wurden die relevanten Leistungsverzeichnisse<br />
der Nachunternehmerausschreibungen<br />
des Baus durch den Betreiber gesichtet und<br />
kommentiert und bei Bedarf eine eigene Abfrage<br />
von Wartungsleistungen angehängt. Im Sinne des<br />
Lebenszyklusgedankens fanden anschließend gemeinsame<br />
Vertragsverhandlungen mit den potenziellen<br />
Nachunternehmern statt, sofern ein Wartungsauftrag<br />
durch den Betreiber zu vergeben war.<br />
Ziel war die Beauftragung desjenigen Bieters, der<br />
das Optimum aus Errichtungs- und Betriebskosten<br />
offerierte.<br />
Bei den Bemusterungen standen für den Betreiber<br />
vor allem Bauteile mit bedeutenden Auswirkungen<br />
auf Betrieb und Instandsetzungskonzept wie<br />
etwa Bodenbeläge im Vordergrund. Für die gemäß<br />
Farbkonzept zur Auswahl stehenden Werksteinplatten<br />
im Foyer, einem publikumsintensiven<br />
Bereich, wurde Input bezüglich Farbe und Oberflächenbeschaffenheit<br />
mit Blick auf die Reinigungsfähigkeit<br />
gegeben.<br />
71
Strukturierte Betriebsaufnahme<br />
Mit Blick auf die strukturierte Vorbereitung und<br />
Aufnahme des Betriebs haben wiederum verschiedene<br />
Tätigkeiten einen erfolgreichen Beginn des<br />
Regelbetriebs in Pirna ermöglicht.<br />
Im ersten Schritt wurden dazu frühzeitig die<br />
schon im Betreiberkonzept beschriebenen Prozesse<br />
vorgestellt und erläutert. Anschließend wurden<br />
diese gemeinsam mit dem AG konkretisiert<br />
und auf seine eigenen Betriebsabläufe abgestimmt.<br />
Dadurch wurde auch der ein oder andere Anstoß<br />
für den AG geliefert, seine Prozesse auf den neuen<br />
Standort Schloss Sonnenstein anzupassen bzw.<br />
überhaupt erst zu definieren. Beispiele für die<br />
Prozessabstimmung sind die Konkretisierung und<br />
IT-technische Umsetzung von Malus-System oder<br />
Berichtswesen. Darüber hinaus wurden auch spezielle<br />
Schnittstellen und Prozesse festgelegt, z.B.<br />
in Bezug auf die Notfallbereitschaften von AG und<br />
Betreiber, deren jeweilige Befugnisse, zu informierende<br />
Stellen und Kommunikationswege. Mit einem<br />
Diensthabenden für außergewöhnliche Ereignisse<br />
(DAE) und einem Katastrophenschutzstab<br />
sowohl als räumliche Vorhaltung im Schloss als<br />
auch als Kreis von Funktionsträgern für den Fall<br />
der Fälle gab es auf Seiten des AG hier umfangreiche<br />
Strukturen. Angesichts von Pirnas Lage direkt<br />
an der Elbe ist dies sicherlich notwendig, man<br />
denke nur an das Hochwasser von 2002.<br />
Ein neu zu errichtendes Parkhaus war ebenfalls<br />
Teil des Projektumfangs. Aufgrund der Parksituation<br />
vor Ort und verschiedenster im Schloss stattfindender<br />
Veranstaltungen, von der Kreistagssitzung<br />
bis zum Ärztekongress, wurden verschiedene Rabattierszenarien<br />
für die Besucher und Gäste des<br />
Landratsamts bis hin zu einer freien Ausfahrt festgelegt.<br />
Der Druck der rabattierten Tickets und die<br />
Instandhaltung des Systems liegen im Leistungsumfang<br />
des Betreibers.<br />
Hausaufgaben des Betreibers<br />
Abgesehen von Prozessdefinitionen gemeinsam<br />
mit dem AG gehört zur Vorbereitung des Betriebs<br />
selbstverständlich auch die eigene Vorbereitung.<br />
Die Liste der „Hausaufgaben“ des Betreibers ist<br />
lang. Ohne die Aufstellung und Einarbeitung des<br />
Objektteams, die Beschaffung von Werkzeug und<br />
anderer Ausstattung, den Bezug des Betreiberbüros,<br />
die Bindung der erforderlichen Nachunternehmer,<br />
eine Anlagenaufnahme, die Implementierung<br />
des CAFM-Systems, die Erstellung der Wartungsplanung<br />
oder der Bereitschaftsplanung etc. ist keine<br />
geordnete Aufnahme des Betriebs möglich.<br />
Im wegen des engen Terminplans hektischen<br />
Schlussspurt der Umsetzungsphase war dies mitunter<br />
eine Herausforderung. Insbesondere die für<br />
den Betriebsbeginn wichtigen Einweisungen in die<br />
Anlagen fanden teilweise sehr kurzfristig statt und<br />
waren überhaupt nur deshalb realisierbar, weil<br />
das Objektteam bereits mehrere Wochen vor dem<br />
Start des Regelbetriebs komplett vor Ort war.<br />
Sehr bewährt hat sich rückblickend, dass der spätere<br />
Objektleiter wie vorgesehen schon nahezu<br />
während der kompletten Umsetzungsphase mit<br />
zunehmender Kapazität zur Verfügung stand. Er<br />
konnte so seine umfassenden technischen Kenntnisse<br />
und operativen Erfahrungen in die Planung<br />
einbringen. Es fand ein kontinuierlicher Transfer<br />
des Know-hows aus der Angebotsphase statt und<br />
der Objektleiter war zu Betriebsbeginn in einzigartiger<br />
Weise mit seinem Objekt und den projektspezifischen<br />
Prozessen vertraut, da er Planung und<br />
Umsetzung mit begleitet hatte.<br />
Ihren Abschluss fand die Umsetzungsphase in der<br />
Eröffnungsfeier des sanierten Schlosses Sonnenstein<br />
und zwei Tagen der offenen Tür für alle Interessierten<br />
– erste Bewährungsproben für das Objektteam<br />
des Betreibers, die erfolgreich gemeistert<br />
wurden.<br />
72
Schulen des Landkreises Miesbach: innovativ,<br />
energieeffizient und wirtschaftlich<br />
Von Bianca Grübbel<br />
Im Mai 2012 wurde der Vertrag zum ÖPP „Schulen des Landkreises Miesbach“<br />
unterzeichnet. Durch die integrale Planung konnten die Gebäude<br />
schon früh auf eine maximale Energieeffizienz unter wirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten ausgerichtet werden. Die Umsetzung des nachhaltigen<br />
Bauens ist Ziel dieser Öffentlich-Privaten Partnerschaft.<br />
In den Gemeinden Gmund am Tegernsee und<br />
Holzkirchen werden bis Sommer 2014 drei Schulen<br />
und zwei Dreifachsporthallen neu errichtet.<br />
Die Realschule Gmund wird nach einem modernen<br />
pädagogischen Konzept geplant. Das umzusetzende<br />
Fachraumprinzip gibt für die Planung<br />
neue funktionale Impulse. Bei diesem Konzept<br />
wechseln die Schüler nach jeder Schulstunde<br />
den Fachraum und leben auf diese Weise das<br />
Prinzip der bewegten Schule. Der Schulbetrieb in<br />
Gmund startet im März 2014.<br />
In Holzkirchen sind später einmal die Fachoberschule<br />
und das Gymnasium in einem Schulzen-<br />
Bianca Grübbel<br />
ist Projektleiterin<br />
trum beheimatet. Durch die Bildung bei der SKE Facility<br />
Management<br />
dieses Schulcampus kann durch die<br />
GmbH.<br />
Nutzung von Synergien die Flächeneffizienz<br />
maximiert werden. Dies wurde<br />
u.a. durch die multifunktional nutzbare Aula,<br />
die den zentralen Punkt des Campus bildet,<br />
umgesetzt. Die zentrale Piazza, die sich an die<br />
Aula im Außenbereich anschließt, ergänzt die<br />
vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Für Veranstaltungen<br />
kann für die Aula ein Außenbezug<br />
hergestellt werden. Auf dem Schulcampus in<br />
Holzkirchen beginnt der Schulbetrieb zum Schuljahr<br />
2014/15.<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
Das Schulzentrum Holzkirchen<br />
73
Im Mai 2012 wurde der Vertrag vom Landkreis<br />
Miesbach und der SKE Facility Management<br />
GmbH unterzeichnet.<br />
Vielschichtige Nachhaltigkeit<br />
Das ÖPP-Projekt Schulen des Landkreises Miesbach<br />
hatte die integrale Planung von Beginn an<br />
als Ziel. Dahinter steht die Auffassung, dass nachhaltiges<br />
Bauen sich nicht allein durch die Energieeffizienz<br />
definiert. Der Gedanke der Nachhaltigkeit<br />
ist vielschichtiger angesetzt. Eine optimale<br />
Ausrichtung gelingt jedoch nur, wenn sich alle<br />
am Projekt Beteiligten diesem Ziel verschreiben.<br />
Dies wurde für die Schulen des Landkreises Miesbach<br />
umgesetzt.<br />
Das nachhaltige Bauen definiert sich über die folgenden<br />
konzeptionellen Punkte:<br />
Die Funktionalität der Gebäude für den Nutzer<br />
darf nie hinter der Flächeneffizienz zurückstehen.<br />
Die optimale Kombination aus Funktionalität<br />
und Flächeneffizienz wurde durch die architektonischen<br />
Konzepte in vorbildlicher Weise<br />
umgesetzt.<br />
Zudem wurden am Standort Holzkirchen die<br />
zu errichtenden Parkflächen über die Lösung eines<br />
Parkdecks konzipiert. Über dem Parkdeck<br />
befindet sich später der Schulhof des Gymnasiums.<br />
Durch diese Umsetzung werden die Grundstücksfläche<br />
und der natürliche Geländeverlauf<br />
optimal genutzt. Funktional ist diese Lösung aufgrund<br />
ihrer zentralen Lage auf dem Grundstück<br />
und der so entstehenden kurzen Wege für die<br />
Nutzer optimal.<br />
Energieeffiziente Konzepte<br />
x Flächeneffizienz unter Berücksichtigung der<br />
Funktionalität<br />
x Energieeffizienz unter Berücksichtigung der<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
x Baustoffe unter Berücksichtigung ihrer<br />
Nachhaltigkeit<br />
x Integrale Planung und Standardisierung zur<br />
Umsetzung der Projektziele<br />
x Gebäudebetrieb unter Berücksichtigung der<br />
Lebenszykluskosten<br />
Die Grundlage einer wirtschaftlichen Projektumsetzung<br />
ist die Flächeneffizienz. Sie ist zu<br />
Beginn die Basis, auf der alle weiteren Konzepte<br />
aufbauen. Die Flächeneffizienz geht sowohl von<br />
der optimalen Nutzung der zur Verfügung stehenden<br />
Grundstücksfläche als auch von der Minimierung<br />
der Verkehrs- und Funktionsflächen<br />
aus. Für die Schulen im Projekt ist eine kompakte,<br />
auf die natürliche Belichtung ausgerichtete<br />
Bauweise gewählt worden. Das statische Konzept<br />
garantiert eine maximale Umnutzungsfähigkeit<br />
der Gebäude über den Lebenszyklus. Das<br />
Tragkonzept basiert auf tragenden Flurwänden<br />
und nichttragenden Trennwänden zwischen den<br />
Klassenräumen.<br />
Die Energieeffizienz ist vor dem Hintergrund immer<br />
knapper werdender Ressourcen ein wichtiger<br />
Punkt. Regenerative Energieerzeugung, Versickerung<br />
des anfallenden Niederschlagswassers<br />
auf der Liegenschaft, Vorbereitung für die E-Mobilität<br />
und Photovoltaik sind einige der umgesetzten<br />
Konzepte in diesem Bereich. Die regenerative<br />
Energieerzeugung wird für Holzkirchen über<br />
einen Fernwärmeanschluss und für Gmund über<br />
die Wärmeerzeugung mittels einer Pellet-Kesselanlage<br />
sichergestellt. Beide Liegenschaften verfügen<br />
zur Ableitung des Niederschlagswassers nicht<br />
über einen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz.<br />
Alle anfallenden Mengen werden auf der<br />
Liegenschaft versickert.<br />
Zukunftsorientiert wird ein Teil der Stellplätze<br />
durch Leerrohre für die Nutzung von E-Mobilität<br />
vorbereitet. Beide Standorte erhalten zur Abrundung<br />
des energetischen Konzepts eine Photovoltaikanlage<br />
im Dachbereich.<br />
Energieeffizienz ist nicht nur ein energetisch optimiertes<br />
Konzept für die Gebäudehülle. Ein ganzheitlicher<br />
Ansatz für die Gebäude stand in der<br />
Planung im Vordergrund. Energieeffizienz und<br />
74
Die Realschule Gmund<br />
Behaglichkeit für den Nutzer der Gebäude gehen<br />
Hand in Hand. Mit zunehmender energetischer<br />
Qualität der Gebäudehülle rücken der Lüftungswärmebedarf,<br />
der Wärmebedarf für Warmwasserbereitung<br />
und der Wirkungsgrad der Wärmeerzeugung<br />
zunehmend in den Vordergrund.<br />
Dies spiegelt sich vor allen Dingen in den haustechnischen<br />
Konzepten wider. Ergänzt werden<br />
diese Konzepte durch eine auf die Nutzung abgestimmte<br />
Gebäudehülle. Für die Schulen des<br />
Landkreises Miesbach wurde eine mechanische<br />
Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung<br />
umgesetzt. Zur Optimierung der Behaglichkeit<br />
im Sommer wurden die Anlagen der Schulen zusätzlich<br />
mit einer adiabaten Kühlung ausgestattet.<br />
Durch die Kombination von Wärmerückgewinnung<br />
für den Winterfall und adiabater Kühlung<br />
für den Sommerfall wird für die hochwärmegedämmten<br />
Gebäude ein behagliches Raumklima<br />
über das ganze Jahr sichergestellt. Das Konzept<br />
zum sommerlichen Wärmeschutz der Gebäude<br />
wird durch einen außenliegenden Sonnenschutz<br />
als Raffstore-Anlage vervollständigt. So wird ein<br />
optimales Lernumfeld für Schüler und Lehrer geschaffen.<br />
Ergänzt wird dieses Konzept mit einer<br />
tageslichtabhängigen Beleuchtungssteuerung für<br />
die Klassenräume und Präsenzmeldern für Flure<br />
und Sanitäranlagen. Der visuelle Komfort in den<br />
Klassenräumen wird durch die tageslichtabhängige<br />
Steuerung und gute Tageslichtverfügbarkeit<br />
optimiert.<br />
Weniger Wasseranschlüsse<br />
Die Sporthallen erhalten eine individuell regelbare<br />
mechanische Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung<br />
für den Winterfall. Die Gebäudehülle<br />
wird für alle Gebäude auf die haustechnischen<br />
Konzepte abgestimmt und ergänzt diese sinnvoll<br />
zu einer Gesamteinheit. Die intermittierende Nutzung<br />
der Schulen steht hierbei im Vordergrund.<br />
Die Anforderungen an die Trinkwasserversorgung<br />
der Schulgebäude werden verändert. Die Anzahl<br />
der Trinkwasserzapfstellen wird reduziert. Nur<br />
Fachräume, bei denen die Nutzung einen Wasseranschluss<br />
erfordert, werden mit Waschtischen<br />
ausgestattet. Moderne Unterrichtsmethoden und<br />
die Ausstattung vieler Räume mit Whiteboards<br />
oder Smartboards erfordern keine Trinkwasserzapfstellen<br />
in den Klassenräumen. Diese moderne<br />
Ausstattung der Schulen ist auch hinsichtlich der<br />
Trinkwasserverordnung optimal. Durch die Reduzierung<br />
der Trinkwasserzapfstellen werden die<br />
Problematik stagnierenden Wassers und der Instandhaltungsaufwand<br />
minimiert.<br />
Nachwachsende Rohstoffe<br />
Nachhaltiges Bauen bezieht auch immer die verwendeten<br />
Baustoffe mit ein. Zu bevorzugen sind<br />
hier nachwachsende Rohstoffe. Im Außenbereich<br />
wurde für die Schulen eine Fassadenbekleidung<br />
mit Holz für die Obergeschosse geplant. Die<br />
75
Fenster werden in Holz-Aluminium-Bauweise<br />
ausgeführt. Diese Konstruktion verbindet den<br />
nachwachsenden Rohstoff Holz mit der wetterfesten<br />
Außenschale aus Aluminium zu einem<br />
energetisch hochwertigen und dauerhaften Bauteil.<br />
Die Flachdächer der Sporthallen und der Aula<br />
in Holzkirchen werden als extensiv begrünte<br />
Dächer ausgeführt. Dieser Aufbau verbessert das<br />
Mikroklima und verlängert die Lebensdauer der<br />
Dachhaut. Das begrünte Dach leistet zudem einen<br />
Beitrag zum sommerlichen Wärmeschutz<br />
und zur Regenwasserrückhaltung.<br />
Im Innenbereich der Schulgebäude wird Industrieparkett<br />
als Bodenbelag für die Klassenräume<br />
verwendet. Die Eingangsbereiche und stark frequentierten<br />
Flure erhalten als Bodenbelag Betonwerkstein.<br />
Durch diese Kombination ist auch<br />
hinsichtlich der Lebenszykluskosten eine gute<br />
Lösung gefunden worden. Ergänzt wird dieses<br />
Konzept durch sichtbare Betonflächen in den<br />
Flurbereichen. Diese unterstützen das bauliche<br />
Vandalismuskonzept und stellen langfristig eine<br />
gute Optik sicher.<br />
Durchdachte Kombination<br />
Integrale Planung ist die Grundlage einer nachhaltigen<br />
Konzeption der Schulgebäude. Sie sorgt<br />
für ein Ineinandergreifen der einzelnen konzeptionellen<br />
Ansätze zu einem Gesamtbild. Ergänzt<br />
wird die integrale Planung durch projektspezifische<br />
Standardisierung. Projektspezifische Standardisierung<br />
von Details ist ein Schlüssel zur effektiven<br />
Umsetzung der Schulen des Landkreises<br />
Miesbach in der Bauphase. Beispielhaft genannt<br />
werden kann hier die Mediensäule für die Klassen-<br />
und Fachräume. Diese fasst alle erforderlichen<br />
technischen Anschlüsse in einer Einheit<br />
zusammen. Gebäude sind hinsichtlich ihrer Umsetzung<br />
jedoch in vieler Hinsicht Unikate. Eine<br />
zu generelle Standardisierung, z.B. von Bauteilen,<br />
sollte daher vermieden werden. Durch eine<br />
durchdachte Kombination von Standardisierung<br />
und integraler Planung wird die Projektumsetzung<br />
nachhaltig verbessert.<br />
Der Gebäudebetrieb ist bei einem Gebäude nicht<br />
zu vernachlässigen. Die Lebenszykluskosten sind<br />
ein wichtiger Bestandteil in der Nutzung der<br />
Schulgebäude. Nur durch die Integration des Lebenszyklus<br />
schon in die integrale Planung ist ein<br />
wirtschaftlich optimierter Gebäudebetrieb möglich.<br />
Für die Schulen des Landkreises Miesbach<br />
wurden in der Angebotsphase Reinigungs- und<br />
Wartungsfreundlichkeit, Instandhaltungskosten<br />
und Umnutzungsfähigkeit detailliert betrachtet<br />
und in die Planung umgesetzt. Durch den geplanten<br />
hohen energetischen Standard wird der<br />
Wärme-, Strom- und Wasserbedarf der Gebäude<br />
minimiert. Dies leistet einen großen Beitrag zur<br />
Nachhaltigkeit.<br />
Auf die Nutzung abgestimmt<br />
Die Konzeption der Schulen des Landkreises<br />
Miesbach wurde auf die Nutzung der Gebäude<br />
als Schule abgestimmt. Die Behaglichkeit für den<br />
Nutzer stand dabei im Vordergrund, ohne jedoch<br />
den Weg über ein standardisiertes Niedrigenergiehaus-Konzept<br />
schon vorzugeben. Die intermittierende<br />
Nutzung der Schulgebäude erfordert bei<br />
dem umzusetzenden hohen energetischen Standard<br />
eine darauf abgestimmte Konzeption. Das<br />
nachhaltige Bauen profitiert von der Umsetzung<br />
dieses Kerngedankens. Es werden auf diese Art<br />
beispielsweise in der Gebäudehülle auf die Nutzung<br />
abgestimmte Dämmstoffstärken eingesetzt.<br />
Der Landkreis Miesbach hat für das ÖPP-Projekt<br />
Schulen des Landkreises Miesbach durch die sehr<br />
funktionale Ausschreibung im Bereich der Nachhaltigkeit<br />
und Energieeffizienz die Weichen für<br />
eine optimale, ganzheitliche Konzeption der Gebäude<br />
gestellt. Die Ausrichtung auf die Behaglichkeit<br />
und Zweckmäßigkeit der Nutzung der<br />
Gebäude stand hierbei im Fokus. Die auf diese<br />
Weise innovative Konzeption der Schulgebäude<br />
und Sporthallen setzt vorbildlich die Ansätze des<br />
nachhaltigen Bauens unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />
um.<br />
76
Antoniuskolleg Neunkirchen-Seelscheid:<br />
Standortsicherung dank ÖPP<br />
Von Dr. Matthias Sundermeier, Helmut Meng und Peter Melching<br />
Einst als „Höhere Schule für Knaben vom Lande“ gegründet, prägt das<br />
Antoniuskolleg seit über 100 Jahren das Ortszentrum von Neunkirchen-<br />
Seelscheid im Rhein-Sieg-Kreis. Um den Fortbestand des Traditionsgymnasiums<br />
zu sichern, entschied sich die Gemeinde für die Sanierung und<br />
einen Teilneubau im Rahmen eines ÖPP-Projekts.<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
Zeugnis für die bewegte Geschichte des heutigen<br />
Gymnasiums legen auch seine Gebäude ab, von<br />
denen die meisten in den 1950er und 1970er Jahren<br />
errichtet wurden und inzwischen drängenden<br />
Modernisierungs- und Erweiterungsbedarf aufwiesen.<br />
Abhilfe schaffen nun eine umfassende Sanierung<br />
und ein Teilneubau der Unterrichtsgebäude<br />
im Rahmen einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft<br />
zwischen der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid<br />
und der GOLDBECK Public Partner GmbH.<br />
Fachklassen-Neubau mit Foyerbereich, Straßenseite<br />
Das Projekt ist Teil eines groß angelegten Maßnahmenpakets,<br />
das den Fortbestand des Traditionsgymnasiums<br />
auch in Zukunft sichert. Nachdem<br />
die Deutsche Provinz der Salesianer Don<br />
Boscos als bisheriger Träger ihren Rückzug angekündigt<br />
hatte, konnten die Malteser Werke<br />
gGmbH als Nachfolger gewonnen werden. Hierfür<br />
allerdings galt es, die Schulgebäude zunächst<br />
auf einen zeitgemäßen Bau- und Ausstattungsstand<br />
zu bringen. Die Gemeinde übernahm<br />
deshalb die Schulgrundstücke in<br />
ihr Eigentum und entschied sich für ein<br />
ÖPP-Projekt, das neben der Planung<br />
und Ausführung der nötigen Bauleistungen<br />
auch die Finanzierung und das<br />
technische Gebäudemanagement in<br />
der späteren Betriebsphase beinhaltet.<br />
Nachdem die Verträge im März 2012<br />
unterzeichnet wurden, sind die Arbeiten<br />
bereits in vollem Gange.<br />
Altbestand wirtschaftlich<br />
weiterführen<br />
Der ÖPP-Vertragsschluss markierte den<br />
Endpunkt der Projektvorbereitungen, in<br />
deren Rahmen unter Federführung des<br />
Ingenieurbüros Assmann Beraten+Planen<br />
GmbH verschiedene Realisierungsvarianten<br />
entwickelt und analysiert<br />
wurden. Neben der Bedarfsermittlung<br />
konzentrierten sich die Aufgaben hier besonders<br />
auf die Frage nach der Wirtschaftlichkeit einer<br />
Weiterverwendung des baulichen Altbestands im<br />
Vergleich zur ganzen oder teilweisen Neuerrichtung<br />
von Schulgebäuden. Angesichts einer – wie<br />
in so vielen Kommunen – angespannten Haushaltssituation<br />
der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid<br />
war schon in diese Überlegungen auch<br />
die zuständige Kommunalaufsicht eingebunden.<br />
Nach erfolgreicher Klärung aller Realisierungs-<br />
Dr. Matthias<br />
Sundermeier ist<br />
Projektmanager bei<br />
GOLDBECK Public<br />
Partner GmbH.<br />
Helmut Meng ist<br />
Bürgermeister der<br />
Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid.<br />
Peter Melching<br />
ist Prokurist bei<br />
Assmann Beraten+Planen<br />
GmbH.<br />
77
Foyerbereich des Neubaus, Schulhofseite (Quelle: Dohle+Lohse Architekten)<br />
voraussetzungen, Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />
und der Entscheidung für<br />
die Variante einer Sanierung und eines Teilneubaus<br />
als ÖPP-Projekt konnte im Herbst 2010 das<br />
zweistufige Vergabeverfahren beginnen.<br />
In einem öffentlichen Teilnahmewettbewerb bekundeten<br />
zunächst 17 Unternehmen ihr Interesse<br />
an dem Projekt, von denen 15 Firmen die<br />
Unterlagen fristgerecht einreichten – für ein<br />
Projekt wie das Antoniuskolleg eine beachtenswerte<br />
Zahl. Fünf Bewerber wurden für das anschließende<br />
Verhandlungsverfahren und damit<br />
zur Ausarbeitung eines indikativen Angebots im<br />
Frühsommer 2011 zugelassen. Nach einer ersten<br />
Verhandlungsrunde konnte die Gemeinde<br />
Neunkirchen-Seelscheid als Ausloberin des Wettbewerbs<br />
schließlich zum Jahresende zwischen<br />
den verbindlichen Angeboten dreier Firmen auswählen,<br />
die die Anforderungen der Ausschreibung<br />
erfüllten. Neben architektonischen, funktionalen<br />
und technischen Bewertungskriterien<br />
und dem Barwert der Angebote war den Bietern<br />
eine maximale Investitionskostengrenze von<br />
12,5 Millionen Euro brutto vorgegeben, die nicht<br />
überschritten werden durfte. Der Zuschlag wurde<br />
schließlich auf das Angebot der GOLDBECK<br />
Public Partner GmbH erteilt.<br />
Schülerzahlen steigen stetig<br />
Die Geschichte des Antoniuskollegs ist begleitet<br />
von einem stetigen Wachstum der Schülerzahlen.<br />
Nach früheren Erweiterungen stieß das Gymnasium<br />
mit seinen inzwischen über 1.000 Schülern<br />
erneut an seine Kapazitätsgrenzen. Die Bestandsbauten<br />
selbst entsprachen im Hinblick auf<br />
die Fachraumausstattung, die Gebäudetechnik,<br />
den Brandschutz und die energetische Qualität<br />
der Gebäudehülle nicht mehr den heutigen Anforderungen;<br />
hinzu kam eine allgemeine bauliche<br />
Überalterung der meisten Gebäudeteile.<br />
Im Zentrum der Baumaßnahme steht vor diesem<br />
Hintergrund die Schaffung von Fachräumen für<br />
die Naturwissenschaften, Werk- bzw. Kunsträumen<br />
und Informatikklassen. Vereint werden sie<br />
unter dem Dach eines neuen Gebäudetrakts, der<br />
neben Mehrzweckräumen auch Flächen für den<br />
allgemeinen Unterricht und ein Foyer beherbergt.<br />
Ein Klassengebäude und die Schulaula werden<br />
baulich ebenso an den Fachraum-Neubau angebunden<br />
wie der „Historische Altbau“ der Schule,<br />
der zukünftig die Schulmensa aufnehmen wird.<br />
Das Schulleben erhält mit diesem Gebäudeensemble<br />
ein neues Herzstück. Die übrigen Schulbauten<br />
– ein weiterer Klassentrakt, eine Sporthalle<br />
und die Schulkapelle – werden behutsam<br />
saniert. Die Verlagerung vieler Räume in den<br />
Neubau erlaubt nicht nur eine großzügigere Innengestaltung,<br />
sondern bietet auch der Schulbibliothek<br />
eine neue Heimat. Damit wird ein alter,<br />
seit 1998 geschlossener Internatstrakt des Gymnasiums<br />
endgültig verzichtbar. Sein Abriss schafft<br />
Platz für einen neuen, markanten Haupteingang<br />
zum Schulgelände und eine deutlich verbesserte<br />
Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr<br />
(ÖPNV), dessen örtlicher Busbahnhof in<br />
78
direkter Nachbarschaft zur Schule zeitgleich mit<br />
dem ÖPP-Projekt realisiert wird.<br />
Auch städtebaulich erhält das Antoniuskolleg damit<br />
ein völlig neues Gesicht: Es entstehen zwei<br />
räumlich abgeschlossene Schulhöfe für die Sekundarstufen<br />
I und II; die Aula rückt als zentraler<br />
Versammlungs- und Veranstaltungsort nun auch<br />
räumlich ins Zentrum der Anlage, deren Campuscharakter<br />
auch durch eine bauliche Aufwertung<br />
der Außenflächen unterstrichen wird. Kunsträume<br />
etwa erhalten Freiunterrichtsbereiche in unmittelbarer<br />
Nähe der Klassenräume, im Musikunterrichtsbereich<br />
wird ein Geländesprung zu<br />
einem Amphitheater modelliert, zusätzliche Außensportflächen<br />
werden eingerichtet.<br />
Verbesserung der Energieeffizienz<br />
Ein Schwerpunkt der technischen Sanierungsmaßnahmen<br />
liegt auf einer deutlichen Verbesserung<br />
der Energieeffizienz des Schulbetriebs. Dächer,<br />
Fenster und Fassaden der Bestandsgebäude,<br />
die sich zum Teil noch im Ursprungszustand der<br />
1950er und 1970er Jahre befanden, werden deshalb<br />
erneuert bzw. energetisch ertüchtigt. Auch<br />
Nahwärmenetz mit zentraler Wärmeerzeugung<br />
bedient. Auf den Dachflächen werden Photovoltaikanlagen<br />
installiert und in die Elektroversorgung<br />
des Schulkomplexes eingebunden. Eine<br />
BUS-gesteuerte Gebäudeleittechnik ebenso wie<br />
die Installation energiesparender Pumpen oder<br />
Leuchtmittel hilft bei einem nutzungs- und energieverbrauchsoptimierten<br />
Objektbetrieb.<br />
Weitere bauliche Sanierungsaufgaben konzentrieren<br />
sich auf Maßnahmen des baulichen<br />
Brandschutzes und die Verbesserung der Fluchtund<br />
Rettungswegesituation in allen Bestandsgebäuden.<br />
Im Zuge der Neu- und Umbauten<br />
stehen darüber hinaus der Einbau von Aufzugsanlagen<br />
und weitere Arbeiten für eine barrierefreie<br />
Erschließung der Unterrichtsbereiche an.<br />
Über diese Leistungen hinaus erfolgt eine Kernsanierung<br />
der Unterrichts-, Verwaltungs- und<br />
Sanitärbereiche.<br />
Schulbetrieb wenig beeinträchtigen<br />
Hauptzugang zum Schulgelände (Quelle: Dohle+Lohse Architekten)<br />
die Gebäudetechnik für Heizung, Lüftung, Sanitär<br />
und Elektro war in die Jahre gekommen –<br />
hier ist eine nahezu komplette Neuinstallation<br />
der Versorgung unumgänglich. Wo bislang eine<br />
dezentrale und technisch überalterte Wärmeversorgung<br />
in Betrieb war, werden nach Abschluss<br />
der Baumaßnahmen alle Schulgebäude über ein<br />
Naturgemäß lassen sich solch umfassende Bauleistungen<br />
nicht geräuschlos durchführen. Bei der<br />
Organisation des Projektablaufs bestand die größte<br />
Herausforderung aus diesem Grunde darin, alle<br />
Arbeiten so durchzuführen, dass Beeinträchtigungen<br />
des Schulbetriebs möglichst vermieden<br />
werden oder zumindest auf ein Minimum beschränkt<br />
bleiben. Die Bauausführung startete deshalb<br />
mit dem Neubau für die Fachklassen- und<br />
Mehrzweckräume. So entstehen genügend Aus-<br />
79
weichflächen, um anschließend die Sanierung der<br />
Bestandsgebäude Zug um Zug in Angriff zu nehmen.<br />
Mehrfache Zwischenumzüge oder Auslagerungen<br />
von Schulklassen in Behelfsbauten sind<br />
bei dieser Lösung nicht erforderlich.<br />
Alle Bauarbeiten jedoch finden – das ist unvermeidlich<br />
– in räumlicher Nähe des Schulbetriebs<br />
statt. Auf der Baustellen- und Verkehrssicherung<br />
liegt deshalb ein besonderes Augenmerk. Bereits<br />
im Vorfeld des Ausführungsbeginns wurde<br />
die Schülerverkehrsführung an die Baumaßnahmen<br />
angepasst, die Baustoff- und Materialandienung<br />
während der Bauarbeiten nur in den<br />
Vor- bzw. Nachmittagsstunden zugelassen. Baustellen-<br />
und Schülerverkehr konnten mit diesen<br />
Vorkehrungen weitestgehend entzerrt werden.<br />
Die beteiligten Gemeindebehörden waren hier<br />
ein unverzichtbarer Partner, um die modifizierte<br />
Verkehrsführung vorzubereiten, einzurichten und<br />
letztlich durchzusetzen.<br />
Auch an eine präzise Ablauf- und Terminplanung<br />
der Bauausführung aller Arbeiten sind hohe<br />
Anforderungen gestellt, denn Verzögerungen<br />
eines Sanierungsabschnitts haben meist unmittelbare<br />
terminliche Auswirkungen auf die nachfolgenden<br />
Leistungen. Die Unwägbarkeiten der<br />
vorhandenen Bausubstanz bringen hier naturgemäß<br />
besondere Risiken mit sich, erfordern eine<br />
frühzeitige Erkundung des Bestands und von allen<br />
Beteiligten ein hohes Maß an Flexibilität und<br />
Entscheidungskompetenz. Bis heute sind alle Bewährungsproben<br />
erfolgreich bestanden – frühe<br />
Verzögerungen der Arbeiten durch unerwartete<br />
Funde im Baugrund konnten im gemeinsamen<br />
Einsatz der Baupartner schnell wieder ausgeglichen<br />
werden; das Projekt ist im Zeitplan und im<br />
Kostenrahmen.<br />
Konzentration auf Kernaufgaben<br />
Der Abschluss der Neubau- und Sanierungsmaßnahmen<br />
steht im August 2014 zum Beginn des<br />
neuen Schuljahres an. Ein wegweisendes Datum<br />
für das Antoniuskolleg, geht zeitgleich doch die<br />
Schulträgerschaft auf die Malteser Werke über.<br />
Damit dieser Wechsel möglichst reibungslos gelingt<br />
und jeder Partner des Schulprojekts sich in<br />
dieser besonderen Phase voll seinen Kernaufgaben<br />
widmen kann, übernimmt GOLDBECK nach<br />
der Baufertigstellung auch das technische Gebäudemanagement<br />
für die Schulbauten. Die Gemeinde<br />
Neunkirchen-Seelscheid bleibt Vertragspartner<br />
und weiter Eigentümerin des Objekts.<br />
Für das Instandhaltungs- und Störungsmanagement<br />
sind Service-Levels vereinbart, die eine optimale<br />
Verfügbarkeit der Schulgebäude in der<br />
Betriebsphase gewährleisten. Regelmäßig vereinbarte<br />
Schönheitsreparaturen sorgen dafür, dass<br />
auch das optische Erscheinungsbild der Gebäude<br />
im Schulalltag nicht auf Dauer leidet.<br />
Nach Ablauf der 25-jährigen Vertragslaufzeit geht<br />
das Objekt ohne Instandhaltungsstau wieder zurück<br />
in die Obhut der Gemeinde.<br />
ÖPP-Wirtschaftlichkeitsvorteil<br />
Der wirtschaftliche Vorteil der ÖPP-Projektrealisierung<br />
kann sich sehen lassen: Mit einem Gesamtvolumen<br />
(Barwert) für Investition und Betrieb<br />
in Höhe von 17,1 Millionen Euro spart der<br />
Gemeindekämmerer rund 13,6 Prozent gegenüber<br />
einer herkömmlichen Beschaffung, die einen<br />
Aufwand von 19,8 Millionen Euro verursacht<br />
hätte. Auch die Einbindung der Malteser<br />
Werke als erfahrener Partner für die Schulträgerschaft<br />
macht sich bezahlt – die jährliche Gesamtbelastung<br />
des Gemeindehaushalts liegt trotz<br />
der Bau- und Finanzierungskosten um mehr als<br />
800.000 Euro geringer als bei einem komplett<br />
gemeindeeigenen Gymnasium. Die Zukunftssicherung<br />
des Gymnasialstandorts Neunkirchen-<br />
Seelscheid ist also bislang ein Erfolgsmodell Öffentlich-Privater<br />
Partnerschaft.<br />
80
Krankenhaus in Hofheim am Taunus:<br />
ein PPP-Leasingmodell<br />
Von Helmuth Hahn-Klimroth und Dr. Petra Beckefeld<br />
Die Kliniken Main-Taunus-Kreis betreiben zwei Krankenhäuser, die sich<br />
um die Versorgung der Patienten im Main-Taunus-Kreis kümmern. 2009<br />
wurden in Bad Soden ein Neubau und weitgreifende Sanierungsmaßnahmen<br />
realisiert. Seit 2012 wird in Hofheim ein Neubau im Rahmen<br />
eines PPP-Leasingmodells errichtet, das in Hessen bisher einmalig ist.<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
Auf halbem Weg zwischen Frankfurt und Wiesbaden<br />
liegt der Main-Taunus-Kreis im westlichen<br />
Teil des Ballungsraums Rhein-Main. Zur medizinischen<br />
Versorgung seiner rund 228.000 Einwohner<br />
betreibt der Landkreis zwei Akutkrankenhäuser<br />
der Schwerpunktversorgung in der<br />
Kreisstadt Hofheim und im 10 Kilometer entfernten<br />
Bad Soden. Beide Häuser sind Teil der<br />
Kliniken des Main-Taunus-Kreises GmbH und<br />
verfügen zusammen über 523 Patientenbetten<br />
sowie elf medizinische Fachabteilungen. Zu dem<br />
Kommunalunternehmen gehören außerdem die<br />
Fachklinik Hofheim mit dem Schwerpunkt Rehabilitation,<br />
Psychosomatik und Psychiatrie, die<br />
Gesundheitsakademie Main-Taunus, die Seniorenresidenz<br />
Main-Taunus-Kreis und die Main-<br />
Taunus-Privatklinik. Ferner sind die Kliniken mit<br />
50 Prozent am Reha-Zentrum Hofheim und an<br />
der MVZ GmbH im Main-Taunus-Kreis beteiligt.<br />
In den Krankenhäusern Bad Soden und<br />
Hofheim wurden 2011 etwa 20.000 Patienten<br />
stationär und rund 33.000 ambulant<br />
behandelt. Fast 12.000 Patienten<br />
kamen im selben Zeitraum zu einer Operation<br />
in die Kliniken. Mehr als 1.500<br />
Mitarbeiter sorgen dafür, dass der Aufenthalt<br />
für die Patienten nicht nur medizinisch<br />
und pflegerisch optimal, sondern<br />
auch möglichst angenehm, komfortabel<br />
und unkompliziert verläuft.<br />
Schwerpunktsetzung an beiden<br />
Klinikstandorten<br />
Bei ihrer strategischen Zielplanung haben<br />
sich die Kliniken des Main-Taunus-<br />
Kreises entschieden, in ihren beiden unweit<br />
voneinander entfernten Krankenhäusern klare<br />
Helmuth Hahn-<br />
Klimroth ist<br />
Kaufmännischer<br />
Geschäftsführer<br />
und Sprecher der<br />
Geschäftsführung<br />
der Kliniken des<br />
Main-Taunus-<br />
Kreises GmbH.<br />
Dr. Petra Beckefeld<br />
ist Geschäftsführerin<br />
der VAMED<br />
Health Project<br />
GmbH.<br />
Einer von vier modernen Pavillons, aus denen das Krankenhaus Hofheim nach der Fertigstellung des Neubaus 2016 bestehen wird<br />
81
Vom Eingang bis zur Entlassung sind die einzelnen Bereiche im neuen Krankenhaus Hofheim entsprechend dem Behandlungsablauf<br />
angeordnet<br />
Schwerpunkte zu setzen. Ziel ist es, das medizinische<br />
und pflegerische Fachwissen für eine optimale<br />
Versorgung der Patienten zu bündeln und<br />
unnötige Doppelstrukturen sowie damit einhergehende<br />
Kosten zu vermeiden. Innerhalb dieses<br />
Konzepts wurden sämtliche chirurgischen Fächer<br />
in Bad Soden zusammengefasst, während sich<br />
der Standort Hofheim auf die internistisch-geriatrische<br />
Medizin konzentriert. Um diese Schwerpunktsetzung<br />
zu ermöglichen, errichteten die Kliniken<br />
des Main-Taunus-Kreises zunächst in Bad<br />
Soden einen neuen Bettentrakt, der 2009 in Betrieb<br />
ging. Außerdem wurden Bestandsgebäude<br />
saniert, die Geburtshilfe modernisiert sowie die<br />
OP-Kapazität, Intensivstation, Pflege und der klinische<br />
Arztdienst erweitert.<br />
Als Nächstes erhält auch das Krankenhaus in Hofheim<br />
zeitgemäße Räume, die den Ärzten eine<br />
hochmoderne Arbeitsumgebung und den Patienten<br />
eine angenehme Atmosphäre bieten. Derzeit<br />
sind die dortigen medizinischen Kliniken noch in<br />
einem historisch gewachsenen Konglomerat aus<br />
Gebäuden untergebracht, die teilweise aus dem<br />
Gründungsjahr 1905 stammen. Seit August 2012<br />
entsteht auf dem jetzigen etwa 21.500 Quadratmeter<br />
großen Krankenhausgelände am Rande der<br />
Hofheimer Altstadt für rund 50 Millionen Euro<br />
ein Neubau. Damit der Krankenhausbetrieb währenddessen<br />
weiterlaufen kann, wurde das Bauvorhaben<br />
in zwei Abschnitte unterteilt, zu deren<br />
Beginn die jeweils noch vorhandenen Gebäude<br />
abgerissen werden. Der erste Bauabschnitt soll<br />
bis Anfang 2014 fertiggestellt sein, der zweite<br />
Bauabschnitt Anfang 2016.<br />
Pilotprojekt PPP-Leasingmodell<br />
Um dieses zweite Großprojekt zeitnah, qualitätsgerecht<br />
und im Rahmen der zur Verfügung<br />
stehenden Mittel verwirklichen zu können, entschieden<br />
sich die Kliniken des Main-Taunus-<br />
Kreises für eine innovative Mischung aus einer<br />
Öffentlich-Privaten Partnerschaft und einem Leasingmodell,<br />
die in Hessen bislang einmalig ist.<br />
Das PPP-Leasingmodell gilt als sogenanntes alternatives<br />
Beschaffungsmodell und ist Pilotprojekt in<br />
der Krankenhausförderung des Landes Hessen. Es<br />
wird daher eng durch das Sozialministerium, die<br />
Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen und<br />
das hessische Finanzministerium begleitet.<br />
Bei dem PPP-Leasingmodell verantwortet der<br />
private Partner als Leasingpartner die Planung,<br />
schlüsselfertige Errichtung und Vorfinanzierung<br />
des Neubaus. Für dessen Nutzung zahlen die Kliniken<br />
nach der Fertigstellung eine jährlich gleichbleibende<br />
Miete. Nach dem Ende der Grundmietzeit<br />
von 20 Jahren können sie das Gebäude<br />
dann zum Rest-Buchwert übernehmen. Für die<br />
Betriebsvorrichtungen wurden entsprechend den<br />
steuerlichen Vorgaben unterschiedliche Grundmietzeiten<br />
von bis zu sechs Jahren vereinbart.<br />
Die Besonderheit in Hofheim besteht darin, dass<br />
die Kliniken die vom Land Hessen zugesagten<br />
Zuschüsse in Höhe von 30 Millionen Euro zuzüglich<br />
ihrer einzubringenden Eigenmittel als<br />
Darlehen an den privaten Partner weiterreichen.<br />
Dieses wird entsprechend dem Baufortschritt ausgezahlt.<br />
Dank dieses Modells können für das Pro-<br />
82
jekt sowohl die Fördermittel des Landes als auch<br />
die günstigen Konditionen für Kommunalkredite<br />
genutzt werden.<br />
Vorleistungen bei Planung und Bau<br />
standsetzung, Erneuerung und Reinigung) und<br />
x zur Prozessqualität (Inbetriebnahme, Bauphasen-<br />
und Interimskonzept zur Sicherstellung<br />
des laufenden Betriebs, Termin- und<br />
Kostenplanung).<br />
Bei dem Hofheimer PPP-Leasingmodell sticht<br />
nicht nur die Finanzierung durch den Auftraggeber<br />
hervor, sondern auch dessen Vorleistungen<br />
bei Planung und Bau. So erarbeiteten die Kliniken<br />
des Main-Taunus-Kreises mit dem Architekturbüro<br />
woernerundpartner bereits eine komplette<br />
Entwurfsplanung. Außerdem übernahmen sie<br />
den Abriss der Bestandsgebäude und das Ausheben<br />
der Baugrube für den ersten Bauabschnitt.<br />
Die Vorteile des Hofheimer PPP-Leasingmodells<br />
einschließlich seiner besonderen Aufgabenverteilung<br />
zwischen Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer<br />
(AN) liegen in der Qualitätsverbesserung<br />
durch die vom privaten Partner optimierten Konzepte<br />
für Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb<br />
sowie in der Kosten- und Zeitersparnis: Während<br />
die Vorbereitungen für das PPP-Projekt liefen,<br />
konnte gleichzeitig schon die Entwurfsplanung<br />
ausgearbeitet und mit den künftigen Nutzern abgestimmt<br />
werden, weil diese Aufgabe noch von<br />
den Kliniken selbst verantwortet wurde.<br />
Der Abriss von Bestandsgebäuden und die Vorbereitung<br />
der Baugrube durch den AG erleichterten<br />
es zudem, dass der AN gleichzeitig die erforderlichen<br />
Genehmigungen für den Neubau einholen<br />
konnte. Nicht zuletzt wurde für das PPP-Leasingmodell<br />
ein Effizienzvorteil von rund 5 Prozent<br />
gegenüber einer Eigenrealisierung errechnet. Der<br />
private Partner wurde innerhalb eines europaweiten<br />
Vergabeverfahrens ausgewählt. Dabei gab<br />
die Arbeitsgemeinschaft von VAMED und dem<br />
Baukonzern Alpine das wirtschaftlich und qualitativ<br />
beste Angebot ab und erhielt dementsprechend<br />
den Zuschlag. Ausschlaggebend hierfür<br />
waren außer den Gesamtkosten die eingereichten<br />
Konzepte<br />
x zur Optimierung von Bauqualität, Entwurfsplanung<br />
und Betriebskosten (Energiebedarf, In-<br />
Hierzu hatte VAMED 25 Vorschläge zur Verbesserung<br />
der vorliegenden Planung, der angestrebten<br />
Nachhaltigkeit und der Finanzierung unterbreitet<br />
und konnte die Kliniken des Main-Taunus-Kreises<br />
mit ihrem Konzept insgesamt überzeugen.<br />
Optimale Prozessabläufe ermöglichen<br />
Das neue Krankenhaus wird aus vier Pavillons<br />
mit jeweils drei Etagen und einem Sockelgeschoss<br />
bestehen, die über einen viergeschossigen<br />
Baukörper miteinander verbunden sind. Wegen<br />
der Hanglage wird die wahrnehmbare Höhe der<br />
einzelnen Gebäudeteile differieren. Die Kleinteiligkeit<br />
der Pavillons fügt sich gut in die Umgebung<br />
ein.<br />
In den Pavillons 1, 3 und 4 des ersten Bauabschnitts<br />
erhalten künftig die Klinik für Pneumologie<br />
und allgemeine innere Medizin, das Schlaganfallzentrum,<br />
das Herzkatheterlabor sowie die<br />
Brustschmerzambulanz für Herz- und Kreislauferkrankungen<br />
ihren Platz. Nach Fertigstellung des<br />
zweiten Bauabschnitts werden das Schlaflabor<br />
und die Psychiatrie in den Pavillon 2 einziehen.<br />
Die psychiatrische Fachklinik Hofheim befindet<br />
sich derzeit noch an einem Außenstandort in der<br />
Vertreter aus der Politik, den Kliniken des Main-Taunus-<br />
Kreises und des Krankenhausdienstleisters VAMED legten<br />
im Mai 2012 den Grundstein für das ungewöhnliche<br />
PPP-Projekt<br />
83
Kurhausstraße. Künftig werden sämtliche psychiatrischen<br />
Leistungen am Krankenhaus Hofheim<br />
gebündelt sein.<br />
Der zentrale Haupteingang des Neubaus liegt direkt<br />
gegenüber dem Parkdeck an der Lindenstraße.<br />
Über einen von zwei Pavillons gebildeten<br />
Platz gelangen Patienten, Besucher und Mitarbeiter<br />
in die zentrale Eingangshalle, die alle vier<br />
Pavillons miteinander verbindet. Hier befinden<br />
sich der zentrale Empfang sowie diverse Dienstleistungsangebote.<br />
Im Erdgeschoss ist die Halle<br />
zum Park hin erweitert. Hier entsteht der Untersuchungs-<br />
und Behandlungstrakt, der im Sinne<br />
einer Diagnostikstraße angeordnet ist. Von einer<br />
zentralen Leitstelle werden sämtliche Patienten<br />
und Notfälle gesteuert. In den beiden Obergeschossen<br />
entstehen die – je nach Fachdisziplin –<br />
aus einem oder zwei Pavillons zusammengesetzten<br />
Stationsbereiche.<br />
Die Cafeteria und ein kleiner Konferenzbereich<br />
haben ihren Platz auf der obersten Ebene mit<br />
Blick auf die Altstadt und den Taunus. Innenhöfe<br />
vom Erdgeschoss bis zum zweiten Obergeschoss<br />
erleichtern die Orientierung und ermöglichen eine<br />
natürliche Beleuchtung der innenliegenden<br />
Räume.<br />
Anlieferungen für den Klinikbetrieb werden über<br />
den im Süden gelegenen Wirtschaftshof erfolgen,<br />
der von der Lindenstraße aus erreichbar<br />
sein wird. Hier befindet sich künftig auch die<br />
Rettungswagenzufahrt. Der Norden und Osten<br />
des Geländes werden weitgehend vom Verkehr<br />
freigehalten.<br />
Enge Einbindung der Beschäftigten<br />
Die Beschäftigten des Krankenhauses waren bei<br />
der Entwurfsplanung, die noch unter der Regie<br />
der Kliniken des Main-Taunus-Kreises erfolgte,<br />
eng eingebunden – ebenso wie bei den anschließenden<br />
Detailabstimmungen. Insgesamt bietet<br />
der Krankenhausneubau Patienten und Mitarbeitern<br />
deutlich kürzere Wege, da sämtliche Abteilungen<br />
eng miteinander verbunden sind, und<br />
eine hochmoderne Infrastruktur für eine bestmögliche<br />
Diagnose und Therapie. Dadurch werden<br />
Ärzte und Pflegekräfte bei ihrer täglichen<br />
Arbeit optimal unterstützt, was letztlich den Patienten<br />
zugutekommt.<br />
Das Krankenhaus<br />
Das Krankenhaus Hofheim wird nach der Inbetriebnahme des Neubaus über 173 stationäre sowie<br />
zwölf tagesklinische Betten verfügen und besteht aus der Klinik für Pneumologie und Allgemeine<br />
Innere Medizin, der Geriatrischen Klinik, einem Schlafmedizinischen Zentrum, der<br />
Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik mit Psychiatrischer Institutsambulanz, einer Schlaganfallabteilung<br />
(Stroke Unit) sowie einer Brustschmerzambulanz (Chest Pain Unit), die in Kooperation<br />
mit der Kardiologischen Praxis Prof. Reifart & Partner betrieben wird. Das Palliative-Care-<br />
Team Main-Taunus, das schwerkranke Patienten ambulant zu Hause betreut, ist ebenfalls im<br />
Krankenhaus Hofheim ansässig. Dem Haus angeschlossen ist außerdem ein medizinisches Versorgungszentrum<br />
mit den Schwerpunkten Radiologie, ambulante Chirurgie und Neurologie.<br />
Ein weiterer Kooperationspartner, das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation, hat<br />
sich in einem Nebengebäude des Krankenhauses niedergelassen.<br />
Der Neubau<br />
Nutzfläche: 10.500 m 2<br />
Bruttogeschossfläche: 21.800 m 2<br />
Baubeginn (Abriss): August 2011<br />
Fertigstellung<br />
- erster Bauabschnitt: Anfang 2014<br />
- zweiter Bauabschnitt: Anfang 2016<br />
84
Wiener Spitalskonzept 2030:<br />
Konzentration auf sieben Standorte<br />
Von Friedrich Prem, Dr. Stefan Reimoser und Erich Thewanger<br />
Im Rahmen des „Wiener Spitalskonzepts 2030“ werden mehrere Krankenhäuser<br />
neu errichtet. Je nach Eignung der Projekte werden diese in<br />
konventioneller Beschaffungsform, als mietvertragsähnliches Forfaitierungsmodell<br />
oder als „echtes“ ÖPP-Modell gestaltet. Letztere zeichnen<br />
sich durch eine sehr schlanke Projektorganisation, ein intensives Risikomanagement<br />
sowie eine sehr fundierte Lebenszykluskosten-Betrachtung<br />
und -Optimierung aus.<br />
ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />
Bereits im März 2011 hatte die Wiener Stadtregierung<br />
das Wiener Spitalskonzept 2030 beschlossen.<br />
Das Konzept sieht eine umfassende organisatorische<br />
und bauliche Neustrukturierung<br />
der Wiener Krankenhäuser vor. Ein Hauptziel,<br />
das der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV)<br />
aufgrund des Wiener Spitalskonzepts 2030 zu<br />
verfolgen hat, ist die Auflassung zahlreicher kleiner,<br />
aber auch einiger großer Standorte und die<br />
Konzentration sämtlicher Leistungen auf sieben<br />
dauerhaft verbleibende Wiener Spitalsstandorte.<br />
Wilhelminenspital<br />
Allgemeines<br />
Krankenhaus<br />
Noch vor Verabschiedung des Wiener<br />
Spitalskonzepts 2030 wurde mit der Errichtung<br />
des Krankenhauses Nord begonnen.<br />
Dieser Neubau entsteht auf<br />
einer eigens zu diesem Zweck angekauften<br />
Liegenschaft im Norden Wiens und<br />
wird über 785 Planbetten verfügen.<br />
Als erster Schritt im Rahmen des Wiener<br />
Spitalskonzepts 2030 werden die<br />
drei noch aus der Österreichisch-Un-<br />
Krankenhaus<br />
Nord<br />
Donauspital<br />
Friedrich Prem ist<br />
Leiter des Geschäftsbereichs<br />
Technik des<br />
Wiener Krankenanstaltenverbunds<br />
(KAV).<br />
Dr. Stefan Reimoser<br />
ist Managing Director<br />
bei der Turner &<br />
Townsend GmbH,<br />
München.<br />
Erich Thewanger ist<br />
Partner und Mitglied<br />
des Vorstands der<br />
KPMG Advisory AG,<br />
Wien.<br />
Krankenhaus<br />
Hietzing<br />
Krankenanstalt<br />
Rudolfstiftung<br />
Kaiser-Franz-<br />
Josef-Spital<br />
PPP-Modelle<br />
Eigenfinanzierung<br />
2030: sieben zentrale Spitalsorganisationen<br />
Quelle: © Bohmann/KAV<br />
Das Wiener Spitalskonzept 2030 – zukünftige Spitalsstandorte in Wien<br />
85
garischen Monarchie stammenden Krankenhäuser,<br />
das Kaiser-Franz-Josef-Spital mit 939 Betten,<br />
das Wilhelminenspital mit 1.134 Betten und das<br />
Krankenhaus Hietzing mit 882 Betten, an ihrem<br />
bestehenden Standort neu errichtet.<br />
Diese drei Krankenhäuser wurden seinerzeit als<br />
weitläufige Pavillonsysteme gestaltet und werden<br />
nun durch Zentralkliniken vollständig ersetzt. In<br />
diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass in<br />
Pavillonsystemen eine zeitgemäße Betriebsorganisation<br />
nicht mehr umgesetzt werden kann. Auch<br />
kann in Pavillonsystemen die erforderliche Standardanhebung<br />
für Patienten, die Sicherstellung<br />
einer durchgängigen Barrierefreiheit, die Integration<br />
der heutzutage erforderlichen Technik und<br />
Automatisierung sowie nicht zuletzt eine entsprechende<br />
Wirtschaftlichkeit nicht mehr erreicht<br />
werden. Zentralkliniken vereinen hingegen sämtliche<br />
Vorteile in sich und bieten – wenn sie in<br />
entsprechend zukunftsweisender Form errichtet<br />
werden – optimale Voraussetzungen für die Betriebsführung<br />
und höchste Wirtschaftlichkeit.<br />
Das Donauspital mit 954 Betten, das Krankenhaus<br />
Rudolfstiftung mit 734 Betten und das Wiener<br />
Allgemeine Krankenhaus – Universitätscampus<br />
mit 1.864 Betten wurden in der zweiten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts neu errichtet. Diese<br />
Krankenhäuser werden durch Umbauten, aber<br />
auch durch größere Zubauten laufend in ihrer<br />
Substanz verbessert, eine tiefgreifende Neustrukturierung<br />
wird aber erst als ein zweiter Schritt<br />
im Rahmen des Wiener Spitalskonzepts 2030<br />
erfolgen.<br />
Das „Standard PPP Modell des KAV“<br />
Der KAV entwickelte im Jahr 2012 als Grundlage<br />
für die jeweilige Beschaffung der Einzelprojekte<br />
ein an den europäischen Standards orientiertes<br />
„Standard PPP Modell des KAV“, das dann in den<br />
Einzelvergaben auf die jeweiligen Spezifika der<br />
Projekte adaptiert wird. Dabei war für den KAV<br />
neben einer konsequenten Lebenszyklusbetrachtung<br />
und einem angemessenen Risikotransfer auf<br />
den privaten Partner vor allem die Entwicklung<br />
einer starken Bestellerposition auf Basis eines klar<br />
und detailliert definierten Bedarfs von wesentlicher<br />
Bedeutung. Im Rahmen der projektspezifischen<br />
Adaption auf das konkrete Einzelprojekt<br />
werden folgende Kriterien berücksichtigt:<br />
x Bündelfähigkeit von Teilprojekten oder Teilbarkeit<br />
von Großprojekten: Können attraktive und<br />
damit wirtschaftliche Marktgrößen – nicht zu<br />
klein und nicht zu groß – erreicht werden?<br />
x Abgrenzbarkeit von Projekten: Gibt es die<br />
Möglichkeit zur Definition sauberer technischer<br />
und organisatorischer Schnittstellen?<br />
x Terminliche Abhängigkeiten: Ist die Planungsinformation<br />
rechtzeitig verfügbar? Welche Verfahrensdauern<br />
und Realisierungszeiträume sind<br />
möglich bzw. notwendig?<br />
x Auftraggeberseitige Verfügbarkeit von<br />
Managementressourcen<br />
x Wahrscheinlichkeit der Änderung des Bedarfs:<br />
Ist der Bedarf hinreichend genau spezifizierbar,<br />
um eine langfristige vertragliche Bindung mit<br />
einem Privaten einzugehen?<br />
Im Ergebnis der Überlegungen wird das „Standard<br />
PPP Modell des KAV“ für jedes Projekt bzw.<br />
jeden Standort soweit notwendig adaptiert, ohne<br />
dabei die vertraglichen und vergaberechtlichen<br />
Grundlagen des Standardmodells zu verlassen.<br />
Damit soll vor allem dem Markt auch Gelegenheit<br />
für eine entsprechend langfristige Positionierung<br />
in einer Reihe vergleichbarer Projekte gegeben<br />
werden.<br />
Das Projekt Wilhelminenspital<br />
Das erste Projekt, das nach dem neuen Vorgehensmodell<br />
beschafft wird und sich derzeit in<br />
der Planungsphase befindet, ist die komplette<br />
Neustrukturierung und der Ausbau des Standorts<br />
„Wilhelminenspital“ im Westen von Wien:<br />
Im Wesentlichen wird die vorhandene, über<br />
100 Jahre alte Pavillonstruktur durch einen zentralen<br />
Neubau für die Krankenversorgung sowie<br />
ein neues Büro- und Betriebsgebäude ersetzt,<br />
86
in dem sämtliche nicht klinischen Funktionen<br />
zusammengeführt werden und in das darüber<br />
hinaus ein pharmazeutischer Produktionsbetrieb<br />
und eine zentrale Sterilgutaufbereitungsanlage<br />
integriert werden. Ergänzt wird dies durch den<br />
Neubau einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule<br />
auf dem Areal.<br />
Die Aufgabenstellung bietet ideale Voraussetzungen<br />
für die Integration Öffentlich-Privater Partnerschaften.<br />
Im Detail werden die Teilprojekte<br />
folgendermaßen strukturiert:<br />
x „Interimsbau“ für den Zeitraum von ca. acht<br />
Jahren mit Zentral-OP, Pathologie, ICU; ca.<br />
35 Millionen Euro Invest; Basis der Vergabe:<br />
Planung bis Stufe 2+ gemäß HOAI, funktionale<br />
Ausschreibung für Bau und technisches Gebäudemanagement;<br />
mietvertragsähnliches Forfaitierungsmodell<br />
mit Einredeverzicht<br />
x Büro- und Betriebsgebäude inkl. Gesundheitsund<br />
Krankenpflegeschule; ca. 100 Millionen<br />
Euro Invest; Basis der Vergabe: Entwurf plus<br />
Leitdetails sowie Genehmigung, funktionale<br />
Ausschreibung für Bau sowie technisches und<br />
infrastrukturelles Gebäudemanagement<br />
x Ersatzheizwerk: Dieses Objekt wird von einem<br />
privaten Partner nur errichtet und geht dann<br />
bei Übergabe in die Obhut der Fernwärme<br />
Wien über.<br />
x „Teilprojekt 2“: Neubau Zentralbau mit 1.134<br />
Betten, Umsetzungsbeginn 2014<br />
Neues Managementsystem<br />
Für die Umsetzung der komplexen Großbauprojekte<br />
wird im Wiener KAV ein neues Managementsystem,<br />
das neben anderen Elementen auch<br />
auf einer Standard-Projektorganisation beruht,<br />
eingesetzt. Durch die Anwendung dieses Managementsystems<br />
wird der KAV in seiner Rolle<br />
als Auftraggeber zur stärksten Kraft und kann dadurch<br />
seine Strategie in ausreichendem Ausmaß<br />
auf diese Bauprojekte übertragen. Auf Basis dieser<br />
Strategie kann der KAV wiederum klare Projektziele,<br />
wie Funktion, Qualität, Kosten und<br />
Termine bereits vor Projektbeginn festlegen und<br />
sicherstellen, dass diese Projektziele während der<br />
Projektdurchführung weitgehend konstant bleiben<br />
und konsequent durchgesetzt werden. Die<br />
Standard-Projektorganisation ist durch eine strikte<br />
Trennung der operativen Stammorganisationen<br />
Siegreicher Architektenentwurf für das Büro- und Betriebsgebäude des Wilhelminenspitals<br />
Architekten: Markus Perntaler/Lorenz Consult<br />
87
OBA<br />
Projektteam<br />
Planer<br />
Projektorganisation<br />
PA<br />
Firma 2<br />
Firma 3<br />
GBT<br />
Firma 1<br />
BPL<br />
LKT<br />
PA Projektauftraggeber<br />
GBT Geschäftsbereich Technik = Vertreter des Projektauftraggebers<br />
BPL Bauprojektleiter = Projektleiter des Projektauftraggebers<br />
PC Projektcontrolling = Entscheidungsunterstützung des Projektauftraggebers<br />
KF Kollegiale Führung = Leitung der Krankenanstalt<br />
LKT Leiter Kompetenzteam = Vertreter der Kollegialen Führung<br />
Standard-Projektorganisation zur Umsetzung der<br />
Großprojekte<br />
des KAV vom Bauprojekt, aber auch von den parallel<br />
durchzuführenden Organisationsprojekten<br />
gekennzeichnet. Erst dadurch kann die Konzentration<br />
auf das Bauprojekt sichergestellt und Interessenskonflikte<br />
vermieden werden.<br />
In diese Standard-Projektorganisation werden die<br />
PPP-Modelle integriert, wobei anzumerken ist,<br />
PC<br />
Teammitglied<br />
1<br />
Teammitglied<br />
2<br />
Subteam<br />
KF<br />
Teammitglied<br />
3<br />
dass ein PPP-Modell nicht mit dem Bauprojekt<br />
gleichgesetzt werden darf, sondern immer nur einen<br />
Teilbereich von diesem abdeckt. Außerdem<br />
ist die Sicherstellung einer hohen Bestellqualität<br />
wesentlich, da erst dadurch vergleichbare Angebote,<br />
Preise ohne überbordende Risikoaufschläge<br />
sowie einfache und kurze PPP-Vergabeverfahren<br />
sichergestellt werden können. Der Wiener KAV<br />
erreicht dies, indem er im Regelfall den ersten<br />
Planungsabschnitt – bis einschließlich Genehmigungsplanung<br />
–, in dem sämtliche betriebsorganisatorisch<br />
relevanten Elemente bestimmt werden,<br />
selbst durchführt. Der private Partner führt in<br />
Folge die Ausführungsplanung durch, wobei er in<br />
diese sein gesamtes Facility-Management-Knowhow<br />
einbringen kann. Sodann errichtet der private<br />
Partner das betreffende Gebäude, finanziert es<br />
und hält es für 25 bis 30 Jahre auf Basis genau bestimmter<br />
Qualitäten – Service Level Agreements<br />
inkl. Bonus-Malus-Regelung – zur Verfügung. Darüber<br />
hinaus bindet der KAV für die Vorbereitung<br />
und für die Durchführung der PPP-Vergabeverfahren<br />
entsprechende Experten in die Standard-<br />
Projektorganisation ein.<br />
Detaillierte Risikoanalyse<br />
Um die Wirtschaftlichkeit der Vorgehensweise abzusichern,<br />
wurde eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />
erstellt, die parallel zum Projektfortschritt<br />
Risikoanalyse<br />
Definition und Selektion<br />
x In einem ersten Schritt wurden potenzielle Risiken identifiziert und näher definiert.<br />
x Anschließend wurden die für den Wirtschaftlichkeitsvergleich entscheidungsrelevanten Risiken identifiziert.<br />
Bewertung<br />
x Für die ausgewählten Risiken wurde die Ermittlung eines Risikoerwartungswertes vorgenommen.<br />
x Zur Risikobewertung kam die stochastische Dreipunktmethode zur Anwendung.<br />
Allokation<br />
x Im letzten Schritt wurde die Verteilung der Risiken zwischen privater und öffentlicher Seite ermittelt.<br />
x Diese Risikoallokation wurde auf Basis üblicher vertraglicher Regelungen quantifiziert.<br />
88
fortgeschrieben wird. Besonderes Augenmerk<br />
wird dabei auf eine detaillierte Risikoanalyse gelegt,<br />
um eine bestmögliche Verteilung der Risiken<br />
auf den öffentlichen bzw. den privaten Partner<br />
entlang der jeweiligen Risikotragfähigkeit zu erreichen.<br />
Im Rahmen mehrerer Workshops wurden<br />
dabei die Einzelrisiken identifiziert und nach<br />
einer stochastischen Dreipunktmethode bewertet.<br />
Im Anschluss erfolgte die Allokation dieser<br />
Risiken, wobei auch auf die im europäischen und<br />
internationalen Umfeld übliche Risikoverteilung<br />
in vergleichbaren Projekten Rücksicht genommen<br />
wurde. Diesem Risikoprozess wurden – um eine<br />
holistische Betrachtung aller Projektrisiken zu gewährleisten<br />
– neben dem Projektteam des KAV<br />
auch die technischen, rechtlichen und kaufmännischen<br />
Konsulenten beigezogen.<br />
Lebenszykluskosten-Modell<br />
Eines der übergeordneten Ziele des KAV ist die<br />
unbedingte Einhaltung des Gesamtbudgets. Es<br />
war daher notwendig, frühzeitig, also planungsbegleitend,<br />
belastbare Abschätzungen über die<br />
Investitionssummen sowie die Betriebs- und Erneuerungskosten<br />
während der Nutzungsphase zu<br />
treffen und damit gleichzeitig ein Planungscontrolling<br />
zu ermöglichen. Hierzu wurde bereits<br />
auf Basis erster Planungsergebnisse – Wettbe-<br />
werbsentwurf, Qualitäten und Abschätzung der<br />
benötigten Mengen/Massen – ein detailliertes,<br />
bauelementbasiertes Lebenszykluskosten-Modell<br />
(LZK-Modell) entwickelt. Es enthält sämtliche relevanten<br />
Kostengrundlagen: Quadratmeter-Nutzungseinheiten,<br />
Bauelementmengen bzw. -qualitäten,<br />
um verlässliche und nachvollziehbare<br />
Kostendaten für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />
zu liefern.<br />
Im Zuge des Aufbaus des LZK-Modells werden<br />
weitere Festlegungen abgestimmt, insbesondere<br />
hinsichtlich des Betrachtungszeitraums, der<br />
Endschaftsregelung, der vom privaten Partner zu<br />
erbringenden Leistungen des Gebäudemanagements,<br />
deren Schnittstellen zum Bestand bzw. zu<br />
anderen Dienstleistern sowie die Güte der Leistungen,<br />
ausgedrückt in Leistungs- und Verfügbarkeitsstandards<br />
– den Service Level Agreements.<br />
Die Leistungsfähigkeit derartiger bauelementorientierter<br />
Modelle speist sich aus der Tatsache,<br />
dass nicht mit spezifischen Kennzahlen, z.B.<br />
E/m 2 oder E/(m 2 *Jahr), sondern mit konkreten<br />
Massen und Qualitäten – Erstere gemäß Planungsmodell,<br />
Letztere gemäß funktionaler Leistungsbeschreibung<br />
– operiert wird. Die Modelle sind<br />
datenbankgestützt, enthalten sowohl Kosteninformationen<br />
als auch die ökologischen Daten wie<br />
Erstellung/Rückbau 94,20%<br />
Instandsetzung 1,51%<br />
Inspektion/Wartung 2,38%<br />
Wiederkehrende Prüfung 0,68%<br />
Betriebsführung 0,65%<br />
Bedienen 0,57%<br />
Prozentuale Verteilung der kalkulierten Lebenszykluskosten für das Interimsgebäude (Betrachtungsdauer acht Jahre)<br />
89
Wiederkehrende<br />
Prüfung<br />
12%<br />
Inspektion/Wartung<br />
41%<br />
Bedienen<br />
10%<br />
Betriebsführung<br />
11%<br />
Instandsetzung<br />
26%<br />
Verteilung der durchschnittlichen jährlichen Bewirtschaftungskosten (technisches Gebäudemanagement) des geplanten<br />
Interimsgebäudes<br />
CO 2<br />
-Verbrauch und können nach Bedarf ausgewertet<br />
werden.<br />
Für das Projekt Wilhelminenspital hat Turner &<br />
Townsend im Auftrag von Werner Consult Ziviltechnikergesellschaft<br />
mbH ein derartiges Modell<br />
erstellt.<br />
Die beiden Grafiken zeigen entsprechende Auswertungen<br />
für das Interimsgebäude. Herausforderung<br />
dabei war die Modellierung der kurzen<br />
Nutzungszeit von acht Jahren und die Berücksichtigung<br />
der hohen Verfügbarkeitsanforderungen<br />
für die primären medizinischen Prozesse in<br />
diesem Gebäude.<br />
In den folgenden Phasen des ÖPP-Vergabeverfahrens<br />
wird das LZK-Modell auf Basis der ständig<br />
anwachsenden Planungsfestlegungen fortgeschrieben<br />
und aktualisiert. Dadurch werden die<br />
Kostenentwicklungen im Projekt permanent an<br />
das aktuelle Wissen angepasst. Das LZK-Modell<br />
fungiert als primäres Kontroll- und Steuerungswerkzeug<br />
im Zuge der Angebotsauswertung und<br />
der Bieterverhandlungen im laufenden Verfahren.<br />
Spezialwissen erhalten<br />
Im Rahmen der Vorbereitung und Umsetzung<br />
von ÖPP-Projekten wird sehr viel Spezial-Knowhow<br />
generiert. Dieses Wissen geht verloren,<br />
wenn nicht weitere Projekte folgen. Das gilt übrigens<br />
für die öffentliche Seite genauso wie für die<br />
Konsulenten und die privaten Partner wie Baufirmen,<br />
FM-Dienstleister und Banken. Im Rahmen<br />
des Wiener Spitalskonzepts 2030 ist geplant,<br />
fünf Bauprojekte mit integrierten PPP-Modellen<br />
durchzuführen, wobei die geschätzten Errichtungskosten<br />
dieser Bauprojekte ca. 2,5 Milliarden<br />
Euro netto betragen werden.<br />
Dieses massive Investitionsprogramm der Stadt<br />
Wien zur Neugestaltung und Optimierung ihrer<br />
Krankenanstalten bietet die einmalige Gelegenheit,<br />
Lernkurven zu nutzen, Projektabwicklungsmodelle<br />
von Projekt zu Projekt weiterzuentwickeln,<br />
Standards zu schaffen und damit<br />
signifikante Effizienzgewinne bei der Projektdurchführung<br />
zu erzielen.<br />
90
Die A- und F-Modelle als Wegbereiter für die<br />
Zukunft<br />
Von Tatjana Tegtbauer<br />
Seit gut einem Jahrzehnt ist ÖPP im Bundesfernstraßenbereich eine<br />
gängige Beschaffungsvariante. Gerade vor dem Hintergrund eines<br />
steigenden Verkehrsaufkommens und sinkender Haushaltsmittel werden<br />
ÖPP-Projekte auch in Zukunft Wegbereiter der Straße im 21. Jahrhundert<br />
sein.<br />
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung (BMVBS) und die Straßenbauverwaltungen<br />
der Länder in seinem Auftrag<br />
wenden seit über 60 Jahren die sogenannte „konventionelle<br />
Umsetzung“ von Infrastrukturmaßnahmen<br />
im Bundesfernstraßenbereich an. Seit<br />
gut zehn Jahren wird diese Beschaffungsvariante<br />
um sogenannte ÖPP-Projekte ergänzt. Nahm der<br />
Hochbau zunächst eine gewisse ÖPP-Vorreiterrolle<br />
ein, so findet ÖPP heute nicht nur dort und im<br />
Straßenbereich Anwendung, sondern es greifen<br />
entsprechende Ideen auch in anderen Verkehrssektoren<br />
wie z.B. Wasserstraße und Schiene. Von<br />
Anfang an war das BMVBS intensiv in die Vorbereitung,<br />
Vergabe und Durchführung von ÖPP-<br />
Projekten im Bundesfernstraßenbau eingebunden<br />
– auch wenn dies im System der Auftragsverwaltung<br />
eher untypisch ist.<br />
Unter ÖPP-Modellen werden unterschiedliche<br />
Ausprägungen der langfristigen, vertraglich fixierten<br />
Zusammenarbeit von öffentlichem Auftraggeber<br />
(AG) und privatem Auftragnehmer (AN)<br />
verstanden.<br />
Im Bundesfernstraßenbereich weisen ÖPP-Modelle<br />
folgende Charakteristika auf: Planung, Bau,<br />
Erhaltung, Betrieb und anteilige – selten vollständige<br />
– Finanzierung werden einem AN zur Ausübung<br />
übertragen. Das heißt, der Staat entledigt<br />
sich der Aufgabe nicht, wie dies bei einer Privatisierung<br />
der Fall wäre, sondern kauft die Leistungen<br />
mittels einer Art Generalunternehmervertrag<br />
beim Privaten ein.<br />
Ministerialrätin Tatjana<br />
Tegtbauer ist<br />
Die Vergabe an Generalunternehmer ist<br />
in der Privatwirtschaft gängige Praxis, Leiterin des Referats<br />
„ÖPP im Bundesfernstraßenbau“<br />
im<br />
hingegen findet sie im Bereich der Bundesfernstraßen<br />
fast keine Anwendung, Bundesministerium<br />
denn es werden üblicherweise die Bau-, für Verkehr, Bau<br />
Erhaltungs- und in Teilen Betriebsdienstleistungen<br />
unterteilt in zahlrei-<br />
und Stadtentwicklungche<br />
Fach- und Teillose vergeben, was<br />
einen höheren Verwaltungsaufwand bedeutet<br />
und nicht unerhebliche Risiken für den Bauherrn<br />
birgt. Hiermit soll eine Stärkung des Mittelstands<br />
erreicht werden. Der AG bleibt weiterhin Eigentümer<br />
der Straße und Straßenbaulastträger und<br />
muss daher die Leistungen des Privaten kontinuierlich<br />
überwachen.<br />
Als Gegenleistung erhält der AN, der in rechtlicher<br />
Hinsicht als Erfüllungsgehilfe bzw. im Fall<br />
des F-Modells partiell auch als Beliehener zu qualifizieren<br />
ist, ein Entgelt für seine Leistungen.<br />
Es wird deutlich, dass sowohl die Phasen als auch<br />
die Akteure konventionell und bei ÖPP überwiegend<br />
identisch sind. Gleichwohl gibt es doch im<br />
Einzelnen systematische Unterschiede zwischen<br />
den Beschaffungsvarianten ÖPP und konventionell,<br />
die als ein Beitrag von ÖPP zur Weiterentwicklung<br />
des Straßensektors zu werten sind.<br />
Lebenszyklusbetrachtung<br />
ÖPP-Projektverträge werden in der Regel für eine<br />
Dauer von 30 Jahren geschlossen. Denn die<br />
Lebensdauer des Straßenoberbaus beträgt regel-<br />
VERKEHRSWEGEBAU<br />
91
Konventionell<br />
ÖPP<br />
Bedarfsermittlung<br />
Öffentliche Hand (Bund)<br />
Raumordnungsverfahren,<br />
Linienbestimmung<br />
Öffentliche Hand (Land/Bund)<br />
Planfeststellung<br />
Öffentliche Hand (Land)<br />
Vorbereitung<br />
Ausschreibung<br />
Private (Beratungsunternehmen)<br />
und öffentliche Hand (Land,<br />
bei ÖPP teilweise auch Bund)<br />
Vergabe<br />
Öffentliche Hand (Land)<br />
Bau<br />
Betrieb<br />
Erhaltung<br />
Private<br />
Öffentliche Hand<br />
(Land), Private<br />
Private<br />
Private<br />
Überwachungsleistungen<br />
„Konventionell“<br />
und „ÖPP“:<br />
Öffentliche Hand<br />
und Private<br />
(Aufteilung)<br />
mäßig bis zu 25 Jahre, zuzüglich der drei- bis<br />
fünfjährigen Planungs- und Bauphase ergibt sich<br />
die Vertragslaufzeit von 30 Jahren. Zum Ende<br />
der Vertragslaufzeit sind bei der Abnahme vertraglich<br />
vereinbarte Zustandswerte einzuhalten,<br />
die so bestimmt sind, dass der AN nicht mehr<br />
bei „Auszug“ – das heißt am Ende seines Vertrags<br />
– „renovieren“ muss, sondern diese Straßenerneuerung<br />
im Anschluss an den ÖPP-Vertrag<br />
von einem anderen Privaten konventionell oder<br />
mittels ÖPP durchzuführen ist. Die Lebenszyklusbetrachtung<br />
wirkt sich in unterschiedlichen<br />
Bereichen aus:<br />
x In finanzieller Hinsicht: Denn es sind nicht<br />
nur Haushaltsmittel für die Bauphase bereitzustellen,<br />
sondern bei der Haushaltsanmeldung<br />
des ÖPP-Projekts sind die geschätzten Ausgaben<br />
für die Bau-, Betriebs-, Erhaltungs- und<br />
Finanzierungsleistungen der gesamten Vertragslaufzeit<br />
anzugeben und vom Parlament<br />
zu bewilligen. Da ÖPP-Zahlungen im Haushalt<br />
ausgewiesen und nicht off-balance gebucht<br />
werden, handelt es sich bei den ÖPP-Zahlungen<br />
nicht um eine verdeckte Staatsverschuldung<br />
oder Umgehung der Schuldenbremse. Im<br />
sogenannten konventionellen Bereich werden<br />
indes mit der Aufnahme eines Bauprojekts in<br />
den Haushalt derartige Folgekosten – z.B. für<br />
Erhaltung und Betrieb – weder ermittelt noch<br />
finanzielle Mittel für die Folgejahre im Haushalt<br />
vorgesehen.<br />
x In wirtschaftlicher, qualitativer Hinsicht für<br />
den AN: Denn er muss für einen deutlich längeren<br />
als den üblichen Gewährleistungszeitraum<br />
von fünf Jahren seine Leistung auf dem<br />
vereinbarten Niveau halten.<br />
92
x In planerischer, technischer Hinsicht: Denn<br />
der AN muss bei der Planung der Maßnahme<br />
neben den Vorgaben der Planfeststellung und<br />
den technischen Vorschriften auch bereits die<br />
Durchführung und Finanzierung von Betrieb<br />
und Erhaltung der Infrastruktur im Blick haben.<br />
Dies führt u.a. zu besonders gründlicher<br />
Bauvorbereitung, z.B. detaillierterer Analyse<br />
von Baugrund und Baustoffen und lebenszyklusorientierten<br />
Modifikationen bei der Umsetzung,<br />
z.B. Bau der Entwässerungsleitung<br />
in einer möglichst einfach zu reinigenden<br />
Ausführung. Auch um dem AN ausreichend<br />
Spielraum für lebenszyklusorientierte Optimierungsmöglichkeiten<br />
zu lassen, soll die<br />
Leistungsbeschreibung möglichst funktional<br />
ausgestaltet ein, das heißt, dass der AG nicht<br />
einzelne Positionen und Massenangaben vorgibt<br />
– wie überwiegend im konventionellen<br />
Bereich –, sondern es werden funktionale Anforderungen<br />
an die Leistung vereinbart, z.B.<br />
Straßengriffigkeitswerte.<br />
Nutzerorientierung<br />
ÖPP-Modelle im Bundesfernstraßenbereich<br />
zeichnen sich durch verschiedene nutzerorientierte<br />
Elemente aus, die vor allem für hochbelastete<br />
Magistralen eine Vorbildfunktion entfalten<br />
könnten:<br />
x Vor allem hinsichtlich der Vergütung des AN<br />
sind nutzerorientierte Elemente implementiert,<br />
denn beim F-Modell erfolgt die Vergütung pro<br />
Fahrzeug, das heißt, der AN erhält je Nutzung<br />
seiner Strecke eine Gebühr oder ein Entgelt.<br />
Beim A-Modell erhält er pro LKW-Kilometer<br />
ein Entgelt und bei den Verfügbarkeitsmodellen<br />
bestimmt sich die Vergütung nach der Verfügbarkeit<br />
der Strecke für die Nutzer, z.B. je<br />
mehr Fahrstreifen für den Verkehrsteilnehmer<br />
bereitstehen, umso höher ist die Vergütung des<br />
AN. Da die AN regelmäßig davon ausgehen,<br />
dass nach Ende der Bauphase die Nutzerfrequenz<br />
steigt, haben sie ein eigenes Interesse<br />
an einer zügigen Baudurchführung. Die ÖPP-<br />
Großprojekte im Tiefbau sind alle zum oder<br />
sogar noch vor dem vereinbarten Fertigstellungstermin<br />
dem Verkehr übergeben worden,<br />
was u.a. aus Nutzersicht sehr positiv hervorzuheben<br />
ist. Auch das im Bau befindliche Projekt<br />
A5 soll ein Jahr früher für den Verkehr freigegeben<br />
werden als vertraglich vereinbart.<br />
x Zudem muss der AN in der Erhaltungs- und<br />
Betriebsphase dem AG Verkehrsbeeinträchtigungskosten<br />
zahlen. Sie stellen einen Anreiz<br />
dar, verkehrsbeeinträchtigende Tätigkeiten<br />
wie z.B. Mähen oder Schlaglochbeseitigung in<br />
möglichst kurzer und verkehrsarmer Zeit auszuführen.<br />
In dem hochbelasteten Bundesfernstraßennetz<br />
mit steigendem Erhaltungsbedarf<br />
dürfte eine zügige, professionelle Maßnahmendurchführung<br />
unter Verkehr eine wichtige<br />
Qualifikation darstellen.<br />
x Die Vergütung der ÖPP-AN erfolgt grundsätzlich<br />
aus Mautmitteln, das heißt, es wird ein<br />
„projektbezogener Nutzerfinanzierungskreislauf“<br />
geschaffen.<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Bei den ÖPP-Modellen im Bundesfernstraßenbereich<br />
werden, wie von der Bundeshaushaltsordnung<br />
für alle finanzwirksamen Maßnahmen gefordert,<br />
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen (WU)<br />
erstellt. Deren strenger Wirtschaftlichkeitsmaßstab<br />
wirkt sich wie folgt aus:<br />
x Im Hinblick auf die Kostentransparenz: Bei der<br />
WU werden alle Kosten und Nutzen einer konventionellen<br />
Projektumsetzung der kompletten<br />
Vertragslaufzeit mit denen einer ÖPP-Umsetzung<br />
verglichen. Nur wenn die ÖPP-Variante<br />
mindestens ebenso wirtschaftlich wie die konventionelle<br />
Umsetzung ist, kann ein ÖPP-Projekt<br />
gestartet werden bzw. erfolgt der Zuschlag<br />
auf ein ÖPP-Angebot. Die Eingangsdaten für<br />
die WU erstellt regelmäßig die Straßenbauverwaltung<br />
des Landes. Die Einbeziehung von<br />
Nutzen ist notwendig, um eine Vergleichbar-<br />
93
keit der Varianten herzustellen, z.B. in Form<br />
unterschiedlicher Fertigstellungszeitpunkte.<br />
Für die WU werden Projektrisiken identifiziert,<br />
quantifiziert und deren finanzielle Auswirkungen<br />
eingepreist. Diese wirtschaftliche Berücksichtigung<br />
und finanzielle Risikovorsorge ist für<br />
eine schnelle und möglichst risikoarme Projektumsetzung<br />
von zentraler Bedeutung, weshalb<br />
davon auszugehen ist, dass eine Auseinandersetzung<br />
mit und monetäre Berücksichtigung<br />
von Risiken auch im konventionellen Straßenbereich<br />
Einzug halten werden müssen.<br />
x Im Hinblick auf die Risikoverteilung: Im Rahmen<br />
der WU ist zu entscheiden, welche Risiken<br />
der AN und welche der AG trägt. Der<br />
AN installiert für die von ihm zu tragenden<br />
Risiken bereits heute regelmäßig ein effektives<br />
Risikomanagement, das darauf abzielt, etwaige<br />
Risiken möglichst früh zu erkennen und die<br />
Auswirkungen zu minimieren. Denn: Je stärker<br />
sich das von ihm zu tragende Risiko realisieren<br />
sollte, umso stärker wirkt es sich finanziell zu<br />
Lasten des AN aus.<br />
x Im Hinblick auf die Projektvorbereitung: Der<br />
AG muss eine vergleichsweise intensive Vorbereitung<br />
des Projekts über den gesamten Lebenszyklus<br />
vornehmen. Er überlegt sich ex<br />
ante genau, welche Leistungen er einkaufen<br />
will, welche Ziele das Projekt hat. Denn bei einem<br />
ÖPP-Vertrag wird die für den AG regelmäßig<br />
kostenintensive Änderung von Leistungen<br />
nach Vertragsabschluss erschwert, da jede Leistungssollveränderung<br />
Auswirkungen auf die Finanzplanung<br />
hätte, die der AN mit den Banken<br />
und Eigenkapitalgebern abstimmen müsste.<br />
Diese Disziplin wirkt sich bei ÖPP positiv auf<br />
die Einhaltung von Kosten- und Zeitplänen aus.<br />
x Die Verantwortlichkeit in der Hand eines AN<br />
anstatt zahlreicher Einzelunternehmer ermöglicht<br />
dem AG und dem AN ein zielgerichtetes<br />
Projektmanagement, das gerade bei Großbaustellen<br />
erfolgsentscheidend ist.<br />
x Die nachgelagerte WU bei ÖPP gibt Aufschluss<br />
über die Qualität der Leistung und macht die<br />
tatsächlichen Lebenszykluskosten transparent,<br />
die im konventionellen Sektor weder prognostiziert<br />
noch nachgehalten werden. Dabei<br />
können hieraus Schlussfolgerungen für ein<br />
nachhaltiges Bewirtschaften des Straßennetzes<br />
gezogen werden, da sie z.B. verdeutlichen,<br />
was Erfolgs- bzw. Misserfolgsfaktoren waren.<br />
ÖPP: Denken und Handeln in Alternativen<br />
Die Implementierung von ÖPP-Projekten im<br />
Bundesfernstraßenbereich erlaubt den Entscheidungsträgern,<br />
bei Infrastrukturmaßnahmen nicht<br />
nur den üblichen Weg zu beschreiten, sondern<br />
in Alternativen zu denken und in geeigneten Fällen<br />
neue Pfade zu nutzen. Es wird deutlich, dass<br />
ÖPP-Projekte Gemeinsamkeiten mit der konventionellen<br />
Umsetzung aufweisen, aber auch spezifische<br />
Besonderheiten, und zwar vor allem durch<br />
x die lebenszyklus- und nutzerorientierte<br />
Projektausgestaltung,<br />
x die wirtschaftlich orientierte Projektsteuerung<br />
und -umsetzung,<br />
x die Nutzung alternativer Finanzierungsformen,<br />
x alternative Organisationsansätze in institutionenübergreifenden<br />
Projektteams (Bund und<br />
Land gemeinsam).<br />
Da es seit Jahren in einigen für die Zukunft der<br />
Straße bedeutsamen Bereichen deutliche Veränderungen<br />
gibt – z.B. stets abnehmender Personalbestand,<br />
stetig steigende Verkehre sowie tendenziell<br />
unter Berücksichtigung der Preissteigerung<br />
sinkende Haushaltsmittel –, ist es sachgerecht<br />
und zukunftsorientiert, alternative Beschaffungswege<br />
zu eruieren und zu nutzen, um auf die<br />
äußeren Veränderungen zu reagieren. Wie aufgezeigt<br />
tragen ÖPP-Projekte schon heute dazu bei,<br />
Impulse für das Zukunftsthema „Wie beschafft<br />
der Bund effizient?“ zu geben. Auch insofern sind<br />
ÖPP-Projekte Wegbereiter für die Zukunft der<br />
Straße im 21. Jahrhundert.<br />
94
Aus Sicht des Auftraggebers: Sechsstreifiger Ausbau<br />
der A1 in beeindruckend kurzer Gesamtbauzeit<br />
Von Petra Rother und Julia Fundheller<br />
Die Bundesautobahn (BAB) A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck und<br />
dem Bremer Kreuz war das erste ÖPP-Projekt Niedersachsens und das<br />
vierte Pilotprojekt des Bundes. Die Bauphase des A-Modells A1 ist viereinhalb<br />
Jahre nach Baubeginn abgeschlossen. Jetzt geht das bisher<br />
größte ÖPP-Projekt der Bundesrepublik Deutschland in die Erhaltungsund<br />
Betriebsphase.<br />
VERKEHRSWEGEBAU<br />
Die BAB A1 verläuft von der deutschen Ostseeküste<br />
bis nach Saarbrücken und verbindet<br />
die westlichen Industriegebiete Deutschlands<br />
und des benachbarten Auslands mit den Seehäfen<br />
Bremen, Hamburg und Lübeck sowie mit<br />
Skandinavien.<br />
Im Juni 2005 erhielt die Zentrale der Niedersächsischen<br />
Landesbehörde für Straßenbau und<br />
Verkehr (NLStBV) den Projektauftrag zur Durchführung<br />
des Vergabeverfahrens für das A-Modell<br />
A1. Das Vergabeverfahren war als drittes von vier<br />
Pilotprojekten des Bundes und als erstes ÖPP-<br />
Projekt Niedersachsens durchzuführen. Die Herausforderung<br />
bestand darin, den Schritt vom<br />
bisherigen, kleinteiligen Einheitspreisvertrag hin<br />
zum Konzessionsvertrag mit funktionaler Leistungsbeschreibung<br />
zu gestalten. Hierbei war<br />
für jeden Aufgabenbereich für den Vertrag der<br />
Gestaltungsspielraum des Konzessionsnehmers<br />
vorzugeben und hieraus erwachsend das Aufgabenprofil<br />
der Auftragsverwaltung bei der späteren<br />
Bauausführung zu entwickeln. Die Bandbreite<br />
der Möglichkeiten wird an den unterschiedlichen<br />
Maßgaben der anderen drei Pilotprojekte<br />
deutlich.<br />
Projektstart und Ausbau<br />
Besonders hervorzuheben ist gegenüber den anderen<br />
Piloten, dass der Konzessionsnehmer in<br />
Niedersachsen den Grunderwerb für fünf von sieben<br />
Planfeststellungsabschnitten zu tätigen<br />
hatte. Das Risiko der rechtzeitigen<br />
Verfügbarkeit – abgestimmt auf seinen<br />
Bauablauf – lag dabei beim Konzessionsnehmer.<br />
Hier rechnete die NLStBV<br />
aufgrund des mit dem Baugeschehen<br />
verbundenen Termindrucks mit einer<br />
Vielzahl von Besitzeinweisungs- und<br />
Enteignungsverfahren. Deshalb wurden<br />
die Behörden, die diese Verfahren bearbeiteten,<br />
darauf vorbereitet, ggf. zusätzliches<br />
Personal vorzuhalten. Die große<br />
Akzeptanz des Ausbauvorhabens in der<br />
Bevölkerung hat jedoch trotz erheblichen<br />
Bedarfs an landwirtschaftlichen<br />
Flächen letztlich die befürchtete Anzahl<br />
an Verfahren nicht eintreten lassen, sodass<br />
der Grunderwerb in diesem Fall<br />
als vom Konzessionsnehmer erfolgreich<br />
durchgeführt beurteilt werden kann.<br />
Eine besondere Herausforderung stellte<br />
aus Sicht der NLStBV weiterhin<br />
die termingerechte Ausarbeitung der<br />
Entwurfs- und Ausführungsunterlagen inklusive<br />
der Ingenieurbauwerke für die gesamte BAB<br />
A1 auf der Basis der Planfeststellungsunterlagen<br />
dar. Hierfür war konzessionsnehmerseitig ein<br />
sehr hohes Engagement der Fachplaner erforderlich,<br />
dem die Auftragsverwaltung im Genehmigungsverfahren<br />
mit ebenso außergewöhnlichem<br />
Einsatz begegnete. Entwurf und Ausführungs-<br />
Dipl.-Ing. Petra Rother<br />
ist Leitende<br />
Baudirektorin und<br />
als Leiterin des Geschäftsbereichs<br />
3<br />
„Operative Aufgaben“<br />
in der Zentrale<br />
der Niedersächsischen<br />
Landesbehörde<br />
für Straßenbau<br />
und Verkehr<br />
(NLStBV) tätig.<br />
Dipl.-Ing. Julia<br />
Fundheller ist Bauoberrätin<br />
und leitet<br />
das Vertragsabwicklungsteam<br />
für<br />
das A-Modell A1<br />
im regionalen Geschäftsbereich<br />
Verden<br />
der NLStBV.<br />
95
planung der Ingenieurbauwerke hat der Konzessionär<br />
vorschriftenkonform durchgeführt. Die Tatsache,<br />
dass es gelang, die sehr große Anzahl von<br />
Planern, Prüfern und Verwaltungsmitarbeitern in<br />
jedem der Fachgebiete in einem elektronischen<br />
Planmanagementsystem – für die Verwaltung ein<br />
Pilot im Pilot – neu zu etablieren und termingerecht<br />
die Genehmigungsprozesse zu durchlaufen,<br />
kann als Erfolg gewertet werden, wenngleich<br />
es unabdingbar war, hier anfangs flexibel zu<br />
improvisieren.<br />
Parallel zur Vergabe sah sich der Konzessionsgeber<br />
vor die Aufgabe gestellt, eine geeignete<br />
Form der Organisation zu schaffen, mit der die<br />
Bereits während des Vergabeverfahrens begann<br />
das Vertragsabwicklungsteam damit, die beim<br />
Ausbau zu beteiligenden Behörden sowie die davon<br />
betroffenen Kommunen und Anwohner vorzubereiten<br />
und zu informieren. Die zwischen der<br />
Auftragsvergabe und dem Konzessionsbeginn, der<br />
Betriebsdienstübernahme und dem Baubeginn<br />
durch den Konzessionsnehmer liegende Zeitspanne<br />
betrug nur ein bzw. zwei Monate und stellte<br />
damit sowohl für den Konzessionsnehmer als<br />
auch für den Konzessionsgeber eine Herausforderung<br />
dar.<br />
Durch die vor Projektbeginn durchgeführten Vorbereitungsgespräche<br />
und Informationsveranstaltungen<br />
waren zwar Behörden und viele Anlieger<br />
über das Vorhaben informiert. Jedoch konnte<br />
während des laufenden Vergabeverfahrens keine<br />
Information zum Bauablauf gegeben werden, da<br />
dies Gegenstand des Wettbewerbs im Vergabeverfahren<br />
war. Eine Vorbereitung der Bevölkerung<br />
auf die Einschränkungen während der ersten<br />
Bauphase 2008/2009 konnte daher teilweise erst<br />
wenige Tage vor Baubeginn erfolgen. Insbesondere<br />
Landwirte waren durch die Baumaßnahmen<br />
deshalb besonders stark betroffen. Erst in den<br />
nachfolgenden Bauphasen konnte dem Problem<br />
mit einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit und<br />
rechtzeitiger Information begegnet werden.<br />
neuen und veränderten Aufgaben und Zuständigkeiten<br />
auf der A1 gewürdigt wurden. Dazu<br />
wurden in mehreren Bearbeitungsschritten die<br />
bei der öffent lichen Hand verbliebenen und im<br />
Projekt neu zu bewältigenden Aufgaben ermittelt,<br />
bewertet und letztlich mit Personalressourcen<br />
hinterlegt. Im Ergebnis wurde ein Vertragsabwicklungsteam<br />
im regionalen Geschäftsbereich<br />
Verden der NLStBV eingerichtet, der über die örtliche<br />
Nähe zum Baugeschehen und das notwendige<br />
Know-how aus der Planung des sechsstreifigen<br />
Ausbaus der A1 verfügt.<br />
Enge Zeitspanne<br />
Enge Abstimmung notwendig<br />
Die Baumaßnahmen erforderten eine enge Abstimmung<br />
zwischen dem Vorhabensträger, den<br />
am Bau Beteiligten und den betroffenen Behörden.<br />
So wurden insbesondere die Verkehrsbehörden<br />
und Straßenbaulastträger der untergeordneten<br />
Verkehrswege, die Ordnungsbehörden<br />
mit den Feuerwehren und Rettungsdiensten und<br />
die Polizei intensiv in die Abstimmungen der<br />
jeweiligen Bauphase einbezogen. Der Konzessionsnehmer<br />
war dabei ein von allen Seiten akzeptierter<br />
Partner. Im Ergebnis gelang eine gute und<br />
zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen allen<br />
Beteiligten.<br />
Der Konzessionsvertrag sah insgesamt eine Bauzeit<br />
von gut vier Jahren vor. Der daraus abgeleitete<br />
Bauablauf des Konzessionsnehmers ging mit<br />
großem Eingriff in das Verkehrsgeschehen auf der<br />
96
A1 wie auch im untergeordneten Straßennetz<br />
einher. So wurde gleichzeitig in bis zu sieben<br />
Bauabschnitten, verteilt auf die Gesamtausbaulänge<br />
von 72,5 Kilometer, gebaut. Die Verkehrsführung<br />
erfolgte dabei zwar regelkonform, doch<br />
wurde die Vielzahl der aufeinanderfolgenden<br />
Bauabschnitte in Verbindung mit dem hohen<br />
Schwerverkehrsanteil auf der A1 und den baustellenbedingt<br />
schmalen Fahrbahnen zu einer<br />
Herausforderung für die Verkehrsteilnehmer.<br />
Insgesamt wurden daher zur Erhöhung der Verkehrssicherheit<br />
in Abstimmung mit der Polizei<br />
besondere Maßnahmen ergriffen.<br />
Trotz dieser zusätzlichen Leistungen und einiger<br />
Terminverschiebungen hinsichtlich einzelner<br />
Bauleistungen konnte der Gesamtfertigstellungstermin<br />
für die Ausbauleistungen durch den Konzessionsnehmer<br />
um drei Monate unterboten<br />
werden.<br />
Das Baugeschehen auf der A1 zog großes media<br />
les und öffentliches Interesse auf sich. Die<br />
Schwere des baulichen Eingriffs in das Verkehrsgeschehen<br />
und die damit verbundenen Auswir-<br />
kungen auf Staulagen und Unfallhäufigkeit waren<br />
dafür ausschlaggebend. Darüber hinaus rückten<br />
die in der Planfeststellung getroffenen Festlegungen<br />
erst durch das tatsächliche Baugeschehen in<br />
den Fokus der Bevölkerung.<br />
Das öffentliche Informationsbedürfnis ist dem<br />
Konzessionsgeber aus anderen Vorhaben bekannt,<br />
war vom Konzessionsnehmer anfänglich<br />
jedoch unterschätzt worden. Auf zahlreichen Öffentlichkeitsveranstaltungen<br />
insbesondere zu Beginn<br />
der Maßnahme haben Konzessionsnehmer<br />
und Konzessionsgeber gemeinsam das Vorhaben<br />
vorgestellt. Aktuelle Presseinformationen informierten<br />
fortlaufend über die Entwicklungen. Im<br />
Laufe des Projektfortschritts wurde die Öffentlichkeit<br />
über eine Internetseite des Konzessionsnehmers<br />
und mit Flyern und Broschüren über<br />
das Projekt informiert.<br />
Erhaltung und Betrieb<br />
Nur zwei Monate nach Auftragsvergabe übernahm<br />
der Konzessionsnehmer im September<br />
2008 den Betriebsdienst auf 65,6 Kilometern der<br />
Die Bundesautobahn A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck und dem Bremer Kreuz war das erste ÖPP-Projekt Niedersachsens<br />
97
Ausbaustrecke. Dafür stellte der Konzessionsgeber<br />
sein unabhängig vom A-Modell 2007 aufgegebenes<br />
Gehöft der Autobahnmeisterei Hollenstedt<br />
direkt an der A1 zur Verfügung. Damit stand dem<br />
Konzessionsnehmer für die erste Betriebsphase<br />
ein nur mit wenig Aufwand herzurichtender,<br />
jedoch gemessen an der Betriebsstrecke deutlich<br />
außermittig gelegener Betriebsstandort zur<br />
Verfügung.<br />
Der Übergang auf den Betriebsdienst des Konzessionsnehmers<br />
verlief trotz des bei Übernahme<br />
bevorstehenden Winterdiensteinsatzes nahezu<br />
reibungslos. Lediglich Fahrzeugausstattung und<br />
Dokumentation der betrieblichen Tätigkeiten des<br />
Konzessionsnehmers bedurften einer näheren Abstimmung.<br />
Hier hatte der Konzessionsgeber im<br />
Vorfeld mit erheblich größeren Startschwierigkeiten<br />
gerechnet. Seit 2009 wird der Betriebsdienst<br />
des Konzessionsnehmers von seinem neu errichteten<br />
Standort in der Anschlussstelle Sittensen<br />
durchgeführt.<br />
Eine besondere Herausforderung stellte die Erhaltungsleistung<br />
an der während der ersten Bauphasen<br />
unter Verkehr liegenden Bestandsstrecke dar.<br />
Der Konzessionsnehmer übernahm gemäß dem<br />
Konzessionsvertrag die Konzessionsstrecke in<br />
dem Zustand, wie sie stand und lag. Insbesondere<br />
zu Beginn seiner Bautätigkeit musste der Konzessionsnehmer<br />
daher diverse Erhaltungsmaßnahmen<br />
ergreifen, um einen verkehrssicheren Zustand<br />
der Strecke zu gewährleisten.<br />
Erfolgsprojekt<br />
die bisherigen Erfahrungen der öffentlichen Verwaltung<br />
deutlich unterboten, da bislang die notwendigen<br />
finanziellen Mittel für die Realisierung<br />
einer solch kurzen Bauzeit durch den Bund nicht<br />
zur Verfügung gestellt werden konnten. Eine<br />
herkömmliche Vorgehensweise mit baulosweiser<br />
Vergabe hätte insgesamt sehr viel länger gedauert<br />
und wäre mit einem erheblich höheren Ressourcenaufwand<br />
verbunden gewesen. Insgesamt ist<br />
der Ausbau der A1 damit über verhältnismäßig<br />
kurze Zeit, aber auch unter großer Belastung für<br />
Anwohner und Verkehrsteilnehmer erfolgt. Das<br />
bauliche Ergebnis ist als Erfolg zu werten.<br />
Zur Bewältigung der Vielzahl an Aufgabenstellungen<br />
war von Beginn der Abwicklung an eine<br />
besonders enge Abstimmung zwischen Konzessionsnehmer<br />
und Konzessionsgeber erforderlich.<br />
So mussten im Laufe der Bauzeit insgesamt über<br />
300 Besprechungen zu Vertragsinhalten, technischen<br />
und verkehrlichen Fragestellungen und<br />
einer Vielzahl anderer Themen durchgeführt<br />
werden. Dabei war die Zusammenarbeit immer<br />
zielgerichtet und konstruktiv. Der Konzessionsvertrag<br />
mit der Übertragung einer Vielzahl von<br />
Chancen und Risiken an einen Konzessionsnehmer<br />
hat sich im Fall der A1 aus Sicht des Konzessionsgebers<br />
bewährt. Er bietet erheblich weniger<br />
Potenzial für Auseinandersetzungen als der herkömmliche<br />
Bauvertrag. Damit kann für die ersten<br />
4,5 Jahre des A-Modells A1 attestiert werden,<br />
dass ÖPP eine Finanzierungsalternative darstellt,<br />
die auch seitens der Auftragsverwaltung gemeinsam<br />
mit einem Konzessionsnehmer umgesetzt<br />
werden kann.<br />
Der sechsstreifige Ausbau der A1 im Rahmen dieses<br />
A-Modells hat mit seiner Gesamtausbauzeit<br />
98
Aus Sicht des Auftragnehmers: PPP-Pilotprojekt A1<br />
erfolgreich umgesetzt<br />
Von Volker Ellenberg und Lutz Hoffmann<br />
Die Autobahn A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck bei Hamburg und<br />
dem Bremer Kreuz wurde rund drei Monate vor dem vertraglichen Fertigstellungstermin<br />
für den Verkehr freigegeben. Die bei der Realisierung<br />
des Projekts gemachten Erfahrungen zeigen, dass PPP ein Erfolgsrezept<br />
für die schnelle und qualitativ hochwertige Umsetzung großer Infrastrukturprojekte<br />
in Deutschland sein kann.<br />
VERKEHRSWEGEBAU<br />
Am 11. Oktober 2012 fand die feierliche Eröffnung<br />
der A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck<br />
und dem Bremer Kreuz statt.<br />
Größtes A-Modell-Pilotprojekt<br />
Im Juli 2008 hatten der Konzessionsgeber, die<br />
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch<br />
die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau<br />
und Verkehr, und die Projektgesellschaft A1<br />
mobil GmbH & Co. KG (A1 mobil) als Konzessionsnehmer<br />
nach einer mehr als zweijährigen Angebotsphase<br />
den Konzessionsvertrag für die A1<br />
unterschrieben. Gegenstand des Vertrags war die<br />
Entwurfs- und Ausführungsplanung, der Ausbau<br />
einschließlich der Bauablaufplanung, der Betrieb<br />
sowie die langfristige Erhaltung der Strecke über<br />
30 Jahre als bis dahin größtes A-Mo dell Pilotprojekt<br />
Deutschlands. Das mit diesen Leistungen<br />
verbundene Investitionsvolumen von rund<br />
650 Millionen Euro wird durch Eigenkapital der<br />
Gesellschafter der Projektgesellschaft in Höhe<br />
von rund 100 Millionen Euro sowie durch Fremdmittel<br />
einer aus neun Banken bestehenden Bankengruppe<br />
eingebracht. Die Gesellschafter der<br />
A1 mobil sind die Unternehmen Bilfinger Project<br />
Investments, John Laing und Johann Bunte.<br />
Die Refinanzierung der eingebrachten Mittel erfolgt<br />
im Laufe der dreißigjährigen Konzessions zeit<br />
durch anteilige monatliche Einnahmen aus der<br />
LKW-Maut auf der Strecke. Die Projektgesellschaft<br />
trägt somit das Verkehrsmengenrisiko.<br />
Mit der Planung und dem Ausbau der<br />
Strecke hatte die A1 mobil die Arbeitsgemeinschaft<br />
A1 Hamburg–Bremen<br />
(ARGE) beauftragt. Die Gesellschafter<br />
der ARGE sind die Bilfinger Infrastructure<br />
GmbH und die Johann Bunte Bauunternehmung<br />
GmbH & Co. KG.<br />
Planmanagement per Internet<br />
Nach der Zuschlagserteilung im Juli<br />
2008 galt es innerhalb kürzester Zeit<br />
mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung der<br />
fast 73 Kilometer langen Strecke zu beginnen.<br />
Wie die allgemeine Erfahrung mit Großprojekten<br />
zeigt, liegen hier bereits häufig die Ursachen für<br />
später eintretende Verzögerungen, da Planeinreichfristen<br />
oder auch Planprüffristen nicht eingehalten<br />
werden. Im Fall der A1 zeigte sich bereits<br />
frühzeitig die partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />
zwischen dem Konzessionsgeber und dem Konzessionsnehmer.<br />
So schöpfte der Konzessionsgeber<br />
in der Regel nicht die ihm vertraglich zustehenden<br />
Planprüffristen aus, sondern bemühte<br />
sich, die Planprüfung und Planfreigabe kurzfristig<br />
zu realisieren. Dies erfolgte vor allem durch die<br />
Bereitstellung zusätzlicher personeller Kapazitäten,<br />
um die regelmäßig auftretenden Planungsspitzen<br />
abzudecken. Besonders hilfreich erwies<br />
sich dabei auch das mit dem Konzessionsvertrag<br />
vereinbarte internetbasierte Planmanagementsystem<br />
(IPMS), da durch den digitalen Planlauf das<br />
Volker Ellenberg ist<br />
Direktor/Prokurist<br />
der Bilfinger Project<br />
Investments Europe<br />
GmbH.<br />
Lutz Hoffmann ist<br />
Geschäftsführer der<br />
A1 mobil GmbH &<br />
Co. KG.<br />
99
Planungsprozedere deutlich beschleunigt werden<br />
konnte. Gleichzeitig konnte in dieser Phase<br />
durch die frühzeitige und intensive Planung und<br />
Arbeitsvorbereitung des Konzessionsnehmers der<br />
Grund stein für die qualitativ hochwertige Bauausführung<br />
und schnellere Fertigstellung des Gesamtprojekts<br />
gelegt werden.<br />
Der von der ARGE entwickelte Gesamtterminplan,<br />
einschließlich des zugehörigen Logistikkonzepts,<br />
diente während der vierjährigen Bauphase<br />
als roter Faden. Die exakte Planung und<br />
Vorbereitung wiederum wurde durch die gezielte<br />
Auswahl von Personal mit Erfahrung in der<br />
Durchführung von Großprojekten und im Großprojektmanagement<br />
sichergestellt.<br />
Zur Vorbereitung gehörte auch die Auswahl und<br />
vertragliche Bindung einer Vielzahl von Nachunternehmern.<br />
Der überwiegende Teil der am Ende<br />
mehr als 200 kleinen und großen mittelständischen<br />
Unternehmen wurde bereits zu Projektbeginn<br />
vertraglich gebunden. Die Unternehmen<br />
wurden mit einer Vielzahl von Gewerken, wie<br />
z.B. mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung,<br />
der Verkehrssicherung, dem Abbruch sowie<br />
dem Bau von Brücken und zahlreichen weiteren<br />
Leistungen beauftragt. Dagegen verblieben die<br />
Schlüsselgewerke, wie die Herstellung der Fahrbahn,<br />
der Fahrbahnentwässerung oder auch die<br />
Herstellung einzelner anspruchsvoller Brückenbauwerke,<br />
bei der ARGE.<br />
Ausbau der A1<br />
Zum Ausbau der 72,5 Kilometer langen Strecke<br />
wurden in den Jahren 2009 und 2010 jeweils<br />
sieben Baustellenabschnitte mit rund sechs Kilometer<br />
Länge eingerichtet. Nicht nur die komplexe<br />
Bau- und Logistikaufgabe zur Realisierung<br />
von sieben Bauabschnitten gleichzeitig, sondern<br />
insbesondere auch das Bauen unter Verkehr erwies<br />
sich als sehr anspruchsvolle Aufgabenstellung.<br />
Bedingt durch den nur 11,50 Meter breiten<br />
alten Fahrbahnquerschnitt, auf dem in den Bauabschnitten<br />
der Verkehr mit zwei Fahrstreifen<br />
je Richtung zwischen Hamburg und Bremen zu<br />
führen war, kam es aufgrund der Enge der Fahrstreifen<br />
zu einem deutlich erhöhten Unfallaufkommen.<br />
Zudem stellte die Aneinanderreihung<br />
von sieben Baustellen mit dazwischenliegenden<br />
sogenannten Entspannungsabschnitten mit einer<br />
Mindestlänge von fünf Kilometern die Verkehrsteilnehmer<br />
vor besondere Herausforderungen.<br />
Im Ergebnis war das Projekt aufgrund der erhöhten<br />
Unfallzahlen erheblicher öffentlicher Kritik<br />
ausgesetzt. Vielfach wurde in den Medien und<br />
Das PPP-Projekt A1 Hamburg–Bremen war das bis dahin größte A-Modell-Pilotprojekt<br />
100
seitens der Nutzer eine mangelhafte Baustellenplanung<br />
beklagt. PPP-Kritiker nutzten diese Phase,<br />
um das Projekt zur Plattform für pauschale<br />
Kritik zu machen. So unternahm man wiederholt<br />
den Versuch, einen kausalen Zusammenhang<br />
zwischen der realisierten Verkehrsführung und<br />
der Durchführung des Projekts im Rahmen eines<br />
PPP-Vertrags zu konstruieren. Der Projektgesellschaft<br />
wurde vorgeworfen, man habe zu<br />
Lasten der Sicherheit eine gezielt kostengünstige<br />
Verkehrsführung gewählt. Faktisch stellte die gewählte<br />
Verkehrsführung die Umsetzung der im<br />
Rahmen des Konzessionsvertrags vorgegebenen<br />
Parameter dar. Dabei wurden zu jedem Zeitpunkt<br />
die Vorgaben der gültigen Regelwerke zur Verkehrsführung<br />
und Sicherung von Arbeitsstellen<br />
eingehalten.<br />
In Anbetracht der hohen Unfallzahlen beauftragte<br />
der Konzessionsgeber für die im Jahr 2011 zu<br />
bauenden sechs Bauabschnitte eine Verbreiterung<br />
der Altfahrbahn, um größere Fahrstreifenbreiten<br />
zu ermöglichen. Aufgrund der topografischen<br />
Verhältnisse und der Vielzahl alter Brückenbauwerke<br />
mit geringer Breite konnte die Verbreiterung<br />
nur in fünf von sechs Bauabschnitten vorgenommen<br />
werden. Im Ergebnis war dennoch eine<br />
Reduzierung der Unfallzahlen zu verzeichnen.<br />
Intensive Öffentlichkeitsarbeit<br />
Seitens der Projektgesellschaft wurde in Abstimmung<br />
mit dem Konzessionsgeber angesichts der<br />
in den beiden ersten Jahren gemachten Erfahrungen<br />
die Öffentlichkeitsarbeit deutlich intensiviert,<br />
um ungerechtfertigter und pauschaler Kritik<br />
entgegenzutreten.<br />
Die gesamte Planungs- und Bauphase war von<br />
einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen<br />
Konzessionsgeber und Konzessionsnehmer<br />
geprägt, was dem Geist des Konzessionsvertrags<br />
entspricht. Im Vergleich zum konventionellen<br />
Bauvertrag beinhaltet dieser deutlich weniger<br />
Konfliktpotenzial, da der private Partner im PPP-<br />
Vertrag in der Regel diejenigen Risiken über-<br />
nimmt, die bei konventionellen Bauverträgen<br />
regelmäßig zu Vertragsstreitigkeiten einschließlich<br />
daraus resultierendem Zeitverzug und Mehrkostenansprüchen<br />
führen. Sehr sachorientiertes<br />
und zielgerichtetes gemeinsames Handeln war<br />
die Folge im Fall des A-Modells A1. Selbst im<br />
Vertrag kompliziert angelegte Abläufe, wie z.B.<br />
das Abnahmeprozedere der Einzelbauabschnitte,<br />
konnten sehr pragmatisch einer Lösung zugeführt<br />
werden.<br />
Der Rahmen für die bauliche Umsetzung unterschied<br />
sich unwesentlich von konventionellen<br />
Projekten, da im Konzessionsvertrag unverändert<br />
alle gültigen technischen Regelwerke verankert<br />
sind. Lediglich hinsichtlich der gewählten<br />
Bauweisen ergriff der Konzessionsnehmer die<br />
Möglichkeit, gezielt innovative Konzepte zu realisieren,<br />
die durch Art und Qualität auf Nachhaltigkeit<br />
und damit auf Kostenminimierung während<br />
der Erhaltungsphase ausgerichtet sind.<br />
Reibungslose Übernahme<br />
Die Übernahme des Betriebsdienstes auf einer<br />
Länge von rund 65 Kilometern der insgesamt<br />
72,5 Kilometer langen Strecke durch den Konzessionsnehmer<br />
am 1. September 2008, kurz<br />
nach der Auftragserteilung, erzeugte zunächst<br />
auf beiden Seiten einen erhöhten Aufwand. Während<br />
der Konzessionsnehmer Personal und Gerät<br />
sowie das gesamte Berichtswesen zu etablieren<br />
hatte, oblag es dem Konzessionsgeber, sich durch<br />
verstärkte Kontrolle ein Bild von der Leistungsfähigkeit<br />
des privaten Partners zu machen. Sehr<br />
schnell stellte sich heraus, dass die Übernahme<br />
des Betriebsdiensts ohne Probleme erfolgte. Der<br />
Schlüssel für die reibungslose Übernahme war<br />
der Einsatz erfahrenen Leitungspersonals auf Seiten<br />
des Konzessionsnehmers. Hingegen wurde<br />
der überwiegende Teil der Straßenwärter aus den<br />
unterschiedlichsten Berufsbereichen akquiriert<br />
und gezielt ausgebildet.<br />
Nachdem schnell Vertrauen zwischen den Vertragspartnern<br />
aufgebaut war, stellte sich an den<br />
101
jeweiligen Streckenenden die Problematik, dass<br />
hier der Konzessionsgeber für den Betrieb, der<br />
Konzessionsnehmer aber für die Erhaltung zuständig<br />
ist. Nicht vorhergesehene Schnittstellenprobleme<br />
waren die Folge, da nicht jeder denkbare<br />
Einzelfall im Konzessionsvertrag geregelt werden<br />
kann. Die Vertragspartner entschieden sich, einen<br />
ergänzenden Schnittstellenkatalog zu vereinbaren.<br />
Jedoch bleibt festzustellen, dass auch damit<br />
nicht alle Schnittstellenrisiken, die sich durch die<br />
Ungleichheit von Betriebs- und Erhaltungsstrecke<br />
ergeben, auszuschalten sind.<br />
Weitere ÖPP-Potenziale<br />
Das Beispiel des A-Modells A1 Hamburg–Bremen<br />
zeigt, dass es in Deutschland möglich ist, mit Hilfe<br />
von privatem Kapital den dringend benötigten<br />
Ausbau der Infrastruktur zu beschleunigen. In extrem<br />
kurzer Bauzeit, bei gleichzeitig hoher Qualität<br />
und unter Einhaltung des Kostenrahmens,<br />
konnte der für den nationalen und internationalen<br />
Warenverkehr besonders wichtige Streckenabschnitt<br />
zwischen Hamburg und Bremen fertiggestellt<br />
werden.<br />
Bei diesem Pilotprojekt wurden bei weitem noch<br />
nicht alle Potenziale, die eine Öffentlich-Private<br />
Partnerschaft bietet, ausgeschöpft. Eine noch<br />
schnellere Umsetzung kann etwa durch die Verkürzung<br />
der Angebotsphase erreicht werden. Im<br />
Fall der A1 erstreckte sich das Präqualifikationsverfahren<br />
über einen Zeitraum von mehr als einem<br />
halben Jahr. Die Überprüfung der Eignung<br />
einzelner Bewerber in der Präqualifikationsphase<br />
könnte mit Hilfe von Referenzdatenbanken auf<br />
Seiten des Bundes deutlich verkürzt werden.<br />
Ferner zeigt die stark volatile gesamtwirtschaftliche<br />
Entwicklung, die seit Konzessionsbeginn<br />
im Jahr 2008 stattgefunden hat, dass zukünftig<br />
Projekte mit Verkehrsmengenrisiko durch Verfügbarkeitsmodelle<br />
ersetzt werden sollten. Dem<br />
privaten Partner kann nicht das Einnahmenrisiko<br />
in Abhängigkeit von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen<br />
aufgebürdet werden.<br />
Auch die Anpassung einzelner konzessionsvertraglicher<br />
Regelungen empfiehlt sich. Hier<br />
besteht z.B. die Möglichkeit, das Abnahmeprozedere<br />
zwischen Konzessionsgeber und Konzessionsnehmer<br />
für Einzelbauwerke und -abschnitte<br />
deutlich zu vereinfachen.<br />
Die gemachten Erfahrungen zeigen, dass künftig<br />
frühzeitig bereits auf Seiten des Bundes, als ausschreibende<br />
Stelle, Verkehrssicherheitsaspekte,<br />
wie die vorlaufende Verbreiterung der A1, mit in<br />
die Planung einbezogen werden sollten.<br />
Zudem wäre zu wünschen, dass in zukünftigen<br />
A-Modellen mehr Spielraum für technische Innovationen<br />
geschaffen wird, da die bisherige bauliche<br />
Realisierung strikt am bestehenden technischen<br />
Regelwerk ausgerichtet ist. Denkbar wäre<br />
eine „ZTV A-Modelle“, in der z.B. neben dem<br />
herkömmlichen Regelwerk der Einsatz innovativer<br />
Bauweisen und Baustoffe oder auch an die<br />
Aufgabenstellung angepasste Prüfvorschriften<br />
enthalten sein könnten.<br />
In Bezug auf den Straßenbetriebsdienst und die<br />
Erhaltung ist es in jedem Fall von Vorteil, wenn<br />
die Betriebsstrecke auch der Erhaltungsstrecke<br />
entspricht. Damit werden unnötige Schnittstellen<br />
und somit vertragliche Konflikte zwischen<br />
dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer vermieden.<br />
Der Zeitrahmen zur Übernahme des<br />
Betriebsdienstes sollte deutlich größer bemessen<br />
werden als im Fall der A1.<br />
Das Projekt A1 hat ferner gezeigt, wie wichtig<br />
eine intensive projektbegleitende Öffentlichkeitsarbeit<br />
ist. Gemeinsam sollten sowohl der Bund<br />
und die Länder als auch die private Wirtschaft<br />
Anstrengungen unternehmen, um die Transparenz<br />
von PPP-Verträgen zu erhöhen. Der einseitigen<br />
Negativdarstellung von PPP-Projekten und<br />
den umfangreich vorhandenen Vorurteilen in der<br />
Öffentlichkeit kann nur mit umfassender Information<br />
und offener Kommunikation begegnet<br />
werden.<br />
102
Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur:<br />
Der Blick in die Zukunft<br />
Von Prof. Dr. Torsten R. Böger und Juliane Willmer<br />
Die Verkehrsinfrastruktur ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die<br />
wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Ihr Umfang und ihre Qualität<br />
ermöglichen Mobilität und Wachstum. Der Schlüssel für eine leistungsfähige<br />
Verkehrsinfrastruktur ist eine verlässliche und bedarfsorientierte<br />
Finanzierung: Nur so kann ein effizientes Bereitstellungs- und Bewirtschaftungssystem<br />
eingerichtet werden.<br />
VERKEHRSWEGEBAU<br />
Seit vielen Jahren ist jedoch eine massive Unterfinanzierung<br />
der Verkehrsinfrastruktur zu verzeichnen.<br />
Der kürzlich veröffentlichte Bericht<br />
der durch die Verkehrsministerkonferenz der<br />
Länder eingesetzten Kommission „Zukunft der<br />
Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter Leitung<br />
des Ministers a.D., Dr. Karl-Heinz Daehre, beziffert<br />
den jährlichen Nachholbedarf für alle Verkehrsträger<br />
für Bund, Länder und Kommunen auf<br />
mindestens 7,5 Milliarden Euro pro Jahr. Daneben<br />
stellen auch die „Mobilitätskommission der<br />
CDU“ und die Arbeitsgruppe „Infrastrukturkonsens“<br />
der SPD-Bundestagsfraktion eine massive<br />
Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur fest.<br />
Auch die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft<br />
beklagen seit Jahren die negativen Folgen<br />
der Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur<br />
für Wachstum und Beschäftigung.<br />
So einig sich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft<br />
in der Diagnose sind, so kontrovers wird dagegen<br />
über mögliche Lösungen für das Finanzierungsdilemma<br />
diskutiert. Der Bericht der Kommission<br />
stellt vor diesem Hintergrund die zwei<br />
für die Einnahmeseite grundsätzlich denkbaren<br />
Instrumente zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur<br />
dar: die Nutzung allgemeiner bzw.<br />
verkehrsspezifischer Steuern einerseits sowie eine<br />
Ausweitung der bisher bestehenden Nutzerfinanzierung<br />
andererseits. Die Frage, mit welchem<br />
Ins trument oder mit welchem Instrumentenmix<br />
unsere Verkehrsinfrastruktur künftig zu finanzieren<br />
sein wird, muss jedoch noch weiter<br />
diskutiert werden.<br />
Zweckgebundene Verwendung der<br />
Mittel<br />
Eine größere Einigkeit besteht jedoch<br />
in der Frage einer zweckgebundenen<br />
Verwendung der für die Finanzierung<br />
der Verkehrsinfrastruktur vorgesehenen<br />
Mittel. Eine starke Zweckbindung<br />
ist die entscheidende Voraussetzung, um einen<br />
geschlossenen und kostendeckenden Finanzierungskreislauf<br />
aufzubauen, der am Bedarf ausgerichtet<br />
ist und auf den Kosten der In frastruktur<br />
basiert. Dadurch kann eine effiziente Finanzierung<br />
erreicht werden, die sich an der Nachfrage<br />
orientiert und bei der die Finanzierung eine<br />
wichtige Ressource ist, um wirtschaftliche Beschaffungs-<br />
und Bewirtschaftungsvorgänge zu<br />
steuern. Daher wird in der verkehrspolitischen<br />
Diskussion zunehmend die Einrichtung von Infrastrukturfonds<br />
zur zweckgebundenen Finanzierung<br />
der Verkehrsinfrastruktur diskutiert.<br />
Die Kommission hat diese Überlegungen aufgegriffen<br />
und konkretisiert, indem sie für die Konstruktion<br />
eines möglichen Infrastrukturfonds ein<br />
geschlossenes Konzept für die gesetzliche und<br />
organisatorische Zuordnung von Aufgaben, Befugnissen<br />
und Verantwortung entwickelt hat.<br />
Um die Einrichtung von Infrastrukturfonds zur<br />
Prof. Dr. Torsten R.<br />
Böger ist Geschäftsführer<br />
und<br />
Juliane Willmer ist<br />
Assistentin der Geschäftsführung<br />
der<br />
Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft<br />
( VIFG).<br />
103
Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturen zu<br />
einem leistungsfähigen Modell der Infrastrukturfinanzierung<br />
zu entwickeln, mit dem ein<br />
optimaler Einsatz knapper Mittel und damit eine<br />
nachhaltige Finanzwirksamkeit im Finanzierungssystem<br />
erreicht werden kann, nennt die<br />
Kommission die notwendigen Rahmenbedingungen<br />
und Zielsetzungen für die Einrichtung von<br />
Infrastrukturfonds:<br />
x Eine nachhaltige Sicherstellung des Finanzbedarfs<br />
durch die Zweckbindung von Nutzerentgelten<br />
und sonstigen dem Fonds zugeführten,<br />
verkehrsbezogenen Steuermitteln.<br />
x Die Ausrichtung des Finanzbedarfs auf Basis<br />
einer verbindlichen Kosten- und Leistungsrechnung,<br />
um eine dauerhafte und nachhaltige Verbindung<br />
zwischen der Leistungs- und Kostenseite<br />
und der Finanzierungsseite zu schaffen.<br />
x Ein hohes Maß an Transparenz für die Verwendung<br />
der Mittel.<br />
x Eine Verstetigung des Investitions- und Finanzierungsprozesses<br />
durch die Entkoppelung<br />
der Finanzierung vom Jährlichkeitsprinzip des<br />
Haushalts.<br />
x Die Verbindung zwischen Einnahmen- und<br />
Ausgabenseite im Sinne einer Effizienzbrücke,<br />
die damit Effizienzsteigerungen durch<br />
Planungssicherheit bei der Finanzierung<br />
ermöglicht.<br />
x Die zügige und effiziente Realisierung der<br />
Maßnahmen nach Wirtschaftlichkeitskriterien<br />
und Kosten-Nutzen-Analysen.<br />
x Ein optimaler Einsatz der zur Verfügung stehenden<br />
Mittel durch eine Kombination öffentlicher<br />
und privater Finanzierung.<br />
(Quelle: Abschlussbericht Daehre-Kommission<br />
(2012), S. 47)<br />
Die Zuweisung von Finanzmitteln an einen Fonds<br />
kann grundsätzlich auf zwei Wegen erfolgen:<br />
Zum einen ist eine gesetzliche Zuweisung denkbar,<br />
wie sie seit langem für die direkte Zuweisung<br />
der Mittel aus der LKW-Maut an die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft<br />
(VIFG) diskutiert<br />
wird. Zum anderen kann eine Zuweisung<br />
auch auf vertragsrechtlicher Grundlage über eine<br />
Finanzierungsvereinbarung erfolgen. Dieser Weg<br />
wird im Bereich der Bundesschienenwege mit<br />
der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung<br />
(LuFV) Schiene in Teilen bereits umgesetzt.<br />
Vertragliche Finanzierungsvereinbarung<br />
Mit Hilfe einer vertragsrechtlich begründeten Finanzierungsvereinbarung<br />
wird die jeweils zuständige<br />
Gebietskörperschaft in die Lage versetzt, die<br />
Zweckbindung der vorgesehenen Finanzmittel<br />
auch für den Haushaltsgesetzgeber für die Laufzeit<br />
der Finanzierungsvereinbarung verbindlich<br />
zu machen. Ein weiterer Vorteil einer vertraglichen<br />
Vereinbarung liegt in der Möglichkeit, bei<br />
sachgerechter Konstruktion der Finanzierungsvereinbarung<br />
eine dynamische Verknüpfung mit<br />
dem tatsächlichen und sich über die Lebensdauer<br />
der Infrastruktur verändernden Finanzbedarf zu<br />
erreichen. Dies entspricht dem Grundgedanken<br />
eines Finanzierungskreislaufs. Im Rahmen der<br />
vertraglichen Vereinbarung wird dem Fonds –<br />
praktisch im Gegenzug zur Bereitstellung der<br />
Mittel – die finanzielle Baulast und damit die<br />
Finanzierungsverantwortung übertragen. Auf<br />
Basis dieser vertraglich festgelegten und kostenbezogenen<br />
Finanzierungsvereinbarung zwischen<br />
Gebietskörperschaft und Fonds ist dieser in der<br />
Lage, mit den für die eigentliche Bewirtschaftung<br />
zuständigen baulastträgerbezogenen Institutionen,<br />
wie beispielsweise den Ländern im Rahmen<br />
der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen,<br />
wiederum leistungsbezogene Finanzierungsvereinbarungen<br />
abzuschließen und deren Finanzierung<br />
auch zu sichern.<br />
Im Detail untergliedern sich die erarbeiteten<br />
Fondsstrukturen in die Verkehrsträger Straße,<br />
Schiene und Wasserstraße. Speziell in den Bereichen<br />
Straße und Wasserstraße erfolgt eine Differenzierung<br />
nach Bund- und Länderebene. Dabei<br />
orientiert sich die Gliederung an den oben genannten<br />
Zielsetzungen und Rahmenbedingungen<br />
der Kommission. Verantwortung und Entscheidungsgewalt<br />
verbleiben bei diesem Modell voll-<br />
104
ständig bei Politik und Verwaltung. Die Fondsstruktur<br />
verhilft der öffentlichen Seite jedoch<br />
dazu, ihre Verkehrsinfrastrukturinvestitionen effizient<br />
umzusetzen.<br />
Am Beispiel des Fonds Bundesfernstraßen werden<br />
die Übertragung der Finanzierungsverantwortung<br />
auf den Fonds und der vertraglich durch eine Finanzierungsvereinbarung<br />
zwischen Bund und<br />
Fonds geregelte Finanzfluss deutlich. Das Programm<br />
für Ausbau, Neubau und Erhaltung wird<br />
durch den Gesetzgeber vorgegeben. Gespeist wird<br />
der Fonds aus den Einnahmen der LKW-Maut auf<br />
den Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen.<br />
Darüber hinaus können dem Fonds weitere Haushaltsmittel<br />
zugeführt werden. Langfristig ist eine<br />
Ausweitung der Nutzerfinanzierung hin zu einem<br />
vollständigen Finanzierungskreislauf sinnvoll. So<br />
kann der Fonds künftig ausschließlich durch Nutzergebühren<br />
gespeist und auf die Zuführung von<br />
Haushaltsmitteln verzichtet werden. Die Möglichkeit<br />
des Mittelausgleichs zwischen den einzelnen<br />
Maßnahmen stärkt die Effizienz der Straßenbereitstellung<br />
im Bundesfernstraßenbau. Die VIFG<br />
kann durch die Ausgestaltung als Fonds zu einer<br />
effizienten Finanzierungsgesellschaft weiterentwickelt<br />
werden, und das mit der Gründung der<br />
VIFG begonnene Konzept einer schrittweisen<br />
Umstellung von Steuerfinanzierung auf Nutzerfinanzierung<br />
kann auf diese Weise systemkonform<br />
fortentwickelt werden.<br />
Regionale Ausgestaltung noch offen<br />
Die Ausgestaltung der Struktur der regionalen<br />
Verkehrsfonds ist noch offen. Hier bieten sich<br />
verschiedene Optionen an: Zum einen kann ein<br />
Fonds für alle Länder eingerichtet werden, zum<br />
anderen wäre auch ein Fonds für jedes Bundesland<br />
denkbar. Ein Fonds für alle Länder kann die<br />
vorgesehenen Mittel bündeln und diese vollständig<br />
nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel<br />
weiterleiten. Gespeist wird der Fonds aus Mitteln<br />
des Bundeshaushalts, aus den Landeshaushalten<br />
sowie aus Eigenmitteln der Baulastträger. Künftig<br />
sind auch Mittel aus der Ausweitung der Nutzerfinanzierung<br />
im Bereich der Länder und Kommunen<br />
denkbar. Erhaltung und Nachholbedarf<br />
können auf diese Weise effizient sichergestellt<br />
werden.<br />
Fondsstruktur Bundesfernstraßen<br />
Mittel aus dem Bundeshaushalt<br />
Steuerfinanzierung<br />
Mittel aus dem Bundeshaushalt<br />
Nutzerfinanzierung<br />
Finanzierungsvereinbarung<br />
Bund – Fonds<br />
Straßenfonds Bund<br />
BAB<br />
LuFV<br />
Fonds – AV<br />
Auftragsverwaltungen<br />
Länder<br />
Bundesstraßen<br />
Quelle: Abschlussbericht Daehre-Kommission (2012), S. 57<br />
105
Die Fondsstruktur für den Verkehrsträger Schiene<br />
umfasst zum einen den Schienenfonds DB AG<br />
und zum andern einen Fonds für die nichtbundeseigenen<br />
Eisenbahnen. Finanziert werden die<br />
Fonds aus Steuermitteln und aus Eigenmitteln<br />
der Infrastrukturunternehmen. Bereits heute<br />
wird im Rahmen der Bundesschienenwege für<br />
einen festgelegten Zeitraum eine Leistungs- und<br />
Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund<br />
und der DB AG (LuFV) zur Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen<br />
in Höhe von 2,5 Milliarden<br />
Euro pro Jahr abgeschlossen. Der Umfang der<br />
Zahlungen wird für jede Vertragsperiode auf Basis<br />
einer Bedarfsanalyse neu bestimmt. Das Beispiel<br />
der LuFV bei der DB AG soll künftig auch für die<br />
nichtbundeseigenen Infrastrukturen Anwendung<br />
finden. Dabei sollen auch die Länder beteiligt<br />
werden.<br />
Im Bereich der Wasserstraßen ist der Fonds, wie<br />
oben schon erwähnt, in Bundes- und Landesebene<br />
unterteilt. Der Bundeswasserstraßenfonds soll<br />
einerseits aus Steuermitteln gespeist werden, andererseits<br />
ist er offen, sofern in der Zukunft eine<br />
Einrichtung/Ausweitung der Nutzerfinanzierung<br />
erfolgt. Dazu wird zwischen Bund und Wasser-<br />
straßenfonds eine Finanzierungsvereinbarung<br />
abgeschlossen. Darauf aufbauend kann mit Hilfe<br />
einer LuFV mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung<br />
des Bundes die Umsetzung festgelegter<br />
Maßnahmen der Bestandserhaltung sichergestellt<br />
werden. Der Fonds für die Landeswasserwege<br />
erhält Mittel aus dem Bundeshaushalt sowie<br />
den Landeshaushalten. Auch hier können<br />
auf Grundlage einer Finanzierungsvereinbarung<br />
zwischen Bund und Fonds Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen<br />
Anwendung finden, die<br />
zwischen Land und Baulastträger abgeschlossen<br />
werden.<br />
Schlüssiges Konzept<br />
Die Kommission hat damit ein schlüssiges Konzept<br />
für eine umfassende Zweckbindung der Mittel<br />
für die Infrastrukturfinanzierung vorgelegt.<br />
Dieses Konzept orientiert sich am Gedanken einer<br />
besonderen Verantwortungsübernahme für<br />
die Finanzierung und Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur.<br />
Dies ist ein Gedanke, der sich im<br />
Übrigen auch in den Überlegungen zur Gründung<br />
der VIFG und der Konstruktion der LuFV<br />
für den Verkehrsträger Schiene wiederfindet.<br />
106
Sicherung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur:<br />
Was ist zu tun?<br />
Von Alexander Hofmann und Jana Sudau<br />
Sporadische staatliche Hilfen können eine nachhaltig adäquate und<br />
langfristige Finanzplanung für die Verkehrsinfrastruktur nicht ersetzen.<br />
Um dauerhaft eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur zu gewährleisten,<br />
ist eine umfassende Reorganisation des Bundesfernstraßenmanagements<br />
erforderlich, die die Wirtschaftlichkeit signifikant erhöht. Ein zentrales<br />
Managementorgan bietet sich als Lösung an.<br />
VERKEHRSWEGEBAU<br />
Die Finanzierung der Bundesfernstraßen ist regelmäßig,<br />
insbesondere in der Phase der Haushaltsverhandlungen,<br />
zentraler verkehrspolitischer<br />
Diskussionspunkt. Die Argumente für mehr Geld<br />
im Infrastruktursektor sind schlagkräftig: Eine<br />
leistungsfähige Infrastruktur ist das Fundament<br />
für Wachstum und Beschäftigung, gerade für das<br />
Transitland Deutschland.<br />
Seit Jahren verläuft die Investitionslinie der Bundesfernstraßen<br />
in Deutschland auf einem gleichbleibenden<br />
Niveau zwischen vier und fünf Milliarden<br />
Euro pro Jahr. Im Jahr 2005 sollte die<br />
Einführung der LKW-Maut für eine nachhaltige<br />
Aufstockung der Investitionen sorgen. Doch als<br />
erste Einnahmen aus der LKW-Maut in die Infrastrukturinvestitionen<br />
flossen, änderte dies nichts<br />
an der gesamten Investitionshöhe, da anstelle einer<br />
Gesamtaufstockung die Bundesmittel gekürzt<br />
wurden.<br />
Investitionshöhe gehalten<br />
Aktuell kann durch die Mittel aus dem im November<br />
2012 beschlossenen Infrastrukturbeschleunigungsprogramm<br />
II (IBP II) zumindest die Höhe<br />
der Investitionen aus den Vorjahren gehalten werden.<br />
Sporadische Finanzspritzen, wie die Konjunkturpakete<br />
I und II (2008–2010) oder die Programme<br />
IBP I und II, können jedoch in keiner Weise<br />
eine nachhaltig adäquate und langfristige Finanzplanung<br />
für die Verkehrsinfrastruktur ersetzen.<br />
Die Art und Weise der Verteilung der<br />
zusätzlichen Mittel des IBP II zeigt,<br />
dass die Probleme der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung<br />
tief in den Organisationsstrukturen<br />
verankert sind. Mitte mann ist Mitglied<br />
Alexander Hof-<br />
Dezember 2012 hat der Haushaltsausschuss<br />
des Parlaments über eine Proleitung<br />
Transport<br />
der Niederlassungs-<br />
Infrastruktur Europa,<br />
PPP Solutions,<br />
jektliste zur Verwendung der Mittel aus<br />
dem IBP II entschieden. Die Auflistung HOCHTIEF Solutions<br />
AG, Essen, und<br />
zeigt, dass ein großer Anteil der Gelder<br />
stellvertretender<br />
in laufende Maßnahmen investiert wird<br />
Vorsitzender des Arbeitskreises<br />
ÖPP des<br />
und einige im Bau befindliche Projekte<br />
beschleunigt werden können. Die Allokation<br />
der verbleibenden Mittel wur-<br />
der Deutschen Bau-<br />
Hauptverbandes<br />
industrie.<br />
de jedoch in verhältnismäßig kleinen Jana Sudau ist<br />
Beträgen auf viele Projekte verteilt, sodass<br />
jedes Bundesland einige Projekte nagerin, Nieder-<br />
Junior Projektmalassung<br />
Transport<br />
neu beginnen kann. Die Einzelbeträge<br />
Infrastruktur Europa,<br />
PPP Solutions,<br />
belaufen sich im Schnitt auf etwa ein<br />
bis drei Millionen Euro pro Projekt. HOCHTIEF Solutions<br />
AG.<br />
Das heißt, es werden eine Reihe neuer<br />
Projekte mit einem relativ geringen<br />
Startbudget begonnen. Wie für diese Projekte die<br />
gesamte Budgetierung geplant ist und wann eine<br />
Fertigstellung vorgesehen ist, bleibt offen.<br />
Gleichmäßige Summenverteilung<br />
Anhand dieser Projektliste wird das grundlegende<br />
Problem sehr deutlich. Die zusätzlich zur Verfügung<br />
gestellte Summe wird offensichtlich nicht<br />
ausschließlich für Projekte mit hohem Nutzen-<br />
107
Kosten-Faktor eingesetzt, sondern nahezu gleichmäßig<br />
auf die Bundesländer verteilt. Mit dieser<br />
Allokation werden scheinbar keine Prioritäten<br />
gesetzt, die der effektiven Bewirtschaftung eines<br />
strategischen Fernstraßennetzes dienen, sondern<br />
es drängt sich der Eindruck auf, dass hier eher<br />
landespolitische Interessen verfolgt werden.<br />
und Prioritäten setzt. Weiterhin sind für ein effizientes<br />
Management<br />
x eine Lebenszyklusbetrachtung der Projekte,<br />
x effizientes Projektmanagement und<br />
x eine entsprechende Kontrolle der Realisierung<br />
erforderlich.<br />
Diese Art der Projektauswahl kann für ein effektives<br />
Bundesfernstraßenmanagement eines strategischen<br />
Gesamtnetzes nicht zielführend sein.<br />
Eine klare Priorisierung vordringlicher Projekte<br />
mit einem hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis wäre<br />
wünschenswert. Weiterhin wäre aus Effizienzgesichtspunkten<br />
eine stärkere Verwendung für Erhaltungsmaßnahmen<br />
optimal.<br />
Die Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“<br />
kommt in ihrem Bericht vom<br />
Dezember 2012 zu dem Ergebnis, dass bis 2015<br />
jährlich ca. zwei Milliarden Euro zusätzlich für<br />
Bedarfsplanmaßnahmen, Nachholbedarf bisher<br />
nicht getätigter Investitionen sowie Betrieb und<br />
Erhaltung der Bundesfernstraßen erforderlich<br />
wären. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre<br />
zeigen, dass bei gleichbleibender Finanzierungspolitik<br />
dieser zusätzliche Bedarf auch in Zukunft<br />
nicht gedeckt werden kann. Umso wichtiger wird<br />
es, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln effizient<br />
zu agieren. Dies erfordert eine Finanzplanung,<br />
die langfristigen Investitionen gerecht wird<br />
Beispiel leistungsfähiger Verkehrsinfrastruktur: PPP-Projekt „Ausbau der<br />
A4 in Thüringen zwischen der Landesgrenze zu Hessen und der Anschlussstelle<br />
Gotha“<br />
Dies alles ist im aktuellen System scheinbar nicht<br />
möglich. Zum einen, da entsprechende Instrumente<br />
und Prozesse fehlen, zum anderen aufgrund<br />
der Interessenlage.<br />
Prinzipal-Agent-Ansatz im<br />
Bereitstellungssystem<br />
Der Prinzipal-Agent-Ansatz (PA-Ansatz) gibt<br />
einen theoretischen Rahmen, um Beziehungen<br />
zwischen Auftraggebern (Prinzipal) und<br />
Auftragnehmern (Agent) und deren Interessen<br />
zu analysieren. Außerdem befasst sich der Ansatz<br />
mit der Gestaltung effizienzsteigernder<br />
Anreizmechanismen.<br />
Der PA-Ansatz geht davon aus, dass der Mensch<br />
nur begrenzt rational handelt, da ihm lediglich<br />
ein bestimmtes Maß an Informationen zur Verfügung<br />
steht und er als Interaktionspartner opportunistisch<br />
eingestellt ist. Im Fall asymmetrischer<br />
Informationen besteht in einer Beziehung zwischen<br />
Prinzipal und Agent eine ungleichmäßige<br />
Verteilung der Informationen, der<br />
Agent ist bezüglich des Informationsstandes<br />
im Vorteil. Er besitzt detailliertes<br />
Fachwissen, das einem Prinzipal<br />
nicht zur Verfügung steht. Das weitere<br />
Grundproblem besteht darin, dass es<br />
aufgrund opportunistischer Verhaltensweisen<br />
zu Zielabweichungen zwischen<br />
Prinzipal und Agent kommen kann.<br />
Diese Verhaltensannahme wird auch<br />
als Moral Hazard bezeichnet. Beide<br />
Grundprobleme führen in Organisationssystemen<br />
häufig zu Ineffizienzen<br />
und können nur durch organisatorische<br />
Maßnahmen behoben werden.<br />
108
Im Bereitstellungssystem der Bundesfernstraßen<br />
führt die Aufgabenverteilung der Auftragsverwaltung<br />
zu einer Organisationsstruktur mit unterschiedlichen<br />
Schnittstellen zwischen der Gesamt-<br />
und der Maßnahmenplanung bei Bund und<br />
Ländern.<br />
Die Länder in der Rolle des Agenten besitzen Informationen<br />
über einzelne Maßnahmen, die sie<br />
in den Prozess der Gesamtnetzplanung mit einbringen.<br />
Der Bund als Prinzipal muss sich auf die<br />
Validität dieser Informationen verlassen. An dieser<br />
Schnittstelle herrschen Informationsasymmetrien,<br />
die zu Inkonsistenzen im Planungsprozess<br />
führen können. Die Länder haben ein eigenes Interesse<br />
an der Umsetzung möglichst zahlreicher<br />
Projekte. Auch aus politischer Sicht können mit<br />
neuen Infrastrukturprojekten Wähler gewonnen<br />
werden.<br />
Durch Intransparenz im System entstehen Informationsasymmetrien,<br />
die opportunistisches Handeln<br />
und die Durchsetzung eigener Interessen<br />
der Länder überhaupt erst ermöglichen. Die Länder<br />
haben z.B. die Möglichkeit, die Verwendung<br />
der veranschlagten Haushaltsmittel nach aktuellem<br />
Bedarf anzupassen. Regierung und Parlament<br />
legen über den Beschluss des Haushaltsgesetzes<br />
zwar die Mittelverwendung fest, eine Kontrollmacht<br />
über den tatsächlichen Einsatz dieser Gelder<br />
hat der Bund jedoch nicht. Auch wenn der<br />
Bund die Finanzierung der Bundesfernstraßen<br />
verantwortet, greift dieser nicht in den Aufgabenvollzug<br />
der Länder ein. Der Bund finanziert,<br />
die Länder planen auf Maßnahmenebene, bauen,<br />
erhalten und betreiben. Es stellt sich also die<br />
zentrale Frage, ob es in dieser Konstellation überhaupt<br />
möglich ist, ein ganzheitliches, effizientes<br />
Management der Bundesfernstraßen umzusetzen.<br />
Modernes Management<br />
Menschen handeln nach Motivationen und Anreizen<br />
immer aus der individuellen Sichtweise.<br />
Diese Anreize sollten im Organisationssystem<br />
möglichst zielführend genutzt werden.<br />
Ziel eines effizienten Bundesfernstraßenmanagements<br />
sollte es sein, eine strategische Verkehrsinfrastrukturplanung<br />
auch auf operativer Ebene<br />
durchsetzen zu können. Ein strategisch bedeutsames<br />
Bundesfernstraßennetz sollte an zentraler<br />
Stelle gemanagt werden, sodass der effektivere<br />
Einsatz der Finanzmittel gewährleistet wird. Kurz<br />
gesagt bedeutet dies: Der Bund sollte die Aufgabe,<br />
das Bundesfernstraßennetz wirtschaftlich zu<br />
managen, in die eigene Hand nehmen, da dies in<br />
seinem eigenen Interesse liegt.<br />
Ein Vorschlag zur Reorganisation des Bundesfernstraßenmanagements<br />
ist die Installation einer<br />
Managementgesellschaft, die den Bund bei der<br />
Operationalisierung seiner strategischen Pläne<br />
unterstützt. Eine zentrale Einheit, welche die<br />
strategische Planung umsetzt, die Finanzierung<br />
der geplanten Maßnahmen sicherstellt und ein<br />
Berichtswesen aufbaut, das die Zielerreichung<br />
messbar macht, sollte etabliert werden. Nur so<br />
kann eine Basis für objektive und effektive Entscheidungen<br />
geschaffen werden.<br />
Transparenz schaffen<br />
Mit einem zentralen Managementorgan könnte<br />
Transparenz über aktuelle und langfristig geplante<br />
Projekte geschaffen und eine klare Priorisierung<br />
von Projekten umgesetzt werden. Das Modell<br />
sieht langfristige Programmplanungen vor,<br />
die im parlamentarischen Verfahren beschlossen<br />
und per Gesetz verabschiedet werden könnten.<br />
Somit würde keine grundsätzliche Veränderung<br />
der Entscheidungsmacht über Investitionssummen<br />
vorgenommen werden.<br />
Die Programmplanungen könnten beispielsweise<br />
über einen Zeitraum von fünf Jahren festgelegt<br />
werden. Die Finanzierung würde über einen geschlossenen<br />
Finanzierungskreislauf über die Gesellschaft<br />
erfolgen. Der Vorteil dieses Modells ist,<br />
dass die Finanzierung der Programme unabhängig<br />
von Haushaltsgesetzen, politischen Zwistigkeiten<br />
und einer entsprechenden jährlichen Budgetplanung<br />
ist.<br />
109
Die Managementgesellschaft könnte sich auf das<br />
strategische Fernstraßennetz konzentrieren und<br />
dieses unter Effizienzgesichtspunkten managen.<br />
Die Interessen des Bundes würden in den Vordergrund<br />
rücken, die Managementgesellschaft könnte<br />
als Instrument zur Umsetzung strategischer<br />
Planungen des Bundes dienen. Die Umsetzung<br />
von durch den Bund gesteckten Zielen könnte<br />
anhand von Management- und Controllinginstrumenten<br />
gemessen werden. Dafür müsste die Managementgesellschaft<br />
die notwendigen Informationen<br />
der operativen Ebene zusammenführen und<br />
den Ländern, Landesbetrieben oder privaten Betreibern<br />
der Bundesfernstraßen einen Rahmen für<br />
eine einheitliche Datenübermittlung vorgeben.<br />
Die Länder würden weiterhin ihre Verwaltungsfunktion<br />
und damit die Realisierung der Maßnahmen<br />
übernehmen. Die Umsetzung der Projekte –<br />
Maßnahmenplanung, Bau, Erhaltung und Betrieb<br />
– sollte möglichst unter verstärkter Einbindung<br />
von Wettbewerbsmechanismen erfolgen, sodass<br />
die verschiedenen Beschaffungsvarianten optimal<br />
eingesetzt werden können.<br />
Die Ausgestaltung der Kompetenzen einer Managementgesellschaft<br />
könnte in einer vertraglichen<br />
Beziehung zwischen dem Bund und der<br />
Managementgesellschaft festgelegt und Zielvorgaben<br />
vereinbart werden. Die Reorganisation für<br />
mehr Wirtschaftlichkeit und Objektivität in der<br />
Infrastrukturplanung scheint aus theoretischer<br />
Sicht in verschiedenen Formen machbar, unterschiedliche<br />
Studien belegen dies. Eine mögliche<br />
Form dieser Ausgestaltung wäre die Gründung<br />
einer privatrechtlichen Gesellschaft im Eigentum<br />
des Bundes.<br />
Zeit zum Handeln<br />
Um Defizite in der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung<br />
zu beheben, fordern verschiedene Stimmen<br />
aus der Wissenschaft schon seit Jahren eine Reorganisation<br />
der Bundesfernstraßenbereitstellung.<br />
Probleme, die durch Interessen und Anreizmechanismen<br />
entstehen, und die zentrale Bedeutung<br />
von Informationen im System werden hier<br />
jedoch häufig nicht stark genug hervorgehoben.<br />
Dabei liegen genau in diesen Aspekten die ursprünglichen<br />
Probleme des Systems. Eine Modernisierung<br />
der Aufgaben- und Verantwortungsstrukturen<br />
ist erforderlich, um ein konsistentes<br />
Informations- und Koordinationssystem aufzubauen.<br />
Dies kann als Basis für mehr Objektivität<br />
in Entscheidungsprozessen dienen und somit für<br />
mehr Wirtschaftlichkeit sorgen. Zudem könnten<br />
mit einer Reorganisation die Aufgaben gemäß<br />
„natürlichen“ Anreizen neu strukturiert werden.<br />
Die wichtigste Voraussetzung für eine Reform ist<br />
der politische Wille. Eine Reorganisation ist nur<br />
möglich, wenn ein grundsätzliches Umdenken<br />
hinsichtlich der Bundesfernstraßenbereitstellung<br />
erfolgt und die Motivationen der einzelnen Beteiligten<br />
im aktuellen System offen diskutiert werden.<br />
Nur mit einer weitsichtigen, nachhaltigen<br />
und strategisch ausgerichteten Infrastrukturpolitik<br />
ist eine Reorganisation denkbar. Der gesellschaftliche<br />
Wille stellt kein Hemmnis dar.<br />
Die aktuelle Staatsschuldenkrise im Euroraum<br />
zeigt, dass strukturelle Defizite nicht zu unterschätzen<br />
sind. Betrachtet man das Bundesfernstraßenmanagement<br />
in diesem Kontext, so bietet<br />
die Krise für Deutschland die Chance, ein weiteres<br />
Mal mit gutem Beispiel voranzugehen. Die<br />
einfache Forderung nach mehr Geld ist nicht<br />
zielführend. Die aktuelle Diskussion über weitere<br />
Kürzungen im Verkehrsetat 2014 zeigt dies. Nur<br />
wenn die Defizite der Verkehrsinfrastrukturbereitstellung<br />
endlich als ein strukturelles Problem<br />
angesehen werden, besteht die Chance, diese<br />
anzugehen und langfristig zu lösen. Packen wir<br />
es an.<br />
110
Verkehrsinfrastruktur in Deutschland:<br />
Kommunale Vermögenswerte sichern<br />
Von Dr. Jörg Hopfe, Frank M. Schmid und Michael Schultze-Rhonhof<br />
Im Zuge der Einführung eines kaufmännischen Rechnungswesens in den<br />
Kommunen rückt der wirtschaftliche Umgang mit kommunalen Vermögenswerten<br />
zunehmend in den Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund<br />
wird auch geprüft, mit welcher Beschaffungsvariante die Verkehrsinfrastruktur<br />
instand gesetzt werden kann, damit es nicht zu weiteren Rückständen<br />
und damit zu einem zunehmenden Vermögensverfall kommt.<br />
VERKEHRSWEGEBAU<br />
Die wirtschaftlichen Auswirkungen von langfristig<br />
unterlassenen Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />
wurden u.a. bereits 2011 im Rahmen<br />
eines Projekts der PPP-Task Force im Finanzministerium<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen, der<br />
NRW.BANK und mehrerer Berater bezogen auf<br />
kommunale Immobilien untersucht. Dabei wurde<br />
anhand ausgewählter Hochbauprojekte beleuchtet,<br />
inwieweit es über einen Zeitraum von 20 bis<br />
30 Jahren im Rahmen der Lebenszyklusbetrachtung<br />
wirtschaftlicher ist, investive Maßnahmen<br />
konventionell in Eigenrealisierung oder als ÖPP-<br />
Projekt durchzuführen. Die folgenden Handlungsoptionen<br />
wurden als drei grundsätzliche Varianten<br />
einander gegenübergestellt:<br />
x 0-Variante: Weiterbetrieb des Gebäudes ohne<br />
Sanierungsmaßnahmen; Instandhaltungsaufwand<br />
nach Bedarf zur Aufrechterhaltung der<br />
Funktion und Verkehrssicherheit<br />
x Eigenrealisierung: Sanierungsmaßnahme<br />
durch die Kommune; Instandhaltungsaufwand<br />
als werterhaltende Instandhaltungsmaßnahmen<br />
über den Lebenszyklus hinweg<br />
x ÖPP-Variante: Sanierungsmaßnahme durch<br />
einen privaten Partner; Instandhaltungsaufwand<br />
als werterhaltende Instandhaltungsmaßnahmen<br />
über den Lebenszyklus hinweg nach<br />
vordefiniertem Instandhaltungskonzept<br />
Bilanz für die nächsten Jahre dar. Die<br />
Berechnungen verdeutlichen einerseits,<br />
dass eine Strategie der Ausgabenvermeidung<br />
um jeden Preis in der 0-Variante<br />
zu höheren Gesamtbelastungen über<br />
einen entsprechenden Betrachtungszeitraum<br />
führen kann. Andererseits hat<br />
sich herausgestellt, dass werterhaltende<br />
Sanierungen bereits innerhalb des in<br />
Nordrhein-Westfalen geltenden Konsolidierungszeitraums<br />
von zehn Jahren<br />
nach § 76 GO Haushaltsentlastungen<br />
bringen können.<br />
Eine von der Stadt Witten auf Basis der<br />
Studie durchgeführte Untersuchung zur<br />
Wirtschaftlichkeit von Sanierungsmaßnahmen<br />
hat belegt, dass eine Unterhaltungsstrategie<br />
für das Rathaus, wie sie<br />
heute praktiziert wird, werteverzehrend<br />
ist. Eine Fortsetzung würde den Wert<br />
des Rathauses in einer relativ kurzen<br />
Restnutzungsdauer von 28 Jahren auf 0 Euro<br />
senken. Spätestens zu diesem Zeitpunkt müsste<br />
die Stadt eine Komplettsanierung einer kostenund<br />
betreuungsintensiven Problemimmobilie<br />
durchführen.<br />
Marode Straßeninfrastruktur<br />
Dr. Jörg Hopfe ist<br />
Abteilungsleiter<br />
Öffentliche Kunden<br />
bei der NRW.BANK,<br />
Münster.<br />
Frank M. Schmid<br />
ist Geschäftsführer<br />
der Schmid Mobility<br />
Solutions GmbH,<br />
Willich.<br />
Michael Schultze-<br />
Rhonhof ist Senior-<br />
Consult bei der DKC,<br />
Düsseldorf.<br />
Die Ergebnisse der Studie stellen die Auswirkungen<br />
auf Positionen der Ergebnisrechnung und der<br />
Im Rahmen des Kommunalpanels der KfW, das<br />
vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) im<br />
111
November 2011 durchgeführt wurde, besteht<br />
bei den Kommunen und Landkreisen in Deutschland<br />
ein Investitionsrückstand in Höhe von<br />
99,9 Milliarden Euro. Mit 24,6 Milliarden Euro<br />
liegt der zweitgrößte Investitionsrückstand in der<br />
Straßen- und Verkehrsinfrastruktur deutlich vor<br />
den öffentlichen Verwaltungsgebäuden. Vor diesem<br />
Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit<br />
der vorgenannte Ansatz einer auf die Wirtschaftlichkeit<br />
von Investitionsentscheidungen im Lebenszyklus<br />
ausgerichteten Strategie, der bisher<br />
auf den Hochbau fokussiert ist, auch auf die Straßeninfrastruktur<br />
angewendet werden kann und<br />
unter welchen Bedingungen.<br />
Der Abschlussbericht der Kommission „Zukunft<br />
der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter Vorsitz<br />
des ehemaligen Verkehrsministers von Sachsen-Anhalt<br />
Dr. Karl-Heinz Daehre kam zu dem<br />
Ergebnis, dass die kommunale Infrastruktur mit<br />
einem Netz von rund 92.000 Kilometer Kreisstraßen<br />
und rund 450.000 Kilometer Gemeindestraßen<br />
in den vergangenen Jahren chronisch unterfinanziert<br />
war. Bei einem notwendigen Betrag<br />
von rund 2,40 Euro pro Quadratmeter und Jahr<br />
für Erhalt und Betrieb kommunaler Verkehrsinfrastruktur<br />
wurde über Jahre hinweg eine Unterfinanzierung<br />
von rund 48 Cent pro Quadratmeter<br />
und Jahr konstatiert.<br />
Der damit verbundene kontinuierliche Vermögensverzehr<br />
hat aber neben dem rein quantitativen<br />
Verlust auch einen zunehmendem Verlust<br />
an Gebrauchsfähigkeit zur Folge. Die in zunehmenden<br />
Maße sichtbaren Schäden in der Verkehrsinfrastruktur,<br />
sowohl bei der Straße als auch<br />
zunehmend bei der Schiene im Innerortsbereich,<br />
führen zu Gefahrenstellen, mindestens jedoch<br />
zu Geschwindigkeitseinbußen. Der darüber hinausgehende<br />
volkswirtschaftliche Schaden einer<br />
maroden Infrastruktur soll hier nicht thematisiert<br />
werden.<br />
Die Finanzlage der Städte und Gemeinden hat<br />
sich zwar im laufenden Jahr 2012 durch Wirtschaftswachstum<br />
etwas verbessert, nichtsdestotrotz<br />
sind neben den kontinuierlich unterfinanzierten<br />
Haushalten zunehmend die<br />
Kassenkredite in erheblichem Maße gewachsen.<br />
Die damit einhergehende Verschuldung der<br />
Kommunen zusammen mit der zunehmenden<br />
Übertragung von Aufgaben beschleunigt den<br />
rapiden Vermögens- und Substanzverzehr der<br />
Verkehrsinfrastruktur.<br />
Übergreifender Ansatz<br />
Die Daehre-Kommission hat dementsprechend<br />
bei ihrer Betrachtung nicht nur, wie meist üblich,<br />
die hochrangigen Verkehrsnetze betrachtet,<br />
sondern hier einen verkehrs- und baulastträgerübergreifenden<br />
Ansatz mit dem Vorschlag einer<br />
verkehrsträgerübergreifenden Gesamtkonzeption<br />
gewählt. Dem Vorschlag der Daehre-Kommission<br />
folgend würde dies bedeuten, dass den Kommunen<br />
für ihren Substanzerhalt ein Beitrag von jährlich<br />
rund einer Milliarde Euro zugewiesen wird.<br />
Die zentrale Mittelbeschaffung würde nach Vorstellung<br />
der Kommission im Wesentlichen aus<br />
Beiträgen, Steuern und Einnahmen des Bundes<br />
bestehen, die den Ländern im rechtlich zulässigen<br />
Rahmen zugewiesen würden.<br />
Die derzeitige Regelung sowie die Ergebnisse der<br />
Föderalismuskommission II und die darin verankerte<br />
verfassungsrechtliche Entflechtung sprechen<br />
gegen eine solche Lösung. Nichtsdestotrotz wurde<br />
nach vielfachen Anhörungen und Expertengesprächen<br />
im Ergebnis in der Kommission festgehalten,<br />
dass speziell auf der kommunalen Ebene<br />
eine dezentrale Mittelbeschaffung höchst ineffizient<br />
und kostspielig wäre. Das Ins trument der<br />
City-Maut scheidet hier genauso aus wie die in<br />
ausgewählten Kommunen praktizierte Erhebung<br />
von Anliegerbeiträgen für die laufende Erhaltung.<br />
Daraus resultierend wurde neben der Feststellung<br />
eines Bedarfs von rund einer Milliarde Euro pro<br />
Jahr für die Substanzerhaltung kommunaler Infrastruktur<br />
auch der Weg aufgezeichnet, wie diese<br />
Mittel den Kommunen bereitgestellt und von<br />
ihnen verwaltet und genutzt werden können.<br />
112
Analog zu vergleichbaren Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen<br />
würde demnach den<br />
Kommunen ein Betrag in Höhe von rund 48 Cent<br />
pro Quadratmeter und Jahr auf einem „Konto“<br />
zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag verbleibt so<br />
lange auf dem Konto, bis die Kommune ihn abruft.<br />
Der unverzinsliche Verbleib auf dem Konto<br />
steht der Gemeinde dann überjährig zum beliebigen<br />
Zeitpunkt zur Verfügung.<br />
Für einen ggf. in der Baulast der Kommunen befindlichen<br />
Schienenweg würde ein analoger, dem<br />
Erhaltungsaufwand korrespondierender Beitrag<br />
auf das gleiche Konto der Kommune gutgeschrieben.<br />
Die damit auf den Weg gebrachte grundsätzliche<br />
Veränderung von einer Mittelbeschaffung<br />
hin zu einer Mittelverwendungsoptimierung<br />
schafft Freiräume für effizientes Erhaltungsmanagement<br />
und neu strukturiertes Beschaffungsmanagement,<br />
auch auf der kommunalen Seite.<br />
Durch die gesicherten Einkünfte, die nur von<br />
Schwerlastverkehrsaufkommen und ggf. weiteren<br />
Parametern bestimmt sind, können die Kommunen<br />
ihre Beschaffung erhaltungsoptimal organisieren<br />
und in Losgrößen optimieren.<br />
Verschiedene Anreize<br />
Damit werden zum einen wirtschaftliche Anreize<br />
zur kostengünstigen Beschaffung, andererseits<br />
aber auch Anreize für ein erhaltungs- und<br />
kostenoptimiertes Betriebsmanagement geschaffen.<br />
Die Empfehlung der Daehre-Kommission<br />
umfasst somit neben der Zweckbindung eine<br />
Überjährigkeit, die einen Anreizmechanismus zur<br />
Verwendung der verfügbaren Mittel für die Erhaltung<br />
schafft und zugleich auch andere Prozesse<br />
der Beschaffung ermöglicht. Dadurch können neben<br />
der Beschaffung im konventionellen Stil des<br />
kommunalen Betriebs auch ÖPP-Beschaffungsmodelle<br />
Anwendung finden.<br />
Die langfristig gesicherte Mittelzuweisung und<br />
die Optimierung der Beschaffung führen neben<br />
dem Substanzerhalt auch zu einem hocheffizien-<br />
ten Mitteleinsatz und einer Vergleichbarkeit zwischen<br />
den Kommunen, z.B. über Benchmarks.<br />
Somit kann aus der bis dato praktizierten Erhaltung<br />
nach Kassenlage und Reparatur zur notdürftigen<br />
Sicherstellung der Gebrauchsfähigkeit eine<br />
vermögenswerterhaltende und gebrauchswertoptimierte<br />
Erhaltungsstrategie erreicht werden.<br />
Die Empfehlungen der Daehre-Kommission werden<br />
von den kommunalen Spitzenverbänden in<br />
Breite gestützt und haben auch beim Verband<br />
der deutschen Verkehrsunternehmen Zuspruch<br />
gefunden. Dementsprechend gilt es nun, über Pilotvorhaben<br />
Schritt für Schritt die Praktikabilität<br />
dieses Vorschlags zu prüfen und auf unterschiedlichen<br />
Beschaffungswegen die Effizienz dieser<br />
Vorgehensweise zu untermauern, um dann in<br />
einem nächsten Schritt flächendeckend ein solches<br />
System der effizienten Mittelverwendung zu<br />
etablieren und somit „mehr Verkehrsinfrastruktur<br />
pro Euro“ sicherzustellen. Dieses Vorgehen ermöglicht<br />
auch die Einbeziehung der Erkenntnisse<br />
aus dem eingangs geschilderten Projekt zur besseren<br />
Verzahnung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />
mit dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement<br />
(NKF).<br />
Wenn die Instandsetzung und weitere Erhaltung<br />
der bestehenden Straßen- und Verkehrsinfrastruktur<br />
nicht im notwendigen Umfang erfolgt, kommt<br />
es zu einem weiteren Anwachsen des Rückstands,<br />
womit ein weiterer Verfall des Vermögens<br />
einhergeht. Den Haushalten drohen außerplanmäßige<br />
Ausgaben zur zeitnahen Beseitigung<br />
auftretender Schäden an erforderlichen Verkehrswegen.<br />
Die Kosten für diese wiederholten<br />
Ad-hoc-Maßnahmen liegen in Summe deutlich<br />
über den Kosten einer anfänglichen Instandsetzung<br />
und anschließenden baulichen Erhaltung.<br />
Aus doppischer Sicht drohen zudem außerplanmäßige<br />
Abschreibungen und ein entsprechender<br />
Eigenkapitalverzehr.<br />
Eine Adaption des NKF-„Hochbaumodells“ auf<br />
den kommunalen Straßenbau mit entsprechender<br />
113
Begleitung durch die Rechtsaufsichten und Ministerien<br />
bietet Chancen:<br />
x Die Ressourcenverwendung und Entwicklung<br />
der Vermögenswerte aus Investition und Abschreibung<br />
kann besser dargestellt werden.<br />
x Es ermöglicht eine Transparenz der Zusammenhänge<br />
zwischen anfänglicher Investition<br />
und Folgekosten.<br />
x Unsachgemäße Abschreibungszeiträume in<br />
der Bilanz können identifiziert und sukzessive<br />
nivelliert werden.<br />
x Eine Reduzierung zukünftiger Haushaltsbelastungen<br />
infolge der Optimierung der Folgekosten<br />
aus baulicher und betrieblicher Erhaltung<br />
wird möglich.<br />
x Die Darlegung der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen<br />
als Argumentation gegenüber den<br />
Rechtsaufsichten wird vereinfacht.<br />
Die kommunale Straßeninfrastruktur bietet dabei<br />
mittel- und langfristig ein erhebliches Potenzial<br />
zur Entlastung der Haushalte, wenn Investitionsentscheidungen<br />
mit Blick auf eine nachhaltige<br />
Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen getroffen,<br />
Haushaltsbeschränkungen unter Würdigung des<br />
Ressourcenverbrauchs beurteilt und qualitative<br />
Faktoren in der haushaltsrechtlichen Beurteilung<br />
in geeigneter Form berücksichtigt werden.<br />
Zukünftig erforderliche Anpassungen der Straßen<br />
und der straßengebundenen, kommunalen<br />
Versorgungsnetze infolge von Wanderungsbewegungen<br />
und Demografie können langfristig<br />
„vorgedacht“ und über die Grenzen wechselnder<br />
Mehrheiten hinweg von allen Beteiligten mitgetragen<br />
werden. Dabei können dann auch unpopuläre<br />
Maßnahmen wie Umwidmungen oder<br />
Stilllegungen überprüft werden. Die Umsetzung<br />
der Ergebnisse der Daehre-Kommission stellt eine<br />
wichtige Grundlage dar, um eine substanzielle<br />
Verbesserung der kommunalen Straßeninfrastruktur<br />
im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsansatzes<br />
im doppischen Rechnungswesen zu erreichen.<br />
114
Highway Maintenance PPP in UK:<br />
ein Modell für Deutschland?<br />
Von Thomas Brehler und Maik Heringhaus<br />
Die finanzielle Lage der deutschen Städte und Gemeinden ist schlecht.<br />
Die kommunalen Budgets reichen oft nur für die dringendsten Instandsetzungsmaßnahmen<br />
aus. In Großbritannien gehen die Kommunen mit<br />
Highway Maintenance Projects neue Wege.<br />
VERKEHRSWEGEBAU<br />
Was den Zustand seiner Infrastruktur angeht, so<br />
hat Großbritannien traditionell einen schlechten<br />
Ruf. Auch hier wurden über Jahrzehnte hinweg,<br />
in teilweise noch drastischerem Maße als in<br />
Deutschland, Investitionen vernachlässigt. Noch<br />
heute wird der Begriff der reactional maintenance<br />
gerne als Spaß verwendet. In den 1980er<br />
Jahren war dies jedoch kein Spaß. Der Begriff<br />
meinte nichts anderes, als dass bei öffentlicher<br />
Infrastruktur nur dann etwas instand gesetzt wurde,<br />
wenn es wirklich kaputt war. Mit anderen<br />
Worten: Das Dach wurde erst repariert, wenn es<br />
auch tatsächlich durchregnete.<br />
Mit Beginn der 1990er Jahre begann Großbritannien<br />
gegenzusteuern. Seit 1992 gibt es das<br />
Modell der Private Finance Initiative (PFI), das<br />
insbesondere den Neubau von sozialer und Transportinfrastruktur<br />
durch private Kapitalgeber zum<br />
Ziel hat. Bislang konnten so rund 500 Projekte<br />
realisiert werden – die meisten davon pünktlich<br />
und innerhalb des vorgesehenen Budgets.<br />
Kann man mit ÖPP auch dem Rückstand bei Ersatzinvestitionen<br />
beikommen? In Großbritannien<br />
wurde dies mit einem klaren Ja beantwortet. Unter<br />
dem Oberbegriff der Highway Maintenance<br />
Projects wird seit einiger Zeit die gesamte Verkehrsinfrastruktur<br />
von großen wie kleineren Kommunen<br />
generalüberholt. Die KfW IPEX-Bank ist<br />
als eine der führenden europäischen Infrastrukturbanken<br />
an vier von insgesamt fünf bislang abgeschlossenen<br />
Projekten beteiligt und war eng in<br />
die Entwicklung geeigneter Finanzierungsstrukturen<br />
– gemeinsam mit anderen internationalen<br />
Banken – eingebunden. Welche<br />
Lehren können aus den Erfahrungen in<br />
Großbritannien gezogen werden?<br />
Irreführender Begriff<br />
Thomas Brehler<br />
ist Senior Director,<br />
Bei Highway Maintenance Projects geht Transport / Social<br />
es nicht nur um die Instandhaltung von Infrastructure bei<br />
der KfW IPEX-Bank<br />
Autobahnen. Das verdeutlicht auch<br />
GmbH.<br />
das Beispiel der Stadt Birmingham. Die Maik Heringhaus<br />
zweitgrößte Metropole Großbritanniens ist Director, Transport<br />
/ Social Infrastructure<br />
bei der<br />
mit über einer Million Einwohnern war<br />
bis in die späten 1970er Jahre das Zentrum<br />
der britischen Metallindustrie. Der GmbH London.<br />
KfW IPEX-Bank<br />
seitdem vollzogene Strukturwandel hat<br />
nicht nur Arbeitsplätze gekostet, sondern auch<br />
die öffentlichen Kassen leergespült. Entsprechend<br />
verfiel im Laufe der Zeit der Zustand der öffentlichen<br />
Infrastruktur, strenge Tempo- und Gewichtslimite<br />
ersetzten erforderliche Investitionen.<br />
Seit 2009 ist ein privates Unternehmen im Rahmen<br />
einer ÖPP damit beauftragt, die gesamte<br />
Verkehrsinfrastruktur auf Vordermann zu bringen.<br />
Dazu gehören 2.500 Kilometer Straßen,<br />
4.900 Kilometer Gehwege, 1.100 kleinere und<br />
größere Ingenieurbauwerke sowie 95.000 Straßenlaternen.<br />
Ebenso umfasst das Projekt den<br />
Winterdienst bis zur Pflege der Grünflächen – die<br />
Stadt bekommt ein komplettes Leistungspaket.<br />
Nach einem Pilotprojekt in Portsmouth 2004<br />
folgten im Jahr 2012 drei Kommunen dem Bei-<br />
115
spiel der Stadt Birmingham und vergaben vergleichbare<br />
Projekte: neben Sheffield als einer<br />
weiteren Großstadt auch zwei deutlich kleinere<br />
Kommunen, Hounslow und Isle of Wight.<br />
Vorteile für Kommunen?<br />
Wie in vielen Ländern sind auch die Kommunen<br />
in Großbritannien oft gezwungen, mit Blick auf<br />
kurzfristige Budgetzwänge beim Flickwerkansatz<br />
zu bleiben, anstatt echte Ersatzinvestitionen<br />
durchzuführen.<br />
Bei den Highway Maintenance Projects wird<br />
den Kommunen durch Zuschüsse des britischen<br />
Verkehrsministeriums unter die Arme gegriffen.<br />
Darüber hinaus greifen sie, wie bei ÖPP üblich,<br />
auf privates Kapital von Bau- und Betreibergesellschaften,<br />
Finanzinvestoren und Banken zurück.<br />
Diese helfen, die hohen Investitionskosten in<br />
den ersten Jahren – der sogenannten Core Investment<br />
Period (CIP) – zu finanzieren. Darüber<br />
hinaus geben sie ihnen Planungssicherheit, da sie<br />
für die gesamte Projektlaufzeit einen Festpreis<br />
bieten.<br />
Die Summe der verfügbaren Mittel erlaubt es<br />
den Kommunen, Ersatz- und Instandhaltungsinvestitionen<br />
in einer Summe zu realisieren,<br />
die ansonsten für sie unerreichbar wäre. So belaufen<br />
sich z.B. die Kosten für das Projekt in<br />
Birmingham über die gesamte Projektlaufzeit<br />
von 25 Jahren auf 2,7 Milliarden GBP (3,15 Milliarden<br />
Euro). Bis zum Jahr 2014 soll die gesamte<br />
Infrastruktur überholt worden sein. Dadurch<br />
soll die Stadt nicht nur schöner, sondern insbeson<br />
dere wettbewerbsfähiger werden. Außerdem<br />
beschäftigt das Projekt in der Spitze bis zu<br />
1.100 Mitarbeiter, von denen rund 200 neu eingestellt<br />
wurden.<br />
Aber auch kleinere Kommunen mit ganz anderen<br />
Bedürfnissen profitieren. So hat die vor der<br />
Südküste Englands gelegene Isle of Wight z.B.<br />
nur 140.000 Einwohner und hängt wirtschaftlich<br />
stark vom Tourismus ab. Dort ist das Straßennetz<br />
kleiner. Dafür umfasst das Projekt auch den Ausbau<br />
und die Befestigung von rund 800 Kilometern<br />
Wanderwegen. Außerdem berücksichtigt die<br />
Projektplanung den Touristenstrom im Sommer,<br />
um den herum die Instandsetzungsmaßnahmen<br />
Bei Highway Maintenance Projects geht es nicht nur um die Instandhaltung von Autobahnen, sondern die gesamte<br />
Verkehrsinfrastruktur<br />
116
arrangiert werden müssen, um Beeinträchtigungen<br />
zu vermeiden.<br />
Sicht der privaten Geldgeber<br />
Die Vergütung des privaten Betreibers erfolgt auf<br />
Verfügbarkeitsbasis. Das bedeutet, solange der<br />
Betreiber seine Arbeit ordentlich macht, gibt es<br />
für die nächsten 25 Jahre eine feste Vergütung,<br />
die zur Bedienung von Eigen- und Fremdkapital<br />
herangezogen werden kann. Deshalb erfreuen<br />
sich die Projekte nicht nur bei Bau- und Betreiberunternehmen,<br />
sondern auch<br />
Finanzinvestoren großer Beliebtheit<br />
– sie stellen ein stabiles, zuverlässiges<br />
und sicheres Investment<br />
dar.<br />
Die Banken wollen aus Risikogesichtspunkten<br />
Ausschüttungen an die Eigenkapitalgeber erst<br />
nach erfolgreichem Abschluss der CIP zulassen.<br />
Für Finanzinvestoren ist es aber in der Regel<br />
nicht attraktiv, erst nach fünf oder gar sieben<br />
bis acht Jahren eine erste Ausschüttung zu<br />
bekommen. Gleichzeitig ist es für die Banken<br />
schwierig, ihre Kredite über einen derart langen<br />
Zeitraum auszuzahlen. Die Refinanzierungskosten<br />
erhöhen sich dadurch deutlich. Ebenso<br />
wird die Absicherung von Zinsänderungsrisiken<br />
erschwert.<br />
Trotz dieser positiven Aspekte<br />
war die Finanzierung der Highway<br />
Maintenance Projects kein<br />
Selbstläufer, da sie sich in einigen<br />
Aspekten von typischen<br />
Neubauprojekten signifikant<br />
unterscheiden.<br />
Da ist zunächst die Mammutaufgabe<br />
zu bewältigen, die bestehende Infrastruktur<br />
auf ihren Zustand hin zu überprüfen – bei Bauwerken,<br />
die zum Teil über 70 Jahre alt sind und<br />
jahrzehntelang vernachlässigt wurden, alles andere<br />
als eine leichte Aufgabe. In diesem Zusammenhang<br />
ist insbesondere zwischen der Kommune<br />
und den Privaten zu klären, wie man mit dem Risiko<br />
versteckter Mängel umgeht.<br />
Schwierige Finanzierungslage<br />
Als Nächstes muss eine Finanzierungsstruktur<br />
entwickelt werden, die der langen Core Investment<br />
Period Rechnung trägt. Die CIP umfasst die<br />
Anfangsphase des Projekts, bei der über einen<br />
Zeitraum von fünf bis sieben Jahren der Investitionsstau<br />
behoben wird. Sie ist deutlich länger als<br />
die bei Neubauprojekten übliche Bauphase von<br />
zwei bis vier Jahren.<br />
Bei Highway Maintenance Projects wird den Kommunen<br />
durch Zuschüsse des britischen Verkehrsministeriums unter<br />
die Arme gegriffen<br />
Auch die Einbindung von Finanzinvestoren wie<br />
Versicherungen und Pensionsfonds als Fremdkapitalgeber<br />
erschwert sich. Wie bei Kapitalmarktprodukten<br />
üblich, wollen solche Investoren ihr<br />
Investment in einer Summe auszahlen, wodurch<br />
über die lange CIP sehr hohe cost of carry entstehen:<br />
Noch nicht benötigte Gelder müssen zu<br />
einem Zinssatz unterhalb des Kreditzinssatzes<br />
zwischengeparkt werden und verursachen zusätzliche<br />
Kosten. Dieses Thema ist bei Neubauprojekten<br />
aufgrund der deutlich kürzeren Bauzeiten<br />
geringer ausgeprägt.<br />
Bei der Durchführung der Arbeiten in der CIP ist<br />
es für die Kommunen wichtig, dass der Verkehrsfluss<br />
durch die nötigen Baustellen nicht zu stark<br />
117
eeinflusst wird. Die Anforderungen an die logistische<br />
Planung und das Verkehrsmanagement<br />
sind zum Teil sehr hoch, da z.B. im Falle unvorhergesehener<br />
Fahrbahnschließungen erhebliche<br />
Pönalen drohen.<br />
Doch selbst wenn die CIP erfolgreich abgeschlossen<br />
wird, ist es mit den Risiken nicht vorbei. Die<br />
Ausgaben in der Betriebsphase unterscheiden<br />
sich erheblich von Neubauprojekten: Schaut man<br />
sich die gesamten Ausgaben an, so entfallen rund<br />
70 Prozent davon auf die Kosten für Betrieb und<br />
Instandhaltung und lediglich 30 Prozent auf die<br />
Bedienung der Kapitalgeber. Bei Neubauprojekten<br />
ist das Verhältnis in der Regel umgekehrt, u.a. da<br />
die Instandhaltung neuer Infrastruktur günstiger<br />
ist als die älterer Infrastruktur.<br />
Aus Sicht der Kapitalgeber bedeutet dies, dass<br />
eine Fehleinschätzung der Betriebs- und Instandhaltungskosten<br />
deutlich schlimmere Folgen haben<br />
kann. Hat man sich z.B. um 15 Prozent<br />
verschätzt, kann dies bereits eine Anpassung<br />
des Tilgungsprofils erforderlich machen. Neubauprojekte<br />
sind nicht selten deutlich robuster und<br />
verkraften auch bis zu 50 Prozent Kostenüberschreitung.<br />
Banker sprechen daher bei Highway<br />
Maintenance Projects von einem hohen operational<br />
leverage.<br />
Kritische Erfolgsfaktoren<br />
Um die gute Nachricht gleich vorwegzunehmen:<br />
Trotz aller aufgezählten Herausforderungen lassen<br />
sich solche Projekte erfolgreich finanzieren.<br />
Wie bei allen ÖPP kommt es am Ende des Tages<br />
auf eine faire Verteilung der Risiken an.<br />
Um eine adäquate Bestandsaufnahme des Zustands<br />
der gesamten Infrastruktur einer Region<br />
zu machen, bedarf es neben kompetenten Unternehmen<br />
einer guten Kooperation mit der ausschreibenden<br />
Behörde. Es ist wichtig, dass die<br />
Behörde sämtliche ihr zur Verfügung stehenden<br />
Informationen transparent macht und auch die<br />
besonders schwierigen Themen offen besprochen<br />
werden. Es gibt Risiken, die kein Privater managen<br />
kann und die deshalb von der öffentlichen<br />
Hand getragen werden müssen. So gibt es z.B.<br />
auf der Isle of Wight Regionen, die aufgrund geotechnischer<br />
Gegebenheiten sehr stark von Erosion<br />
bedroht sind, wodurch auch unerwartete und<br />
unplanbare Reparaturarbeiten erforderlich werden<br />
können. Solche Risiken müssen beim Auftraggeber<br />
verbleiben.<br />
Um die Kosten der CIP wie auch die Betriebsund<br />
Instandhaltungskosten gut zu planen, kommt<br />
den involvierten technischen Beratern eine herausragende<br />
Bedeutung zu. Banken legen einen<br />
großen Wert darauf, dass gerade die Risiken aus<br />
dem oben skizzierten hohen operational leverage<br />
durch angemessene Reserven im Projekt abgemindert<br />
werden.<br />
Der Auftraggeber wiederum kann auch helfen,<br />
die sich aus der langen CIP ergebenden Themenkomplexe<br />
zu lösen. Wenn die Auszahlung öffentlicher<br />
Zuschüsse z.B. so terminiert wird, dass sie<br />
die Auszahlungsphase des Fremdkapitals verkürzen,<br />
lassen sich die Refinanzierungskosten senken<br />
und die Zinsabsicherung wird leichter und<br />
günstiger.<br />
Nicht zuletzt hilft der Portfolioeffekt der Projekte<br />
selbst, einige Risiken in den Griff zu bekommen.<br />
Da es nicht nur um eine Straße, einen Tunnel<br />
oder eine Brücke geht, sondern um Hunderte,<br />
steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich abweichende<br />
Kostenprofile bei einzelnen Bauwerken<br />
im Laufe der Zeit wenigstens teilweise ausgleichen.<br />
Darüber hinaus sind viele Arbeiten technisch<br />
wenig anspruchsvoll und lassen sich somit<br />
besser planen.<br />
Es wird spannend sein zu beobachten, ob und<br />
wie das britische Modell auch in anderen Ländern<br />
Anklang findet. Mit Blick auf den Zustand<br />
einiger Straßen vor der eigenen Haustür wäre<br />
uns der Erfolg sowohl als Beteiligten des Infrastrukturmarktes<br />
als auch als Bürgern zu<br />
wünschen.<br />
118
Weltweite Erfahrungen mit PPP-Infrastrukturprojekten:<br />
Erfolg in Chile<br />
Von Peter H. Coenen und Dr. Ansgar Bendiek<br />
Das PPP-Modell von HOCHTIEF Solutions sieht vor, dass weltweit Infrastrukturprojekte<br />
zu einem geeigneten Zeitpunkt verkauft werden, um<br />
mit dem gewonnenen Kapital neue Vorhaben zu finanzieren. Die chilenische<br />
Mautautobahn Vespucio Norte Express (VNE) ist das bislang<br />
profitabelste PPP-Vorhaben des Unternehmens.<br />
VERKEHRSWEGEBAU<br />
Der Vespucio Norte Express ist eine der modernsten<br />
Strecken der Welt: Die Verbindung ist seit<br />
Januar 2006 in Betrieb und eine der meistbefahrenen<br />
Straßen in Santiago de Chile. 2001 erhielt<br />
HOCHTIEF gemeinsam mit Partnern vom Ministerium<br />
für Öffentliche Arbeiten in Chile den<br />
Auftrag für das 29 Kilometer lange Teilstück der<br />
Ringautobahn um die chilenische Hauptstadt.<br />
Das Unternehmen plante, finanzierte und baute<br />
die Mautautobahn auf Basis eines Build-Operate-<br />
Transfer-Vertrags (BOT) und war seit ihrer Eröffnung<br />
auch für den Betrieb verantwortlich.<br />
Der Konzessionsvertrag begann mit Aufnahme<br />
der Bauarbeiten im April 2003. Durch den Einsatz<br />
privaten Kapitals konnte die vorhandene<br />
vierspurige Straße zu einer kreuzungsfreien<br />
sechsspurigen Autobahn ausgebaut werden. Sie<br />
entlastet die 6-Millionen-Einwohner-Stadt erheblich<br />
vom Verkehr, der heute reibungsloser und<br />
sicherer fließt. Im September 2012 verkaufte<br />
HOCHTIEF seine gesamten Anteile an der Betreibergesellschaft<br />
des VNE und realisierte damit<br />
den Wert eines reifen Infrastruktur-Assets.<br />
Auftrag der chilenischen Regierung über<br />
Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb<br />
der Ringautobahn um die Hauptstadt<br />
Santiago de Chile. Die Mautstraße war<br />
unter dem Namen „Américo Vespucio<br />
Norte“ im Rahmen des chilenischen<br />
Konzessionsprogramms ausgeschrieben<br />
worden.<br />
Im damaligen Bieterverfahren konnte<br />
sich das HOCHTIEF-Konsortium zusammen<br />
mit der spanischen Baugruppe Dragados<br />
und zwei lokalen Partnern gegen<br />
starke internationale Konkurrenz durchsetzen.<br />
Bei PPP-Projekten ist es grundsätzlich<br />
von Vorteil, wenn das beauftragte Konsortium<br />
möglichst klar strukturiert ist, um die Zusammenarbeit<br />
effizient zu gestalten. Beim VNE wurden<br />
die Verantwortlichkeiten klar auf die am Projekt<br />
beteiligten Partner verteilt, wobei jeder den Teil<br />
übernahm, den er mit größtmöglicher Kompetenz<br />
abdeckte. So funktionierte auch das spätere<br />
Zusammenspiel zwischen den Bereichen Bau und<br />
Konzession reibungslos.<br />
Peter H. Coenen ist<br />
Vorsitzender der<br />
Segmentleitung PPP<br />
Solutions, HOCHTIEF<br />
Solutions AG, Essen.<br />
Dr. Ansgar Bendiek<br />
leitet die Abteilung<br />
Sales & Transactions<br />
im Segment PPP<br />
Solutions.<br />
Erstes Projekt im Verkehrswegebau<br />
Der VNE war eines der ersten PPP-Projekte von<br />
HOCHTIEF im Bereich Verkehrsinfrastruktur.<br />
Nachdem das Unternehmen im Jahr 1999 – gemeinsam<br />
mit Bilfinger – den Zuschlag für die<br />
Konzession des Herrentunnels unter der Trave<br />
bei Lübeck erhalten hatte, folgte Ende 2001 der<br />
Noch im Jahr 2002 gelang es dem Konsortium,<br />
die Strukturierung und Finanzierung des Vorhabens<br />
weitgehend abzuschließen, sodass im Frühjahr<br />
2003 mit den Bauarbeiten begonnen werden<br />
konnte. Mit Bauende 2006 wurde die Strecke,<br />
die in sechs Teilabschnitte zu jeweils 3,5 bis<br />
6,5 Kilometer unterteilt ist, für den Verkehr freigegeben.<br />
Neben dem sechsspurigen Ausbau der<br />
119
vorhandenen Straße errichtete das Konsortium<br />
19 Kreuzungsbauwerke, übernahm den Ausbau<br />
der Entwässerungskanäle und stellte das integrierte<br />
Maut- und Verkehrsleitsystem betriebsbereit<br />
fertig.<br />
Mit Aufnahme der Bauarbeiten begann auch der<br />
30-jährige Konzessionsvertrag. Das private Investitionsvolumen<br />
der Autobahn in Höhe von<br />
521 Millionen Euro wird während der 27-jährigen<br />
Betriebsphase durch Mautgebühren refinanziert.<br />
Dabei stellt der Vespucio Norte Express<br />
technologisch einen Meilenstein für vollelektronische<br />
Systeme zur Gebührenerhebung dar: Die<br />
Maut wird über ein Multilane-Free-Flow-System,<br />
ein vollelektronisches, barrierefreies System erhoben.<br />
Das im Fahrzeug befestigte Empfangsgerät<br />
kommuniziert mit der entsprechenden elektronischen<br />
Ausrüstung, die an Portalen über der Autobahn<br />
angebracht ist. Das Multilane-Free-Flow-<br />
System gilt zurzeit als das weltweit modernste<br />
vollelektronische Mauterfassungsverfahren, das<br />
als übergreifendes und untereinander kompatibles<br />
System für die fünf Autobahnkonzessionen<br />
in Santiago de Chile mit etwa 150 Kilometern<br />
Gesamtlänge eingesetzt wird – u.a. auch beim<br />
Túnel San Cristóbal, dem zweiten Projekt, das<br />
HOCHTIEF Solutions in der chilenischen Hauptstadt<br />
verantwortet. Das Unternehmen hält weiterhin<br />
einen 50-prozentigen Anteil an dem Tunnel,<br />
der sich noch in einem früheren Projektstadium<br />
befindet.<br />
Unvorhersehbare Risiken<br />
HOCHTIEF hat den VNE über mehr als zehn<br />
Jahre begleitet. Die langen Laufzeiten von PPP-<br />
Verträgen bringen es mit sich, dass die privaten<br />
Auftragnehmer während des gesamten Projektverlaufs<br />
immer wieder auch gewissen Risiken<br />
ausgesetzt sind.<br />
Am 27. Februar 2010 erschütterte ein Erdbeben<br />
– das schwerste seit 50 Jahren – die chilenische<br />
Küstenregion. In der Hauptstadt Santiago de<br />
Chile wurden zahlreiche Gebäude zerstört oder<br />
schwer beschädigt. Die Schäden konzentrierten<br />
sich auf das Gebiet um den Flughafen. Auch der<br />
VNE war von der Naturkatastrophe betroffen und<br />
wurde in Mitleidenschaft gezogen. Das Erdbeben<br />
und die nachfolgenden Reparaturarbeiten bedeuteten<br />
einen umfangreichen Einschnitt bei den<br />
weiteren Planungen, auch im Hinblick auf den<br />
Verkaufsprozess.<br />
Die Erdbebenproblematik lässt deutlich erkennen,<br />
dass es nur größeren Unternehmen gelingen<br />
kann, mit den wirtschaftlichen Folgen unvorhersehbarer<br />
Ereignisse fertig zu werden. Sie<br />
verfügen über den nötigen finanziellen und personellen<br />
Hintergrund, um etwaige Rückschläge<br />
im Projektverlauf kompensieren zu können.<br />
Nur durch die schnelle versicherungstechnische<br />
Abwicklung und die Übernahme der Schadenssumme<br />
konnten die Reparaturarbeiten nach dem<br />
Erdbeben unverzüglich aufgenommen werden.<br />
So konnte die Projektgesellschaft beim VNE vor<br />
Ort innerhalb kürzester Zeit erforderliche Maßnahmen<br />
gegen die entstandenen Schäden einleiten.<br />
Schließlich waren zwei Brücken komplett<br />
oder teilweise eingestürzt, drei Brücken wurden<br />
stark beschädigt. Erste Reparaturen erfolgten innerhalb<br />
weniger Stunden und Tage, sodass der<br />
VNE zügig in beiden Fahrtrichtungen wieder zu<br />
70 Prozent zu befahren war – ein beachtlicher<br />
Erfolg und eindrucksvoller Beweis für die hervorragende<br />
Zusammenarbeit zwischen den Teams<br />
der Bereiche Bau und Konzession. Aufgrund<br />
die ser Erfahrung hat HOCHTIEF mit Brookfield,<br />
dem Erwerber der Anteile, eine Vereinbarung<br />
über zukünftige technische Unterstützung<br />
abgeschlossen.<br />
Stabiles wirtschaftliches Umfeld<br />
Der VNE ist auch in weiterer Hinsicht ein echtes<br />
Erfolgsbeispiel. Das Projekt zeigt, dass es möglich<br />
ist, auch dann eine hohe Rendite bei einer<br />
mautabhängigen Straße zu erzielen, wenn sich<br />
der Markt durch unvorhergesehene Ereignisse<br />
anders entwickelt als erwartet. Gleichzeitig wird<br />
120
deutlich, dass ein stabiles wirtschaftliches Umfeld<br />
bei einem Verkehrsmengenrisikoprojekt einen<br />
zentralen Faktor, wenn nicht sogar eine unabdingbare<br />
Voraussetzung für den Projekterfolg darstellt.<br />
In Chile war diese Bedingung erfüllt. Aktuelle<br />
Erfahrungen im griechischen Markt zeigen<br />
hingegen, dass Projekte, die unter ähnlichen Voraussetzungen<br />
gestartet sind, vom Einfluss einer<br />
kriselnden Wirtschaft stark beeinträchtigt werden<br />
und nur schwer zum Erfolg zu führen sind.<br />
Langfristige, lokale Finanzierung<br />
Mit einer äußerst erfolgreichen Anleiheemission<br />
hatte der VNE im Juni 2004 seine langfristige<br />
lokale Finanzierung gesichert: Dabei hatte<br />
wurde damit um rund 82 Prozent überzeichnet.<br />
Da der Zinssatz mit 5,25 Prozent pro Jahr, fest<br />
über 24,5 Jahre, unter dem offiziellen Anleihezinssatz<br />
(Face Rate) von 5,3 Prozent lag, brachte<br />
die Versteigerung einen zusätzlichen Erlös von<br />
etwa 14 Millionen Euro, der sowohl dem Projekt<br />
als zusätzliche Liquidität als auch den Anteilseignern<br />
in Form von geringeren Eigenmitteln zugutekam.<br />
Die Emission war damit in Bezug auf<br />
Betrag, Nachfrage und Zinssatz die seinerzeit erfolgreichste<br />
im chilenischen Markt.<br />
Im September 2012 verkaufte HOCHTIEF seine gesamten Anteile an der Betreibergesellschaft des Vespucio Norte Express in<br />
Santiago de Chile und realisierte damit den Wert eines reifen Infrastruktur-Assets<br />
die Gesellschaft den Maximalbetrag von etwa<br />
380 Millionen Euro ausgelobt. Die Anleiheemission<br />
konnte nach der sogenannten holländischen<br />
Methode innerhalb von nur einer Minute platziert<br />
werden. Die Nachfrage nach der Anleiheemis<br />
sion lag bei etwa 650 Millionen Euro und<br />
Die Anleihe wurde von Citibank Global Markets<br />
an den Markt gebracht und von der amerikanischen<br />
Versicherungsgesellschaft MBIA versichert.<br />
Die Anleihe verfügte damit über ein internationales<br />
AAA-Rating, sowohl von Standard & Poor’s<br />
als auch von Moody’s. Durch dieses Rating und<br />
die lange Laufzeit war sie für die lokalen Pensionsfonds<br />
und Lebensversicherungsgesellschaften<br />
äußerst attraktiv. Bei der Bewertung des<br />
Projekts durch Investoren und Ratingagenturen<br />
121
wurden die solide Finanzstruktur auf der Grundlage<br />
von realistischen Verkehrs- und Einnahmeprognosen<br />
sowie die Solidität und Erfahrung der<br />
Gesellschafter bei Konzessionsprojekten im Verkehrsinfrastrukturbereich<br />
hervorgehoben.<br />
Die innovative Finanzierung erhielt den Latin-<br />
Finance-Award „Best Project Finance Deal of<br />
2004“.<br />
Verkaufsprozess<br />
Fester Bestandteil des PPP-Geschäftsmodells<br />
von HOCHTIEF ist es, dass – ähnlich wie bei<br />
der Projektentwicklung – die entwickelten und<br />
optimierten Infrastrukturprojekte zu einem geeigneten<br />
Zeitpunkt verkauft werden sollen. Auf<br />
diese Weise setzt das Unternehmen Kapital frei,<br />
das wiederum in die Entwicklung neuer Vorhaben<br />
investiert werden kann. Beispielsweise gab<br />
PPP Solutions 2007 Investoren die Möglichkeit,<br />
sich am Schulportfolio in Großbritannien zu beteiligen.<br />
Sechs der PPP-Schulprojekte wurden zu<br />
diesem Zweck in die Investitionspartnerschaft<br />
HOCHTIEF PPP Schools Capital eingebracht und<br />
49 Prozent der Anteile an den Projekten an einen<br />
börsennotierten Spezialfonds verkauft. Im<br />
selben Jahr begann das Unternehmen damit, seine<br />
Anteile am Vespucio Norte Express durch eine<br />
strukturierte Transaktion zu veräußern. 2007<br />
und 2008 wurden insgesamt 16,25 Prozent am<br />
Projekt zu einem Preis von ca. 107 Millionen<br />
Euro erfolgreich an eine Investorengruppe um<br />
M.M. Warburg verkauft. Der Anteil des Unternehmens<br />
an der Mautautobahn betrug danach<br />
noch 29,2 Prozent.<br />
2012 schloss HOCHTIEF dann den Verkauf seiner<br />
gesamten Beteiligung von 45,45 Prozent an<br />
der Betreibergesellschaft des VNE mit der Unterstützung<br />
des renommierten Finanzberaters<br />
Lazard New York erfolgreich ab. Die Veräußerung<br />
an ein Konsortium unter Führung von Brookfield<br />
hatte einen Wert von 230 Millionen Euro. Mit<br />
diesem Verkauf – dem bedeutendsten in der Geschichte<br />
von PPP bei HOCHTIEF – ist es gelungen,<br />
in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld<br />
den Wert eines reifen Infrastruktur-Assets zu<br />
realisieren. Das Projekt mit seiner hohen Rendite<br />
und einem entsprechenden Ergebnisbeitrag war<br />
das profitabelste PPP-Vorhaben der HOCHTIEF<br />
PPP Solutions. Es zeigt auch, welche besonderen<br />
Chancen Verkehrsinfrastrukturprojekte bieten,<br />
und bestätigt die Strategie und das Geschäftsmodell<br />
des Unternehmens.<br />
Eine wesentliche Voraussetzung für diesen Erfolg<br />
war das erfahrene Projektteam, das den Verkauf<br />
professionell durchgeführt hat. Zudem kannte<br />
der Investor Brookfield das Projekt sehr gut und<br />
war darum von der Werthaltigkeit des Assets<br />
überzeugt. Entscheidend war letztlich auch das<br />
richtige Timing: Die Erfahrungen beim Verkaufsprozess<br />
haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, abzuwarten,<br />
sich nicht unter Druck setzen zu lassen,<br />
bis der günstigste Zeitpunkt für die Veräußerung<br />
erreicht ist und die bestmögliche Rendite erzielt<br />
werden kann.<br />
122
Entlang der Seidenstraße:<br />
ein wichtiger Handelsweg nach Asien<br />
Von Michael Korn<br />
Bis heute ist die Seidenstraße ein wichtiger Handelsweg zwischen Europa<br />
und Asien. In einem Projekt der Europäischen Union wird der grenzübergreifende<br />
Informationsfluss der Länder, die am Transportkorridor<br />
zwischen Europa, dem Kaukasus und Asien liegen, gefördert. PPP stößt<br />
auch hier als Beschaffungsvariante zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur<br />
auf großes Interesse.<br />
Der Begriff „Seidenstraße“ ist die Wortschöpfung<br />
des deutschen Geografen Ferdinand Freiherr von<br />
Richthofen. Ihre Geschichte geht wohl – wie die<br />
einer Vielzahl historischer Handelswege – zurück<br />
auf das Römische Reich. Die Seidenstraße<br />
bestand aus einem verzweigten Netz von Karawanenwegen<br />
durch China, Zentralasien, Indien,<br />
Persien, den Kaukasus, die Türkei und den Nahen<br />
Osten. Es war und ist eine wichtige Handelsstraße<br />
zwischen Südosteuropa und Ostasien. Auf<br />
der Seidenstraße fanden Seide, Gewürze, Porzellan,<br />
Jade, Bronze, Lacke und Eisen den Weg nach<br />
Europa und z.B. Glas den Weg nach Ostasien.<br />
Heute haben die Warenströme von und nach<br />
Asien für Europa mehr Bedeutung denn je. Waren<br />
im Wert von 428,3 Milliarden Euro wurden<br />
2011 nach Angaben der Europäischen Kommission<br />
allein mit China gehandelt. Es wird erwartet,<br />
dass allein das Frachtaufkommen über die Straße<br />
zwischen Europa und Asien 2015 etwa 8,86 Millionen<br />
Tonnen im Jahr betragen wird.<br />
Drei verschiedene Landrouten<br />
Insgesamt werden Waren neben dem Transport<br />
durch die Luft und die Weltmeere grundsätzlich<br />
auf drei verschiedenen Routen befördert. Die<br />
nördliche Route, die Trans Russian Route, quert<br />
auf dem Weg von China Kirgistan und Kasachstan<br />
und führt durch weite Teile Russlands nach<br />
Europa. Die südliche Route, die Trans Turkey/<br />
Michael Korn ist<br />
Prokurist und Leiter<br />
des Bereichs Infrastruktur<br />
bei Alfen<br />
Iran Route, quert die Staaten Kirgistan,<br />
Consult GmbH,<br />
Usbekistan, Turkmenistan, Iran, Türkei Weimar.<br />
und Bulgarien. Die mittlere Route, die<br />
Trans Caucasus Route, quert auf dem<br />
Weg durch den Kaukasus Kirgistan, Usbekistan,<br />
Kasachstan, Aserbeidschan und Georgien sowie<br />
die Ukraine, Bulgarien oder Rumänien. Dabei<br />
sind zusätzlich das Kaspische und das Schwarze<br />
Meer zu überqueren. Derzeit wird die Trans Russian<br />
Route deutlich bevorzugt, da sie aufgrund<br />
der geringeren Anzahl an Grenzquerungen und<br />
eines schon recht gut ausgebauten Netzes sowie<br />
höherer Sicherheitsstandards attraktiver ist als<br />
die anderen beiden. Die südlicheren Routen sind<br />
nicht durchgängig und in angemessener Qualität<br />
befahrbar, die Grenzabfertigung dauert mitunter<br />
Tage und es gibt immer wieder politische Spannungen<br />
benachbarter Länder. Darüber hinaus ist<br />
Bestechlichkeit und Korruption noch immer ein<br />
Thema, auch wenn die Staaten diese durchaus<br />
erfolgreich bekämpfen. Auf der Corruption Perception<br />
List 2012 von Transparency International<br />
liegt Armenien auf Rang 105, Aserbeidschan auf<br />
139, Georgien auf 51, Kasachstan auf 133, Kirgistan<br />
auf 154, Moldawien auf 94, Tadschikistan<br />
auf 157, die Ukraine auf 144 und Usbekistan auf<br />
Rang 170.<br />
IDEA-Projekt<br />
Die EU engagiert sich seit Jahren in der Region<br />
und hat im Rahmen des sogenannten Transport<br />
VERKEHRSWEGEBAU<br />
123
Corridor Europe Cacasus Asia (TRACECA)-<br />
Programms vielfältige Projekte finanziert. Eines<br />
dieser Projekte trägt den Namen TRACECA-<br />
IDEA (Transport Interoperability and Dialogue<br />
between the EU Caucasus and Asian) und zielt<br />
da rauf ab, die grenzüberschreitende und kulturkreisübergreifende<br />
Kommunikation und Kooperation<br />
der TRACECA-Staaten Armenien, Aserbeidschan,<br />
Georgien, Kasachstan, Kirgistan,<br />
Moldawien, Tadschikistan, Usbekistan und Ukraine<br />
sowie der assoziierten Länder Bulgarien,<br />
Rumänien und Türkei als Begünstigte aus dem<br />
Projekt zu stärken. Das Projekt wurde durch das<br />
Beraterteam Trasporto e Territorio (TRT) Mailand,<br />
Dornier Consulting GmbH Berlin, PTV AG<br />
Karlsruhe und Alfen Consult GmbH Weimar im<br />
Zeitraum Mitte 2009 bis Ende 2012 bearbeitet.<br />
Alfen Consult war für die Themenbereiche Finanzierung<br />
und PPP verantwortlich.<br />
Die Kernziele des Projekts bestanden in der<br />
x Stärkung der politischen und transportorientierten<br />
Dialogmechanismen,<br />
x Unterstützung der Umsetzung der langfristigen<br />
IGC (TRACECA Inter-Governmental<br />
Commission)-Strategie bis 2015 und des entsprechenden<br />
Action Plan,<br />
x Identifikation, Priorisierung, Evaluierung<br />
und Präsentation der TRACECA-Verkehrsinfrastruktur-Projektvorschläge.<br />
Wesentlicher Erfolgsfaktor war und ist aus Sicht<br />
der Beteiligten, dass der Ansatz des IDEA-Projekts<br />
weniger auf der Führung der Länder als vielmehr<br />
auf der Unterstützung der TRACECA-Staaten<br />
bei aus Eigeninteresse initiierten Aktivitäten<br />
liegt. Die TRACECA-Staaten haben das Vorgehen<br />
untereinander gemeinsam abgestimmt und sich<br />
so die Konkretisierung der mit dem IDEA-Projekt<br />
dargebotenen Unterstützung zu eigen gemacht<br />
und nach ihren Bedürfnissen ausgestaltet. Besonderen<br />
Anklang fanden die 2010 und 2012 abgehaltenen<br />
TRACECA-Investment-Foren, auf denen<br />
die TRACECA-Staaten für priorisierte Projekte bei<br />
institutionellen und sonstigen Investoren werben<br />
konnten. Eine Reihe von wichtigen Verkehrsprojekten<br />
konnte so auf den Weg gebracht werden.<br />
Die Liste der bisher priorisierten Projekte findet<br />
sich unter www.traceca-org.org/fileadmin/fmdam/Investment_Forum/BOOKLET_final.pdf.<br />
Objektive Priorisierungsmethodik<br />
Voraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung<br />
der Projekte und des darauf basierenden internationalen<br />
Interesses waren die Unterstützung bei<br />
der Schaffung des Verständnisses für tragfähige<br />
Strukturen der Projekte und die speziellen Anforderungen<br />
institutioneller und sonstiger Investoren.<br />
Ein Schwerpunkt lag daher auf der Bereitstellung<br />
und Verbreiterung der Wissensbasis, aber<br />
auch auf der Begleitung der Vorbereitung und<br />
Auswahl der Projekte sowie der Erstellung der<br />
entsprechenden Projektdokumentation. Als Basis<br />
für die Auswahl und Reihung der Projekte wurde<br />
eine objektive Priorisierungsmethodik durch<br />
IDEA entworfen und implementiert, im Rahmen<br />
derer die TRACECA-Staaten gemeinsam die Projekte<br />
evaluierten.<br />
Wesentliche Elemente der Evaluationsmethode<br />
sind der auf der Analytic Hierarchy Process<br />
(AHP)-Methode basierende paarweise Vergleich<br />
der Projekte anhand vordefinierter Kriterien untereinander,<br />
aber auch die Prozessstruktur der<br />
Evaluierung. Die jeweils durch die Staaten vorgestellten<br />
Projekte wurden durch drei Bewertungsgruppen,<br />
deren Mitglieder aus regional zusammenhängenden<br />
TRACECA-Staaten bestehen,<br />
bewertet. Ferner entsendet jede Bewertungsgruppe<br />
einen Beobachter in die anderen Gruppen,<br />
um die Konsistenz und Objektivität der Gesamtbewertung<br />
zu sichern. Die kontinuierliche, enge<br />
Kommunikation der Staaten im und mit dem<br />
IDEA-Projekt war dabei Erfolgsgarant.<br />
Das nötige Know-how wurde durch spezielle<br />
Trainingsmaßnahmen zur Projektauswahl und<br />
-bewertung (Economic Project Appraisal) sowie<br />
zur finanziellen Strukturierung und Bewertung<br />
(Financial Project Appraisal) vertieft, die die<br />
124
umfangreichen Trainingsmaßnahmen der EU<br />
und anderer Förderer in der Region abrunden.<br />
Grundlage des Trainings waren die speziell auf<br />
den TRACECA-Raum abgestimmten Werkzeuge<br />
„TRACECA Appraisal Manual“ und das von<br />
Alfen Consult erstellte „TRACECA Investment<br />
Manual“.<br />
Wesentliche Themenbereiche betreffen:<br />
x Sinn und Zweck von Kosten-Nutzen-Analysen<br />
und deren Aussagekraft<br />
x Grundlagen und Herausforderungen der<br />
zugrunde liegenden Berechnungen und<br />
Annahmen<br />
x Berücksichtigung von externen Kosten und<br />
sonstigen externen Effekten des Verkehrs<br />
x Identifizierung von und Umgang mit Optimism<br />
Bias, der Tendenz zur Überschätzung<br />
von Nutzen und Unterschätzung von Kosten in<br />
Kosten-Nutzen-Analysen<br />
x Gestaltung der Rahmenbedingungen für<br />
die Bereitstellung und Finanzierung von<br />
Verkehrsinfrastruktur<br />
x Mögliche Beschaffungsansätze und grundsätzliche<br />
Strukturierungsoptionen für<br />
Verkehrsinfrastruktur<br />
x Risikobewertung und effiziente Risikoallokation<br />
als Voraussetzung für den Projekterfolg<br />
x Methoden und Instrumente zur Einschätzung<br />
und Bewertung der finanzwirtschaftlichen<br />
Machbarkeit<br />
x Herkunft und Charakteristika verschiedener Finanzierungsinstrumente<br />
und die damit verbundenen<br />
Risiken und Verpflichtungen<br />
x Diskussion und Auswertung konstruierter und<br />
tatsächlicher Case Studies zur Identifizierung<br />
von Best Practice<br />
Transnationale, integrierte Planung<br />
Als Werkzeug wurde durch IDEA ein Verkehrsmodell<br />
für die Region erstellt, in dem die Verkehrsströme<br />
je nach Netzgestaltung modelliert<br />
und analysiert werden können. Die Anwendungsmöglichkeiten<br />
und Bedienung wurden in<br />
weiteren intensiven Trainingseinheiten den Verantwortlichen<br />
aus den TRACECA-Staaten nähergebracht.<br />
Sie verfügen damit über ein grenzüberschreitend<br />
einsetzbares Planungsinstrument, das<br />
eine transnationale und integrierte Planung von<br />
Projekten ermöglicht. Für die Messung des Fortschritts<br />
in der Entwicklung des Verkehrskorridors<br />
wurde der sogenannte TRACECA-Transport-<br />
Route-Attractiveness-Index (TRAX) entwickelt,<br />
der auf Basis von ausgewerteten Fernfahrerdaten<br />
die Attraktivität des Transportkorridors im Vergleich<br />
zu alternativen Routen bewertet.<br />
Neben der Bereitstellung geeigneter Planungsund<br />
Evaluierungsinstrumente sowie einer breiten<br />
Wissensbasis war Kommunikation für den Erfolg<br />
der transnationalen Verkehrsprojekte entscheidend.<br />
Hierzu gehört auch, dass die TRACECA-<br />
Staaten auf Harmonisierungspotenziale aufmerksam<br />
gemacht werden und ihnen die Möglichkeit<br />
gegeben wird, die für internationale Investoren<br />
maßgeblichen Parameter zu überwachen. Es<br />
wurde von IDEA daher ein Arbeitspapier zu<br />
Harmonisierungsmöglichkeiten der Rahmenbedingungen<br />
für die Umsetzung der Infrastrukturprojekte<br />
sowie spezifische Länderreports erstellt<br />
und Strukturdaten der einzelnen Länder zusammengestellt.<br />
Diese werden nunmehr von den<br />
TRACECA-Staaten selbst von Zeit zu Zeit aktualisiert,<br />
um ein Monitoring zu ermöglichen.<br />
Darüber hinaus wurden eine Vielzahl von Konferenzen,<br />
Meetings und interministerieller Treffen<br />
durch IDEA organisiert, in denen die Strategie<br />
für die weitere verkehrspolitische Entwicklung<br />
der Region und der Projekte im Mittelpunkt standen.<br />
Außerdem wurden nicht zuletzt im Rahmen<br />
der Projektpriorisierung die Möglichkeiten und<br />
Grenzen von PPP analysiert und diskutiert. PPP<br />
stößt bei den TRACECA-Staaten aufgrund der<br />
erweiterten Finanzierungsmöglichkeiten, aber<br />
insbesondere auch aufgrund der höheren Verlässlichkeit<br />
beim Zeit- und Kostenrahmen bei der<br />
Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur auf großes<br />
Interesse. Hierfür sorgen zum einen die Anreizstrukturen<br />
innerhalb von PPP, aber auch die<br />
125
in den TRACECA-Staaten regelmäßig maßgeblich<br />
beteiligten institutionellen Investoren wie ADB,<br />
EBRD oder die Weltbankgruppe mit ihren strengen<br />
Anforderungen, Regularien und begleitendem<br />
Monitoring.<br />
Aus der auf dem TRACECA Investment Forum<br />
2012 präsentierten Prioritätenliste der TRACECA-<br />
Staaten wurden bisher zwei Projekte finanziert,<br />
für drei Projekte wurden die Finanzierungszusagen<br />
erteilt, zwei Projekte werden eng durch<br />
institutionelle Finanzmittelgeber betreut und<br />
acht Länder haben konkrete Investorengespräche<br />
aufgenommen. Auf dem TRACECA Investment<br />
Forum 2012 haben EIB und EBRD erklärt, dass<br />
sie die Finanzierung von Projekten in Georgien,<br />
Armenien, Kasachstan und Moldawien beabsichtigen,<br />
und die ADB integrierte drei kasachische<br />
Eisenbahnprojekte in ihre Finanzierungsstrategie<br />
bis 2015.<br />
Dem Erfolg des Projekts geschuldet wurde 2013<br />
ein Folgeprojekt IDEA II aufgelegt, das einen erweiterten<br />
Fokus auf die Finanzierung und Umsetzung<br />
von Projekten legt sowie weitere Länder<br />
(Turkmenistan) einbezieht.<br />
Land Projekt Projekttyp Investitions- Finanzierung<br />
volumen<br />
(Mio. E)<br />
Armenien Yerevan Logistic Centre Logistik 24,4 Betreiber, Weltbank, ADB<br />
Aserbeidschan Baku - Alyat - Beyuk Kesik Schiene 1.000 Betreiber, Weltbank,<br />
Railway rehabilitation<br />
Aserbeidschan,<br />
Tschechische Exportbank<br />
Bulgarien Varna Ferryboat Eisenbahnfähre 1,0 Betreiber<br />
Georgien Poti-Baku Container Block Train Schiene 8,5 Betreiber<br />
Kasachstan Shymkent – Tashkent Road Straße 71,0 Betreiber, EBRD<br />
Reconstruction<br />
Kirgistan Aero Navigation Facilities Luftsicherheit 15,6 Betreiber<br />
Modernization<br />
Moldawien Slobozia Bypass on Chisinau- Straße 21,3 Verhandlungen<br />
Giurgiulesti Road<br />
nicht abgeschlossen<br />
Rumänien Mures-Iasi-Ungheni Motorway Straße 6.100 Verhandlungen<br />
Section<br />
nicht abgeschlossen<br />
Tadschikistan Vahdat-Karmayk (Kyrgyz border) Schiene 1.600 Verhandlungen<br />
Railway<br />
nicht abgeschlossen<br />
Türkei Istanbul Atatürk Airport Luftfahrt 5,0 Betreiber<br />
Passenger Right Information Centre<br />
Ukraine Ilyichevsk Port Multi-Modal Hafen 7,0 Betreiber<br />
Complex<br />
Usbekistan Centralised Information IT 15,0 Usbekistan<br />
Web for Customs<br />
Priorisierte Projekte 2012 – präsentiert auf demTRACECA Investmentforum 2012<br />
126
Die Finanzierungsmöglichkeiten von PPP<br />
im Wandel der Zeiten<br />
Von Dr. Hans-Georg Napp<br />
Trotz vieler erfolgreich umgesetzter Vorhaben konnte sich in der Gesellschaft<br />
und damit auch häufig auf politischer Ebene bislang keine echte<br />
Unterstützung für PPP entwickeln. Stattdessen führte die zunehmende<br />
Verunsicherung bei der Entscheidung für eine Beschaffungsvariante PPP<br />
teilweise zu einem Rückzug.<br />
Makroökonomisch konnte man zwar erwarten,<br />
dass die deutsche Konjunktur durch den stabilen<br />
Arbeitsmarkt und die belebte Entwicklung der<br />
Binnennachfrage positiv beeinflusst wird; doch<br />
hatten die Auswirkungen der Kapitalmarktkrise<br />
erhebliche Folgen für die Mittelbeschaffung –<br />
selbst bei rein kommunaler Bonitätsleihe. Zudem<br />
bedürfen Erhaltung und Ausbau der öffentlichen<br />
Infrastruktur neben den Anforderungen der Energiewende<br />
im Besonderen und den finanzpolitischen<br />
Herausforderungen im Allgemeinen großer<br />
Anstrengungen auf allen föderalen Ebenen. Wenngleich<br />
die Steueraufkommen für 2011 und 2012<br />
positive Zahlen gebracht haben, ist die Belastbarkeit<br />
öffentlicher Haushalte für all diese Aufgaben<br />
vielfach nicht mehr gegeben. Daher scheint es<br />
geboten, dass Bund, Länder und Kommunen die<br />
Chancen auf wirtschaftliche Vorteile und betriebswirtschaftliche<br />
Effizienz prüfen, um öffentliche<br />
Gelder wirkungsorientiert einsetzen zu können.<br />
Eine erhöhte politische Offenheit für PPP sollte<br />
die Folge sein.<br />
Sensibilisierung der öffentlichen Hand<br />
hat richtigerweise zu einer Beschäftigung<br />
und damit zu einer Quantifizierung<br />
jeder einzelnen ein Projekt bestimmenden<br />
Einflussgröße geführt. Dabei<br />
geht es letztlich um eine Gesamtoptimierung<br />
über den Lebenszyklus und damit<br />
die Realisierung von Effizienzvorteilen,<br />
die natürlich auch die jeweilige Betriebsphase<br />
beinhalten.<br />
Zur Finanzierungsseite öffentlich-privater Partnerschaftsprojekte<br />
ist festzustellen, dass die stark<br />
gestiegene Unsicherheit der Kreditinstitute bezogen<br />
auf ihren eigenen Liquiditätsbedarf sowie die<br />
Beeinträchtigung einer zuverlässigen Bonitätseinschätzung<br />
der Geschäftspartner die Refinanzierung<br />
vieler Institute nur mit (Marktrisiko-)Aufschlägen<br />
erlaubten bzw. erlauben. Die Frage der<br />
(Re-)Finanzierung auch bei PPP-Projekten steht<br />
daher stärker denn je im Fokus. PPP-Finanzierungsstrukturen,<br />
insbesondere beim einredefreien<br />
Ankauf von Forderungen, waren bzw. sind aber<br />
von den Auswirkungen der Krise weniger betroffen<br />
als viele andere Bereiche der Wirtschaft.<br />
Dr. Hans-Georg<br />
Napp ist Bankdirektor<br />
und Leiter des<br />
Zielkundenbereichs<br />
„Öffentliche Hand/<br />
Kommunalnahe<br />
Unternehmen“<br />
der Landesbank<br />
Hessen-Thüringen<br />
und stellvertretender<br />
Vorsitzender des PPP-<br />
Vereins Hessen e.V.<br />
INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />
Die öffentliche Hand hat mit Beschaffungsalternativen<br />
im Rahmen von PPP bis dato also durchaus<br />
ein neues Verständnis zur Realisierung von öffentlichen<br />
Infrastrukturprojekten entwickelt. Mit der<br />
Umsetzung erfolgversprechender PPP-Strukturen<br />
ging eine Sensibilisierung der öffentlichen Hand<br />
bezüglich der preis- und kostenbestimmenden<br />
Faktoren von Infrastrukturprojekten einher und<br />
Die PPP-Finanzierungssystematik bietet in der<br />
Regel umfangreiche Variationsmöglichkeiten, um<br />
auf die geänderten Rahmenbedingungen zu reagieren.<br />
Bonitätsunabhängig können Darlehensanfragen<br />
aber oft nicht mehr aus einer Hand allein<br />
bedient werden. Dabei sind interne Restriktionen<br />
ebenso ausschlaggebend wie lange Laufzeiterwartungen<br />
auf der Kundenseite. Es empfiehlt sich<br />
127
da her, bereits bei Ansprache der Bankpartner die<br />
Aufteilung des Finanzierungsbedarfs auf mehrere<br />
Gläubiger in Erwägung zu ziehen oder die aktuell<br />
häufig mit maximal zehn Jahren darstellbare Kreditlaufzeit<br />
durch Zinsderivate für die verbleibende<br />
Restlaufzeit abzusichern, um die Kalkulationssicherheit<br />
für die Projektgesamtdauer zu erhöhen.<br />
Wesentliches Ziel einer risikoadjustierten Finanzierung<br />
ist die Identifikation und sachgerechte<br />
Zuweisung von Projektrisiken. Die Projektfinanzierung<br />
ist allgemein anerkannt die Form der Finanzierung,<br />
mit der in der weitestgehenden Art<br />
Entscheidungskompetenzen sowie eine deutliche<br />
Trennung von Leistungserstellungen und politischer<br />
Einflussnahme. Dies trägt mit dazu bei, dass<br />
die Privatwirtschaft und die öffentliche Hand näher<br />
zusammenrücken müssen, um auch weiterhin<br />
die Chancen im PPP-Markt gemeinsam und vorteilsstiftend<br />
zu heben.<br />
Berücksichtigung des Gemeinwohls<br />
Hochtaunusklinik Bad Homburg, ein Projekt der BAM Deutschland AG und der Hannover Leasing, finanziert durch die Landesbank<br />
Hessen-Thüringen, Bayerische Landesbank und die TaunusSparkasse<br />
und Weise Risiken auf den privaten Projektpartner<br />
übertragen werden. Finanzierungspartner werden<br />
daher an die Projektprüfung und an die Projektbegleitung<br />
hohe Anforderungen stellen. Hierin liegt<br />
ein wesentlicher Vorteil auch für den öffentlichen<br />
Auftraggeber.<br />
Zu den Projektrisiken zählen hierbei Konflikte<br />
zwischen den beiden Partnern, wie etwa der Verlust<br />
von öffentlichem Einfluss sowie ein Imageverlust<br />
auf beiden Seiten, wenn das Projekt nicht<br />
erfolgreich verläuft. Ein gelungenes PPP-Projekt<br />
benötigt daher klar verteilte Verantwortungs- und<br />
Wenngleich gelegentliche Kritik an der Bürokratie<br />
durch viele Bürger geteilt wird, geht dies<br />
allerdings nicht mit einem Ruf nach mehr echter<br />
Privatisierung einher. Vielmehr hat sich die<br />
Skepsis gegenüber Privatisierungen in den letzten<br />
fünf Jahren eher verstärkt. Gemäß der Studie von<br />
forsa „Bürgerbefragung öffentlicher Dienst 2011“<br />
stimmten beispielsweise 82 Prozent der Befragten<br />
dafür, Schulen als öffentliche Hochbauten nicht<br />
zu „privatisieren“, für den öffentlichen Personennahverkehr<br />
sehen dagegen nur 40 Prozent, dass<br />
dieser in öffentlicher Regie verbleiben solle. Es<br />
gilt daher, vertragliche Partnerschaftsmodelle dahingehend<br />
zu entwickeln, dass gegenüber der Öffentlichkeit<br />
ein hohes Maß an Transparenz sichergestellt<br />
wird und gleichzeitig möglichst viele der<br />
128
Aspekte beachtet werden, die für die Kommunen,<br />
die Beschäftigten und die Bürger von Bedeutung<br />
sind. Die Berücksichtigung des Gemeinwohls etwa<br />
durch eine die privaten Haushalte und damit<br />
die Bürger schonende Gebührenpolitik könnte<br />
zu Lasten einer Gewinnmaximierung als Zeichen<br />
gesetzt werden, das zu einer Akzeptanzerhöhung<br />
beitragen kann. Dies nicht zuletzt, da Daseinsvorsorge<br />
nicht nur die flächendeckende Bereitstellung<br />
von Leistungen unter Kosten- und Qualitätsaspekten<br />
beinhaltet, sondern auch die aktive<br />
Einbindung der Nutzer und damit Bürger an der<br />
Weiterentwicklung und Nachhaltigkeit öffentlicher<br />
Dienstleistungen.<br />
Die zunehmende Bedeutung solcher Fragen und<br />
die Bedeutung der Einbindung der Bürgerschaft<br />
bei Planung und Realisierung bedeutender Infrastruktur-Großprojekte<br />
steckt die Rahmenbedingungen<br />
und Eckpunkte der Zusammenarbeit<br />
zwischen privatem und öffentlichem Sektor neu<br />
ab. Gelungene Kommunikation trägt in diesem<br />
Zusammenhang erheblich dazu bei, diese Ziele<br />
der öffentlichen Hand, das heißt des Staates und<br />
der Kommunen, mit Hilfe von PPP zu erreichen.<br />
Gegenüber den Betroffenen und Beteiligten ist<br />
überzeugend darzustellen, dass es gerade die<br />
Eigenschaften von PPP sind, die zu mehr Qualität,<br />
mehr Effizienz, weniger Kosten und mehr<br />
Transparenz führen. Deshalb ist es immer wieder<br />
sinnvoll, die Besonderheiten von PPP in geeigneter<br />
Form herauszustellen. Diese sind Planen,<br />
Bauen, Betreiben, Finanzieren und ggf. Verwerten<br />
aus einer Hand im Rahmen der Lebenszyklusbetrachtung,<br />
optimale Risikozuordnung, outputorientierte<br />
Leistungsbeschreibung, optimierte<br />
Transparenz und eine partnerschaftliche Form der<br />
Kooperation. Dies impliziert, dass Planungs- und<br />
Genehmigungsverfahren effizienter sowie die<br />
Kommunikation und Teilhabe der Bürger bei Infrastrukturprojekten<br />
verbessert werden sollten.<br />
Risiken quantifizieren<br />
Zurück zu den Finanzierungsaspekten: Im Rahmen<br />
der bei PPP-Projekten erforderlichen Wirt-<br />
schaftlichkeitsuntersuchungen wird die Forfaitierung<br />
von manchen Beratern – neben dem<br />
obligatorischen Vergleich mit einer Kommunaldarlehensfinanzierung<br />
– auch mit der Finanzierungsform<br />
„Projektfinanzierung“ verglichen.<br />
Im Hinblick auf die Risikopositionen des öffentlichen<br />
Auftraggebers bietet die Forfaitierung in<br />
Verbindung mit einer PPP-Zwischenfinanzierung<br />
die Möglichkeit, gewisse Risiken auf den privaten<br />
Auftragnehmer zu verlagern, die bei einer Kommunaldarlehensfinanzierung<br />
bei der öffentlichen<br />
Hand verbleiben würden. Eine weitergehende<br />
Risikoübertragung ist im Vergleich hierzu aber<br />
nur unter Verwendung einer Projektfinanzierung<br />
möglich.<br />
Letztlich ist eine Risikoverlagerung von der öffentlichen<br />
Hand auf den privaten Partner aber nicht<br />
Selbstzweck, sondern muss immer im Verhältnis<br />
zu den damit verbundenen Mehrkosten beurteilt<br />
werden. Bei Wirtschaftlichkeitsvergleichen zwischen<br />
Forfaitierung und Projektfinanzierung werden<br />
also die jeweiligen Mehr- bzw. Minderrisiken<br />
für die öffentliche Hand quantifiziert und in die<br />
Bewertung mit aufgenommen. Es hat sich vielfach<br />
gezeigt, dass die Projektfinanzierung in der Gesamtbetrachtung<br />
der Risiko- bzw. Kostenrelation<br />
insbesondere bei großvolumigeren PPP-Projekten<br />
auch wirtschaftlicher sein kann als ein Forfaitierungsmodell.<br />
Dies liegt u.a. an den bei Projektfinanzierungen<br />
bestehenden, im Vergleich zur Forfaitierung<br />
deutlich höheren Transaktionskosten.<br />
Um einen solchen – nicht direkt vom Projektvolumen<br />
abhängigen – Kostenblock zu rechtfertigen,<br />
bedarf es einer gewissen Masse an potenziellen,<br />
übertragbaren Risiken, die in Proportionalität<br />
zum Projektvolumen bestehen. Das bedeutet,<br />
dass der öffentliche Auftraggeber bei vielen Projekten<br />
erst ab einem gewissen Projektvolumen<br />
einen angemessenen Preis für die mit Hilfe der<br />
Projektfinanzierung übertragenen Risiken zahlt.<br />
Eine Überprüfung, welches Finanzierungsmodell<br />
– Forfaitierung oder Projektfinanzierung – das<br />
wirtschaftlichere ist, muss daher im Einzelfall vorgenommen<br />
werden.<br />
129
Beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber, eine Finanzierung<br />
als Forfaitierungsmodell auszugestalten<br />
und damit einen Einredeverzicht zu erklären,<br />
ist er gut beraten, die Entscheidung bereits im<br />
Vorfeld der Ausschreibung zu fällen und in der<br />
Vergabebekanntmachung zu veröffentlichen. Würde<br />
die Bereitschaft zu einer Einredeverzichtserklärung<br />
nicht allen Bietern gleichermaßen mitgeteilt,<br />
könnte dies zu einer Begünstigung einzelner<br />
Marktteilnehmer im Verfahren führen und möglicherweise<br />
einen Beihilfetatbestand auslösen.<br />
Maastrichter Verschuldungskriterien<br />
Differenziert zu sehen ist nach wie vor die Anrechnungspflicht<br />
der mit einem Einredeverzicht<br />
versehenen forfaitierten Forderungen auf den<br />
öffentlichen Defizitsaldo nach den Maastrichter<br />
Verschuldungskriterien. EUROSTAT hat zwar<br />
zur Anrechnung von PPP-Modellen ausgeführt,<br />
dass Projekte dann nicht im Sinne der Maastrichter<br />
Kriterien einzurechnen seien, wenn das Baurisiko<br />
und entweder das Ausfall- oder das Nachfragerisiko<br />
auf den privaten Partner übertragen<br />
werden. Aber gerade die Bewertung, wann das<br />
Ausfall- oder Nachfragerisiko tatsächlich übertragen<br />
wird, ist strittig. In Abhängigkeit von der<br />
konkreten vertraglichen Ausgestaltung, insbesondere<br />
dem Sicherheitenkonzept, kann die einredebefreite<br />
Forfaitierung jedenfalls dazu führen, dass<br />
ein hinreichender Risikotransfer auf den privaten<br />
Partner im Sinne der EUROSTAT-Kriterien nicht<br />
vorliegt und die Verbindlichkeiten im Sinne der<br />
Maastrichter Verschuldungsregeln anrechnungspflichtig<br />
sind.<br />
Abschließend sei festzuhalten, dass auch bei Herausforderungen,<br />
die über Partnerschaftsprojekte<br />
hinausgehen, Projekt- und Finanzierungserfahrungen<br />
aus PPP-Vorhaben Orientierung für künftige<br />
Problemlösungen bieten. So trifft gegenwärtig die<br />
angespannte Finanzlage der staatlichen bzw. kommunalen<br />
Haushalte auf eine Erwartungshaltung<br />
der Bürger, ökologisch orientierte Energieversorgung<br />
zukünftig vor allem auch durch öffentliche<br />
Leistungserbringer umzusetzen. In der Vergangenheit<br />
gefällte Privatisierungsentscheidungen bei der<br />
Daseinsvorsorge werden hinterfragt und die hohe<br />
Zahl auslaufender Konzessionsverträge führt zu<br />
einer Auseinandersetzung und neuen Ausrichtung<br />
der gemeindlichen Energiepolitik. Damit wird<br />
deutlich, dass Lebenszyklusgedanken, Effizienzgesichtspunkte,<br />
Nachhaltigkeitsaspekte und Risikoabwägungen<br />
auch im Rahmen der Energiewende<br />
Beachtung finden werden. Öffentlich-Private Partnerschaften<br />
können auch bei Rekommunalisierungen<br />
– etwa im Bereich der Energienetze – ihren<br />
Einsatz finden. Damit kann der kommunale Einfluss<br />
auch auf dem stetig bedeutsamer werdenden<br />
Energiemarkt gestärkt werden.<br />
130
Transparenz bei ÖPP-Projekten: Forschungsprojekt<br />
zeigt Handlungsoptionen<br />
Von Dr. Johannes Schuy und Anja Tannhäuser<br />
Kaum ein Schlagwort beherrscht heute den öffentlichen Diskurs so sehr<br />
wie die Transparenz. Bürgerinitiativen, Verbraucher, Politiker, Kirchen –<br />
jeder fordert heute mehr Transparenz in allen gesellschaftlich relevanten<br />
Bereichen. Die Debatte hat auch den ÖPP-Sektor erreicht.<br />
INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />
Kritiker dieser Entwicklung wie der Philosoph<br />
Byung-Chul Han sprechen inzwischen schon von<br />
einer Transparenzhysterie, in der die Lebensräume<br />
der Individuen nahezu vollständig ausgeleuchtet<br />
werden und in der Transparenz zum Allheilmittel<br />
einer verunsicherten Gesellschaft verklärt<br />
wird.<br />
Die Transparenzdiskussion hat – wenn auch mit<br />
sehr eingeschränktem Fokus – auch den Bereich<br />
Öffentlich-Privater Partnerschaften erreicht. Hier<br />
geht es darum, die von geplanten Projekten betroffenen<br />
Bürger frühzeitig zu informieren, aber<br />
auch um die Offenlegung von Dokumenten und<br />
Verträgen oder um die Nachvollziehbarkeit von<br />
Verwaltungsentscheidungen. Im Idealfall soll die<br />
so gewährte Transparenz zu einem verstärkt sachlichen<br />
Austausch der Perspektiven und Argumente<br />
zwischen Bürgern und Verwaltung führen.<br />
Bürgerschaftliches Engagement<br />
Transparenz – in diesem politischen Sinne – ist<br />
ein essenzieller Bestandteil des demokratischen<br />
Prinzips und hat im politischen Prozess eine wichtige<br />
Feedback-Funktion: Transparenz ermöglicht<br />
den Bürgern, Probleme wahrzunehmen, Beschwerden<br />
zu äußern und den politischen Repräsentanten<br />
Verbesserungsvorschläge mitzuteilen.<br />
Häufig kann der Repräsentant die drängenden Probleme<br />
erst hierdurch wahrnehmen und folglich<br />
effizient bearbeiten. Das Bedürfnis, sich maßgeblich<br />
in Verwaltungsentscheidungen einzumischen,<br />
außerparlamentarisch mitzubestimmen und Änderungen<br />
herbeizuführen, ist prägend<br />
für das zunehmende bürgerschaftliche<br />
Engagement.<br />
Aufgrund der Erklärungsbedürftigkeit<br />
des immer noch jungen Beschaffungsmodells<br />
besteht bei ÖPP-Projekten ein<br />
höherer Bedarf an Informationen als bei<br />
schon lange etablierten Beschaffungswegen.<br />
Fehlende Kommunikation über<br />
diese Beschaffungsform wird als Verheimlichen<br />
verstanden und gibt Fehlinterpretationen<br />
Raum.<br />
Forschungsprojekt „Transparenz bei<br />
ÖPP-Projekten“<br />
Vor diesem Hintergrund hat die ÖPP Deutschland<br />
AG im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen<br />
eine empirische Untersuchung durchgeführt,<br />
die sich mit der „Transparenz bei ÖPP-Projekten“<br />
beschäftigt hat. Ziel der Untersuchung war es, exemplarisch<br />
die tatsächlichen bzw. wahrgenommenen<br />
Informationslücken der an einem ÖPP-Prozess<br />
beteiligten Gruppen in geplanten, laufenden<br />
und abgebrochenen ÖPP-Projekten zu erheben.<br />
Die Arbeit wurde in zwei Etappen durchgeführt.<br />
In der deskriptiven ersten Phase wurden die im<br />
ÖPP-Prozess relevanten Akteure, deren bisheriges<br />
Kommunikationsverhalten, die genutzten Medien<br />
und der rechtliche Rahmen für die Informationsbereitstellung<br />
identifiziert. Festgestellt wurde,<br />
dass die Akteure sich unterschiedlich stark an<br />
Dr. Johannes Schuy<br />
ist Mitglied des<br />
Vorstands und<br />
Anja Tannhäuser ist<br />
Leiterin Marketing<br />
& Kommunikation<br />
der ÖPP Deutschland<br />
AG.<br />
131
der Kommunikation in den verschiedenen Phasen<br />
eines ÖPP-Prozesses – beginnend mit der Bedarfsfeststellung<br />
über die Vorbereitung bis hin zur<br />
Vergabe, anschließend mit der Bau- und Betriebsphase<br />
– beteiligen. Kommunikation und Informationsaustausch<br />
sind hierbei zwei wesentliche Faktoren<br />
für eine gefühlte bzw. tatsächliche Erfüllung<br />
des artikulierten Bedarfs an Transparenz. Dieser<br />
Bedarf wird durch die Nutzung verschiedener<br />
Quellen zur Informationsbeschaffung wie auch<br />
durch rechtliche Einschränkungen der Verfügbarkeit<br />
von Informationen determiniert.<br />
In der zweiten Phase wurde auf der Grundlage<br />
der identifizierten Informationsbedürfnisse und<br />
Transparenzforderungen eine Online-Befragung<br />
durchgeführt. Darin sollten die zuvor deskriptiv<br />
ermittelten Kommunikationsbedürfnisse bestätigt,<br />
ihre Erfüllung erfragt und die Einflussfaktoren auf<br />
die Zufriedenheit mit der ÖPP-Kommunikation<br />
und die Meinungsbildung zu ÖPP ermittelt werden.<br />
An der im Auftrag der ÖPP Deutschland AG<br />
von TNS Infratest Sozialforschung GmbH durchgeführten<br />
Befragung nahmen von 766 eingeladenen<br />
Personen mit ÖPP-Erfahrung 17,5 Prozent<br />
(134) aus allen Akteursgruppen wie Verwaltung,<br />
Politik, Wirtschaft, Betroffene und Betroffenenvertreter<br />
teil.<br />
Die Studie deckte auf, dass nicht nur die während<br />
eines Projekts zur Verfügung stehenden Informationen<br />
als unterschiedlich wichtig und ausreichend<br />
empfunden werden. Auch die ausgebildete<br />
ÖPP-Grundhaltung der am ÖPP-Prozess beteiligten<br />
Personen führt zu positiven, negativen oder<br />
neutralen Einschätzungen. Eine weitere wichtige<br />
Determinante bei der Meinungsbildung über ein<br />
ÖPP-Projekt ist der subjektive Kenntnisstand der<br />
ÖPP-Akteure. Fühlen sie sich gut informiert, bilden<br />
sie eine ausgeprägt positive oder negative Haltung<br />
zu ÖPP aus. Schätzen sie ihr Wissen als gering<br />
ein, nehmen sie eine eher ÖPP-neutrale bzw.<br />
volatile Haltung ein.<br />
Auch die Wertedisposition der Akteure übt offensichtlich<br />
einen Einfluss auf ihre Haltung zu ÖPP<br />
aus. Während eine Leistungsorientierung grundsätzlich<br />
die positive Haltung zu ÖPP fördert, führen<br />
Fatalismus und die Auffassung, dass der Staat<br />
alle Aufgaben selbst erledigen sollte, eher zu einer<br />
ÖPP-kritischen Haltung.<br />
Kommunikationsanforderungen<br />
priorisieren – Gesamtzufriedenheit erreichen<br />
Die Befragten beurteilten in der Studie 15 identifizierte<br />
Kommunikationsanforderungen nach ihrer<br />
Wichtigkeit und der wahrgenommenen Erfüllung<br />
in einem ÖPP-Projekt. In Verbindung mit der zugrunde<br />
gelegten Wertedisposition und Informationshaltung<br />
kann nun ausgesagt werden, welchen<br />
Einfluss die Erfüllung dieser Kommunikationsanforderung<br />
auf die Gesamtzufriedenheit mit der<br />
ÖPP-Kommunikation hat. Der Zusammenhang<br />
zwischen den Einflussfaktoren und die Handlungsoptionen<br />
werden in einer Bewertungsmatrix<br />
abgetragen. Die Einzelbetrachtung der vier Felder<br />
der Matrix weist Ansatzpunkte für eine Verbesserung<br />
der Akteurszufriedenheit auf, indem sie<br />
zwischen Kommunikationsanforderungen unterscheidet,<br />
die für die Akteure „nur“ selbstverständlich<br />
sind bzw. deren Erfüllung sie einfach erwarten,<br />
und solchen, die ihnen tatsächlich wichtig<br />
sind und deren gute Erfüllung sie durch Loyalität<br />
honorieren. Verdeutlicht wird in der Matrix, wo<br />
Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten<br />
bestehen und in welche Richtung Maßnahmen<br />
zur Steigerung der Zufriedenheit mit der ÖPP-<br />
Kommunikation gehen sollten.<br />
Der wichtigste Quadrant liegt oben rechts. Die<br />
hier positionierten Kommunikationsanforderungen<br />
werden „Motivatoren“ genannt, da sie von<br />
den Befragten als (sehr) wichtig angesehen werden<br />
und außerdem einen starken Einfluss auf die<br />
Gesamtzufriedenheit haben.<br />
Im Quadrant unten rechts stehen die „versteckten<br />
Chancen“. Wenn die hier positionierten Kommunikationsanforderungen<br />
erfüllt werden, besteht<br />
ein hohes Potenzial zur Steigerung der Gesamtzufriedenheit<br />
mit der ÖPP-Kommunikation. Al-<br />
132
Bewertungsmatrix für ÖPP-Kommunikationsanforderungen<br />
Wichtigkeit<br />
1 2 3 4 5<br />
Y Y Y Y Y<br />
A10: Veröffentlichung<br />
der relevanten Vertrags -<br />
inhalte vor<br />
Vertragsunterzeichnung<br />
Erfüllung<br />
1 2 3 4 5<br />
Y Y Y Y Y<br />
Sozialforschung<br />
Transparenz bei ÖPP-Projekten<br />
Nov/Dez 2011<br />
Quelle: TNS Infratest<br />
Sozialforschung GmbH, 2012<br />
niedrig Verbale Wichtigkeit hoch<br />
Pflichtfaktoren<br />
(Ruhe-)Potenzial<br />
A10<br />
v<br />
Motivatoren<br />
versteckte Chancen<br />
niedrig Reale Bedeutung hoch<br />
Stärken/Schwächen<br />
(interner Vergleich)<br />
y weit überdurchschnittlich<br />
Y überdurchschnittlich<br />
X durchschnittlich<br />
V unterdurchschnittlich<br />
v weit unterdurchschnittlich<br />
Einfluss auf Gesamtzufriedenheit<br />
mit der<br />
ÖPP-Kommunikation<br />
lerdings werden diese Anforderungen selten als<br />
wichtig beurteilt.<br />
Anforderungen, die zwar von den Befragten subjektiv<br />
als sehr wichtig bewertet werden, jedoch<br />
nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit<br />
haben, stehen im Quadrant oben links.<br />
Sie werden Pflichtfaktoren genannt.<br />
Wenn Kommunikationsanforderungen im Vergleich<br />
zu den anderen Anforderungen kaum thematisiert<br />
wurden und keinen aktuellen Einfluss<br />
auf die Gesamtzufriedenheit haben, stehen diese<br />
als „Ruhe-Potenzial“ im Quadrant unten links.<br />
Beispiel: Veröffentlichung relevanter<br />
Vertragsinhalte<br />
erfüllen. Unabhängig von einzelnen Kommunikationsanforderungen<br />
wurden die Teilnehmer<br />
nach ihrer Gesamtzufriedenheit mit der ÖPP-<br />
Kommunikation gefragt und gaben auch hier auf<br />
einer Skala von 1 bis 5 an, ob sie sehr zufrieden<br />
bis sehr unzufrieden sind. Beide Beurteilungen<br />
ergeben für das hier angezeigte Beispiel einen<br />
Wert, der sich auf der x-Achse in der linken Hälfte<br />
der Matrix befindet. Dieser Wert drückt die reale<br />
Bedeutung der bezeichneten Kommunikationsanforderung<br />
für die Befragten aus. In diesem Fall<br />
bedeutet es, dass die Vertragsveröffentlichung vor<br />
Unterzeichnung für die 134 Befragungsteilnehmer<br />
im Durchschnitt eine geringe reale Bedeutung<br />
hat, das heißt, dass sie auch nur einen geringen<br />
Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit mit der ÖPP-<br />
Kommunikation in einem Projekt hat.<br />
Auf der x-Achse „reale Bedeutung“ wird der ermittelte<br />
Wert aus der Angabe der Befragten abgetragen,<br />
ob sie die Kommunikationsanforderung<br />
„Veröffentlichung der relevanten Vertragsinhalte<br />
vor Vertragsunterzeichnung“ (gelbe Skala oben<br />
rechts, die in die grafische Umsetzung als Quadrat,<br />
Punkt oder Dreieck in der Matrix mündet)<br />
Auf der y-Achse „verbale Wichtigkeit“ wird demgegenüber<br />
der von den Befragten selbst angegebene<br />
Wert angezeigt, welche subjektive Bedeutung<br />
sie der Erfüllung einzelner Kommunikationsanforderungen<br />
beimessen (graue Skalen oben links).<br />
Auch auf dieser Achse erhält die Kommunikationsanforderung<br />
„Veröffentlichung der relevanten<br />
133
Vertragsinhalte vor Vertragsunterzeichnung“ eine<br />
niedrige Bewertung. Die Teilnehmer haben diesen<br />
Aspekt als wenig wichtig benannt.<br />
Das vorgenannte Beispiel A10 „Veröffentlichung<br />
der relevanten Vertragsinhalte vor Vertragsunterzeichnung“<br />
zeigt, dass diese Kommunikationsanforderung<br />
im Rahmen von ÖPP-Prozessen als<br />
weit unterdurchschnittlich erfüllt angesehen wird,<br />
gleichzeitig von den Befragten jedoch als wenig<br />
wichtig bewertet wird. Außerdem hat die Erfüllung<br />
dieser Anforderung wenig Einfluss auf die<br />
Gesamtzufriedenheit im ÖPP-Kommunikationsprozess.<br />
Die Erfüllung dieser Kommunikationsanforderung<br />
kann daher – vorerst – vor anderen<br />
Handlungsoptionen zurückstehen.<br />
Die erforderliche Transparenz bei ÖPP-Projekten<br />
kann verbessert werden, wenn sich alle beteiligten<br />
Akteure um einen umfassenden Vertrauensaufbau<br />
bemühen. Das kann in den verschiedenen<br />
ÖPP-Projektphasen unterschiedlich umgesetzt<br />
werden. Die Untersuchung hat gezeigt, dass für<br />
eine erfolgreiche Kommunikation folgende Parameter<br />
entscheidend sind:<br />
x Ausgewogene und nachvollziehbare Darstellungen<br />
von Argumenten und Entscheidungen<br />
der Verwaltung und Politik helfen, Vertrauen zu<br />
schaffen. Neben der Vorstellung von Chancen<br />
und Vorteilen sollten dabei auch kritische Fragen<br />
beantwortet werden.<br />
x Die politischen Entscheidungen für oder gegen<br />
ein ÖPP-Projekt sollten transparent und<br />
nachvollziehbar begründet werden. Dies beinhaltet<br />
auch eine verständliche Darstellung<br />
von alternativ bestehenden – jedoch nicht gewählten<br />
– Handlungsoptionen.<br />
x Die öffentliche Verwaltung muss die von einem<br />
ÖPP-Projekt betroffenen Mitarbeiter und Nutzer<br />
frühzeitig in ihre Planung einbeziehen. Nur<br />
so können alle Argumente – aber auch berechtigte<br />
Ängste und Sorgen – im Entscheidungsprozess<br />
berücksichtigt werden.<br />
x Nach dem Vertragsabschluss können die Veröffentlichung<br />
ausgewählter Vertragsinhalte und<br />
Kennzahlen sowie eine Projektevaluation das<br />
Verwaltungshandeln legitimieren und so Vertrauen<br />
schaffen. Aus Erfahrungsberichten können<br />
zudem andere öffentliche Entscheider lernen<br />
und Nutzen für eigene Projekte ziehen.<br />
Ableitung von Handlungsmöglichkeiten<br />
Die Untersuchung „Transparenz bei ÖPP-Projekten“<br />
hat gezeigt, dass die Parameter, wie zufrieden<br />
die an ÖPP-Projekten Beteiligten mit der<br />
Kommunikation sind, stark variieren. Sie werden<br />
maßgeblich beeinflusst durch die Grundhaltung<br />
zu ÖPP, die Wahrnehmung von Informationen zu<br />
einem konkreten ÖPP-Projekt, eigene Werte und<br />
Ziele sowie die Erfolgseinschätzung des ÖPP-Projekts.<br />
Diese Aspekte sind von großer Bedeutung.<br />
Denn je höher die Akzeptanz von ÖPP-Projekten<br />
ist, desto größer sind deren Erfolgschancen und<br />
desto größer ist die Zufriedenheit der Verwaltung<br />
und der Bürger mit den handelnden Personen und<br />
deren Entscheidungen. Die Studie zeigt viele Anhaltspunkte<br />
auf, wie die Kommunikation zielgruppenspezifisch<br />
verbessert werden kann. Sie kann<br />
unter www.partnerschaften-deutschland.de/trans<br />
parenz bestellt werden bzw. steht als PDF zum<br />
Download zur Verfügung.<br />
134
Kooperation fördert Projekterfolg:<br />
Analyse des privaten Lebenszyklus-Pilotprojekts<br />
Von Prof. Dr. Andreas Pfnür, Kevin Meyer und Dr. Christian Glock<br />
Bei der Realisierung von Bauprojekten ist es Usus, zahlreiche einzelne<br />
Leistungspakete an unterschiedliche Auftragnehmer oder alternativ in<br />
Form von Generalunternehmerverträgen zu vergeben. Bei diesen Realisierungsvarianten<br />
kommt es oft zu konfrontativem Verhalten der beteiligten<br />
Parteien. Demgegenüber bieten kooperative Vertragsmodelle die<br />
Möglichkeit, die einzelnen Projektpartner zielführend zu motivieren und<br />
den Projekterfolg gemeinschaftlich zu steigern.<br />
INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />
Der Lebenszyklus einer Immobilie umfasst im<br />
Allgemeinen die Phasen der Konzeption, der<br />
Planung und der Bauausführung sowie die Nutzungs-<br />
bzw. Betriebsphase. Heute existieren unterschiedliche<br />
Ansätze, wie die Handlungsfelder<br />
der jeweiligen Phasen kombiniert und umgesetzt<br />
werden. Eine weit verbreitete Variante ist die<br />
konventionelle Beschaffung, bei der die primären<br />
Elemente des Erstellungsprozesses, d.h. die Planung<br />
und Bauausführung, in der Verantwortung<br />
unterschiedlicher oder getrennter Organisationen<br />
liegen.<br />
Alternativ gibt es noch den managementorientierten<br />
Ansatz: Hier erfolgt der Beschaffungsprozess<br />
durch eine einzelne Organisation in Verbindung<br />
mit dem Projektierer und anderen Beratern. Die<br />
eingebundenen Akteure managen und koordinieren<br />
alle mit der Leistungserstellung verbundenen<br />
Aufgaben und Aktivitäten.<br />
Als dritte Alternative hat sich in den vergangenen<br />
Jahren das integrierende Modell etabliert.<br />
Bei dieser Variante wird eine Organisation<br />
aufgebaut, die für die gesamte Planung<br />
und den Bau eines Objekts verantwortlich ist<br />
und alle Wertschöpfungsstufen koordiniert.<br />
Dieses integrierende Modell kann in zwei<br />
Unterformen unterteilt werden, zum einen<br />
in Design und Build (D&B) und zum anderen<br />
in Design, Build, Operate und Transfer<br />
(DBOT). Hierunter fällt u.a. auch das<br />
PPP-Konzept.<br />
Koordinationsmechanismen von<br />
Netzwerken<br />
Das PPP-Konzept unterscheidet sich<br />
von den alternativen Beschaffungsvarianten<br />
neben der beschriebenen organisatorischen<br />
Ausgestaltung noch durch<br />
den zugrunde liegenden Koordinationsmechanismus.<br />
In der Vergangenheit<br />
stand ein Immobiliennutzer bei der Beschaffung<br />
neuer, immobiliarer Ressourcen<br />
vor der Make-or-Buy-Entscheidung.<br />
Diesen beiden Alternativen liegen die<br />
Koordinationsformen der Hierarchie<br />
und des Marktes zugrunde.<br />
Koordinationstriade Budäus (2003)<br />
Markt – „buy“<br />
(Vertrag)<br />
Investor<br />
PPP<br />
Netzwerk<br />
(Vertrauen, Zielkongruenz)<br />
Hierarchie – „make“<br />
(Autorität, Anweisung)<br />
Klassisch<br />
Prof. Dr. Andreas<br />
Pfnür ist Leiter des<br />
Fachgebiets Immobilienwirtschaft<br />
und<br />
Baubetriebswirtschaftslehre<br />
an der<br />
TU Darmstadt sowie<br />
Mitglied im Vorstand<br />
des Bundesverbands<br />
Public Private Partnership<br />
e.V.<br />
Kevin Meyer ist<br />
wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am<br />
Fachgebiet Immobilienwirtschaft<br />
und<br />
Baubetriebswirtschaftslehre<br />
an der<br />
TU Darmstadt.<br />
Dr. Christian Glock<br />
ist Mitglied der Geschäftsführung<br />
der<br />
Bilfinger Hochbau<br />
GmbH und Arbeitskreisleiter<br />
im Bundesverband<br />
Pub lic<br />
Private Partnership<br />
e.V.<br />
135
In Hierarchien erfolgt die Koordination durch<br />
Anweisungen, die von höherrangigen Ebenen gegenüber<br />
nachgeordneten Einheiten vorgegeben<br />
werden. Auf Märkten geschieht die Koordination<br />
der Akteure über den Preismechanismus, der eine<br />
Ressourcenverteilung und -verwendung ohne<br />
einen zentralen Eingriff ermöglicht. Als dritte<br />
Variante hat sich der Netzwerkansatz etabliert,<br />
dessen Koordinationsmechanismen das Vertrauen<br />
und die Zielkongruenz sind. Auf diesem Ansatz<br />
basiert unter anderem das PPP-Konzept. Bei<br />
dem Netzwerkansatz wird der Faktor Vertrauen<br />
im Kontext der Leistungserstellung vor allem als<br />
„riskante Vorleistung“ der jeweiligen Parteien<br />
verstanden. Dies bedeutet, dass sich Partner hinsichtlich<br />
der Leistungserbringung kooperativ verhalten,<br />
obwohl weder direkte Kontroll- und Sanktionsmechanismen<br />
noch indirekte Informationen<br />
zu Qualität und Umfang der Gegenleistung vorliegen.<br />
Die Koordination mit Hilfe von Zielkongruenzen<br />
zwischen den beteiligten Parteien kann<br />
sich auf die Leistungserstellung durchaus positiv<br />
auswirken. Die beteiligten Parteien stimmen hierbei<br />
ihre Handlungen miteinander ab und versuchen<br />
gemeinsam, den Gesamtnutzen des Projekts<br />
zu maximieren.<br />
PPP-Konzept auch für Private<br />
Das Volumen der jährlich realisierten PPP-Projekte<br />
ist in den vergangenen Jahrzehnten weltweit<br />
gestiegen und hat sich damit als eine zielführende<br />
Alternative in der Immobilienbeschaffung<br />
für die öffentliche Hand etabliert. Treiber dieser<br />
Entwicklung sind u.a. die hohe Kapitalbindung<br />
bei Immobilienprojekten und das somit fehlende<br />
Kapital für höher priorisierte Aufgaben. Hinzu<br />
kommen das Streben nach einer möglichst hohen<br />
Effizienz sowie die Reduzierung erheblicher<br />
Ressourcen-, Qualitäts- und Kostenrisiken. Die<br />
Zielsysteme des Public Real Estate Management<br />
(PREM) und des Corporate Real Estate Management<br />
(CREM) sind hierbei durchaus vergleichbar.<br />
Beide versuchen den Wertbeitrag der Immobilien<br />
für den Eigentümer und den Nutzer zu<br />
erhöhen. Es stellt sich daher die Frage, ob sich<br />
der PPP-Ansatz nicht auch auf privatwirtschaftliche<br />
Immobiliennutzer übertragen lässt und<br />
inwieweit sich dadurch Vorteile für das CREM<br />
ergeben.<br />
Pilotprojekt Hauptverwaltung Bilfinger<br />
Power Systems<br />
Der Engineering- und Servicekonzern Bilfinger<br />
hat im Jahr 2011 mit dem ganzheitlichen Leistungsangebot<br />
„one – Real Estate Performance<br />
Guarantee“ einen neuen, integrierten Immobilienansatz<br />
entwickelt. Dieser überträgt das PPP-<br />
Konzept des integrierten Entwickelns, Planens,<br />
Bauens, Betreibens und Finanzierens auf die Immobilienbeschaffung<br />
eines privatwirtschaftlichen<br />
Unternehmens.<br />
Die neue Hauptverwaltung von Bilfinger Power<br />
Systems in Oberhausen steht dabei für das erste<br />
Bauvorhaben, das im Rahmen des Lebenszyklusansatzes<br />
Bilfinger one realisiert wird. Im Rahmen<br />
einer laufenden Forschungskooperation wird dieses<br />
Pilotprojekt von der Technischen Universität<br />
Darmstadt wissenschaftlich begleitet. Ziel ist die<br />
unabhängige Untersuchung der Auswirkungen<br />
dieser innovativen Beschaffungsvariante auf die<br />
Anforderungen von Corporates sowie die Bewertung<br />
des Ansatzes im Vergleich zu bestehenden<br />
Beschaffungsmodellen.<br />
Die hier betrachtete Untersuchung basiert u.a.<br />
auf dem Ansatz einer wirkungsanalytischen Evaluation,<br />
bei der die resultierenden Effekte auf<br />
vorab definierte Kriterien in methodisch kontrollierter<br />
Weise miteinander in Beziehung gesetzt<br />
werden. Hierfür wurden in einem ersten Schritt<br />
die individuellen Anforderungen des Corporate<br />
an das neue Verwaltungsgebäude erhoben. Anschließend<br />
erfolgte die Phase der Datenerhebung.<br />
Diese wurde mit der Methode der teilnehmenden<br />
Beobachtung während der Planungsbesprechungen<br />
durchgeführt, die alle zwei Wochen<br />
stattfanden. Ziel der Beobachtung war es, alle<br />
Aktivitäten innerhalb der Planungsrunde festzuhalten,<br />
die einen Einfluss auf die vorab definier-<br />
136
Verteilung der beobachteten Effekte<br />
Effekte<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Erhöhung der Funktionsfähigkeit<br />
Reduzierung der Betriebskosten<br />
Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit<br />
Reduzierung der Risiken<br />
Förderung der Nachhaltigkeit<br />
Steigerung der Zusammenarbeitseignung<br />
Erhöhung der Flexibilität<br />
Reduzierung der Krankheitsquote<br />
Reduzierung der Instandhaltungskosten<br />
Reduzierung der Anschaffungskosten<br />
Reduzierung der Managementkapazitäten<br />
Zur Validierung und Interpretation der Ergebnisse<br />
bieten sich anerkannte theoriebasierte Erklärungsansätze<br />
an. So ist beispielsweise die erfolgreiche<br />
Reduzierung der Betriebskosten durch den<br />
Betreiber vor allem mit der Theorie der unvollständigen<br />
Verträge zu erklären. Nach dieser kann<br />
ein Vertrag in der Regel nur die Haupteigenschaften<br />
der geforderten Leistung und allenfalls in<br />
begrenztem Umfang mögliche Kontingenzen beten<br />
Anforderungen des CREM haben könnten.<br />
Die Analyse der Beobachtungsprotokolle erfolgte<br />
dann mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse.<br />
Hierbei wurden die Protokolle nach Effekten<br />
durchsucht, die Auswirkungen auf die jeweiligen<br />
Anforderungen des CREM haben.<br />
Mit der qualitativen Inhaltsanalyse konnten innerhalb<br />
der 14 Protokolle 154 positive Effekte<br />
bezüglich der Anforderungen des CREM analysiert<br />
werden. Vor allem die Anforderungen „Erhöhung<br />
der Funktionsfähigkeit“, „Reduzierung<br />
der Betriebskosten“, „Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit“<br />
und „Reduzierung der Risiken“<br />
wurden häufig durch die Interaktionen der Beteiligten<br />
innerhalb der Planungsbesprechungen beeinflusst.<br />
Untersucht wurde auch, welcher Akteur innerhalb<br />
der Planungsbesprechung für die jeweiligen<br />
Effekte verantwortlich war. Insbesondere bei<br />
den Anforderungen „Erhöhung der Funktionsfähigkeit“,<br />
„Reduzierung der Betriebskosten“ und<br />
„Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit“ war<br />
der Betreiber maßgeblich für den Großteil der Effekte<br />
verantwortlich. Auch der Bauerrichter, der<br />
Entwickler und der Architekt waren vergleichbar<br />
stark für weitere positive Auswirkungen bezüglich<br />
der Erhöhung der Funktionsfähigkeit verant-<br />
wortlich. Zur Reduzierung der Risiken konnte<br />
insbesondere der Bauerrichter die meisten der beobachteten<br />
Effekte beitragen. Die verbleibenden<br />
Resultate teilen sich relativ gleichmäßig auf die<br />
weiteren Teilnehmer der Planungsbesprechungen<br />
auf.<br />
Interessant ist ebenfalls der Verlauf der Anzahl der<br />
beobachteten Effekte über den Beobachtungszeitraum<br />
hinweg (Abb. S. 138). Die Beobachtungsphase<br />
begann kurz vor der Grundsteinlegung und<br />
wird bis zum Einzug des Nutzers andauern. Die<br />
hier vorgestellten Ergebnisse beziehen sich auf<br />
den Beobachtungszeitraum von der Grundsteinlegung<br />
bis zum Richtfest. Es wird ersichtlich, dass<br />
die beobachteten Effekte mit der fortschreitenden<br />
Projektrealisierung deutlich abnehmen.<br />
Spielraum für Auftragnehmer<br />
137
Verlauf der beobachteten Effekte über die Planungsphase<br />
Grundsteinlegung<br />
30<br />
Richtfest<br />
Anzahl Effekte<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Effekte<br />
0<br />
Zeit<br />
1.Termin<br />
2.Termin<br />
3.Termin<br />
4.Termin<br />
5.Termin<br />
6.Termin<br />
7.Termin<br />
8.Termin<br />
9.Termin<br />
10.Termin<br />
11.Termin<br />
12.Termin<br />
13.Termin<br />
14.Termin<br />
inhalten. Aufgrund dessen bleiben dem Auftragnehmer<br />
zumeist Spielräume bei der Verfolgung<br />
eigener Ziele. Bei Bauprojekten bedeutet dies,<br />
dass dem Auftragnehmer in der Planungs- und<br />
Bauphase ein gewisses Maß an Entscheidungsspielraum<br />
über die Wahl der erbrachten Qualität<br />
verbleibt. In dem Pilotprojekt ist der Betreiber<br />
gewillt, durch Einflussnahme auf die Planung<br />
die Qualität der Nutzungseigenschaft des Gebäudes<br />
zu steigern, um die Kosten und Risiken im<br />
Betrieb zu reduzieren und somit seine Rendite<br />
zu optimieren. Die Effekte bezüglich der Funktionsfähigkeit<br />
und Mitarbeiterzufriedenheit durch<br />
den Betreiber lassen sich mit der sogenannten<br />
Resource Based View erklären. Diese Theorie<br />
besagt, dass sich durch den strategischen Einsatz<br />
von Spezialisten, die über eine bessere Ressourcenausstattung<br />
bezüglich materieller Güter, z.B.<br />
Maschinen, oder immaterieller Güter, z.B. Wissen,<br />
verfügen, Wettbewerbsvorteile generieren<br />
lassen. Der Betreiber hat dieser Theorie zufolge<br />
durch seine Tätigkeiten bei anderen Projekten eine<br />
hohe Expertise, aufgrund derer er die Planung<br />
qualitätssteigernd beeinflussen kann. Des Weiteren<br />
ist die Abnahme der beobachteten Effekte auf<br />
den Lebenszyklusansatz zurückzuführen. Dieser<br />
besagt, dass mit fortschreitendem Realisierungsprozess<br />
die Beeinflussbarkeit innerhalb des Projekts<br />
exponentiell abnimmt.<br />
Zielführende Anreizstruktur<br />
Die hohe Anzahl der beobachteten Effekte bezüglich<br />
der Nutzeranforderungen zeigt das Potenzial<br />
einer aktiven, die Wertschöpfungsstufen übergreifenden<br />
Abstimmung innerhalb der Planungsphasen.<br />
Durch die Ergebnisse der Untersuchung wurde<br />
deutlich, dass neben der Organisationsstruktur<br />
auch eine zielführende Anreizstruktur für den<br />
Erfolg eines Projekts verantwortlich ist. Die Beteiligten<br />
in den einzelnen Wertschöpfungsstufen<br />
und insbesondere der Betreiber haben in den Planungsphasen<br />
des Pilotprojekts aktiv versucht, die<br />
Qualität bezüglich der Nutzungseigenschaften zu<br />
erhöhen. Wie die Abnahme der beobachteten Effekte<br />
und die daraus gefolgerte abnehmende Beeinflussbarkeit<br />
mit Projektfortschritt verdeutlicht,<br />
wurde dies erst durch die frühzeitige Einbeziehung<br />
des Betreibers ermöglicht.<br />
Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse auch, dass<br />
die aktive Einbringung von Know-how durch die<br />
vorhandenen Anreizstrukturen motiviert wurde.<br />
Abschließend lässt sich festhalten, dass die<br />
Kombination aus frühzeitiger Einbeziehung aller<br />
Akteure und zielführenden Anreizstrukturen<br />
der Schlüssel zu einer hohen Projektqualität und<br />
damit auch zu einer erfolgreichen Immobilienbeschaffung<br />
ist.<br />
138
Partnerschaftliche Zusammenarbeit:<br />
Vertrauen senkt Transaktionskosten<br />
Von Thomas Schubert und Hartmut Fischer<br />
ÖPP tragen die Partnerschaft bereits im Namen. Angesichts der aktuell<br />
geführten Debatte stellt sich allerdings die Frage, ob es sich bei dem<br />
Begriff nicht ohnehin nur um eine euphemistische Umschreibung einer<br />
normalen Besteller-Ersteller-Beziehung handelt, mit der die klaren, teils<br />
gegensätzlichen Interessen beider Seiten verbrämt werden sollen.<br />
INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />
Aus unserer langjährigen Beratungspraxis wissen<br />
wir durch die Begleitung öffentlicher Auftraggeber<br />
mit Controllingleistungen in der Bau- und<br />
Betriebsphase, dass ein partnerschaftlicher Umgang<br />
miteinander sowohl auf Auftraggeber- (AG)<br />
als auch Auftragnehmerseite (AN) nicht immer<br />
selbstverständlich ist. Andererseits sind wir im<br />
Rahmen dieser Tätigkeit aufgrund vieler positiver<br />
Beispiele zu der Überzeugung gelangt, dass<br />
ein kooperativer Ansatz beiden Seiten nützt und<br />
schneller zu wirtschaftlichen Ergebnissen führt,<br />
die auf andere Weise nicht oder nur mit deutlich<br />
mehr Aufwand erreicht werden könnten.<br />
Partnerschaften im wirtschaftlichen Kontext<br />
Um ihre Aufgaben zu erfüllen, stellt sich für die<br />
öffentliche Hand – genau wie für Unternehmen<br />
– immer wieder die grundsätzliche Frage, ob die<br />
dafür notwendigen Leistungen wirtschaftlicher<br />
über Außenstehende bezogen oder innerhalb der<br />
eigenen Organisation erbracht werden können.<br />
Für Unternehmen wird diese Entscheidungsproblematik<br />
make or buy? in der Neuen Institutionenökonomik<br />
unter den Stichworten „Markt“<br />
und „Hierarchie“ wissenschaftlich diskutiert und<br />
ist eng mit der Transaktionskostentheorie verbunden.<br />
Lange Zeit galten Mischformen zwischen<br />
diesen beiden idealtypischen Modellen als instabil<br />
und vorübergehend. Erst seit den 1980er Jahren<br />
reift die Erkenntnis, dass unter bestimmten<br />
Rahmenbedingungen – z.B. bei Lieferantenbeziehungen<br />
in dynamischen und hochtechnologischen<br />
Industrien und anderen<br />
komplexen Beschaffungsvorgängen –<br />
sogenannte hybride Koordinationsformen,<br />
die Merkmale von Markt und Hie-<br />
und Hartmut Fischer<br />
Thomas Schubert<br />
rarchie aufweisen, effizient sein können sind geschäftsfüh -<br />
und zu nachhaltigen gegenseitigen Wirtschaftlichkeitsvorteilen<br />
führen. Diese<br />
rende Gesellschafter<br />
der VBD Beratungsgesellschaft<br />
für Behörden<br />
mbH.<br />
werden unter den Stichworten „Netzwerke“<br />
und „Kooperationen“ diskutiert.<br />
Viele Erkenntnisse aus diesem Bereich<br />
lassen sich daher auch auf ÖPP übertragen.<br />
Eine Partnerschaft zwischen Unternehmen ist auf<br />
eine längerfristige Zusammenarbeit ausgelegt und<br />
setzt neben den notwendigen wirtschaftlichen<br />
und technischen Geschäftsgrundlagen einen offenen<br />
Informationsaustausch im Hinblick auf den<br />
Kern der Zusammenarbeit und einen Zustand<br />
gegenseitigen Vertrauens voraus. Die wesentliche<br />
Voraussetzung für eine gut funktionierende Partnerschaft<br />
ist der nachhaltige gegenseitige Nutzen,<br />
der aus der engen Zusammenarbeit zu ziehen ist.<br />
Hier werden die Parallelen zu ÖPP deutlich, die<br />
als langfristig vertraglich geregelte Zusammenarbeit<br />
zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft<br />
definiert werden. Die erforderlichen<br />
Ressourcen – zum Beispiel Know-how, Betriebsmittel,<br />
Kapital, Personal etc. – werden von den<br />
Partnern zum gegenseitigen Nutzen in einen gemeinsamen<br />
Organisationszusammenhang eingestellt.<br />
Vorhandene Projektrisiken werden entspre-<br />
139
chend der Risikomanagementkompetenz der Projektpartner<br />
optimal verteilt.<br />
Hilfe bei komplexen Aufgabenstellungen<br />
Auch für die öffentliche Verwaltung besteht die<br />
grundsätzliche Alternative, Leistungen mit eigenem<br />
Personal zu erstellen oder im Wettbewerb<br />
am Markt zu beschaffen. Ersteres kommt für<br />
Know-how-intensive, spezifische, hoheitliche<br />
Kernaufgabenstellungen öffentlicher Verwaltungen<br />
mit einem langfristigen und regelmäßigen Bedarf<br />
bei gleichzeitig begrenztem Marktangebot in<br />
Frage. Die Beschaffung am Markt dagegen lohnt<br />
sich bei unspezifischen, abschließend beschreibbaren<br />
Leistungen mit breitem Angebot. Hier kann<br />
der öffentliche AG von geringen Produktionsund<br />
Transaktionskosten profitieren, die sich aus<br />
Losgrößenersparnissen, Lernkurveneffekten und<br />
Differenzierungsvorteilen unter Wettbewerbsbedingungen<br />
ergeben.<br />
Kooperationen werden dann erforderlich, wenn<br />
komplexe Aufgabenstellungen zu bewältigen<br />
sind. Dies ist in der Regel bei Know-how-intensiven,<br />
spezifischen Aufgaben mit geringem Wiederholungsaspekt<br />
für den jeweiligen AG oder<br />
bei sich schnell ändernden Rahmenbedingungen<br />
der Fall, besonders wenn die Aufgabe außerhalb<br />
der Kernkompetenz der öffentlichen Verwaltung<br />
liegt.<br />
Viele Beschaffungsaufgaben der öffentlichen Verwaltung<br />
müssen gleichzeitig unterschiedlichen,<br />
teils widerstrebenden Interessen gerecht werden.<br />
Durch steigende Ansprüche in allen Teilbereichen<br />
und eine Vielzahl von nicht einfach zu<br />
überschauenden Wechselbeziehungen wird die<br />
Lösungsentwicklung immer komplexer. Je nach<br />
Ausgangssituation ist es gar nicht mehr so einfach,<br />
die Mittel zu beschreiben, mit denen sich<br />
die ergebende Gesamtproblematik am besten<br />
lösen lässt. Verlässt man sich zu schnell auf nur<br />
ein Entwurfskonzept, steckt man rasch in der<br />
Sackgasse oder befindet sich zumindest auf einer<br />
Einbahnstraße.<br />
Leistungen ergebnisorientiert beschreiben<br />
Die Idee von ÖPP ist nun, diese Lösung nicht<br />
mehr selbst zu entwickeln, sondern das Knowhow,<br />
die Spezialisierungsvorteile und Innovationspotenziale<br />
von Anbietern unter Anwendung<br />
von Marktanreizmechanismen zu nutzen, damit<br />
diese im Wettbewerb um den Zuschlag eine<br />
abgestimmte und wirtschaftlich optimierte Gesamtlösung<br />
für alle ausgeschriebenen Teilleistungen<br />
entwickeln. Dazu werden in den Ausschreibungen<br />
die genauen Mittel und Wege zur<br />
Funktions- und Ergebniserreichung nicht mehr<br />
abschließend beschrieben. Vielmehr werden<br />
die angestrebten Ziele und alle zu berücksichtigenden<br />
Rahmenbe dingungen einschließlich der<br />
qualitativen Mindestanforderungen zur Aufgabenstellung<br />
gemacht. Nur Entscheidungen, die<br />
nicht rein wirtschaftlich gefällt werden können,<br />
müssen vorab selbst getroffen werden. Neben<br />
dem Nutzen dieser Vorgehensweise ergibt sich<br />
als Konsequenz bei der Vertragsdurchführung ein<br />
stärkerer Kooperations- und Koordinationsbedarf,<br />
um Leistungen zu konkretisieren oder auf veränderte<br />
Rahmenbedingungen zu reagieren.<br />
Zwar gibt die Ergebnisorientierung der öffentlichen<br />
Hand in der Regel eine starke Verhandlungsposition.<br />
Dennoch wird man auch auf Auslegungsspielräume<br />
für geschuldete Leistungen<br />
stoßen. Die vorhandenen Unterlagen werden mal<br />
dem AG, mal dem AN die besseren Argumente<br />
liefern. Wenn dann jedes Mal die betreffende Seite<br />
versucht, ihren Nutzen zu maximieren, werden<br />
zukünftige Einigungen meist zeitaufwendiger<br />
und kostenintensiver sein und in der Regel nicht<br />
zu optimalen Ergebnissen führen. Dabei spielt<br />
nicht nur der tatsächlich erzielte, sondern auch<br />
der von jeder Seite wahrgenommene Nutzen eine<br />
wichtige Rolle.<br />
Partnerschaftliches Verhalten kein<br />
Selbstzweck<br />
Der Hauptnutzen einer partnerschaftlichen Herangehensweise<br />
liegt in der fortlaufenden wirt-<br />
140
schaftlichen Optimierung. Dazu ist es wichtig,<br />
dass die Ergebnisorientierung auch während der<br />
Vertragsdurchführung als Grundhaltung erhalten<br />
bleibt. Partnerschaftliches Herangehen kann sich<br />
für öffentliche AG auszahlen:<br />
x in kostenneutral verbesserter Planung oder<br />
Ausstattung,<br />
x in der Partizipation an Verhandlungserfolgen<br />
mit Nachunternehmern,<br />
x durch Flexibilität bei notwendigen<br />
Leistungsänderungen,<br />
x durch geringere Transaktionskosten beim<br />
Vertragscontrolling.<br />
Der AN kann z.B. auf größeres Verständnis und<br />
Kompromissbereitschaft bei objektiven Problemen<br />
in der Leistungserstellung, eine bessere Akzeptanz<br />
zusätzlicher Kosten bei nicht vorhersehbaren<br />
Mehrleistungen, Unterstützung in seinem<br />
Marketing und ebenfalls auf geringere Transaktionskosten<br />
setzen.<br />
Ein partnerschaftlicher Umgang bedeutet jedoch<br />
nicht, dass Kostenaspekte bei der Entscheidungsfindung<br />
außen vor bleiben und gar die Grundsätze<br />
der Wirtschaftlichkeit durch die öffentliche<br />
Hand vernachlässigt würden. Daher ist auch in<br />
einer gut funktionierenden Zusammenarbeit eine<br />
fortlaufende Erfolgskontrolle unerlässlich.<br />
Faktoren einer erfolgreichen Partnerschaft<br />
Vertrauen und Kommunikation machen den Unterschied<br />
zu konventionellen Vertragsbeziehungen<br />
aus. Neben einer guten wirtschaftlichen Basis und<br />
klaren, handhabbaren Vertragsregelungen sind<br />
hier die wesentlichen Erfolgsfaktoren zu suchen.<br />
In der Ausschreibungsphase sind die Möglichkeiten<br />
zum offenen Informationsaustausch vergaberechtlich<br />
beschränkt, der Vertrauensaufbau<br />
beginnt jedoch bereits jetzt. Von Bieterseite ist<br />
dazu neben einer überzeugenden Darstellung<br />
von Kompetenz und Leistungsfähigkeit vor allem<br />
Verlässlichkeit erforderlich. Für die Vergabestellen<br />
ergibt sich ein fairer Umgang mit den<br />
Bietern schon allein aus den Grundsätzen von<br />
Transparenz und Gleichbehandlung, aber auch<br />
aus der Pflicht zur Vermeidung unnötiger Angebotskosten.<br />
Als positiver Nebeneffekt eines partnerschaftlichen<br />
Umgangs mit allen Bietern werden<br />
die Transaktionskosten der Verfahren nicht<br />
unnötig gesteigert, da Anreiz und Notwendigkeit<br />
für Nachprüfungsverfahren sinken. Auch der Vertragsabschluss<br />
kann oft schneller erfolgen.<br />
Charakteristika von Partnerschaften<br />
Markt<br />
Hierarchie<br />
Funktionsspezialisierung<br />
Funktionsintegration<br />
Marktlicher Effizienzdruck<br />
„Schutz vor Marktdruck“<br />
Opportunismus<br />
Vertrauen<br />
Partnerschaft<br />
Informationsinseln<br />
Informationsaustausch<br />
Charakteristika von Partnerschaften (Darstellung in Anlehnung an Holger Siebert (2001): Ökonomische Analyse von<br />
Unternehmensnetzwerken)<br />
141
Einheitliches Vertragsverständnis erforderlich<br />
ÖPP-Verträge entspringen einem Grundverständnis<br />
zu Leistungssoll, Aufgaben- und Risikoverteilung<br />
sowie einer Projekthistorie. Alle Informationen<br />
und Intentionen lassen sich in einem<br />
Vertrag nie vollständig abbilden. Daher ist ein<br />
einheitliches Vertragsverständnis erforderlich –<br />
und zwar bei allen Mitarbeitern, die in Fragen<br />
der Vertragsdurchführung bzw. Vertragsauslegung<br />
involviert sind. Förderlich sind ein regelmäßiger,<br />
interner Informationsaustausch sowie größtmögliche<br />
Personalkonstanz auf beiden Seiten. Wird<br />
beispielsweise bei einem Landkreis nach erfolgreichem<br />
Zuschlag das Projekt für die Bauphase in<br />
die Hände eines neuen Projektteams gelegt, weil<br />
die Zuständigkeit von Fachämtern wechselt, geht<br />
nicht nur Wissen verloren. Auch der Aufbau von<br />
Vertrauen muss bei jedem Personalwechsel wieder<br />
neu beginnen.<br />
Vertrauen basiert u.a. auf positiven Erfahrungen<br />
und Verlässlichkeit. Daher ist es sinnvoll, früh im<br />
Projekt eindeutige und verständliche Regeln zu<br />
benennen und diese dann durch das tatsächliche<br />
Handeln aller Projektbeteiligten fortlaufend zu<br />
bestätigen. Dies beinhaltet z.B. klare Kommunikations-<br />
und Entscheidungswege. Die häufige<br />
mündliche Kommunikation – am besten in regelmäßigen<br />
Projektgruppensitzungen – ist dabei<br />
unersetzlich. Entscheidungen und deren Grundlagen<br />
sollten dennoch schriftlich und für beide<br />
Seiten transparent dokumentiert werden.<br />
Dies gilt insbesondere für die Prozedere bei Leistungsänderungen,<br />
bergen sie in der Regel doch<br />
das größte Konfliktpotenzial. Aus der Beratungspraxis<br />
und den Berichten von Kommunen wissen<br />
wir, dass alle folgenden Nachtragsverhandlungen<br />
schnell und zielführend verlaufen, wenn es<br />
bei den ersten Nachträgen gelungen ist, pragmatische<br />
und faire Verhandlungsgrundsätze zu<br />
etablieren, die der ursprünglichen Risikoteilung<br />
entsprechen. Auch das richtige Augenmaß für<br />
Aufwand und Nutzen von Nachtragsverhandlungen<br />
vermeidet Kosten. Wichtig ist dazu auch<br />
gegenseitiges Verständnis. Für Private erscheinen<br />
die Entscheidungswege der öffentlichen Hand oft<br />
verschlungen, die verfolgten Ziele teils irrational.<br />
Verwaltungen dagegen können die wirtschaftlichen<br />
Zwänge, die sich aus Zeit- und Kostendruck<br />
ergeben, oft nicht im gleichen Maße nachvollziehen.<br />
Wenn Ziele und Zwänge des Partners klar<br />
sind und bei der Lösungssuche der Blickwinkel<br />
entsprechend verbreitert wird, lassen sich oft<br />
Win-Win-Situationen schaffen, die bei konventioneller<br />
Vorgehensweise zunächst nicht ins Blickfeld<br />
geraten wären. Gleichzeitig muss die öffentliche<br />
Hand akzeptieren, dass die Übertragung von<br />
Projektrisiken auch die Nutzung von Chancen<br />
enthält. Will man als Auftraggeber an allen erzielten<br />
Einsparungen partizipieren, weil der Auftragnehmer<br />
vermeintlich zu Unrecht daran verdient,<br />
Mehrkosten für eingetretene Risiken aber<br />
ausschließlich auf dessen Seite belassen, entfällt<br />
der gegenseitige Nutzen und damit eine wichtige<br />
Grundlage für die Partnerschaft.<br />
Vertrauen zahlt sich aus<br />
Langjährig stabile Partnerschaften im Privatbereich<br />
beruhen u.a. auf Positivität. Das bedeutet:<br />
x nicht dem Partner alle Schuld an Problemen<br />
zu geben,<br />
x auf die Fähigkeit zur gemeinsamen Problemlösung<br />
zu vertrauen,<br />
x in Auseinandersetzungen nicht das Ende der<br />
Beziehung zu sehen,<br />
x regelmäßig in einem positiven Stil zu<br />
kommunizieren.<br />
Auch wirtschaftliche Partnerschaften basieren<br />
auf Vertrauen, das von den Akteuren aufgebaut<br />
und immer wieder bestätigt werden muss. Wird<br />
es enttäuscht, ist es schnell irreparabel zerstört.<br />
Es ist sicher kein Zufall, wenn bei erfolgreichen<br />
ÖPP die öffentlichen Auftraggeber regelmäßig das<br />
gute Vertrauensverhältnis zwischen den Partnern<br />
hervorheben.<br />
142
Bündelung von PPP-Projekten:<br />
Herausforderungen heterogener Portfolios<br />
Von Monica A. Schulte Strathaus und Anett Sommer<br />
Durch die Bündelung von Immobilien können öffentliche Träger in kurzer<br />
Zeit umfangreiche Sanierungsrückstände beheben und Werterhalt<br />
dauerhaft sicherstellen. Der Aufwand für Ausschreibung und Vergabe<br />
reduziert sich, Skaleneffekte realisieren sich in größerem Umfang, die<br />
Bedürfnisse großer Nutzergruppen werden gleichberechtigt bedient.<br />
Was muss beachtet werden, damit sich diese Vorteile durch PPP-Großprojekte<br />
verwirklichen?<br />
INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />
PPP-Großprojekte zeichnen sich durch große Investitionsvolumen<br />
und hohe Komplexität aus. Bei<br />
Großprojekten handelt es sich aber nicht nur um<br />
technisch höchst innovative Einzelprojekte, wie<br />
z.B. das Westdeutsche Protonentherapiezentrum<br />
Essen. Großprojekte können auch Portfolios sein,<br />
die aus vielen Einzelimmobilien bestehen und<br />
ein großes finanzielles Volumen in Relation zum<br />
kommunalen Haushalt einnehmen. Die wesentlichen<br />
Merkmale solcher Projekte sind u.a.:<br />
x unterschiedliche Gebäude bzw. unterschiedliche<br />
Nutzungsarten<br />
x mehrere Nutzergruppen, die einzubeziehen<br />
und deren Anforderungen aufeinander abzustimmen<br />
sind<br />
x die parallele Realisierung vieler einzelner Bauvorhaben<br />
an mehreren Standorten<br />
x die Vielzahl von unterschiedlichen Anforderun<br />
gen an die Bauleistung, z.B. energetischer<br />
Gebäudestandard/Passivhausstandard, Beachtung<br />
Denkmalschutz, Integration von Architektenwettbewerben<br />
oder Vorplanungen,<br />
Sanierungen/Aufstockungen/Anbauten/<br />
Umbauten<br />
x die Berücksichtigung vielschichtiger öffentlicher<br />
Interessensgruppen<br />
x die Überschneidung von Zuständigkeiten im<br />
Genehmigungsprozess (Koordination der Interessen<br />
und Anforderungen verschiedener Behörden<br />
und Richtlinien)<br />
x großes mediales Interesse<br />
PPP-Portfolios finden sich bisher vor<br />
allem im Bildungssektor. Denkbar sind<br />
diese Projekte aber auch in den Sektoren<br />
Verwaltung und Sportstätten. Beispielhaft<br />
können im Bereich Bildung<br />
folgende PPP-Projekte genannt<br />
werden:<br />
x Berufliche Schulen Hamburg: Sanierung,<br />
Umbau und Neubau von 15 Schulen<br />
x Schulen der deutschsprachigen Gemeinschaft<br />
in Eupen, Belgien: Sanierung und Neubau<br />
von 8 Schulen<br />
x Schulen Bergneustadt: Sanierung und Neubau<br />
von 7 Schulen<br />
x Schulen Kreis Offenbach: Sanierung von<br />
49 Schulen in Los Ost und 41 Schulen in<br />
Los West<br />
x Schulen Braunschweig: Modernisierung von<br />
9 Schulen und 3 Kitas<br />
Herausforderungen bei PPP-Portfolios<br />
Bei der Bildung von Portfolios lassen sich mit<br />
Blick auf die Ausschreibung und den anzusprechenden<br />
Bieterkreis die größtmöglichen Effizienzvorteile<br />
realisieren, wenn die gebündelten Anforderungsprofile<br />
nicht zu unterschiedlich sind.<br />
Dadurch kann erreicht werden, dass das Projekt<br />
als ein Gesamtprojekt betrachtet wird und nicht<br />
bloß als die Summe vieler Einzelprojekte.<br />
Monica A. Schulte<br />
Strathaus ist Partner<br />
und Anett Sommer<br />
ist Managerin bei der<br />
Ernst & Young Real<br />
Estate GmbH.<br />
143
Effizienzvorteile lassen sich aber durchaus auch<br />
realisieren, wenn es sich nicht um Objekte mit<br />
gleichen Anforderungsprofilen handelt, weil<br />
auch in diesem Fall arbeitsintensive Prozesse des<br />
Auftraggebers wie z.B. Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen,<br />
politische Zustimmungen<br />
oder Verhandlungen nur einmal anfallen<br />
und nicht pro Einzelprojekt durchgeführt werden<br />
müssen.<br />
Vereinfachend kann gesagt werden, je homogener<br />
ein Portfolio ist, desto schneller können Ziele<br />
in Leistungsbeschreibungen formuliert und im<br />
Verhandlungsverfahren geklärt werden. Hierdurch<br />
wird auch den Bietern ermöglicht, effizientere<br />
und leistungsfähigere Strukturen zu schaffen.<br />
Es macht verständlicherweise einen deutlichen<br />
Unterschied, ob beispielsweise bei zehn Immobilien<br />
drei als Passivhaus, zwei auf Grundlage von<br />
Vorplanungen aus Architektenwettbewerben neu<br />
gebaut sowie zwei Denkmäler im laufenden Betrieb<br />
saniert und drei Bestandsgebäude umgebaut<br />
und energetisch modernisiert werden – oder ob<br />
zehn Immobilien durch Sanierung auf einen gleichen<br />
Qualitätsstandard gebracht werden sollen.<br />
Im Rahmen der Bedarfsfeststellung müssen ausreichend<br />
Zeit und personelle Kapazitäten für die<br />
Beschaffung von erforderlichen Datengrundlagen<br />
zur Verfügung gestellt werden. Es gelten hier<br />
in Bezug auf Detailtiefe und Genauigkeit die gleichen<br />
Anforderungen wie bei Einzelprojekten.<br />
Um die Menge der Unterlagen beherrschen und<br />
diese gleichzeitig für den weiteren Ausschreibungs-<br />
und Vergabeprozess nutzen zu können,<br />
empfiehlt sich die Einrichtung webbasierter<br />
Datenräume.<br />
Der Rückhalt in politischen Entscheidungsgremien,<br />
bei Nutzern sowie einflussreichen Interessenvertretern,<br />
wie z.B. der Handelskammer, sollte so<br />
früh wie möglich hergestellt werden.<br />
Detaillierte Leistungsbeschreibung<br />
Neben der organisatorischen Aufgabe, die Flut<br />
an Informationen und Unterlagen zu verarbeiten,<br />
besteht die Herausforderung darin, grundsätzliche<br />
Vorgaben und vertragliche Regelungen<br />
für sämtliche Standorte und Nutzergruppen zu<br />
definieren. Im Unterschied dazu müssen Ausnahmen<br />
für Einzelobjekte oder -standorte gesondert<br />
behandelt werden. Für die Angebotserstellung<br />
sowie die Realisierung erweist es sich als hilfreich,<br />
die Soll-Anforderungen der Leistungsbeschreibung<br />
in zwei Bereiche zu untergliedern:<br />
Allgemeingültige Anforderungen wie z.B. technische<br />
Qualitäten und Betriebsleistungen sollten in<br />
Systematische Angebotsanalyse<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 Bewertungsergebnis<br />
A ++ –– ! + o ++ + + ++ 7+<br />
B – o – + o + – – 2–<br />
C + ++ o – –– o ++ + 3+<br />
D o + ++ ++ – – o o 3+<br />
E –– – –– –– + ++ –– –– 8–<br />
144
einem übergeordneten Teil beschrieben werden.<br />
Spezifische Anforderungen, die der Nutzungsart<br />
oder einer besonderen baulichen Situation geschuldet<br />
sind, sollten in einem separaten Teil pro<br />
Standort oder Nutzergruppe beschrieben werden.<br />
Bieterentschädigungen decken die Kosten einer<br />
Angebotserstellung häufig nicht vollständig ab.<br />
Der Aufwand bei der Angebotserstellung für solche<br />
Projekte ist naturgemäß sehr groß und der<br />
Angebotsumfang kann häufig in Umzugskartons<br />
bemessen werden. Um den Aufwand auf Auftraggeber-<br />
wie auch auf Bieterseite überschaubar<br />
zu halten, empfiehlt es sich, den Umfang der mit<br />
dem Angebot vorzulegenden Unterlagen in der<br />
ersten Angebotsphase zu beschränken. In der<br />
zweiten Angebotsphase können dann von einem<br />
kleineren Bieterkreis weitere oder detaillierte Angaben<br />
abgerufen werden.<br />
Wie auch bei Einzelprojekten ist die Einbindung<br />
der Nutzer in die Auswertung der Angebote absolut<br />
hilfreich. Bei Portfolios ist es sinnvoll, hierbei<br />
Gruppen je Standort oder Nutzer zu bilden, um<br />
alle Einzelmeinungen zu Stärken, Schwächen<br />
und Optimierungspotenzialen in überschaubaren<br />
Zeitfenstern aufzunehmen. Die Zusammenfassung<br />
der Gruppenergebnisse kann dazu führen,<br />
dass eine Nutzergruppe mit dem Gesamtergebnis<br />
unzufrieden ist bzw. dieses zunächst nicht akzeptieren<br />
kann. Wie die Abbildung zeigt, ist das<br />
in Summe mit „7+“ am besten bewertete Angebot<br />
A für die Nutzergruppe 2 aufgrund von z.B.<br />
schlecht gelösten funktionalen Zusammenhängen<br />
der einzelnen Räume oder der architektonischen<br />
Gestaltung nicht ausreichend.<br />
Dass ein solcher Fall auftreten kann, sollte bereits<br />
in der Vorbereitungsphase allen Beteiligten<br />
kommuniziert werden. Um sicherzustellen, dass<br />
den Nutzern eine für ihre Bedürfnisse geeignete<br />
Gebäudeplanung realisiert wird, sind von vornherein<br />
Maßnahmen und Vorgehensweisen abzustimmen,<br />
wie solche unbefriedigenden Angebotsbestandteile<br />
im weiteren Verhandlungsverfahren<br />
optimiert und weiterentwickelt werden können.<br />
Dies können z.B. Planungsüberarbeitungen und<br />
Kommentierungen parallel zu den Verhandlungsgesprächen<br />
sein.<br />
Leistungsänderungen festhalten<br />
Ein Ziel der Vorbereitungs- und Vergabephase ist<br />
es, den Zeitraum zwischen Bedarfsfeststellung<br />
und Zuschlag so kurz wie möglich zu halten.<br />
Da die Vorbereitungs- und Vergabephase für ein<br />
Großprojekt selbst bei Einhaltung aller terminlichen<br />
Ziele meist mehrere Jahre benötigt, überrascht<br />
es nicht, wenn sich Nutzeranforderungen<br />
im Laufe der Zeit ändern.<br />
Daher sollten bereits in der Ausschreibungs- und<br />
Verhandlungsphase klare vertragliche Mechanismen<br />
zum Umgang mit Leistungsänderungen vereinbart<br />
werden. Um diese erfolgreich mit Leben<br />
zu füllen, ist durch Auftragnehmer und öffentlichen<br />
Träger ein gewisser Spagat zu meistern.<br />
Zum einen sind die Angebotsplanungen mit den<br />
Nutzern ausführlich abzustimmen und ggf. anzupassen,<br />
zum anderen muss hierbei darauf geachtet<br />
werden, dass Vertragstermine nicht gefährdet<br />
werden. An diesen Terminen – üblicherweise<br />
Baufertigstellungstermine – hängen u.a. Finanzierungsverträge<br />
mit Banken, die bei Nichteinhaltung<br />
oft beträchtliche Mehrkosten auslösen. Des<br />
Weiteren hängt von der Einhaltung dieser Termine<br />
häufig das Stimmungsbild der öffentlichen<br />
Wahrnehmung ab. Es bedarf also eines leistungsfähigen,<br />
partnerschaftlich agierenden Teams von<br />
Auftraggeber und privatem Partner, das in der Lage<br />
ist, Veränderungen umzusetzen und gleichzeitig<br />
Kosten und Termine zu berücksichtigen.<br />
Zur Steuerung von Kosten ist es erforderlich,<br />
das Gesamtprojekt und seine gesamten Veränderungen<br />
im Auge zu behalten. Werden einzelne<br />
Standorte oder Nutzergruppen ausschließlich als<br />
separate Einzelprojekte betrachtet, besteht die<br />
Gefahr, dass der Fokus nicht mehr darauf liegt,<br />
Einsparmöglichkeiten an einem Standort oder bei<br />
einer Nutzergruppe zu identifizieren, um damit<br />
Mehraufwendungen an einem anderen Stand-<br />
145
ort oder einer anderen Nutzergruppe auszugleichen.<br />
Beide Vertragspartner müssen diesen Spielraum,<br />
der sich bei Portfolios einstellt, als Chance<br />
verstehen.<br />
Konsequenzen aufzeigen<br />
Zur Steuerung des zeitlichen Rahmens sind klare<br />
Prozesse zu implementieren. Der Nutzer<br />
muss durch entsprechende Dokumente in einem<br />
hinreichenden zeitlichen Rahmen in die Lage<br />
versetzt werden, die Umsetzung seiner Änderungsbedarfe<br />
zu beurteilen und zu bestätigen. Es<br />
müssen aber gleichzeitig Konsequenzen aufgezeigt<br />
werden, was passiert, wenn Entscheidungen<br />
nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit<br />
getroffen werden. Es wird häufig gerade vor dem<br />
Hintergrund einer erhofften langjährigen guten<br />
Zusammenarbeit als schwierig empfunden, Nutzern<br />
Grenzen aufzuzeigen oder ggf. sogar Wünsche<br />
auszuschlagen.<br />
Vor allem aufgrund der Parallelität der Leistungserbringung<br />
in der Bauphase, aber auch später<br />
im Gebäudebetrieb muss sich eine Vielzahl von<br />
Projektbeteiligten organisieren und koordinieren.<br />
Hierfür ist es gerade bei PPP-Portfolios von<br />
großer Bedeutung, klare Regeln zur Projektkommunikation<br />
und zum Entscheidungs- und Schnittstellenmanagement<br />
zu vereinbaren.<br />
Chancen nutzen<br />
Gelingt es, mehrere Vorhaben richtig zu bündeln,<br />
lassen sich durch PPP-Portfolios deutliche Vorteile<br />
realisieren. Grundvoraussetzung sind die Vorüberlegungen<br />
des öffentlichen Aufgabenträgers<br />
bei der Zusammenstelllung eines solchen Portfolios.<br />
Hierbei kann die Unterstützung durch fachkundige,<br />
erfahrene Beratung hilfreich sein.<br />
Ein möglichst homogenes PPP-Portfolio bietet die<br />
größte Chance, wirtschaftliche Vorteile durch Bildung<br />
von Skaleneffekten zu nutzen. Aber auch<br />
durch die Bündelung unterschiedlicher Anforderungsprofile<br />
lassen sich dadurch Vorteile realisieren,<br />
dass Leistungen, wie z.B. Machbarkeitsstudien<br />
und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen,<br />
nur einmalig für alle Portfoliobestandteile durchgeführt<br />
werden müssen. Innerhalb vergleichsweise<br />
kurzer Zeit kann ein großer Umfang von<br />
Sanierungsstau behoben und ein dauerhafter<br />
Werterhalt sichergestellt werden. Die Bedürfnisse<br />
großer Nutzergruppen können gleichberechtigt<br />
befriedigt werden. Damit kann auch verhindert<br />
werden, dass am Beispiel von Bildungseinrichtungen<br />
Lehrer und Schüler an Schulen abwandern,<br />
die zeitgemäßere Lern- und Arbeitsmöglichkeiten<br />
bieten. Für Politik und öffentliche Aufgabenträger<br />
bieten die Überlegungen im Rahmen der<br />
Portfoliobildung auch die Möglichkeit, ganzheitlich<br />
gesamte Verantwortungsbereiche der öffentlichen<br />
Daseinsvorsorge zu betrachten und zu<br />
entwickeln.<br />
146
ÖPP und Energieeffizienz: Mit richtigen Maßnahmen<br />
langfristigen Erfolg sichern<br />
Von Dr. Robin Heidel, Kai Mathieu und Henrik Vogt<br />
Energieeffizienz hat bei ÖPP eine wichtige Bedeutung und muss langfristig<br />
sichergestellt werden. Maßnahmen dazu sind einerseits das<br />
Umsteigen auf alternative Energiequellen wie Wind, Sonne oder Wasser<br />
und andererseits deutliche Energieeinsparungen.<br />
INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />
Im ersten Bereich ist die öffentliche Hand durch<br />
energiewirtschaftliche Gesetzgebung, z.B. das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz<br />
(EEWärmeG)<br />
gefordert, im zweiten Bereich durch Vorbildfunktion<br />
u.a. beim energieeffizienten Bau und Betrieb<br />
öffentlicher Hochbauten.<br />
über die Vertragslaufzeit gewährleisten<br />
zu können. Der ganzheitliche Ansatz<br />
muss von beiden Vertragsparteien – öffentliche<br />
Hand und privater Partner –<br />
angenommen und umgesetzt werden.<br />
Doch wie definiert sich dieser Ansatz?<br />
Um dem Ziel einer energieeffizienten Immobilie<br />
im Rahmen eines ÖPP-Modells gerecht zu<br />
werden, ist ein ganzheitlicher Energiemanagementansatz<br />
für diese Beschaffungsvariante zu berücksichtigen.<br />
Die Frage nach innovativen, technischen<br />
und wirtschaftlichen Lösungen gilt es vor<br />
dem Hintergrund sich wandelnder Rahmenbedingungen<br />
immer wieder neu zu beantworten, bis<br />
hin zur Frage, wie die Nutzungsphase ausgestaltet<br />
werden muss, um auch nach Fertigstellung<br />
der Immobilie einen energieeffizienten Betrieb<br />
verbunden mit sinnvollen Anpassungsregelungen<br />
Die Darstellung zeigt, welchen Einfluss<br />
ein ganzheitlicher Energiemanagementansatz<br />
auf die Energieeffizienz und die<br />
damit verbundene Energiekostenentwicklung<br />
eines ÖPP-Hochbauprojekts<br />
hat. Deutlich wird dabei, dass in allen<br />
und insbesondere in den anfänglichen<br />
Projektphasen die richtigen Maßnahmen<br />
auf Auftraggeber- (AG) und Auftragnehmerseite<br />
(AN) zu treffen sind,<br />
um die Energieeffizienz nachhaltig zu<br />
steigern.<br />
Energiemanagement von ÖPP-Hochbauprojekten<br />
Dr. Robin Heidel ist<br />
Projektmanager und<br />
Kai Mathieu ist Energiemanager<br />
bei<br />
GOLDBECK Public<br />
Partner GmbH.<br />
Henrik Vogt ist Niederlassungsleiter<br />
Bonn bei DU Diederichs<br />
Projektmanagement<br />
AG & Co. KG.<br />
<br />
<br />
strategische Maßnahmen<br />
operative Maßnahmen<br />
Energiekosten ohne Energiemanagement<br />
Energiekosten strategisch verbessert<br />
Energiekosten strategisch & operativ optimiert<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Vertragslaufzeit eines ÖPP-Projekts<br />
<br />
Quelle: Heidel, R.<br />
147
Energiemengendifferenzierung eines Gebäudes<br />
Energiemengen<br />
Wärme<br />
Strom<br />
Wasser<br />
Heizung<br />
Warmwasser<br />
Gebäude<br />
Nutzungsspezifisch<br />
Quelle: Heidel, R.<br />
Energieziele früh festlegen<br />
In der Konzeptionsphase werden vorwiegend<br />
qualitative Eigenschaften für das Projekt zusammengetragen,<br />
sodass in diesem Zusammenhang<br />
bereits die Ziele für das Energiemanagement<br />
(EM) zu definieren sind. Hierbei müssen die politischen,<br />
ökologischen, finanziellen und sozialen<br />
Randbedingungen der jeweiligen Kommune berücksichtigt<br />
werden. Diese energetischen Ziele<br />
dienen im Weiteren als Vorgabe für die notwendigen<br />
Festlegungen. Konkret kann die Einbindung<br />
regenerativer Maßnahmen eine Zielsetzung sein,<br />
die sich z.B. durch den Einsatz einer Photovoltaik-<br />
oder Geothermie-Anlage erreichen lässt.<br />
Ein weiteres Ziel kann z.B. sein, ein Passivhaus<br />
zu realisieren. Die entsprechenden qualitativen<br />
und quantitativen Auswirkungen sind bereits<br />
im Rahmen des PPP-Eignungstests adäquat zu<br />
berücksichtigen.<br />
In der weiteren Projektvorbereitung sind mehrere<br />
Maßnahmen umzusetzen. Für die vorläufige<br />
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) können<br />
zunächst Kennwerte aus der Literatur oder Normen<br />
(u.a. VDI 3807) herangezogen werden, wobei<br />
die Entscheidung zu treffen ist, ob für die Eigenbauvariante<br />
(PSC) ein Minimal-, Mittel- oder<br />
Maximalwert angesetzt werden kann. Minimale<br />
Verbrauchskennwerte können für den PSC nur<br />
prognostiziert werden, wenn bereits ein effektives<br />
EM von der Kommune umgesetzt wird. Zur<br />
genaueren Einschätzung der Energieverbrauchsmengen<br />
kann eine Vorplanung erstellt werden.<br />
Anhand dieser wird es möglich, Energiemengenermittlungen<br />
auf Basis konkreter Rechenverfahren<br />
zu erstellen und sie dem PSC zugrunde zu<br />
legen.<br />
Ferner sind in der Risikoallokation der WU die<br />
von dem privaten Partner erwarteten Mengengarantien<br />
und Preise bzw. Versorgungsverträge zu<br />
berücksichtigen und während der Vergabephase<br />
anhand der Bieterangaben zu überprüfen und<br />
fortzuschreiben. Entscheidender Aspekt bei der<br />
Energierisikoverteilung ist die Beeinflussbarkeit<br />
für zu erwartende Energieverbräuche. Dabei ist<br />
eine grundsätzliche Differenzierung der Energiemengen<br />
vorzunehmen.<br />
Die Energieverbräuche von Gebäuden lassen<br />
sich grundsätzlich in die drei Teilbereiche Wärme,<br />
Strom und Wasser unterscheiden. Diese sind<br />
in weitere Unterbereiche zu gliedern. Wärme<br />
ist zu unterscheiden nach Heizungswärme und<br />
Warmwasser. Diese Abgrenzung ist deshalb von<br />
Bedeutung, weil das Risiko der jährlich unterschiedlichen<br />
Witterung bzw. Temperaturschwankungen<br />
bei der Betrachtung der Heizungswärme<br />
berücksichtigt werden muss. Hingegen ist die<br />
148
Warmwasserbereitung weitestgehend unabhängig<br />
von den klimatischen Bedingungen und somit<br />
nur nutzungsabhängig. Bei einer gemeinsamen<br />
Betrachtung darf der von der Außentemperatur<br />
unabhängige Anteil nicht witterungsabhängig berücksichtigt<br />
werden.<br />
Elektrischer Strom wird in die Bereiche Gebäudestrom<br />
und nutzungsspezifischer Strom unterschieden.<br />
Bei den nutzungsspezifischen Stromaufwendungen<br />
handelt es sich um solche, die<br />
durch Einbauten gem. der Kostengruppen 370<br />
oder 470 gemäß DIN 276 oder der Kostengruppe<br />
600 zugeordnet werden.<br />
Diese Einbauten werden teilweise nicht von dem<br />
privaten Partner geliefert und eingebaut. Sie beschafft<br />
der öffentliche AG regelmäßig in Eigenregie<br />
und baut diese selber ein oder stellt sie dem<br />
Privaten bei. In der Regel wird dieser deren Instandhaltung<br />
dann nicht übernehmen. Mit der<br />
Übernahme der Instandhaltungspflicht hat der<br />
private Partner allerdings den wesentlichen Einfluss<br />
auf die entsprechenden Anlagen und damit<br />
auf die Energiemengen. Daraus ergibt sich, dass<br />
der Private das Risiko nur für die Energiemengen<br />
übernehmen kann, auf die er durch die Beschaffung<br />
und Instandhaltung während der Bewirtschaftung<br />
Einfluss nimmt.<br />
Richtige Risikoallokation<br />
Der Energieverbrauch der nutzungsspezifischen<br />
Einrichtungen und der Ausstattung wird primär<br />
durch die Nutzer des Gebäudes beeinflusst und<br />
weniger durch den Betreiber des Objekts. Sofern<br />
die zu erwartende Nutzungsintensität ausreichend<br />
definiert ist und der private Partner durch<br />
einen weitgehenden Leistungsumfang in der<br />
Bewirtschaftungsphase stärkeren Einfluss durch<br />
z.B. personelle Präsenz im Gebäude hat, kann<br />
das Risiko auch für sämtliche Energieverbräuche<br />
auf den Privaten übertragen werden. Notwendig<br />
ist in diesem Fall z.B. die Übertragung von Hausmeisterdiensten<br />
und der Unterhaltsreinigung auf<br />
den Privaten. Dadurch ist sichergestellt, dass der<br />
Private täglich in der Immobilie vertreten ist und<br />
eventuelles Fehlverhalten der Nutzer im Gebäude<br />
feststellen und beeinflussen kann.<br />
Oftmals ist in Projekten zu beobachten, dass keine<br />
Energiepreisabfragen an den privaten Partner<br />
gerichtet werden. Dies hängt in der Regel mit<br />
dem politisch begründeten Bedürfnis des öffentlichen<br />
Partners nach Flexibilität bei der Wahl des<br />
Energielieferanten und der Möglichkeit, auf geänderte<br />
energiepolitische Ziele unabhängig reagieren<br />
zu können, zusammen. Gleichwohl sollten<br />
im Hinblick auf die wirtschaftliche Optimierung<br />
des Projekts im Vergabeverfahren die Konditionen<br />
der Energielieferung bei den Privaten abgefragt<br />
werden.<br />
Um dem öffentlichen Partner die Entscheidungsfreiheit<br />
zu belassen, ob er die Energieversorgung<br />
vollständig auf den Privaten übertragen möchte,<br />
bietet sich folgende Vorgehensweise an: Es<br />
werden Angebote der Bieter sowohl nur mit<br />
garantierten Verbrauchsmengen als auch mit<br />
indizierten Energiepreisen abgefordert. Nach<br />
Auswertung der Angebote und Vergleich der<br />
angebotenen Energiepreise mit den eigenen Beschaffungskosten<br />
ist die Entscheidung zu treffen,<br />
ob die Versorgungsverträge durch den Privaten<br />
abgeschlossen werden sollen oder dies von dem<br />
öffentlichen Partner selbst übernommen wird.<br />
Im Fall der Übertragung auf den Privaten ist eine<br />
einseitige regelmäßige Kündigungsoption für den<br />
öffentlichen Partner zu vereinbaren, die es ihm<br />
ermöglicht, auf geänderte politische Rahmenbedingungen<br />
zu reagieren. Hierbei sind lediglich die<br />
Laufzeiten der Versorgungsverträge angemessen<br />
zu berücksichtigen, die derzeit mehrheitlich ein<br />
bis drei Jahre aufweisen.<br />
Langfristige Optimierung sichern<br />
In der Vergabephase sind die wesentlichen Angaben<br />
zum Energiemanagement in den Outputspezifikationen<br />
für die Planung, Bauleistung und<br />
Bewirtschaftung anzugeben. Daneben müssen<br />
Anreizregelungen in den Vertrag aufgenommen<br />
149
werden, um der Ermüdung der Motivation des<br />
privaten Partners hinsichtlich möglicher Verbesserungsmaßnahmen<br />
bzw. Modernisierungen des<br />
Gebäudes entgegenzuwirken und so die langfristige<br />
Optimierung des Energieverbrauchs zu<br />
sichern.<br />
Aufgrund der langfristigen Verträge sind Anpassungsnotwendigkeiten<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
zu erwarten. Daher ist es empfehlenswert,<br />
vom privaten Partner eine Urkalkulation bezüglich<br />
des Energiemanagements zu verlangen und<br />
eine Anpassungsregelung durch einen einfachen<br />
Berechnungsalgorithmus zu vereinbaren, um den<br />
Aufwand im Anpassungsfall zu minimieren. Darüber<br />
hinaus sollte eine sinnvolle Wertsicherungsklausel<br />
mit den richtigen Indizes für zukünftige<br />
Energiepreissteigerungen in den Vertrag integriert<br />
werden.<br />
Im weiteren Projektverlauf setzt der private Partner<br />
sein energetisches Konzept für die Bau- und<br />
anschließende Bewirtschaftungsphase um. Essenziell<br />
für ihn ist der Übergang zwischen Fertigstellung<br />
bzw. Abnahme des Objekts in die Nutzungsphase.<br />
Hier muss sichergestellt werden, dass<br />
insbesondere das Monitoring-Konzept für die Verbrauchsmengenerfassung<br />
installiert ist und rechtzeitig<br />
die Versorgungsverträge mit den jeweiligen<br />
EVUs abgeschlossen worden sind. Für den Privaten<br />
geht es im Rahmen des Energiemanagements<br />
um die planmäßig Steuerung der Energieverbräuche.<br />
Maßgebliche Einflussfaktoren sind die Einstellungen<br />
der technischen Anlagen im Gebäude<br />
und die Vorgaben zum Nutzerverhalten. Darüber<br />
hinaus ist die jährliche Energieabrechnung mit<br />
dem Auftraggeber vorzunehmen.<br />
Nutzerverhalten entscheidet<br />
Neben der Bedeutung grundsätzlicher Maßnahmen<br />
ist zu berücksichtigen, dass mehr Technikeinsatz<br />
in Gebäuden in der Regel dazu führt, dass<br />
die Instandhaltungskosten steigen und somit ein<br />
wesentlicher Teil der Energieeinsparungen aufgehoben<br />
wird. Ein großes Effizienzpotenzial liegt<br />
weiterhin in der Energie, die gar nicht benötigt<br />
wird. Hierzu ist daher ein Umdenken in Bezug<br />
auf gewohnte Komfortansprüche – z.B. stets öffenbare<br />
Fenster – notwendig. Im Zeitalter des<br />
Klimawandels und der unumgänglichen Reduzierung<br />
der CO 2<br />
-Freisetzung müssen von jedem<br />
Einzelnen neue Nutzungsgewohnheiten erwartet<br />
werden können.<br />
Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang<br />
auch das Thema Nutzerzufriedenheit. Verschiedene<br />
Studien haben gezeigt, dass Menschen Hitze<br />
und Kälte sehr unterschiedlich empfinden,<br />
sodass ein starres Festhalten an Vorgaben gemäß<br />
Arbeitsstättenrichtlinien nicht sinnvoll ist. Hier<br />
gilt es neue Lösungen und Wege zu suchen, wie<br />
gemeinsam mit den Nutzern einer Immobilie<br />
Energieeffizienz bei dennoch hoher Behaglichkeit<br />
im Gebäude erreicht werden kann. Eine zukünftig<br />
stärkere Sensibilisierung der Nutzer für ein<br />
energieeffizientes Verhalten ist gerade für die heranwachsenden<br />
Generationen als Vorbildfunktion<br />
wichtig und notwendig.<br />
150
PPP und IT: Erfolgsfaktoren für ein effektives<br />
Miteinander<br />
Von Klaus Hahnenfeld<br />
PPP im Bereich der Informationstechnik (IT) ist in Deutschland eine<br />
Rarität, zumindest wenn der IT-Service direkt am „Nutzer“ geleistet<br />
wird. Wa rum tun sich PPP-Vorhaben im IT-Bereich so schwer? Und wie<br />
kann man dem Thema auf die Sprünge helfen?<br />
INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />
Bekannt geworden sind bisher WIVERTIS, ein<br />
Projekt zur Unterstützung der Stadtverwaltung<br />
Wiesbaden, und HERKULES, ein Projekt aus dem<br />
Bereich der Bundeswehr.<br />
Seit vielen Monaten gibt es intensive Aktivitäten<br />
mit dem Ziel, PPP im IT-Bereich voranzutreiben.<br />
Das geschieht auf speziellen Foren oder übergreifenden<br />
Veranstaltungen wie den jährlichen<br />
ÖPP-Bundeskongressen. Es gibt auch seit ca.<br />
einem Jahr die Initiative eines Teils der IT-Industrie,<br />
mit der versucht wird, Entscheidungsträger<br />
der Verwaltung für PPP im IT-Bereich zu<br />
begeistern. Es wurden viele sogenannte gute Gespräche<br />
mit Abteilungsleitern und Staatssekretären<br />
geführt, sowohl auf Bundes- als auch auf<br />
Landesebene.<br />
Klaus Hahnenfeld<br />
keine Ansprechpartner, mit denen konkrete<br />
Projekte umgesetzt werden könter<br />
an der FH Mainz<br />
ist Lehrbeauftrag-<br />
im Rahmen des<br />
nen. Auch in der Führungsspitze von<br />
Masterstudiengangs<br />
Public Private<br />
Verwaltungen ist durchweg die Bereitschaft<br />
festzustellen, neue PPP-Projekte Partnership.<br />
im IT-Bereich umzusetzen. Das Land<br />
Hessen hat in seiner Landeshaushaltsordnung<br />
sogar die Vorgabe aufgenommen, PPP<br />
immer als Alternative zu bewerten. Es fehlt aber<br />
durchgängig auf der Managementebene der Verwaltung<br />
der Anstoß, um konkret tätig zu werden.<br />
Ohne einen begründeten Anstoß wird die Verwaltungsspitze<br />
nicht aktiv werden – es sei denn,<br />
es erscheint ein „harter Knochen“ als Vorgesetzter,<br />
der sagt, bis wann er welche fundierten Vorschläge<br />
erwartet. Und der auch seine Vorgaben<br />
kontrolliert.<br />
Beides – die Foren und die Gespräche mit Entscheidungsträgern<br />
– ist im Ansatz ausgesprochen<br />
lobenswert. Sie haben aber bisher leider wenig<br />
Wirkung gezeigt. Dieses Ergebnis gipfelte auf dem<br />
Fachforum „Kooperation und Moderni sierung“<br />
des Bundeskongresses ÖPP 2012 in den sogenannten<br />
Friedrichshainer Thesen vom 23. November<br />
2012. Zusammengefasst wird dort beklagt,<br />
dass „das Feld zwar bestellt ist, es aber mit<br />
der Ernte hapert“. Spielen Industrie und Verwaltung<br />
Mikado?<br />
Bereitschaft vorhanden<br />
Die IT-Industrie wäre schon bereit, neue PPP-Projekte<br />
anzugehen, findet aber in der Verwaltung<br />
So entsteht der Eindruck, dass sowohl in der Industrie<br />
als auch in der Verwaltung niemand weiß,<br />
ob und wie man den konkreten ersten Schritt tun<br />
sollte – mit der Folge, dass sich Verwaltung und<br />
Industrie wie beim Mikado-Spiel in Bewegungsstarre<br />
gegenübersitzen.<br />
Ist IT etwas besonderes?<br />
Es stellt sich die Frage, weshalb es im Bereich<br />
von Hoch- und Tiefbau leichter zu sein scheint<br />
als im IT-Bereich, ein PPP-Projekt zu vereinbaren.<br />
Warum ist es häufiger gelungen, ein Autobahnstück<br />
oder eine Brücke über ein PPP-Projekt<br />
zu realisieren und zu betreiben – häufiger als es<br />
möglich war, die IT-Unterstützung mit Hilfe von<br />
151
PPP für eine kleine, mittlere oder große Behördeneinheit<br />
zu vereinbaren?<br />
Informationstechnik scheint für viele Mitarbeiter<br />
in der Verwaltung im Vergleich zu Schwimmbädern,<br />
Schulen, Häusern und Straßen immer noch<br />
etwas Nebulöses zu sein. Oft besteht auch die<br />
Annahme, dass der Umgang mit IT ein kritischer<br />
Prozess der Verwaltung sei, den man nicht aus<br />
der Hand geben dürfe. Dabei ist die Verwaltung<br />
schnell dabei, bestimmte Bildschirmgrößen oder<br />
besondere Softwarepakete zu fordern. Neue Informationstechnik<br />
kennt man von zu Hause: von<br />
den eigenen Kindern oder von einem Besuch der<br />
letzten CeBIT-Messe in Hannover. Und die Industrie<br />
ist ebenso schnell bereit, diese Technik zu<br />
liefern.<br />
Eine neue Technik wäre also einfach zu realisieren.<br />
Aber es wird eben nicht nur Technik an den<br />
Arbeitsplatz gestellt, sondern IT-Unterstützung<br />
und IT-Service greifen unmittelbar in die gewohnte<br />
Arbeit des Nutzers ein.<br />
Was soll IT bewirken?<br />
Nach der Installation von IT kommt es immer<br />
dann zu Problemen, wenn vorher nicht überlegt<br />
wurde, welche Verwaltungsabläufe in welcher<br />
Weise konkret mit dieser Informationstechnik unterstützt<br />
werden sollen. Es muss deshalb festgehalten<br />
werden, welche Prozesse unterstützt werden<br />
sollen, um die Arbeit zu erleichtern, indem<br />
z.B. ein Mehrfacheintrag von Daten in Formulare<br />
überflüssig wird oder einmal eingegebene Daten<br />
von Kollegen mitbenutzt werden können.<br />
Diese Unterstützung der Verwaltungsabläufe bewirkt<br />
häufig, dass Personal freigesetzt wird und<br />
für Aufgaben verfügbar ist, die bisher unbearbeitet<br />
liegen blieben. Wenn dieses Ziel nicht im Detail<br />
vorher festgelegt wurde, kann es dazu führen,<br />
dass das bisherige Personal die Aufgaben wie<br />
bisher durchführt – jetzt zwar mit Unterstützung<br />
der Informationstechnik, aber mit mehr Aufwand<br />
als vorher. Oder einfach ausgedrückt: Wenn die<br />
Zielvorgaben vor Installation und Betrieb der<br />
neuen IT nicht konkret formuliert wurden, kann<br />
man nicht objektiv feststellen, was sich verbessert<br />
hat. „Erst mal hinstellen und dann weitersehen“<br />
ist leider eine häufig praktizierte, aber nicht<br />
unbedingt zu empfehlende Methode.<br />
Bedürfnisse prüfen<br />
Wie kommt man zu den wirklichen Bedürfnissen<br />
des Nutzers? Man sollte meinen, dass die wirklichen<br />
Bedürfnisse am besten vom Nutzer selbst<br />
beschrieben werden können. Wenn man diesen<br />
Weg geht, kann eine unbezahlbare Liste aus Individualkomponenten<br />
entstehen, die zu neuen<br />
Standardprodukten nicht kompatibel wären und<br />
deren Wartungskosten den verfügbaren Haushalt<br />
sprengen würden.<br />
PPP im IT-Bereich – 2 Schritte zum Erfolg<br />
Schritt 2:<br />
„Was wird durch PPP besser?“<br />
x Partnerschaft leben<br />
x Wirtschaftlichkeit nachweisen<br />
x Funktionale Ausschreibung starten<br />
x Zielvorgaben festschreiben<br />
x PPP-geeignete Aufgaben herausarbeiten<br />
x Wirtschaftlichkeit nachweisen<br />
x IT-Konzept erarbeiten<br />
x Zielvorgaben festschreiben<br />
x Aufgaben/Abläufe analysieren<br />
Schritt 1:<br />
„Lohnt sich IT-Unterstützung?“<br />
152
Wenn ein Analytiker der Industrie in guter Absicht<br />
ein Zielkonzept entwirft und dieses nicht<br />
ausreichend mit den künftigen Nutzern diskutiert<br />
und auf deren wirkliche Bedürfnisse optimiert<br />
hat, werden die Nutzer in der Regel mit Ablehnung<br />
des Ergebnisses reagieren. Eine Diskussion<br />
im Vorfeld ist schwierig, wenn ein Nutzer<br />
unstrukturiert arbeitet, das heißt, wenn seine<br />
Arbeitsabläufe nicht standardisiert sind. Noch<br />
schwieriger ist es, wenn der Analytiker auf einen<br />
Nutzer trifft, der gar nicht in der Lage ist, seine<br />
Abläufe selbst zu beschreiben. Hier wäre ein<br />
technisch hervorragend ausgebildeter Analytiker<br />
fehl am Platze. Ein Analytiker mit den Eigenschaften<br />
eines „kommunikativen Friseurs“ wäre<br />
durch geschicktes Fragen und Wiederholen von<br />
Antworten am besten in der Lage, die Bedürfnisse<br />
des Nutzers in der Sprache des Nutzers darzustellen<br />
und mit seinem Verständnis und Einverständnis<br />
die optimale Lösung zu finden.<br />
Um beiden Seiten Freiräume zu lassen, sollten<br />
die Forderungen vom Kunden funktional beschrieben<br />
werden – mit dem Risiko, dass der<br />
Kunde die Bedürfnisse seiner Nutzer nicht ausreichend<br />
in den funktionalen Forderungen abgebildet<br />
hat.<br />
Gemeinsame Aufgabenanalyse<br />
Warum verstehen wir uns nicht, obwohl wir<br />
uns stundenlag zuhören? Wenn man einem Gesprächspartner<br />
zuhört, hat man häufig ein Bild<br />
vor Augen, das sich durch die Beiträge des Gesprächspartners<br />
verfestigt oder ändert. Nur wenn<br />
dieses Bild dem Anfangsbild des Gesprächspartners<br />
ähnelt, kommen beide zum gleichen Ergebnis.<br />
Das Ausgangsbild auf jeder Seite wird geprägt<br />
durch die jeweilige Erfahrung: Ein technisch ausgebildeter<br />
Analytiker der Industrie kommt in der<br />
Regel mit einem Bild, gefüllt mit Arbeitsplatzcomputer,<br />
Tastatur, Bildschirm, Maus, Drucker und<br />
ihm bekannten Bildschirmmasken. Das Bild eines<br />
Nutzers in der Verwaltung ist von seinen Arbeitsabläufen<br />
geprägt: von wiederholten Mitzeichnungen,<br />
langwierigen Suchvorgängen in Akten<br />
Wenn man das Ziel hat, PPP im IT-Bereich zu realisieren,<br />
müssen im ersten Schritt die Vorteile der IT-Unterstützung<br />
für die Verwaltung deutlich gemacht werden (Quelle: BWI)<br />
oder mehrfachen Autoritätskorrekturen durch die<br />
Vorgesetzten in seinen Entwürfen. Beide Bilder<br />
müssen über eine Aufgabenanalyse zur Deckung<br />
gebracht werden.<br />
Das gegenseitige Verstehen wird auch erschwert<br />
durch die Verwendung von Worten, die unterschiedlich<br />
interpretiert werden. Das Problem des<br />
Aufeinander-Einredens ohne zu verstehen kann<br />
reduziert werden, wenn Analytiker eingesetzt<br />
werden, die mit der Arbeitsumgebung in der untersuchten<br />
Verwaltung vertraut sind. Die IT-Industrie<br />
ist deshalb gut beraten, wenn sie in ihrem<br />
Analyseteam auch Mitarbeiter einsetzt, die früher<br />
in der Verwaltung tätig waren, um in der Industrie<br />
ein Verständnis für die Verwaltungsabläufe zu<br />
entwickeln.<br />
Wenn man das Ziel hat, PPP im IT-Bereich zu<br />
realisieren, müssen in einem ersten Schritt die<br />
Vorteile durch eine IT-Unterstützung von Arbeitsabläufen<br />
für die Verwaltung deutlich gemacht<br />
werden. Wer mit PPP im IT-Bereich Gewinne<br />
erzielen will, muss der Verwaltung diese Vorteile<br />
mundgerecht aufbereiten. Erst wenn diese<br />
Vorteile herausgearbeitet werden konnten, wird<br />
153
die Verwaltung bereit und in der Lage sein, die<br />
verschiedenen Realisierungsmöglichkeiten zu untersuchen.<br />
Eine Möglichkeit ist dann die Realisierung<br />
über PPP.<br />
PPP-Erfolgsfaktoren im IT-Bereich<br />
Um größtmögliche Akzeptanz zu erreichen,<br />
muss das IT-Angebot die Bedürfnisse des Kunden<br />
treffen. Wenn man nicht weiß, was mit IT unterstützt<br />
werden kann und soll, nützt das beste<br />
technische Angebot nichts. Angenommen, es wäre<br />
gelungen, die IT-Unterstützung zu konzipieren,<br />
was sind dann die Erfolgsfaktoren für PPP<br />
im IT-Bereich?<br />
x Eine seriöse PPP-Firma wird immer auf Standardabläufe<br />
und Standardprodukte setzen, mit<br />
denen sie Erfahrung hat. Wenn der Kunde fordert,<br />
dass auch Individuallösungen betrieben<br />
werden, sollten diese außerhalb des PPP-Vertrags<br />
vereinbart und deren Handhabung standardisiert<br />
werden.<br />
für die Seite entstehen, die sich nicht an die<br />
Vereinbarung hält.<br />
x PPP-Verträge laufen in der Regel über mehrere<br />
Jahre, IT zeichnet sich durch kurze Innovationszyklen<br />
aus. Nur wenn vereinbart wird,<br />
wie – als Anreiz – durch eine permanente Modernisierung<br />
der Gewinn der PPP-Gesellschaft<br />
spürbar ansteigt, wird die PPP-Gesellschaft<br />
dafür sorgen, dass die IT des Kunden auf dem<br />
neusten Stand bleibt.<br />
x Wenn die Organisation innerhalb der Verwaltung,<br />
die für die IT-Unterstützung verantwortlich<br />
ist, zunehmenden Druck aus ihrem<br />
Nutzerbereich verspürt, wird sie selbst die Arbeitsabläufe<br />
beschreiben, die mit IT verbessert<br />
und wirtschaftlich unterstützt werden können.<br />
Wenn zum Druck aus dem Nutzerbereich auch<br />
noch Haushaltsenge kommt, wird diese Organisation<br />
die Alternative PPP in ihre Überlegungen<br />
einbeziehen. Eine enge Zusammenarbeit<br />
der Industrie mit einem Verwaltungsbereich,<br />
dem „der Kittel brennt“, ist deshalb unerlässlich.<br />
Diesen Verwaltungsbereich gilt es zu<br />
finden und kluge Pilzsammler setzen „Trüffelschweine“<br />
für eine gute Ernte ein.<br />
Zuhören, verstehen, handeln<br />
Man könnte den „Friedrichshainer Thesen“<br />
noch „Frankfurter Grundsätze“, „Bonner Erkenntnisse“<br />
oder „Münchner Kerngedanken“<br />
folgen lassen: Es wären richtige Einsichten, die<br />
jeder abnicken kann, die das Problem aber nicht<br />
verkleinern.<br />
Um größtmögliche Akzeptanz zu erreichen, muss das<br />
IT-Angebot die Bedürfnisse des Kunden treffen (Quelle: BWI)<br />
x Anreize zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit<br />
fördern die Kreativität der PPP-Gesellschaft.<br />
Es sollte deshalb vereinbart werden,<br />
welche konkreten Maßnahmen beide Seiten<br />
durchzuführen haben, um die Anreize wirken<br />
zu lassen, und welche finanziellen Nachteile<br />
Es ist der Verwaltung und der Industrie zu empfehlen,<br />
nicht nur zu jammern, sondern konkret<br />
etwas zu tun. Dazu muss man zuhören, verstehen<br />
und verständlich formulieren. Und wer in<br />
das Marketing für PPP schon viel investiert hat<br />
und endlich zu praktischen Erfolgen kommen<br />
will, kommt nicht daran vorbei, zunächst in den<br />
beschriebenen ersten Schritt – in die IT-Unterstützung<br />
– zu investieren, um dann im zweiten<br />
Schritt mit PPP konkret zu werden.<br />
154
PPP und IT: Durch strategische Kooperation<br />
zum Erfolg<br />
Von Claus Wechselmann<br />
Die öffentliche Verwaltung befindet sich in einem kontinuierlichen<br />
Prozess der Modernisierung und Effizienzsteigerung. Die Handlungsspielräume<br />
werden dabei stark von äußeren Faktoren beeinflusst. Partnerschaften<br />
und Kooperationen sind strategische Handlungs optionen,<br />
um mit den Herausforderungen umzugehen, denen die Verwaltung<br />
gegenübersteht.<br />
Handlungsbedarf ergibt sich aus der teilweise angespannten<br />
Haushaltslage. Die Folge dieser Entwicklung<br />
ist ein verstärkter Spar- und Konsolidierungszwang,<br />
der sich in den kommenden Jahren<br />
– u.a. aufgrund der Schuldenbremse – fortsetzen<br />
wird. Somit sollte ein großes Interesse bestehen,<br />
vorhandene Haushaltsmittel wirtschaftlicher einzusetzen<br />
und Leistungen effizienter zu erbringen.<br />
Im zunehmenden, auf der demografischen Entwicklung<br />
beruhenden Wettbewerb um qualifizierte<br />
Arbeitskräfte droht der öffentliche Dienst<br />
im Vergleich zur Privatwirtschaft als Arbeitgeber<br />
für junge, leistungsstarke und hochqualifizierte<br />
Fachkräfte und Akademiker an Attraktivität zu<br />
verlieren. Laut dem Familienreport 2010 werden<br />
bereits im Jahr 2015 drei Millionen Fachkräfte,<br />
insbesondere in den MINT-Profilen Mathematik,<br />
Informatik, Naturwissenschaft und Technik,<br />
fehlen. Durch diese gesamtgesellschaftliche Veränderung<br />
bedarf es geeigneter Instrumente zur<br />
Personalgewinnung speziell für die öffentliche<br />
Verwaltung. Notwendige Kürzungen im Personalbereich<br />
dürfen gleichzeitig aber nicht dazu führen,<br />
dass der öffentliche Dienst den Zugang zum<br />
Arbeitsmarkt verliert.<br />
Innovative Lösungen gefragt<br />
Der Einfluss des demografischen Wandels ist zunehmend<br />
spürbar. Die Folgen sind u.a. veränderte<br />
gesellschaftliche Anforderungen, die sich in ei-<br />
Claus Wechselmann<br />
ist Generalbevollmächtigter<br />
und Mitglied der<br />
ner Veränderung öffentlicher Aufgaben<br />
Geschäftsleitung<br />
bzw. neuen Verwaltungsaufgaben äußern.<br />
Eine Anpassung des Leistungsanland<br />
AG.<br />
der ÖPP Deutschgebots<br />
wird notwendig, z.B. verstärkte<br />
häusliche Krankenpflege oder Hilfe zur<br />
Pflege für ältere Bevölkerungsschichten. Ausgaben<br />
und aufgewendete Ressourcen im Sozialbereich<br />
steigen in der Folge beständig, sodass ggf.<br />
nur innovative Lösungen die Leistungserbringung<br />
sicherstellen können.<br />
Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass<br />
in den vergangenen Jahren die Anforderungen<br />
an Verwaltungshandeln und -service in Bezug<br />
auf Qualität, Flexibilität und Leistungsfähigkeit<br />
gestiegen sind. One-Stop-Government und E-Government<br />
sind nur zwei Ausprägungen dieser Erscheinung;<br />
die öffentliche Verwaltung muss sich<br />
hinsichtlich einiger Verwaltungsdienstleistungen<br />
zunehmend dem Vergleich mit der Privatwirtschaft,<br />
gerade was Online-Prozesse angeht, stellen.<br />
Viele Bereiche der öffentlichen Verwaltung<br />
haben bereits auf diese Entwicklung erfolgreich<br />
reagiert und ihre Kundenorientierung massiv vorangetrieben,<br />
z.B. durch die Gründung von Bürgerämtern<br />
auf Kommunalebene oder die „einheitliche<br />
Behördennummer D115“ als Kooperation<br />
von Bund, Ländern und Kommunen. Es muss<br />
deshalb sichergestellt werden, dass die öffentliche<br />
Hand trotz Sparzwängen und Personalmangel<br />
den gestiegenen Anforderungen der Bürger weiterhin<br />
gerecht werden kann.<br />
INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />
155
Technologie bestimmt neue Wege<br />
Die neuen, erweiterten Möglichkeiten der Informations-<br />
und Kommunikationstechnologien<br />
stellen sich vor allem aufgrund der kurzen Innovationszyklen,<br />
der erforderlichen Fachkunde und<br />
sehr spezifischer Anforderungen gleichfalls als<br />
Herausforderung, vor allem für kleinteilige Strukturen,<br />
dar.<br />
Dies gilt sowohl für das außenbezogene E-Government<br />
und erst recht für das sich bereits abzeichnende<br />
M-Government als auch für die Elektronisierung<br />
von Binnenprozessen. Hinzu kommt,<br />
dass aus Programmen zur Stärkung des E- und<br />
Open-Governments, wie z.B. aus dem „Umsetzungskonzept<br />
für die Nationale E-Government-<br />
Strategie (NEGS)“ und anderen bundesrechtlichen<br />
Vorgaben, neue Aufgaben für öffentliche<br />
Stellen resultieren. Durch das Internet und den<br />
zunehmenden Einsatz mobiler Endgeräte wie<br />
Smartphones und Tablet-PCs steigen die Forderungen<br />
nach Multikanalanwendungen. Im Jahr<br />
2011 wollten laut einer Studie 55 von 100 Entscheidern<br />
im öffentlichen Bereich in Web-2.0-Anwendungen<br />
investieren. Zwei Drittel sahen sogar<br />
in Applikationen und sozialen Netzwerken geeignete<br />
Instrumente, um das Verwaltungshandeln<br />
transparenter zu gestalten.<br />
Das Zusammenspiel von innovativen Informationstechnologien,<br />
einer immer größer werdenden<br />
Wissensgesellschaft und der Forderung nach<br />
mehr Partizipation führt auch zu neuen Möglichkeiten<br />
der Kooperation und Kommunikation<br />
zwischen öffentlicher Verwaltung und Bürgern<br />
sowie Unternehmen. Diese werden unter dem<br />
Schlagwort Open-Government diskutiert. Online-<br />
Formate wie „Frag den Staat“ oder das Open-Data-Portal<br />
der Stadt Berlin sind innovative Transparenz-<br />
und Partizipationsinstrumente, die aus der<br />
Open-Government-Bewegung heraus entstanden<br />
sind. Immer mehr öffentliche Stellen öffnen sich<br />
in diesem Zusammenhang gegenüber der Zivilgesellschaft<br />
und geben Einblick in Entscheidungsabläufe<br />
und Prozesse, veröffentlichen ihre Daten<br />
und geben die Möglichkeit zur Partizipation. Insbesondere<br />
der nur technikgestützt zu realisierende<br />
Teilbereich des Open-Data, der starke Bezüge<br />
zum Wissensmanagement in der öffentlichen Verwaltung<br />
aufweist, lässt sich kaum von jeder öffentlichen<br />
Stelle in Eigenregie realisieren – allein<br />
schon, weil es ohnehin einer Verständigung auf<br />
bestimmte übergreifende Vorgaben und ggf. auch<br />
einer Standardisierung bedarf.<br />
Inhaltliche Herausforderungen meistern<br />
Die genannten Herausforderungen führen daher<br />
auch zu einer Veränderung der Reformagenda<br />
der öffentlichen Verwaltung. Die überkommenen<br />
Mechanismen zur Modernisierung der Verwaltung<br />
– Aufgabenkritik, Funktional- und Gebietsreformen<br />
und vieles mehr – erweisen sich nur<br />
noch als bedingt geeignet. Neue technische Möglichkeiten,<br />
z.B. E-Government und IT-Kooperationen<br />
bis hin zum Cloud Computing, die Raumund<br />
Zeitunabhängigkeit der Leistungserbringung,<br />
verwaltungswissenschaftlich entwickelte und<br />
zum Teil auch erprobte Konzepte wie Shared<br />
Services, Öffentlich-Private Partnerschaften, der<br />
Gedanke des One-Stop-Governments bis hin zu<br />
neuartigen Agenturmodellen bieten weitergehende<br />
Potenziale.<br />
Dass dabei der Kooperationsgedanke eine herausragende<br />
Rolle einnimmt, verdeutlicht bereits<br />
die im Rahmen der Föderalismusreform II neu<br />
geschaffene Vorschrift des Art. 91c Grundgesetz<br />
(GG), die für eine relevante Unterstützungsleistung<br />
– den Betrieb von Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
– die interföderale<br />
Zusammenarbeit explizit legitimiert und die Kooperation<br />
als anerkannte Form der Leistungserbringung<br />
etabliert. Die Vorschrift scheint dabei<br />
eine Differenzierung zwischen Unterstützungsleistungen<br />
(„für ihre Aufgabenerfüllung benötigte“)<br />
und der eigentlichen Wahrnehmung der<br />
Verwaltungsaufgabe zum Ausdruck zu bringen,<br />
die bei der zunehmenden Verwirklichung kooperativer<br />
Lösungsansätze ggf. handlungsleitend sein<br />
kann.<br />
156
Art. 91c GG erfasst primär die Kooperation zwischen<br />
Bund und Ländern bzw. dieser untereinander,<br />
manifestiert aber auch den politischen Willen<br />
zur Zusammenarbeit und kann daher ggf. in den<br />
kommunalen Bereich sowie in die gesamte öffentliche<br />
Verwaltung ausstrahlen. Kooperation ist<br />
ein Zeichen der Zeit – und kann zugleich auch<br />
als Ersatz und Ergänzung der überkommenen<br />
Modernisierungsagenden gelten.<br />
Große Einsparpotenziale<br />
Effizienzgewinne, Kosteneinsparungen, erweiterte<br />
technologische Möglichkeiten und damit<br />
verbunden der (Rück-)Gewinn von Handlungsspielräumen<br />
sind nur einige der zahlreichen Potenziale,<br />
die bei einer erfolgreichen Realisierung<br />
von Kooperationen im öffentlichen Sektor erreicht<br />
werden können. Dies bestätigen Experteninterviews,<br />
Marktstudien vergleichbarer Projekte<br />
sowie die Auswertung von Projektberichten. Untersuchungen<br />
belegen beispielsweise, dass eine<br />
sektoren- und ebenenübergreifende Zusammenarbeit<br />
Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen<br />
ermöglicht. Im Rahmen einer Marktbefragung<br />
der ÖPP Deutschland AG für ein interkommunales<br />
Dienstleistungszentrum bestätigten die befragten<br />
sechs großen Anbieter, dass Einsparungen<br />
von bis zu 30 Prozent bei einer gemeinsamen<br />
Erbringung von Informationsdiensten, bis zu<br />
25 Prozent bei einer Zusammenarbeit bei der Vorbereitung<br />
von Genehmigungen und ebenfalls bis<br />
zu 25 Prozent bei Kooperationen im Bereich der<br />
klassischen Querschnittsdienste und Helpdesk-<br />
Funktionen erzielbar sind.<br />
Ein Dienstleistungszentrum (Shared-Service-<br />
Center, SSC) unter Einbindung privater Partner<br />
eröffnet die Möglichkeit, die spezifischen Vorteile<br />
einer privatwirtschaftlichen Leistungserstellung<br />
mit den Vorteilen einer öffentlich-öffentlichen Kooperation<br />
in einem solchen Zentrum zu verbinden.<br />
Die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung<br />
und Privatwirtschaft ermöglicht die Erschließung<br />
und gemeinsame Nutzung des Wissens beider<br />
Partner. Während der private Partner spezifische<br />
Branchenkenntnisse in die Partnerschaft einbringen<br />
kann, fließt von Seiten der öffentlichen Partner<br />
tiefgreifendes Verwaltungs-Know-how in die<br />
Partnerschaft ein.<br />
Bei dem Kernaufgabenbereich eines Dienstleistungszentrums,<br />
der Erbringung von Unterstützungsleistungen,<br />
handelt es sich in erster Linie<br />
um standardisierbare, wiederkehrende und häufig<br />
automatisierbare Dienstleistungen im Bereich<br />
Personal, IT-Infrastruktur und IT-Support, Facility-Management,<br />
Beschaffung, Fuhrpark- oder<br />
Finanzmanagement.<br />
Von der Privatwirtschaft lernen<br />
Private Unternehmen als Beispiel für erfolgreiches<br />
Kooperieren agieren zunehmend in sogenannten<br />
Kooperationsnetzwerken. Neben qualitativen<br />
Entwicklungspartnerschaften, z.B. der<br />
gemeinsamen Motorenentwicklung BMW-Toyota,<br />
kann es eine Zusammenarbeit bei Standarddienstleistungen<br />
geben, wie z.B. bei Front Offices und<br />
Callcentern in Bezug auf Response-Zeiten und<br />
Erreichbarkeit. Vorteile ergeben sich vor allem<br />
durch ein optimiertes Risiko- und Schnittstellenmanagement,<br />
die Steuerung über Kennzahlen sowie<br />
kürzere Umsetzungszeiträume.<br />
Erfahrungen mit der Bündelung derartiger Unterstützungsleistungen<br />
in Shared-Service-Centern<br />
existieren im privatwirtschaftlichen Sektor seit<br />
Ende der 1990er Jahre. Diese beziehen sich dabei<br />
sowohl auf die Umsetzung interner wie externer<br />
SSC-Projekte als auch auf die Leistungserbringung<br />
für privatwirtschaftliche Kunden und<br />
solche aus der öffentlichen Verwaltung. Da Unterstützungsleistungen<br />
in öffentlichen und privaten<br />
Organisationen gleichermaßen anfallen, sind<br />
die Markterfahrungen des privatwirtschaftlichen<br />
Sektors auch auf die öffentliche Verwaltung anwendbar<br />
und werden von privater Seite auch für<br />
die öffentliche Hand angeboten. Dies führt zur<br />
Bildung von Marktmechanismen mit Konkurrenz<br />
und Innovationen und daher zu Qualitätssteigerungen<br />
oder Preissenkungen.<br />
157
Die privatwirtschaftliche Kompetenz aufgrund<br />
dieser Markterfahrungen besteht insbesondere in<br />
x der Spezialisierung und Professionalisierung eines<br />
privaten Dienstleisters mit Kenntnissen für<br />
eine effiziente Leistungserbringung,<br />
x fachlichem Know-how für eine effiziente Gestaltung<br />
der Organisation und der Prozesse zur<br />
Leistungserstellung,<br />
x spezifischer Expertise der Mitarbeiter, z.B.<br />
in den Bereichen Steuerung, Management<br />
und IT,<br />
x größeren Anreizwirkungen und höherer Flexibilität<br />
der Mitarbeiter durch leistungsorientierte<br />
Bezahlung,<br />
x einer konsequenten Output-Orientierung, gesteuert<br />
über Service-Level-Agreements,<br />
x Erfahrungen mit Finanzierungsmodellen zur<br />
Beschaffung notwendiger Investitionen sowie<br />
x Branchenkenntnissen und Managementer<br />
fahrungen bei der Gestaltung von<br />
Trans for mationsprozessen.<br />
Zentrale Vorteile für die Leistungserstellung und<br />
Umsetzung von SSC-Ansätzen durch private<br />
Marktteilnehmer ergeben sich vor allem durch:<br />
x eine Verminderung von Risiken bei der gebündelten<br />
Leistungserbringung. Der privatwirtschaftliche<br />
Dienstleister übernimmt bei der<br />
Leistungserstellung Risiken, die er aufgrund<br />
seiner Kernkompetenz am besten beherrschen<br />
kann. Dadurch lassen sich für das Gesamtprojekt<br />
die Kosten der Risikokontrolle minimieren<br />
und die langfristige Umsetzungssicherheit<br />
erhöhen.<br />
x eine höhere Geschwindigkeit bei der Einführung<br />
eines Dienstleistungszentrums und der<br />
Transformation der Organisation sowie schnelle<br />
Umsetzungserfolge aufgrund höheren Prozess-Know-hows,<br />
Branchenkenntnissen, Erfahrungen<br />
und Fachexpertise.<br />
Aufgrund der privatwirtschaftlichen Kompetenz<br />
im Bereich von SSC kann somit gefolgert werden,<br />
dass private Anbieter für den Bereich der<br />
Querschnittsaufgaben zumindest gleichwertige<br />
Wirtschaftlichkeitspotenziale aufweisen wie eine<br />
Leistungserbringung durch die öffentliche Verwaltung<br />
selbst.<br />
DLZ-Ansatz ÖPP-DLZ Politische<br />
Potenzial:<br />
Potenzial:<br />
Perspektive<br />
x Steigerung der Wirtschaft-<br />
x Nutzung der Expertise<br />
lichkeit und Prozessoptimie-<br />
eines privaten Partners zur<br />
rung durch Aufgaben-<br />
DLZ-Realisierung<br />
bündelung<br />
Konzentration<br />
Nutzeneffekt:<br />
Nutzeneffekt:<br />
x Höhere Umsetzungs-<br />
der Verwaltung<br />
x Effizienz- und Qualitätssteigerungen<br />
durch Spezialisierungs-<br />
x Risikoreduzierung<br />
geschwindigkeit<br />
auf Kernaufgaben<br />
und Größeneffekte<br />
und Bürgerservice<br />
Indizien<br />
sowie Stärkung<br />
Indizien<br />
x Gemeinsame<br />
der Handlungsx<br />
Vertragliche Festlegung klarer<br />
Prozessverbesserung<br />
Qualitätskriterien<br />
x Innovation<br />
und Gestaltungsfähigkeit<br />
x Kundenorientierung<br />
x Fachkräftestellung:<br />
(AG-AN)<br />
Know-how im Bereich<br />
x Bessere Gesamtauslastung<br />
IT und Management<br />
der Mitarbeiter<br />
158
Einsatz von PPP für das Breitbandprojekt<br />
Odenwaldkreis<br />
Von Jürgen Walther<br />
Eine ausreichende Breitbandversorgung ist die Grundlage für eine<br />
funktionierende soziale und wirtschaftliche Infrastruktur und damit<br />
ein entscheidender Wettbewerbs- und Standortfaktor. Doch gerade der<br />
Aufbau von Hochleistungsnetzen in schwer zu versorgenden Gebieten<br />
ist eine Herausforderung, denn hier regelt sich der Markt nicht selbst.<br />
Für eine flächendeckende und zukunftsfähige Breitbandversorgung im<br />
Odenwaldkreis sorgte deshalb die Kommune. Das Projekt erhielt den<br />
„Innovationspreis PPP 2012“.<br />
Jürgen Walther ist<br />
Geschäftsführer der<br />
Odenwaldregional-<br />
Gesellschaft (OREG)<br />
mbH.<br />
INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />
Schon am 23. Mai 2006, am Flugplatz Michelstadt,<br />
lud der damalige Landrat Horst Schnur zu<br />
einem Diskussionsabend unter dem Titel „Breitbandtechnologie<br />
im ländlichen Raum“ ein. „Die<br />
Datenautobahn zählt neben dem Straßen- und<br />
Schienennetz zu den entscheidenden Wirtschaftsund<br />
Standortfaktoren, und vor allem der ländliche<br />
Raum benötigt schnelle, leistungsfähige<br />
und zeitgemäße Daten- und Informationsübertragungsmöglichkeiten“,<br />
unterstrich der Landrat<br />
schon damals.<br />
Horst Schnur war es auch, der beim damaligen<br />
Präsidenten der Bundesnetzagentur Matthias<br />
Kurth ein entsprechendes Konzept vorlegte, in<br />
dem er seine Forderung untermauerte, die Deutsche<br />
Telekom AG entsprechend zu regulieren<br />
und per Gesetz zu verpflichten, die sogenannten<br />
Kabelverzweiger (KVz) für weitere Netzbetreiber<br />
zu öffnen. Dies sorgte bundesweit für<br />
Schlagzeilen.<br />
Marktversagen in ländlichen Räumen<br />
Die Verhandlungen mit dem Land Hessen begannen<br />
bereits im Jahr 2006 und waren langwierig.<br />
Es dauerte lange, bis begriffen wurde, dass der<br />
Odenwaldkreis keine europäischen oder landeseigenen<br />
Fördermittel wollte, sondern die regionalen<br />
Banken das Projekt finanzieren sollten, abgesichert<br />
mit einer Landesbürgschaft. Überzeugungsarbeit<br />
in den regionalen politischen Gremien wie<br />
Kreistag und Kreisausschuss war nicht vonnöten.<br />
Im Jahr 2007 unter der Projektleitung der Brenergo<br />
– Gesellschaft für Breitband und regenerative<br />
Energien mbH, einem Tochterunternehmen der<br />
Kreistochter Odenwald-Regional-Gesellschaft<br />
OREG mbH, wurden die ersten Bürgerumfragen<br />
für eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, die<br />
dann in einer Projektkonzeption zur Realisierung<br />
des Breitbandprojekts zusammengefasst wurden.<br />
Zu diesem Thema wurden viele Veranstaltungen<br />
organisiert und Netzbetreiber angesprochen.<br />
Mit den Veranstaltungen sollten die verschiedenen<br />
Techniken der Datenübertragung dargestellt<br />
und deren Sinnhaftigkeit und Machbarkeit für<br />
den Odenwaldkreis geprüft werden. Sowohl im<br />
Rahmen dieser Veranstaltungen als auch durch<br />
direkte Anfragen bei einzelnen Netzbetreibern,<br />
z.B. Telekom, Arcor-Vodafone, HSE Medianet<br />
u.a., wurde seitens des Kreises und der Kommunen<br />
die Forderung an die Marktanbieter gestellt,<br />
ein flächendeckendes, zukunftsorientiertes Breitbandnetz<br />
anzubieten bzw. zu bauen. Im Zuge<br />
dieser Anfragen gab es nur vereinzelt Interesse<br />
für sogenannte Filetstücke und eindeutige Absagen,<br />
die überwiegend wirtschaftlich begründet<br />
waren. Das zeigte eindeutig, dass sich der Markt<br />
in ländlich geprägten Flächen nicht selbst regelt<br />
159
und im Bereich der flächendeckenden und zukunftsfähigen<br />
Breitbandversorgung von „Marktversagen“<br />
zu sprechen ist. Hier konnte nur ein<br />
kommunal getragenes Netz in Frage kommen.<br />
Horst Schnur und Jürgen Walther – die „Gallier“<br />
im Reich der Deutschen Telekom AG – waren es<br />
auch, die der Hessischen Landesregierung ständig<br />
die Türen einrannten, um entsprechende Unterstützung<br />
für das Projekt zu erhalten. Und nach<br />
langen und zähen Verhandlungen wurden am<br />
21. Juli 2010 die Bürgschaftsurkunden in Höhe<br />
von 16 Millionen Euro, 80 Prozent davon vom<br />
Land Hessen, an die beiden Banken Sparkasse<br />
Odenwaldkreis und Volksbank Odenwald übergeben.<br />
Die restlichen 20 Prozent übernahmen die<br />
beiden Banken. Das Projekt konnte beginnen.<br />
Kommunaler Schulterschluss<br />
Unter Federführung der Odenwald-Regional-Gesellschaft<br />
mbH (OREG) ist es gelungen, in Kooperation<br />
mit der Klenk & Sohn GmbH, ein beachtliches<br />
wie fortschrittliches Projekt auf die Beine zu<br />
stellen. Die OREG mbH ist die Gesellschaft für<br />
Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung<br />
des Odenwaldkreises. Ihr gehören neben dem Kreis<br />
selbst auch die Sparkasse Odenwaldkreis und die<br />
Volksbank Odenwald e.G. als Gesellschafter an.<br />
Durch den kommunalen Schulterschluss in der<br />
OREG-Gesellschafterstruktur und die Unterstützung<br />
der beiden Kreditinstitute wurde eine ideale<br />
Plattform geschaffen, auf der die OREG mbH umsetzte,<br />
was die freie Marktwirtschaft in diesem<br />
Fall nicht regelt: flächendeckende Breitbandversorgung<br />
in schwer zu versorgenden Gebieten.<br />
Von Beginn an arbeiteten die OREG mbH und deren<br />
Tochterunternehmen an der Schaffung einer<br />
bedarfs- und zukunftsorientierten Breitbandinfrastruktur<br />
für den Odenwaldkreis.<br />
Eine ausreichende Breitbandversorgung stellt<br />
die wesentlichen wirtschaftlichen und sozialen<br />
160
Bestandteile der Infrastruktur dar, die als Wettbewerbs-<br />
und Standortfaktoren einer Region gelten.<br />
Der Odenwaldkreis hat eine Fläche von ca.<br />
624 Quadratkilometern mit einem Waldanteil<br />
von ca. 60 Prozent. Die Bevölkerung von<br />
97.502 Personen (Stand 31. Dezember 2009) verteilt<br />
sich auf 15 Städte und Gemeinden und deren<br />
insgesamt 93 Stadt- und Ortsteile. Das bedeutet<br />
eine Bevölkerungsdichte von 156 Einwohnern<br />
pro Quadrat kilometer. Im Odenwaldkreis gibt es<br />
44.300 Haushalte, 3.200 Firmen und Gewerbetreibende,<br />
37 Schulen und 51 Kindergärten.<br />
Dringender Handlungsbedarf<br />
Die erhobenen und ausgewerteten Daten für den<br />
Odenwaldkreis ergaben, dass weniger als 1 Prozent<br />
der Anschlüsse über 50 Mbit/s verfügten.<br />
In den größeren Kommunen des Odenwaldkreises<br />
gab es vereinzelt Anschlüsse von bis zu<br />
16 Mbit/s. Doch bereits 500 Meter außerhalb<br />
des Stadtzentrums, z.B. in Richtung Gewerbegebiete<br />
oder Wohnrandlage, bestand dringender<br />
Handlungsbedarf.<br />
Kennzahlen Odenwaldkreis<br />
Fläche: ...................................... 624 qkm<br />
Städte und Gemeinden: ............ 15 Kommunen<br />
Stadt- und Ortsteile: ................. 93<br />
Einwohner: ............................... 97.502<br />
................................................. (Stand 31.12.2009)<br />
Bevölkerungsdichte: .................. 156 Einwohner/qkm<br />
Haushalte: ................................ 44.300<br />
Firmen und Gewerbetreibende:.3.200<br />
Schulen: .................................... 37<br />
Kindergärten: ........................... 51<br />
Planungsziele<br />
Nach der Umsetzung des Projekts und dem<br />
Aufbau des kommunal getragenen Breitbandnetzes<br />
kehrt sich die Versorgungslage um. Nahezu<br />
100 Prozent der Anschlüsse sollten mit einer<br />
Datenübertragungsrate von bis zu 50 Mbit/s erreichbar<br />
sein. Im Unterschied zu anderen Regionen<br />
sollte es auch zu keiner Mischlösung kommen,<br />
bei der weite Teile der Versorgung nur auf<br />
Funk ausgelegt sind. In einer ersten Ausbaustufe<br />
sollte bis Ende des Jahres 2011 in allen Städten<br />
und Gemeinden des Kreises ein flächendeckendes<br />
Glasfasernetz für schnelle Internetverbindungen<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Das geplante Netz hat eine Länge von rund 330<br />
Kilometern und wurde bereits in der ersten Ausbaustufe<br />
der Forderung der Bundesregierung –<br />
50 Mbit/s bis 2018 in jedem Haushalt – gerecht.<br />
Kabelleitungsbau<br />
Die Klenk & Sohn GmbH mit Sitz im Modautal<br />
konnte sich in den letzten 15 Jahren zu einem<br />
umfassenden Dienstleister für das Erstellen<br />
von Kabelinfrastrukturen im Telekommunikations-<br />
und Energiebereich entwickeln. Alle für<br />
die Realisierung derartiger Projekte notwendigen<br />
Gewerke sind im eigenen Haus zu finden.<br />
Dies ermöglicht jederzeit einen direkten Zugriff<br />
auf den gesammelten Erfahrungsschatz. Von der<br />
Trassenplanung und der Abwicklung des Genehmigungsverfahrens<br />
über die Realisierung im<br />
konventionellen Tiefbau-, im Pflug- oder auch<br />
im Spülbohrverfahren bis hin zur Kabelmontage<br />
und schließlich zur Dokumentation und Wartung<br />
der gebauten Anlagen konnten alle Leistungen<br />
abgedeckt werden. Das mittelständische Unternehmen<br />
sah im Breitbandausbau nicht nur eine<br />
Chance für den Odenwald, sondern für alle Regionen.<br />
Bei einem deutschlandweiten Netzausbau<br />
sind auch die volkswirtschaftlichen Chancen dieses<br />
Marktes nicht außer Acht zu lassen.<br />
Kennzahlen Netzbau<br />
Projektbeginn: 13.8.2010<br />
Netzbetrieb (erstes von acht Teilnetzen): 28.10.2011<br />
Netzfertigstellung (Bau): 16.3.2012<br />
Kompletter Netzbetrieb<br />
aller acht Teilnetze: 31.7.2012<br />
Projekt mit Modellcharakter<br />
Um die Pläne zügig voranzubringen, wurde im<br />
Odenwaldkreis ein Sanierungsplan erstellt, der<br />
161
mit allen abgestimmt war, die Straßenbau- bzw.<br />
Tiefbauarbeiten durchführen. Dazu gehörten die<br />
städtischen Bauämter wie das Kreisbauamt, das<br />
Amt für Straßen- und Verkehrswesen sowie der<br />
Energieversorger vor Ort. Dank dieses Plans wurden<br />
die Baumaßnahmen optimal koordiniert und<br />
den Anforderungen künftiger Kabelleitungslegungen<br />
angepasst und damit Kosten eingespart, etwa<br />
durch das Mitverlegen von Leerrohren für entsprechende<br />
Datenleitungen. Nicht ohne Grund<br />
wurde das Projekt von der Hessischen Landesregierung<br />
als Projekt mit Modellcharakter zur Erschließung<br />
ländlicher Räume mit Breitbandversorgung<br />
bezeichnet. Modellhaft war auch, dass<br />
das Projekt ohne Fördergelder und Zuschüsse<br />
auskam.<br />
Attraktivität gesteigert<br />
Das Thema Breitband wird sich auf alle Bereiche<br />
des Lebens auswirken. Dies sind u.a. Bildung und<br />
Forschung, Verwaltung und Politik, Bürger, Umwelt<br />
und Energie sowie die Bereiche Immobilien,<br />
Wirtschaft, Gesundheit und Pflege sowie die öffentliche<br />
Sicherheit. Mit dem Vorhaben können<br />
rund hunderttausend Einwohner in 44.300 Haushalten<br />
mit 37 Schulstandorten, 51 Kindergärten<br />
und rund 3.200 Unternehmen und Gewerbetreibende<br />
in 15 Städten und Gemeinden sowie deren<br />
Ortsteile versorgt werden. Die Klagen der Immobilienhändler,<br />
attraktive Häuser in Stadtrandlage<br />
nicht mehr angemessen vermarkten zu können,<br />
weil ein schneller Internetanschluss fehlt, werden<br />
rapide sinken.<br />
Für potenzielle Käufer, insbesondere Unternehmer,<br />
ist eine Immobilie uninteressant, die keinen<br />
Breitbandanschluss besitzt. Arbeitsplätze zu erhalten<br />
bzw. neue zu schaffen ist eine Aufgabe,<br />
die über das Projekt Breitbandversorgung sinnvolle<br />
Unterstützung findet. So werden im Odenwaldkreis<br />
noch in diesem Jahr Unternehmensgründungen<br />
und -erweiterungen ermöglicht, wo<br />
zuvor die Standortbedingungen als unzureichend<br />
beurteilt wurden. Der Gesundheitsbereich, inklusive<br />
der Entwicklung von dreidimensionalen,<br />
hochauflösenden und damit datenstarken Bilddokumenten,<br />
zeigt exemplarisch die Anforderungen<br />
auf, die in Sachen Datentransfer und Bandbreite<br />
künftig zu beherrschen sind. Intelligente Stromnetzte,<br />
sogenannte Smart Grids auf der Basis<br />
flächendeckenden Breitbands, sind denkbar und<br />
umsetzbar.<br />
Projektfinanzierung<br />
Die Einnahmen zur Projektfinanzierung des<br />
Glasfasernetzes werden durch die Vermietung<br />
an die HSE Medianet GmbH generiert. Dabei<br />
wird die Brenergo, ein Tochterunternehmen der<br />
Odenwald-Regional-Gesellschaft (OREG mbH),<br />
stets im Besitz des Netzes bleiben und damit die<br />
Einflussmöglichkeit haben, die Infrastruktur den<br />
stetig wachsenden Anforderungen der Zukunft<br />
anzupassen und diesen gerecht zu werden. Die<br />
HSE Medianet GmbH findet ein flächendeckendes<br />
Netz vor, das ihr den Zugang in alle Haushalte<br />
ermöglicht. Damit hält sie mit der Entwicklung<br />
Schritt und kann somit den Kunden die notwendigen<br />
Datenübertragungsraten, auch bei Steigerungen<br />
von zu erwartenden 500 bis 800 Prozent<br />
in den nächsten drei bis fünf Jahren, anbieten.<br />
Ausreichend Kapazitäten bereitstellen<br />
Das Ziel des Breitbandausbaus war es, ein zu erstellendes<br />
Kabelnetz so zu konzipieren, dass für<br />
den mittel- und langfristig prognostizierten Bedarf<br />
an Datentransferpotenzial ausreichend Kapazitäten<br />
vorhanden sind. Damit kann auch gewährleistet<br />
werden, dass die notwendigen Investitionen<br />
entsprechend sinnvoll und nachhaltig sind<br />
sowie die weiteren Ausbaustufen Fiber To The<br />
Building (FTTB) und Fiber To The Home (FTTH)<br />
bedarfsorientiert aufgesetzt werden können.<br />
162
Großprojekt Olympia 2012 in London:<br />
in time und in budget<br />
Von Klaus Grewe<br />
Auch wenn eine detaillierte Planung vor Baubeginn zunächst mit mehr<br />
Aufwand und Kosten verbunden ist, trägt sie doch entscheidend zur<br />
erfolgreichen Realisierung von Großprojekten bei. In Großbritannien ist<br />
jede Phase eines solchen Projekts streng reguliert. Die Baumaßnahmen<br />
für Olympia 2012 belegen den Erfolg dieser strategischen Vorgehensweise.<br />
Das Projekt wurde 10 Prozent unter Budget und vier Monate vor dem<br />
Zeitplan abgeschlossen.<br />
Internationale Großprojekte unterliegen in der<br />
Regel extrem hohen Budget- und Zeitansprüchen<br />
ihrer Klienten. Auch in wohlhabenden Ländern<br />
gilt der Anspruch, dass ein Projekt sein Budget<br />
und seinen Zeitplan nicht überschreiten darf. Private,<br />
staatliche wie auch durch Institutionen wie<br />
die Weltbank geförderte Projekte unterliegen einem<br />
strengen Controlling. Projekte, die heutzutage<br />
defizitäre Ergebnisse in Milliardenhöhe ausweisen,<br />
haben einen immens negativen Einfluss<br />
auf ganze Staatshaushalte, private Investmentfonds<br />
wie z.B. die Rentenfonds oder die Reputation<br />
des Staates und aller am Projekt Beteiligten<br />
oder in Verbindung stehenden Unternehmen.<br />
Deutsche Großprojekte spielen in diesem Kontext<br />
zurzeit keine positive Rolle. Der hervorragende<br />
Ruf der deutschen Industrie, markant mit dem in<br />
Deutsch geschriebenen Slogan „Vorsprung durch<br />
Technik“ im internationalen Raum etabliert, läuft<br />
Gefahr, dass die eigenen nationalen Vorzeigeprojekte<br />
negativ auf das positive deutsche Klischee<br />
von Pünktlichkeit und Genauigkeit abfärben.<br />
Der Schlüssel zum Erfolg ist die abgeschlossene<br />
Vor- und Hauptplanung vor<br />
Baubeginn sowie die konsequente Verknüpfung<br />
von Kosten, Risiken, Änderungen<br />
und Zeit in der Planungs- und<br />
später Ausführungsphase durch einen<br />
erfahrenen internationalen Consultant.<br />
Erst planen, dann bauen<br />
In den USA, England, aber auch in den aktuell<br />
boomenden Gebieten wie dem Mittleren Osten<br />
und China ist die alte Weisheit „Erst planen,<br />
dann bauen“ der Maßstab für erfolgreiches<br />
Bauen.<br />
Analog zu den Planungsphasen und teilweise Vorphasen<br />
der HOAI ist die Planungsphase in Groß-<br />
Klaus Grewe hat<br />
als Bau- und<br />
Projektleiter<br />
viele internationale<br />
Projekte betreut,<br />
u.a. koordinierte er<br />
in den letzten fünf<br />
Jahren die Baumaßnahmen<br />
der<br />
Olympischen Spiele<br />
in London 2012.<br />
INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />
Internationale Großprojekte wie die Infrastrukturmaßnahmen<br />
London 2012, die großen Quatar-Projekte<br />
oder der neue Panama-Kanal zeigen<br />
aber, dass es möglich ist, auch hochkomplizierte<br />
Großprojekte in time and budget zu liefern und<br />
darüber hinaus mit der Akzeptanz der Bevölkerung<br />
abzuschließen.<br />
Luftaufnahme des Austragungsorts für die Eröffnung der<br />
Olympischen Spiele in London 2012<br />
163
Detaillierte Planung spart Kosten<br />
Stadionneubau in London<br />
britannien streng reguliert. Mit Abschluss jeder<br />
Phase wird ein Abschlussreport erstellt, der nicht<br />
nur den jeweiligen Planungsstand dokumentiert<br />
und das Projekt verbal beschreibt, sondern sehr<br />
detailliert Kosten und Risiken, aber auch Chancen<br />
ermittelt und sich sehr genau mit den Finanzierungsquellen<br />
beschäftigt. Dieser Abschlussbericht<br />
wird dann den Investoren, der Regierung,<br />
aber auch der Bevölkerung vorgelegt. Auf Basis<br />
des Projektreports wird dann entschieden – bei<br />
kontroversen Großprojekten gerne als Wahlthema<br />
–, ob die nächste Planungsphase beauftragt<br />
wird.<br />
Die nächste Planungsphase wird dann ebenfalls<br />
mit einem ausführlichen Report abgeschlossen,<br />
was selbstverständlich dazu führen kann, dass die<br />
nun detaillierte Planung erheblich höhere Kosten<br />
ergibt und keine Chancen bestehen, diese zu minimieren.<br />
Auf der Basis dieses Detailberichts wird<br />
dann wiederum entschieden, das Projekt an diesem<br />
Punkt einzustellen oder zu akzeptieren, dass<br />
höhere Kosten anfallen werden.<br />
Analog zu HOAI Planungsphase 3 ist das Projekt<br />
so detailliert planerisch, aber auch kostensicher<br />
definiert, dass die folgende Ausführungsplanung<br />
keinerlei gravierenden Einfluss auf die Grundprinzipien<br />
der Entwurfsplanung haben kann. Der<br />
Erfolgsschlüssel ist hier, dass die Entwurfsplanung<br />
abgeschlossen ist.<br />
Bemerkenswert ist, dass dieses Verfahren,<br />
obwohl es mit wesentlich mehr Aufwand,<br />
besonders in den Kosten- und Risikoermittlungen,<br />
verbunden und dazu durch die Abschlussberichte<br />
noch formalisierter ist, trotzdem<br />
wesentlich schneller realisiert wird,<br />
als es gerade die gängige Praxis in aktuellen<br />
deutschen Planungsprozessen ist. Diese<br />
Form der Projektbetrachtung erfordert<br />
selbstverständlich einen wesentlich höheren<br />
Personal- und damit Kostenaufwand in der<br />
Planung als bis dato akzeptiert, macht aber<br />
trotzdem nur einen Bruchteil des Aufwands<br />
aus, der entsteht, wenn z.B. Streitfragen in defizitären<br />
Projekten zu klären sind. Ein Ingenieur,<br />
der neu plant, kostet 120 Euro in der Stunde, ein<br />
Rechtsanwalt ab 350 Euro.<br />
Vor Projektbeginn werden zwischen allen Beteiligten<br />
– Staat, Stakeholder, Genehmigungsbehörden,<br />
Bürger und Planer – definierte Prozesse<br />
und Zeitfenster vereinbart: Wer tut was, wie und<br />
wie lange, was ist vorzulegen? Das erlaubt dem<br />
Projektsteuerer ein konsequentes Abarbeiten der<br />
Leistungen.<br />
Die Planung der Vorbereitungsmaßnahmen für<br />
London 2012 waren auf ein Jahr, sieben Monate<br />
und vier Tage berechnet und vereinbart worden.<br />
Gebraucht haben wir ein Jahr, sieben Monate<br />
und acht Tage, wobei zu erwähnen ist, dass<br />
die Vorbereitungsmaßnahmen mit weniger als<br />
75 Prozent unseres Budgets für die „termingetriebenen“<br />
Spiele ausgekommen ist. Diese Vorgehensweise<br />
bedeutet nicht die Einführung neuer<br />
Methoden oder Programme, sondern nur das Verständnis<br />
aller Beteiligten, Planungen abzuschließen,<br />
und den Willen, in Fleißarbeit Kosten und<br />
Risiken zu definieren und abzuschwächen.<br />
Die Basis<br />
Die Berichte der einzelnen Phasen münden<br />
schließlich in einen Basisreport, der in Tausen-<br />
164
den von einzelnen Vorgängen das Projekt genau<br />
beschreibt. Pro Vorgang sind dort die Kosten,<br />
aber auch die Risiken ermittelt. Außerdem beinhaltet<br />
der Bericht den detaillierten Bauzeitenplan,<br />
regelt die weiteren Prüfungs- und Genehmigungswege,<br />
das Verhältnis der Stakeholder oder<br />
weiterer Geldgeber, das Verhältnis Bauherr–Projektsteuerer,<br />
das Verhältnis zum Bauunternehmer<br />
etc. Im Prinzip ist in einem solchen Bericht das<br />
ganze Projekt für Jahre vorgedacht. Der Londoner<br />
Basisreport war 2.000 Seiten stark und unterteilt<br />
in 14.000 Vorgänge.<br />
Das Budget<br />
Das Budget sind die ermittelten Kosten – nochmals<br />
unabhängig geprüft – aller Einzelvorgänge<br />
und die ermittelten und bereits mehrmals abgeschwächten<br />
Risiken pro Vorgang. Positive oder<br />
negative Synergien werden dabei ebenfalls berücksichtigt.<br />
Ausschließlich die Summe aus Kosten<br />
und Risiko ergibt das dann zu veröffentlichende<br />
Budget, das eventuell einer weiteren<br />
politischen Entscheidung inklusive Bürgerbeteiligung<br />
unterliegt. Diese Ehrlichkeit hat einen Pferdefuß:<br />
Summen in Milliardenhöhe, auch wenn<br />
sie realistisch kalkuliert sind, werden von einer<br />
Gesellschaft nur schwer akzeptiert. In England<br />
ist dieses Bewusstsein inzwischen gewachsen.<br />
Das CrossRail-Projekt von 16 Milliarden GBP<br />
(18,64 Milliarden Euro) zum Ausbau der Londoner<br />
U-Bahn wurde nur noch mit einem Schulterzucken<br />
begleitet.<br />
Bauen mit Plan<br />
Auf Basis der abgeschlossenen Planungs- und des<br />
Basisreports inklusive Kosten- und Risikoermittlung<br />
erfolgt die Ausschreibung. Von Beginn an<br />
wird über die mit europäischen Gesetzen konform<br />
gehenden Ausschreibungsunterlagen versucht,<br />
ein partnerschaftliches Verhältnis mit den<br />
künftigen Bauausführenden zu erstellen. Über einen<br />
Fragenkatalog, dessen positive Beantwortung<br />
55 Prozent bei der Vergabebewertung erzielt,<br />
wird ermittelt, ob das Unternehmen in der Lage<br />
ist, das Projekt auszuführen und – noch wichtiger<br />
– ob es die Risiken des Projekts verstanden<br />
hat. Für den Unternehmer bedeutet diese Form<br />
von Angebotserstellung höheren Aufwand, ist<br />
aber auch schon ein Teil der eigenen Risikominderung,<br />
da er positiv gezwungen wird, mehr zu<br />
leisten, als nur einen Kampfpreis für ein „Stück<br />
Olympiade“ abzugeben. Bei vielen Großprojekten<br />
gibt es außerdem für Bewerber, die es in die engere<br />
Wahl geschafft haben, Teilentschädigungen.<br />
Der Olympische Park: Die Vorbereitung auf London 2012 dauerte ein Jahr, sieben Monate und acht Tage<br />
165
Mit Zuschlag beginnt die Kernarbeit der Projektsteuerung.<br />
Obwohl schon intensiv in der Vorplanung<br />
involviert, ist es allein Aufgabe der Projektsteuerung,<br />
die Wege vorzugeben, wer was wann<br />
macht, prüft etc. Selbstredend ist es Aufgabe der<br />
beteiligten Unternehmen, Dritter und Genehmigungsbehörden,<br />
ihre Zubringerleistungen im Zeitplan<br />
und in entsprechender Form zu liefern.<br />
Auf Basis des detaillierten Berichts und besonders<br />
der darin schon beschriebenen Risiken werden in<br />
3-Monats-, 1- und 2-Jahres-Vorausblicken die Risiken<br />
des Basisberichts mit der aktuellen Entwicklung<br />
abgeglichen. Bei Bedarf werden neue Risiken<br />
definiert und zeitnah – in London in maximal 14<br />
Tagen – entschieden, wie ein sich andeutendes Risiko<br />
in Angriff zu nehmen ist. Grundregel ist hier,<br />
dass es immer besser ist, überschaubare Beträge<br />
für eine eventuelle Umplanung auszugeben, als<br />
später einen Baustopp in Milliardenhöhe zu riskieren.<br />
Die Projektsteuerung hat aus diesem Grund<br />
Zugriff auf die Risikogelder.<br />
Auf dieser Basis erfolgt auch das Änderungsmanagement.<br />
Änderungen gehören bedingt durch<br />
die lange Laufzeit zu einem Projekt. Wichtig hierbei<br />
ist nur, dass die detaillierte Vorplanung und<br />
Risikoermittlung verhindert, dass es zu Kernänderungen<br />
oder gar Bauzeitstörungen kommt. Eine<br />
detaillierte Planung im Vorfeld hat diese möglichen<br />
Änderungen bereits im Vorfeld herausgefordert<br />
und berücksichtigt. Die täglichen Änderungen<br />
werden durch die Risikovorausschauen<br />
vermindert, verhindert oder vor Eintreten mit<br />
Hilfsmaßnahmen aus dem Risikotopf finanziert,<br />
der dem Projektsteuerer zur Verfügung steht.<br />
Auch die Prozesse, wer was wann und wie entscheiden<br />
darf, sind im Basisreport oder in einem<br />
etwas späteren Projekthandbuch festgelegt und<br />
unterliegen selbstverständlich einem aktiven<br />
Controlling, um Missbrauch zu verhindern.<br />
Mit diesem Verständnis ausgerüstet war London<br />
2012 in der Lage, das Projekt 10 Prozent unter<br />
Budget und im Januar 2012 vier Monate vor dem<br />
Zeitplan abzuschließen. Das Projekt mit 9,3 Milliarden<br />
GBP (10,83 Milliarden Euro) für die Infrastrukturmaßnahmen<br />
war sechs Monate nach<br />
den Spielen im November 2012 schlussgerechnet.<br />
Die Projektsteuerungsgemeinschaft CLM<br />
(bestehend aus den Firmen CH2M Hill, Laing<br />
O‘Rourke, Mace) und die Olympic Delivery Authority<br />
(ODA) haben sich im Dezember 2012 aufgelöst,<br />
die letzte und einzige nennenswerte juristische<br />
Auseinandersetzung wurde ebenfalls im<br />
November 2012 von einem Schlichter beigelegt.<br />
Alles anders?<br />
Deutschland ist sehr wohl in der Lage, Großprojekte<br />
durchzuführen, besonders im Einsatz von<br />
innovativen Methoden, Materialien und technischem<br />
Design ist das Land weltweit führend.<br />
Deutschland sollte aber, wie andere Länder, die<br />
sich deutsche Spezialisten holen, den Mut haben,<br />
sich dieses internationale Projektmanagement-<br />
Know-how ins Land zu holen und davon zu lernen.<br />
Strategische Partnerschaften sind international<br />
gängige Formen, um Wissen zu erlernen,<br />
gleichzeitig aber auch zu gewährleisten, dass regionale<br />
Gesetze und allgemeine Regeln berücksichtigt<br />
werden.<br />
PPP ist besonders in England eine Selbstverständlichkeit<br />
und hier als Vorbild beispielhaft. Bauherr<br />
und Unternehmen wirken schon in der Planungsphase<br />
eng zusammen. Beim Projekt High Speed 2<br />
hat z.B. eine aktiv agierende Arbeitsgruppe aus<br />
staatlichen Vertretern und Abgesandten der Bauindustrie<br />
die möglichen Bauverfahren und Materialien<br />
entwickelt. Bauherr und Unternehmer sitzen<br />
in der Regel gemischt im gleichen Großraumbüro,<br />
zeitnaher Informationsaustausch ist erwünscht.<br />
Die Ständeorganisatoren wie die Institution of Civil<br />
Engineers (ICE) oder British Tunnelling Society<br />
(BTS) sorgen dafür, dass es einen regelmäßigen<br />
Austausch auf sachlicher Basis gibt. Allein dieser<br />
positive Umgang der einzelnen Gruppen miteinander<br />
spart in den Projekten Millionen.<br />
166
PPP in Frankreich: Auch 2012 wieder<br />
Spitzenreiter in Europa<br />
Von Robert Stakowski, Prof. Dr. Dieter Jacob und Corinna Hilbig<br />
2012 wurden in Frankreich wieder so viele PPP-Projekte umgesetzt wie<br />
in kaum einem anderen europäischen Land. Allein im ersten Halbjahr<br />
2012 wurden 32 PPP-Verträge, davon 21 CP-Verträge, mit einem Gesamtvolumen<br />
von 3,1 Milliarden Euro unterzeichnet.<br />
In Frankreich hat sich der positive Trend des vergangenen<br />
Jahres fortgesetzt. Sowohl auf staatlicher<br />
als auch auf kommunaler Ebene wurde 2012<br />
eine Vielzahl von Projekten vergeben und vorbereitet.<br />
Wenngleich im Infrastrukturbereich nur<br />
wenige Projekte anstehen, nimmt die Zahl der<br />
Projekte mit energieeffizienzbezogenen Anforderungen<br />
merklich zu. Einen weiteren Auftrieb<br />
dürfte das Thema PPP nach Veröffentlichung der<br />
ersten umfangreichen Auswertung von PPP-Projekten<br />
in der Betriebsphase erhalten.<br />
466 realisierte PPP-Projekte seit 2004<br />
Zwischen 2004 und bis zum Ende der ersten<br />
Hälfte des Jahres 2012 wurden insgesamt knapp<br />
1.000 PPP-Projekte ausgeschrieben. Unter dem<br />
Begriff Contrats de Partenariats et Assimilables<br />
(CPA) werden die verschiedenen PPP-Vertragsty<br />
pen zusammengefasst. Neben dem Partnerschaftsvertrag<br />
(Contrat de Partenariat, CP)<br />
kommen als Realisierungsmodelle noch der Erbpachtvertrag<br />
(Bail Emphytéotique Administratif,<br />
BEA, Bail Emphyté o tique Hospitalier, BEH) und<br />
ein Mietvertrag mit Kaufoption (Autorisation<br />
d’Occupation Temporaire du domaine public<br />
couplée à une l ocation avec option d’achat,<br />
AOT-LOA) in Betracht.<br />
Der größte Anteil des vergebenen Gesamtvolumens<br />
in Höhe von 41,2 Milliarden Euro entfällt<br />
nach einer Aufstellung des Institut de la Gestion<br />
Déléguée (IGD) mit 15,3 Milliarden Euro auf den<br />
Transportbereich, gefolgt von den Bereichen Justiz<br />
und Sicherheit mit 5,2 Milliarden Euro, Verteidigung<br />
mit 5 Milliarden Euro und Gesundheit<br />
mit 4,8 Milliarden Euro.<br />
Die meisten der 478 bereits bezuschlagten<br />
Projekte dagegen wurden<br />
in den Bereichen Justiz und Sicherheit<br />
mit 239 Projekten, Städtische<br />
Ausrüstung mit 59 Projekten und Gesundheit<br />
mit 55 Projekten realisiert.<br />
Abgeschlossene CP-Verträge<br />
Die Betrachtung der abgeschlossenen<br />
CP-Verträge bis Ende 2012<br />
zeigt, dass sich die positive Entwicklung<br />
des Projekt-Deal-Flows fortsetzt.<br />
Im Jahr 2012 wurden bis einschließlich<br />
Dezember insgesamt 41 Projekte bezuschlagt,<br />
30 davon durch lokale Gebietskörperschaften<br />
und 11 durch den<br />
Staat. Zum Vergleich: Im Vorjahr wurden<br />
34 der 44 realisierten CP-Projekte<br />
durch die Gebietskörperschaften und<br />
10 durch den Staat umgesetzt.<br />
Auch im Jahr 2012 wurde die Mehrheit<br />
der kommunalen Projekte (15 Projekte)<br />
im Bereich öffentliche Beleuchtung umgesetzt.<br />
In den Hochbaubereichen Bildung, Kultur<br />
und Sport wurden insgesamt 13 Projekte umgesetzt.<br />
Im Bildungsbereich wurden überwiegend<br />
mehrere Schulen als Projektbündel vergeben, z.B.<br />
Schulen des Départements Le Loiret.<br />
Auf zentralstaatlicher Ebene wurden auch 2012<br />
wieder die meisten Projekte im Hochbau reali-<br />
Robert Stakowski<br />
ist Directeur de<br />
Projet bei MAPPP<br />
Mission d’Appui aux<br />
PPP (MINEFE).<br />
Prof. Dr. Dieter<br />
Jacob ist Inhaber<br />
des Lehrstuhls für<br />
Allgemeine BWL,<br />
speziell Baubetriebslehre<br />
an der<br />
TU Bergakademie<br />
Freiberg.<br />
Corinna Hilbig ist<br />
Prokuristin bei der<br />
Infrastrukturberatungsgesellschaft<br />
PSPC GmbH Berlin.<br />
INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />
167
Anzahl CP-Projekte seit 2004<br />
Soziale Projekte 3<br />
Verteidigung 4<br />
Kultur 7<br />
Wirtschaftsförderung 13<br />
Umwelt 13<br />
Transport 13<br />
Sport & Freizeit 21<br />
Dienstleistungen 23<br />
Bildung 27<br />
Gesundheit<br />
44<br />
Städt. Ausrüstung<br />
59<br />
Sicherheit & Justiz<br />
239<br />
0 50 100 150 200 250<br />
Volumen CP-Projekte seit 2004 (in Mrd. Euro)<br />
Soziale Projekte 0,2<br />
Verteidigung<br />
5<br />
Kultur 0,7<br />
Wirtschaftsförderung 0,8<br />
Umwelt<br />
2,8<br />
Transport<br />
15,3<br />
Sport & Freizeit<br />
2,9<br />
Dienstleistungen 0,5<br />
Bildung<br />
2<br />
Gesundheit<br />
4,8<br />
Städt. Ausstattung 0,9<br />
Sicherheit & Justiz<br />
5,2<br />
0 2 4 6 8 10 12 14 16<br />
Bezuschlagte PPP-Projekte und Gesamtvolumen von<br />
2004 bis 6/2012<br />
siert. Hier wurden insbesondere Krankenhausund<br />
Justizprojekte wie der Neubau des Justizpalasts<br />
und zwei Gefängnis-Lose bezuschlagt. Als<br />
einziges Projekt im Schienen-Infrastrukturbereich<br />
wurde im Januar 2012 die Strecke Nîmes–Montpellier<br />
vergeben.<br />
Projekte<br />
Fokussierung auf Energieprojekte im<br />
Krankenhausbereich<br />
Seit Auslaufen des Förderprogramms Plan Hôpital<br />
2007 wurden nur noch wenige PPP-Projekte<br />
im Krankenhausbereich realisiert. Die Mehrzahl<br />
der realisierten Projekte befindet sich inzwischen<br />
in der Betriebsphase. Derzeit stehen im Krankenhausbereich<br />
insbesondere Projekte zur Optimierung<br />
der Energieversorgung bzw. der Energieeffizienz<br />
im Fokus.<br />
Projekte<br />
Großprojekte im<br />
Schieneninfrastrukturbereich<br />
In den letzten vier Jahren wurden vier Projekte<br />
ausgeschrieben, davon drei als PPP. Das letzte<br />
Projekt, das Projekt Nîmes–Montpellier, mit einer<br />
Laufzeit von 25 Jahren wurde im Januar 2012<br />
bezuschlagt. Das Streckennetz ist mit 70 Kilometern<br />
im Vergleich zu den anderen beiden Projekten<br />
eher klein. Das Investitionsvolumen beläuft<br />
sich auf 2 Milliarden Euro. Die Fertigstellung<br />
und Eröffnung der Strecke ist vertraglich für das<br />
Jahr 2017 vorgesehen. Auch die beiden Bahnhöfe<br />
Montpellier-Odysseum und Nîmes-Mandu-<br />
Entwicklung des Deal-Flows seit 2005<br />
50<br />
45<br />
40<br />
Etat<br />
Collectivités locales<br />
P<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
Deal-Flow Contrat de Partenariat von 2004 bis 2012 / Anzahl der umgesetzten CP-Projekte<br />
168
Verteilung CP-Projekte nach Sektoren<br />
Straßenbeleuchtung<br />
56<br />
Transport<br />
9<br />
Energie und Abfall<br />
20<br />
Hochbau<br />
43<br />
Energien in den Vordergrund gerückt: Im Rahmen<br />
des Projekts „Verteidigungsministerium Balard“<br />
mit einem Investitionsvolumen von 720 Millionen<br />
Euro kommen sowohl Geothermie, Wärmepumpen,<br />
Gas-Therme etc. zum Einsatz. Der gesamte<br />
Bedarf an Kühlung wird über die Geothermie realisiert<br />
und 70 Prozent des Wärmebedarfs über die<br />
Nutzung der Wärme aus den IT-Räumen.<br />
Sport und Kultur<br />
24<br />
Internet /<br />
techn. Infrastruktur<br />
15<br />
Erste große Evaluierung<br />
CP-Projekte nach Sektoren von 2004 bis 2012<br />
Bei 97 Prozent der Projekte wurden die Betriebskosten<br />
im Vergleich zu den bei Vertragsunel<br />
werden nun im Rahmen von PPP-Projekten<br />
ausgeschrieben.<br />
Energetische Schul sanierung in Paris<br />
Projekte im Bereich der energetischen Sanierung<br />
oder des Contractings werden im Wege eines sogenannten<br />
Contrat de Partenariat Energétique<br />
(CPE) umgesetzt. Mit dem CPE wird dem privaten<br />
Partner das Medienverbrauchsrisiko für das<br />
zugehörige Vertragsobjekt übertragen. CPE werden<br />
häufig in Verbindung mit PPP-Errichtungsoder<br />
Sanierungsprojekten mit umfangreichen Betriebskomponenten<br />
umgesetzt. Eines der größten<br />
Vorhaben in diesem Bereich ist die Vergabe von<br />
über 100 PPP-Schulen im Großraum Paris. Das<br />
Projekt ist Teil des Plan Climat, der eine Reduktion<br />
der Energieverbräuche und Emissionen in den<br />
öffentlichen Gebäuden um 30 Prozent vorsieht.<br />
45 der 100 Kindergärten und Grundschulen wurden<br />
kurz vor Schulbeginn im August 2012 im<br />
Rahmen eines CPE mit einer Laufzeit von 19 Jahren<br />
vergeben. Der private Auftragnehmer ist für<br />
die gesamten Betriebsleistungen und insbesondere<br />
die Instandhaltung der Technischen Gebäudeausrüstung<br />
(TGA) verantwortlich, ihm obliegt das<br />
Mengenverbrauchsrisiko. Die anfänglichen Baumaßnahmen<br />
sollen zu Beginn des Jahres 2013<br />
abgeschlossen werden.<br />
Im Januar 2012 wurde mit der Evaluierung von<br />
30 der bisher insgesamt 46 in der Betriebsphase<br />
befindlichen PPP-Projekten begonnen. Durchgeführt<br />
wurde die Untersuchung von Stéphane Saussier<br />
und Phuong Tra Tran vom Lehrstuhl PPP der<br />
Universität Paris I Sorbonne. Abgefragt wurde die<br />
Nutzerzufriedenheit in den sechs Bereichen:<br />
x Kosteneinhaltung in der Bauphase<br />
x Fristeneinhaltung in der Bauphase<br />
x Qualität der Leistung in der Bauphase<br />
x Einhaltung der Kosten in der Betriebsphase<br />
x Einhaltung der Qualitäten in der Betriebsphase<br />
x Preis-Leistungs-Verhältnis des Gesamtvertrags<br />
Untersucht wurden Projekte aus den Bereichen<br />
Hochbau (13 Prozent), Kultur und Sport (17 Prozent),<br />
Energie und Abfallentsorgung (27 Prozent),<br />
Städtische Ausstattung (Équipements<br />
urbains) (30 Prozent) und Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien (TIC) (13 Prozent).<br />
Es wurden keine Projekte des Transportbereichs<br />
untersucht.<br />
In allen untersuchten Projekten wurden die Baukosten<br />
eingehalten – ohne Berücksichtigung der<br />
von der öffentlichen Hand gewünschten Änderungen.<br />
In 93 Prozent der Projekte wurde die<br />
vertraglich vereinbarte Bauzeit eingehalten und<br />
in 94 Prozent hat der öffentliche Auftraggeber<br />
die Qualität der Bauleistung als zufriedenstellend<br />
oder besser bewertet.<br />
Auch in anderen PPP-Projekten wurde das Thema<br />
Energieeffizienz und der Einsatz von erneuerba ren<br />
169
terzeichnung fixierten Kosten im Wesentlichen<br />
eingehalten. Absolut eingehalten wurden die Betriebskosten<br />
in 80 Prozent der Projekte. Mehrkosten<br />
resultierten allein aus Änderungen des<br />
Leistungsumfangs oder aus nachträglichen Veränderungen<br />
der instand zu haltenden Objekte. In<br />
94 Prozent der Projekte wurde die vertraglich definierte<br />
Qualität der Leistung erreicht. Bei 20 Prozent<br />
der Projekte war die Qualität sogar höher als<br />
vertraglich vereinbart.<br />
Zufriedenheit der öffentlichen Hand<br />
Angaben in %<br />
Durchschnittlicher<br />
Wert<br />
Baukosten 100 % 5,6<br />
Einhaltung Bauzeit 93 % 5,2<br />
Qualität der Bauleistung 94 % 4,8<br />
Betriebskosten 97 % 5,5<br />
Qualität der Leistung 94 % 4,6<br />
Vertragsanpassung 90 % 4,7<br />
Preis-Leistung-Verhältnis 80 % 4,5<br />
Erste Evaluierung in der Betriebsphase (Bewertung: umgekehrtes<br />
Schulnotensystem 6 bis 1) (Quelle: http://chaireeppp.org/files_chaire/saussier_tran_2012_1.pdf).<br />
Bei 97 Prozent der Projekte erfolgten bisher Anpassungen<br />
und Nachverhandlungen aufgrund<br />
von durch den Auftraggeber beauftragten Änderungen<br />
des Leistungsumfangs oder der Leistungsqualität<br />
sowie aufgrund von Änderungen der<br />
Finanzierungskonditionen. 90 Prozent der befragten<br />
Auftraggeber sind zufrieden mit den vorgenommenen<br />
Änderungen.<br />
Dieses Ergebnis zeigt, dass die bisher abgeschlossenen<br />
Verträge in ihrer Struktur ausreichend flexibel<br />
sind, um die im Laufe der langen Projektlaufzeit<br />
notwendigen Anpassungen vornehmen<br />
zu können.<br />
Transparenz bei<br />
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />
In Frankreich werden die Berichte zur Untersuchung<br />
der Wirtschaftlichkeit der ÖPP-Beschaffungsvariante<br />
auf der Homepage der PPP-Task<br />
Force Mission d’Appui aux PPP, MAPPP, veröffentlicht.<br />
Die Berichte enthalten eine detaillierte<br />
Projektskizze sowie eine Beschreibung der zu<br />
erbringenden Bau- und Betriebsleistungen. Der<br />
zweite Teil besteht aus einer juristischen Analyse,<br />
in der die Realisierungsvoraussetzungen für<br />
PPP-Projekte, d.h. die Kriterien der Dringlichkeit,<br />
der Komplexität und der Effizienz, erörtert und<br />
die Ergebnisse von der Task Force kommentiert<br />
und bewertet werden. Im dritten Teil der Untersuchung<br />
werden die konventionelle und die PPP-<br />
Variante hinsichtlich zeitlicher Umsetzung, Kosten<br />
– einschließlich Kosten der Finanzierung und<br />
der jährlichen finanziellen Belastung des Maßnahmenträgers<br />
– gegenübergestellt. Im vierten<br />
Teil der Untersuchung erfolgt der Vergleich der<br />
Barwerte der betrachteten Realisierungsvarianten<br />
mit und ohne Risikobewertung. Auch sozioökonomische<br />
Kriterien werden quantifiziert und<br />
berücksichtigt. Abschließend erfolgt eine Sensitivitäts-<br />
bzw. Szenario-Analyse zur Prüfung der Stabilität<br />
der Ergebnisse.<br />
Positive Aussichten für 2013<br />
Auch im Jahr 2012 wurde – trotz anhaltender<br />
Wirtschafts- und Bankenkrise – eine Vielzahl von<br />
PPP-Projekten erfolgreich umgesetzt. Die Fortsetzung<br />
dieses Trends wird auch für 2013 erwartet.<br />
Neben Projekten im Bereich der Energieeffizienz<br />
und dem Verkehrssektor werden – mit Blick auf<br />
die Europameisterschaft 2016 – weitere Großprojekte<br />
im Sportbereich erwartet.<br />
170
PPP in der Schweiz: Die Perspektiven<br />
Von Lorenz Bösch<br />
PPP wird in der Schweiz zunehmend ein Thema. Wichtige Projekte, wie<br />
z.B. die Sanierung des Gotthardstraßentunnels, stehen an und werden<br />
als mögliches PPP-Projekt in Erwägung gezogen. Weitere Vorhaben sind<br />
in der Planung.<br />
Das Schweizer PPP-Jahr 2012 fand mit den „PPP-<br />
Days“, die Ende Februar in den Räumlichkeiten<br />
der Vereinten Nationen in Genf abgehalten wurden,<br />
einen ersten Höhepunkt. Im Rahmen des<br />
von der Eidgenossenschaft mitgetragenen Treffens<br />
der internationalen PPP-Community, das unter<br />
dem Thema „Stärkung der Institutionen und<br />
Rahmenbedingungen für bessere PPP-Lösungen“<br />
stand, trafen sich rund 500 Spezialisten aus aller<br />
Welt.<br />
Auf der Veranstaltung wurde u.a. ein filmisches<br />
Porträt über die Entstehung des Schweizer PPP-<br />
Pilotprojekts „Neumatt“ in Burgdorf präsentiert<br />
und der Anlage ein Besuch abgestattet. Das Video<br />
ist bei der Geschäftsstelle des Vereins erhältlich<br />
und eignet sich bestens auch als Einführung in<br />
die PPP-Thematik.<br />
Zweite Straßenröhre am Gotthard?<br />
Heftige Diskussionen löste die Frage der Realisierung<br />
einer zweiten Straßenröhre am Gotthard<br />
und deren Finanzierung aus. Zur Erinnerung: Der<br />
Gotthardstraßentunnel – mit 16,9 Kilometern<br />
der drittlängste Straßentunnel der Welt und der<br />
längste in den Alpen – ist die wichtigste Schweizer<br />
Alpenquerung auf der Straße. Er ist seit 1980<br />
in Betrieb und wurde seither von über 160 Millionen<br />
Fahrzeugen passiert. Nun muss der Tunnel<br />
bis 2025, spätestens aber bis 2035 umfassend saniert<br />
werden. Dazu sind eine Vollsperrung während<br />
900 Tagen oder eine teilweise Sperrung<br />
während 3,5 Jahren notwendig. In jedem Fall<br />
ist die Sanierung mit erheblichen Einschränkungen<br />
für die Anrainerregionen<br />
und mit hohen Kosten für die öffentliche<br />
Hand verbunden: Aktuell werden<br />
die Kosten inklusive flankierenden Maßnahmen<br />
auf 1,2 bis 1,4 Milliarden Franken<br />
(964,4 Millionen bis 1,1 Milliarden<br />
Euro) veranschlagt.<br />
Damit die für die Schweiz und Europa<br />
wichtige Gotthard-Verbindung auch während<br />
der Sanierung des Tunnels erhalten bleibt, hat die<br />
Schweizer Landesregierung den Bau einer zweiten<br />
Straßenröhre – ohne Kapazitätserweiterung –<br />
vorgeschlagen. Der Bundesrat ist überzeugt,<br />
dass diese Sanierungsvariante sowohl vom Aufwand<br />
und den Kosten als auch von der Sicherheit<br />
her langfristig die sinnvollste Lösung ist. Sie<br />
trägt zudem dem Anliegen des südlichen Landesteils<br />
Rechnung, auch während der Sanierung eine<br />
gute Straßenverbindung in den Norden aufrechtzuerhalten.<br />
Der Alpenschutzartikel, der eine<br />
Erhöhung der Kapazität auf Transitstraßen im Alpengebiet<br />
in der Verfassung verbietet, bliebe gewahrt:<br />
So soll in jeder Fahrtrichtung immer nur<br />
eine Fahrspur betrieben werden. Der Bundesrat<br />
will diese Beschränkung gesetzlich verankern<br />
und dem Parlament, das letztlich über die Sanierung<br />
zu entscheiden hat, somit eine referendumsfähige<br />
Vorlage unterbreiten.<br />
Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft „economiesuisse“<br />
hat 2012 in einer Machbarkeitsstudie<br />
dargelegt, dass die zweite Straßenröhre in ei-<br />
Lorenz Bösch ist<br />
Präsident des Vereins<br />
PPP Schweiz,<br />
Unternehmensberater,<br />
Mitglied der<br />
Geschäftsleitung<br />
der BHP-Hanser<br />
und Partner, Zürich,<br />
und exekutiver<br />
Vorsteher des Baudepartements<br />
des<br />
Kantons Schwyz.<br />
INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />
171
ner Partnerschaft zwischen der öffentlichen Hand<br />
und privaten Investoren effizient realisierbar wäre.<br />
Dazu würde eine private Gesellschaft zuerst<br />
einen zweiten Tunnel bauen, danach den ersten<br />
sanieren und anschließend beide Röhren je einspurig<br />
betreiben. Zur Finanzierung würde eine<br />
Maut eingeführt.<br />
Der Verein PPP Schweiz hat mit Genugtuung<br />
zur Kenntnis genommen, dass die Landesregierung<br />
die Realisierung des Vorhabens am Gotthard<br />
gezielt vorantreibt. Der Verein hat mit einer<br />
Projektstudie bereits 2009 dargelegt, dass<br />
sich das PPP-Modell zur Finanzierung des Vorhabens<br />
eignen würde, und 2012 erneut empfohlen,<br />
das Projekt in Öffentlich-Privater Partnerschaft<br />
zu planen. Der definitive Entscheid, ob der Bau<br />
der zweiten Röhre letztlich als PPP-Projekt realisiert<br />
werden soll oder nicht, könnte aufgrund<br />
der während der Planung ermittelten Vor- und<br />
Nachteile zum Ende der Planungsphase auf gesicherten<br />
Grundlagen gefällt werden. Der damit<br />
verbundene Mehraufwand lohnt sich nach Überzeugung<br />
des Vereins auch bei einer konventionellen<br />
Beschaffung, hilft er doch, die Risiken des<br />
Projekts in einer frühen Phase systematisch zu<br />
erfassen und die Kosten für den ganzen Lebenszyklus<br />
des Tunnels transparent zu machen. Die<br />
politische Diskussion und Entscheidungsfindung<br />
über die Form der Sanierung des Gotthardtunnels<br />
dürfte dem PPP-Modell noch einige Zeit öffentliche<br />
Aufmerksamkeit bescheren.<br />
PPP-Pilotvorhaben in Burgdorf in Betrieb<br />
Ende April wurde mit dem Verwaltungszentrum<br />
der Region Emmental-Oberaargau des Kantons<br />
Bern in Burgdorf das erste nach internationalen<br />
Regeln entwickelte PPP-Projekt in der Schweiz<br />
eingeweiht. In sieben Gebäuden sind 450 Verwaltungs-<br />
und Justizarbeitsplätze sowie ein Regionalgefängnis<br />
mit 110 Haftplätzen untergebracht.<br />
Bisher waren die insgesamt 19 kantonalen<br />
Dienststellen auf 14 Standorte verteilt. Anlass<br />
zur Konzentration waren Reformen der dezentralen<br />
kantonalen Verwaltung und der Justiz.<br />
Die Berner Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin,<br />
Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer, hat anlässlich<br />
der Eröffnung eine positive Bilanz zur<br />
Realisie rung als PPP-Projekt gezogen. Gleichzeitig<br />
schränkte sie allerdings ein, dass sich aus ihrer<br />
Sicht nicht alle Bauten für das PPP-Modell eignen<br />
Das erste nach internationalen Regeln entwickelte PPP-Projekt in der Schweiz: das Verwaltungszentrum der Region<br />
Emmental-Oberaargau<br />
172
PPP: die auf den Lebenszyklus einer Investition ausgerichtete<br />
Betrachtung kann helfen, Investitions- und Betriebskosten<br />
zu optimieren<br />
würden. In Frage kämen nur Vorhaben mit einem<br />
großen Investitionsvolumen und komplexen Anforderungen,<br />
bei denen der Betrieb eine wesentliche<br />
Rolle spielt.<br />
Neue Krankenhausfinanzierung<br />
Zum Jahresbeginn 2012 sind in der Schweiz eine<br />
neue Regelung für die Krankenhausfinanzierung<br />
und ein neues Tarifsystem für stationäre Krankenhausleistungen<br />
in Kraft getreten. Die neuen<br />
Bestimmungen regeln die Vergütung der stationären<br />
Krankenhausleistungen mit Fallpauschalen<br />
einheitlich; sie sollen bestehende Wirtschaftlichkeitsreserven<br />
im Gesundheitswesen nutzen.<br />
Die Einführung der Investitionspauschale stellt<br />
die Schweizer Gesundheitsbranche vor massive<br />
Herausforderungen: Die Vorfinanzierung künfti-<br />
ger Investitionsvorhaben wirft neue<br />
Fragen auf und bringt neue Finanzierungsformen<br />
ins Spiel. Die Fachgruppe<br />
Gesundheitswesen des Vereins<br />
PPP Schweiz hat daher die<br />
Gelegenheit genutzt, um mit dem<br />
Hinweis auf das Pilotprojekt in Burgdorf<br />
darauf aufmerksam zu machen,<br />
dass das PPP-Modell eine in manchen<br />
Fällen geeignete Alternative<br />
zu herkömmlichen Finanzierungsund<br />
Realisierungsvarianten darstellt.<br />
Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen,<br />
dass zahlreiche Beispiele<br />
aus dem Gesundheits- und Krankenhauswesen<br />
in Deutschland und<br />
Frankreich erfolgreich nach dem<br />
PPP-Modell umgesetzt wurden. Die<br />
auf den Lebenszyklus einer Investition<br />
ausgerichtete Betrachtung<br />
vermittelt neue Impulse und kann<br />
mithelfen, Investitions- und Betriebskosten<br />
zu optimieren. Durch<br />
die Informationsaktion des Vereins,<br />
die sich gezielt an rund 270 Experten<br />
aus dem Schweizer Gesundheitswesen<br />
richtete, entstanden<br />
zahlreiche Kontakte, die zu interessanten<br />
Gesprächen führten. Der Verein hofft,<br />
dass die PPP-Option für verschiedene Projekte erwogen<br />
wird.<br />
E-Government ausbaufähig<br />
Öffentlich-private Kooperationen sind auch im<br />
E-Government denkbar. Wie an einer Informationsveranstaltung<br />
des Vereins PPP Schweiz von<br />
Referenten aus der Verwaltung wie aus der Privatwirtschaft<br />
ausgeführt wurde, steckt in diesem<br />
Feld ein erhebliches Potenzial, das im Interesse<br />
des Landes vermehrt genutzt werden sollte.<br />
Die Schweiz befindet sich bei der Durchführung<br />
von Prozessen zur Information, Kommunikation<br />
und Transaktion innerhalb und zwischen behördlichen<br />
Institutionen sowie zwischen diesen und<br />
173
den Bürgern noch im Rückstand. Dieser Rückstand<br />
soll u.a. durch „E-Government Schweiz“,<br />
das gemeinsame Programm des Bundes, der Kantone<br />
und Gemeinden, so bürgernah und so wirtschaftlich<br />
wie möglich gestaltet werden.<br />
Der „Leitfaden Partnerschaften von Staat und<br />
Wirtschaft im Bereich E-Government und IKT“,<br />
der im Frühjahr 2012 erschien, soll Entscheidungsträger<br />
sowie Projektleiter in Verwaltung<br />
und Wirtschaft unterstützen und praxisnahe Kooperationsmodelle<br />
aufzeigen. Der Verein setzte<br />
sich anlässlich einer Informationsveranstaltung<br />
intensiv mit dem neuen Hilfsmittel für Verwaltungen<br />
auseinander. In der Praxishilfe werden<br />
die komplexen Fragestellungen strukturiert und<br />
umfeldbezogen erläutert. Mit praktischen Checklisten<br />
und Entscheidungshilfen sollen Projektleiter<br />
in der Verwaltung schon frühzeitig selber<br />
abschätzen können, ob ein Vorhaben für eine<br />
Partnerschaft mit der Wirtschaft geeignet ist. Der<br />
Leitfaden kann direkt bei www.egovernment.ch<br />
heruntergeladen oder als Broschüre bestellt<br />
werden.<br />
Zur stärkeren Verankerung des PPP-Modells im<br />
eidgenössischen Parlament wurden mit Hilfe der<br />
Parlamentarier im Vereinspräsidium erste Vorarbeiten<br />
für die Bildung einer „parlamentarischen<br />
Gruppe PPP“ in die Wege geleitet. Diese Gruppe<br />
soll sich dafür einsetzen, dass Öffentlich-Private<br />
Partnerschaften nach dem Vorbild des PPP-Modells<br />
vermehrte Verbreitung beim Bund finden.<br />
Die Konstituierung der Gruppe ist vorbereitet<br />
und für den März geplant, eine erste Veranstaltung<br />
soll im Juni 2013 stattfinden.<br />
Eine Veranstaltung in Paudex, im französischsprachigen<br />
Teil der Schweiz, die der Verein in Zusammenarbeit<br />
mit dem Centre Patronal durchführen<br />
konnte, fand mit über 200 Teilnehmern<br />
sehr großes Interesse. Sie zeigte auf, dass in der<br />
Westschweiz derzeit an verschiedenen Orten<br />
PPP-Modelle geprüft werden. Anhänger des Modells<br />
und Politiker waren sich darin einig, dass es<br />
sich für Private wie für die Verwaltung lohnt, das<br />
PPP-Modell in Erwägung zu ziehen.<br />
Skepsis ist fehl am Platz<br />
Die Voraussetzungen für eine vermehrte Verbreitung<br />
Öffentlich-Privater Partnerschaften nach<br />
dem PPP-Modell in der Schweiz sind geschaffen.<br />
Skepsis seitens der Verwaltung gegenüber dem<br />
PPP-Modell basiert primär auf negativen Erfahrungen<br />
aus dem Ausland, aus denen die Schweiz<br />
aber ihre Lehren gezogen hat. Zu diesem Schluss<br />
kamen Experten anlässlich einer weiteren Informationsveranstaltung<br />
des Vereins.<br />
Bislang galt für PPP-Vorhaben in der Schweiz<br />
die Faustregel, dass ein Vorhaben nur dann Sinn<br />
macht, wenn damit u.a. Investitionen von mindestens<br />
30 (24,1 Millionen Euro) oder gar<br />
50 Millionen Franken (40,2 Millionen Euro) verbunden<br />
wären. Dieses ungeschriebene Gesetz<br />
ließ kleine, aber nicht minder interessante Vorhaben<br />
schon in der Vorphase scheitern. Wie die<br />
Praxis aber in Deutschland zeigt, sind derartige<br />
Projekte unter bestimmten Voraussetzungen<br />
sehr wohl realisierbar. Der Verein bemüht sich<br />
daher auf verschiedenen Ebenen, diese Voraussetzungen<br />
für kleinere und mittlere Vorhaben zu<br />
definieren.<br />
Der Verein PPP Schweiz hat im vergangenen Jahr<br />
ein generell gestiegenes Interesse am PPP-Modell<br />
beobachtet, das sich in einer wachsenden Zahl<br />
von Anfragen niedergeschlagen hat. An verschiedenen<br />
Orten sind Vorhaben in öffentlich-privater<br />
Zusammenarbeit geplant oder in Diskussion. Wir<br />
gehen daher davon aus, dass sich das Modell in<br />
der Schweiz in Zukunft noch weiter verbreiten<br />
wird.<br />
174
PPP in den Niederlanden: Lessons Learned beim<br />
Umbau des Finanzministeriums in Den Haag<br />
Von Sietske G. Bergsma<br />
Öffentlich-Private Partnerschaften nehmen in den Niederlanden allmählich<br />
zu. Der Umbau des Finanzministeriums – das erste PPP-Projekt für ein<br />
Regierungsgebäude in den Niederlanden – war ein Erfolg und gleichzeitig<br />
eine großartige Lernerfahrung. Obwohl es kompliziert war, führten eine<br />
klare Strategie, ein starker Fokus und ein kooperativer, integraler Ansatz<br />
zu einem herausragenden Ergebnis.<br />
Ein PPP-Ausschreibungsverfahren, das sich auf<br />
die Planung, den Bau, die Finanzierung, die Instandhaltung<br />
und den Betrieb des Projekts bezieht,<br />
ist eine Herausforderung und eine komplexe<br />
Aufgabe. Deshalb blicken wir auf das erste<br />
PPP-Ausschreibungsverfahren der niederländischen<br />
Regierung zurück: die PPP-Renovierung des<br />
Finanzministeriums, die vor knapp fünf Jahren in<br />
Den Haag abgeschlossen wurde. Es handelt sich<br />
dabei um eine besonders erfolgreiche Umgestaltung<br />
des Gebäudes, die unter Einhaltung der zeitlichen<br />
Vorgaben und des Budgets realisiert wurde.<br />
Welche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen?<br />
PPP ist effektiv<br />
Sietske G. Bergsma<br />
war von 2002 bis<br />
2009 stellvertretende<br />
Projektleiterin für<br />
The Dutch Government Building Agency,<br />
die niederländische staatliche Ge-<br />
des Finanzministe-<br />
die PPP-Reno vie rung<br />
bäudeverwaltung, geht seit einigen Jahren<br />
durch eine Anzahl erfolgreicher tet sie als unabhänriums.<br />
Seitdem arbeigige<br />
Beraterin für<br />
Ausschreibungsverfahren mit gutem<br />
PPP-Projekte (www.<br />
Beispiel voran. Im Jahr 2012 hatten sie burobergsma.nl).<br />
fünf operative DBFMO-Verträge in ihrem<br />
Bestand, und innerhalb der kommenden fünf<br />
Jahre sollen mindestens sieben weitere folgen.<br />
Zum Jahresende 2012 kam es nach dem<br />
DBFMO-Ausschreibungsverfahren zur Auftragsvergabe<br />
für den prestigeträchtigen<br />
Neubau für den Hoge Raad der Nederlanden,<br />
den Hohen Rat der Niederlande.<br />
INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />
Es scheint, als ob PPP in den Niederlanden Fahrt<br />
aufnehmen. Die staatliche Politik ist auf eine Regierung<br />
ausgerichtet, die sich auf ihre Hauptgeschäfte<br />
konzentriert. Design, Build, Maintain,<br />
Finance und Operate (DBFMO) werden als effektives<br />
Instrument für Wohnungsbau- und Infrastrukturprojekte<br />
betrachtet. Alle staatlichen<br />
Wohnungsbauprojekte mit einem Auftragswert<br />
von mehr als 25 Millionen Euro und Infrastrukturprojekte<br />
mit einem Auftragswert von mehr als<br />
60 Millionen Euro werden, wenn ein Mehrwert<br />
nachgewiesen ist, als PPP-Projekt realisiert. Daher<br />
wird vor dem Projektbeginn ein öffentlich-privater<br />
Vergleich durchgeführt, in dessen Rahmen ein traditionelles<br />
Verfahren mit einem innovativen, ganzheitlichen<br />
Ansatz verglichen wird.<br />
Wissenstransfer steigern<br />
Die niederländische Regierung fördert die eigenen<br />
PPP-Kenntnisse. Es wurde die Organisation<br />
PPSsupport gegründet, um örtlichen Behörden<br />
und halbprivaten Gesellschaften praktische Unterstützung<br />
bei der erstmaligen Durchführung eines<br />
PPP-Projekts zu bieten. Sie steht auch privaten<br />
Unternehmen zur Verfügung. So werden DBFMO-<br />
Modellverträge und Ausschreibungsbeispiele, sowohl<br />
für Wohnungsbau- als auch für Infrastrukturprojekte,<br />
bereitgestellt. Diese Dokumente wurden<br />
in enger Zusammenarbeit mit privaten Partnern<br />
erstellt. Die englischen Versionen finden sich auf<br />
der Website von PPS unter www.pps.bijhetrijk.nl/<br />
publicaties.<br />
175
Niederlande: erste PPP-Projekte zur Realisierung von Schulen, Krankenhäusern, Museen, Schwimmbädern und Sporteinrichtungen<br />
sowie für den öffentlichen Personenverkehr sind angelaufen<br />
Private Gesellschaften haben PPS Netwerk Nederland<br />
gegründet, um Fachwissen zu vermitteln und<br />
die örtlichen Behörden dazu anzuregen, PPP-Projekte<br />
umzusetzen. Regelmäßig werden Workshops<br />
und Treffen organisiert.<br />
Städte und Kommunen beginnen allmählich mit<br />
der Umsetzung von PPP. Auf lokaler Ebene können<br />
Stadträte, Gemeinden und Kommunen für<br />
sich entscheiden, ob sie DB(F)MO einführen<br />
möchten, um bessere Ergebnisse zu erzielen und<br />
für mehr Kosteneffizienz zu sorgen. Die ersten<br />
PPP-Projekte zur Realisierung von Schulen, Krankenhäusern,<br />
Museen, Schwimmbädern und Sporteinrichtungen<br />
sowie für den öffentlichen Personenverkehr<br />
sind bereits im Gange. Dabei konnte<br />
ein Unterschied festgestellt werden: Behörden auf<br />
niedrigerer Ebene neigen dazu, sich für weniger<br />
stark integrierte Formen wie Design and Build,<br />
(DB) oder Design, Build and Maintain (DBM) zu<br />
entscheiden.<br />
Im DB(F)MO-Fortschrittsbericht 2012 der niederländischen<br />
Regierung an das Parlament wird<br />
ausgeführt, dass sich der Mehrwert bzw. die Einsparungen<br />
der PPP-Projekte im Vergleich zu traditionellen<br />
Beschaffungsvarianten durchschnittlich<br />
auf Beträge von 10 bis 15 Prozent belaufen. Bei<br />
allen Projekten wurden Zeit- und Kostenrahmen<br />
eingehalten. Insgesamt beläuft sich der Effizienzvorteil<br />
der PPP-Projekte auf 800 Millionen Euro.<br />
Weitere 100 Millionen werden für das kommende<br />
Jahr erwartet. Einen vollständigen Überblick<br />
finden Sie auf der Website von PPP Netwerk<br />
Nederland unter www.ppsnetwerknederland.nl/<br />
projectendatabase.<br />
Komplexes Verfahren<br />
Beim Ausschreibungsverfahren für den Abschluss<br />
eines PPP-Projekts müssen die Projektziele eindeutig<br />
festgelegt, eine effektive Ausschreibungsstrategie<br />
entwickelt und beide deutlich kommuniziert<br />
werden. Es müssen Leistungsvorgaben<br />
gemacht, ein Überwachungssystem und ein<br />
Zah lungsmechanismus erdacht werden, um sicherzustellen,<br />
dass während der Vertragsdauer<br />
die Qualität der vereinbarten Maßnahmen und<br />
Dienstleistungen gesichert bleibt. Oft wird angenommen,<br />
dass es während des Ausschreibungsverfahrens<br />
wenig Möglichkeiten gibt, die Ergebnisse<br />
zu beeinflussen. Das hat vor allem damit zu<br />
176
tun, dass der Architekt auf der Seite des privaten<br />
Partners tätig ist. Der integrale Ansatz und das<br />
komplizierte Verfahren verlangen der Projektorganisation<br />
viel ab, sowohl auf Seiten der öffentlichen<br />
Hand als auch des Privaten. Örtliche Entscheidungsträger<br />
kann dies abschrecken und sie<br />
entscheiden sich oft für den traditionellen Ansatz,<br />
obwohl ihnen die Nachteile, die dieser mit sich<br />
bringt, bewusst sind.<br />
ren lag. Der Begriff Brutalismus wurde von dem<br />
schwedischen Architekten Hans Asplund geprägt<br />
und leitet sich ab von béton brut, dem französischen<br />
Ausdruck für Sichtbeton.<br />
Das Finanzministerium verfügte über eine Fläche<br />
von 66.000 Quadratmetern, die sich über vier<br />
Etagen und zwei Untergeschosse erstreckten. Außerdem<br />
besaß es ein Parkhaus für 365 Autos. Im<br />
Gebäudeinneren gab es zwei große Gärten. Im<br />
Jahr 2002 waren sowohl Installationen als auch<br />
die Inneneinrichtung veraltet und es wurden Pläne<br />
für die Renovierung erstellt. Das Gebäude war<br />
zu diesem Zeitpunkt bei den Einwohnern von<br />
Den Haag nicht allzu beliebt und es gab einige<br />
Veraltet und nicht allzu beliebt: das ehemalige Gebäude des Finanzministeriums in Den Haag aus dem Jahr 1975<br />
Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass PPP zu<br />
hervorragenden Ergebnissen führt, sowohl was<br />
die Einhaltung von Zeit- und Kostenrahmen angeht<br />
als auch hinsichtlich der Qualität des Entwurfs.<br />
Der Prozess führt meist zu unerwartet positiven<br />
Ergebnissen in diesem Bereich. Das erste<br />
PPP-Projekt der niederländischen staatlichen Behörden,<br />
die Renovierung des Gebäudes des Finanzministeriums<br />
in Den Haag, ist ein hervorragendes<br />
Beispiel dafür. Dieses Projekt wurde vor<br />
knapp fünf Jahren fertiggestellt und ist seitdem ein<br />
großartiger Arbeitsplatz!<br />
Das Finanzministerium<br />
Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1975 und<br />
wurde im Architekturstil des Brutalismus erbaut,<br />
dessen Blütezeit in den 1950er und 1960er Jah-<br />
überzeugende Argumente für den Abriss des Gebäudes.<br />
Aufgrund seiner einzigartigen Merkmale<br />
– es gibt nur wenige brutalistische Gebäude in<br />
den Niederlanden – wurde beschlossen, das Gebäude<br />
zu renovieren.<br />
2003 wurde ein Public Sector Comparator (PSC)<br />
für das Projekt durchgeführt. Nach langen Überlegungen<br />
fiel die Entscheidung für das erste<br />
DBFMO-Ausschreibungs- und Vergabeverfahren<br />
eines Regierungsgebäudes. Es wurde berechnet,<br />
dass das Verfahren im Vergleich zu einer traditionellen<br />
Beschaffungsvariante möglicherweise einen<br />
177
Erfolgreich abgeschlossenes PPP-Projekt: das renovierte Finanzministerium im Modell<br />
Effizienzvorteil von 8 bis 13 Prozent bieten könnte.<br />
Hier einige Einzelheiten:<br />
x 25-jährige anschließende Vertragsdauer<br />
x Erfolgshonorar basierend auf der Verfügbarkeit<br />
des Gebäudes und der Qualität der<br />
Dienstleistungen<br />
x Betrieb umfasst u.a. Catering, Sicherheitsdienst,<br />
Reinigungsdienst, Möblierung und<br />
Energieversorgung<br />
x Klar formulierte Leistungsvorgaben: Dadurch<br />
haben die konkurrierenden Unternehmen die<br />
Möglichkeit, kreative und innovative Lösungen<br />
vorzuschlagen.<br />
x Überwachungs- und Zahlungsmechanismen als<br />
Ecksteine für einen erfolgreichen Betrieb. Das<br />
betrifft die Methode der Qualitätsbewertung<br />
und die finanziellen Konsequenzen, wenn das<br />
Leistungsniveau nicht dem Standard entspricht.<br />
x Kapitalwert von maximal 190 Millionen Euro<br />
x Vergabekriterien: Entwurf 40 Prozent, Funktionalität<br />
40 Prozent und Flexibilität 20 Prozent<br />
Die Vorbereitungen für das Ausschreibungsverfahren<br />
begannen im Januar 2004. Die Projektorganisation<br />
bestand aus mehreren kleinen Teams<br />
(Ausschreibung, Recht, Technik und Finanzen),<br />
die eng zusammenarbeiteten. Das europäische<br />
Ausschreibungsverfahren wurde im August 2004<br />
bekannt gegeben und der bevorzugte Bieter im<br />
Februar 2006 beauftragt. Die Renovierung begann<br />
im Januar 2007 und war Ende 2008 abgeschlossen.<br />
Alles verlief plangemäß.<br />
Gelungene, moderne Gestaltung<br />
Der Auftrag wurde an das Konsortium Safire BV,<br />
bestehend aus den Unternehmen Strukton, Burgers<br />
Ergon, GTI, ISS Facility Services und einem<br />
Investmentfonds von ABN AMRO und dem niederländischen<br />
Infrastrukturfonds, zu einem Preis<br />
von 173 Millionen Euro netto vergeben. Dieser<br />
Preis war um 15 Prozent niedriger als mit der<br />
PSC-Variante. Architekt des Gebäudes war Jeroen<br />
van Schooten von „Meyer und Van Schooten“.<br />
Die Gestaltung zeigt einen besonders ganzheitlichen<br />
und konzeptuellen Ansatz und bietet viel<br />
Mehrwert:<br />
x Die Schaffung eines Atriums, indem der kleinere<br />
Garten überdacht wurde. Im Atrium wurde<br />
ein Besprechungszentrum in der ersten Etage<br />
geschaffen. Auf dem Dach des Konferenzraums<br />
wurde ein schöner Indoor-Garten angelegt. Zen-<br />
178
trale Funktionsbereiche wie die Bibliothek und<br />
das Restaurant wurden außen herum gruppiert.<br />
x Das Gebäude ist durch die Schaffung eines neuen<br />
zentralen Gebäudeeingangs statt der vorherigen<br />
zwei Eingänge zugänglicher geworden.<br />
Dadurch konnten Kosten für Empfang und Sicherheit<br />
reduziert werden und die gesamte Logistik<br />
des Gebäudes wurde effizienter. Durch<br />
den Bau eines großen Tors an der Korte-Voorhout-Seite<br />
und eines kleinen Tors an der Casuariestraat<br />
entsteht ein Hof, der der Stadtgeschichte<br />
von Den Haag entspricht.<br />
x Das gesamte Gebäude ist mit einem Sprinklersystem<br />
ausgerüstet. Das Gebäude verfügt<br />
daher über eine große Gestaltungsfreiheit bei<br />
der Raumaufteilung und kann so an organisatorische<br />
Änderungen einfach angepasst<br />
werden.<br />
x Es wurde eine Glasfassade um das Gebäude errichtet.<br />
Diese verleiht dem Gebäude nicht nur<br />
ein transparentes und modernes Aussehen, sondern<br />
wirkt sich auch positiv hinsichtlich Nachhaltigkeit<br />
und Energiekosten aus.<br />
x Safire gewann 2007 mit diesem Entwurf den<br />
Dutch Building Award.<br />
Gewonnene Erkenntnisse<br />
Viele der oben genannten Merkmale wären nicht<br />
erreicht worden, wenn das Projekt auf traditionelle<br />
Weise realisiert worden wäre. Die Dauer des<br />
Vertrags, die inbegriffenen Dienstleistungen und<br />
der Wettbewerb der Ausschreibung ermöglichten<br />
einen anderen Ansatz und animierten Safire BV<br />
und ihren Architekten, einige mutige Entscheidungen<br />
zu treffen.<br />
Für aktuelle und zukünftige PPP-Ausschreibungen<br />
hier einige Empfehlungen, die auf den Erfahrungen<br />
dieses PPP-Projekts beruhen:<br />
x Ein deutlich kommuniziertes und gemeinsam<br />
erklärtes Projektziel. Für die PPP-Renovierung<br />
des Finanzministeriums bedeutete das:<br />
X ein modernes, transparentes und flexibles Gebäude,<br />
das für die organisatorischen Prozesse<br />
geeignet ist und eine schöne Arbeitsatmosphäre<br />
bietet<br />
X Abschluss des Ausschreibungsverfahrens und<br />
Realisierung des Baus unter Einhaltung des<br />
Zeit- und Kostenrahmens<br />
Eine transparente Glasfassade verleiht dem brutalistischen Gebäude ein modernes Aussehen<br />
179
Mit der Überdachung des kleineren Gartens entstand ein<br />
Atrium im Finanzministerium<br />
x Nach vorn schauen, eine Strategie entwickeln<br />
und prüfen. Am Anfang des Projekts wurden<br />
Strategiesitzungen mit den Beteiligten und Experten<br />
organisiert. Es gab zügige Diskussionen<br />
über die wichtigen Entscheidungen, die gefällt<br />
werden mussten, um das Projektziel zu<br />
erreichen. Themen waren Vertragsdauer, Umfang,<br />
Ausschreibungsstrategie, Planung, Budget<br />
und Auftragsvergabekriterien. Es wurden<br />
interne Protokolle erstellt, wie während des<br />
Aus schreibungsverfahrens vorzugehen und<br />
zu arbeiten sei. Es fanden regelmäßige Teamsitzungen<br />
statt, um die Ergebnisse der letzten<br />
Projektphase auszuwerten und die nächste<br />
vorzubereiten.<br />
x Vorbereitet sein. Als die europäische Ausschreibung<br />
veröffentlicht wurde, waren 80 Prozent<br />
der Arbeit am Vertrag und den Leistungsvorgaben<br />
abgeschlossen.<br />
x Kritisch hinsichtlich der eigenen Arbeit sein.<br />
Wir organisierten die Prüfung unserer Ausschreibungs-<br />
und Vertragsunterlagen (finanziell,<br />
technisch und juristisch) durch Sachverständige,<br />
um diese vor ihrer Versendung zu<br />
verbessern.<br />
x In kleinen Teams und mit einem integralen Ansatz<br />
arbeiten. Die juristischen und technischen<br />
Teams sowie das Finanzteam arbeiteten eng zusammen.<br />
Wir erkannten schnell, dass dies die<br />
einzige Möglichkeit war, das Projekt erfolgreich<br />
umzusetzen. Am Anfang war es nicht einfach,<br />
weil sich die Teams und Menschen in ihrer Art<br />
und Weise zu arbeiten und zu kommunizieren<br />
stark voneinander unterschieden.<br />
x Innovativ arbeiten: Die Leistungsvorgaben<br />
wurden mittels eines digitalen Modells erstellt<br />
(briefbuilder®). Es konnte auf alle Anforderungen<br />
und Leistungskriterien hinsichtlich Bau<br />
und Betrieb einfach zugegriffen werden, Änderungen<br />
an dem Modell konnten einfach umgesetzt<br />
werden. Das Modell wurde außerdem zur<br />
Überprüfung genutzt.<br />
x Mit gutem Beispiel vorangehen. Die Planung<br />
war heilig. Alle Unterlagen wurden pünktlich<br />
überreicht. Das ist für die Glaubwürdigkeit als<br />
öffentlicher Auftraggeber entscheidend.<br />
x Kooperativ sein. Ein PPP an sich bedeutet,<br />
zusammenzuarbeiten, ein wachsames Auge<br />
auf die Bedürfnisse und Interessen der anderen<br />
Partei zu haben und Verständnis für diese<br />
aufzubringen.<br />
x Entschlussfreudig sein. Halten Sie die Entscheidungsträger<br />
und die wichtigsten Beteiligten jederzeit<br />
auf dem Laufenden und sprechen Sie regelmäßig<br />
mit ihnen.<br />
Ein entscheidender Vorteil, den PPP-Projekte gegenüber<br />
der traditionellen Beschaffungsvariante<br />
haben, ist, dass die Abläufe und Verfahren das Projektteam<br />
dazu erziehen, sich gut auf den Projektbeginn<br />
vorzubereiten. Ich hoffe aufrichtig, dass<br />
sich PPP in den Niederlanden in den nächsten<br />
Jahren weiter durchsetzen wird und die gewonnenen<br />
Erkenntnisse auch bei traditionellen Projekten<br />
genutzt werden.<br />
180
PPP in Luxemburg: Sport und Freizeit im<br />
Parc des Sports Oberkorn<br />
Von Henri Krecké<br />
Überrascht waren wir schon, als es urplötzlich hieß: „ … and the winner<br />
is Differdange.“ Nach der Überraschung über die Auszeichnung mit dem<br />
„Innovationspreis PPP 2012“ folgte dann aber eine gewisse Genugtuung,<br />
denn den noch unbekannten PPP-Weg vor über vier Jahren in Luxemburg<br />
zu beschreiten war eher mit einem Marathon als mit einem gemütlichen<br />
Waldlauf zu vergleichen.<br />
Trotz vieler Unkenrufe und teils einseitiger Kritik<br />
hielt die Stadt Differdingen an ihrem Kurs fest<br />
und erntet heute erste Lorbeeren für ihre Courage.<br />
Außer dem preisgekrönten Bau von drei<br />
Fußballfeldern mit Tribüne und Parkhaus gibt<br />
es noch ein zweites Projekt, den Bäderkomplex<br />
Aquasud mit Wellness und Fitness. Als Trumpfkarte<br />
der PPP-Projekte Oberkorn sticht ein Masterplan<br />
hervor, der sich sowohl mit den bestehenden<br />
Sportinfrastrukturen als auch mit den neuen<br />
Nutzungsflächen befasst.<br />
Masterplan und Synergieeffekte<br />
Bevor ein erster Spatenstich erfolgte, saß das<br />
dreiköpfige Projektteam der Stadt Differdingen<br />
– bestehend aus Sportschöffe Jean Lorgé, Stadtarchitekt<br />
Manuel Lopes Costa und mir – in über<br />
50 Gesprächsrunden mit den begleitenden Beraterteams<br />
zusammen, um Bau-, Qualitäts- und<br />
Ausstattungsbeschreibungen sowie die Unterhalts-,<br />
Betriebs- und Dienstleistungen im Detail<br />
zu erstellen.<br />
Insgesamt umfasst das Sportareal „Parc des<br />
Sports“ eine Gesamtfläche von zirka 93.000 Quadratmetern.<br />
Darauf befinden sich heute eine Multisporthalle<br />
mit den festgeschriebenen Normen<br />
und Markierungen für alle Hallensportarten auf<br />
Parkettboden und einer Tribünenkapazität von<br />
842 Zuschauerplätzen, die sowohl für Sport als<br />
auch für Musikevents oder Ausstellungen wie<br />
Henri Krecké, Secrétaire<br />
communal der<br />
Stadt Differdingen,<br />
Luxemburg<br />
Musikbazar, Wohnungsmesse „Urban<br />
Living“, Hobby- oder Trödelwarenmarkt<br />
u.a. dient. Verschiedene kleinere Säle im Untergeschoss<br />
dienen hauptsächlich den Kampfsportlern<br />
sowie den im Sportpark aktiven Vereinen für<br />
intensivere Muskelaufbautrainings. Daneben ermöglicht<br />
eine Turnhalle mit internationalem Format<br />
alle Disziplinen: vom Bodenturnen bis hin<br />
zum Geräteturnen sowie in einem zweiten Saal<br />
auch rhythmische Tanzdarbietungen.<br />
Angrenzend an die Multisporthalle und über einen<br />
gemeinsamen Eingangsbereich erreichbar, steht<br />
das mittlerweile 40-jährige Schwimmbecken, ein<br />
25-Meter-Becken mit 5 Bahnen. Dieses wird Ende<br />
2013 dem Bäderkomplex Aquasud weichen. Nach<br />
dem Abriss entsteht hier eine weitere Planungseinheit<br />
des Sportparks. Die Wärmezufuhr erfolgt<br />
über ein Nahwärmenetz gekoppelt an ein Gasblockheizkraftwerk<br />
mit einer Gesamtleistung von<br />
4,1 Megawatt, das auf dem Areal installiert wurde<br />
und neben den Sportanlagen das angrenzende<br />
Wohnviertel, zwei Schulen, eine Kirche sowie ein<br />
Kulturzentrum energetisch beliefert.<br />
Lage und Zufahrt<br />
Ein großes Plus des Parc des Sports ist seine Nähe<br />
zum Schienennetz, die Haltestelle Oberkorn befindet<br />
sich knapp 200 Meter entfernt und ermöglicht<br />
eine problemlose Vernetzung mit den anderen<br />
Regionen des Landes bei größeren Sport- oder<br />
INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />
181
Kulturevents. In Zusammenarbeit mit der Eisenbahngesellschaft<br />
wurde dieser Halt näher an den<br />
Sportpark verlegt und eine behindertengerechte<br />
Rampe verbindet das Areal mit dem Bahnsteig.<br />
Außerdem ist am Eingang zum Sportpark eine<br />
Haltestelle der regionalen sowie der städtischen<br />
Buslinien vorhanden.<br />
Das auf dem Areal neu gebaute Parkhaus hat eine<br />
Kapazität von 522 PKWs und 44 Nutzfahrzeugen.<br />
Zusätzlich werden für Kurzzeitparker, z.B. Kiss<br />
and go für Eltern, die ihre Kinder zum Sportverein<br />
bringen, im Außenbereich 15 Stellplätze sowie<br />
3 Bushalteplätze eingerichtet. Die zentralurbane<br />
Lage des Parc des Sports ermöglicht darüber<br />
hinaus etlichen Nutznießern aus der Stadt eine<br />
Anbindung über die Fahrradwege oder per pedes.<br />
König Fußball<br />
Das Fußballstadion verfügt neben dem Hauptspielfeld<br />
über ein synthetisches Feld mit den vorgeschriebenen<br />
Normen und über ein zweites<br />
kleineres Naturrasenfeld. Die Haupttribüne bietet<br />
insgesamt 1.820 überdachte Sitzplätze und verfügt<br />
neben den Sozial-, Sanitär- und Vereinsräumen<br />
über einen Gastronomiebereich mit VIP-Areal<br />
sowie über die notwendigen Einrichtungen für<br />
die Medien. Auf der Gegengerade befinden sich<br />
400 nicht überdachte Sitzplätze und ein kleinerer<br />
Ausschank. Die nicht überdachten Sitzreihen<br />
zum tiefer gelegenen synthetischen Spielfeld bieten<br />
zirka 1.500 Zuschauern Platz. Mittels Aufzug<br />
und großzügig angelegten Gängen wird Rollstuhlfahrern<br />
ermöglicht, alle Einrichtungen der<br />
Haupttribüne zu nutzen, und extra eingerichtete<br />
Plätze mit Panoramaübersicht auf das Spielfeld<br />
stehen ihnen selbstverständlich auch zur Verfügung.<br />
Nicht von ungefähr hat diese Sportanlage<br />
beim Fußballverband sowie bei den Vereinen großen<br />
Gefallen gefunden und diente schon als Austragungsort<br />
mehrerer internationaler Spiele. Es lagen<br />
sogar konkrete Entwürfe für einen möglichen<br />
Ausbau als Nationalstadion mit einer Fassungskapazität<br />
von über 8.000 überdachten Sitzplätzen<br />
vor, die kurzzeitig als mögliche Alternative zur<br />
bestehenden Sportinfrastruktur in Luxemburg<br />
Stadt gehandelt wurden.<br />
Neben dem Nutzen als Sportstätte wurde das<br />
Sportstadion von Anfang an so konzipiert, dass<br />
auch andere Musik- und Kulturevents hier stattfinden<br />
können. So ermöglichen eingeplante<br />
Fluchtwege, infrastrukturelle Verstärkungen und<br />
Anbindungen das Veranstalten von Events mit einer<br />
Zuschauerkapazität von mindestens 15.000<br />
Personen.<br />
Termingerecht zum 1. August 2012 hat der Auftragnehmer,<br />
die Strabag AG, das städtische Stadion<br />
fertiggestellt und am 5. August erfolgte der<br />
Anpfiff in die diesjährige Meisterschaft mit einem<br />
Auftaktderby als Leckerbissen.<br />
Alternative Energien und Ökokonzept<br />
Luftaufnahme des Gesamtareals: vorne rechts die Multisport-<br />
und die Turnhalle, linker Hand vom Stadion das Parkhaus<br />
sowie das Freilichtbad und der sich im Bau befindliche<br />
Bäderkomplex Aquasud, im Hintergrund führt die Bahnlinie<br />
unmittelbar am Sportpark vorbei<br />
Neben dem bereits erwähnten Nahwärmenetz<br />
befinden sich zwei Photovoltaikanlagen im Sportpark,<br />
eine dritte ist in Planung. Interessant zu<br />
erwähnen ist hierbei, dass die auf dem Stadiondach<br />
angebrachte Anlage mit einer Leistung von<br />
185 kWp mittels Bürgerbeteiligung gebaut wurde.<br />
So sind heute 47 Differdinger Bürger Mitinhaber<br />
dieser umweltfreundlichen Anlage.<br />
Beim Bau aller Anlagen wird auf den Einsatz umweltfreundlicher<br />
Materialien geachtet und über<br />
182
eine Zisterne wird die Spielfeldberieselung mit<br />
Regenwasser beliefert. Das Oberflächenwasser<br />
auf dem Areal wird in offen liegende und kaskadenhaft<br />
angelegte Versickerungsgräben für Oberflächenwasser<br />
geleitet. Der Bäderkomplex entspricht<br />
den neuesten Wärmeschutzverordnungen<br />
und verfügt über den entsprechenden Energiepass.<br />
Die bereits geschilderte Nähe zu den öffentlichen<br />
Transportmitteln sowie eine optimierte<br />
zentrale Anbindung per Fahrrad oder zu Fuß sollen<br />
die Autoanfahrten mindern.<br />
Reinigung und Unterhalt<br />
Bei beiden PPP-Verfahren wurden neben dem<br />
Bau zusätzlich der Unterhalt, die Reinigung und<br />
der Betrieb über 25 Jahre vertraglich mit dem<br />
Auftragnehmer geregelt. Nicht ins Preiskalkül des<br />
PPP-Verfahrens „Stadion und Parkhaus“ einbezogen<br />
sind die Einnahmen der Parkgebühren sowie<br />
der Betrieb des Gastronomiebereichs.<br />
Im Bäderkomplex Aquasud, in dem der Auftragnehmer<br />
sämtliche Einnahmen und Ausgaben in<br />
eigener Verantwortung trägt, sieht das Wirtschaftlichkeitskonzept<br />
eine geteilte Haftungsregelung<br />
vor, die festlegt, dass sich beide Parteien – Auftraggeber<br />
und Auftragnehmer – jeweils „den Kuchen<br />
teilen“ müssen. Sollte beispielsweise die<br />
Jahresbilanz schlechter sein als durchschnittlich<br />
anhand der Zahlen der Vorjahre erwartet, so<br />
teilen sich ggf. beide Partner die vorhandenen<br />
Mehrausgaben. Sollte hingegen das Betriebsjahr<br />
besser als erwartet ausfallen, so wird auch der positive<br />
Mehrbetrag unter beiden Parteien geteilt.<br />
Diese Abmachung dürfte beim Auftragnehmer<br />
den Anreiz schaffen, ein bestmögliches Resultat,<br />
sprich ein Maximum an Kunden, anzuziehen.<br />
Dies geschieht nur im Einklang mit einem tadellosen<br />
Angebot und entspricht somit voll und ganz<br />
dem Wunsch des Auftraggebers.<br />
Erstes Fazit<br />
Bereuen wir mittlerweile den PPP-Weg? Die Antwort<br />
fällt ganz klar aus: NEIN. Auch wenn es<br />
Eine für Amateurverhältnisse gute Kulisse beim Meisterschaftsauftaktspiel<br />
am 5. August 2012<br />
noch verfrüht erscheint, um fundierte Aussagen<br />
über Betriebsleistungen zu machen, so kann heute<br />
schon ganz klar festgestellt werden, dass in<br />
puncto Bauplanung, Termineinhaltung und, ganz<br />
besonders, Projektkosten das PPP-Verfahren eindeutiger<br />
Testsieger im Vergleich zu klassischen<br />
öffentlichen Projekten ist, wo leider immer noch<br />
allzu oft Fehlplanungen mit Verzögerungen und<br />
Mehrkosten auf der Tagesordnung stehen. Bei<br />
diesen Projekten standen uns die Beratungsteams<br />
von Ernst & Young, Universum Architekten,<br />
Schroeder & Associés Ingenieurbüro und Luther<br />
und Theisen Rechtanwaltskanzleien kompetent<br />
zur Verfügung. Das kommt nicht von ungefähr:<br />
In meiner mittlerweile 23-jährigen kommunalen<br />
Berufserfahrung war ich noch nie an einem Projekt<br />
beteiligt, in dem auf die gleiche akribische<br />
Art und Weise bis ins kleinste Detail in etlichen<br />
Projektrunden an den Schräubchen und Rädchen<br />
gedreht wurde. Dies müsste eigentlich immer so<br />
sein, ist aber keinesfalls der Fall. Die PPP-Verfahren<br />
waren eine sehr interessante Erfahrung und<br />
ein Weg, den ich persönlich bereits morgen erneut<br />
einschlagen würde.<br />
Zukunftsplanungen<br />
Im Herbst dieses Jahres wird der Bäderkomplex<br />
Aquasud, das zweite PPP-Projekt, mit seinem<br />
25-Meter-Sportbecken mit 6 Bahnen, seinen<br />
Lehrschwimmbecken, dem Planschbecken<br />
für Kleinkinder und den Vergnügungsbecken mit<br />
Wasserrutschen, Massagedüsen, externem Strö-<br />
183
Das kommunale Stadion in Oberkorn kurz vor seiner Inbetriebnahme im August 2012<br />
mungskanal etc. seine Türen öffnen. Neben dem<br />
Wassersport bietet er zusätzlich eine Wellnesslandschaft<br />
sowie moderne Fitnesseinrichtungen<br />
mit Kardiogeräten und Gruppenkursen und eine<br />
Kinderbetreuung.<br />
Ein wesentlicher Synergieeffekt zwischen Alt<br />
und Neu besteht in der Anbindung des bereits<br />
renovierten Freilichtbades an den neuen Bäderkomplex.<br />
Diesem Umstand wurde bei den Planungen<br />
Rechnung getragen, um vor allem eine<br />
intensivere Nutzung der Außenbecken zu ermöglichen,<br />
wissend, dass in unseren Breitengraden<br />
nicht tagtäglich mit einem mediterranen Wetter<br />
zu rechnen ist. Auch bewirkt diese Ankopplung<br />
eine bessere Kosteneffizienz und trägt zu einer<br />
eindeutigen Attraktivitätssteigerung bei. Bäderanlagen<br />
mit einem großzügigen Angebot sowohl im<br />
Innen- als auch im Außenbereich sind doch eher<br />
Mangelware.<br />
Im Eingangsbereich des Sportparks, angrenzend<br />
an den Bäderkomplex, plant ein Privatinvestor<br />
den Bau eines Hotels mit 66 Zimmern, Bar-<br />
Lounge, Tagungsräumen und Restaurant. Das<br />
entsprechende Projekt wird in enger Zusammenarbeit<br />
mit der Stadtverwaltung, derzeitige Besitzerin<br />
des Grundstücks, ausgearbeitet.<br />
Des Weiteren hat die Stadt Differdingen noch<br />
drei weitere Planungseinheiten in der Reserve.<br />
So wurden u.a. schon intensive Gespräche mit<br />
Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor geführt,<br />
und auch Schulinfrastrukturen oder ein Indoor-Spielplatz<br />
wären in diesem Multisportareal<br />
mit Sicherheit keine Fehlplanung. Insgesamt umfassen<br />
die Planungen eine Grundfläche von ca.<br />
10.000 Quadratmetern. Betrachtet man die bereits<br />
vorhandenen Sportinfrastrukturen, die Verkehrsanbindung<br />
und die sich in der Planung oder<br />
im Bau befindlichen Projekte, so bergen diese Planungseinheiten<br />
ein enormes Potenzial sowohl für<br />
öffentliche als auch für private Investoren.<br />
Nicht von ungefähr ist der Parc des Sports der<br />
Stadt Differdingen ein Sportjuwel im Kleinstaat<br />
Luxemburg, und getrost kann man die Stadt Differdingen<br />
mit ihren 44 im Sportbereich aktiven<br />
Vereinen, die bereits etliche Meistertitel gewonnen<br />
haben, als eine äußerst aktive, dynamische<br />
Stadt im Wandel bezeichnen.<br />
184
PPP in Kanada: Pragmatischer Umgang mit PPP<br />
Von Carsten Müller<br />
Kanada hat in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich den Ausbau<br />
der öffentlichen Infrastruktur vorangetrieben und dabei die Beschaffungsvariante<br />
PPP als alternatives Modell eingeführt und kontinuierlich<br />
ausgeweitet. Bei der Entscheidung für diese Beschaffungsvariante ist die<br />
Einhaltung des Budget- und Zeitrahmens ein wesentlicher Faktor.<br />
Heute wird ein Großteil der Infrastruktur über<br />
die Beschaffungsvariante PPP erfolgreich an private<br />
Partner vergeben. Als wesentlicher Vorteil<br />
dieser Beschaffungsvariante wird in Kanada immer<br />
wieder zuerst die Einhaltung der Budgetund<br />
Zeitrahmen genannt. Dies ist ein hohes Gut,<br />
bedenkt man, wie schädlich sich Projekte für alle<br />
Projektbeteiligten auswirken, wenn diese Ziele<br />
nicht eingehalten werden. Mit dem Eingeständnis,<br />
dass der Kapselung von Risiken Kosten gegenüberstehen,<br />
wird klar, dass dieser Beschaffungsprozess,<br />
insbesondere wenn große Risiken<br />
zu kontrollieren sind, sehr sinnvoll sein kann.<br />
Traditional<br />
Base Costs Financing Costs Ancillary Costs<br />
Private Sector<br />
Risk Premium<br />
Value for<br />
money<br />
PPP<br />
Retained Risk<br />
Vergleich der Kosten- und Risikostruktur zwischen einer<br />
traditionellen Beschaffungsvariante und PPP<br />
PPP versus klassische<br />
Beschaffungsvariante<br />
In den Veröffentlichungen von „The<br />
Canadian Council for Public-Private-<br />
Partnerships“ findet sich eine Darstellung des Begriffs<br />
Value for Money im Zusammenhang mit<br />
Gesamtprojektkosten eines PPP-Projekts. Interessant<br />
ist die Darstellung der Risikoprämie einer<br />
PPP-Variante gegenüber einer traditionellen Beschaffung.<br />
Dieser Aspekt wird bei Diskussionen<br />
in Deutschland über die Realisierung von PPP-<br />
Projekten gerne im Nachhinein angeführt. Somit<br />
gerät die Diskussion aber in ein falsches Licht.<br />
Die virtuelle Risikobetrachtung kann nur vor Ausführung<br />
eines Projekts abgeschätzt werden, nicht<br />
danach. Wichtig hierbei ist die Einsicht, dass der<br />
Betrag, der am Ende zu bezahlen ist, eben nicht<br />
nur gegen das Anfassbare zu rechnen ist, sondern<br />
auch in Zeit, Verlässlichkeit, Kostensicherheit<br />
und Risikotransfer. Eine offene Diskussion hierüber<br />
würde sicherlich auch in Deutschland das<br />
Verständnis dafür wecken, welchen Preis man<br />
am Ende zahlt, wenn es nur um die vordergründig<br />
günstigere Variante geht ohne ausreichende<br />
Berücksichtigung der Risiken. Jüngste Beispiele<br />
bei deutschen Großprojekten zeigen, dass Kosten<br />
aus dem Ruder laufen und Terminpläne nicht<br />
eingehalten werden. Wenn ein Projekt, das nicht<br />
als PPP ausgeschrieben wurde, in Bezug auf Kosten<br />
und Zeit den Rahmen sprengt, sollte man die<br />
Chance nutzen und genau analysieren, welches<br />
Risiko tatsächlich eingetreten ist und wie es sich<br />
Carsten Müller ist<br />
Senior Projektleiter<br />
bei der Bilfinger<br />
Hochbau GmbH,<br />
Niederlassung Project<br />
Development.<br />
INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />
185
monetär auswirkt. Das Resümee sollte also sein,<br />
dass man die Risiken verfolgt, geeignetes Datenmaterial<br />
zur Verfügung hat und dieses richtig bewertet.<br />
Dann trifft man die richtige, langfristig<br />
wirtschaftlichere Entscheidung, vor der Projektausführung.<br />
Dies erfordert kontinuierliches Monitoring,<br />
einen gewissen Deal-Flow und den Mut,<br />
auch eine Lernkurve zu akzeptieren.<br />
Öffentliche Großprojekte in Ontario<br />
Für die Vergabe und Durchführung öffentlicher<br />
Großprojekte in der Provinz Ontario ist „Infrastructure<br />
Ontario“ (IO) mit Sitz in Toronto zuständig.<br />
Dort werden Projekte vorbereitet und<br />
zur Reife geführt, während des Baus betreut<br />
und später während der Betriebsphase gebündelt<br />
gemanagt. Zum Vorteil der Bündelung des<br />
Know-hows kommt hinzu, dass IO nicht nur<br />
für die über 30 Jahre laufenden Design-Build-<br />
Finance-Maintain-Verträge (DBFM) zuständig<br />
ist, sondern auch für gewissermaßen reine GU/<br />
GÜ-Vergaben, die mehr als 20 Millionen kanadische<br />
Dollar (rund 14,8 Millionen Euro) inklusive<br />
Bauzeitfinanzierung betragen. Diese werden als<br />
Design-Build-Finance- Projekte (DBF) bezeichnet.<br />
Mit dieser Flexibilität kann ein Projekt ohne<br />
Zuständigkeitswechsel zwischen der DBF- und<br />
der DBFM-Variante wech seln, was häufiger geschieht.<br />
Die Abwägung der Kosten-Risiko-Analyse<br />
und die Ermittlung des Public Sector Comparator<br />
(PSC) kann jederzeit überprüft und korrigiert<br />
Erfolgreiches PPP-Projekt: das Women‘s College Hospital<br />
im kanadischen Toronto<br />
werden, bis der Vergabeweg entschieden ist. Genauso<br />
verhält es sich mit der Lebenszyklusbetrachtung.<br />
Die Frage, ob die Unterhaltung für einen<br />
sehr langen Zeitraum vergeben werden soll<br />
und ob der private Partner das Risiko der Auskömmlichkeit<br />
eines Instandhaltungsbudgets tragen<br />
soll, wird von der gleichen Stelle geprüft und<br />
entschieden. So ist alles einem ständigen Prozess<br />
der Optimierung unterworfen.<br />
Deal-Flow ermutigt<br />
Ein strukturierter und standardisierter Vergabeprozess<br />
sowie der stetige Projektnachschub ermöglichen<br />
eine attraktive Marktsituation für<br />
Bieter und fördern somit den Wettbewerb. Der<br />
frühzeitig veröffentlichte Deal-Flow ermutigt viele,<br />
auch europäische Unternehmen, in den Markt<br />
in Kanada einzusteigen. Erheblich günstigere<br />
Bau- und Betriebskosten sorgen für eine deutliche<br />
Belebung des Geschäfts. Letztlich lernen alle voneinander<br />
und werden besser – also ein Erfolg für<br />
alle Beteiligten.<br />
Innenansicht: das Women‘s College Hospital in Toronto<br />
Lagen die Angebotspreise, also die abgezinsten<br />
Vertragskosten, der sogenannte Net Present<br />
Value (NPV), zuAnfang in Kanada deutlich auseinander,<br />
so näherten sich diese mit laufender<br />
Routine immer mehr an. Zu Anfang galt die<br />
186
Shortlisting N:3:1<br />
Das Vernon Jubilee Hospital in Vernon, Kanada<br />
Die Auswahl im Vergabeverfahren läuft immer<br />
zweistufig: Aus n Bewerbern schaffen drei die<br />
Präqualifikation und von diesen bekommt einer<br />
den Zuschlag. Die Präqualifikation ist also bereits<br />
eine sehr hohe Hürde. Dementsprechend fällt die<br />
Vorbereitung auf die Präqualifikation deutlich intensiver<br />
aus als in Deutschland. Neben der obligatorischen<br />
Bewertung von Firmenreferenzen<br />
Faustformel: „Liegt man im Baupreis zu hoch,<br />
hat man das Projekt verloren.“ Später wurde<br />
deutlich erkennbar, dass ein Projekt auch im Bereich<br />
des Facility-Managements (FM), der Finanzierung<br />
oder der Lebenszykluskosten, wenn<br />
nicht marktgerecht bepreist, den Zuschlag zunichte<br />
machen kann. Hier erweist es sich als Vorteil,<br />
dass es mehrere gute Projekte mit zahlreichen<br />
Wettbewerbern und eingespielten Teams<br />
am Markt gibt.<br />
Standardisierte Verträge vereinfachen<br />
Auch bei Nacht ein beeindruckendes Gebäude: das Women‘s<br />
College Hospital in Toronto<br />
In Deutschland ist die VOB eine Erfolgsgeschichte.<br />
Für den PPP-Bereich in Deutschland sucht<br />
man standardisierte PPP-Verträge hingegen vergeblich<br />
und fragt stattdessen: „Wer ist Berater der<br />
öffentlichen Hand?“ Anders ist das in Kanada, in<br />
diesem Fall auch wieder Ontario, weil federführend,<br />
als Beispiel genannt. Seit 2006 hat IO 26<br />
Milliarden kanadische Dollar (rund 19,2 Milliarden<br />
Euro) in Projekte in Ontario investiert und<br />
auf den Weg gebracht. Die Verträge werden jedes<br />
Mal standardisiert verwendet. Während oft 50<br />
bis 80 Prozent der Bieterfragen in Deutschland<br />
zu vertraglichen Punkten gestellt werden, kann<br />
man sich bei der Projektbearbeitung in Kanada<br />
nahezu völlig auf die Ausarbeitung und das Projekt<br />
konzentrieren. Der Deal-Flow bewirkt, dass<br />
die Risikoallokation von Banken und sonstigen<br />
finanzierenden Institutionen bekannt und anerkannt<br />
ist. Das senkt die Rechtsberatungs- und Angebotskosten<br />
enorm und bewirkt gar, dass man<br />
mit verbindlicher Finanzierung ein Angebot vorlegen<br />
kann.<br />
werden genaue Beschreibungen der Konsortien<br />
verlangt:<br />
x Wer hat welches Projekt bereits erfolgreich gemeinsam<br />
bestritten?<br />
x Welche Personen nehmen welche Rolle im<br />
Projekt ein und welche persönliche Projekterfahrung<br />
können diese Personen nachweisen?<br />
x Wo gibt es gemeinsame Referenzen auf Firmen-<br />
oder Projektbasis?<br />
x Wie arbeiten die Firmen genau zusammen,<br />
passen HSEQ-Systeme etc.?<br />
x Wie genau läuft die Finanzierung, wie laufen<br />
die internen Genehmigungsprozesse und<br />
Gremienfreigaben?<br />
Die Erstellung von Präqualifikationsunterlagen<br />
erfordert bereits eine enge Zusammenarbeit der<br />
Konsortialpartner. In der jüngsten Vergangenheit<br />
haben sich bis zu acht Konsortien an Projekten<br />
beteiligt, dennoch wurden „nur“ drei zur Angebotsabgabe<br />
zugelassen. Das scheint hart, aber<br />
187
auch das spart Angebotskosten und eröffnet bessere<br />
Chancen für die verbleibenden Teams.<br />
Die Angebotsphase ist ein intensiver Kommunikationsprozess<br />
mit der Vergabestelle. Üblich ist<br />
während einer fünf- bis siebenmonatigen Angebotsphase,<br />
dass im Schnitt mindestens einmal wöchentlich<br />
ein Treffen mit der Vergabestelle und<br />
insbesondere mit den Nutzern stattfindet. Die<br />
Fairness wird während des Verfahrens durch einen<br />
sogenannten Fairness-Monitor gewährleistet.<br />
Dabei handelt es sich um eine Person, die extern<br />
sämtliche Kommunikation verfolgt, jeder Sitzung<br />
beiwohnt und überwacht, dass keine unerlaubten<br />
Informationen ausgetauscht werden. Die Unterhaltung<br />
bei Sitzungen ist dadurch oft ein wenig<br />
gezwungen, denn die Auftraggeber sind gehalten,<br />
Kommentare auf die Vertragskonformität der vorgestellten<br />
Idee zu beschränken. Es darf nicht geholfen<br />
werden, eine präferierte Lösung zu finden.<br />
Es wird lediglich darauf hingewiesen, wo die Ausschreibungsunterlagen<br />
möglicherweise verletzt<br />
werden. Letztlich erhält man aber einen guten<br />
Eindruck über das eigene Angebot und kann gut<br />
einschätzen, ob und wie man die Vorgaben bei<br />
Angebotsabgabe eingehalten hat.<br />
Schließlich wird der Angebotsprozess mit 10 Millionen<br />
kanadischen Dollar (rund 7,4 Millionen<br />
Euro) bei Angebotsabgabe durch jeden Bieter besichert,<br />
damit die Vergabestelle die Sicherheit<br />
hat, dass ein belastbares Angebot als Preferred<br />
Bidder ausgewählt wird. Es wird zusätzlich darauf<br />
geachtet, dass bereits eine verbindliche Finanzierungszusage<br />
dem Angebot beiliegt. Dies ist<br />
vertretbar bei nur drei Bietern und bei bekannten<br />
Vertragsunterlagen. Insbesondere Banken<br />
und Investoren kennen die Vertragsbedingungen<br />
und müssen keine unvorhergesehenen Risikoverteilungen<br />
immer wieder neu mit ihren Gremien<br />
diskutieren. Man kann sich auf die technische<br />
und finanzielle Leistungsfähigkeit der Konsortien<br />
konzentrieren.<br />
Bonds bite Banks<br />
Der positive Deal-Flow und die sonstigen positiven<br />
Randbedingungen haben auch auf der Finanzierungsseite<br />
den Wettbewerb deutlich belebt<br />
und neue Finanzierungsformen angestoßen.<br />
Während in Deutschland mangels Alternative<br />
überwiegend langfristige Kredite privater Banken<br />
und Landesbanken, zuletzt auch immer häufiger<br />
mit Unterstützung durch die Europäische Investitionsbank<br />
(EIB), für PPP-Projekte verwendet wurden,<br />
hat sich in Kanada seit 2009 ein Bond-Markt<br />
etabliert, bei dem letztlich das Fremdkapital eines<br />
Projekts frei gehandelt wird. Dieses Produkt hat<br />
sich als besonders robust behauptet. Mit zunehmendem<br />
Druck auf Banken, die Eigenkapitalreserven<br />
zu erhöhen, wurden – sofern überhaupt<br />
noch eine langfristige Finanzierung angeboten<br />
wurde – die Konditionen in den letzten Jahren<br />
kontinuierlich schlechter. Bondfinanzierungen kamen<br />
entsprechend in den letzten Jahren fast ausschließlich<br />
für Langfristfinanzierungen zur Anwendung.<br />
Daneben sind auch Pensionsfonds und<br />
ähnliche institutionelle Anleger bei kleineren Projekten<br />
bereit, eine Finanzierung zu übernehmen –<br />
wenn sie nicht den Umweg über die Bonds gehen.<br />
In diesem Fall hat man zusätzlich den Vorteil,<br />
dass keine Rating-Agenturen eingeschaltet<br />
werden müssen.<br />
Neue Wege gehen<br />
Der kanadische PPP-Markt entwickelt sich weiter.<br />
Lag das Hauptaugenmerk der vergangenen<br />
Jahre auf Straßenbau, Gesundheitssektor und<br />
Strafvollzug, so werden nun neue Wege beschritten.<br />
Britisch Columbia schreibt derzeit ein Wasserkraftwerk<br />
aus, weitere Energieprojekte sind<br />
in Vorbereitung, ebenfalls im Bereich Wasseraufbereitung<br />
und öffentlicher Nahverkehr. Ob und<br />
inwieweit sich das Modell der integrierten Finanzierung<br />
hier auch bewährt, wird sich zeigen.<br />
Aber wenn diese Projekte ebenfalls so strukturiert<br />
und engagiert angegangen werden wie in den<br />
vergangenen Jahren, dann ist die erfolgreiche Abwicklung<br />
auf einem guten Weg.<br />
188
PPP in Australien: Peninsula Link als Meilenstein<br />
beim Ausbau des Autobahnnetzes<br />
Von Oliver Lauw<br />
In den 1970er Jahren war die Vision einer mautfreien Autobahnverbindung<br />
zwischen Melbournes östlichen Stadtteilen und der Mornington-<br />
Peninsula-Autobahn nicht mehr als ein Wahlversprechen. Jetzt, 40 Jahre<br />
später, ist die Vision Realität geworden.<br />
Seit Beginn des Jahres verbindet die „Peninsula-<br />
Link“-Autobahn die wunderschöne und historisch<br />
interessante Naturlandschaft der Mornington-Halbinsel<br />
mit dem Stadtzentrum sowie den<br />
äußeren östlichen Stadtteilen von Melbourne.<br />
Am 18. Januar 2013 wurde das AUD 759-Millionen-Dollar-Projekt<br />
(584,46 Millionen Euro) für<br />
den Verkehr freigegeben. Für die Region ist es ein<br />
wichtiges Stück Infrastruktur. Verkehrsstaus in<br />
zahlreichen Gemeinden entlang der alten Landstraße<br />
gehören seitdem der Vergangenheit an. Die<br />
Reisezeit zwischen Melbourne und Mornington,<br />
die früher über eine Stunde dauerte, wird nun auf<br />
ca. 17 Minuten verkürzt, da das neue<br />
27 Kilometer lange, vierspurige Stück<br />
Autobahn die Lücke zwischen der Autobahn<br />
„EastLink“ und dem Mornigton<br />
Peninsula Freeway schließt.<br />
Klassische PPP-Struktur<br />
Am 20. Januar 2010 erhielt das von Bilfinger<br />
Project Investments geleitete Konsortium „Southern<br />
Way“ den Zuschlag zum Planen, Bauen,<br />
Finanzieren und Betreiben der Peninsula-Link-<br />
Autobahn. Nach nur zwei Wochen, am 8. Februar<br />
2010, wurde der<br />
Financial Close erzielt.<br />
Bereits zu diesem Zeitpunkt<br />
verfügte das Projekt<br />
über einen sehr hohen<br />
Bekanntheitsgrad,<br />
da es nicht wie sonst<br />
in Australien üblich als<br />
Mautmodell, sondern<br />
als Verfügbarkeitsmodell<br />
realisiert wurde.<br />
Oliver Lauw ist<br />
Projektmanager bei<br />
Bilfinger Project Investments,<br />
Australien,<br />
und dort für die<br />
Projekte im Betrieb<br />
verantwortlich.<br />
INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />
Der 27 Kilometer lange Peninsula Link Freeway verbindet<br />
den Mornigton Peninsula Freeway in Mount Martha mit der<br />
East Link Toll Road in Carrum Downs<br />
Die Umsetzung des Projekts<br />
erfolgt innerhalb<br />
einer klassischen PPP-<br />
Struktur durch die Projektgesellschaft<br />
„Southern<br />
Way“ sowie das<br />
Bauunternehmen Abigroup,<br />
verantwortlich für Planung und Bau, und<br />
Lend Lease Infrastructure Services, zuständig für<br />
189
IR<br />
(AECOM, Balfe)<br />
Proof Engineer (SMEC)<br />
SKM / Aurocon<br />
DJV<br />
Struktur des Peninsula-Link-Projekts<br />
ABI Group<br />
D&C, 3 years<br />
Linking Melbourne Authority (State)<br />
Southern Way (Project Company)<br />
Finance, D&C, O&M, hand back<br />
27 years and 10 months<br />
Bilfinger Project Investments<br />
(Project Co Manager)<br />
DCOM<br />
Interface Agreement<br />
ARM / Urbis<br />
AJV<br />
LLIS*<br />
O&M, 25 years<br />
den 25-jährigen Betrieb. Bilfinger Projects Investments<br />
hält 33 Prozent der Anteile am Projekt<br />
und managt gleichzeitig die Projektgesellschaft<br />
während der Planungs-, Bau- und Betriebsphase.<br />
Betrachtet man die Projektdaten, wird die technische<br />
Herausforderung des Projekts deutlich: Im<br />
Zuge der dreijährigen Bauphase wurden entlang<br />
der gesamten Strecke vier Millionen Kubikmeter<br />
Erdreich bewegt und 375 vorgefertigte Betonträger<br />
eingebaut – einige der größeren Träger sind<br />
32 Meter lang und wiegen einzeln 80 Tonnen,<br />
insgesamt 24.000 Tonnen. Außerdem wurden<br />
400.000 Tonnen Asphalt gelegt, über 6.400 Lärmschutzwandelemente<br />
installiert und ca. 1,7 Millionen<br />
Gräser, Büsche und Bäume angepflanzt. Der<br />
Projektumfang beschränkt sich nicht nur auf den<br />
Bau der neuen Autobahn samt 11 Anschlussstellen,<br />
3 Autobahnkreuzen sowie 28 Brücken. Der<br />
Bau von 25 Kilometer Geh- und Fahrradweg sowie<br />
die Installation von mehreren urbanen Kunstelementen<br />
entlang der Autobahn sind Teil des<br />
PPP-Vertrags.<br />
Innovative bauliche Lösungen<br />
Finance<br />
Payment Certifier<br />
(Davis Langdon)<br />
Facility Agent (ANZ)<br />
Debt - $770M<br />
Equity - $124M<br />
*Lend Lease Infrastructure Services<br />
So wurde beim Bau des Peninsula Link<br />
erstmalig im Staat Victoria ein neuer<br />
Typ von Lärmschutzwand installiert.<br />
Die einzelnen Wandelemente bestehen<br />
aus recyceltem Polyethylen, einem<br />
extrem robusten Plastikkunststoff mit<br />
hoher Lebensdauer. Die sogenannten<br />
Poly Panels, hergestellt durch einen<br />
lokalen Produzenten in unmittelbarer<br />
Nähe der Autobahn, überzeugen<br />
durch ihre hohe Umweltfreundlichkeit.<br />
Im Vergleich zu üblichen Lärmschutzwänden,<br />
z.B. aus Beton, ist der<br />
CO 2<br />
-Ausstoß bei der Produktion der Poly Panels<br />
sehr gering. Die Oberfläche der einzelnen Paneele<br />
lässt sich nach Bedarf gestalten. So wurde eine<br />
nichtporöse Oberflächenstruktur gewählt, die den<br />
Reinigungsaufwand reduziert, die Lebensdauer<br />
erhöht und gleichzeitig die Paneele resistenter gegen<br />
Graffiti macht. Das Vandalismusrisiko durch<br />
Graffiti liegt während der 25-jährigen Betriebsdauer<br />
beim Betreiber Lend Lease.<br />
Lärmschutzwand bestehend aus recyceltem Polyethylen.<br />
Die nichtporöse Oberflächenstruktur macht die Paneele<br />
resistenter gegen Graffiti<br />
Sehr hohe Umweltschutzanforderungen haben<br />
zur Komplexität des Projekts beigetragen. Daher<br />
war es umso wichtiger, innovative bauliche Lösungen<br />
einzusetzen, die sich problemlos in den<br />
Bauprozess integrieren ließen und gleichzeitig<br />
den hohen australischen bautechnischen Standards<br />
sowie Umweltschutzauflagen entsprachen.<br />
Um den Standards für die Reduzierung von Verkehrslärm<br />
im Staat Victoria zu entsprechen, erfolgte<br />
die Anordnung der Lärmschutzwände nach<br />
einem strengen Lärm-Modell-Prozess. Die Poly<br />
Panels sind entlang der Autobahn in Abschnitten<br />
von Frankston, Carrum Downs, Seaford und Baxter<br />
aufgestellt. In anderen Bereichen wurden oxidierte<br />
Stahlwände oder Erdwälle als Lärmschutz<br />
verwendet. Das Gesamterscheinungsbild aller<br />
190
Lärmschutzwände gliedert sich harmonisch in die<br />
Landschaft ein.<br />
Umweltmanagement-Strategie<br />
Wie die meisten großen Straßenbauprojekte sah<br />
sich auch der Bau des Peninsula Link einigen umwelttechnischen<br />
Herausforderungen gegenüber.<br />
So wurde eine Umweltmanagement-Strategie für<br />
das Projekt entwickelt, um die Auswirkungen auf<br />
Umwelt und Natur entlang des Autobahnkorridors<br />
in Grenzen zu halten.<br />
Die Strategie deckt Bereiche wie z.B. Flora und<br />
Fauna, Erde und Wasser, Luftqualität und Gräsermanagement<br />
ab und setzt sich aus zehn verschiedenen<br />
Managementplänen zusammen. Der<br />
optimale Erhalt des bestehenden Ökosystems<br />
war dabei oberste Priorität. Es wurde z.B. für<br />
den Bereich Flora und Fauna vor Beginn der Baumaßnahme<br />
eine umfassende Studie erstellt. Entsprechend<br />
dieser Untersuchung wurden Samen<br />
der natürlichen Pflanzenwelt gesammelt und für<br />
die spätere Rekultivierung in einer Samenbank<br />
eingelagert. Des Weiteren wurde unter Berücksichtigung<br />
des Know-hows der lokalen Gemeindemitglieder<br />
der natürliche Bewuchs entfernt,<br />
umgesiedelt und bei der Revitalisierung später<br />
wieder eingesetzt. Während der Bauphase wurden<br />
No-Go-Gebiete rund um geschützte Vegetationszonen<br />
und Kulturstätten der Urbevölkerung<br />
eingerichtet und von den Bauarbeiten separiert.<br />
Bei der Landschaftsplanung wurde darauf geachtet,<br />
dass der natürliche Lebensraum der Tierwelt<br />
erhalten blieb. Waren Tiere dennoch von den<br />
Bauarbeiten betroffen, wurden diese durch qualifizierte<br />
Wildtierpfleger umgesiedelt. Mehrere<br />
Tiertunnel wurden entlang der Strecke errichtet,<br />
sodass eine Querung der neuen Autobahn für die<br />
Tierwelt weiterhin möglich ist.<br />
Kunst am Bau<br />
Die Installation mehrerer urbaner Kunstelemente<br />
ist ein wesentlicher Bestandteil des PPP-Vertrags.<br />
„Rex Australis“ des Melbourner Künstlers Dean Colls, erschaffen<br />
aus korrodiertem Stahl, ist eine der Skulpturen entlang<br />
des Peninsula Link<br />
Durch die Aufstellung von Kunstwerken entlang<br />
der Autobahn soll die visuelle Attraktivität<br />
der Autobahn erhöht und Unfälle, insbesondere<br />
durch Ermüdung, vermieden werden. Die Projektgesellschaft<br />
Southern Way ist dazu eine einzigartige<br />
Partnerschaft mit der McClelland-Galerie<br />
und einem Skulpturenpark eingegangen. Die<br />
Partnerschaft sieht vor, dass alle vier Jahre zwei<br />
der zahlreichen Skulpturen entlang der Autobahn<br />
ausgewechselt und durch neue Kunst – ausgewählt<br />
im Zuge eines Skulpturenwettbewerbs<br />
– ersetzt werden. Während der 25-jährigen Betriebsphase<br />
wird die Projektgesellschaft Southern<br />
Way somit die Schaffung von 14 Skulpturen in<br />
Auftrag geben.<br />
Skulpturen, die ersetzt werden, finden ihren<br />
endgültigen Bestimmungsort im nahe gelegenen<br />
Skulpturenpark. Das Peninsula-Projekt bietet somit<br />
der McClelland-Galerie die großartige Möglichkeit,<br />
ihr Repertoire vorzustellen. Gleichzeitig<br />
wird die bewegte Kunstgemeinde auf der Peninsula<br />
gefördert und das kulturelle Angebot der angrenzenden<br />
Gemeinden erhöht.<br />
Natürlich sind es nicht nur die Skulpturen, die<br />
den Peninsula Link gut aussehen lassen. Sorgfältig<br />
durchdachtes und sensibles Design helfen die<br />
Autobahn mit der Umgebung in Einklang zu bringen.<br />
So wurden für die Lärmschutzwände Erdfarben<br />
ausgewählt, für Brücken und Pfeiler hingegen<br />
lebhafte Farben. Bei Nacht werden Peninsula<br />
191
Portal, Skye Road, Cranbourne Road und die Willow-Road-Brücke<br />
beleuchtet.<br />
Zusammenarbeit mit den angrenzenden<br />
Gemeinden<br />
Da der Peninsula Link ein Kernstück des Autobahnnetzes<br />
der Region sein wird, war eine<br />
umfangreiche Einbindung der angrenzenden<br />
Gemeinden umso wichtiger. Zu Beginn der Bauphase<br />
wurde daher eine kommunale Beratungsgruppe<br />
eingerichtet, eine sogenannte community<br />
advisory group (CAG). Die CAG bestand aus<br />
Vertretern des Stadtrats von Frankston und Mornington<br />
Peninsula, Anwohnern, verschiedenen<br />
Interessengruppen, Linking Melbourne Authority,<br />
einer Zweigstelle des Straßenbauamtes des Staates<br />
Victoria und der Projektgesellschaft Southern<br />
Way. Aufgabe dieses Gremiums war, das bestmögliche<br />
Ergebnis aus Sicht der Anwohner zu erzielen<br />
und gleichzeitig eine gute Kommunikation<br />
zwischen den vom Bau betroffenen Gemeinden<br />
und der Projektgesellschaft Southern Way sicherzustellen.<br />
Zusätzlich wurden ehrenamtliche Mitarbeiter<br />
aus den einzelnen Gemeinden rekrutiert,<br />
um verschiedene Gebiete entlang der geplanten<br />
Autobahn zu repräsentieren. Dadurch wurde gewährleistet,<br />
dass wertvolles Wissen über die lokalen<br />
Rahmenbedingungen der Projektgesellschaft<br />
zur Verfügung stand und dass die Auswirkungen<br />
der Bauarbeiten auf die angrenzenden Gemeinden<br />
so gering wie möglich blieben.<br />
Auch das eingerichtete Informationszentrum<br />
hat den Informationsaustausch verstärkt und zu<br />
dem guten Kontakt zwischen Bevölkerung und<br />
der Projektgesellschaft beigetragen. Während der<br />
Bauphase wurden dort für die interessierte Bevölkerung<br />
die einzelnen Phasen des Bauprozesses<br />
anhand von Modellen erklärt. Ein Modell der<br />
fertigen Autobahn einschließlich der nördlichen<br />
und südlichen Anschlussstellen half den zahlreichen<br />
Besuchern, sich mit der neuen Infrastruktur<br />
vertraut zu machen. Die Resonanz seitens der Bevölkerung<br />
ist seit Freigabe der Autobahn durchweg<br />
positiv.<br />
Erfolgsfaktoren des Projekts<br />
Wenn es um die Messung von Erfolg bei PPP-Projekten<br />
geht, werden am häufigsten die Faktoren<br />
Zeit und Kosten betrachtet. Die Erfolgsfaktoren<br />
des Peninsula-Link-Projekts sind jedoch weitreichender.<br />
Zusätzlich zu den Zeit- und Kostenvorteilen,<br />
die das PPP-Modell im Vergleich zur konventionellen<br />
Realisierung bietet, kann das Projekt<br />
eine Vielzahl von nicht direkt messbaren Erfolgen<br />
aufweisen:<br />
x Für die Bauphase wurden sehr hohe Arbeitssicherheitsstandards<br />
eingeführt. Die konsequente<br />
Anwendung dieser Standards spiegelt sich<br />
in einer Million Arbeitsstunden ohne unfallbedingte<br />
Arbeitsausfälle wider.<br />
x Die dreijährige Bauphase bot 8.000 Menschen<br />
Arbeit. Dabei wurden insbesondere lokale Unternehmen<br />
in das Projekt eingebunden. Auch<br />
während der Betriebsphase wird es ein wichtiger<br />
Jobmotor für die Region bleiben.<br />
x Die einfühlsame und nachhaltige Planung und<br />
Ausführung stellt sicher, dass sich die Autobahn<br />
harmonisch in die Landschaft eingliedert.<br />
Mit dem umfangreichen Programm zum<br />
Schutz von Australiens gefährdeten Pflanzen<br />
und Tieren hat das Peninsula-Link-Projekt neue<br />
Standards hinsichtlich Ökologie gesetzt.<br />
Der Peninsula Link wurde von hohen politischen<br />
Persönlichkeiten als Erfolg gefeiert und ist ein gutes<br />
Beispiel, wie außergewöhnliche Ergebnisse<br />
mittels eines PPP-Modells erzielt werden können.<br />
Das Projekt wurde ausgeführt von einem Projektteam<br />
mit spezialisiertem technischem Personal,<br />
das auch in kommerziellen Bereichen in der Lage<br />
war, sich mit den Kunden und den verschiedenen<br />
Interessengruppen auf jeder Ebene auseinanderzusetzen.<br />
Die umweltschonende Ausführung des<br />
Projekts durch Southern Way – trotz aller Herausforderungen,<br />
die mit der Realisierung einhergingen<br />
– wird noch viele Jahre als Meilenstein<br />
und Vorzeigeprojekt des australischen PPP-Straßenbaus<br />
gelten.<br />
192
DIE BRANCHE IM ÜBERBLICK<br />
INVESTOREN/ENTWICKLER/<br />
BETREIBER<br />
BERATER/PLANER<br />
A1
DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />
DIE INVESTOREN/<br />
ENTWICKLER/<br />
BETREIBER<br />
A3
DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />
TELEFON:<br />
+49 611 / 33 480 0<br />
FAX:<br />
+49 611 / 33 480 299<br />
E-MAIL:<br />
info@pi.bilfinger.com<br />
INTERNET:<br />
www.pi.bilfinger.com<br />
WAS WIR ÜBER DIE<br />
INVESTITION HINAUS<br />
BIETEN:<br />
x Planen<br />
x Bauen<br />
x Finanzieren<br />
x Betreiben<br />
x Instandhalten<br />
WARUM WIR DER<br />
RICHTIGE INVESTOR<br />
FÜR SIE SIND:<br />
Der Ingenieur- und<br />
Dienstleistungskonzern<br />
deckt alle Leistungen über<br />
den Lebenszyklus einer<br />
Immobilie und Infrastruktureinrichtung<br />
ab.<br />
Dazu gehören als Partner:<br />
Bilfinger Project<br />
Investments GmbH<br />
Gustav-Nachtigal-Straße 3<br />
65189 Wiesbaden<br />
Bilfinger Hochbau GmbH<br />
Herriotstraße 1<br />
60528 Frankfurt am Main<br />
Bilfinger Project Investments GmbH<br />
Gustav-Stresemannring 1<br />
65189 Wiesbaden<br />
Ihre Ansprechpartner<br />
Dirk Söhngen, Martin Pugh<br />
Telefon: +49 611 / 33 480 0<br />
E-Mail: volker.ellenberg@pi.bilfinger.com<br />
Bilfinger Project Investments GmbH – Volker Ellenberg<br />
Bilfinger Hochbau GmbH – Hans-Peter Richter, Lorenz Kohlbecker<br />
Größenordnung des<br />
Investments:<br />
Sektorale<br />
Schwerpunkte:<br />
Geografische<br />
Schwerpunkte:<br />
BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />
Der Ingenieur- und Dienstleistungskonzern Bilfinger SE<br />
ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung<br />
von Betreiberprojekten für die öffentliche Hand und die<br />
Privatwirtschaft. Seit Markteintritt wurden über 72 privatwirtschaftlich<br />
realisierte Projekte mit einem Investitionsvolumen<br />
von rund 15 Milliarden Euro realisiert. Es wurde<br />
hierbei Eigenkapital von rund 630 Millionen Euro investiert.<br />
Bilfinger ist im Segment des öffentlichen Hochbaus wie<br />
Schulen, Krankenhäuser, Gefängnisse und Verwaltungs -<br />
gebäude sowie im Bereich der Verkehrsinfrastruktur bei<br />
Straßen, Tunnel, Brücken und Schienen tätig. Ein weiterer<br />
Schwerpunkt sind erneuerbare Energieprojekte.<br />
Bilfinger ist vertreten in Europa, hier insbesondere in<br />
allen deutschsprachigen Ländern, Osteuropa, Skandinavien,<br />
Großbritannien/Irland sowie in Australien und<br />
Nordamerika.<br />
Realisierung: Bilfinger bevorzugt eine langfristige Eigenkapitalbetei -<br />
ligung in PPP-Projekte mit Betriebszeiten von bis zu<br />
30 Jahren.<br />
UNTERNEHMENSDATEN:<br />
Bilfinger HSG Facility<br />
Management GmH<br />
An der Gehespitz 50<br />
63263 Neu-Isenburg<br />
Vorstand:<br />
Roland Koch (Vorstandsvorsitzender),<br />
Thomas Töpfer, Joachim Enenkel, Joachim Müller,<br />
Dr. Jochen Keysberg<br />
Gründungsjahr: 1999<br />
Mitarbeiter: ca. 65.000<br />
Standorte:<br />
Deutschland, Großbritannien, Australien und Kanada<br />
A4
GOLDBECK Public Partner GmbH<br />
Ummelner Straße 4-6<br />
33649 Bielefeld<br />
Ihr Ansprechpartner<br />
Dr. Andreas Iding<br />
Telefon: +49 521 / 94 88 1510<br />
E-Mail: andreas.iding@goldbeck.de<br />
BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />
Größenordnung des Investments: GOLDBECK Public Partner ist mit insgesamt<br />
20 Projektreferenzen im ÖPP-Markt<br />
erfolgreich vertreten. Die angebotenen<br />
Investitionsgrößen liegen zwischen 3 und<br />
100 Millionen Euro.<br />
Finanzierungsphase:<br />
Branchen:<br />
Geografische Schwerpunkte:<br />
Beteiligungszeitraum:<br />
Vorstand/Geschäftsführer:<br />
GOLDBECK investiert in Einzelfällen<br />
Eigenkapital bzw. arbeitet mit strategischen<br />
Investoren für ÖPP-Projekte zusammen.<br />
GOLDBECK strukturiert die Finanzierung<br />
sowohl für Forfaitierungs- als auch für<br />
Projektfinanzierungsmodelle.<br />
GOLDBECK deckt den öffentlichen Hochbau<br />
ab und hat sich auf Büro- und Verwaltungsgebäude,<br />
Schulen, Sporthallen sowie<br />
Feuerwachen spezialisiert.<br />
GOLDBECK bietet bundesweit in jeder<br />
Region Projekte an.<br />
GOLDBECK ist langfristiger Vertragspartner.<br />
Dies gilt im Einzelfall als strategischer<br />
Finanzinvestor, in jedem Fall als operativ<br />
langfristiger Partner für das Gebäude -<br />
management.<br />
UNTERNEHMENSDATEN:<br />
Jan-Hendrik Goldbeck, Dr. Andreas Iding<br />
Gründungsjahr: GOLDBECK-Gruppe: 1969,<br />
GPP: 2006<br />
Mitarbeiter: GOLDBECK-Gruppe: ca. 3.300,<br />
GPP: 30<br />
Standorte:<br />
GOLDBECK verfügt in Deutschland über<br />
29 Standorte, international über 9 Standorte.<br />
TELEFON:<br />
+49 521 / 94 88 1511<br />
FAX:<br />
+49 521 / 94 88 1519<br />
E-MAIL:<br />
info@goldbeck.de<br />
INTERNET:<br />
www.goldbeck.de<br />
WAS WIR ÜBER DIE<br />
INVESTITION HINAUS<br />
BIETEN:<br />
x Die GOLDBECK Public Partner<br />
GmbH (GPP) ist integrativer<br />
Bestandteil in der inhabergeführten<br />
und mittelständisch geprägten<br />
GOLDBECK-Firmen gruppe.<br />
x Wirtschaftliche Unabhängigkeit<br />
und exzellente Bonität.<br />
x GOLDBECK hat eigene Werke<br />
für die industrielle Produktion<br />
von Bauelementen. Dies schafft<br />
Unabhängigkeit vom Beschaffungsmarkt<br />
und hohe Flexibilität<br />
beim Einsatz der Ressourcen.<br />
WARUM WIR DER<br />
RICHTIGE INVESTOR<br />
FÜR SIE SIND:<br />
Eine langfristige und für beide<br />
Seiten gewinnbringende Partnerschaft<br />
ist oberstes Primat der GPP.<br />
Wirtschaftlichkeit und Architektur<br />
sind für uns kein Widerspruch,<br />
sondern eine Herausforderung.<br />
Wir bieten alles aus einer Hand.<br />
Über 300 Architekten, Fachplaner<br />
und Ingenieure bei GOLDBECK<br />
bringen ihr Know-how in die<br />
ÖPP-Projekte ein.<br />
Die Prozesssicherheit und der<br />
Einsatz von vorgefertigten Bauelementen<br />
ermöglicht Witterungs -<br />
unabhängigkeit bei der Realisierung,<br />
einen deutlich höheren<br />
Qualitäts standard und sehr kurze<br />
Bauzeiten.<br />
GOLDBECK strebt eine direkte<br />
Vertragsbeziehung an und sichert<br />
eine langfristige Personen kontinuität<br />
der Ansprechpartner zu.<br />
DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />
A5
DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />
TELEFON:<br />
+49 69 / 633 05 - 0<br />
FAX:<br />
+ 49 69 / 633 05 - 111<br />
E-MAIL:<br />
kontakt@hannoverleasing.de<br />
INTERNET:<br />
www.hannoverleasing.de<br />
WARUM SIE MIT<br />
UNS ZUSAMMEN<br />
ARBEITEN SOLLTEN:<br />
Hannover Leasing entwickelt<br />
für Investitionsmaßnahmen<br />
individuelle Finanzierungs -<br />
lösungen mit ausgewogenen<br />
Sicherheitenkonzepten. Wir<br />
sind über den gesamten Projektablauf<br />
– von der Präqualifikation<br />
bis zum Ablauf der<br />
Nutzungsphase – alleiniger<br />
Ansprechpartner des öffentlichen<br />
Auftraggebers. Somit<br />
ist die Kontinuität und die<br />
Qualität des Investitionsvorhabens<br />
während des gesamten<br />
Immobilienlebenszyklus<br />
sichergestellt.<br />
WARUM WIR DER<br />
RICHTIGE INVESTOR<br />
FÜR SIE SIND:<br />
Hannover Leasing steht für<br />
Qualität, Erfahrung, Termintreue<br />
sowie Kreativität und<br />
ist ein verlässlicher Partner<br />
für eine nachhaltige Kooperation<br />
mit dem öffentlichen<br />
Auftraggeber. Unsere lang -<br />
fristige wirtschaftliche Stabilität<br />
wird insbesondere durch<br />
unseren Gesellschafterhinter -<br />
grund mit der Landesbank<br />
Hessen-Thüringen und dem<br />
Sparkassenverband Hessen-<br />
Thüringen gestärkt.<br />
HANNOVER LEASING GmbH & Co. KG<br />
Wolfratshauser Straße 49<br />
82049 Pullach<br />
Ihr Ansprechpartner<br />
Martin Eilbacher, Bereichsleiter Assetklasse Public Private Partnership<br />
Telefon: +49 69 / 63 305 - 0<br />
E-Mail: martin.eilbacher@hannover-leasing.de<br />
BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />
Größenordnung des<br />
Investments:<br />
Leistungsspektrum:<br />
Realisierung:<br />
UNTERNEHMENSDATEN:<br />
Gründungsjahr: 1981<br />
Mitarbeiter: 219<br />
Standort:<br />
Ab einem Investmentvolumen von<br />
20 Mio. Euro.<br />
Hannover Leasing ist spezialisiert<br />
auf die Entwicklung von maßgeschneiderten<br />
Finanzierungsstrukturen<br />
für die erfolgreiche Durchführung<br />
von öffentlich-privaten Vorhaben im<br />
Miet-, Leasing- und Inhabermodell.<br />
Unser Investitionsvolumen der im<br />
öffentlichen Sektor realisierten Projekte<br />
beläuft sich auf rund 1,9 Mrd.<br />
Euro bei einem investierten Eigen -<br />
kapital von etwa 600 Mio. Euro.<br />
x Feuerwache Mülheim an der Ruhr<br />
x Neubau der Hochtaunus-Kliniken,<br />
Bad Homburg und Usingen<br />
x Justiz- und Verwaltungszentrum,<br />
Wiesbaden<br />
x Bildungszentrum HLL, Dreieich<br />
Pullach<br />
A6
HOCHTIEF Solutions AG<br />
Segment PPP Solutions<br />
Alfredstraße 236<br />
45133 Essen<br />
Ihr Ansprechpartner<br />
Peter Coenen, Vorsitzender der Segmentleitung PPP Solutions<br />
Telefon: +49 201 / 824 - 2071<br />
E-Mail: peter.coenen@hochtief.de<br />
Sektorale<br />
Schwerpunkte:<br />
Geografische<br />
Schwerpunkte:<br />
Portfolio:<br />
Vorstand:<br />
Segmentleitung<br />
PPP Solutions:<br />
Gründungsjahr: 2011<br />
Mitarbeiter: 15.000<br />
Standorte:<br />
BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />
Die PPP-Experten von HOCHTIEF Solutions sind in den<br />
Geschäftsfeldern Straßen und Soziale Infrastruktur aktiv und<br />
engagieren sich darüber hinaus in den Bereichen Energie<br />
(Off shore-Windparks, Geothermie-Kraftwerke, Pumpspeicherwerke)<br />
sowie Häfen und Hafenterminals.<br />
In der Verkehrs- und sozialen Infrastruktur bietet das Unternehmen<br />
seinen Partnern der öffentlichen Hand alle Leistungen aus<br />
einer Hand: Planung, Finanzierung, Bau/Sanierung und Betrieb.<br />
Das Segment PPP Solutions der HOCHTIEF Solutions AG<br />
verfügt über Standorte in Europa (Deutschland, Griechen land,<br />
Großbritannien), Nordamerika (Kanada, Vereinigte Staaten),<br />
Südamerika (Chile) und Asien (Indien).<br />
Das Portfolio im HOCHTIEF-Solutions-Segment PPP Solutions<br />
umfasst zurzeit 31 PPP-Projekte mit einem Investitions vo lumen<br />
von mehr als sieben Milliarden Euro. Dazu gehören zehn<br />
Projekte der Straßenverkehrsinfrastruktur mit einer Ge samt länge<br />
von mehr als 800 Kilometern. Die 21 Projekte der Sozi alen<br />
Infrastruktur beinhalten 123 Schulen mit ca. 90.000 Schülerinnen<br />
und Schülern, 18 Polizeieinrichtungen, ein Bürgerzentrum<br />
und eine Kaserne. Darüber hinaus ist das Unternehmen an<br />
der Entwicklung von zwei Geothermiekraftwerken und einem<br />
Pumpspeicherwerk sowie einem Offshore-Windpark beteiligt.<br />
UNTERNEHMENSDATEN:<br />
Dipl.-Ing. Wolfgang Homey,<br />
Dipl.-Ing. Ullrich Reinke<br />
Peter Coenen, Wilfried Rammler<br />
Die HOCHTIEF Solutions AG ist in Europa und vielen<br />
Wachstumsregionen weltweit tätig.<br />
TELEFON:<br />
+49 201 / 824 - 1273<br />
FAX:<br />
+49 201 / 824 - 91273<br />
E-MAIL:<br />
info-ppp@hochtief.de<br />
INTERNET:<br />
www.hochtief-solutions.de<br />
WAS WIR ÜBER DIE<br />
INVES TITION HINAUS<br />
BIETEN:<br />
Unsere Angebotspalette für<br />
privat finanzierte Infrastruktur -<br />
projekte umfasst Planen,<br />
Finanzie ren, Bauen und Be -<br />
treiben aus einer Hand. Damit<br />
decken wir den kompletten Entstehungs-<br />
und Lebenszyklus<br />
eines Projekts ab.<br />
Wir analysieren und optimieren<br />
Projektstrukturen durch erfahrene<br />
Teams aus Finanz- und Vertragsexperten.<br />
Wir bieten maßgeschneiderte<br />
und nutzer orientierte Projekt -<br />
lösungen.<br />
x<br />
x<br />
x<br />
WARUM WIR DER<br />
RICHTIGE INVESTOR<br />
FÜR SIE SIND:<br />
x<br />
x<br />
Wir entwickeln innovative und<br />
optimierte Projektstrukturen und<br />
Finanzierungskonzepte, die für<br />
alle Beteiligten zu Win-Win-<br />
Lösungen führen. Dabei profitieren<br />
wir von unseren weltweiten<br />
Verbindungen zu Banken und<br />
Institutionen.<br />
Wir bringen unser Know-how<br />
und die Erfahrung aus zahlreichen<br />
PPP-Projekten weltweit<br />
auch in Ihr Projekt ein. In<br />
Deutschland gehören zu unseren<br />
Referenzen beispielsweise das<br />
derzeit bundesweit größte PPP-<br />
Hochbauprojekt im Bildungsbereich<br />
– 50 Schulen im Kreis<br />
Offenbach (Los Ost) sowie die<br />
beiden A-Modelle A4-Umfahrung<br />
Hörselberge und A8-Ulm-<br />
Augsburg. Zudem setzen wir mit<br />
der Fürst-Wrede-Kaserne das<br />
erste PPP-Hochbauprojekt des<br />
Bundes um.<br />
DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />
A7
Wir fördern Ihre Kommune.<br />
Zinsgünstige und maßgeschneiderte Finanzierungslösungen sowie Beratungsangebote<br />
zum kommunalen Zins- und Finanzmanagement: So fördern wir Ihre Kommune.<br />
Nutzen Sie unsere Beratungs- und Finanzierungsexpertise – zum Beispiel,<br />
um mehr Energie- und Ressourceneffizienz in Ihrer Kommune zu<br />
fördern. Fragen Sie uns: Tel. 0211 91741-4600 (Rheinland)<br />
oder 0251 91741-4600 (Westfalen). www.nrwbank.de
NRW.BANK<br />
Kavalleriestraße 22 Friedrichstraße 1<br />
40213 Düsseldorf 48145 Münster<br />
Ihre Ansprechpartner<br />
Kundenbetreuung Öffentliche Kunden<br />
Dr. Jörg Hopfe (Leiter), Telefon: +49 251 / 91 741 - 41 84<br />
Ralph Ishorst, Telefon: +49 251 / 91 741 - 24 24<br />
FINANZIERUNGSKRITERIEN:<br />
Größenordnung des<br />
Kapitalanteils der NRW.BANK:<br />
Finanzierungsphase:<br />
Branchen:<br />
Geografische<br />
Schwerpunkte:<br />
Finanzierungszeitraum:<br />
in der Regel bis zu 50 Mio. Euro<br />
grundsätzlich alle Phasen<br />
Öffentliche Infrastruktur<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
und mit NRW-Bezug<br />
UNTRNEHMENSDATEN:<br />
Vorstand/Geschäftsführer:<br />
Gründungsjahr: 2002<br />
Mitarbeiter: 1.255<br />
Sitze:<br />
je nach Transaktionsstruktur<br />
bis 30 Jahre<br />
Dietmar P. Binkowska (Vorsitz)<br />
Klaus Neuhaus<br />
Michael Stölting<br />
Dietrich Suhlrie<br />
Düsseldorf, Münster<br />
TELEFON:<br />
+49 251 / 91 741 4185<br />
FAX:<br />
+49 251 / 91 741 2666<br />
E-MAIL:<br />
oeffentliche-kunden<br />
@nrwbank.de<br />
INTERNET:<br />
www.nrwbank.de<br />
WAS WIR ÜBER DIE<br />
INVESTITION HINAUS<br />
BIETEN:<br />
Die NRW.BANK ist die Förderbank<br />
für Nordrhein-Westfalen. Sie<br />
unterstützt die Kreise, Städte und<br />
Gemeinden des Landes bei der<br />
Umsetzung ihrer Projekte und der<br />
Finanzierung ihrer Haushalte. Die<br />
NRW.BANK bietet zudem zahlreiche<br />
Förderprogramme für Infrastrukturmaßnahmen<br />
an und finanziert<br />
klassische Infrastrukturprojekte<br />
insbesondere der kommunalen<br />
Gesellschaften. In der Kommunalfinanzierung<br />
stellt die NRW.BANK<br />
ihren Kunden Beratung sowie<br />
bedarfsgerechte Finanzprodukte<br />
für Zins- und Liquiditätssteuerung<br />
zur Verfügung. Ein umfassendes<br />
Angebot zum kommunalen<br />
Finanzmanagement rundet das<br />
Leistungsspektrum ab.<br />
WARUM WIR DER<br />
RICHTIGE FINANZIERER<br />
FÜR SIE SIND:<br />
Die NRW.BANK bietet die Strukturierung<br />
und Finanzierung von<br />
ÖPP-Transaktionen mit Bezug zu<br />
Nordrhein-Westfalen an. Unabhängig<br />
davon, ob das Projekt als ÖPP<br />
oder Eigenrealisierung erfolgen<br />
soll, unterstützt die NRW.BANK<br />
die Kombination der drei Aspekte<br />
Beratung, Förderung und Finanzierung.<br />
In enger Abstimmung mit<br />
der Task Force des Landes unterstützt<br />
und finanziert die NRW.BANK<br />
die erfolgreiche Umsetzung von<br />
ÖPP-Maßnahmen des Landes und<br />
der Kommunen.<br />
DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />
A9
DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />
TELEFON:<br />
+49 621 / 8509 7351<br />
FAX:<br />
+49 621 / 8509 7309<br />
E-MAIL:<br />
fmgma@ske.eu<br />
INTERNET:<br />
www.ske.eu<br />
WAS WIR ÜBER DIE<br />
INVESTITION HINAUS<br />
BIETEN:<br />
x Sicherheiten und Finanzkraft<br />
– als Unternehmen<br />
der zur VINCI-Gruppe<br />
gehörenden Firmen, dem<br />
führenden Bau- und Kon -<br />
zessionsunternehmen<br />
weltweit.<br />
x Wissen und Know-how –<br />
das Unternehmen mit<br />
über dreißigjährigen Erfahrungen<br />
im Facility<br />
Management.<br />
x Experten und Fachleute –<br />
sie ergänzen das Portfolio<br />
des Unternehmens<br />
im Bereich des ÖPP. Auftragnehmer<br />
des größten<br />
ÖPP-Projekts „Kreis Offenbach“<br />
deutschlandweit.<br />
x Anbindung und Erfahrungsaustausch<br />
– durch<br />
die Verknüpfung anderer<br />
VINCI Unternehmen,<br />
insbesondere Unter -<br />
stützung von ÖPP in<br />
Osteuropa.<br />
WARUM WIR DER<br />
RICHTIGE INVESTOR<br />
FÜR SIE SIND:<br />
x Wir bereiten speziell entwickelte<br />
Gesamtlösungen<br />
für Ihre Immobilien vor.<br />
x Wir bieten Ihnen alle<br />
Leistungen von der Planung<br />
über Bau und<br />
Finanzierung bis hin<br />
zum Betrieb.<br />
x Unsere Herausforderung<br />
ist, für Sie den Wert Ihrer<br />
Gebäude und Liegen -<br />
schaften zu erhalten, zu<br />
steigern und dabei gleichzeitig<br />
Kosten zu senken.<br />
x Wir machen Ihre Immo -<br />
bilie zu unserem Kern -<br />
geschäft.<br />
Größenordnung<br />
des Investments:<br />
Finanzierungsphase:<br />
Leistungsspektrum:<br />
Geografische<br />
Schwerpunkte:<br />
Beteiligungszeitraum:<br />
Vorstand/<br />
Geschäftsführer:<br />
SKE Facility Management GmbH<br />
Siegmund-Schuckert-Straße 3<br />
68199 Mannheim<br />
Ihr Ansprechpartner<br />
Dipl.-Ing. Johannes Huismann<br />
Telefon: +49 621 / 8509 7351<br />
E-Mail: jhuismann@ske.eu<br />
BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />
SKE Facility Management GmbH (SKE), eines von 35 Tochterunternehmen<br />
innerhalb der VINCI Facilities Gruppe in Deutschland,<br />
ist heute mit über 1,14 Milliarden Euro Auftragseingang an<br />
vierzehn PPP-Projekten beteiligt.<br />
SKE investiert in Eigenkapital. Sie entwickelt und strukturiert<br />
langfristige Finanzierungen als Forfaitierungs- und auch Projekt -<br />
finanzierungsmodelle.<br />
SKE hat sich 1976 aus einem Bauunternehmen zum Dienstleister<br />
für Facility Management entwickelt und spezialisiert. Inzwischen<br />
bietet die Unternehmensgruppe ein weites Spektrum an Bau- und<br />
Baudienstleistungen über die Projektentwicklung, Planung und<br />
Finanzierung, Bau und Ausbau, Technische Gebäudeausrüstung,<br />
Instandhaltung und Sanierung sowie alle FM-Leistungen inklusive<br />
Betrieb über den gesamten Lebenszyklus einer Liegenschaft.<br />
SKE realisiert ÖPP-Projekte national und international. Die<br />
Unternehmensgruppe ist europaweit und in den USA tätig.<br />
SKE realisiert zurzeit ÖPP-Projekte mit einer Vertragslaufzeit bis<br />
zu dreißig Jahren mit Optionen auf Vertragsverlängerungen.<br />
UNTERNEHMENSDATEN:<br />
Geschäftsführer SKE Facility Management GmbH:<br />
Dipl.-Ing. Rainer Beisel, Dipl.-Ing. Johannes Huismann,<br />
Dipl.-Ing. (FH) Rainer Langer, Hermann Merkl<br />
Gründungsjahr: SKE GmbH 1988<br />
Mitarbeiter:<br />
Standorte:<br />
VINCI Facilities Gruppe: 1.928 Mitarbeiter<br />
SKE Facility Management GmbH: 174 Mitarbeiter<br />
SKE Facility Management GmbH: Deutschland<br />
VINCI Facilities Gruppe: Europaweit und USA<br />
A 10
VAMED Health Project GmbH<br />
Schicklerstraße 5-7<br />
10179 Berlin<br />
Ihre Ansprechpartnerin<br />
Dr. Petra Beckefeld, Geschäftsführerin<br />
Telefon: +49 30 / 24 62 69 600<br />
E-Mail: petra.beckefeld@vamed.com<br />
Größenordnung des<br />
Investments:<br />
Sektorale<br />
Schwerpunkte:<br />
Geografische<br />
Schwerpunkte:<br />
Realisierung:<br />
Gründungsjahr:<br />
health. care. vitality.<br />
BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />
Als international tätiger Dienstleister im Gesundheitswesen<br />
hat VAMED bereits 15 PPP-Projekte erfolgreich<br />
verwirklicht. Weitere zwei werden derzeit umgesetzt. Insgesamt<br />
hat VAMED mehr als 600 Gesundheitsprojekte<br />
in 70 Ländern erfolgreich realisiert.<br />
VAMED ist ausschließlich auf das Gesundheitswesen<br />
spezialisiert. Zu unseren Kunden gehören Krankenhäuser<br />
von der Grundversorgung bis hin zu Universitäts -<br />
klinika und Kranken hausketten, Rehabilitations- und<br />
Gesundheitszentren, Kurbe triebe und Seniorenresidenzen,<br />
Thermen und Wellnessresorts sowie Labor- und<br />
Forschungseinrichtungen.<br />
VAMED ist in Europa, Asien, Afrika, in Latein- und<br />
Südamerika sowie im Nahen und Mittleren Osten tätig.<br />
Ansprechpartner für Planungs-, Bau-, Sanierungs- und<br />
Finanzierungsprojekte in Deutschland ist die VAMED<br />
Health Project GmbH mit Sitz in Berlin.<br />
VAMED bietet die gesamte Wertschöpfungskette im<br />
Gesundheitswesen von der Beratung und Entwicklung<br />
über die Planung bis zur Errichtung und zum Management.<br />
Unsere Leistungen sind modulartig aufgebaut<br />
und können je nach Bedarf auch einzeln abgerufen<br />
werden. VAMED hat dabei stets den gesamten Lebens -<br />
zyklus einer Einrichtung im Blick.<br />
UNTERNEHMENSDATEN:<br />
1982 (VAMED-Gruppe)<br />
TELEFON:<br />
+49 30 / 24 62 69 600<br />
FAX:<br />
+49 30 / 24 62 69 90<br />
E-MAIL:<br />
officeVHP@vamed.com<br />
INTERNET:<br />
www.vamed.de<br />
WAS WIR ÜBER DIE<br />
INVES TITION HINAUS<br />
BIETEN:<br />
Errichten und erneuern:<br />
x Projektentwicklung<br />
x Betriebsorganisations planung<br />
x Masterplanung<br />
x Fachplanung<br />
x Neubau und Sanierung<br />
x Inbetriebnahme<br />
Betreiben und managen:<br />
x Medizintechnik<br />
x Krankenhausbetriebs technik<br />
x Informationstechnik<br />
x Sterilgutversorgung<br />
x OP<br />
WARUM WIR DER<br />
RICHTIGE INVESTOR<br />
FÜR SIE SIND:<br />
VAMED ist ausschließlich auf<br />
das Gesundheitswesen spezialisiert<br />
und verfügt über 30 Jahre<br />
Erfahrung in der Planung, Er -<br />
richtung und im Betrieb von<br />
Gesundheitseinrichtungen. Wir<br />
sind mit den Prozessen rund um<br />
die medizinische Versorgung<br />
von Patienten eng vertraut und<br />
kennen die Anforderungen von<br />
Ärzten und Pflegekräften an<br />
eine optimale bauliche, technische<br />
und logistische Infrastruktur.<br />
DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />
Mitarbeiter:<br />
Standorte:<br />
3.724 (VAMED-Gruppe weltweit)<br />
38 weltweit<br />
A 11
«<br />
Jahrestagung Verwaltung & IT<br />
Chancen und Grenzen der<br />
IT-Unterstützung im öffentlichen Sektor<br />
26. November 2013 | Frankfurt am Main<br />
SAVE THE DATE<br />
Informationen erhalten Sie von:<br />
Dr. Mark Schiffhauer<br />
Tel. 0 69 / 79 40 95 - 62<br />
ms@convent.de
DIE BERATER / PLANER<br />
A 13
DIE BERATER / PLANER<br />
TELEFON:<br />
+49 211 / 9352 12639<br />
FAX:<br />
+49 211 / 9352 18288<br />
INTERNET:<br />
www.de.ey.com<br />
WARUM SIE MIT UNS<br />
ZUSAMMENARBEITEN<br />
SOLLTEN!<br />
Ernst & Young Real Estate GmbH<br />
Graf-Adolf-Platz 15<br />
40213 Düsseldorf<br />
Ihre Ansprechpartnerin<br />
Monica A. Schulte Strathaus<br />
Telefon: +49 211 / 9352 12639, Fax: +49 211 / 9352 18288<br />
E-Mail: anna-maria.tabbi@de.ey.com<br />
BERATUNGSSCHWERPUNKTE:<br />
Die Ernst & Young<br />
Real Estate GmbH steht für<br />
objek tive und proaktive Beratung<br />
auf höchstem fachlichen<br />
Niveau. Das Unternehmen ist<br />
eng in die deutsche Ernst &<br />
Young-Gruppe und das internationale<br />
Netzwerk eingebunden.<br />
Interdiszi plinäres Arbeiten<br />
gehört zum täglichen<br />
Geschäft.<br />
Ein Schwerpunkt unserer<br />
Arbeit ist die Entwicklung<br />
von maßgeschneiderten<br />
Lösungen im Bereich Public-<br />
Private-Partnership. Durch<br />
eine sehr gute und fachlich<br />
fundierte Beratung haben wir<br />
uns im PPP-Markt in Europa<br />
eine führende Position erarbeitet.<br />
Wir verfügen über um -<br />
fang reiche Erfahrungen in der<br />
Durchführung von PPP-Projekten<br />
im Hochbau und Verkehrsbereich<br />
für Auftraggeber<br />
der öffentlichen Hand und<br />
der Privatwirtschaft.<br />
Branchen:<br />
Spezialisierung:<br />
PPP-Beratung:<br />
Real Estate Consulting<br />
Wir verstehen uns als integrativer Dienstleister bei allen Fragen rund um<br />
das Thema Immobilie sowie bei der Lösung wirtschaflicher Fragestellungen<br />
bei (Verkehrs-) Infrastrukturprojekten. Mit den Kollegen aus anderen<br />
Un ter nehmens be reichen der Ernst & Young-Gruppe stellen wir lösungsorientierte<br />
Teams zusammen, die die Vielzahl von wirtschaftlichen, technischen<br />
und ju ristischen Auf gaben in Infrastrukturprojekten lösen.<br />
Öffentliche Hand:<br />
- Erstellung von Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />
- Durchführung von Markterkundungen<br />
- Erstellung von Ausschreibungsunterlagen<br />
- Begleitung von Vergabeverfahren<br />
- Projektmanagement und Projektcontrolling<br />
Privatwirtschaft:<br />
- Immobilienwirtschaftliche Beratung<br />
- Financial Advisory und Modelling<br />
- Begleitung des Angebotsprozesses<br />
- Projektmanagement und Projektcontrolling<br />
- Strategisches Facility Management<br />
- Technische Due Dilligence<br />
UNTERNEHMENSDATEN:<br />
Vorstand/<br />
Geschäftsführer: Hartmut Fründ<br />
Gründungsjahr: 1998<br />
Mitarbeiter: 157<br />
Standorte: Berlin, Düsseldorf, Eschborn/ Frankfurt am Main, Hamburg, Köln,<br />
München, Stuttgart, Troisdorf<br />
Referenzkunden: Freie und Hansestadt Hamburg, Landeshauptstadt Düsseldorf, Großherzogtum<br />
Luxemburg, Kanton Bern, Deutschsprachige Gemeinschaft<br />
Belgiens, Kanton Luzern, Helmholtz Zentrum München, Stadt Nürnberg,<br />
Bundesministerium der Verteidigung, Finanzministerium NRW,<br />
Justizministerium Niedersachsen, Ministerium für Landesentwicklung<br />
und Verkehr Sachsen-Anhalt, BAM PPP Deutschland GmbH, Firmengruppe<br />
Max Bögl, Implenia Development AG, LHI Leasing GmbH,<br />
Rhein-Erft-Kreis, Kreis Unna.<br />
A 14
Turner & Townsend GmbH<br />
St.-Martin-Straße 76<br />
81541 München<br />
Ihr Ansprechpartner<br />
Dr. Stefan Reimoser<br />
Telefon: +49 89 / 550 545 - 121<br />
E-Mail: stefan.reimoser@turntown.com<br />
TELEFON:<br />
+49 89 / 550 545 - 0<br />
FAX:<br />
+49 89 / 550 545 - 100<br />
E-MAIL:<br />
munich@turntown.com<br />
INTERNET:<br />
www.turnerandtownsend.de<br />
DIE BERATER / PLANER<br />
BERATUNGSSCHWERPUNKTE:<br />
WARUM SIE MIT UNS<br />
ZUSAMMENARBEITEN<br />
SOLLTEN!<br />
Branchen:<br />
Spezialisierung:<br />
PPP-Beratung:<br />
Vorstand/Geschäftsführer:<br />
Gründungsjahr: 1946<br />
Infrastruktur: Luftfahrt, Bahn, Ver- und Entsorgung<br />
Immobilien: Verwaltung, Gesundheitssektor,<br />
Gewerbe, Produktionsanlagen und Reinräume, etc.<br />
Energieversorgung: Öl & Gas, erneuerbare Energien<br />
Turner & Townsend bietet technische Dienstleistungen<br />
über alle Projektphasen hinweg an, von der<br />
ersten Idee bis hin zum laufenden Betrieb.<br />
x Masterplanung und Machbarkeitsstudie<br />
x Lebenszykluskostenmodellierung<br />
und PSC-Ermittlung<br />
x Technische Beratung<br />
x Erstellung funktionaler Leistungs beschreibungen<br />
x FM-Beratung<br />
x Projektsteuerung<br />
x Technische Due Diligence<br />
x Projektmonitoring<br />
UNTERNEHMENSDATEN:<br />
Mitarbeiter: 3.100<br />
Standorte:<br />
Turner & Townsend GmbH Managing Board:<br />
Bernd Engelhardt, Dr. Stefan Reimoser,<br />
Jonathan White, Vincent Clancy<br />
München, Frankfurt, Berlin, Basel, Wien und<br />
weitere 75 Standorte weltweit<br />
Referenzkunden: BBR, Auswärtiges Amt, Hessisches Immobilien -<br />
management, div. Uni versitätsklinika, Deutsche<br />
Bahn, Siemens, Roche, Masdar, Novartis, Pfizer,<br />
RBS, Erste Bank, NIBC, SMBC, Kommunalkredit,<br />
Deka, Münchener Rück, Bayern LB, Nord LB,<br />
Deutsches Museum, BAM, Wiener Krankenanstal -<br />
tenverbund (KAV).<br />
Turner & Townsend ist ein<br />
globales Dienstleistungsunternehmen<br />
und berät<br />
Organisationen und Unternehmen<br />
bei der Entwick lung,<br />
Planung, Errichtung und dem<br />
Betrieb von Immobilien und<br />
Anlagen (Assets). Wir unterstützen<br />
unsere Kunden weltweit<br />
bei Projekten rund um<br />
Immobilien, Infrastruktur,<br />
Energieversorgung und Rohstoffgewinnung.<br />
Die Zusammenarbeit mit uns<br />
zahlt sich aus: Ziel unserer<br />
Arbeit ist es, Kunden dabei<br />
zu unterstützen, ihre Visionen,<br />
Ideen und Projekte<br />
erfolgreich um zu setzen und die<br />
gewünsch ten Ergebnisse zu<br />
erreichen – so effizient und<br />
risikoarm wie möglich.<br />
Wir bieten Ihnen die inter -<br />
nationale Erfahrung aus über<br />
200 betreuten PPP-Projekten<br />
weltweit, gepaart mit der<br />
lokalen Kompetenz im<br />
deutschsprachigen Raum.<br />
A 15
A 16
Katze im<br />
Klarsichtbeutel<br />
Im Vorhinein wissen, worauf man sich in Sachen Immobilien einlässt. Höchste<br />
Planungskompetenz und Ausführungsqualität integrieren. Kostensicherheit<br />
und Ressourcentransparenz nutzen. Für Eigentümer und Nutzer von<br />
Immobilien ist das oft eher Fiktion als Fakt.<br />
Bilfinger one ändert diese Spielregeln und macht aus Einschätzungen Gewissheit.<br />
Bilfinger one ist eine völlig neue, integrierte und ganzheitliche Art, Immobilien<br />
zu denken. Bilfinger one bündelt Fachkompetenzen von Planung bis Betrieb und<br />
eröffnet dem Eigentümer oder Nutzer eine neue Dimension von Planbarkeit,<br />
Wertschöpfung und Kosteneffizienz.<br />
Und weil diese Transparenz zu konkreten Resultaten führt, wird ein positives,<br />
planbares Ergebnis vertraglich garantiert – wenn Sie wollen über den<br />
gesamten Lebenszyklus Ihrer Immobilie!<br />
Informieren Sie sich unter www.one.bilfinger.com