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PUBLIC PRIVATE PARTNERSHIP - Convent

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DETLEF KNOP (HRSG.)<br />

<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong><br />

<strong>PARTNERSHIP</strong><br />

Jahrbuch<br />

2013


Jahrbuch<br />

2013<br />

DETLEF KNOP (HRSG.)<br />

<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong><br />

<strong>PARTNERSHIP</strong><br />

TITELBILDER:<br />

oben links: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berlin | Foto: Pelzetter<br />

oben rechts: Schloss Sonnenstein, Pirna | Foto: Bilfinger SE<br />

unten links: Schulen in East Down und Lisburn, Nordirland | Foto: Bilfinger SE<br />

unten rechts: Autobahn A1 Hamburg–Bremen | Foto: A1 mobil GmbH & Co. KG


Public Private Partnership<br />

Jahrbuch 2013<br />

Herausgeber: Detlef Knop<br />

Redaktion: die-journalisten.de GmbH, Köln<br />

Stefany Krath, Anna Petersen, Kim Schönrock<br />

Koordination: Detlev Leisse, <strong>Convent</strong> Kongresse GmbH<br />

Gestaltung/Satz: Kontur/Repro 45, Frankfurt am Main<br />

Druck & Verarbeitung: Boschen Druck, Frankfurt am Main<br />

ISBN: 978-3-9813677-6-8<br />

Schutzgebühr: 38,– Euro<br />

© <strong>Convent</strong> GmbH 2013<br />

II


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III


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Inhalt<br />

Vorwort Detlef Knop Investitionsbedarf versus Schuldenbremse:<br />

ÖPP bietet bewährte Lösungen 2<br />

Kapitel 1<br />

Investitionsbedarf und Schuldenbremse<br />

Werner Gatzer<br />

Aus Sicht der Bundesregierung:<br />

Öffentlich-Private Partnerschaften –<br />

eine wirtschaftliche Beschaffungsalternative<br />

5<br />

Thomas Töpfer<br />

Aus Sicht der Bauwirtschaft:<br />

Erfolgsfaktoren für ÖPP 9<br />

Helmut Dedy<br />

Aus Sicht der Städte und Gemeinden:<br />

Investitionsfähigkeit sichern 13<br />

Bernward Kulle<br />

Anja Tannhäuser<br />

Partnerschaften Deutschland:<br />

Partnerschaftsmodelle strategisch<br />

gestalten 17<br />

Regine Unbehauen<br />

Klaus Dohmen<br />

Kommunaler Investitionsbedarf:<br />

Erfahrungen aus weiteren Pilotprojekten<br />

in Nordrhein-Westfalen 21<br />

Gabriele Engel<br />

Lernen aus PPP in Bayern:<br />

Projektberichte aus Hoch- und<br />

Straßenbau 25<br />

Dr. Oliver Rottmann<br />

PPP als alternativer Beschaffungsansatz<br />

im Freistaat Sachsen 29<br />

Ulrich Kist<br />

PPP in Hessen:<br />

wichtiger Bestandteil der Baupolitik 33<br />

Tim-Oliver Müller Der ÖPP-Markt 2012:<br />

Talsohle erreicht? 37<br />

IV


Kapitel 2<br />

Öffentlicher Hochbau<br />

Thomas Leitschuh<br />

Christian Pelzeter<br />

Bundesministerium für Bildung<br />

und Forschung – aus Sicht<br />

des Auftraggebers 43<br />

Dr. Manfred Otto<br />

Justizvollzugsanstalt Bremervörde:<br />

Erfolg durch optimale Vorbereitung 47<br />

Dr. Helmut Müller<br />

Über 30 Jahre Erfahrungen<br />

mit PPP in Wiesbaden 51<br />

Thomas Buths Seit 12 Jahren in Betrieb –<br />

die Britische Botschaft in Berlin 57<br />

Uwe Kaven Seit 7 Jahren in Betrieb –<br />

die Schulen in Köln 61<br />

Thomas Buths Seit 6 Jahren in Betrieb –<br />

das Kreishaus Unna 65<br />

Oliver Baumann Seit 1 Jahr in Betrieb –<br />

Daniel Przemeck Schloss Sonnenstein in Pirna 69<br />

Bianca Grübbel<br />

Schulen des Landkreises Miesbach:<br />

innovativ, energieeffizient<br />

und wirtschaftlich 73<br />

Dr. Matthias Sundermeier Antoniuskolleg<br />

Helmut Meng<br />

Neunkirchen-Seelscheid:<br />

Peter Melching Standortsicherung dank ÖPP 77<br />

Helmuth Hahn-Klimroth Krankenhaus in Hofheim am Taunus:<br />

Dr. Petra Beckefeld ein PPP-Leasingmodell 81<br />

Friedrich Prem Wiener Spitalskonzept 2030:<br />

Dr. Stefan Reimoser Konzentration auf sieben Standorte 85<br />

Erich Thewanger<br />

V


Kapitel 3<br />

Verkehrswegebau<br />

Tatjana Tegtbauer<br />

Die A- und F-Modelle als Wegbereiter<br />

für die Zukunft 91<br />

Petra Rother<br />

Julia Fundheller<br />

Aus Sicht des Auftraggebers:<br />

Sechsstreifiger Ausbau der A1 in<br />

beeindruckend kurzer Gesamtbauzeit 95<br />

Volker Ellenberg<br />

Lutz Hoffmann<br />

Aus Sicht des Auftragnehmers:<br />

PPP-Pilotprojekt A1 erfolgreich<br />

umgesetzt 99<br />

Prof. Dr. Torsten R. Böger Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur:<br />

Juliane Willmer Der Blick in die Zukunft 103<br />

Alexander Hofmann Sicherung einer leistungsfähigen<br />

Jana Sudau Verkehrsinfrastruktur: Was ist zu tun? 107<br />

Dr. Jörg Hopfe<br />

Verkehrsinfrastruktur in<br />

Frank M. Schmid<br />

Deutschland: Kommunale<br />

Michael Schultze-Rhonhof Vermögenswerte sichern 111<br />

Thomas Brehler<br />

Highway Maintenance PPP in UK:<br />

Maik Heringhaus ein Modell für Deutschland? 115<br />

Peter H. Coenen<br />

Dr. Ansgar Bendiek<br />

Weltweite Erfahrungen mit<br />

PPP-Infrastrukturprojekten:<br />

Erfolg in Chile 119<br />

Michael Korn<br />

Entlang der Seidenstraße:<br />

ein wichtiger Handelsweg<br />

nach Asien 123<br />

Kapitel 4<br />

Instrumente und Verfahren<br />

Dr. Hans-Georg Napp<br />

Die Finanzierungsmöglichkeiten<br />

von PPP im Wandel der Zeiten 127<br />

VI


Dr. Johannes Schuy<br />

Anja Tannhäuser<br />

Transparenz bei ÖPP-Projekten:<br />

Forschungsprojekt zeigt<br />

Handlungsoptionen 131<br />

Prof. Dr. Andreas Pfnür Kooperation fördert Projekterfolg:<br />

Kevin Meyer<br />

Analyse des privaten<br />

Dr. Christian Glock Lebenszyklus-Pilotprojekts 135<br />

Thomas Schubert<br />

Partnerschaftliche Zusammenarbeit:<br />

Hartmut Fischer Vertrauen senkt Transaktionskosten 139<br />

Monica A. Schulte Strathaus<br />

Anett Sommer<br />

Bündelung von PPP-Projekten:<br />

Herausforderungen heterogener<br />

Portfolios 143<br />

Dr. Robin Heidel<br />

ÖPP und Energieeffizienz:<br />

Kai Mathieu<br />

Mit richtigen Maßnahmen<br />

Henrik Vogt langfristigen Erfolg sichern 147<br />

Klaus Hahnenfeld<br />

PPP und IT: Erfolgsfaktoren für<br />

ein effektives Miteinander 151<br />

Claus Wechselmann<br />

PPP und IT: Durch strategische<br />

Kooperation zum Erfolg 155<br />

Jürgen Walther<br />

Einsatz von PPP für das<br />

Breitbandprojekt Odenwaldkreis 159<br />

Kapitel 5<br />

Internationale Erfahrungen und Entwicklungen<br />

Klaus Grewe<br />

Großprojekt Olympia 2012 in London:<br />

in time und in budget 163<br />

Robert Stakowski PPP in Frankreich: Auch 2012<br />

Prof. Dr. Dieter Jacob wieder Spitzenreiter in Europa<br />

Corinna Hilbig 167<br />

VII


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VIII


Lorenz Bösch PPP in der Schweiz: Die Perspektiven 171<br />

Sietske G. Bergsma<br />

Henri Krecké<br />

Carsten Müller<br />

Oliver Lauw<br />

PPP in den Niederlanden:<br />

Lessons Learned beim Umbau des<br />

Finanzministeriums in Den Haag 175<br />

PPP in Luxemburg: Sport und Freizeit<br />

im Parc des Sports Oberkorn 181<br />

PPP in Kanada: Pragmatischer<br />

Umgang mit PPP 185<br />

PPP in Australien: Peninsula Link<br />

als Meilenstein beim Ausbau<br />

des Autobahnnetzes 189<br />

Die Inhaltsverzeichnisse der letzten Jahre finden Sie im Internet unter<br />

www.convent.de<br />

IX


VORWORT<br />

Investitionsbedarf versus Schuldenbremse:<br />

ÖPP bietet bewährte Lösungen<br />

Mit 15 beauftragten Projekten und einem Investitionsvolumen von 550 Millionen<br />

Euro für Hoch- und Verkehrswegebau konnte ÖPP 2012 noch nicht wieder so richtig<br />

durchstarten. Der Verkehrswegebau hatte ohne A-Modelle nur ein Projekt mit 10 Millionen<br />

Euro beizusteuern. Beim Hochbau wirkte das Konjunkturpaket nach, da kaum<br />

neue Projekte vorbereitet waren. Dazu verunsicherte die Schuldenbremse, welche<br />

Projekte sich eine Kommune noch leisten kann.<br />

Detlef Knop ist Herausgeber<br />

des Jahrbuchs und PPP-<br />

Pionier in Deutschland.<br />

Wie sind die Aussichten?<br />

Bereits 200 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 7,8 Milliarden Euro sind seit<br />

2003 im Hoch- und Verkehrswegebau vergeben worden, davon im Hochbau zunehmend<br />

auch mit langfristiger Finanzierung durch den öffentlichen Auftraggeber. Die<br />

erreichten Einsparungen in Höhe von 12 Prozent entsprechen 940 Millionen Euro.<br />

Rund 100 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 6 Milliarden Euro befinden<br />

sich in Vorbereitung. Beim Hochbau punkten Gesundheit, Bildung und Verwaltung,<br />

beim Verkehrswegebau sind die bewährten A-Modelle stark nachgefragt. Weitere<br />

Nutzungen wie IT-Dienstleistungen, Energiewende und Schiene sind vorgesehen.<br />

Erheblicher Investitionsbedarf<br />

Der durch steigende Sozialausgaben ausgelöste Investitionsstau bei den Kommunen<br />

wird mit 150 Milliarden Euro festgestellt, bei den Verkehrswegen Straße, Schiene, Wasser<br />

fehlen 7,2 Milliarden Euro pro Jahr. Durch Energiewende und Staatsmodernisierung<br />

werden weitere Milliardenbeträge benötigt – und gleichzeitig soll die Schuldenbremse<br />

eingehalten werden: Das alles erfordert große Anstrengungen und innovative Lösungen.<br />

Die öffentliche Hand hat erkannt, dass ÖPP hierfür bewährte Lösungen bietet.<br />

Kosten und Termine bei Großprojekten<br />

Viele konventionelle Großprojekte wie die Hamburger Elbphilharmonie, der Berliner<br />

Flughafen, der Stuttgarter Bahnhof oder der Frankfurter Eurotower verursachen mit<br />

enormen Kosten- und Terminüberschreitungen negative Schlagzeilen.<br />

Dagegen überzeugen PPP-Großprojekte mit Kosten- und Termineinhaltung. Beim<br />

650-Millionen-Euro-Projekt A1 von Bremen nach Hamburg überschlug sich die Presse<br />

mit Lobeshymnen zur strikten Kosteneinhaltung und zur vorzeitigen Fertigstellung<br />

(drei Monate) bei gleichzeitig hoher Qualität. Die anderen A-Modelle waren ebenso<br />

erfolgreich. Dass das auch bei noch größeren Projekten funktioniert, beweisen die<br />

Olympischen Spiele 2012 in London: Der Projektsteuerer Klaus Grewe erläutert in seinem<br />

Beitrag, wie er das 9,3-Milliarden-Pfund-Projekt in budget und in time erfolgreich<br />

realisiert hat: 10 Prozent unter Budget und vier Monate vor Zeitplan.<br />

2


Qualität und Innovation<br />

Ulrich Kist geht der Frage nach „Was hat PPP?“ und resümiert, dass die Vorteile von PPP vor allem aus<br />

dem Lebenszyklusansatz kommen: Ein privater Partner, der nicht nur baut, sondern auch für 30 Jahre<br />

Betrieb verantwortlich zeichnet, versucht seine Bauunterhaltungs- und Instandhaltungskosten ebenso wie<br />

die Betriebskosten gering zu halten. Er baut qualitativ hochwertiger und damit auch teurer, spart das jedoch<br />

über den Lebenszyklus wieder ein. Dass eine öffentliche Hand ohne privaten Partner gleichermaßen<br />

handeln könnte, sei in Zeiten der Schuldenkrise nicht realistisch, bedauert der Autor.<br />

Durch funktionale Ausschreibungen ist ÖPP eine innovative Beschaffungsmaßnahme, die mit vielen Auszeichnungen<br />

von sich reden macht, beispielsweise mit dem LEED-Gold-Standard für die Energieeffizienz<br />

beim Mehr-Regionen-Haus in Brüssel oder dem jährlichen Innovationspreis PPP für herausragende innovative<br />

Projektlösungen, oder auch der PPP-Persönlichkeit des Jahres 2012, Ronald Wörmcke aus Hamburg.<br />

Entsprechende Beiträge finden Sie im Jahrbuch und bei der Jahrestagung.<br />

ÖPP in der öffentlichen Wahrnehmung<br />

Eine Allensbach-Studie zu ÖPP-Projekten im Schulbereich zeigt auf, dass 90 Prozent der befragten Auftraggeber<br />

in der Zusammenarbeit mit einem privaten Partner vor allem Vorteile sehen und über 60 Prozent<br />

der Schulleiter und Elternvertreter ÖPP im Schulbereich gut finden. Werner Gatzer, Staatssekretär<br />

im Bundesfinanzministerium, bestätigt in seinem Beitrag, dass „Erfahrungen, die der Bund bislang mit<br />

ÖPP im Bundesfernstraßenbau sowie im Hochbau gemacht hat, überwiegend gut bis sehr gut sind“.<br />

Dennoch gibt es noch immer viele Vorbehalte gegen ÖPP, die privatwirtschaftliche Realisierung wird in<br />

Deutschland oft als Privatisierung verkannt. Selbst die deutschen Rechnungshöfe haben noch keinen<br />

rechten Zugang zu den unbestreitbaren Vorteilen von ÖPP, während die britischen Kollegen vom National<br />

Audit Office (NAO) bereits von Anfang an Pilotprojekte begleiten und auch jährlich im Parlament über<br />

die Ergebnisse berichten. Um die Akzeptanz beim Thema ÖPP zu verbessern, ist deshalb umfassende<br />

Kommunikation und vor allem Transparenz gefragt: „Transparenz ist ein entscheidender Erfolgsfaktor, um<br />

mehr Vertrauen in dieses Beschaffungsmodell zu bringen“, sagt Thomas Töpfer in seinem Beitrag.<br />

Und wie sehen das die Beteiligten?<br />

Das erfahren Sie in diesem im 10. Jahr erscheinenden Jahrbuch. Es enthält sowohl Vorträge von der<br />

Jahrestagung PPP als auch weitere aktuelle Beiträge aus der Praxis der beteiligten Partner, seien es Bund,<br />

Länder und Gemeinden, Sponsoren und Banken, Baufirmen und Betreiber sowie Planer und Berater. Sie<br />

alle haben ihre Erfahrungen zu Papier gebracht und informieren über die aktuellen Themen von ÖPP.<br />

Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen<br />

Detlef Knop<br />

3


Aus Sicht der Bundesregierung:<br />

Öffentlich-Private Partnerschaften –<br />

eine wirtschaftliche Beschaffungsalternative<br />

Von Werner Gatzer<br />

Die Erfahrungen, die Bund, Länder und Kommunen mit ÖPP-Projekten<br />

gemacht haben, sind überwiegend positiv. Trotzdem lag das Investitionsvolumen<br />

2012 unter dem des Vorjahrs. Neben der grundlegenden<br />

Information und einer Standardisierung von ÖPP ist es außerdem notwendig,<br />

bestehende Vorbehalte abzubauen.<br />

Zunächst ein paar Fakten: Von 2002 bis Ende<br />

2012 wurden 184 Projekte im Hoch- und Tiefbau<br />

mit einem Volumen von mehr als 7,3 Milliarden<br />

Euro unter Vertrag genommen, wobei rund<br />

4,9 Milliarden Euro auf den Hochbau und etwa<br />

2,4 Milliarden Euro auf den Tiefbau entfallen. Die<br />

Vertragsabschlüsse des Jahres 2012 konnten zwar<br />

nicht an die Zahlen des Jahres 2011 anknüpfen,<br />

in dem 16 Projekte mit einem Volumen von fast<br />

1,2 Milliarden Euro gestartet wurden. Allerdings<br />

befinden sich zurzeit mehr als 120 Projekte in der<br />

Ausschreibung, Vorbereitung oder Prüfung.<br />

Zurückhaltung trotz guter<br />

Erfahrungen mit ÖPP<br />

Doch auch wenn die Projektpipeline damit gut<br />

gefüllt ist, bleibt das Investitionsvolumen hinter<br />

den Erwartungen vieler zurück. Und das, obwohl<br />

Auftraggeber und Nutzer mit den bereits in der<br />

Betriebsphase befindlichen ÖPP-Projekten überwiegend<br />

zufrieden sind. So zeigt eine Studie des<br />

Instituts für Demoskopie Allensbach zu ÖPP-Projekten<br />

im Schulbereich, dass 90 Prozent der befragten<br />

Auftraggeber in der Zusammenarbeit mit<br />

Werner Gatzer ist<br />

Staatssekretär im<br />

Bundesministerium<br />

der Finanzen (BMF)<br />

(Foto: BMF/Hendel).<br />

INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />

Anzahl der ÖPP-Projekte und Investitionsvolumen in Mio. € von 2002 bis 2012<br />

in Mio. Euro<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

2<br />

0 64<br />

2002/2003<br />

14<br />

350<br />

2004<br />

Investitionsvolumen<br />

Straßenbau<br />

Investitionsvolumen<br />

Hochbau<br />

Anzahl Projekte kumuliert<br />

51<br />

30<br />

457<br />

2005<br />

Projektanzahl<br />

184<br />

200<br />

620<br />

176<br />

180<br />

657<br />

160<br />

145<br />

160<br />

119<br />

534 540<br />

140<br />

120<br />

91<br />

100<br />

80<br />

53<br />

22<br />

60<br />

40<br />

20<br />

594 887 775 653 362 611 150<br />

0<br />

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

Projekt<br />

5


einem privaten Partner vor allem Vorteile sehen<br />

und über 60 Prozent der Schulleiter und Elternvertreter<br />

ÖPP im Schulbereich gut finden. Nur<br />

gut ein Viertel der Schulleiter sowie der Elternvertreter<br />

ist der Meinung, dass der Betrieb öffentlicher<br />

Schulen ganz in der Verantwortung von<br />

Städten und Gemeinden bleiben sollte.<br />

Auch die Erfahrungen, die der Bund bislang mit<br />

ÖPP im Bundesfernstraßenbau sowie im Hochbau<br />

gemacht hat, sind überwiegend gut bis sehr<br />

gut. Die Strecken der ersten drei Bundesfernstraßenprojekte,<br />

der Bundesautobahn (BAB) A8<br />

Augsburg–München, der BAB A4, der sogenannten<br />

Hörselbergumfahrung in Thüringen, und erst<br />

jüngst die BAB A1 zwischen Bremen und Hamburg<br />

konnten früher als geplant und vertraglich<br />

vereinbart in Betrieb genommen werden. Der<br />

Neubau des Bundesministeriums für Bildung und<br />

Forschung liegt voll im Zeitplan.<br />

Trotz der guten Erfahrungen gibt es noch immer<br />

viele Vorbehalte gegen ÖPP. Die Diskussionen<br />

der jüngsten Zeit haben gezeigt, dass falsche Vorstellungen<br />

von ÖPP weit verbreitet sind. ÖPP bedeutet<br />

vor allem nicht „Privatisierung“, sondern<br />

eine Beschaffungsform, bei der unterschiedliche<br />

Leistungselemente unter der Regie der öffentlichen<br />

Hand an private Dritte zur Ausführung vergeben<br />

werden, wie dies auch im konventionellen<br />

Bereich für Bau und Erhaltung und teilweise<br />

Betrieb gilt und praktiziert wird. Innovativ ist<br />

nur der Ansatz, Vereinbarungen zwischen öffentlichen<br />

und privaten Partnern über den gesamten<br />

Lebenszyklus von Projekten der öffentlichen<br />

Hand zu schließen – also über alle Phasen von<br />

Planung über Bau, Finanzierung und Betrieb bis<br />

ggf. zur Verwertung – und damit Wirtschaftlichkeitsvorteile<br />

zu erzielen.<br />

Standardisierungen voranbringen<br />

Wirtschaftlichkeit ist der zentrale Punkt: ÖPP<br />

ist zunächst nur eine Beschaffungsvariante von<br />

vielen. Immer gilt: die wirtschaftlichste Variante<br />

muss gewählt werden. Dies kann in vielen Fällen<br />

eine ÖPP sein. Deshalb kommt der Ermittlung der<br />

Wirtschaftlichkeit eine besondere Bedeutung zu.<br />

Aber auch bei ÖPP-Projekten gibt es, wie bei jeder<br />

anderen Beschaffungsvariante, Mängel. Der<br />

Erfahrungsbericht der Rechnungshöfe des Bundes<br />

und der Länder zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-<br />

Projekten vom 14. September 2011 listet solche<br />

auf. Dies zeigt, dass weiterer Bedarf für Beratung,<br />

Wissenstransfer und Standardisierung besteht,<br />

vor allem um die komplexe Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />

von Beschaffungsvarianten über<br />

den Lebenszyklus fachgerecht durchzuführen.<br />

Dem kommt die Bundesregierung in vielerlei<br />

Hinsicht nach.<br />

Seit März 2012 ist ein Rechenmodell zur Durchführung<br />

von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />

im Hochbau verfügbar, das die ÖPP Deutschland<br />

AG im Auftrag des Bundesministeriums der<br />

Finanzen (BMF) entwickelt hat. Dieses Excelbasierte<br />

Modell ermöglicht einen rechnerischen<br />

Vergleich der Wirtschaftlichkeit von Eigenbau<br />

und ÖPP-Variante auf der Basis der vorhandenen<br />

Leitfäden. Es wird durch die ÖPP Deutschland<br />

AG unentgeltlich an Interessenten der öffentlichen<br />

Hand und der Privatwirtschaft abgegeben.<br />

Das Modell wird im Auftrag des BMF nun erweitert,<br />

um alle für eine Beschaffung im Hochbau<br />

möglichen Varianten gleichzeitig betrachten zu<br />

können und komfortabel die wirtschaftlichste<br />

Lösung zu ermitteln. Dies ist ein komplexer und<br />

aufwendiger Auftrag, der sich jedoch wegen des<br />

großen Bedarfs an derartigen praktikablen Hilfestellungen<br />

in jedem Fall lohnen wird.<br />

Ein weiteres Thema ist die Gleichbehandlung<br />

von konventionellen Projekten und ÖPP hinsichtlich<br />

der Einbindung von Fördermitteln. Hier<br />

besteht Informationsbedarf, da die Zuwendungsverfahren<br />

ganz auf die klassische Beschaffung zugeschnitten<br />

sind. Dazu hat die ÖPP Deutschland<br />

AG im Auftrag des BMF und in Zusammenarbeit<br />

mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Zuwendungsrecht“<br />

des Bund-Länder-Netzwerks ÖPP ein Dis-<br />

6


kussionspapier erstellt, das Möglichkeiten aufzeigt,<br />

wie diese Gleichbehandlung im Rahmen<br />

der geltenden Zuwendungsbestimmungen erreicht<br />

werden kann. Dieses Papier soll demnächst<br />

in verschiedenen Gremien diskutiert werden.<br />

Der anhaltend hohe Beratungsbedarf manifestiert<br />

sich auch in den Anfragen an das sogenannte<br />

Helpdesk der ÖPP Deutschland AG, an das sich<br />

öffentliche Auftraggeber für eine erste Beratung<br />

zu ÖPP-Projekten kostenlos wenden können. Im<br />

Jahr 2012 wurde das Helpdesk von über 100 Ratsuchenden<br />

in Anspruch genommen, wobei das<br />

Spektrum der Beratungen von allgemeinen Fragestellungen<br />

zu ÖPP bis zu konkreten Beratungen<br />

in der Frühphase eines Projekts reichte.<br />

Im Hinblick auf den nach wie vor bestehenden<br />

Bedarf an Beratung und Grundlagenarbeiten im<br />

Bereich ÖPP hat sich die Bundesregierung entschlossen,<br />

die Rahmenvereinbarung des Bundes<br />

mit der ÖPP Deutschland AG für vier weitere<br />

Jahre abzuschließen und sie auch wieder für andere<br />

öffentliche Auftraggeber zu öffnen. Die Resonanz<br />

war erfreulich und zeigt die Bereitschaft<br />

der öffentlichen Hand, das ÖPP-Modell zu nutzen.<br />

In einem für ÖPP schwierigen Umfeld haben<br />

150 öffentliche Auftraggeber, 25 Prozent mehr<br />

als bei der Premiere 2008, die neue Rahmenvereinbarung<br />

gezeichnet.<br />

ÖPP-Handlungsfelder erweitern<br />

Neben der Beratung und Standardisierung ist es<br />

weiterhin notwendig, bestehende Hemmnisse für<br />

ÖPP abzubauen und Anwendungsfelder auszubauen<br />

und neu zu entwickeln. Dazu hat das BMF<br />

sich der Themen Transparenz, Energieeffizienz<br />

und Dienstleistungszentren angenommen.<br />

Transparenz<br />

Ein durchgängiges Thema im Hinblick auf Vorbehalte<br />

gegen ÖPP ist der immer wieder zu hörende<br />

Vorwurf, ÖPP-Projekte seien nicht transparent.<br />

Dazu liegt nunmehr eine detaillierte<br />

Untersuchung der ÖPP Deutschland AG vor,<br />

die vom BMF in Auftrag gegeben wurde, um<br />

die Befindlichkeiten der verschiedenen Akteure<br />

in einem ÖPP-Prozess in Erfahrung zu bringen.<br />

Demnach scheint es angesichts der herrschenden<br />

Unsicherheit über ÖPP besonders notwendig,<br />

Vertrauen herzustellen, und zwar über den gesamten<br />

ÖPP-Prozess hinweg: Die Beteiligten und<br />

Interessierten sollten in jeder Phase wie Bedarfsfeststellung,<br />

Vorbereitung, Ausschreibung und<br />

Vergabe, Bau und Betrieb sowie ggf. Verwertung<br />

adressatengerecht die erforderlichen Informationen<br />

zur Verfügung gestellt bekommen. Allerdings<br />

hat Transparenz auch Grenzen: Die fiskalischen<br />

Interessen des Staates müssen gewahrt bleiben,<br />

die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Beschaffung<br />

im Wettbewerb darf dadurch für die Zukunft<br />

nicht in Frage gestellt werden.<br />

ÖPP und Energieeffizienz<br />

Um die Ziele der Energiewende zu erreichen,<br />

sind eine Steigerung der Energieeffizienz und eine<br />

Senkung des Primärenergiebedarfs notwendig.<br />

Wichtig ist dabei auch eine bessere Energieeffizienz<br />

bestehender Gebäude. Daher hat das BMF<br />

die ÖPP Deutschland AG mit der Grundlagenarbeit<br />

„ÖPP zur Steigerung der Energieeffizienz bei<br />

Bestandsgebäuden“ beauftragt.<br />

Die Idee dahinter ist, dass der Lebenszyklusgedanke,<br />

insbesondere die Behandlung der Betriebskosten,<br />

in der Bestandspflege und bei Sanierungsentscheidungen<br />

im öffentlichen Sektor<br />

zu Unrecht noch keine entscheidend große Rolle<br />

spielt. Sanierungsmaßnahmen im Rahmen konventioneller<br />

Eigenbaulösungen erfordern die zeitnahe<br />

Bereitstellung erheblicher Haushaltsmittel,<br />

deren „Erträge“ in Form verminderter Betriebskosten<br />

weit in der Zukunft liegen und daher bei<br />

der Entscheidungsfindung zu wenig berücksichtigt<br />

werden. Umfassende Sanierungen werden<br />

daher in vielen Fällen gar nicht erst erwogen. In<br />

der Folge wird ein Großteil öffentlicher Gebäude<br />

mit schlechter Energieeffizienz unwirtschaftlich<br />

und wenig nachhaltig weiterbetrieben.<br />

7


Auch hier können ÖPP-Lösungen das richtige Instrument<br />

sein: Der Lebenszyklusansatz macht die<br />

durch Energieeinsparungen sinkenden Betriebskosten<br />

im Wirtschaftlichkeitsvergleich unmittelbar<br />

sichtbar.<br />

ÖPP und Dienstleistungen<br />

Für ÖPP-Lösungen kommt aber nicht nur der<br />

klassisch damit in Verbindung gebrachte Bereich<br />

mit dem Schwerpunkt Bauen in Betracht, sondern<br />

auch das große Feld der Dienstleistungen. In<br />

diesem Segment passt die herkömmliche Denkweise<br />

„Planen, Bauen, Finanzieren und Betreiben“<br />

nicht, da der Schwerpunkt der Beschaffung<br />

nicht mehr eine Baumaßnahme ist, sondern eine<br />

Dienstleistung mit einer in der Regel hohen Personalintensität.<br />

Mit anderen Worten: Köpfe, nicht<br />

Beton, stehen im Vordergrund.<br />

Dass in diesem Bereich Handlungsbedarf besteht,<br />

wird insbesondere begreifbar, wenn man sich die<br />

demografische Entwicklung vor Augen führt. Der<br />

Staat wird langfristig prüfen müssen, ob er sich<br />

dauerhaft eine öffentliche Dienstleistungslandschaft<br />

in der jetzigen Form leisten kann und will:<br />

weil in der Fläche die Kunden, also die Bürger<br />

fehlen, und vor allem auch, weil die öffentliche<br />

Hand mit der privaten Wirtschaft um die Köpfe<br />

streiten wird, die die Dienstleistungen erbringen<br />

sollen.<br />

Um die Frage zu klären, wie ÖPP-Modelle hier<br />

zur Lösung beitragen können, hat das BMF nach<br />

Befassung im Bund-Länder-Netzwerk ÖPP, in<br />

dem auch die kommunalen Spitzenverbände<br />

vertreten sind, die ÖPP Deutschland AG mit der<br />

Grundlagenarbeit „Dienstleistungszentren (DLZ)<br />

in Form von Öffentlich-Privaten Partnerschaften<br />

(ÖPP), insbesondere im interkommunalen<br />

Bereich“ beauftragt. Zielstellung ist, eine Vorgehensweise<br />

für die Identifizierung, Bewertung und<br />

Umsetzung einer gemeinsamen Leistungserbringung<br />

in Form von ÖPP-Dienstleistungszentren<br />

zu erarbeiten. Da dies besonders die kommunale<br />

Ebene betrifft, ist es erfreulich, dass sich insbesondere<br />

der Deutsche Landkreistag, der Landkreis<br />

Miltenberg sowie die Städteregion Aachen<br />

an der Arbeit beteiligen.<br />

ÖPP-Zukunft<br />

Die bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse<br />

zeigen, dass ÖPP nicht selten eine wirtschaftliche<br />

Alternative zur konventionellen Beschaffung<br />

darstellt und die vielfältigen Potenziale von ÖPP<br />

bei weitem noch nicht erschlossen sind. Für eine<br />

dauerhafte Zukunft von ÖPP wird es jedoch<br />

gleichermaßen wichtig sein, die Beteiligten und<br />

Interessierten vertrauensbildend, also frühzeitig<br />

und projektbegleitend sowie sach- und adressatengerecht,<br />

über ÖPP-Vorhaben zu informieren.<br />

Für die Bundesregierung sind Öffentlich-Private-<br />

Partnerschaften kein Königsweg, sondern eine<br />

Beschaffungsform, die sich im Wirtschaftlichkeitsvergleich<br />

mit anderen Beschaffungsvarianten bei<br />

konkreten Vorhaben bewähren muss.<br />

8


Aus Sicht der Bauwirtschaft:<br />

Erfolgsfaktoren für ÖPP<br />

Von Thomas Töpfer<br />

In der öffentlichen Diskussion werden ÖPP weiterhin kontrovers diskutiert.<br />

Insbesondere in der medialen Berichterstattung geraten Sachlichkeit<br />

und Objektivität zugunsten politischer und ideologischer Vorurteile<br />

immer mehr in den Hintergrund. Transparenz ist ein entscheidender<br />

Erfolgsfaktor, um mehr Vertrauen in dieses Beschaffungsmodell zu<br />

schaffen.<br />

Vorwürfe von „Sabotage“, „Manipulation, um<br />

Anschein von Legalität zu wecken“, „unseriöses<br />

Vorgehen“ und „griechischer Ansatz zu Infrastrukturfinanzierung“<br />

werden erhoben, ohne den<br />

eigentlichen Sachverhalt differenziert zu beleuchten.<br />

Dieses negative Meinungsumfeld hat zweifelsfrei<br />

Spuren auf dem ÖPP-Markt hinterlassen:<br />

Seine Entwicklung war in Deutschland 2012<br />

wie prognostiziert zurückhaltend. Bis Jahresende<br />

wurden 14 ÖPP-Hochbauprojekte mit einem Investitionsvolumen<br />

von rund 540 Millionen Euro<br />

Thomas Töpfer ist<br />

Mitglied des Vorstands<br />

der Bilfinger<br />

SE und Vorsitzender<br />

vergeben. Im Vergleich zum Vorjahr<br />

des Arbeitskreises<br />

ist zwar ein leichter Anstieg des Investitionsvolumens<br />

zu verzeichnen, band der Deutschen<br />

ÖPP im Hauptver-<br />

die Projektanzahl ist jedoch weiter<br />

Bauindustrie e.V.<br />

rückläufig. Im Verkehrsbereich wurden<br />

keine neuen ÖPP-Projekte vergeben,<br />

nur ein einziges A-Modell wurde ausgeschrieben.<br />

Die angekündigten A-Modelle auf der<br />

A7 in Niedersachsen, der A6 in Baden-Württemberg<br />

sowie der A94 in Bayern werden erst 2013<br />

an den Markt kommen.<br />

INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />

ÖPP im öffentlichen Hochbau: Regionale Verteilung<br />

188 vergebene Projekte<br />

24 Projekte in Ausschreibung<br />

65 Projekte in Vorbereitung<br />

Hauptverband der<br />

Deutschen Bauindustrie e.V.<br />

2<br />

0<br />

1<br />

55<br />

6<br />

15<br />

3<br />

1<br />

4<br />

0<br />

0<br />

0<br />

21<br />

5<br />

12<br />

20<br />

2<br />

4<br />

17<br />

2<br />

0<br />

16<br />

3<br />

6<br />

4<br />

0<br />

2<br />

2<br />

0<br />

5<br />

12<br />

2<br />

5<br />

17<br />

2<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1<br />

5<br />

1<br />

3<br />

2<br />

0<br />

2<br />

10<br />

0<br />

1<br />

Quelle: eigene Erhebung<br />

Stand: 25.1.2013<br />

9


Notwendigkeit zweifelsfrei vorhanden<br />

Die pauschale Kritik führt zu einem Stillstand,<br />

den wir uns in Deutschland nicht leisten können.<br />

Der Bedarf an einer nachhaltigen, zukunftsfähigen<br />

Infrastruktur ist in allen Bereichen unverändert<br />

hoch.<br />

Die von der Verkehrsministerkonferenz eingesetzte<br />

Daehre-Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“<br />

hat in ihrem Mitte<br />

Dezember 2012 vorgelegten Abschlussbericht<br />

eine Unterfinanzierung der Verkehrswege Straße,<br />

Schiene und Wasserstraße in Höhe von mindestens<br />

7,2 Milliarden Euro pro Jahr festgestellt.<br />

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht<br />

von einem Nachholbedarf von über 23 Milliarden<br />

Euro allein für die Sanierung des Verkehrsträgers<br />

Straße. Nicht zu vergessen ist der von der Kreditanstalt<br />

für Wiederaufbau (KfW) in ihrem Kommunalpanel<br />

2011 bezifferte kommunale Investitionsstau<br />

von 100 Milliarden Euro. Mit Blick auf<br />

den demografischen Wandel besteht laut KfW ein<br />

Investitionsbedarf von ca. 53 Milliarden Euro für<br />

einen altersgerechten Infrastruktur-Umbau. Für<br />

die energetische Sanierung von Gebäuden der<br />

kommunalen und sozialen Infrastruktur seien zudem<br />

weitere 75 Milliarden Euro notwendig.<br />

Die öffentliche Hand ist derzeit nicht in der Lage,<br />

diese Herausforderungen aus eigener Kraft zu<br />

bewältigen. Die öffentlichen Haushalte sind nach<br />

wie vor in einer angespannten Situation. Die Investitionsetats<br />

stehen weiterhin unter Druck. Die<br />

Schuldenbremse wird diesen Druck sogar noch<br />

erhöhen.<br />

Partnerschaftliche und gut strukturierte Lösungsansätze<br />

wie ÖPP sind daher von großer Wichtigkeit,<br />

um diesen Problemen zu begegnen. Denn<br />

ÖPP bergen große Erfolgspotenziale für die öffentliche<br />

und auch private Seite. Sie können dazu<br />

beitragen, knappe Finanzmittel nachhaltig zu<br />

nutzen, Arbeitsplätze langfristig zu sichern und<br />

Projekte in hoher Qualität schneller umzusetzen.<br />

Nutzerzufriedenheit, Innovationen und<br />

Effizienz<br />

Die große Mehrheit der deutschen ÖPP-Projekte<br />

macht diese Potenziale deutlich. Im Hochbau<br />

erfreuen sich die Projekte einer großen Zufriedenheit<br />

von Auftraggebern und Nutzern, wie<br />

die Allensbach-Studie belegt hat. Grund hierfür<br />

ist vor allem die gute und schnelle Zusammenarbeit<br />

mit dem privaten Partner, die Qualität der<br />

Leistungen sowie die hohe Kostensicherheit. In<br />

einer Auftraggeber- und Nutzerbefragung der im<br />

Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau<br />

und Stadtentwicklung (BMVBS) erstellten Studie<br />

„Architekturqualität für ÖPP“ wurde zudem die<br />

ÖPP-Architektur im Vergleich zur konventionellen<br />

Beschaffung gelobt.<br />

Der für ÖPP inhärente Wettbewerb sowie die<br />

vom Auftraggeber erstellte Outputspezifikation<br />

haben sich u.a. im Bereich der Energieeffizienz<br />

als regelrechter Innovationstreiber herausgestellt.<br />

Schulen und Verwaltungsgebäude im zertifizierten<br />

Passivhaus-Standard, Plus-Energie-Häuser sowie<br />

zukunftsweisende Lösungsansätze in Bezug<br />

auf regenerative Energiequellen, Gebäudehüllen,<br />

Lüftungsanlagen und Dämmstoffe aus nachwachsenden<br />

Rohstoffquellen sind Beispiele dieses großen<br />

Innovations- und Effizienzpotenzials.<br />

Die deutlichen Effizienzpotenziale von ÖPP<br />

werden vor allem auch im Bereich der Bundesfernstraßen<br />

deutlich. Bei den drei bereits fertiggestellten<br />

ÖPP-A-Modellen wurden aufgrund<br />

des ÖPP-Modells und der Gesamtvergabe des<br />

Autobahnteilstücks erhebliche Zeiteinsparungen<br />

gegenüber dem konventionellen Verfahren realisiert.<br />

Alle bisher fertiggestellten ÖPP-A-Modelle<br />

wurden on-time, das heißt zum vertraglich festgelegten<br />

Fertigstellungstermin für den Verkehr<br />

freigegeben. Die Neu- und Ausbauarbeiten des<br />

A-Modells auf der A4 Hörselberg-Umfahrung<br />

wurden gar ein Jahr vor dem vereinbarten Fertigstellungstermin<br />

beendet. Ebenso konnte der<br />

Teilabschnitt auf der A1 zwischen dem Autobahndreieck<br />

Buchholz und dem Bremer Kreuz<br />

10


durch das ÖPP-Modell früher als geplant für den<br />

Verkehr freigegeben werden. Alle A-Modelle liefern<br />

gleichzeitig eine überdurchschnittlich hohe<br />

Qualität, da sich die Verantwortlichkeit und<br />

Risikoübernahme des privaten Unternehmens<br />

im Gegensatz zur konventionellen Realisierung<br />

über den gesamten Lebenszyklus eines Projekts<br />

erstreckt. ÖPP-Projekte bieten – bei minimalen<br />

Nachträgen von 2 bis 3 Prozent des Auftragsvolumens<br />

– zudem eine außergewöhnlich hohe<br />

Kostensicherheit. Die bislang durch die Unternehmen<br />

der Bauindustrie fertiggestellten ÖPP-<br />

A-Modelle waren alle in-budget, das heißt im<br />

veranschlagten Kostenrahmen.<br />

Erfahrungen besser kommunizieren<br />

Die vielen positiven Erfahrungen mit Partnerschaftsmodellen<br />

wie ÖPP finden im öffentlichen<br />

Diskurs jedoch weiterhin zu wenig bis gar keine<br />

Beachtung. Vielmehr wird eine Diskussion über<br />

angebliche Arbeitsplatzverluste, soziale und öffentliche<br />

Unverträglichkeiten sowie über vermeintliche<br />

ÖPP-Wirtschaftlichkeitsnachteile geführt.<br />

Bei näherer Betrachtung entbehren diese Vorwürfe<br />

zwar jeglicher Grundlage, ein aktiver Umgang<br />

mit diesen Anschuldigungen sowie deren Richtigstellung<br />

durch die ÖPP-Auftraggeber bleibt<br />

jedoch meist aus. Dies ist eines der Probleme,<br />

warum der ÖPP-Markt auch 2013 weiterhin mit<br />

Akzeptanzproblemen zu kämpfen hat.<br />

Die Deutsche Bauindustrie hat sich bereits<br />

2012 dazu entschieden, die Kritik nicht weiter<br />

unkommentiert stehen zu lassen. In Gesprächen,<br />

Stellungnahmen und Positionspapieren<br />

stellen wir Kritik richtig und bemühen uns, die<br />

verlorene Sachlichkeit in die Diskussion zurückzubringen.<br />

Wir versuchen dabei unseren Gesprächspartnern<br />

zu vermitteln, dass Investitionsentscheidungen<br />

im Einzelfall und mit Blick auf<br />

die Wirtschaftlichkeit, das heißt sowohl in Bezug<br />

auf die Haushaltsverträglichkeit als auch auf die<br />

soziale und gesellschaftliche Entwicklung, sachlich<br />

und unideologisch getroffen werden müssen.<br />

Potenziale nutzen und ausbauen<br />

Wir müssen uns außerdem dafür einsetzen, dass<br />

das bislang gesammelte ÖPP-Know-how auch<br />

auf bisher unerschlossene Marktsegmente übertragen<br />

wird, so z.B. auf den Bereich des Schienenwegebaus.<br />

Erste Überlegungen wurden hierzu<br />

bereits auf Ebene des Bundes sowie im Land<br />

Bayern am Beispiel des Schienenwegeprojekts<br />

ABS 38 angestellt. In weiteren Schritten muss<br />

das ÖPP-Schienenmodell nun gemeinsam mit<br />

der Deutschen Bahn zu einer Marktreife geführt<br />

und weitere geeignete Pilotprojekte identifiziert<br />

werden. Gleiches gilt für den Bereich der Landes-<br />

und Kommunalstraßen, in dem bislang nur<br />

wenige Projekte realisiert wurden. ÖPP können<br />

zudem als alternativer Lösungsweg für aktuelle<br />

Herausforderungen, wie für den notwendigen<br />

Ausbau von Betreuungsplätzen, genutzt werden.<br />

Der durch das Kinderförderungsgesetz (KiföG)<br />

ab August 2013 bestehende Rechtsanspruch<br />

auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab Vollendung<br />

des ersten Lebensjahres stellt insbesondere<br />

die Kommunen als öffentliche Träger vor eine<br />

große Herausforderung. ÖPP können hier eine<br />

Möglichkeit darstellen, dringende Investitionen<br />

schnell und effizient durchzuführen sowie die<br />

Kita-Einrichtungen nachhaltig und verlässlich zu<br />

bewirtschaften.<br />

Transparenz weiter fördern<br />

Um die Akzeptanz für Öffentlich-Private Partnerschaften<br />

zu erhöhen, müssen wir uns weiter für<br />

mehr Transparenz einsetzen. Transparenz ist und<br />

bleibt ein wichtiger Baustein für die Legitimation<br />

von ÖPP, auch wenn ÖPP-Projekte allein aufgrund<br />

des großen Bürgerinteresses generell sehr<br />

viel transparenter verhandelt werden, als dies<br />

bei konventionellen Projekten üblich ist. Ein hohes<br />

Maß an Transparenz zwingt die ÖPP-Kritiker<br />

gleichzeitig dazu, sachlich und wahrheitsgemäß<br />

zu argumentieren.<br />

Mit der Transparenzinitiative der Deutschen Bauindustrie<br />

haben wir einen wichtigen Schritt in die<br />

11


ichtige Richtung gemacht. Als Ergebnis wurden<br />

die ersten Verträge auf der Transparenz-Plattform<br />

der ÖPP Deutschland AG veröffentlicht. Wir können<br />

uns jedoch noch mehr Transparenz vorstellen,<br />

z.B. im Verkehrswegebau. Wir haben nichts<br />

gegen die Offenlegung der Verträge für ÖPP-<br />

Verkehrsprojekte. Die öffentlichen Auftraggeber<br />

könnten durch einen offeneren Umgang mit den<br />

Vertragsinhalten sogar vielen bösartigen Unterstellungen<br />

die Grundlage entziehen.<br />

Die positive Resonanz auf die Transparenzinitiative<br />

der Deutschen Bauindustrie bestärkt uns<br />

in dieser Ansicht. Sowohl die SPD als auch die<br />

CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprechen sich für<br />

mehr Transparenz bei ÖPP aus. Die Bundestagsfraktion<br />

Bündnis 90/Die Grünen hat sich u.a.<br />

auch der Idee des ergänzenden Projektreports<br />

angenommen.<br />

Als nächster Schritt müssen einheitliche Transparenzstandards<br />

zwischen der öffentlichen Hand<br />

und der Privatwirtschaft entwickelt und verpflichtend<br />

vorgeschrieben werden, um die Transparenz<br />

nachhaltig im ÖPP-Prozess zu etablieren.<br />

Hierbei kann auch die ÖPP Deutschland AG<br />

mit ihrer in Vorbereitung befindlichen Grundlagenarbeit<br />

„ÖPP und Transparenz“ einen Beitrag<br />

leisten. Um die für den ÖPP-Prozess wichtigen<br />

Ergebnisse nutzen zu können, muss die Grundlagenarbeit<br />

zeitnah fertiggestellt werden.<br />

Partnerschaften für ÖPP<br />

Ja, es gibt gute Gründe, die trotz der Zurückhaltung<br />

am Markt und scharfer Kritik für eine<br />

Stabilisierung von ÖPP in den nächsten Jahren<br />

sprechen. Doch der Weg muss von allen ÖPP-<br />

Beteiligten, das heißt von der Bauindustrie, der<br />

öffentlichen Hand, der Kreditwirtschaft und auch<br />

den Beratungsunternehmen, gemeinsam beschritten<br />

werden. Wir sind alle aufgerufen, ein sichtbares<br />

Gegengewicht in der öffentlichen Diskussion<br />

aufzubauen, die vielen positiven Erfahrungen<br />

kontinuierlich zu kommunizieren und die oftmals<br />

haltlosen Vorwürfe zu entkräften.<br />

Nur so schaffen wir es, dass ein wirtschaftlich erfolgreiches<br />

Beschaffungsmodell ÖPP nicht ideologisch<br />

aus den Angeln gehoben wird.<br />

12


Aus Sicht der Städte und Gemeinden:<br />

Investitionsfähigkeit sichern<br />

Von Helmut Dedy<br />

Die Stabilität einer Volkswirtschaft ist wesentlich an die Funktionsund<br />

Handlungsfähigkeit der Städte gekoppelt. Ein wichtiger Indikator<br />

kommunaler Handlungsfähigkeit ist der Umfang kommunaler Inves ti -<br />

tionstätigkeit. Folgerichtig waren in den zurückliegenden Jahrzehnten<br />

öffentliche Investitionen in Deutschland vor allem kommunale Investitionen.<br />

Ihr Anteil betrug über Jahre rund zwei Drittel der öffentlichen<br />

Investitionen. Inzwischen ist er jedoch unter 60 Prozent gesunken.<br />

Bei öffentlichen Investitionen sind PPP-Modelle<br />

zum einen Beschaffungsvarianten, zum anderen<br />

aber immer auch kreditähnliche Rechtsgeschäfte.<br />

PPP-Initiativen können Kommunen folglich nur<br />

anstoßen, wenn sie im Rahmen der ermittelten<br />

Leistungsfähigkeit ihres Haushalts die notwendigen<br />

Mittel zur langfristigen Finanzierung der<br />

damit verbundenen Zahlungsverpflichtungen<br />

aufbringen können. Investitionen, die sich eine<br />

Kommune konventionell finanziert nicht leisten<br />

kann, darf sie sich in der Regel ebenso wenig alternativ<br />

finanziert über PPP leisten. Für die Beantwortung<br />

der Frage zur Zukunft von PPP im<br />

kommunalen Bereich sind somit die finanziellen<br />

Handlungsspielräume der Kommunen und<br />

die sich vor dem Hintergrund der europäischen<br />

Finanz- und Staatsschuldenkrise verändernden<br />

Rahmensetzungen und -bedingungen für kommunale<br />

Investitionen wesentlich.<br />

Aktuelle Finanzsituation<br />

Zu den guten Nachrichten der letzten Monate<br />

gehört: In der Gesamtsicht der Kommunen fallen<br />

die Zahlen für das zurückliegende Jahr deutlich<br />

positiver als in den Vorjahren aus. Kommunen<br />

haben ebenso wie Bund und Länder von der guten<br />

Konjunktur profitiert und deutlich höhere<br />

Einnahmen verzeichnen können. Dadurch ist das<br />

kommunale Jahresdefizit spürbar zurückgegangen,<br />

und 2012 konnte erstmals seit der Finanz-<br />

und Wirtschaftskrise wieder ein<br />

Überschuss für die Gesamtheit der<br />

Kommunen vermeldet werden.<br />

Aber: Drastische Anstrengungen waren und sind<br />

erforderlich, um insbesondere die Entwicklung<br />

der Kreditbestände zur Liquiditätssicherung im<br />

kommunalen Bereich einzudämmen. Der po sitive<br />

Trend beim Abbau von Defiziten – nach Jahren<br />

mit Rekorddefiziten – war daher nicht mit steigenden<br />

Investitionen verbunden. Kommunale<br />

Investitionen sind im Vergleich zu 2011 vielmehr<br />

wieder eingebrochen und dürften nach unserer<br />

Einschätzung 2012 wohl nicht einmal das Niveau<br />

von 2008 erreicht haben.<br />

Allein das Zukunftsinvestitionsgesetz hatte zwischenzeitlich<br />

dafür gesorgt, dass die seit Jahren<br />

rückläufigen kommunalen Investitionen erhöht<br />

werden konnten. Nach Auslaufen dieses Pakets<br />

tritt nunmehr die strukturell bedingte kommunale<br />

Investitionsschwäche erneut deutlich zutage<br />

und die Bedeutung des Konjunkturpakets wird<br />

nochmals unterstrichen.<br />

Kommunalhaushalte entlasten<br />

Kommunale Haushalte sind immer weniger Investitionshaushalte<br />

als vielmehr Sozialhaushalte.<br />

Der Anstieg der sozialen Leistungen ist ungebrochen.<br />

Die sozialen Leistungen sind im zurücklie-<br />

Helmut Dedy ist<br />

Ständiger Stellvertreter<br />

des Hauptgeschäftsführers<br />

des Deutschen<br />

Städtetages.<br />

INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />

13


Investitionsrückgang nach Auslaufen des Konjunkturpakets<br />

2011<br />

2005<br />

2000<br />

1990<br />

1980<br />

1970<br />

0% 50% 100%<br />

Sachinvestitionen<br />

Laufender Sachaufwand<br />

Sonstige Ausgaben<br />

Zinsausgaben<br />

Personalausgaben<br />

Soziale Leistungen<br />

* bis einschl. 1990 alte Länder<br />

Eigene Zusammenstellung und Berechnung nach der<br />

Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamts<br />

genden Jahr erneut um knapp 4 Prozent gestiegen<br />

und liegen jetzt bei rund 45 Milliarden Euro.<br />

Hierzu trägt keineswegs allein die Einführung des<br />

sozialpolitisch zu begrüßenden Bildungs- und Teilhabepakts<br />

bei – dem stehen erhöhte Zuweisungen<br />

gegenüber. Gerade in den nicht konjunkturell<br />

bedingten Ausgabenbereichen und den durch die<br />

Kommunen nicht oder nur sehr begrenzt steuerbaren<br />

Ausgaben liegen die Steigerungsraten Jahr<br />

für Jahr über dem Wachstum der Einnahmen:<br />

Hierzu zählen die Hilfen zur Erziehung, die Jugendhilfe,<br />

die Eingliederungshilfe, die Hilfe zur<br />

Pflege oder zur Grundsicherung im Alter.<br />

Investitionsbremse Fiskalpakt?<br />

Die finanzpolitische Diskussion wird von der europäischen<br />

Staatsschuldenkrise und den Reaktionen<br />

der Politik beherrscht. Welche Auswirkungen wird<br />

der Fiskalpakt auf die Investitionsfähigkeit der<br />

Kommunen haben? Der Fiskalpakt als zentrales<br />

europäisches Regelwerk zur Vermeidung zukünftiger<br />

Krisen fordert erstens die Einhaltung einer<br />

Defizitobergrenze der öffentlichen Hauhalte von<br />

Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen<br />

in Höhe von insgesamt 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />

(BIP). Zweitens fordert er einen<br />

Korrekturmechanismus. Dieser soll sicherstellen,<br />

dass die maximalen Defizitquoten auch tatsächlich<br />

eingehalten werden. Betrachtet man ausschließlich<br />

die kommunalrelevanten Aspekte des<br />

Fiskalpakts, ist deutlich zu unterscheiden zwischen<br />

einerseits der eigentlichen Umsetzung des<br />

Fiskalpakts, das heißt der Umsetzung der auf europäischer<br />

Ebene getroffenen Vereinbarungen in nationales<br />

Recht, und andererseits denjenigen Maßnahmen,<br />

die erst eine Zustimmung der Länder<br />

ermöglichten.<br />

Im Rahmen der innerstaatlichen Umsetzung ist<br />

bis zum Jahr 2020 keine länderindividuelle Zurechnung<br />

der kommunalen Defizite geplant.<br />

Aber auch bei der Diskussion um die Umsetzung<br />

der schon 2009 für Deutschland beschlossenen<br />

Schuldenbremse wird deutlich: Es besteht die<br />

Gefahr der Verlagerung von Defiziten aus Länderhaushalten<br />

in die jeweiligen Kommunalhaushalte.<br />

Der Anreiz für die Länder, zur eigenen Haushaltssanierung<br />

den Konsolidierungszwang auf die<br />

Kommunen abzuwälzen, scheint sich entgegen<br />

ersten Befürchtungen zumindest bezogen auf den<br />

Fiskalpakt mittelfristig nicht zu erhöhen. Dies gilt<br />

allerdings nur, weil sich die expliziten Konsolidierungsverpflichtungen<br />

der Länder bis zum Jahr<br />

2020 gegenüber dem Status quo nicht erhöhen.<br />

Daher ist über den bereits jetzt existierenden Verlagerungsdruck<br />

hinaus durch den Fiskalpakt und<br />

seine innerstaatliche Umsetzung kein zusätzlicher<br />

14


Verlagerungsdruck zu erwarten. Es ist zumindest<br />

davon auszugehen, dass ab dem Jahr 2020 eine<br />

länderindividuelle Zurechnung der kommunalen<br />

Defizite erfolgt.<br />

Entschuldungshilfen sind wichtig<br />

Die europäische Staatsschuldenkrise hat jedem<br />

vor Augen geführt, dass die Verschuldung öffentlicher<br />

Haushalte dringend zurückgefahren werden<br />

muss. Entschuldungshilfen für notleidende Kommunen,<br />

wie sie jetzt in verschiedenen Bundesländern<br />

umgesetzt werden, sind deshalb besonders<br />

wichtig. Die ergriffenen Maßnahmen sind erste,<br />

wichtige und notwendige Hilfestellungen der Länder<br />

für Kommunen mit strukturellen Defiziten.<br />

Damit wird auch der Nachweis erbracht, dass<br />

das bündische Prinzip im föderalen Staatsaufbau<br />

der Bundesrepublik hält. Sollen Entschuldungsfonds<br />

dauerhaft Wirkung zeigen, müssen die Faktoren,<br />

die zu dem enormen Anstieg der Defizite<br />

geführt haben, dauerhaft korrigiert werden. Die<br />

Einhaltung des Konnexitätsprinzips – „wer bestellt,<br />

bezahlt“ – ist für die Zukunft elementar.<br />

Deshalb ist weiterhin eindringlich an die Länder<br />

zu appellieren, die Schuldenbremse nicht zu Las-<br />

ten der Kommunen anzuwenden. Die öffentliche<br />

Verschuldung muss auf allen Ebenen begrenzt<br />

werden. In allen Landesverfassungen muss der<br />

Anspruch der Kommunen auf eine finanzielle<br />

Mindestausstattung verankert werden. Das ist eine<br />

wesentliche Bedingung, um auch künftig in<br />

strukturschwachen Regionen kommunale Investitionen<br />

zu sichern.<br />

Änderung der Vorfinanzierung<br />

Es besteht die Gefahr, dass kommunale Investitionstätigkeit<br />

in Zukunft zusätzlich eingeschränkt<br />

wird, weil die Vorfinanzierung kommunaler Investitionen<br />

teurer und möglicherweise auch<br />

schwieriger wird. Gegenwärtig stellt sich der Bankenbereich<br />

neu auf. Die Geschäftsmodelle der einzelnen<br />

Häuser stehen auf dem Prüfstand. Hintergrund<br />

sind die zu erwartenden Neuregelungen der<br />

Bankenaufsicht (Basel III). Das geplante Regelwerk<br />

sieht u.a. verschärfte Eigenkapitalanforderungen<br />

an Banken und die Einführung neuer Kennzahlen<br />

für die Bankenaufsicht vor. Rückwirkungen für das<br />

Angebot an Kommunalkrediten werden von neuen<br />

Kennzahlen für die Bankenaufsicht erwartet.<br />

Dabei spielt insbesondere die Leverage Ratio, der<br />

Ausgabenstruktur der Kommunen seit 1970<br />

Investitionsrückgang nach Auslaufen des Konjunkturprogramms<br />

Sachinvestitionen in den kommunalen Haushalten 1992 bis 2012 in Milliarden Euro<br />

35<br />

30<br />

Klar erkennbare Auswirkungen<br />

des Konjunkturpakets<br />

in den Jahren 2009 bis 2011<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2010<br />

2011<br />

2012*<br />

Ost West *Prognose Eigene Zusammenstellung und Berechnung nach der<br />

Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamts<br />

15


Verschuldungsgrad, eine große Rolle. Aus diesem<br />

Anlass wird das für Banken margenarme, weil risikoarme<br />

Geschäft mit Kommunen problematisiert.<br />

Gleichwohl: Der Kommunalkredit wird auch in<br />

Zukunft das Hauptinstrument zur Vorfinanzierung<br />

kommunaler Aufgaben bleiben. Zur Verbreiterung<br />

der kommunalen Finanzierungsstruktur sind neben<br />

dem Kommunalkredit jedoch alternative Finanzierungen,<br />

zu denen auch PPP-Modelle gehören,<br />

in Erwägung zu ziehen.<br />

Neue Modelle gesucht<br />

Städte haben auch in den vergangenen Jahren<br />

nach Wegen gesucht, Investitionen über die konventionellen<br />

Modelle hinaus zu realisieren. Möglichkeiten<br />

der interkommunalen Zusammenarbeit,<br />

die Realisierung von Investitionen gemeinsam mit<br />

kommunalen Tochterunternehmen, aber auch<br />

die Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen<br />

werden dabei erwogen. Städtische Investitionsund<br />

Finanzierungsentscheidungen sind prinzipiell<br />

Einzelfallentscheidungen. Ob z.B. ÖPP eine tragfähige<br />

Beschaffungsalternative für die Kommune<br />

ist, muss vor Ort unter Beachtung von Wirtschaftlichkeits-<br />

und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten<br />

entschieden werden. Die Erfahrungen mit ÖPP<br />

fallen weiterhin durchaus unterschiedlich aus.<br />

Die erwarteten Effizienzvor teile aus den Kooperationen<br />

sind oft geringer als zunächst erwartet.<br />

Einige dieser Kooperationen zeigen aber auch,<br />

dass sich Effizienzgewinne durchaus realisieren<br />

lassen. So gewinnt die Verbesserung der Entscheidungsgrundlagen<br />

der örtlichen Gremien<br />

an Bedeutung. Es geht dabei um eine neutrale,<br />

nicht interessengeleitete Beurteilung nach wirtschaftlichen<br />

Kriterien und um Transparenz bei der<br />

Entscheidungsfindung.<br />

Bei ÖPP-Projekten gehören daher folgende Aspekte<br />

zu den wesent lichen Grundsätzen:<br />

x ÖPP-Projekte, die sich die Kommune konventionell<br />

finanziert nicht leisten kann, darf sie sich<br />

ebenso wenig alternativ finanziert leisten.<br />

x Die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts muss<br />

in jedem Einzelfall, und über die gesamte Laufzeit<br />

hinweg, im Sinne des Lebenszyklusansatzes<br />

nachgewiesen sein.<br />

Bei der Inanspruchnahme von Beratung bei der<br />

Projektvorbereitung sind zwingend klare Grenzen<br />

zwischen Beratung und Lobbying zu beachten.<br />

Notwendige Transaktionskosten müssen zudem<br />

realistisch in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen<br />

einbezogen werden. Weitere interessante<br />

Informationen dazu finden sich im „Gemeinsamen<br />

Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von<br />

ÖPP-Projekten“, der im September 2011 von den<br />

Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und<br />

der Länder herausgegeben wurde.<br />

Im Jahr 2012 hat eine beachtliche Zahl von<br />

Kommunen die Rahmenvereinbarung der ÖPP<br />

Deutschland AG – Partnerschaften Deutschland<br />

(PD) gezeichnet. Zu den gängigen Motiven gehört,<br />

sich für die nächsten Jahre entsprechend der<br />

Zwecksetzungen und Neuausrichtungen der PD<br />

– u.a. die neutrale Beratung für Einzelprojekte –<br />

die Beratung durch eine Institution zu sichern, die<br />

ausschließlich für öffentliche Auftraggeber tätig<br />

wird und die Nutzung z.B. des Standardtools für<br />

Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bietet.<br />

Gewaltige Herausforderungen<br />

Die Herausforderungen für die Kommunalpolitik<br />

sind gewaltig: demografischer Wandel, die erforderliche<br />

Verbesserung in der Kinderbetreuung,<br />

die Umsetzung der Energiewende. Bei knappen<br />

Ressourcen ist die vorbehaltlose Prüfung möglicher<br />

Lösungsansätze weiterhin geboten, um die<br />

Investitionsfähigkeit der Kommunen zu erhalten.<br />

PPP gehört zu den Optionen. Unabdingbar ist<br />

eine angemessene Bürgerbeteiligung an den Investitionsentscheidungen.<br />

Transparente Entscheidungsprozesse<br />

sind wesentlich, um Akzeptanz zu<br />

erreichen. Aus damit verbundenen Beteiligungsverfahren<br />

erwachsen auch neue Ideen für die<br />

Umsetzung wie auch Finanzierung kommunaler<br />

Vorhaben. Hier lassen sich für die Zukunft neuartige<br />

Kooperationsmodelle und Sonderfinanzierungen<br />

vermuten.<br />

16


Partnerschaften Deutschland:<br />

Partnerschaftsmodelle strategisch gestalten<br />

Von Bernward Kulle und Anja Tannhäuser<br />

Das Thema ÖPP hat 2012 eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit erhalten.<br />

Im Spannungsfeld der Aufgaben, moderne Beratungsleistungen anzubieten<br />

und gleichzeitig den Markt zu fördern, hat sich die ÖPP Deutschland<br />

AG – Partnerschaften Deutschland (PD) den sich wandelnden Herausforderungen<br />

gestellt und in einem Strategie-Review ihre Vision und Mission<br />

überarbeitet.<br />

Auch durch die Wissensverbreiterung in Form<br />

von Grundlagenarbeiten und eine zunehmende<br />

Projektexpertise konnten im Sommer 2012<br />

150 neue Rahmenvereinbarungspartner gewonnen<br />

werden. Das damit ausgesprochene Vertrauen<br />

stärkt die Arbeit von Partnerschaften Deutschland<br />

mit der Beschaffungsvariante ÖPP und zeigt zum<br />

anderen den Bedarf der öffentlichen Hand an Beratung<br />

zu modernen Partnerschaftsstrategien und<br />

Organisationsmodellen.<br />

Neupositionierung notwendig<br />

Die öffentliche Verwaltung steht vor einem tiefgreifenden<br />

Veränderungsprozess, bei dem Partnerschaftsmodelle<br />

einen wichtigen Beitrag zur Zukunftssicherung<br />

leisten werden. Nicht nur die<br />

Veränderungen, die durch Schuldenbremse und<br />

kommunale Regelungen die öffentlichen Haushalte<br />

begrenzen, sondern auch die wachsenden Anforderungen<br />

der Bürger an Verwaltungsleistungen<br />

erfordern eine Neupositionierung der öffentlichen<br />

Hand. Neben Themen der Infrastrukturbereit stellung<br />

rücken damit As pekte der Verwaltungs modernisierung<br />

immer stärker in den Fokus. Nach haltiges<br />

Verwaltungshandeln wird sich in Zukunft an<br />

der Verfügbarkeit von Fachkräften orientieren<br />

müssen – eine Determinante, der die Erfüllung der<br />

hoheitlichen Auf gaben entgegenzusetzen ist.<br />

Die öffentliche Hand stellt sich bereits jetzt auf<br />

die geänderten Anforderungen ein und macht<br />

ihr Handeln damit flexibler. Einen Mehrwert bieten<br />

Partnerschaftsmodelle, wenn ihre<br />

Grundstruktur der Projekt-Lebenszyklus-<br />

Betrachtung beibehalten wird. Unter<br />

Beachtung der Rahmenbedingungen,<br />

Bedürfnisse und Verfügbarkeiten entwickeln<br />

sich zunehmend nach einem<br />

Baukastensystem neue Partnerschaftsmodelle<br />

– sei es mit der Übernahme der<br />

Endfinanzierung oder der Beibehaltung<br />

des Betriebs durch die öffentliche Hand.<br />

Der private Partner als Investor und Projektmanager<br />

übernimmt dabei jedoch<br />

immer die integrierte Gesamtverantwortung<br />

des Projekts. Er sichert damit den<br />

Kostenrahmen, den Terminplan und<br />

langfristige Qualitäten.<br />

Die ÖPP Deutschland AG greift diese Aspekte auf<br />

und entwickelt im Dialog mit der öffentlichen<br />

Hand und der Privatwirtschaft Lösungen. Auf<br />

der Offenlegung von Verträgen lag 2012 dabei<br />

ein besonderer Schwerpunkt – auf der Transparenzplattform<br />

der ÖPP Deutschland AG konnten<br />

neun Verträge veröffentlicht werden. Darüber<br />

hinaus ist auch die Kommunikation ein maßgeblicher<br />

Erfolgsfaktor in ÖPP-Projekten, wie eine<br />

für die Veröffentlichung im Frühjahr 2013 vorgesehene<br />

Untersuchung der ÖPP Deutschland AG<br />

zeigt. Die Stärkung der öffentlichen Hand führt<br />

zu mehr Freiräumen für die Fokussierung auf die<br />

Kernaufgaben der Verwaltung – Freiräume für eigene<br />

Aufgaben wie auch für die Umsetzung von<br />

Infrastrukturprojekten. Im Jahr 2012 lagen zwei<br />

Bernward Kulle ist<br />

Mitglied des Vorstands<br />

und<br />

Anja Tannhäuser ist<br />

Leiterin Marketing<br />

und Kommunikation<br />

bei der ÖPP<br />

Deutschland AG<br />

– Partnerschaften<br />

Deutschland.<br />

INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />

17


Schwerpunkte der Grundlagenarbeiten der ÖPP<br />

Deutschland AG auf dem Straßeninfrastrukturbereich<br />

und im Gesundheitswesen.<br />

Moderne Straßeninfrastruktur mit ÖPP<br />

Der Erhaltungsstau bei Kommunal- und Landesstraßen<br />

liegt inzwischen in Milliardenhöhe. Allein<br />

bei den Gemeinden und Landkreisen wurde der<br />

Investitionsbedarf laut KfW Kommunalpanel 2011<br />

auf etwa 24,5 Milliarden Euro im Jahr 2011 beziffert.<br />

Abhilfe könnten hier ÖPP leisten. Das ist das<br />

Ergebnis der Studie, die die ÖPP Deutschland AG<br />

im Juli 2012 vorgelegt hat. Dringend erforderliche<br />

Straßensanierungs- und Neubaumaßnahmen auf<br />

kommunaler und Landesebene könnten in Angriff<br />

genommen werden und eine nachhaltige Erhaltungsstrategie<br />

würde sichergestellt. Bei den bereits<br />

realisierten ÖPP-Projekten, wie beispielsweise<br />

der Landesstraße L192 Süderlügum–Ellund in<br />

Schleswig-Holstein oder dem kommunalen Straßenbauprojekt<br />

im Kreis Lippe in Nordrhein-Westfalen,<br />

wurden Wirtschaftlichkeitsvorteile von bis<br />

zu 20 Prozent gegenüber einer konventionellen<br />

Realisierung erzielt. Neben diesen monetären Vorteilen<br />

waren die Projekte zudem häufig schneller<br />

fertig, und dies in dauerhaft hoher Qualität.<br />

Neben den Straßen stellen auch die Lichtsignalanlagen<br />

und die Straßenbeleuchtung ein identifiziertes<br />

ÖPP-Potenzial dar. Im Zusammenhang mit der<br />

Neugestaltung der Tiefbaustruktur könnten hier<br />

kommunale Auftraggeber Aufgaben zusammenfassen<br />

und wirtschaftliche Ergebnisse erzielen. Die<br />

Ampeln hat die ÖPP Deutschland AG hierfür im<br />

Februar 2012 auf Grün gestellt: Für Lichtsignalanlagenprojekte<br />

in Öffentlich-Privater Partnerschaft<br />

wurden im Auftrag des Bundesministeriums der<br />

Finanzen Musterverdingungsunterlagen entwickelt.<br />

Mit diesen kann die gesamte Vorbereitung<br />

und Durchführung eines Vergabeverfahrens gestaltet<br />

werden. Durch die Modernisierung von<br />

Teilsystemen und Komponenten sowie die Umstellung<br />

auf LED-Technik sind bis zu 70 Prozent<br />

Energieeinsparungen möglich. Damit könnten<br />

Kommunen den bestehenden Investitionsstau im<br />

Bereich Lichtsignalanlagen schnell abbauen, die<br />

kumulierten Kosten des Projekts über die gesamte<br />

Laufzeit reduzieren sowie Risiken auf private Partner<br />

übertragen und Energie- und CO 2<br />

-Einsparziele<br />

erfüllen. Die Musterverdingungsunterlagen für<br />

ÖPP-Straßenbeleuchtungsprojekte wurden im Jahr<br />

2012 an geänderte Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten<br />

angepasst und neu aufgelegt.<br />

Gestaltungsspielräume bei<br />

Krankenversorgung<br />

Die Aufgaben für Krankenhäuser in öffentlicher<br />

Trägerschaft steigen angesichts wachsender Patientenzahlen,<br />

immer neuer technischer Möglichkeiten<br />

und unter dem Verdikt von Qualität und<br />

Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung.<br />

Eine Untersuchung der ÖPP Deutschland AG im<br />

Jahr 2012 hat gezeigt, dass es den Krankenhäusern<br />

in öffentlicher Trägerschaft mit ÖPP gelingen<br />

kann, Wettbewerbsvorteile durch eine qualitativ<br />

hochwertige und wirtschaftliche Krankenversorgung<br />

zu erzielen. Langfristige Partnerschaften im<br />

Bereich der Medizintechnik lassen nicht nur eine<br />

Fokussierung der Klinik auf ihre Kernaufgaben<br />

zu. Durch vereinbarte kurze Reinvestitionszyklen<br />

bzw. die in solchen Verträgen realisierbare Verpflichtung<br />

des privaten Partners zur Bereitstellung<br />

der Medizintechnik jeweils auf dem aktuellen<br />

Stand der Technik profitieren die Krankenhäuser<br />

schneller von Innovationen bei weiterentwickelten<br />

medizintechnischen Produkten und verbessern<br />

so ihre medizinische Versorgungsqualität.<br />

Dabei können medizintechnische Geräte von<br />

Krankenhäusern entweder separat von ihren<br />

sonstigen baulichen Maßnahmen beschafft und<br />

eingesetzt oder als Kernelement eines neuen Bauwerks<br />

von vornherein in dieses integriert werden.<br />

Zugleich führen diese Projekte mit Übertragung<br />

der Verfügbarkeitsverantwortung auf den privaten<br />

Partner auch zu einem standardisierten und effizienten<br />

Einsatz medizintechnischer Geräte auf dauerhaft<br />

hohem technischem Niveau.<br />

Neben der Medizintechnik ist auch der Krankenhausbetrieb,<br />

das Facility-Management, ein poten-<br />

18


zieller Bereich für die Zusammenarbeit mit privaten<br />

Partnern. In einer zweiten Untersuchung<br />

wurde ein Kennzahlensystem erarbeitet, das die<br />

Prüfung eines Projekts auf ÖPP-Realisierbarkeit<br />

ermöglicht. Insbesondere unter Berücksichtigung<br />

der hygienischen und technischen Anforderungen<br />

sowie der benötigten hohen Verfügbarkeiten<br />

ist die Leistungsintensität des Facility-Managements<br />

in Kliniken entsprechend hoch. Mit dem<br />

entwickelten Kennzahlensystem für ÖPP-Krankenhausprojekte<br />

können die über den gesamten<br />

Lebenszyklus anfallenden Betriebskosten erfasst<br />

und für einen Vergleich mit einer konventionellen<br />

Realisierung eines geplanten Projekts herangezogen<br />

werden. Aufbauend auf den einschlägigen<br />

Normen und Richtlinien für Kosten und Facility-<br />

Management-Leistungen im Krankenhausbetrieb<br />

der GEFMA 200, 812 sowie DIN 276 werden<br />

Aspekte der Qualität im Lebenszyklus eines Projekts<br />

mit berücksichtigt. Mit Hilfe der entwickelten<br />

Erhebungsbögen bietet das Kennzahlensystem<br />

Projektträgern valide, belastbare und nachvollziehbare<br />

Kennzahlen aus der Betriebsphase von<br />

ÖPP-Krankenhausprojekten oder vergleichbaren<br />

konventionellen Projekten.<br />

Innovative Lösungen nachhaltig umsetzen<br />

Das erste zivile Bundeshochbauprojekt – der Neubau<br />

des Dienstsitzes des Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung (BMBF) in Berlin –, das<br />

von der ÖPP Deutschland AG in der Umsetzung<br />

begleitet wird, ist von der Auftraggeberin, der<br />

damaligen Bundesforschungsministerin Annette<br />

Schavan, sowie dem Parlamentarischen Staatssekretär<br />

im Bundesministerium der Finanzen (BMF)<br />

Hartmut Koschyk gelobt worden. Schavan würdigte<br />

im Rahmen der Grundsteinlegung im Mai<br />

2012 die ÖPP Deutschland AG als einen wichtigen<br />

Partner des BMBF und der Bundesanstalt für<br />

Immobilienaufgaben (BImA) bei der Umsetzung<br />

dieses ÖPP-Projekts. Im Oktober 2012 wurde das<br />

Projekt mit dem Innovationspreis PPP 2012 in<br />

der Kategorie „Verwaltungsgebäude“ ausgezeichnet.<br />

Qualifiziert hatte es sich durch innovative<br />

Lösungsansätze bei der Finanzierung, die Mitspra-<br />

cherechte der Betroffenen sowie die Nachhaltigkeit<br />

und Energieeffizienz des Gebäudes. Koschyk<br />

betonte bei der Preisverleihung, dass ÖPP als Beschaffungs-<br />

und Steuerungsmodell an Bedeutung<br />

gewinnt und zahlreiche Reserven bei der Infrastrukturgestaltung<br />

noch ausgeschöpft werden können.<br />

Die ÖPP Deutschland AG unterstützt dies<br />

mit wettbewerbsfähigen Beratungsleistungen.<br />

Im März 2012 konnte sich die ÖPP Deutschland<br />

AG als Berater für die Begleitung des ÖPP-Vergabeverfahrens<br />

„Bauliche Sanierung des Universitätsklinikums<br />

Schleswig-Holstein“ behaupten.<br />

Aufgabe der ÖPP Deutschland AG sind dabei die<br />

zur Realisierung des Projekts erforderlichen Wirtschafts-<br />

und Finanzberatungsleistungen, z.B. zur<br />

Modell- und Finanzierungsstruktur und zu Wirtschaftlichkeitsberechnungen.<br />

Für das komplexe<br />

Immobilien-ÖPP an den Standorten Kiel und Lübeck<br />

wird ein Wettbewerblicher Dialog als Vergabeverfahren<br />

durchgeführt. Beim Wettbewerblichen<br />

Dialog handelt es sich um ein von der EU<br />

eingeführtes Verfahren für komplexe und sehr große<br />

Projekte, um im Laufe des Dialogs mit mehreren<br />

Teilnehmern die bestmögliche Lösung für die<br />

gestellte Aufgabe zu finden. Das Verfahren hat mit<br />

dem Teilnahmewettbewerb im Frühjahr 2012 begonnen.<br />

In der seit Beginn 2013 laufenden zweiten<br />

Dialogphase werden nun mit allen Bietern deren<br />

Vorschläge konkretisiert und vertieft. Am Ende<br />

dieser Dialogphase im Sommer 2013 werden die<br />

Teilnehmer gebeten, ihre Angebote zu bepreisen.<br />

Der Zuschlag an das wirtschaftlichste Angebot ist<br />

für Ende 2013 geplant. Ab 2014 soll mit den Bauund<br />

Sanierungsmaßnahmen begonnen werden.<br />

Nach einem 18-monatigen Vergabeverfahren, begleitet<br />

durch die ÖPP Deutschland AG, wurde im<br />

Herbst 2012 die strategische Servicepartnerschaft<br />

zwischen der Deutschen Rentenversicherung<br />

Bund (DRV Bund) und Iron Mountain Deutschland<br />

GmbH zu einem Abschluss geführt. Iron<br />

Mountain wird künftig einen wesentlichen Teil<br />

der Archivdienstleistungen der DRV Bund übernehmen.<br />

Hierfür wurde von der ÖPP Deutschland<br />

AG ein Partnerschaftsmodell entwickelt, das auf<br />

19


ÖPP-Projekte mit Vertragsabschluss im Hoch- und Straßenbau<br />

Investitionsvolumen in Mio. Euro<br />

1000<br />

Investitionsvolumen<br />

900<br />

Hochbau - 4 Phasen<br />

800<br />

Investitionsvolumen<br />

700<br />

Hochbau - 3 Phasen<br />

600<br />

Anzahl Projekte kumuliert<br />

500<br />

594<br />

400<br />

457<br />

300<br />

350<br />

51<br />

200<br />

28<br />

100 2 14<br />

0<br />

64<br />

2002/2003 2004 2005 2006<br />

887<br />

84<br />

2007<br />

775<br />

110<br />

2008<br />

653<br />

137<br />

55<br />

2009<br />

160<br />

362<br />

127<br />

2010<br />

Projektanzahl<br />

250<br />

176 190 200<br />

611<br />

150<br />

150<br />

100<br />

389<br />

50<br />

146<br />

0<br />

2011 2012<br />

H<br />

H<br />

Stand: 31.12.2012<br />

einer ausgewogenen Risikoverteilung zwischen<br />

den beiden Partnern und einer Anreizsystematik<br />

basiert. Gleichzeitig wurde ein Konzept zugrunde<br />

gelegt, mit dem das Verfahren zu einer deutlichen<br />

Optimierung der Gesamtwirtschaftlichkeit des<br />

Archivbetriebs beiträgt. So werden beispielsweise<br />

künftig die bisherigen drei Archivstandorte in<br />

einem Hochsicherheitsarchiv zusammengelegt.<br />

Mit rund 177 Kilometern Akten und 30.000 Aktenbewegungen<br />

pro Tag besitzt der Deutsche<br />

Rentenversicherung Bund eines der größten Aktenarchive<br />

Deutschlands. Der private Partner, die<br />

Iron Mountain Deutschland GmbH, übernimmt<br />

neben der Archivierung der Akten auch alle<br />

Sicherheitsmaßnahmen.<br />

Projektstrukturen werden flexibler<br />

Im gesamten Jahr 2012 wurden acht sogenannte<br />

Vier-Modul-ÖPP-Vertragsabschlüsse (Planen, Bauen,<br />

Betreiben und (langfristig) Finanzieren) erzielt<br />

(Vorjahr 16 Projekte). Das zugrunde liegende Investitionsvolumen<br />

sank auf 150 Millionen Euro<br />

(Vorjahr 1.151 Millionen Euro). Allerdings wurden<br />

weitere acht sogenannte Drei-Modul-ÖPP-<br />

Verträge abgeschlossen, bei denen entweder der<br />

Betrieb gesamt oder in Teilen oder die langfristige<br />

Finanzierung durch den öffentlichen Auftraggeber<br />

übernommen wird. In dieser Struktur wurde<br />

erstmals ein höheres Projektvolumen – 389 Mil-<br />

lionen Euro gegenüber 150 Millionen – und eine<br />

höhere Projektanzahl abgeschlossen. Zusammengenommen<br />

wurden für die Drei- und Vier-Modul-<br />

Vertragsabschlüsse im Hochbau 16 Projekte mit<br />

einem Investitionsvolumen von 539 Millionen<br />

Euro beauftragt. Trotz einer hohen Anzahl von<br />

Projekten in der Pipeline kam es damit zu einem<br />

Rückgang der Projektanzahl von ca. 15 Prozent<br />

und des Investitionsvolumens von ca. 30 Prozent<br />

bezogen auf den Hochbau. Im Verkehrswegebau<br />

kam es in diesem Jahr zu keinem Vertragsabschluss.<br />

Die Anzahl der geplanten oder bereits<br />

ausgeschriebenen Projekte liegt jedoch nach wie<br />

vor bei deutlich über 100 Projekten, sodass ausreichend<br />

Potenzial für ein erfolgreiches Jahr 2013<br />

vorhanden ist.<br />

Die Chancen für die Gestaltung flexibler Zukunftsmodelle<br />

der partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />

müssen ergriffen werden. Der integrierte Wettbewerb<br />

um Qualität, Kosten und Innovationen wird<br />

künftige Beschaffungsmaßnahmen beeinflussen.<br />

Kosten- und Qualitätstransparenz und -sicherheit,<br />

Nachhaltigkeit und moderne Standards können<br />

als Kernelemente von Kooperationen etabliert<br />

werden. Hierfür setzt sich die ÖPP Deutschland<br />

AG 2013 mit den Schwerpunkten Infrastruktur<br />

und Dienstleistungen in ihren Grundlagenarbeiten<br />

auf der ÖPP-Transparenzplattform und bei der<br />

Umsetzung in eigenen Projekten ein.<br />

20


Kommunaler Investitionsbedarf: Erfahrungen aus<br />

weiteren Pilotprojekten in Nordrhein-Westfalen<br />

Von Regine Unbehauen und Klaus Dohmen<br />

Für viele Kommunen sind Investitionen jeglicher Art in die öffentliche<br />

Infrastruktur derzeit kaum realisierbar. Ausgaben – vor allem im freiwilligen<br />

Bereich – werden immer weiter zurückgefahren, viele Einrichtungen<br />

geschlossen. Oft wird an den öffentlichen Gebäuden nur noch<br />

das Nötigste gemacht. Kann ÖPP hier Abhilfe schaffen?<br />

Vor diesem Hintergrund sind in den vergangenen<br />

Jahren zahlreiche Kommunen an die PPP-Task<br />

Force herangetreten. Meistens handelte es sich<br />

um Fälle, bei denen die Kommune eigentlich umfassend<br />

sanieren müsste, jedoch nur notdürftig<br />

re parieren könnte, da der geltende Rechtsrahmen<br />

kaum Handlungsspielraum für Investitionen zulässt.<br />

Dabei stellten sich immer wieder folgende<br />

Fragen: Was ist langfristig wirtschaftlicher:<br />

„Nichts tun“ oder „umfassend sanieren“? Wie<br />

verhält sich eine ÖPP-Maßnahme zu diesen<br />

Überlegungen?<br />

Investition kann wirtschaftlich sinnvoll sein<br />

Ausgehend vom Ansatz der Wirtschaftlichkeit<br />

kann die Umsetzung umfangreicher Investitionen<br />

in der öffentlichen Infrastruktur langfristig trotz<br />

und gerade wegen der angespannten Finanzlage<br />

und dem angestrebten Schuldenabbau folgerichtig<br />

sein. Anders als in der Kameralistik, in welcher<br />

der Vermögensverzehr nicht berücksichtigt<br />

wurde, kann durch das in NRW bei den Kommunen<br />

eingeführte „Neue Kommunale Finanzmanagement“<br />

(NKF) anhand der Erfassung des Ressourcenverbrauchs<br />

– unter Berücksichtigung der<br />

Abschreibungen – der Nachweis geführt werden,<br />

ob und wann sich eine Investition wirtschaftlich<br />

rechnet.<br />

Vor diesem Hintergrund hat die PPP-Task Force<br />

im Finanzministerium des Landes NRW die wirtschaftlichen<br />

Auswirkungen langfristig unterlassener<br />

Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />

bei kommunalen<br />

Immobilien untersucht. In Abstimmung<br />

mit der Kommunalaufsicht wurde<br />

gemeinsam mit der NRW.BANK<br />

Regine Unbehauen<br />

und vier Beratungsgesellschaften anhand<br />

von NRW-Referenz objekten aus Klaus Dohmen ist<br />

ist Leiterin und<br />

dem Sektor Schulen beleuchtet, inwieweit<br />

es über einen Zeitraum von<br />

Mitglied der PPP-<br />

Task Force im Finanzministerium<br />

25 Jahren im Rahmen der Lebenszyk<br />

lusbetrachtung wirtschaftlicher ist, rhein-Westfalen.<br />

des Landes Nord-<br />

in vestive Maßnahmen zu unterlassen,<br />

sie konventio nell in Eigenrealisierung<br />

oder als ÖPP-Projekt durchzuführen.<br />

Im Mittelpunkt des dazu im Juli 2011<br />

veröffentlichten Berichts (www.ppp.nrw.de)<br />

stand die Frage, wie sich bloße Sicherungsmaßnahmen<br />

im Vergleich zu Instandhaltungs- und<br />

insbesondere Sanierungsmaßnahmen wirtschaftlich<br />

darstellen und wie sich die jeweiligen Maßnahmen<br />

im NKF niederschlagen.<br />

x 0-Variante: Weiterbetrieb des Gebäudes ohne<br />

Sanierungsmaßnahmen; Instandhaltungsaufwand<br />

nach Bedarf zur Aufrechterhaltung der<br />

Funktion und Verkehrssicherheit.<br />

x Eigenrealisierung: Sanierungsmaßnahme durch<br />

die Kommune; Instandhaltungsaufwand als<br />

werterhaltende Instandhaltungsmaßnahmen<br />

über den Lebenszyklus hinweg.<br />

x ÖPP-Variante: Sanierungsmaßnahme durch einen<br />

privaten Partner; Instandhaltungsaufwand<br />

als werterhaltende Instandhaltungsmaßnah-<br />

INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />

21


men über den Lebenszyklus hinweg nach vordefiniertem<br />

Instandhaltungskonzept.<br />

Als zentrales Ergebnis der untersuchten Fälle<br />

mit Referenzschulprojekten der Gemeinde Marienheide<br />

und der Stadt Mülheim an der Ruhr<br />

ist festzuhalten, dass aus der mit dem NKF verbundenen<br />

ressourcenorientierten Betrachtung<br />

die ÖPP-Variante die geringste Belastung ausgelöst<br />

hat. Die Berechnungen verdeutlichen zudem,<br />

dass eine Ausgabenvermeidung um jeden<br />

Preis, wie in der 0-Variante geplant, zu höheren<br />

Gesamtbelastungen über einen entsprechenden<br />

Betrachtungszeitraum führen kann. Der in der<br />

Studie gewählte Zeitraum von 25 Jahren – zuzüglich<br />

der Sanierungsphase von drei Jahren –<br />

hat sich bewährt. Ein kurzer Betrachtungs- und<br />

Prog nosezeitraum, wie z.B. im Haushalt angelegt,<br />

ist keinesfalls geeignet, um aussagekräftige<br />

Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bei Immobilien<br />

anzustellen. Daher ist eine lebenszyklusorientierte<br />

Betrachtung vonnöten, die sich nicht nur auf<br />

die bilanziellen Ansätze bezieht, sondern auch<br />

die laufenden Kosten und Ad-hoc-Aufwendungen,<br />

z.B. für zwingend notwendige Sanierungen,<br />

hochrechnet.<br />

Pilotprojekte in NRW<br />

Bereits während der Erstellung der Studie zeigten<br />

sich einige nordrhein-westfälische Kommunen<br />

interessiert, bei konkreten Projektideen die Systematik<br />

des Berichts anzuwenden.<br />

Entsprechende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />

wurden 2012 bei zwei aktuellen kommunalen<br />

Vorhaben aus dem Sektor Verwaltungsgebäude<br />

in Witten und Schwelm abgeschlossen.<br />

Rathaus Witten<br />

Der Rat der Stadt Witten hat Anfang 2011 beschlossen,<br />

einen Prüfprozess zur grundlegenden<br />

Sanierung, Modernisierung und Nutzungsverdichtung<br />

des Rathauses als zentralen Teil einer<br />

umfassenden Neuordnung der Standorte der<br />

Stadtverwaltung durchzuführen.<br />

Dabei stand die Frage im Raum, ob unter den<br />

Bedingungen des Nothaushaltsrechts eine Sanierung<br />

des Rathauses erfolgen und gleichzeitig eine<br />

nachhaltige Verbesserung der Ergebnisrechnung<br />

sowie der Bilanz erreicht werden kann.<br />

Die ÖPP-Variante zeigte sich als wirtschaftlichstes Modell für die Sanierung des Rathauses Witten<br />

22


Auf dieser Basis wurden die Sanierung und der<br />

Ausbau des Rathauses sowie die gleichzeitige<br />

Zentralisierung mehrerer Verwaltungsgebäude<br />

mittels der im Bericht dargestellten Vergleichsrechnung<br />

von drei Handlungsoptionen<br />

untersucht.<br />

Wesentliche Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen<br />

sind, dass bei Fortsetzung der derzeitigen<br />

werteverzehrenden Unterhaltungsstrategie<br />

eine kosten- und betreuungsintensive Problemimmobilie<br />

zu unterhalten wäre. Zudem würde der<br />

Wert des Rathauses in einer relativ kurzen Restnutzungsdauer<br />

von 28 Jahren auf 0 Euro sinken<br />

und dann eine Komplettsanierung anstehen.<br />

Durch eine wertsteigernde Vollsanierung bei<br />

gleichzeitiger Steigerung der Flächeneffizienz<br />

und Flächenoptimierung können mehr Mitarbeiter<br />

im Rathaus untergebracht werden. Diese<br />

Maßnahmen sowie das damit einhergehende<br />

„Abmietungspotenzial“ und die mithin erzielbare<br />

Verminderung von Mietaufwand haben einen erheblichen<br />

wirtschaftlichen Effekt.<br />

Mit der Systematik der wirtschaftlichen Untersuchung<br />

und der Darstellung im NKF konnte<br />

belegt werden, dass eine Investition trotz Kreditaufnahme<br />

bereits innerhalb des Konsolidierungszeitraums<br />

von zehn Jahren Haushaltsentlastungen<br />

nach § 76 Gemeindeordnung NRW<br />

bringen kann. Dies kann sich langfristig auch für<br />

eine Haushaltssicherungskommune lohnen. Im<br />

Wittener Beispiel wirken Sanierungskonzept,<br />

Nutzungsverdichtung und Standortkonzentration<br />

(Abmietung) zusammen.<br />

Verwaltung Schwelm<br />

Die Verwaltung in Schwelm ist derzeit an vier<br />

Standorten in Verwaltungsgebäuden mit erheblichem<br />

und zum Teil dringlichem Sanierungsbedarf<br />

untergebracht. Vor diesem Hintergrund<br />

wurden drei Handlungsoptionen zur zukünftigen<br />

räumlichen Unterbringung der Verwaltung unter<br />

Berücksichtigung einer bereits beschlossenen<br />

Personalreduzierung untersucht und die Beschaffungsvariante<br />

ÖPP geprüft.<br />

Die Untersuchung mittels der ressourcenorientierten<br />

Betrachtung nach NKF hat gezeigt, dass die<br />

Bestandsobjekte in der 0-Variante spätestens nach<br />

20 Jahren bilanziell vollständig abgeschrieben und<br />

technisch auch nicht weiter nutzbar sind. Darüber<br />

hinaus liegt die Neubauvariante mit Kostenvorteilen<br />

sowie wirtschaftlicherem Ressourcenverbrauch<br />

und längerer Restnutzungsdauer gegenüber<br />

der Variante der Bestandssanierung vorne.<br />

Die in Schwelm und Witten abgeschlossenen<br />

Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen kommen zu<br />

dem Ergebnis, dass über einen Betrachtungszeitraum<br />

von 25 Jahren bloße Sicherungsmaßnahmen<br />

zu einem höheren Ressourcenverbrauch<br />

führen. Die ÖPP-Variante wäre in beiden Fällen<br />

das wirtschaftlichste Modell und würde die geringste<br />

Belastung auslösen.<br />

Nach diesen ersten Projekten hat die PPP-Task<br />

Force bereits weitere Pilotvereinbarungen geschlossen:<br />

2013 wollen auch die Städte Marl und<br />

Geseke entsprechende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />

anhand der Studie vornehmen.<br />

Rathaus Marl<br />

Bei der Stadt Marl geht es um eine Sanierung des<br />

denkmalgeschützten Rathauses aus den Baujahren<br />

1960 bis 1967, insbesondere um die beiden<br />

Bürotürme. Derzeit nutzt die Stadtverwaltung<br />

vier Standorte. Infolge der Sanierung der Rathaustürme<br />

würde eine erhebliche Flächeneinsparung<br />

entstehen, sodass einer der Verwaltungsstandorte<br />

aufgegeben werden könnte.<br />

Besonders bedeutsam wird die energetische Sanierung<br />

der Fassade sein. Die vorhandene, unveränderte<br />

Fassade aus den 1960er Jahren erfüllt<br />

in keiner Weise die Anforderungen der aktuellen<br />

Wärmeschutz- und Energieeinsparverordnung.<br />

Ebenfalls müssten Energieversorgung und Energieverteilung<br />

vollständig erneuert werden.<br />

23


Um gegenüberzustellen, wie sich der Weiterbetrieb<br />

des Rathauses ohne Sanierungsmaßnahmen<br />

gegenüber einer umfassenden Sanierung darstellt,<br />

soll die Berechnungssystematik aus der Studie<br />

der PPP-Task Force angewendet werden. Dabei<br />

soll auch eine ÖPP-Variante für den Fall einer<br />

umfassenden Sanierung geprüft werden.<br />

Rathaus Geseke<br />

Auch bei der Stadt Geseke geht es um ein Rathausprojekt.<br />

Die Beschäftigten der Stadt sind<br />

derzeit in verschiedenen Verwaltungsgebäuden<br />

untergebracht.<br />

Das Hauptgebäude stammt aus dem 19. Jahrhundert.<br />

Es wurde im Verlauf der letzten hundert<br />

Jahre mehrfach an- bzw. umgebaut. 1906 erfolgte<br />

eine Aufstockung des ehemals eingeschossigen<br />

Gebäudes. Aufgrund des derzeitigen Bauzustands<br />

müsste das Gebäude umfassend saniert werden.<br />

Den Schwerpunkt bilden das Dach und die Fassade,<br />

vor allem in Hinblick auf energetische Sanierungsmaßnahmen.<br />

Ebenso ist bei einem weiteren<br />

Umbau des Gebäudes die Barrierefreiheit zu<br />

beachten.<br />

Bedingt durch die räumliche Trennung der Mitarbeiter<br />

in verschiedene Standorte werden einige<br />

Bereiche doppelt vorgehalten, was sich als wirtschaftlich<br />

nachteilig erweist. Die Arbeitsplätze<br />

entsprechen teilweise nicht den Arbeitsstättenrichtlinien.<br />

Deshalb strebt die Stadt Geseke an,<br />

die Mitarbeiter in einem gemeinsamen Gebäude<br />

unterzubringen.<br />

Neben der Beibehaltung des Status quo in der<br />

0-Variante sollen folgende Handlungsoptionen geprüft<br />

werden:<br />

x Sanierung des jetzigen Verwaltungsgebäudes<br />

mit Anbau<br />

x Neubau Verwaltungsgebäude auf einer innerstädtischen<br />

Fläche<br />

x Um- und Ausbau eines Franziskanerklosters,<br />

das sich im Eigentum des Landschaftsverbands<br />

Westfalen-Lippe befindet. Die Übernahme des<br />

Franziskanerklosters zwecks Umbau zum Rathaus<br />

beinhaltet auch die Übernahme der denkmalgeschützten<br />

Kirche. Bei entsprechender<br />

Eignung soll außerdem der Vergleich mit einer<br />

ÖPP-Variante gezogen werden.<br />

Neue Impulse liefern<br />

Die für den Vergleich unterschiedlich umfangreicher<br />

Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />

entwickelte NKF-Bewertungsmethodik ist<br />

auch für den Vergleich unterschiedlicher Handlungsvarianten<br />

wie etwa von Neubau- und Sanierungsvorhaben<br />

nutzbar. Sie ermöglicht u.a. die<br />

Berücksichtigung von Erlösen und Erträgen sowie<br />

die Reduzierung von Finanzierungsbedarfen<br />

durch Erlöse.<br />

Aus der NKF-Betrachtung ergibt sich mit der parallelen<br />

Betrachtung von Zinsaufwand und Abschreibung<br />

eine methodische Weiterentwicklung<br />

zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsvergleichen<br />

zwischen ÖPP- und Eigenrealisierungen.<br />

Die Erkenntnisse aus den Untersuchungen sollten<br />

neue Impulse für Lebenszyklusbetrachtungen<br />

bei kommunalen Projekten bringen, indem<br />

die knappen verfügbaren Mittel aktiv und gezielt<br />

eingesetzt und nicht situativ zum Stopfen von<br />

Löchern verwendet werden. Die erweiterte Sicht<br />

bei der Beurteilung wirtschaftlicher Investitionen<br />

dürfte aufgrund der häufig enthaltenen energetischen<br />

Aspekte auch bei Fragen zur Energiewende<br />

eine wichtige Rolle spielen.<br />

24


Lernen aus PPP in Bayern:<br />

Projektberichte aus Hoch- und Straßenbau<br />

Von Gabriele Engel<br />

Wenn in Deutschland von PPP die Rede ist, sehen manche einen Markt,<br />

der großartige Chancen bietet, während andere abwehren, weil PPP<br />

nur für die Banken und die großen Unternehmen gut sei. Dabei gilt für<br />

PPP wie für viele andere Dinge auch: Es gibt Vor- und Nachteile, Stärken<br />

und Schwächen. Man muss beides gut kennen, um ein Instrument<br />

sinnvoll einzusetzen.<br />

PPP ist eigentlich nicht neu. Es wurde aus der<br />

Konzession entwickelt, die seit langer Zeit in verschiedenen<br />

Varianten zur Realisierung großer Infrastrukturaufgaben<br />

genutzt wird. Einige geschichtliche<br />

Beispiele sind die frühen Eisenbahnstrecken,<br />

wie die Bagdadbahn im 19. Jahrhundert, berühmte<br />

Kanäle wie der Suez-Kanal im 19. Jahrhundert<br />

und der Canal du Midi im 17. Jahrhundert oder<br />

die Nutzung von Wasser zur Versorgung des Handwerks<br />

und der Industrie.<br />

Aus bayerischer Sicht ist die Steinerne Brücke in<br />

Regensburg zu nennen, die bereits im 12. Jahrhundert<br />

von Regensburger Kaufleuten errichtet<br />

wurde. In der Gegenwart sind bekannte Beispiele<br />

die Autobahnen in verschiedenen europäischen<br />

Ländern, die großen Brücken in Dänemark oder<br />

der Tunnel unter dem Ärmelkanal. Vor allem den<br />

geschichtlichen Beispielen ist zu eigen, dass das<br />

wirtschaftliche Risiko allein in der Hand der privaten<br />

Investoren und Betreiber lag. Aber auch die<br />

gegenwärtigen Konzessionen funktionieren im<br />

Wesentlichen nach diesem Prinzip.<br />

PPP in Bayern<br />

Wir haben PPP schon immer als spannenden<br />

Ansatz begriffen, den wir mit dem Ziel verfolgt<br />

haben, die Chancen und Risiken in Erkenntnisse<br />

und diese wiederum in neue Beschaffungsmodelle<br />

münden zu lassen. Wir wollten PPP also weiterentwickeln<br />

und flexibilisieren, um es für die<br />

Ministerialrätin<br />

Dipl.-Ing. Gabriele<br />

Engel ist Architektin<br />

und leitet ein<br />

Praxis vielseitig nutzbar zu machen.<br />

Sach gebiet in der<br />

Es sei erinnert an unser frühes Eintreten<br />

für die Möglichkeit, die lang-<br />

der Obersten Bau-<br />

Hochbauabteilung<br />

fristige private Finanzierung als Option<br />

zu betrachten und im Einzelfall<br />

behörde (OBB) im<br />

Bayerischen Staatsministerium<br />

des<br />

zugunsten einer öffentlichen Finanzierung<br />

darauf zu verzichten. Dies<br />

Innern.<br />

hat in der Hochbauszene anfangs Aufregung und<br />

Unverständnis erzeugt.<br />

Heute ist unser Modell in Bayern die gängigste<br />

Variante von PPP im Hochbau, die auch bundesweit<br />

angewandt und viel diskutiert wird. Es<br />

war ein wesentliches Ergebnis der Beschäftigung<br />

mit PPP, dass uns die Chancen der sogenannten<br />

konventionellen Realisierung ebenso deutlich<br />

bewusst wurden wie die Risiken oder Probleme.<br />

Und genauso schnell war uns klar, dass PPP kein<br />

Allheilmittel ist. Dabei kommt es in besonderem<br />

Maß darauf an, ob die Beschaffenheit eines<br />

Projekts die Realisierung in einem PPP-Modell<br />

nahelegt.<br />

Die Bayerische Staatsbauverwaltung hat in den<br />

vergangenen Jahren mehrere PPP-Pilotprojekte<br />

im Hochbau und Straßenbau realisiert, die eigens<br />

vom Bayerischen Landtag genehmigt wurden.<br />

Alle diese Projekte befinden sich inzwischen in<br />

der Betriebsphase.<br />

Vor fünf Jahren haben wir mit der Evaluierung<br />

begonnen. Durch einen ständigen Informations-<br />

INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />

25


austausch sowohl zwischen Hochbau und Straßenbau<br />

als auch mit den Kommunen, die wir im<br />

Auftrag des Bayerischen Landtags beraten, haben<br />

wir einen guten Überblick und gute Kenntnis von<br />

den Chancen und Risiken von PPP sowie von den<br />

Variationen, die als Weiterentwicklung möglich<br />

sind. Die im bayerischen PPP-Leitfaden Teil 1<br />

definierten qualitativen Projekteigenschaften bestimmen<br />

ganz wesentlich nicht nur die grundsätzliche<br />

Entscheidung für ein PPP-Modell, sondern<br />

auch die Projektkonfiguration im Einzelfall.<br />

Inzwischen weist unsere Statistik 100 kommunale<br />

und 25 staatliche Projekte in Bayern in den<br />

vergangenen sieben Jahren aus: PPP hat ohne<br />

Zweifel seinen Platz im Bereich öffentlicher Beschaffung<br />

gefunden. Dabei entsteht der Eindruck,<br />

dass die anfängliche allgemeine Euphorie einer<br />

eher pragmatischen Haltung gewichen ist – PPP<br />

als Mittel zum Zweck, aber nicht als vermeintliches<br />

Universalinstrument zur Lösung aller Probleme<br />

beim Bau und Betrieb von Gebäuden. PPP<br />

also als Beschaffungsmethode mit Stärken und<br />

Schwächen.<br />

Beispiel aus dem staatlichen Hochbau<br />

Wir waren also gut vorbereitet, als im Mai 2010<br />

das Bayerische Kabinett endgültig entschied, das<br />

Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz von<br />

Regensburg nach Tirschenreuth zu verlegen und<br />

dafür eine Kostenobergrenze vorzugeben, die<br />

rund 20 Prozent unter der Kostenschätzung bei<br />

ca. 8,5 Millionen Euro lag. Damit war es nicht<br />

mehr sinnvoll, die Qualitäten des Projekts in<br />

Form einer Ausführungsplanung und mittels Leistungsverzeichnissen<br />

zu beschreiben. Wir haben<br />

uns daher für eine Ausschreibung entschieden,<br />

die die Planung und die Errichtung des Gebäudes<br />

sowie einige Wartungsverträge und lange<br />

Gewährleistungsfristen für wesentliche Bauteile<br />

enthält. Entscheidend war die verbindliche<br />

Vorgabe einer Kostenobergrenze, die zu einem<br />

echten Qualitätswettbewerb im Vergabeverfahren<br />

geführt hat. In der Ausschreibung haben wir<br />

den Bebauungsplan, Mindeststandards für die<br />

geforderte Holzbauweise sowie den Ausbau und<br />

das Raumprogramm vorgegeben und für diesen<br />

Leistungsumfang 90 Prozent der Wertungspunkte<br />

reserviert. Nur 10 Prozent entfielen damit auf<br />

den Preis, der vorgegeben war und dessen Überschreitung<br />

zum Ausschluss des Angebots führte.<br />

Kurz: Der Freistaat Bayern als Bauherr und Auftraggeber<br />

stellte ein Budget zur Verfügung und<br />

erwartete von der Bauwirtschaft Angebote, die<br />

darstellten, was für dieses Budget zu erhalten<br />

war. Allerdings haben wir die Risiken aus dem<br />

Gegenüberstellung<br />

26


Baugrund und die Baupreissteigerung vom Kostendeckel<br />

ausgenommen.<br />

Mittelstand beteiligt sich<br />

Im Teilnahmewettbewerb hatten sich 17 geeignete<br />

Bewerber gemeldet, von denen über 70 Prozent<br />

aus Bayern stammten, knapp 50 Prozent aus<br />

der Region Oberpfalz/Oberfranken. Über 80 Prozent<br />

der Bewerber waren dem Mittelstand zuzurechnen.<br />

Die Hälfte der sechs Bieter, die tatsächlich<br />

Angebote abgaben, waren mittelständische<br />

Betriebe und stammten aus Nordbayern. Auch<br />

der Auftragnehmer, der das Projekt schließlich<br />

durchgeführt hat, stammt aus diesem Kreis. Wir<br />

sind der Auffassung, dass damit die oft geäußerte<br />

Meinung, den Interessen des Mittelstandes entspreche<br />

nur die Fachlosausschreibung, zumindest<br />

relativiert ist; im Übrigen beobachten wir auch bei<br />

anderen vergleichbaren Ausschreibungen, dass<br />

sich vorwiegend Mittelständler bewerben und die<br />

Aufträge erhalten, wenn das Investitionsvolumen<br />

im mittelständisch handhabbaren Bereich liegt.<br />

Der Umstand, dass die Finanzierung von öffentlicher<br />

Seite beigestellt wurde, hat aus unserer Sicht<br />

die Akzeptanz beim Mittelstand erhöht.<br />

Der Bauablauf war nach Aussage aller Beteiligten<br />

weitgehend störungsfrei: Im Oktober 2011<br />

Weiterentwicklung – Neue Modelle<br />

war Baubeginn, Richtfest war im Juli 2012, Ende<br />

2012 wurde die Maßnahme pünktlich fertiggestellt.<br />

Der Nutzer hat sich intensiv an den regelmäßigen<br />

Projektbesprechungen beteiligt. In diesem<br />

Punkt unterschied sich der Ablauf nicht von<br />

der konventionellen Vorgehensweise. Der vom<br />

Generalunternehmer (GU) beauftragte Architekt<br />

hat sich überdurchschnittlich engagiert, und der<br />

GU selbst sowie die von ihm eingeschaltete Holzbaufirma<br />

haben ihre Leistungsfähigkeit bewiesen.<br />

Das Staatliche Bauamt hat die Abwicklung gesteuert<br />

und die positive Arbeitsatmosphäre bestätigt.<br />

Bisher wurden unsere Erwartungen durch<br />

die Ergebnisse erfüllt, auch wenn abschließende<br />

Aussagen zum Projekt noch nicht möglich sind.<br />

Beispiele aus dem Autobahnbau<br />

Auf der A8 zwischen Augsburg und München haben<br />

wir mit dem ersten Betreibermodell im Bundesfernstraßenbau<br />

Pionierarbeit geleistet. Unser<br />

privater Partner hat die Autobahn sechsstreifig<br />

ausgebaut und übernimmt die bauliche Erhaltung,<br />

den Betriebsdienst und die Finanzierung für<br />

insgesamt 30 Jahre. Im Gegenzug erhält er die<br />

LKW-Maut aus diesem Abschnitt und eine geringe<br />

Anschubfinanzierung aus dem Bundeshaushalt.<br />

Die Bauarbeiten begannen im Jahr 2007<br />

und sind seit Ende 2010 abgeschlossen. Das Fazit<br />

bisher: Die Bauqualität ist insgesamt<br />

überdurchschnittlich, das Projekt<br />

wurde termingerecht fertiggestellt,<br />

die Kosten sind im Rahmen geblieben<br />

und die Vertragspartnerschaft<br />

war gut. Die Verkehrsteilnehmer<br />

waren mit dem Ablauf der Bauarbeiten<br />

trotz der unvermeidbaren Behinderungen<br />

sehr zufrieden. Damit<br />

haben sich unsere Erwartungen an<br />

diese Beschaffungsvariante in den<br />

wesentlichen Punkten erfüllt.<br />

Gute Risikoverteilung<br />

Die Ursachen dafür sind in dem Vertragsmodell<br />

angelegt: langfristige<br />

27


Verantwortung des Auftragnehmers für den Zustand<br />

der Strecke und eine Risikoverteilung nach<br />

dem Motto, dass jeder das Risiko tragen soll, das<br />

er am besten beeinflussen kann, sowie Anreize<br />

zur Verringerung der Verkehrsbehinderungen<br />

nach Umfang und Dauer und eine Vertragsgestaltung,<br />

die Kostensteigerungen entgegenwirkt. Die<br />

finanzierenden Banken unterstützen durch ihr Eigeninteresse<br />

den Projekterfolg. Bestärkt durch die<br />

positiven Erfahrungen haben wir den Ausbau der<br />

A8 zwischen Ulm und Augsburg mit einem sehr<br />

ähnlichen Modell fortgesetzt. Wir haben lediglich<br />

das Vergütungsmodell geringfügig geändert. Dieser<br />

Abschnitt ist noch im Bau.<br />

Bei den beiden Projekten haben wir aber auch gelernt,<br />

dass Projektfinanzierungsmodelle sehr stark<br />

von der Situation an den Finanzmärkten beeinflusst<br />

werden und die ohnehin höheren Finanzierungskosten<br />

bei der privaten Kreditbeschaffung<br />

nochmals deutlich steigen können. Deshalb war<br />

es schon nach dem ersten Betreibermodell naheliegend,<br />

zu erproben, ob sich die positiven Erfahrungen<br />

auch mit staatlicher Finanzierung, aber<br />

sonst ähnlicher Vertragsgestaltung realisieren lassen.<br />

Die Finanzmarktkrise hat uns zusätzlich bestärkt,<br />

diesen Weg zu gehen.<br />

Den Ausbau der A6 zwischen der Anschlussstelle<br />

Roth und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd<br />

haben wir mit einem PPP-Modell mit staatlicher<br />

Finanzierung realisiert. Unser privater Partner hat<br />

die Autobahn sechsstreifig ausgebaut und übernimmt<br />

die bauliche Erhaltung für 25 Jahre. Die<br />

Bauqualität war gut, die Strecke konnte pünktlich<br />

für den Verkehr freigegeben werden. Das Vertragsmodell<br />

hat Kostensteigerungen entgegengewirkt.<br />

Ermutigt durch die guten Erfahrungen erarbeiten<br />

wir gerade einen Leitfaden für Funktionsbauverträge<br />

im Straßenbau als Hilfestellung für weitere<br />

PPP-Projekte mit staatlicher Finanzierung.<br />

Wie geht es weiter?<br />

Also alles bestens? Warum nicht immer so? Weil<br />

die pauschale Übertragung dieser Modellkonfiguration<br />

auf andere Projekte dem Grundsatz widersprechen<br />

würde, dass es auf den Einzelfall ankommt.<br />

Daher sind pauschale Festlegungen aus<br />

unserer Sicht nicht angemessen. Die bayerische<br />

Staatsbauverwaltung führt in verschiedenen Einzelfällen<br />

GU-Vergaben durch; aber jede ist maßgeschneidert,<br />

weil sie sich aus ganz individuellen<br />

Voraussetzungen und Rahmenbedingungen entwickelt.<br />

Außerdem lässt auch das Vergaberecht<br />

keine Verallgemeinerung zu, sondern verlangt<br />

gerade die Begründung im Einzelfall. Nicht zu<br />

vergessen: Der Erfolg – oder Misserfolg – eines<br />

Projekts hängt nach unseren Erfahrungen entscheidend<br />

von den Beteiligten ab.<br />

Die intensive Beschäftigung mit PPP hat unsere<br />

Erfahrungen bereichert und dazu geführt, ein<br />

theoretisches Modell zu entwickeln, das seinen<br />

ersten Praxistest schon fast bestanden hat. Zumindest<br />

gedanklich haben wir diese Erfahrungen<br />

auch schon wieder auf PPP übertragen. Wir haben<br />

also kein starres Modell entwickelt, sondern<br />

vielmehr ein flexibel auf den Einzelfall anpassbares,<br />

das von der Vollversion bis zum abgestuften<br />

GU-Modell reichen kann. Unser Ziel ist es, dieses<br />

Spektrum auszuweiten und in geeigneten Fällen<br />

dem Praxistest zu unterwerfen – denn nur so ist<br />

es möglich, den eigenen Blickwinkel zu verändern<br />

und tatsächlich Neues zu entwickeln.<br />

28


PPP als alternativer Beschaffungsansatz im<br />

Ffreistaat Sachsen<br />

Von Dr. Oliver Rottmann<br />

PPP spielt im Freistaat Sachsen derzeit noch eine untergeordnete Rolle.<br />

Dies liegt vor allem daran, dass die lebenszyklusorientierte Infrastrukturbeschaffung<br />

und deren Wirkung teilweise unreflektiert diskutiert<br />

und in den Modellen vermischt wird. Diejenigen Kommunen, die schon<br />

PPP-Projekte realisiert haben, stehen dem Ansatz deutlich positiver<br />

gegenüber.<br />

Die kommunale Haushaltslage ist strukturell angespannt.<br />

Hinzu kommen der stetige Prozess der<br />

Binnenmodernisierung in den Kommunalverwaltungen<br />

und die Einführung der Doppik – flankiert<br />

von einer persistenten Debatte um die effizientere<br />

und effektivere Bereitstellung öffentlicher<br />

Dienstleistungen sowie deren Bereitstellungsstrukturen.<br />

In diesem Kontext steigt die Attraktivität<br />

lebenszyklusorientierter Infrastrukturbeschaffung<br />

für die kommunale Ebene.<br />

Bei heutigen lebenszyklusorientierten Infrastrukturprojekten<br />

werden alle Phasen einer Infrastruktureinrichtung<br />

ganzheitlich über ihre gesamte<br />

Lebensdauer hinweg betrachtet. Dabei sind Effizienz-<br />

und Einspareffekte im Vergleich zur konventionellen<br />

Realisierung möglich. Dies kann<br />

eine transparente und mit Blick auf notwendige<br />

Finanzströme antizipative Wirkung entfalten, die<br />

den Prozess nachhaltiger steuert als der konventionelle<br />

Fall.<br />

Befanden sich vor einigen Jahren noch PPP der<br />

ersten Generation im Fokus der Betrachtung,<br />

bei denen der Finanzierungsaspekt deutlich im<br />

Vorder grund stand, entwickelte sich das Konzept<br />

über die Jahre weiter zu einem lebenszyklusorientierten<br />

Ansatz. Die öffentliche Kritik an finanziellen<br />

Verlagerungen („Schattenhaushalte“) und<br />

aufkommende Forderungen nach Wirtschaftlichkeitsnachweisen<br />

förderten die Standardisierung<br />

und führten zu einer deutlichen Neufokussierung<br />

Dr. Oliver Rottmann<br />

ist geschäftsführender<br />

Vorstand<br />

des Kompetenzzentrums<br />

Öffent-<br />

des ÖPP-Beschaffungsansatzes. Heutige<br />

PPP-Projekte, PPP der zweiten<br />

liche Wirtschaft,<br />

Generation, werden phasenweise<br />

Infrastruktur und<br />

als Infrastrukturprojekt ganzheitlich Daseinsvorsorge<br />

e.V. sowie Geschäftsführer<br />

des<br />

über ihre gesamte Lebensdauer hinweg<br />

betrachtet. Die Finanzierung<br />

ÖPP-Kompetenzzentrums<br />

Sachsen<br />

wird dabei zu einem Aspekt einer<br />

an der Universität<br />

Gesamtbetrachtung, bei der Planen,<br />

Leipzig.<br />

Bauen, Betreiben, Finanzieren und<br />

Weiternutzung bzw. Verwertung, im<br />

Gegensatz zu vielen konventionell<br />

geplanten Projekten, als wirtschaftliche Einheit<br />

betrachtet und in einer integralen Planung vor<br />

der Realisierung analysiert werden. Am Anfang<br />

des Projekts erfolgt die Auswahl eines privatwirtschaftlichen<br />

Partners, der im Unterschied zur<br />

konventionellen Beschaffung nicht nur Einzelleistungen<br />

bei Bau und Betrieb übernimmt, sondern<br />

die Planung ganzheitlich durchführt. Im Rahmen<br />

dieses wertschöpfungsübergreifenden Managements<br />

können frühzeitig, bereits in der Erstellungsphase,<br />

Anreize generiert werden, die im<br />

Hinblick auf spätere im Lebenszyklus akkumulierende<br />

Gesamtkosten dämpfend wirken.<br />

PPP in Sachsen<br />

Die Städte und Gemeinden im Freistaat Sachsen<br />

stehen dem PPP-Ansatz derzeit noch verhalten<br />

gegenüber, was häufig daraus resultiert, dass lebenszyklusorientierte<br />

Infrastrukturbeschaffung<br />

und deren Folgen und Wirkungen teilweise un-<br />

INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />

29


eflektiert diskutiert und in den Modellen vermischt<br />

werden. Im Rahmen einer Studie wurden<br />

vom ÖPP-Kompetenzzentrum Sachsen Ansprüche<br />

an und Erfahrungen mit Infrastrukturbeschaffung<br />

– konventionell oder lebenszyklusbasiert –<br />

in den sächsischen Städten und Gemeinden untersucht.<br />

Die Studie kann kostenfrei bezogen<br />

werden über das ÖPP-Kompetenzzentrum Sachsen,<br />

info@öpp-sachsen.de.<br />

Trotz hoher Investitionen in die öffentliche Infrastruktur<br />

im Freistaat Sachsen in den 1990er und<br />

2000er Jahren sind für die Zukunft keine stark<br />

abnehmenden Investitionsbedarfe zu erwarten.<br />

Allerdings ist festzustellen, dass die fiskalische<br />

Situation der sächsischen Kommunen trotz insgesamt<br />

positiver Finanzierungssalden und wieder<br />

steigender Steuereinnahmen in den letzten<br />

Jahren angespannt bleibt. Sowohl die Ausgaben<br />

für Investitionen als auch für den Erhalt der vorhandenen<br />

kommunalen Infrastruktur wurden seit<br />

2000 bundesweit, so auch in Sachsen, stark prozyklisch<br />

„nach Kassenlage“ getätigt. Der damit<br />

korrespondierende Investitionsstau belastet nunmehr<br />

die öffentlichen Kassen zusätzlich.<br />

Die mit den Investitionsvorhaben und der Investitionshäufigkeit<br />

korrespondierenden finanziellen<br />

Verpflichtungen werden in erster Linie im Verkehrsbereich,<br />

bei Schulen und Kindertagesstätten,<br />

bei Sport und Freizeiteinrichtungen sowie im<br />

Bereich Straßenbeleuchtung gesehen.<br />

Vor diesem Hintergrund sind alternative Beschaffungsansätze<br />

für sächsische Kommunen dann<br />

interessant, wenn durch deren Nutzung Effizienzpotenziale<br />

gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante<br />

erreicht werden können.<br />

Die Diskussion über PPP wird kontrovers geführt.<br />

Kritiker führen an, dass PPP sowohl Arbeitsplätze<br />

vernichtet und die kommunale Selbstverwaltung<br />

Investitionsbedarf gemessen an der Leistungskraft, n = 92<br />

100%<br />

Häufigkeit zukünftiger Investitionsbedarfe<br />

50%<br />

Verwaltungsgebäude y<br />

Schule /Bildungseinrichtung y<br />

y Verkehrsprojekt<br />

y Kindertagesstätten<br />

y Sport -/ Freizeiteinrichtungen<br />

y Straßenbeleuchtung<br />

y Grünanlagen/Park<br />

y Ver-/Entsorgungseinrichtungen<br />

y Kultureinrichtung/ Veranstaltungszentrum<br />

y Krankenhaus/Altersheim/Soziale Einrichtung<br />

0%<br />

gering eher gering eher hoch hoch nicht leistbar<br />

Investitionsbedarf gemessen an der finanziellen Leistungsfähigkeit<br />

Quelle: ÖPP-Kompetenzzentrum Sachsen (2012)<br />

30


Erwartungen an PPP-Projekte, n = 75<br />

4,0 3,0 2,0 1,0<br />

Kostensicherheit 1,4<br />

Kosteneinsparpotenziale 1,5<br />

Politische Unterstützung<br />

von Stadt-/Gemeinderat<br />

Effizienzvorteile<br />

Erweiterungen des finanziellen<br />

Handlungsrahmens der Gemeinde<br />

Nachhaltigkeit aufgrund<br />

des Lebenszyklusansatzes<br />

Termintreue<br />

Persönliche Überzeugung<br />

von der Vorteilhaftigkeit<br />

Reduzierung des langfristigen<br />

Personalaufwands<br />

Gute Erfahrungen<br />

aus anderen Projekten<br />

Erweiterung der Investitionstätigkeit<br />

Einbindung privaten Know-hows<br />

in allen Lebenszyklen<br />

Unterstützung aus der Verwaltung<br />

1,7<br />

1,8<br />

1,8<br />

1,9<br />

1,9<br />

1,9<br />

2,0<br />

2,1<br />

2,2<br />

2,3<br />

2,4<br />

unwichtig weniger wichtig wichtig sehr wichtig<br />

Quelle: ÖPP Kompetenzzentrum Sachsen (2012), S.17<br />

aushöhlt, wenn wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge<br />

dem Primat der reinen Gewinnorientierung<br />

unterworfen werden. Zwar existieren bei<br />

alternativen Beschaffungsvarianten spezifische<br />

Risiken, die geprüft und berücksichtigt werden<br />

müssen, allerdings führt die häufig rein ideologisch<br />

ausgerichtete Debatte nicht zu einer objektiven<br />

Bewertung aller Chancen und Risiken der<br />

Beschaffungsvariante.<br />

Keine eindeutige Meinung<br />

In Sachsen haben bereits 29 Prozent der Städte<br />

und Gemeinden alternative Beschaffungsvarian-<br />

ten genutzt. Genannt wurden hier vor allem<br />

Leasingmodelle (54 Prozent), Sponsoring<br />

(29 Prozent) und private Finanzierung (18 Prozent).<br />

21 Prozent dieser Kommunen konnten bereits<br />

Erfahrungen mit PPP sammeln. Obwohl der<br />

PPP-Ansatz in Sachsen noch eine untergeordnete<br />

Rolle spielt, haben sächsische Städte und Gemeinden<br />

keine eindeutig zustimmende oder gar<br />

ablehnende Haltung zu PPP. Knapp die Hälfte der<br />

Kommunen steht PPP neutral gegenüber, 21 Prozent<br />

haben eine negative Auffassung, 13 Prozent<br />

halten PPP für eine positive Beschaffungsalternative.<br />

Knapp jede fünfte Kommune konnte sich<br />

über PPP noch keine Meinung bilden.<br />

31


Festzuhalten ist allerdings, dass jene Kommunen,<br />

die PPP im Freistaat bereits genutzt haben, dem<br />

Ansatz deutlich positiver gegenüberstehen als andere.<br />

Hier lässt sich mit Bezug auf ein größeres<br />

PPP-Wissen eine offenere Haltung zu diesem Beschaffungsansatz<br />

ableiten.<br />

Des Weiteren kann festgehalten werden, dass<br />

die Gemeinden ihre PPP-Zurückhaltung in erster<br />

Linie mit ihrem mangelnden Wissen darüber<br />

begründen. Hierunter fallen auch Unsicherheiten<br />

rechtlicher Natur. Das kann damit begründet<br />

werden, dass im Freistaat die Realisierungsanforderungen<br />

bei PPP deutlich höher ausfallen als bei<br />

der konventionellen Beschaffungsvariante.<br />

Die Entscheidung für die Nutzung von ÖPP-Modellen<br />

ist abhängig von den für die Kommunen<br />

erwarteten Vorteilen. Für die Kommunen im Freistaat<br />

stehen insbesondere finanzielle Aspekte im<br />

Vordergrund.<br />

Die vertraglich fixierte Zahlung eines Entgelts bei<br />

ÖPP-Projekten gewährleistet Kostensicherheit<br />

über den gesamten Projektzeitraum hinweg und<br />

wird von den Kommunen als zentraler Vorteil erachtet.<br />

Kosteneinsparpotenziale und allgemeine<br />

Effizienzvorteile gegenüber der konventionellen<br />

Realisierung von Investitionen sowie die Orientierung<br />

am Lebenszyklusansatz bilden weitere<br />

wichtige Kriterien im Rahmen der Entscheidung,<br />

PPP zu nutzen.<br />

Einzelfall entscheidet<br />

Eine ablehnende Haltung gegenüber PPP bildet<br />

die oft pauschal geäußerte Vermutung, dass es<br />

sich bei PPP um Privatisierungen handelt. Offenbar<br />

scheint sich im Großen und Ganzen in vielen<br />

Kommunen jedoch bereits die Einsicht durchgesetzt<br />

zu haben, dass PPP keine faktischen Privatisierungen<br />

darstellen, sondern dass lediglich die<br />

operative Durchführung des Bauprojekts an einen<br />

privaten Dritten abgegeben wird. Festgehalten<br />

werden kann somit, dass aus Kommunalsicht in<br />

Sachsen keine der beiden Beschaffungsvarianten<br />

– konventionell oder PPP – per se der anderen<br />

vorgezogen werden kann. Entscheidend ist letztlich<br />

immer der Einzelfall.<br />

32


PPP in Hessen: wichtiger Bestandteil der Baupolitik<br />

Von Ulrich Kist<br />

Hessen blickt auf fast ein Jahrzehnt PPP-Erfahrung zurück. 2004 begannen<br />

die Vorbereitungen für die Ausschreibung des ersten Landesprojekts,<br />

des Finanzzentrums Kassel-Altmarkt. Seitdem ist viel passiert. Trotz<br />

Schuldenbremse, Finanzkrise und öffentlichem Gegenwind ist PPP bis<br />

heute fester Bestandteil hessischer Baupolitik.<br />

In den Jahren 2002 und 2003 wurden die Landesbehörden<br />

in der Stadt Kassel einem umfassenden<br />

Standortmanagement unterzogen. Die Unterbringungen<br />

wurden immobilienwirtschaftlich<br />

hinsichtlich ihres Optimierungspotenzials untersucht.<br />

Im Ergebnis kam es zu Standortkonzentrationen<br />

und damit auch zu organisatorischen<br />

Optimierungen – u.a. sollten die beiden bisherigen<br />

Finanzämter Kassel-Hofgeismar und Kassel-<br />

Spohrstraße am Altmarkt, auf dem Gelände des<br />

ehemaligen Polizeipräsidiums, gemeinsam untergebracht<br />

werden. Dies entsprach auch den Zielsetzungen<br />

der Stadtplanung, um die historische<br />

Keimzelle Kassels städtebaulich aufzuwerten.<br />

Die damalige Hausleitung im Hessischen Finanzministerium,<br />

Minister Karlheinz Weimar und<br />

Staatssekretär Dr. Walter Arnold, gab den Impuls,<br />

um neue Wege zu beschreiten. Die Ausschreibung<br />

im März 2005 erfolgte als echtes PPP-Projekt:<br />

Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb sollte ein<br />

privater Partner übernehmen. Mit der operativen<br />

Ulrich Kist ist<br />

Geschäftsbereichsleiter<br />

Portfolio- und<br />

Projektleitung dieser und späterer PPP-<br />

Standortmanagement<br />

im Hessischen<br />

Vergabeverfahren wurde das Hessische<br />

Immobilienmanagement beauftragt, die Immobilienmanagement.<br />

baufachliche Unterstützung kam vom<br />

Hessischen Baumanagement. Im Finanzministerium<br />

wurde ein PPP-Kompetenzzentrum<br />

eingerichtet, der bald gegründete Verein „PPP in<br />

Hessen und Thüringen e. V.“ brachte die Länder,<br />

die Kommunen und die Privatwirtschaft an einen<br />

Tisch. PPP in Hessen war ins Rollen gekommen.<br />

Sechs Pilotprojekte<br />

Kennzeichen aller hessischen Projekte ist die<br />

Projektfinanzierung in einem Mietmodell über<br />

30 Jahre. Ohne dass dafür eine gesetzliche Verpflichtung<br />

bestünde, werden in Hessen Projekte<br />

erst dann im PPP-Modell realisiert, wenn die<br />

Effizienzvorteile auch ohne Monetarisierung<br />

der Risikoallokation nachweisbar sind. PPP-<br />

Eignungstest, Wirtschaftlichkeitsprognose und<br />

Wirtschaftlichkeitsnachweis erfolgen anhand der<br />

im Leitfaden der Bundesfinanzministerkonferenz<br />

festgelegten Kriterien. Der Auftragnehmer wird<br />

im Teilnahmewettbewerb mit anschließendem<br />

Verhandlungsverfahren ermittelt.<br />

INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />

Finanzzentrum Kassel-Altmarkt<br />

Waren anfangs die Transaktionskosten, insbesondere<br />

durch externe Beratungsleistungen, noch<br />

relativ hoch, so konnten im Laufe der Zeit Erfahrungen<br />

gewonnen werden, die zu einer zunehmenden<br />

Standardisierung und damit Kostensenkung<br />

führten:<br />

33


x Vereinfachung der Vergabeverfahren durch<br />

Checklisten und standardisierte Bewerbungsbögen<br />

x Beurteilung der Qualität der Angebote durch<br />

ein unabhängiges Expertengremium aus freischaffenden<br />

Architekten und unabhängigen<br />

Experten für technische Gebäudeplanung und<br />

Facility-Management<br />

x Erarbeitung von Mustervertragsbausteinen und<br />

Standardisierung der Verträge<br />

x Eingliederung der PPP-Verfahren in das Regelverfahren<br />

des staatlichen Hochbaus<br />

Folgende Pilotprojekte wurden realisiert:<br />

Projekt Laufzeit Miet- Gesamtinvesti- Effizienzvorteil<br />

Vergabe Nettogrundfläche tionskosten in Prozent<br />

Verwaltungszentrum 03 / 05 – 18.343 m 2 37 Mio. Euro 12<br />

Kassel-Altmarkt 11 / 06<br />

Justiz- u. Verwaltungs- 06 / 05 – 50.615 m 2 128 Mio. Euro 14<br />

zentrum Wiesbaden 03 / 07<br />

Cityrevier 10 / 05 – 2.189 m 2 7 Mio. Euro 14<br />

Wiesbaden 03 / 07<br />

Amt für Boden- 02 / 06 – 5.592 m 2 13 Mio. Euro 12<br />

management 10 / 07<br />

(AfB) Limburg<br />

AfB Korbach 02 / 06 – 3.141 m 2 6 Mio. Euro 13<br />

10 / 07<br />

AfB Büdingen 02 / 06 – 4.200 m 2 12 Mio. Euro 10<br />

12 / 07<br />

Inzwischen liegen auch erste Betriebserfahrungen<br />

vor. Die Nutzer der Gebäude wurden sowohl<br />

hinsichtlich ihrer Zufriedenheit mit dem Verlauf<br />

des Vergabeverfahrens als auch zu ihrer Zufriedenheit<br />

mit dem Gebäude selbst durch ein unabhängiges<br />

Meinungsforschungsinstitut befragt.<br />

Dabei wurde ein Gesamtindex für die Kundenzufriedenheit,<br />

der sogenannte Customer Satisfaction<br />

Index (CSI), ermittelt. Von 100 möglichen<br />

Punkten bewerteten die Nutzer das Verfahren<br />

und die Gebäude 2008 mit 85,5 und 2010 mit<br />

90,3 Punkten außerordentlich positiv. Die Betriebskosten<br />

liegen, mit Ausnahme des wegen der<br />

Polizeisondertechnik und den Sicherheitsanforderungen<br />

nicht vergleichbaren City-Reviers Wiesbaden,<br />

mit Beträgen zwischen 2,18 und 4,67 Euro<br />

pro Quadratmeter Nettogrundfläche (NGF) im<br />

prognostizierten Bereich.<br />

Finanzkrise, Schuldenbremse und<br />

öffentlicher Gegenwind<br />

Mit der Finanzkrise geriet der PPP-Zug ins Stocken.<br />

Durch hohe Risikoaufschläge, gerade für<br />

große, langfristig angelegte Projekte, verteuerte<br />

sich die Finanzierung für die privaten Partner erheblich.<br />

In Hessen bedeutete dies, dass das 2007<br />

bereits geplante Projekt des Polizeipräsidiums<br />

Südosthessen in Offenbach, mit einem Bauvolumen<br />

von über 170 Millionen Euro, zunächst<br />

umfangreichen Prüfungen unterzogen wurde, ob<br />

eine wirtschaftliche Realisierung als PPP-Projekt<br />

angesichts der Marktentwicklung noch möglich<br />

erschien. Ein zu diesem Zweck durchgeführtes<br />

Interessenbekundungsverfahren brachte jedoch<br />

ein positives Ergebnis.<br />

Mit der Aufnahme der sogenannten Schuldenbremse<br />

in das Grundgesetz und in die hessische<br />

Verfassung, die eine Nettoneuverschuldung spätestens<br />

ab dem Jahr 2020 verbietet, unterwarf<br />

sich der Haushaltsgesetzgeber der Verpflichtung,<br />

dies durch umfassende Sparbemühungen zu ermöglichen.<br />

Davon konnten auch die Bauhaushalte<br />

allgemein und natürlich die Haushaltsmittel<br />

für die Mietzahlungen an die PPP-Partner nicht<br />

verschont bleiben. So gingen bundesweit nunmehr<br />

die Volumen umgesetzter PPP-Maßnahmen<br />

zurück.<br />

Hessen erlag dabei nicht der Versuchung, die unterschiedliche<br />

Finanzierung zum Anlass zu nehmen,<br />

mit Hilfe von PPP die Sparzwänge im Bauhaushalt<br />

zu umgehen. Völlig unabhängig von der<br />

Finanzierungsweise ist die Notwendigkeit von<br />

Neubauprojekten kritisch zu hinterfragen. Auch<br />

in der öffentlichen Wahrnehmung geriet PPP zunehmend<br />

in den Fokus einer kritischen Diskussion<br />

über den Sinn von Privatisierungen öffentlicher<br />

Aufgaben. Die Globalisierungsgegner von Attac<br />

sind seit einigen Jahren regelmäßig protestierend<br />

vor PPP-Veranstaltungen anzutreffen. Wenig differenzierend<br />

werden die Privatisierung von Bahn,<br />

Post und Telekommunikation und die Diskussion<br />

in diesem Zusammenhang über die Strom- und<br />

34


Wasserversorgung mit PPP in einen Topf geworfen.<br />

PPP wird als intransparent und sich der demokratischen<br />

Kontrolle entziehend dargestellt,<br />

einzig dem Profit des privaten Partners und der<br />

Plünderung der öffentlichen Haushalte dienend.<br />

Es wird nicht erwähnt, dass auch im klassischen<br />

Eigenbau private Partner selbstverständlich gutes<br />

Geld verdienen und die Lebenszykluskosten über<br />

30 Jahre in der Regel in PPP-Projekten sehr viel<br />

transparenter sind als im Eigenbau.<br />

Auch die 17 Rechnungshöfe des Bundes und der<br />

Länder nehmen eine kritische Haltung ein. In<br />

einem gemeinsamen Positionspapier bemängeln<br />

sie insbesondere die Methodik des Wirtschaftlichkeitsvergleichs<br />

hinsichtlich der Monetarisierung<br />

der Risikoverteilung, eine Kritik, die Hessen angesichts<br />

der oben genannten Selbstverpflichtung auf<br />

Projekte, die auch ohne Risikobetrachtung eine<br />

Effizienzdividende auswerfen, nur bedingt trifft.<br />

Folglich findet sich in den aufgelisteten Negativbeispielen<br />

auch kein hessisches Projekt. Dennoch<br />

kann eine solche öffentliche Diskussion nicht ohne<br />

Wirkung bleiben. PPP muss sich dieser Situation<br />

und der Kritik stellen, hat aber gute Argumente<br />

auf seiner Seite, um zu bestehen.<br />

Was hat PPP?<br />

Jenseits all der vorliegenden, umfangreichen<br />

Wirtschaftlichkeitsberechnungen wird oft hinterfragt,<br />

woher eigentlich die Effizienzdividenden<br />

Atrium des BHZ Heppenheim mit Foliendach<br />

kommen sollen, wenn die öffentliche Hand sich<br />

konkurrenzlos günstiger finanzieren kann als der<br />

private Partner. Nach den Erfahrungen in Hessen<br />

kommen die Vorteile vor allem aus dem Lebenszyklusansatz:<br />

Ein privater Partner, der nicht nur<br />

baut, sondern auch für 30 Jahre Betrieb verantwortlich<br />

zeichnet, versucht seine Bauunterhaltungs-<br />

und Instandhaltungskosten ebenso wie die<br />

Betriebskosten gering zu halten. Er baut qualitativ<br />

hochwertiger und damit teurer, spart über den Lebenszyklus<br />

aber ein. In Zeiten der Schuldenbremse<br />

zu glauben, auch die öffentliche Hand könne ja<br />

qualitativ hochwertiger und teurer bauen, um auf<br />

lange Sicht Geld zu sparen, ist nicht realistisch.<br />

In hessischen PPP-Projekten gibt es fast keine<br />

Nachträge, die den Eigenbau häufig belasten.<br />

Die Bauzeiten sind konkurrenzlos kurz. Konkurse<br />

von Nachunternehmern, die im Eigenbau in<br />

Einzelfällen erhebliche Bauzeitverzögerungen<br />

nach sich ziehen, spielen in PPP-<br />

Verfahren nur eine untergeordnete<br />

Rolle.<br />

Aktuelle Projekte<br />

BHZ Heppenheim<br />

Im Oktober 2009 wurde die innovative<br />

Beschaffungsvariante<br />

PPP mit einer anderen, innovativen<br />

Technik kombiniert. Das<br />

Behördenzentrum in Heppenheim,<br />

für rund 300 Bedienstete<br />

des Amtes für Bodenmanagement<br />

und von Hessen-Mobil, wurde<br />

35


Der Zuschlag erfolgte am<br />

29. Dezember 2011. Hier findet<br />

die hessische Landesvertretung<br />

gemeinsam mit Hessens Partnerregionen<br />

eine zeitgemäße<br />

Vertretung in der europäischen<br />

Metropole. Das Gebäude ist im<br />

LEED-Gold Standard (Leadership<br />

in Energy and Environmental<br />

Design) zertifiziert und<br />

wird noch in der ersten Hälfte<br />

2013 bezogen.<br />

Landesvertretung in 3-D-Visualisierung<br />

als europaweit erstes Passivhaus-Bürogebäude im<br />

PPP-Verfahren ausgeschrieben, gebaut und im<br />

Oktober 2012 von den Bediensteten bezogen.<br />

Die Passivhaus-Zertifizierung durch das Passivhaus-Institut<br />

in Darmstadt ist bereits erfolgt. Für<br />

die knapp 7.000 Quadratmeter Nutzfläche lagen<br />

die Gesamtinvestitionskosten bei 24,3 Millionen<br />

Euro mit einem Effizienzvorteil von 17,2 Prozent<br />

gegenüber dem Eigenbau. Das Land und der private<br />

Partner haben den Vertragstext mit Erläuterungen<br />

auf ihre Website sowie die Internetseiten<br />

des Hauptverbandes der Bauindustrie und der<br />

Partnerschaften Deutschland gestellt, um auch<br />

dem Vorwurf der Intransparenz entgegenzutreten.<br />

PPP hat also überlebt und seine Leistungsfähigkeit<br />

erneut bewiesen.<br />

Mit dem Mehr-Regionen-Haus in Brüssel schafft<br />

sich Hessen eine neue Plattform inmitten des Europaviertels.<br />

Die Ausschreibung erfolgte im Juni<br />

2010 für ein Raumprogramm von 2.800 Quadratmeter<br />

Nutzfläche mit 105 Arbeitsplätzen,<br />

umfangreichen Veranstaltungsbereichen inklusive<br />

Catering-Küchen und Dolmetscher-Fazilitäten.<br />

Bereits diese Beispiele weisen<br />

darauf hin, dass die Diskussion<br />

über Umwelt- und Energiestandards<br />

seit Beginn von PPP in<br />

Hessen nicht stehen geblieben<br />

ist. Hessen hat sich zum Ziel gesetzt,<br />

bis 2030 eine CO 2<br />

-neutrale<br />

Landesverwaltung zu erreichen. Dafür werden<br />

umfangreiche Anstrengungen in verschiedenen<br />

Aufgabenfeldern unternommen. Mit Kabinettsbeschluss<br />

vom 17. Mai 2010 hat sich die hessische<br />

Landesregierung in diesem Zusammenhang selbst<br />

verpflichtet, die gesetzlich geforderten Energiekennwerte<br />

der jeweils gültigen Energieeinsparverordnung<br />

um mindestens 50 Prozent zu unterschreiten,<br />

unabhängig davon, ob die Eigenbauoder<br />

die PPP-Beschaffungsvariante gewählt wird.<br />

Im Oktober 2011 erfolgte die Vergabebekanntmachung<br />

für das Polizeipräsidium Südosthessen<br />

in Offenbach mit einem Bauvolumen von<br />

173,5 Millionen Euro bei einer Größe von rund<br />

25.000 Quadratmetern Nutzfläche in diesem<br />

neuen, deutlich erhöhten Energiestandard. Der<br />

Teilnahmewettbewerb steht kurz vor dem Abschluss,<br />

der Zuschlag soll Anfang 2014 erfolgen.<br />

Mit der Polizeistation und der Polizeiautobahnstation<br />

Butzbach ist ein weiteres Projekt in Vorbereitung,<br />

andere sind in der Prüfung. PPP wird<br />

also weiter fester Bestandteil der hessischen<br />

Baupolitik bleiben.<br />

36


Der ÖPP-Markt 2012: Talsohle erreicht?<br />

Von Tim-Oliver Müller<br />

Die Entwicklung des deutschen Markts für Öffentlich-Private Partnerschaften<br />

2012 war wie erwartet äußerst zurückhaltend. Nur 14 ÖPP-<br />

Hochbauprojekte mit einem Investitionsvolumen von rund 540 Millionen<br />

Euro wurden vergeben. Die Projektanzahl war somit im vierten<br />

Jahr in Folge rückläufig.<br />

Das Investitionsvolumen verharrte auf dem Niveau<br />

des Krisenjahres 2010. Im Verkehrswegebau<br />

sorgten 2011 noch zwei zugeschlagene A-Modelle<br />

für Aufbruchstimmung. 2012 konnte an diese<br />

Entwicklung jedoch nicht angeknüpft werden.<br />

Lediglich ein kommunales Straßenbauprojekt mit<br />

einem Volumen von ca. 10 Millionen Euro wurde<br />

an ein privates Unternehmen vergeben.<br />

Der ÖPP-Hochbaumarkt 2012<br />

Die 14 ÖPP-Hochbauprojekte 2012 kommen ausschließlich<br />

aus den Bereichen Bildungseinrichtungen<br />

und Verwaltungsgebäude, die sich mit einem<br />

Anteil von 45 bzw. 16 Prozent auch wei terhin als<br />

die Bereiche mit den meisten ÖPP-Projekten seit<br />

2002 behaupten.<br />

Tim-Oliver Müller ist<br />

11 der 14 Projekte wurden im Bildungsbereich<br />

vergeben. Darunter befinden Öffentlich-Private<br />

Leiter der Abteilung<br />

Partner schaften im<br />

sich vier Neubau- und Sanierungsprojekte<br />

von Kindertagesstätten sowie<br />

Deutschen Bauin-<br />

Hauptverband der<br />

sieben Schulbauprojekte. Das Investitionsvolumen<br />

beträgt 37 bzw. 453 Milliodustrie<br />

e.V.<br />

nen Euro. Im neuen Jahr konnte bis Ende Januar<br />

2013 ein weiterer Vertrag für ein Schulprojekt<br />

der Stadt Nürnberg unterzeichnet werden. Im<br />

Bereich Verwaltungsgebäude kommen die drei<br />

verbleibenden Projekte zusammen auf ein Investitionsvolumen<br />

von rund 50 Millionen Euro.<br />

In den Bereichen Gesundheit, Kultur und Sport<br />

sowie im Bereich der Feuer- und Rettungswachen<br />

sind 2012 keine weiteren Projekte<br />

hinzugekommen.<br />

INVESTITIONSBEdarf und Schuldenbremse<br />

ÖPP in Deutschland: Entwicklung von 2003 bis Anfang Februar 2013<br />

Investitionsvolumen<br />

in Mio. Euro<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

Verkehr<br />

Hochbau<br />

21 Projekte<br />

14 Projekte<br />

12 Projekte<br />

4 Projekte<br />

32 Projekte<br />

1 Projekt<br />

24 Projekte<br />

3 Projekte<br />

27 Projekte<br />

650<br />

650<br />

1 Projekt<br />

25 Projekte<br />

2 Projekte<br />

17 Projekte<br />

475 540<br />

1 Projekt<br />

14 Projekte<br />

20 10<br />

Projekte<br />

200<br />

345 455 570 865 715 760<br />

2 Projekte<br />

0 65<br />

2002/2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

Quelle: eigene Erhebungen<br />

510<br />

2010<br />

665 540<br />

1 Projekt<br />

20<br />

2011 2012 Feb 2013<br />

Stand: 4.2.2013<br />

37


ÖPP im öffentlichen Hochbau: Investitionsvolumen und Projektpipeline nach Sektoren<br />

Vergebene Projekte Projekte in Ausschreibung Projekte in Vorbereitung Gesamtpipeline<br />

Investition in Mio. Euro<br />

geschätztes Investitionsvolumen in Mio. Euro<br />

Schulen/Bildungszentren 2.324 120 531 651<br />

Verwaltungsbauten 773 323 419 742<br />

Justizvollzugsanstalten 268 0 50 50<br />

Gesundheit 798 640 60 700<br />

Sport/Kultur 762 32 328 360<br />

Sonstiges (Parken/Logistik) 158 136 28 164<br />

Bundesbauten 427 0 146 146<br />

Summe 5.510 1.251 1.562 2.813<br />

Investitionsvolumen in Mio. Euro, gerundet<br />

Quelle: eigene Erhebungen<br />

Stand: 4.2.2013<br />

Mit Blick auf die Auftraggeberstruktur öffentlicher<br />

Hochbauprojekte zeichnet sich ab, dass sich<br />

die Kommunen weiterhin als Vorreiter von ÖPP<br />

in Deutschland präsentieren. 12 der 14 Projekte,<br />

das heißt ein Anteil von über 85 Prozent, wurde<br />

auf kommunaler Ebene vergeben. Jeweils ein<br />

Projekt ist den Ländern Baden-Württemberg und<br />

Hessen zuzuordnen. Betrachtet man die Gesamtentwicklung<br />

des deutschen ÖPP-Hochbaumarkts<br />

seit 2002, wird die Vorreiterrolle der Kommunen<br />

als Auftraggeber von ÖPP ebenfalls deutlich:<br />

156 der insgesamt 189 Projekte und somit über<br />

82 Prozent wurden im kommunalen Bereich vergeben.<br />

Die Bundesländer sind mit 29 Projekten<br />

– ca. 15 Prozent – zweithäufigster ÖPP-Auftraggeber,<br />

gefolgt vom Bund mit lediglich vier Projekten<br />

– ca. 2 Prozent. Die Anteile der drei Gebietskörperschaften<br />

an dem seit 2002 im öffentlichen<br />

Hochbau insgesamt realisierten Investitionsvolumen<br />

von rund 5,51 Milliarden Euro staffeln sich<br />

wie folgt: 3,44 Milliarden Euro – 62 Prozent –<br />

entfallen auf die kommunale Ebene, ca. 1,63 Milliarden<br />

Euro – 30 Prozent – auf die Landesebene<br />

und knapp 430 Millionen Euro – 8 Prozent –<br />

auf die Bundesebene.<br />

Weniger Projekte in Ausschreibung und<br />

Vorbereitung<br />

Momentan befinden sich 23 Hochbauprojekte<br />

mit einem erwarteten Investitionsvolumen<br />

von etwas über 1,25 Milliarden Euro in der<br />

Ausschreibung. Weitere 61 Projekte mit einem<br />

erwarteten Investitionsvolumen von 1,56 Milliarden<br />

Euro sind in der Vorbereitung. Die Projektpipeline<br />

für deutsche ÖPP-Hochbauprojekte ist<br />

somit im zweiten Jahr in Folge schmaler geworden.<br />

Im direkten Vergleich zum Vorjahr ist die<br />

Projektpipeline, abgesehen von den 2012 vergebenen<br />

Projekten, um 21 Projekte und um ein<br />

erwartetes Volumen von 1,65 Milliarden Euro<br />

geschrumpft.<br />

Für diese Entwicklungen sind zum einen nach<br />

wie vor die Folgen des Zukunftsinvestitionsprogramms<br />

zugunsten der Kommunen, das Teil<br />

38


ÖPP im öffentlichen Hochbau: Investitionsvolumen und Projektpipeline<br />

vergebenes<br />

Investitionsvolumen<br />

in Mio. Euro<br />

Gesamt: 5.010<br />

29 Projekte<br />

4 Projekte<br />

427<br />

1.639<br />

3.444<br />

156 Projekte<br />

Bund<br />

Investitionsvolumen<br />

in Mio. Euro<br />

in Ausschreibung<br />

Gesamt: 1.251<br />

6 Projekte<br />

0 Projekte<br />

728<br />

0<br />

523<br />

17 Projekte<br />

Länder<br />

Gemeinden<br />

Investitionsvolumen<br />

in Mio. Euro<br />

in Vorbereitung<br />

Gesamt: 1.562<br />

9 Projekte<br />

2 Projekte<br />

146<br />

394<br />

1.021<br />

50 Projekte<br />

Quelle: eigene Erhebungen<br />

Stand: 4.2.2013<br />

Projekte und Investitionsvolumen in Mio. Euro nach staatlichen Ebenen<br />

des 2. Konjunkturprogramms (KP II) der Bundesregierung<br />

ist, verantwortlich. Viele Projekte,<br />

die mittels ÖPP realisiert werden sollten, sind<br />

entweder zurückgestellt oder mit Mitteln aus<br />

dem KP II realisiert worden. Die Einbindung der<br />

KP-II-Mittel in ÖPP-Projekte ist nur in wenigen<br />

Fällen gelungen, auch stand eine Vereinbarkeit<br />

von ÖPP mit dem KP II nicht von Anfang an<br />

eindeutig fest bzw. wurde nachträglich bekannt<br />

gegeben.<br />

Erst nach dem Auslaufen der Konjunkturprogramme<br />

haben sich öffentliche Auftraggeber<br />

wieder alternativen Beschaffungsformen wie<br />

ÖPP zugewandt, da die Notwendigkeit solcher<br />

Partnerschaftsmodelle im Hinblick auf den enormen<br />

Investitionsbedarf der öffentlichen Hand bei<br />

gleichzeitig knappen Haushaltsmitteln weiterhin<br />

hoch ist. Aufgrund der im Vergleich zur konventionellen<br />

Beschaffung langen Vorlaufphase bis zur<br />

endgültigen Ausschreibung eines ÖPP-Projekts<br />

sind neue Ausschreibungen, aber auch Zuschläge<br />

neuer Projekte 2012 ausgeblieben.<br />

Zum anderen ist die öffentliche Meinung gegenüber<br />

ÖPP-Projekten, sowohl im Hochbau als<br />

auch im Tiefbau, weiterhin kritisch. Zweifel an<br />

der Wirtschaftlichkeit sowie Vorwürfe der Intransparenz,<br />

Dumping-Löhne und Mittelstandsuntauglichkeit<br />

sind daher auch mit verantwortlich,<br />

wieso der ÖPP-Deal-Flow abebbt.<br />

Zum einen rücken öffentliche Auftraggeber oftmals<br />

von der ÖPP-Projektidee ab, weil sie den<br />

politischen und öffentlichen Widerstand fürchten.<br />

Laut der Studie des Instituts für Demoskopie<br />

Allensbach trifft dies auf acht von zehn Auftraggebern<br />

in Deutschland zu. Besorgniserregend ist<br />

dabei insbesondere, dass Ausschreibungen, trotz<br />

nachgewiesener, wirtschaftlicher Vorteilhaftigkeit<br />

des privaten Angebots, aufgehoben werden; so<br />

bei dem Projekt „Schulen in Potsdam“.<br />

Zum anderen werden ÖPP von vornherein nicht<br />

in Betracht gezogen, weil pauschale Kritiken und<br />

Vorwürfe eine differenzierte Diskussion über Potenziale<br />

und Möglichkeiten von ÖPP, auch unter<br />

39


der Berücksichtigung bisheriger Erfahrungswerte,<br />

erst gar nicht möglich machten.<br />

Kommunen auf ÖPP-Wiederholungskurs<br />

Entgegen dem allgemeinen, kritischen Meinungstrend<br />

zeichnet sich jedoch ab, dass insbesondere<br />

die guten Erfahrungen mit ÖPP-Projekten dazu<br />

motivieren, erneut auf Partnerschaftsmodelle mit<br />

der privaten Wirtschaft zur Beschaffung öffentlicher<br />

Infrastruktur zurückzugreifen.<br />

Hierbei spielen insbesondere die Kommunen eine<br />

wichtige Rolle. Von den elf kommunalen Auftraggebern<br />

2012 hatten fünf bereits Projekterfahrung<br />

mit ÖPP im öffentlichen Hochbau und mindestens<br />

ein weiteres Projekt zu einem früheren Zeitpunkt<br />

realisiert. Auch das Land Baden-Württemberg<br />

sowie das Land Hessen, die beide jeweils ein<br />

ÖPP-Projekt 2012 vergeben haben, verfügen bereits<br />

über umfassende ÖPP-Erfahrung.<br />

Die Vermutung liegt somit nahe, dass die bisherigen<br />

Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem<br />

privaten Partner für eine weitere Anwendung des<br />

ÖPP-Modells sprechen und gleichzeitig die möglichen<br />

Vorteile durch ÖPP belegen.<br />

Diese Hypothese gleicht dem Ergebnis der Allensbach-Studie,<br />

in der 82 Prozent der Auftraggeber<br />

angaben, ÖPP an anderen Schulen weiterzuempfehlen.<br />

Ebenso kommt die im Dezember 2012<br />

veröffentlichte Ernst & Young-Studie „Real Estate<br />

Trends“ zu dem Schluss, dass „ÖPP besser als ihr<br />

Ruf“ seien. Schulen, Sportstätten oder Gefängnisse<br />

würden immer häufiger über ÖPP geplant,<br />

gebaut, finanziert und betrieben, und das mit Erfolg<br />

und zur Zufriedenheit der jeweiligen Nutzer,<br />

Kommunen oder des öffentlichen Trägers.<br />

Mittelstandsbeteiligung<br />

unverändert hoch<br />

Der deutsche ÖPP-Markt ist im europäischen Vergleich<br />

besonders durch seine kleinteiligen Investitionsvolumen<br />

gekennzeichnet. 147 der insgesamt<br />

realisierten 189 Projekte haben ein Investitionsvolumen<br />

von bis zu 30 Millionen Euro. 24 Projekte<br />

bewegen sich in der Spanne zwischen 31 und<br />

70 Millionen Euro. Lediglich 18 Projekte weisen<br />

ein Investitionsvolumen von über 70 Millionen<br />

Euro auf. Die Kleinteiligkeit der Projektgrößen<br />

mag darauf zurückzuführen sein, dass die Großzahl<br />

der Projekte auf der kommunalen Ebene realisiert<br />

und größere Projekte aufgrund engerer<br />

ÖPP im öffentlichen Hochbau: Investitionsvolumen und Projektpipeline<br />

Vergebene Projekte Projekte in Ausschreibung Projekte in Vorbereitung<br />

Investition in Mio. Euro<br />

Geschätztes Investitionsvolumen in Mio. Euro<br />

Bund 427 0 146<br />

Länder 1.639 728 394<br />

Kommunen 3.444 523 1.021<br />

Gesamt 5.510<br />

1.251 1.562<br />

2.813<br />

Nach Auftraggebern, Investitionsvolumen in Mio. Euro, gerundet Quelle: eigene Erhebungen Stand: 4.2.2013<br />

40


kommunaler Haushaltsspielräume nur vereinzelt<br />

angegangen werden.<br />

Dieses für den deutschen ÖPP-Markt charakteristische<br />

Merkmal findet sich auch unter ÖPP-<br />

Hochbauprojekten 2012 wieder. Die Investitionsvolumen<br />

von 12 der 14 Hochbauprojekte und<br />

somit 85 Prozent bewegen sich zwischen 6 und<br />

30 Millionen Euro. Lediglich zwei Projekte liegen<br />

darüber: Ein Schulpaket, bestehend aus 15 ausgewählten<br />

Berufsschulen in Hamburg, mit einem<br />

Wert von 315 Millionen Euro sowie ein weiteres<br />

Schulpaket im Landkreis Miesbach mit über<br />

55 Millionen Euro Investitionsvolumen.<br />

Aus Sicht der mittelständischen Unternehmen<br />

sind die kleineren Projektgrößen jedoch als Chance<br />

zu sehen, da dies ihre Beteiligung an ÖPP-Projekten<br />

auch auf erster Auftragnehmerebene möglich<br />

macht. Dies zeigt auch die ÖPP-Statistik seit<br />

2002: 93 der 189 ÖPP-Hochbauprojekte wurden<br />

auf erster Auftragnehmerebene direkt vom Mittelstand<br />

bzw. vom industriellen Mittelstand gewonnen.<br />

Dies entspricht einem Anteil von 49 Prozent.<br />

Ebenso weisen die Projekte 2012 eine hohe<br />

Mittelstandsbeteiligung auf: 60 Prozent der Projektverträge<br />

des Jahres 2012 konnten von mittel-<br />

ständischen Unternehmen als erstem Auftragnehmer<br />

unterzeichnet werden. Gleichzeitig belegen<br />

Untersuchungen, dass zwischen 60 und 70 Prozent<br />

des Projektauftragsvolumens an regional eingebundene<br />

Mittelstands- und Handwerksunternehmen<br />

weitergeleitet wird.<br />

ÖPP im Verkehrswegebau 2012<br />

Nachdem die A-Modelle auf der A8 Ulm–Augsburg<br />

und auf der A9 Hermsdorf–Schleiz 2011<br />

erfolgreich an den Markt gebracht werden konnten,<br />

wurden im Bundesfernstraßenbau 2012<br />

keine weiteren Zuschläge erteilt. Im Bereich der<br />

Landes- und Kommunalstraßen wurde ein Projekt,<br />

der Neubau der Ortsumgehung Kuhbier<br />

mit einem Bauvolumen von rund10 Millionen<br />

Euro, vergeben. Im Verkehrsbereich wurden seit<br />

2007 somit insgesamt zwölf Projekte mit einem<br />

Investitionsvolumen von 2,34 Milliarden Euro<br />

vergeben.<br />

Dass jedoch auch im Bereich der Bundesfernstraßen<br />

weitere Projekte folgen, wurde 2012 mit der<br />

veröffentlichten Ausschreibung für das A-Modell<br />

auf der A7 Bordesholm–Hamburg deutlich.<br />

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

ÖPP im Verkehrswegebau: Entwicklung von 2007 bis Anfang Februar 2013<br />

Investitionsvolumen<br />

in Mio. Euro<br />

700<br />

4 Projekte 1 Projekt<br />

Pro<br />

600<br />

2 Projekte<br />

500<br />

3 Projekte<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

650 650 475<br />

2007 2008 2009<br />

1 Projekt<br />

20<br />

2010<br />

540<br />

2011<br />

1 Projekt<br />

10<br />

2012<br />

Quelle: eigene Erhebungen<br />

41


Stadtentwicklung will auch 2013 weitere ÖPP-<br />

Verkehrsprojekte auf den Markt bringen: Das A-<br />

Modell A7 Salzgitter–Drammetal soll trotz des<br />

jüngst bekannt gewordenen Stopps weiterverfolgt<br />

werden. Die A6 Wiesloch–Rauenberg-Weinsberg<br />

soll noch in der ersten Jahreshälfte in die Präqualifikation<br />

starten. Die A94 Pastetten–Heldenstein<br />

soll im Spätsommer 2013 folgen.<br />

Positive Erfahrungen kommunizieren<br />

Die Notwendigkeit für partnerschaftliche Beschaffungsmodelle<br />

wie ÖPP ist weiterhin vorhanden.<br />

Der Investitionsbedarf in den Kommunen,<br />

aber auch auf Landes- und Bundesebene ist unverändert<br />

hoch. Die Daehre-Kommission hat den<br />

deutschen Verkehrswegen eine Unterfinanzierung<br />

von jährlich 7,2 Milliarden Euro attestiert.<br />

Der Städte- und Gemeindebund sieht einen Sanierungsbedarf<br />

im kommunalen Verkehrsbereich<br />

von 23 Milliarden Euro. Mit Blick auf den demografischen<br />

Wandel besteht ein weiterer Investitionsbedarf<br />

von ca. 53 Milliarden Euro für einen<br />

altersgerechten Infrastruktur-Umbau. Weitere<br />

75 Milliarden Euro sind laut der Kreditbank für<br />

Wiederaufbau für die energetische Sanierung von<br />

Gebäuden der kommunalen und sozialen Infrastruktur<br />

notwendig.<br />

Mit anderen Worten: Es gibt viele Bereiche, in<br />

denen ÖPP helfen kann, dem Investitionsbedarf<br />

und -stau zu begegnen. Hierfür muss es jedoch<br />

gelingen, die vielen positiven Projekterfahrungen<br />

in der Öffentlichkeit und gegenüber potenziellen<br />

Auftraggebern zu kommunizieren. Auch muss es<br />

gelingen, die positiven Erfahrungen auf andere<br />

Bereiche zu übertragen, wie z.B. auf den Schienenwegebau.<br />

Nur so kann der Deal-Flow langfristig<br />

wieder erhöht und die Talsohle des deutschen<br />

ÖPP-Markts nachhaltig durchschritten werden.<br />

42


Bundesministerium für Bildung und Forschung –<br />

aus Sicht des Auftraggebers<br />

Von Thomas Leitschuh und Christian Pelzeter<br />

Der Neubau des BMBF, der mit dem „Innovationspreis PPP 2012“<br />

ausgezeichnet wurde, soll von innen und außen ein Aushängeschild<br />

werden. Gestalterische Topqualität, nachhaltige und energieeffiziente<br />

Gebäudetechnik zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis bei einem<br />

wirtschaftlichen Betrieb sind gefordert. Ein Jahr nach Baubeginn ist<br />

der Rohbau vollendet und die Arbeiten für die gebäudeschließende<br />

Hülle in vollem Gange.<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

Die Aufgabe der Neubaumaßnahmen ist die dauerhafte<br />

Unterbringung aller Beschäftigten des<br />

Berliner Dienstsitzes des BMBF. Bei dem Neubau<br />

des BMBF handelt es sich um eine Unterbringungsmaßnahme<br />

im Rahmen des einheitlichen<br />

Liegenschaftsmanagements (ELM) des Bundes.<br />

Wie bei einer konventionellen Umsetzung ist die<br />

Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)<br />

AG im Rahmen des ÖPP-Projekts öffentlicher<br />

Partner.<br />

Neben dem Ziel der Wirtschaftlichkeit und einem<br />

guten Preis-Leistungs-Verhältnis soll ein Gebäude<br />

entstehen, das der Ressortaufgabe entspricht und<br />

als solches als Aushängeschild erkennbar sein<br />

soll. Weiteres Ziel ist die Erfüllung der hohen Anforderungen<br />

an gestalterische Qualität und städtebauliche<br />

Einbindung sowie die Nachhaltigkeit<br />

und Energieeffizienz des Gebäudes.<br />

Kostenersparnis und Risikoverteilung<br />

Der Vergleich der Barwerte der konventionellen<br />

Umsetzung und des Angebots des privaten Partners<br />

in der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />

ergab einen Barwertvorteil von<br />

9,5 Prozent für das ÖPP-Angebot. Durch die Umsetzung<br />

als ÖPP-Projekt können somit Einsparungen<br />

von insgesamt ca. 28 Millionen Euro über<br />

die Vertragslaufzeit erreicht werden.<br />

Ziel war es nicht, möglichst viele Risiken<br />

auf den Auftragnehmer (AN) zu<br />

Thomas Leitschuh<br />

übertragen. Derjenige Vertragspartner ist Leiter des Be reichs<br />

soll das Risiko tragen, der es am besten<br />

erkennen und beherrschen kann. tung der obersten<br />

Neubau und Verwal-<br />

Bundes behörden.<br />

Das ÖPP-Konzept sieht deshalb vor,<br />

Christian Pelzeter ist<br />

Planung, Errichtung, Betrieb und Instandhaltung<br />

des Gebäudes und der tensozietät Heinle,<br />

Partner der Architek-<br />

Wischer und Partner<br />

technischen Anlagen auf den AN zu<br />

und für den Neubau<br />

übertragen. Damit muss der private des BMBF als federführender<br />

Architekt<br />

Partner bereits in der frühen Planungsphase<br />

den gesamten Lebenszyklus des verantwortlich.<br />

Gebäudes berücksichtigen und die Bau-,<br />

Betriebs- und Instandhaltungsleistungen phasenübergreifend<br />

sowohl in seinem eigenen als auch<br />

im Interesse des AG optimieren.<br />

Der AG erreicht damit ein hohes bauliches und<br />

betriebliches Qualitätsniveau. Der AG erwartet<br />

ein Interesse beim AN, eine besondere Planungstiefe<br />

zu erreichen und hohe Qualitäten zu verbauen,<br />

um die Mängelanfälligkeit und den Betriebsaufwand<br />

während seiner nachfolgenden<br />

Betreiberverantwortung über 28 Jahre gering zu<br />

halten. Schließlich soll am Ende der Laufzeit über<br />

die Endschaftsregelung ein hochwertiges und voll<br />

funktionstüchtiges Bauwerk an den AG zurückgegeben<br />

werden. Damit wird faktisch die Gewährleistungsfrist<br />

für die unterschiedlichen Gewerke<br />

verlängert, weil der AN über seine Betreiberver-<br />

43


antwortung die Funktionalität und Qualität der<br />

Gebäude garantiert.<br />

Die Rolle des Architekten im ÖPP-Verfahren<br />

Die Erstellung eines prüffähigen Angebots verlangt<br />

von allen Planungsbeteiligten die Bereitschaft,<br />

sich mit der jeweiligen Kernkompetenz<br />

von Anfang an voll und ganz in den Planungsprozess<br />

einzubringen. Die Aufgabe des Architektes<br />

besteht darin, diesen integrativen Planungsansatz<br />

zu steuern und die Beiträge der einzelnen<br />

Fachdisziplinen koordinierend zu einem Ganzen<br />

zusammenzufügen. Positiv ist hierbei anzumerken,<br />

dass die herkömmliche Trennung zwischen<br />

Planung und Betrieb eines Gebäudes aufgrund<br />

der Aufgabenstellung aufgehoben wurde und somit<br />

die Anforderungen an die Nachhaltigkeit und<br />

an einen reibungslosen Betrieb schon in der Angebotserstellung<br />

durch die Bieterseite berücksichtigt<br />

werden mussten. Das Ziel ist nicht primär<br />

nur die Übergabe eines schlüsselfertigen<br />

Ministeriums, sondern auch, einen nutzergerechten<br />

Betrieb über 28 Jahre wirtschaftlich zu<br />

gewährleisten.<br />

Für den Architekten ergeben sich somit übergreifende<br />

Planungsaspekte, neben den üblichen Kriterien<br />

wie der städtebaulichen Einbindung, baulichen<br />

Ausformung und funktionalen Umsetzung<br />

des geforderten Raumprogramms. Somit musste<br />

z.B. die Auswahl der verwendeten Materialien<br />

BMBF Berlin: Bauzustand Dezember 2012<br />

44


für die Erstellung des Gebäudes nicht nur nach<br />

gestalterischen oder kostenrelevanten Gesichtspunkten<br />

erfolgen, sondern auch im Sinne der Anforderungskriterien<br />

für die angestrebte Zertifizierung<br />

nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges<br />

Bauen (BNB) (Gold-Status). Die Fragen der Werthaltigkeit<br />

der Materialien, die Umweltverträglichkeit<br />

und die Lebenszykluskosten wurden im<br />

Planungsteam abgewogen und die Auswirkungen<br />

auf ein für die AG-Seite akzeptables Gesamtpaket<br />

erörtert. Durch den von AG-Seite gewünschten<br />

Vorbildcharakter bezüglich einer hocheffizienten<br />

und nachhaltigen Gebäudetechnik mussten dementsprechend<br />

auch alle anlagenspezifischen Planungselemente<br />

frühzeitig in den Entwurfsprozess<br />

mit einbezogen werden.<br />

Durch die gewählte Form der Auslobung war ein<br />

Bieterkonsortium zu erstellen, in dem die einzelnen<br />

Planer und die ausführende Firma von Beginn<br />

an zusammen ins Rennen gingen. Die klassische<br />

Trennung zwischen Planung und Erstellung<br />

des Gebäudes entfiel somit und wir als Architekten<br />

standen vor der nicht alltäglichen Aufgabe,<br />

einerseits die Erfahrungswerte und Prozessvorschläge<br />

der ausführenden Firma zu integrieren<br />

und andererseits ein konkurrenzfähiges Gebäude<br />

unter architektonischen Bewertungskriterien zu<br />

entwerfen. Dies fiel umso mehr ins Gewicht, da<br />

aufgrund der städtebaulichen Bedeutung der Bauaufgabe<br />

an dieser prominenten Stelle in Berlin die<br />

architektonische Ausarbeitung mit 60 Prozent in<br />

die Bewertung des Angebots einging. Der Entscheidungsprozess<br />

wurde von einer hochrangigen<br />

Architektenjury begleitet und kommentiert.<br />

Frühzeitige Abstimmung<br />

Eine weitere wichtige Aufgabe war die frühzeitige<br />

Abstimmung des Entwurfs mit den Trägern<br />

der öffentlichen Belange im Vorfeld, um die allgemeine<br />

Genehmigungsfähigkeit des Angebotsentwurfs<br />

sicherzustellen. Dies betraf die Fragen<br />

der städtebaulichen Einbindung und des baulichen<br />

Brandschutzes und die Integration des geforderten<br />

Sicherheitskonzepts des Ministeriums.<br />

Die positiven Erfahrungen aus diesem gemeinsamen<br />

Angebotsprozess und die Bereicherung<br />

durch das Erzielen von Synergieeffekten im Planungsteam<br />

waren sehr prägend und bildeten die<br />

Grundlage für die weitere konstruktive und partnerschaftliche<br />

Zusammenarbeit im Projektablauf.<br />

Dialog mit dem Nutzer<br />

Durch die Zweistufigkeit des Verfahrens erfolgte<br />

eine frühzeitige Einbindung des Nutzers in den<br />

Planungsprozess vor dem abschließenden Vertragsabschluss.<br />

Wir sehen hier einen entscheidenden<br />

Vorteil gegenüber einem herkömmlichen<br />

Planungsverfahren, da dem Nutzer so die Möglichkeit<br />

gegeben wird, sich von Beginn an mit seinen<br />

internen Erfahrungen und zukünftigen Zielvorstellungen<br />

einzubringen.<br />

Für den Architekten gilt es, diesen konstruktiven<br />

Dialog zeitnah durch sachliche Entscheidungsvorlagen<br />

für alle an der Angebotserstellung Beteiligten<br />

transparent zu gestalten. Spekulative Einwürfe<br />

müssen in belastbare Argumente aufgearbeitet<br />

werden, somit wird über mehrere Verhandlungsrunden<br />

für beide Vertragsseiten ein Gesamtpaket<br />

geschnürt, das einerseits eine für den Nutzer<br />

– respektive AG – akzeptable Planung und andererseits<br />

eine für den AN verbindliche Grundlage<br />

für seine Angebotserstellung enthält. Durch diese<br />

Vorgehensweise lassen sich berechtigte Nutzeränderungen,<br />

die bei anderen Verfahren oft erst<br />

im späteren Planungsverlauf angemeldet werden<br />

und zu Nachträgen führen können, auf ein Minimum<br />

reduzieren.<br />

Durch die Einbeziehung der zukünftigen Nutzer<br />

bei der Gestaltung des Farb- und Materialkonzepts<br />

des Hauses werden schon im Vorfeld Gemeinsamkeiten<br />

herausgearbeitet, die im weiteren<br />

Planungsverlauf als abgestimmte Grundlage<br />

dienen.<br />

Aufgrund der Komplexität der gestellten Bauaufgabe<br />

empfanden wir als Architekten die konstruktiven<br />

Dialogrunden sehr zielgerichtet und<br />

45


über mehrere Optimierungsstufen entstand ein<br />

Gebäudeentwurf, der wie ein Maßanzug auf die<br />

vielfältigen Nutzungsanforderungen geschneidert<br />

wurde.<br />

Ein wesentlicher Aspekt bei der gemeinsamen Erarbeitung<br />

des letztgültigen Vertragsangebots sind<br />

die beiderseitigen Erkenntnisse über die Kommunikationsfähigkeit<br />

der Teilnehmer. Die Fähigkeit<br />

zum partnerschaftlichen Dialog ist Grundlage für<br />

die weiteren Planungsschritte und aus unserer<br />

Sicht ein wichtiger Baustein zum Gesamt erfolg.<br />

Alle an der Diskussion Beteiligten haben die<br />

Möglichkeit, sich im Laufe des Verfahrens auf unterschiedliche<br />

Art und Weise einzubringen und<br />

sich im Team einzuspielen.<br />

Erfahrungen im ersten Jahr<br />

Nach erfolgter Beauftragung im August 2012 erforderte<br />

der vertraglich festgelegte Bauablauf<br />

rasches Handeln auf Planungsseite. Die abgestimmten<br />

Vertragsgrundlagen ermöglichten die<br />

Einreichung des Bauantrags Mitte Oktober 2012<br />

unter Vorgabe der nutzerseitigen Zustimmung<br />

und der Klärung aller genehmigungsrelevanten<br />

Fragen. Dies wurde aus unserer Sicht dadurch<br />

ermöglicht, dass ein eingespieltes Planungsteam<br />

über alle Fachbereiche vorhanden war und keine<br />

Zeit für Anlaufschwierigkeiten aufgewendet werden<br />

musste. Alle Informationen über das Projekt<br />

waren im Zuge eines eingeführten elektronischen<br />

Datenaustauschs zwischen allen Projektbeteiligten<br />

jederzeit kommunizierbar und ermöglichten<br />

dadurch die zeitnahe Klärung offener Fragen.<br />

Durch den hohen Durcharbeitungsgrad aufgrund<br />

der geforderten Angebotsunterlagen konnte auf<br />

ein abgestimmtes Planfundament zurückgegriffen<br />

und die weiteren Planungsschritte darauf aufgebaut<br />

werden.<br />

Die Durcharbeitung des Entwurfs und die Optimierung<br />

der innerbetrieblichen Prozessabläufe<br />

des Ministeriums wurden regelmäßig in den gemeinsamen<br />

Planungsrunden zwischen AG und<br />

AN erörtert und die Entscheidungen zur weiteren<br />

Vorgehensweise in beiderseitigem Einvernehmen<br />

getroffen. Die den Bauablauf begleitenden<br />

Planungsfragen wurden im Team zeitnah gelöst,<br />

sodass bereits nach einem halben Jahr nach Auftragserteilung<br />

mit der Erstellung des Bauwerks<br />

begonnen werden konnte.<br />

Nach der Baufreimachung des Geländes standen<br />

die Vorbereitungen der Grundwasserhaltung als<br />

erste Herausforderung an. Die Erstellung des Bodenaushubs<br />

brachte einige Überraschungen mit<br />

sich, die jedoch alle im partnerschaftlichen Dialog<br />

gelöst werden konnten. Nach der Fertigstellung<br />

der Betonierarbeiten der beiden Untergeschosse<br />

konnte ein zügiger Baufortschritt in den Obergeschossen<br />

durch die Verwendung von Halbfertigteilen<br />

erzielt werden. Dabei mussten in den<br />

einzelnen Geschossdecken unzählige Rohre und<br />

Leitungen für das innovative Heiz- und Kühlsystem<br />

des Hauses mit in die Schalung eingelegt<br />

werden.<br />

Nach dem ersten Jahr seit Baubeginn sind die<br />

Rohbauarbeiten vollendet und die Arbeiten für<br />

die gebäudeschließende Hülle in vollem Gange.<br />

Das Projekt liegt im vereinbarten Zeit- und<br />

Kostenrahmen.<br />

46


Justizvollzugsanstalt Bremervörde:<br />

Erfolg durch optimale Vorbereitung<br />

Von Dr. Manfred Otto<br />

Beim Vorhaben „Neubau der Justizvollzugsanstalt Bremervörde in<br />

Öffentlich-Privater Partnerschaft“ lief alles glatt. Dank eines gelungenen<br />

Abstimmungsprozederes in der Planungsphase wurden trotz<br />

hoher Projektkomplexität Zeit- und Kostenrahmen eingehalten. Das<br />

Projekt wurde mit dem „Innovationspreis PPP 2012“ ausgezeichnet.<br />

Bekanntlich liegt ein besonderes Merkmal von<br />

ÖPP darin, bei der Ausschreibung des Vorhabens<br />

auf Leistungsverzeichnisse weitgehend zu verzichten.<br />

Stattdessen legt der Auslober den Bietern<br />

mit den Vergabeunterlagen einen mehr oder<br />

weniger detaillierten „Bestellzettel“ mit funktionalen<br />

Beschreibungen vor. Der spätere Zuschlag<br />

wird für den Baubereich eines Vorhabens in der<br />

Regel auf Basis einer Entwurfsplanung – vergleichbar<br />

der Honorarordnung für Architekten<br />

und Ingenieure (HOAI) Stufe 3 – und für die Betriebsleistungen<br />

aufgrund kurzer, prägnanter Beschreibungen<br />

und Konzepte erteilt. Darüber hinaus<br />

wird für die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens<br />

mit der Auftragserteilung eine Kostenobergrenze<br />

festgelegt, die es einzuhalten gilt. Deshalb kommt<br />

der späteren Herausarbeitung des konkreten Baubzw.<br />

Betriebssolls im Planungsverfahren eine besondere<br />

Bedeutung zu. Dieser Prozess liegt zwar<br />

formell in der Verantwortung des gewonnenen<br />

privaten Auftragnehmers, muss aber vom öffentlichen<br />

Auftraggeber begleitet werden, damit es bei<br />

der Übergabe nicht zu unliebsamen Überraschungen<br />

für beide Seiten kommt.<br />

Begleitung des Konkretisierungsprozesses<br />

Wie die Begleitung des Planungsprozesses über<br />

die Genehmigungs- hin zur Ausführungsphase<br />

auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers ausgestaltet<br />

werden sollte, hängt zu einem guten Teil<br />

von der Rolle und Funktion des öffentlichen Nutzers<br />

ab. Dies gilt auch für die Vertiefung der Be-<br />

Ministerialrat<br />

Dr. Manfred Otto,<br />

triebskonzepte. Es gehört zum gepflegten<br />

Stehsatz von Berichten über<br />

Niedersächsisches<br />

Justizministerium,<br />

war Projektleiter des<br />

abgeschlossene bzw. in der Kritik<br />

Modellvorhabens<br />

stehende Projekte, dass zeitraubende<br />

und kostensteigernde Impulse zu Die Einrichtung ging<br />

ÖPP-JVA Bremervörde.<br />

am 1. Januar 2013 in<br />

Umplanungen zu einem großen Anteil<br />

aus dem Dunkel plötzlicher öf-<br />

den Betrieb.<br />

fentlicher Nutzerbegehrlichkeiten<br />

entstehen. Oder man streitet sich darüber, was<br />

zum Bestellten – hier etwa „ein Stück Gefängnis“<br />

– dazugehört oder nur per Nachtrag zu bekommen<br />

ist. Dies ist für die Beteiligten unerfreulich,<br />

sollte aber nicht dazu führen, vor den anstehenden<br />

Abstimmungen zurückzuschrecken und als<br />

öffentlicher Auftraggeber lieber konventionell<br />

Leistungsverzeichnisse abzuarbeiten. Der Vorteil<br />

von ÖPP liegt eben auch darin, dass nur über gewährte<br />

Freiräume innovatives Wissen potenzieller<br />

privater Partner initiiert werden kann.<br />

Eine erfolgreiche Begleitung auf öffentlicher Seite<br />

hängt bei komplexen Vorhaben, wie es etwa<br />

eine Justizvollzugsanstalt mit umfangreichen<br />

Bau-, Technik- und Betriebsanteilen darstellt,<br />

von den gewählten Entscheidungsstrukturen und<br />

-kompetenzen der Beteiligten ab. Im vorliegenden<br />

Projekt wurden die üblichen Verantwortlichkeiten<br />

im öffentlichen Hochbau neu festgelegt:<br />

Das Projekt wurde durch das Niedersächsische<br />

Justizministerium als künftige nutzende Verwaltung<br />

federführend bearbeitet bzw. gesteuert; die<br />

Projektleitung war direkt dem Staatssekretär unterstellt.<br />

Durch die Zusammensetzung des Pro-<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

47


jektteams mit Beteiligung des Niedersächsischen<br />

Finanzministeriums, der Oberfinanzdirektion<br />

Niedersachsen sowie des Staatlichen Baumanagements<br />

wurde der erforderliche Sachverstand<br />

in den verschiedenen Projektphasen gebündelt.<br />

Insgesamt konnten die Kommunikationsstränge<br />

trotz der genannten hohen Komplexität des Vorhabens<br />

klar und übersichtlich gehalten werden.<br />

Die Staatliche Bauverwaltung hat sich in einer<br />

neuen Rolle als fachlicher Berater des Auftraggebers<br />

sehr engagiert eingebracht. Die Projektleitung<br />

war damit in der Lage, schnell und effizient<br />

nötige Entscheidungen zu treffen und so den<br />

Fortgang des Projekts zu fördern.<br />

Gewählte Instrumente<br />

Um den Prozess transparent und verbindlich und<br />

dabei partnerschaftlich zu gestalten, wurde ein<br />

schriftliches Verfahren vereinbart, das aus einer<br />

sogenannten Sammelliste Bau sowie einer Sammelliste<br />

Betrieb bestand. Zur Kostenkontrolle<br />

wurde darüber hinaus eine sogenannte Plus-Minus-Liste<br />

eingerichtet.<br />

x Sammellisten Bau und Betrieb<br />

In den Sammellisten Bau und Betrieb wurden<br />

alle bautechnischen und betrieblichen Einzelthemen<br />

im Planungsverlauf behandelt. Ziel war,<br />

in einem kurzen schriftlichen Dialog zwischen<br />

Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN)<br />

das Bau- bzw. Betriebssoll im Rahmen des vertraglichen<br />

Leistungssolls und des pauschal vereinbarten<br />

Preises für beide Seiten verbind -<br />

lich festzulegen.<br />

Die Listen dienten dabei der Beschreibung der<br />

Qualitäten innerhalb der ausgeschriebenen funktionalen<br />

bzw. outputorientierten Bandbreite<br />

und gaben dem Auftragnehmer Sicherheit bei<br />

der Fortführung der Bauplanungen und Fortschreibung<br />

der Betriebskonzepte. Die Sammellisten<br />

pendelten zwischen den Partnern hin<br />

und her oder wurden in Konferenzen durch die<br />

Gesprächspartner aktualisiert. Welche Punkte<br />

thematisiert wurden, lag in der Entscheidung<br />

der jeweiligen Vertragspartner. In diesem Abstimmungsprozess<br />

wurden über 850 Bau- und<br />

450 Betriebsthemen behandelt.<br />

Mit dem Vermerk „abgeschlossen“ signalisierten<br />

beide Parteien eine technische bzw. sachliche Klärung<br />

und darüber hinaus, dass sich die gefundene<br />

Festlegung im Rahmen des Pauschalpreises bewegt.<br />

Eine etwaige Kostenrelevanz im Sinne von<br />

Mehr- oder Minderaufwendungen war durch die<br />

Vertragsparteien anzuzeigen. Diese Punkte wurden<br />

sodann einvernehmlich in die Plus-Minus-Liste<br />

aufgenommen. Solange ein Punkt in der Plus-<br />

Minus-Liste in Abstimmung war, musste er in der<br />

Sammelliste als offen geführt werden. Umgekehrt<br />

galt, dass ein abgeschlossener Punkt in der Sammelliste<br />

keine ungeklärte Kostenrelevanz hatte.<br />

x Plus-Minus-Liste<br />

Die zusätzlich zu den Sammellisten eingerichtete<br />

Plus-Minus-Liste enthielt Einzelpunkte, die<br />

als kostenrelevante Leistungsänderungen im<br />

Rahmen des Auftragsumfangs in der Sammelliste<br />

identifiziert worden waren. Im Laufe des nun<br />

folgenden Abstimmungsprozesses wurde der AN<br />

durch den AG angehalten, etwaige Minder- oder<br />

Mehrkosten in der Plus-Minus-Liste nachrichtlich<br />

anzugeben. Die Liste sah Kommentarspalten<br />

für beide Parteien vor und war ebenfalls auf einen<br />

wechselseitigen Austausch ausgerichtet, sodass<br />

über die Höhe der Kostenauswirkungen verhandelt<br />

werden konnte. Weiterhin bestand bei<br />

diesem Vorgehen für den AG die Möglichkeit,<br />

qualitative Argumente und monetäre Auswirkungen<br />

gegeneinander abzuwägen und die Kostenangaben<br />

des AN zu plausibilisieren. Die endgültige<br />

Entscheidung über das Wirksamwerden einer<br />

Kostenminimierung oder -erhöhung wurde durch<br />

den AG getroffen.<br />

Sobald der Punkt hier erledigt wurde, war das Ergebnis<br />

in der Sammelliste nachzuführen und abzuschließen.<br />

Mit der Auflistung wurde das Ziel<br />

verfolgt, für das Land ein qualitativ und quantitativ<br />

konkretisiertes Leistungssoll auf der Basis des<br />

bezuschlagten Angebots zu gewährleisten und<br />

48


Das ÖPP-Projekt JVA Bremervörde wurde mit dem „Innovationspreis PPP 2012“ ausgezeichnet<br />

dabei den Kostenrahmen einzuhalten. Um den<br />

Abstimmungsprozess im Griff zu haben, wurden<br />

fortlaufende Saldierungen durchgeführt. Ein definiertes<br />

theoretisches jeweiliges „Guthaben“ wurde<br />

in der Liste dokumentiert und zu Stichtagen<br />

aktualisiert. So konnten mögliche Mehrkosten für<br />

das Land, die im Einzelnen genehmigt werden,<br />

mit theoretischen Einsparungen ausgeglichen<br />

werden.<br />

Bewährtes Verfahren<br />

Das Verfahren hat sich sehr bewährt und über die<br />

gesamte Planungs- und Bauphase dazu beigetragen,<br />

dass die beteiligten Personen ständig im Gespräch<br />

waren und ein gemeinsames Verständnis<br />

über die zu konstruierende Realität entwickeln<br />

konnten. So bekam die Anstalt ein Gesicht, in<br />

dem sich AG und AN wiedererkennen.<br />

Modellvorhaben ÖPP JVA Bremervörde<br />

Stand: 29.3.2012<br />

AG, nutzerseitige Optimierungsvorschläge Entwurfsplanung,<br />

11.11.2010<br />

AN, Frageliste – Hinweise – Architektur, 2.12.2010<br />

AN, Frageliste – Hinweise – Elektro, 2.12.2010<br />

Besprechung zur Entwurfsplanung, 30.11.2010<br />

E-Mail BAM – Grundrissauszüge –, Herr Fuchs,<br />

vom 15.12.2010<br />

E-Mail BAM – Hafthauskerne –, Herr Fuchs,<br />

vom 15.12.2010<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 15.12.2010<br />

BAM, Frageliste, Stand 10.1.2011<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 18.1.2011<br />

Besprechung zur Genehmigungsplanung, 27.1.2011<br />

Besprechung zur Küchenplanung und zum<br />

Brandschutz, 3.2.2011<br />

E-Mail BAM zur Küchenplanung vom 7.2.2011<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 9.2.2011<br />

Besprechung zum Sicherheitskonzept, JVA Rosdorf,<br />

24.2.2011<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 9.3.2011<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 29.3.2011<br />

Besprechung AG und AN, Hochbau und EDV,<br />

11.4.2011<br />

Besprechung AG und AN, PNA, Außenanlagen, HLS,<br />

12.4.2011<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 11.5.2011<br />

Besprechung AG und AN, 1.6.2011<br />

Besprechung AG und AN, 12.7.2011<br />

Besprechung AG und AN, 2.8.2011<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 26.8.2011<br />

Besprechung AG und AN, 5.9.2011<br />

Besprechung AG und AN, 29.9.2011<br />

Besprechung AG und AN, 9.11.2011<br />

Besprechung AG und AN, 30.11.2011<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 13.12.2011<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 10.1.2012<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 7.2.2012<br />

Besprechung AG und AN, 27.2.2012<br />

Telefonkonferenz, AG und AN, 13.3.2012<br />

49


Modellvorhaben ÖPP JVA Bremervörde<br />

Anmerkung Auftraggeber Nds. MJ<br />

Nr. Datum Stichwort Inhalt<br />

1 11.11.2010 Pforte Wegeführung für urlaubsrückkehrende Gefangene<br />

Urlaubsrückkehrende Gefangene werden in Verlängerung des Flures in den ausgewiesenen<br />

Räumlichkeiten W-D-W (Räume 1.3.5, 1.3.6, 1.3.7) durchsucht und müssen jetzt in den<br />

Unterkunftsbereich geführt werden. Dazu ist der Flur zwischen Außenpforte und Sicherheitszentrale<br />

nicht geeignet.<br />

Vor dem hinteren Treppenhaus sollte ein zusätzlicher Flur eingeplant werden. Über diesen<br />

Flur können die durchsuchten Gefangenen dann die Magistrale erreichen. Eine geringfügige<br />

Verkleinerung der anliegenden Räume ist hierfür hinnehmbar.<br />

Anmerkung Auftragnehmer BAM<br />

Datum Stichwort Inhalt<br />

22.11.2010 Der Vorschlag des Auftraggebers wurde in der Planung berücksichtigt.<br />

Anmerkungen, Hinweise des AG zur Rohbaugeometrie (Positionspläne), 1.4.2011<br />

Nr. Datum Stichwort Inhalt<br />

244 1.4.2011 Rohbau- Hinweis: Die in den zur Verfügung gestellten Positionsplänen dargestellte Stahlbetongeometrie,<br />

bauweise wird als grundsätzlich angemessen und robust eingestuft.<br />

Stahlbeton<br />

Abgeschlossen<br />

245 1.4.2011 Rohbau- Hinweis: In Teilbereichen der Dachflächen werden Trapezbleche als raumabschließende<br />

geometrie Konstruktion gewählt. Bautechnisch ist diese Bauweise akzeptabel. Es wird darauf hinge-<br />

Trapez- wiesen, dass auch bei diesen Konstruktionen eine hohe Funktionssicherheit gewährleistet<br />

blech sein muss und ein möglichst geräuschloses Bewegen auf der Dachfläche möglich sein soll.<br />

Abgeschlossen<br />

6.4.2011 Die Trapezdächer werden oberseitig gedämmt. Damit sollte eine geräuschlose Bewegung<br />

auf dem Dach möglich sein.<br />

12.4.2011 Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.<br />

Abgeschlossen<br />

246 1.4.2011 Rohbau- Hinweis: Die einzelnen Gebäude werden durch Medienkanäle miteinander verbunden. Im Begeometrie,<br />

reich der Übergänge Medienkanal–Gebäude werden Dehnungsfugen angeordnet. Inwie-<br />

Medien- weit zusätzliche Dehnungsfugen, Sollrissfugen oder sogar Gebäudefugen bei den z.T. sehr<br />

kanäle großen Gebäudeabmessungen geplant sind, ist aus den Positionsplänen nicht ablesbar (z.B.<br />

zwischen Gebäude F und G an Achse J; Medienkanallänge Achse 31E bis 51 ca. 102,5 m). Es<br />

wird um Berücksichtigung gebeten.<br />

Abgeschlossen<br />

6.4.2011 Gebäudedehnfugen wurden in der Planung berücksichtigt.<br />

12.4.2011 Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.<br />

Abgeschlossen<br />

247 1.4.2011 Rohbau- Hinweis: Es wird davon ausgegangen, dass die Regeln der Richtlinie für wasserundurch-<br />

Geometrie lässigen Beton des DAfStb bei der Planung und Ausführung für die Bauteile der WU-Kons-<br />

WU-Beton truktion berücksichtigt werden.<br />

Abgeschlossen<br />

6.4.2011 Die entsprechenden Vorschriften wurden berücksichtigt.<br />

12.4.2011 Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.<br />

Abgeschlossen<br />

50


Über 30 Jahre Erfahrungen mit PPP in Wiesbaden<br />

Von Dr. Helmut Müller<br />

Die öffentliche Immobilienwirtschaft befindet sich in den letzten Jahren<br />

in einem bemerkenswerten Umbruch. An vielen Stellen findet ein – im<br />

wahrsten Sinne des Wortes – sichtbarer Wechsel von einer kameralen<br />

„Verwaltung“ hin zu einer doppischen „Bewirtschaftung“ öffentlicher<br />

kommunaler Immobilien statt.<br />

Zwei Gründe liegen ganz offensichtlich auf der<br />

Hand: Zum einen der Übergang von der Kameralistik<br />

in die Doppik, die sehr schnell einige der<br />

großen Schwachstellen kameraler Verwaltung<br />

aufdeckt. In einer kameralen Welt weisen viele<br />

kommunale Immobilien schwarze Zahlen aus,<br />

da ein Mittelzufluss gezeigt wird. Die Freude<br />

schlägt beim selben Objekt bei einer doppischen<br />

Betrachtung sehr schnell in Grausen um, wenn<br />

am einzelnen Objekt deutlich wird, dass dieser<br />

Mittelzufluss oftmals nicht einmal ausreicht, um<br />

die notwendigen Reinvestitionen zu finanzieren.<br />

Dazu kommt, dass bei Sparbemühungen das kamerale<br />

Investitionsbudget sehr häufig – weil am<br />

wenigsten mit Widerstand verbunden – als Spar-<br />

Steinbruch gesehen wird, das dazu den vermeintlichen<br />

Vorteil mit sich bringt, von nicht geringer<br />

Größe zu sein.<br />

Die zweite wesentliche Einflussgröße war das Aufkommen<br />

von PPP-Projekten, die ganz neue Begriffe<br />

wie Lebenszyklusbetrachtung, projektbezogene<br />

Kalkulation oder die Überlegung, „Nutzung<br />

statt Steine“ zu kaufen, in die öffentliche Immobilienwelt<br />

eingeführt haben. Beide Entwicklungen,<br />

Doppik und das Beispiel der PPP-Projekte, haben<br />

dazu geführt, dass die Grundideen der PPP-Projekte<br />

sich langsam zum Alltag in der öffentlichen Immobilienbewirtschaftung<br />

entwickeln. Eingebaut in<br />

die budgetbezogene Haushaltsplanung, bei der die<br />

einzelnen Arbeitseinheiten relativ autonom über<br />

die Verwendung ihrer Budgets verfügen können,<br />

gibt es dadurch einen weiteren Schub, sodass die<br />

Dr. Helmut Müller<br />

ist Oberbürgermeister<br />

der<br />

Optimierungspotenziale unmittelbar von<br />

Landes hauptstadt<br />

den Nutzern gesehen und genutzt werden<br />

können: Wenn eine Immobilie op-<br />

Wiesbaden.<br />

timal bewirtschaftet wird, hat nicht nur<br />

das traditionelle Hochbauamt einen Vorteil, sondern<br />

das jeweils nutzende Amt, sodass ein ganz<br />

anderes Interesse an einer optimalen Immobiliennutzung<br />

besteht.<br />

Was bedeutet PPP?<br />

Public-Private-Partnership-Projekte werden durch<br />

den Lebenszyklusgedanken geprägt. Eine Immobilie<br />

wird nicht nur aus heutiger Sicht betrachtet,<br />

sondern über einen langen Zeitraum. Die Phasen<br />

eines PPP-Projekts – Entwicklung, Planung, Bau<br />

und Betrieb, ggf. Abriss einer Immobilie – werden<br />

vernetzt betrachtet und bewertet. Das heißt<br />

konkret: Wenn z.B. an der Grundlagenarbeit, am<br />

Standard oder bei den Planungs- und Bauarbeiten<br />

über Gebühr gespart wird, können später erhöhte<br />

Kosten an anderer Stelle zu Buche schlagen.<br />

Daher wird der Zustand der Immobilie zum Betriebsbeginn<br />

und am Ende der Vertragszeit genau<br />

definiert.<br />

Die Kosten während des gesamten Lebenszy klus<br />

eines Gebäudes, für Erstinvestition, Unterhalt,<br />

Betrieb, Medienverbrauch und die Finanzierung<br />

sind im Blick. Diese vernetzte Betrachtungsweise<br />

und die langfristige Zusammenarbeit der Partner<br />

sichern die Nachhaltigkeit und sind für die Wirtschaftlichkeit<br />

einer Immobilie die gebotene Lö-<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

51


sung. Die Vorteile für die öffentliche Hand sind<br />

offenkundig:<br />

beschichtet und das Erscheinungsbild generell<br />

aufgefrischt. Das Parkhaus verfügt jetzt über 290<br />

Stellplätze gegenüber ursprünglich 320 Stellplätzen.<br />

Ein weiterer Vorteil dieser PPP-Zusammenarbeit:<br />

Das Dach des unterirdischen Parkhauses bildet<br />

der mit seinen Denkmälern nach historischem<br />

Vorbild hervorragend gestaltete Luisenplatz.<br />

x Hohe gestalterische Qualität<br />

x Funktionalität der Gebäude<br />

x Termingenauigkeit<br />

x Kostenvorteile über den Gesamtlebenszyklus<br />

x Sichere Planbarkeit für den Haushalt<br />

Diese Elemente werden nun in die öffentliche Immobilienwirtschaft<br />

eingebaut, sodass man im Verlauf<br />

von fünf Zeitphasen sprechen kann.<br />

Parkhäuser in der ersten Phase<br />

Die Nachhaltigkeit von PPP-Projekten erfüllt<br />

die wirtschaftlichen Anforderungen jeder städtischen<br />

Finanzverwaltung. Das beste Beispiel dafür<br />

ist das unterirdisch gelegene Parkhaus Luisenplatz,<br />

vor 30 Jahren das erste PPP-Projekt<br />

Deutschlands. Zum Vorteil der Bürger wurde das<br />

Parkhaus vor zwei Jahren komplett modernisiert.<br />

Wegen der größer werdenden Autos wurden alle<br />

Parkplätze von 2,30 auf 2,60 Meter verbreitert,<br />

was aufgrund der stützenfreien Konstruktion<br />

möglich war. Des Weiteren wurde der Boden neu<br />

Im Sinne der Nachhaltigkeit von PPP fühlt sich<br />

der Investor auch heute noch für das Projekt verantwortlich.<br />

Die Kundenzufriedenheit ist groß.<br />

Immerhin erhielt das Parkhaus bei dem vom<br />

ADAC erstmals 1984 ausgeschriebenen Wettbewerb<br />

„Das benutzerfreundliche Parkhaus“ den<br />

1. Preis.<br />

Die Stadt Wiesbaden hat in den Jahren 1993 und<br />

2006 zwei weitere Parkhäuser als PPP-Projekte<br />

realisiert. Das sind die Parkhäuser am Markt und<br />

am Bowling Green. Auch diese beiden Parkhäuser<br />

sind ein positives Beispiel für Nachhaltigkeit. Das<br />

Parkhaus am Markt erhielt die Plakette „Benutzerfreundliches<br />

Parkhaus“ und kam in die Endrunde<br />

für den „European Parking Award“. Der private<br />

Partner hat aktuell eine umfangreiche Modernisierung<br />

wie beim Luisenplatz durchgeführt.<br />

Im Jahr 2006 wurde mit der Eröffnung des Parkhauses<br />

Bowling Green, zwischen dem Kurhaus,<br />

den Kolonnaden und dem Hessischen Staatstheater<br />

gelegen, das repräsentative Entree des Kurhauses<br />

wiederhergestellt. Es zeugt von der hohen<br />

gestalterischen Qualität der entstandenen Freiflächen<br />

bei gleichzeitiger Funktionalität des Parkhauses.<br />

Das Parkhaus Bowling Green stellt seiner<br />

Kundschaft 460 Stellplätze zur Verfügung. Dieses<br />

Parkhaus erhielt die ADAC-Plakette „Benutzerfreundliches<br />

Parkhaus“ mit der bisher höchsten<br />

Punktzahl. Auch hier wurde ein stützenfreies<br />

Parkhaus realisiert, das sich an neue Anforderungen<br />

anpassen lassen wird.<br />

Projekte der zweiten Phase<br />

Der Luisenplatz als Dach des unterirdischen Parkhauses<br />

(Foto: Wolfgang Eckardt)<br />

All diese Erfahrungen und Überlegungen sind in<br />

eine zweite Phase eingemündet, die mit einer großen<br />

Steigerung der Attraktivität der PPP-Projekte<br />

einherging. PPP-Projekte wurden in dieser Zeit<br />

insbesondere durch die Regierung Schröder propagiert,<br />

um die Investitionstätigkeit des öffentlichen<br />

Bereichs anzukurbeln und Investitionsrückstände<br />

52


im Infrastrukturbereich zu beseitigen. Das hat in<br />

Wiesbaden zu einem besonderen Projekt geführt,<br />

das nicht nur wegen seines Finanzvolumens, sondern<br />

auch wegen seiner Konstruktion außergewöhnlich<br />

ist. Dieses Projekt haben die Landeshauptstadt<br />

Wiesbaden und das Land Hessen,<br />

vertreten durch das Finanz- und Justizministerium<br />

des Landes, gemeinsam projektiert und umgesetzt<br />

– eine ungewöhnliche, aber außerordentlich<br />

gute Zusammenarbeit von Land und Stadt.<br />

Kostenvorteile für den gesamten Lebenszyklus<br />

werden insbesondere bei den großen PPP-Projek -<br />

ten Thermalbad Aukammtal sowie dem Justiz- und<br />

Verwaltungszentrum erwartet. Das Thermalbad<br />

Aukammtal, in den 1970er Jahren erbaut, wurde<br />

2003 saniert. Es erhielt zudem eine moderne<br />

Saunalandschaft, um den heutigen Erwartungen<br />

an ein Gesundheits- und Wellnessbad gerecht zu<br />

werden. Der private Partner realisierte und finanzierte<br />

die Erneuerung des Thermalbades und<br />

übernahm die technische Gebäudeerhaltung über<br />

23 Jahre. Die Kurbetriebe fungierten als Bauherr.<br />

Auf diesem Wege wurden Sanierung und Erweiterung<br />

ohne finanzielle Belastung durch Initiativen<br />

bei den Kurbetrieben geleistet. Die inzwischen<br />

gegründete städtische Bädergesellschaft „Mattiaqua“<br />

betreibt das Bad und trägt das wirtschaftliche<br />

Risiko.<br />

Justiz- und Verwaltungszentrum Wiesbaden<br />

Kostenvorteile für den gesamten Lebenszyklus,<br />

hohe Funktionalität und zugleich hohe gestalterische<br />

Qualität beweist auch das erwähnte PPP-Projekt<br />

Justiz- und Verwaltungszentrum Wiesbaden.<br />

Mit seiner termingerechten Eröffnung im Oktober<br />

2009 war es zugleich das zuletzt realisierte PPP-<br />

Projekt in Wiesbaden. Der private Partner plante,<br />

baute und finanzierte die Gebäude mit Gesamtinvestitionen<br />

von128 Millionen Euro; die Mietvertragsdauer<br />

beträgt 30 Jahre. Der Private betreibt<br />

und unterhält das Objekt und wird es nach Ablauf<br />

der Mietzeit weiterverwerten. Es handelt sich um<br />

ein klassisches PPP-Projekt nach allen Regeln der<br />

Kunst.<br />

Die Stadt Wiesbaden und das Land Hessen sicherten<br />

gemeinsam die architektonische und städtebauliche<br />

Qualität, indem sie ein unabhängiges<br />

und hochkarätig besetztes Fachgremium einschalteten.<br />

Stadt und Land erhielten ein harmonisches<br />

Ensemble aus zwei getrennten Gebäudekomplexen<br />

mit grünen Höfen im Innenbereich.<br />

Das Projekt wertet die Mainzer Straße auf und ist<br />

Impulsgeber für weitere Bauprojekte sowie die<br />

Entwicklung des gesamten Quartiers.<br />

Das Projekt hat unübersehbar seine Feuertaufen<br />

erlebt. Es zeigt sich dabei allerdings auch, dass<br />

sich die öffentliche Wahrnehmung an diese Form<br />

von Projekten erst noch gewöhnen muss. So gab<br />

es ein Fensterproblem, das zu heftigen Debatten<br />

und Kritik, vor allem in dem von den Landesbehörden<br />

genutzten Teil, geführt hat. Der öffentliche<br />

Auftraggeber ist in solchen Fällen allerdings<br />

auf der besseren Seite – als Mieter – und kann gewöhnlich,<br />

entsprechend den Verträgen, den ordnungsgemäßen<br />

Zustand der Mietsache verlangen.<br />

Die öffentliche Kommunikation hatte diese Seite<br />

von PPP-Projekten noch nicht ganz verinnerlicht.<br />

Dritte Phase: Sonderkonjunkturprogramme<br />

Aus chronologischer Sicht zeichnen sich die Jahre<br />

zwischen 2009 und 2012 dadurch aus, dass<br />

die Anzahl der PPP-Projekte, vor allem der relative<br />

Anteil an den öffentlichen Bauinvestitionen,<br />

zurückging. Was auf den ersten Blick überrascht,<br />

erklärt sich durch die besondere Zeitkonstellation,<br />

Blick auf das Justiz- und Verwaltungszentrum<br />

53


der Sonderkonjunkturprogramme in Richtung der<br />

klassischen Bauausführung umschlug.<br />

Andererseits zeigt sich am Beispiel der Landeshauptstadt<br />

Wiesbaden ebenso, dass Ideen der<br />

PPP-Philosophie – wie die Lebenszyklusbetrachtung<br />

– prägend und auch innerhalb des öffentlichen<br />

Sektors abbildbar sind, indem z.B. kommunale<br />

Wohnungsbaugesellschaften Aufgaben<br />

übernommen und innerhalb der Konjunkturprogramme<br />

abgewickelt haben.<br />

Projekte der vierten Phase ab 2012<br />

Nach den Erfahrungen der Sonderkonjunkturprogramme<br />

und des vorhergegangenen Einstiegs in<br />

PPP-Projekte kommen nun beide Ideen zusammen,<br />

und PPP-Projekte werden zunehmend zu einem<br />

normalen Bestandteil im Instrumentenkasten<br />

der öffentlichen Hand.<br />

Thermalbad Aukammtal<br />

vor allem durch die Verabschiedung von Sonderkonjunkturprogrammen<br />

des Bundes und des Landes<br />

Hessen. Für die Landeshauptstadt Wiesbaden<br />

bedeutete dies, dass in dieser Zeit zu den üblicherweise<br />

vorgesehenen Investitionsmitteln zusätzlich<br />

75 Millionen Euro für Baumaßnahmen zur Verfügung<br />

standen. Als Vergleich seien die Schulbauinvestitionen<br />

der Landeshauptstadt Wiesbaden genannt,<br />

die sich in den Vorjahren im Jahresmittel<br />

immer zwischen 15 und 20 Millionen Euro bewegten<br />

und in den Jahren des Sonderkonjunkturprogramms<br />

Bund und Hessen für drei Jahre auf<br />

insgesamt über 114 Millionen Euro anstiegen.<br />

Der Rückgang der PPP-Aktivitäten in dieser Zeit<br />

ist vor allem durch die Anforderung zu erklären,<br />

dass das Projekt bisher nicht im Haushalt enthalten<br />

sein durfte und von der Antragsstellung über<br />

die Planung, den Bau und die Fertigstellung bis<br />

hin zur Abrechnung innerhalb der Jahre 2009 bis<br />

Ende 2011 vollständig abgewickelt sein musste.<br />

Bei aller positiven Beobachtung bzw. Begleitung<br />

von PPP-Projekten zeigte sich dort jedoch auch,<br />

dass die Vorlaufzeiten als relativ umfänglich einzuschätzen<br />

sind, sodass das Pendel in der Zeit<br />

Eine vergleichbare Aufwertung der Stadt und zugleich<br />

hohe Funktionalität wird auch beim „Platz<br />

der Deutschen Einheit“ gelingen. Zu realisieren<br />

sind eine Wettkampfsporthalle, Flächen für den<br />

Einzelhandel und für Büros, eine Tiefgarage sowie<br />

zwei angrenzende Stadtplätze.<br />

Das Projekt „Platz der Deutschen Einheit“ zeichnet<br />

sich dadurch aus, dass hier erstmals umfassend<br />

die Öffentlichkeit im Vorfeld beteiligt wurde.<br />

Gleichzeitig wurden die Anforderungen an eine<br />

hohe städtebauliche und architektonische Qualität<br />

im Rahmen eines Wettbewerbs sichergestellt. Auf<br />

der Grundlage des Wettbewerbsergebnisses führten<br />

zahlreiche Diskussionen im politischen Raum<br />

über die Akzeptanz von PPP-Projekten letztendlich<br />

zu einer interessanten Lösung: Die Stadt<br />

finanziert den Gebäudekomplex; der private Partner<br />

plant, baut und betreibt. Die Fertigstellung<br />

wird im Mai 2014 erfolgen.<br />

Aktuelle Projekte der Phase 5<br />

Auf der Basis zahlreicher Erfahrungen startet die<br />

Stadt Wiesbaden derzeit die nächste Generation<br />

54


von PPP-Projekten: das interne PPP – auch Öffentlich-Öffentliche<br />

Partnerschaft (ÖÖP) genannt, bei<br />

dem der „öffentliche“, also externe Partner eine<br />

städtische Gesellschaft ist. Das Schuldezernat beschreibt<br />

das Raumprogramm und die Anforderungen,<br />

eine städtische Gesellschaft übernimmt die<br />

Projektierung, plant, baut und betreibt die Schule<br />

und vermietet sie an das Schuldezernat, das damit<br />

von fachfremden Bauaufgaben entlastet wird.<br />

Zwei Schulprojekte, die Comeniusschule und<br />

die Freiherr-vom Stein-Schule, wurden als interne<br />

PPP gestartet. Bei der Förderschule und der<br />

Grundschule stehen Abriss-, Umbau- und Neubaumaßnahmen<br />

an. Unter Berücksichtigung aller Vorteile<br />

von PPP-Projekten werden die Schulen durch<br />

die städtische Gesellschaft vor dem Hintergrund<br />

der Lebenszyklusbetrachtung geplant, gebaut, betrieben<br />

und finanziert. Die Mietvertragsdauer beträgt<br />

30 Jahre.<br />

Im Beschluss des Stadtparlaments Wiesbaden<br />

vom Dezember 2012 wird wiederum eine neue<br />

Form Öffentlich-Privater Partnerschaft angestoßen.<br />

So wurde im Stadtparlament beschlossen,<br />

den Bau eines Stadtmuseums kombiniert mit eieinem<br />

größeren Büro- bzw. Wohnkomplex in<br />

zen traler Lage der Stadt (Wilhelmstraße/Rheinstra<br />

ße/Kleine Frankfurter Straße) öffentlich auszuschreiben.<br />

Grundlage der Ausschreibung wird<br />

eine städtebauliche Rahmenplanung sein und eine<br />

präzise Formulierung eines Raumprogramms<br />

für das Stadtmuseum. Noch ist offen, ob das Gebäude<br />

eines Stadtmuseums entweder für 30 Jahre<br />

gemietet, sofort oder später von der Stadt erworben<br />

werden soll. Hier werden nicht nur kreative<br />

Lösungen von Privaten in der Stadt erwartet, sondern<br />

es sollen gleichzeitig durch diese besondere<br />

Form der Öffentlich-Privaten Partnerschaft ein<br />

Stück Stadtreparatur und eine Erhöhung des Volumens<br />

der Bauinvestitionen erreicht werden. Noch<br />

ist die Ausschreibung nicht erfolgt, aber bereits<br />

jetzt gibt es viele Nachfragen interessierter Investoren<br />

und Projektpartner.<br />

Über den Immobilienbereich hinaus<br />

Dass PPP-Projekte auch eine sichere Planbarkeit<br />

für den Haushalt erlauben, zeigte sich 2005 beim<br />

„PPP-Wivertis“. Die Landeshauptstadt Wiesbaden<br />

besaß zuvor eine eigene EDV-Abteilung mit einem<br />

eigenen städtischen Netz. Investitionen erfolgten<br />

in der Regel nach der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln.<br />

Service und Leistungslevels waren<br />

nicht exakt definiert. Es gab keine Trennung von<br />

IT-Steuerung und IT-Service. Die Kosten waren<br />

nicht transparent, da diese nicht gemessen wurden.<br />

Das änderte sich nachhaltig mit der Gründung<br />

von Wivertis – Gesellschaft für Informationsund<br />

Kommunikationsdienstleistungen mbH, zu<br />

Platz der deutschen Einheit<br />

55


50,1 Prozent im Besitz von „Siemens IT Solutions<br />

and Services“ und 49,9 Prozent im Besitz der Landeshauptstadt<br />

Wiesbaden. Die Vertragslaufzeit beträgt<br />

10 Jahre, der Geschäftsumfang rund 8 Millionen<br />

Euro pro Jahr.<br />

Unternehmenszweck dieser Gesellschaft ist es,<br />

Leistungen der Informations- und Telekommunikationstechnik<br />

vorrangig für die Stadt Wiesbaden<br />

bereitzustellen. Die unternehmerische Führung<br />

und das wirtschaftliche Risiko liegen bei Siemens.<br />

Als Unternehmensziele wurden festgelegt: für<br />

die Dauer des Leistungsbezugs transparente Kosten<br />

und definierte Qualitätsstandards, die Nutzung<br />

von Synergieeffekten für die städtische Informations-<br />

und Telekommunikationstechnologie<br />

durch Kooperation mit dem privaten Partner, Investitionen<br />

in innovative Technik durch den privaten<br />

Partner sowie die Erschließung weiterer<br />

Kostenoptimierungen im IT-Umfeld.<br />

Die Bedeutung dieses PPP-Projekts überschreitet<br />

die Grenzen der Stadt Wiesbaden. Wivertis hat<br />

den „Innovationspreis PPP der Bundesregierung<br />

2005“, den „Innovationspreis der Initiative Mittelstand<br />

2007“ und den „European Public Sector<br />

Award (EPSA) 2007“ erhalten.<br />

30 Jahre PPP in Wiesbaden<br />

30 Jahre PPP-Erfahrungen, angefangen bei Build-<br />

Operate-Transfer-Modellen bis hin zu komplexen<br />

Projekten, haben in Wiesbaden zur zügigen<br />

Entwicklung relevanter städtebaulicher und serviceorientierter<br />

Projekte zum Wohl der Bürger<br />

der Landeshauptstadt Wiesbaden geführt. Die Zusammenarbeit<br />

öffentlicher und privater Partner<br />

hat viele renommierte Preise und Auszeichnungen<br />

erhalten und zu herausragenden Ergebnissen<br />

geführt. Drei unterirdische Parkhäuser, die auch<br />

nach 30 Jahren noch erstklassig aussehen, die<br />

städtebaulich anspruchsvolle Gestaltung der Plätze<br />

über den Tiefgaragen, ein weit über Wiesbaden<br />

hinaus beliebtes Thermalbad mit modernen Wellness-Einrichtungen<br />

und nicht zuletzt die Zusammenführung<br />

relevanter Verwaltungseinrichtungen<br />

mit gleichzeitiger städtebaulicher Aufwertung einer<br />

der Haupteinfallstraßen der Stadt legen davon<br />

Zeugnis ab. Die an diesen Projekten beteiligten<br />

städtischen Mitarbeiter haben permanent ihre<br />

Kompetenzen erweitert und können diese gezielt<br />

für kommende Herausforderungen nutzen. Die<br />

Stadt Wiesbaden wurde zur PPP-Expertin und hat<br />

ihre Erfahrungen genutzt, um ihre Attraktivität<br />

nachhaltig zu steigern.<br />

Vielen Dank an Brigitte Böke, die mich bei der<br />

Vorbereitung dieses Beitrags unterstützt hat.<br />

Parkhaus am Markt in Wiesbaden: Oberfläche und Innenansicht<br />

56


Seit 12 Jahren in Betrieb –<br />

die Britische Botschaft in Berlin<br />

Von Thomas Buths<br />

Private Finance Initiative (PFI) – die britische Variante des ÖPP – wurde<br />

als Beschaffungsansatz für die Britische Botschaft in Berlin gewählt.<br />

Auch zwölf Betriebsjahre später stellt sie sich mit Erfolg nachhaltig und<br />

dauerhaft unter Beweis.<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

Aufgrund des für das Jahr 2000 geplanten Regierungsumzugs<br />

von Bonn nach Berlin entschied<br />

sich die britische Regierung 1994, in Berlin eine<br />

neue Botschaft zu errichten. Das Projekt war<br />

zunächst als konventionelle Ausschreibung vorgesehen<br />

und deshalb mit einem Architektenwettbewerb<br />

gestartet. Als 1995 die öffentlichen<br />

Ausgaben für alle Investitionen des Foreign and<br />

Commonwealth Office (FCO), des britischen Außenministeriums,<br />

um ein Drittel gekürzt wurden,<br />

entschloss man sich, nach einer Markterkundung<br />

und der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ein PFI-<br />

Modell in Deutschland auszuschreiben. Der Vertrag<br />

wurde am 23. Juni 1998 mit der heutigen<br />

Projektgesellschaft Arteos unterzeichnet. Maßgebliche<br />

Eckpunkte sind:<br />

x Die britische Regierung bleibt weiterhin<br />

Eigentümerin, der Projektgesellschaft<br />

wurde ein Erbbaurecht<br />

in Form einer Konzession mit einer<br />

Dauer von zunächst 30 Jahren<br />

übertragen.<br />

x Ab Fertigstellung und Inbetriebnahme erfüllt<br />

die Projektgesellschaft ihre vertraglich definierten<br />

Dienstleistungen, die das FCO mit einem<br />

monatlichen Nutzungsentgelt vergütet.<br />

x Für die zu erbringenden Dienstleistungen sind<br />

Leistungsstandards vereinbart, die einem Malus-System<br />

unterliegen.<br />

Thomas Buths von<br />

Bilfinger Project<br />

Investments Europe<br />

GmbH ist ehemaliger<br />

Geschäftsführer<br />

der Projektgesellschaft<br />

Arteos GP<br />

Limited & Co KG.<br />

Diagramm zur Vertragsstruktur<br />

Quelle: Arteos<br />

Gesellschafter<br />

Semperian<br />

Auftraggeber<br />

FCO<br />

Foreign & Commonwealth Office<br />

Kreditgeber<br />

Commerzbank<br />

Geschäftsbesorger<br />

Bilfinger PI Europe GmbH<br />

Auftragnehmer<br />

Arteos GP Limited & Co. KG<br />

Projektcontroller<br />

Alba<br />

Dach & Fach<br />

HSG<br />

Facility Management GmbH<br />

Errichter<br />

Bilfinger SE<br />

Facility-Management<br />

Johnson Controls Integrated FM<br />

57


Qualität und Verfügbarkeit<br />

Durch die Umsetzung des PFI-Modells erhielt das<br />

FCO hochwertige Büroflächen in einem zukunftsweisenden<br />

Bauwerk. Der residierende Botschafter<br />

und seine Mitarbeiter bestätigen auch nach<br />

zwölf Betriebsjahren, dass es angenehm ist, in<br />

dieser gut erhaltenen, voll funktionsfähigen und<br />

repräsentativen Botschaft zu arbeiten. Gewährleistet<br />

wird dies durch das verantwortliche Handeln<br />

aller Vertragsparteien.<br />

Einer der Partner ist die heutige Bilfinger HSG<br />

Facility Management GmbH (HSGz), die für die<br />

Instandhaltung an „Dach und Fach“ über die gesamte<br />

Betriebsphase verantwortlich zeichnet.<br />

Der Leistungsumfang bezieht sich dabei auf den<br />

kompletten Rohbau mit all seinen tragenden Bauteilen,<br />

die Dächer, die komplette Gebäudehülle<br />

mit den unterschiedlichsten Fassadenarten und<br />

alle Fenster und Türen. Nach Erfassung aller rele<br />

vanten Bauteile ist die HSGz in der Lage, den<br />

zu erwartenden Instandhaltungsaufwand zu ermitteln,<br />

die Wartungsintervalle abzustimmen<br />

und nach regelmäßig stattfindenden Zustandsbegehungen<br />

die künftig zu erwartenden Ersatzmaßnahmen<br />

zu planen. Über die Jahre ist es der<br />

HSGz gelungen, ein Gefühl für die Bauteile zu<br />

entwickeln und umfangreiche Erfahrungen zu<br />

sammeln.<br />

Gleichwohl hatten in den ersten Betriebsjahren<br />

alle Beteiligten mit der Abwicklung und Beseitigung<br />

von Mängeln aus der Bauphase zu tun.<br />

So waren beispielsweise die komplizierten Anschlussbereiche<br />

der Glasdächer undicht und<br />

mussten konstruktiv ertüchtigt werden. Hier<br />

zeigt sich PFI von Vorteil, da nach der Errichtung<br />

die Betreuung weitergeht und eine intensive baufachliche<br />

Bearbeitung zur Mängelbeseitigung und<br />

Bauerhaltung erfolgt. Anzumerken ist, dass die<br />

Standards der Dienstleistungen durch Service Levels<br />

beschrieben sind, sodass die Qualität nicht<br />

durch Nutzerumfragen oder Punktesysteme bewertet,<br />

sondern immer an den vorgegebenen Eigenschaften<br />

und dem Zustand der Bauteile oder<br />

Systeme gemessen wird.<br />

Ein weiterer Garant für die tägliche Flexibilität<br />

ist das Team von Johnson Controls IFM Industrie<br />

GmbH, das annähernd 24 Stunden verfügbar<br />

ist. Um die Vorgaben des Kunden (Output<br />

Requirements) zu der Vielzahl der Dienstleistungen<br />

(Secondary und Tertiary Services) messen zu<br />

können, wurden Nutzerprofile aufgestellt und<br />

über die Jahre die notwendigen Vorkehrungen<br />

zu deren Einhaltung aktualisiert. Das stringente<br />

Mängelbehebungsregime macht sowohl maßvolle<br />

Ersatzteilbevorratung als auch eine nachhaltige<br />

Einbindung der lokalen Fachfirmen notwendig.<br />

Mit Eintrag in das elektronische Meldebuch<br />

(Helpdesk) werden die individuellen Reaktionsund<br />

Behebungszeiten erfasst. Werden diese nicht<br />

eingehalten, führt dies zu Einbehalten im monatlichen<br />

Nutzungsentgelt.<br />

Fassade Wilhelmstraße (Quelle: Arteos)<br />

Aktuell wurde durch eine defekte Wasserleitung<br />

eine Teeküche und zwei Personaltoiletten im<br />

fünften Stockwerk in Mitleidenschaft gezogen.<br />

Fehlersuche und Trockenlegen der betroffenen<br />

Wände sowie das Wiederherstellen der Räume<br />

in einen nutzerkonformen Zustand führten zur<br />

Überschreitung der Behebungszeiten. Nach<br />

30 Tagen konnte die Teeküche wieder betriebsbereit<br />

gemeldet werden. Die Größe der Räume und<br />

deren Wertigkeit führen zu einem Einbehalt, den<br />

Arteos dann ausbezahlt bekommt, wenn in den<br />

nächsten drei Monaten kein weiterer abzugsrelevanter<br />

Vorfall eintritt.<br />

58


Innenansicht Wintergarten (Quelle: Arteos)<br />

Nach mittlerweile mehr als zwölf Jahren Betrieb<br />

hat sich insgesamt ein eingespieltes Team aus allen<br />

Beteiligten gebildet, das dem Begriff der Partnerschaft<br />

in Zusammenarbeit und Lösungssuche<br />

gerecht wird.<br />

Transparenz und Kontrolle<br />

Weniger präsent, aber dennoch regulierend tätig<br />

ist die vertraglich definierte Rolle des Projektcontrollers<br />

(Independent certifier). Diese ist seit Baubeginn<br />

in den bewährten Händen der ALBA Bau-<br />

ProjektManagement GmbH. Alba überwacht als<br />

technischer Controller die Qualität der verwendeten<br />

Materialien und deren Kosten. Nachtragsanfragen<br />

des Kunden werden nach Beauftragung<br />

und Ausführung gemeinsam abgenommen und<br />

erst nach Bescheinigung der Mängelfreiheit vergütet.<br />

Aufwendungen für Reparatur- und Ersatzmaßnahmen<br />

am Objekt werden hinsichtlich einer<br />

fachgerechten und wirtschaftlichen Ausführung<br />

durch Alba geprüft und freigegeben. Im Interesse<br />

der Kreditinstitute und der Gesellschafter werden<br />

die Art und der Umfang der Maßnahmen<br />

definiert, sodass ein Abgleich mit den Instandhaltungsrücklagen<br />

und deren Auskömmlichkeit<br />

sichergestellt ist.<br />

Von dem anfänglichen Bankenkonsortium nimmt<br />

die Commerzbank in der heutigen Struktur die<br />

Interessen des Kreditgebers wahr. Nach Bereitstellung<br />

des Fremdkapitalanteils von rund 64 Millionen<br />

D-Mark (32,72 Millionen Euro) während<br />

der Bauzeit bis Mai 2000 wird ein maßgeblicher<br />

Teil des monatlichen Nutzungsentgelts für vierteljährliche<br />

Zins- und Tilgungszahlungen verwandt.<br />

Die Konstanz der Wirtschaftlichkeit des Projekts<br />

wird im Finanzierungsmodell dokumentiert und<br />

die Einhaltung der Kennziffern zur Zufriedenheit<br />

der Bank nachgewiesen. In Zeiten der Bankenkrisen<br />

konnten die Zahlungen für die Britische<br />

Botschaft immer in der geforderten Höhe und<br />

pünktlich transferiert werden. Auch dies ist nicht<br />

zuletzt ein Verdienst der privaten Partner, die es<br />

verstehen, stets ein vertragsgerecht nutzungsbereites<br />

Gebäude zur Verfügung zu stellen, und damit<br />

die monatlichen, ungekürzten Nutzungsentgeltzahlungen<br />

durch das FCO garantieren.<br />

Auch das FCO unterliegt Kontrollorganen. Das<br />

britische Gegenstück zum deutschen Bundesrechnungshof,<br />

das National Audit Office (NAO),<br />

hat bereits mehrfach das Projekt bewertet und<br />

zum Betriebsbeginn eine umfassende Wirtschaftlichkeitsstudie<br />

über die PFI-Realisierung erstellt.<br />

59


Kunden FCO und dem Nutzer in der<br />

Botschaft, erfüllte wie vor der Gesellschafteranteilsveräußerung.<br />

Der Gesellschafter<br />

wiederum hat die gleichen<br />

Interessen wie die Kreditgeber – eine<br />

umfänglich nutzbare Liegenschaft mit<br />

einem zufriedenen, zahlungswilligen<br />

Außenministerium.<br />

Die nächsten 17 Betriebsjahre<br />

Britische Botschaft Berlin 1876<br />

Dabei ist das NAO zu dem Ergebnis gekommen,<br />

dass die britische Regierung hier wirklich Value<br />

for Money erhält.<br />

Wandel ohne Auswirkung<br />

Seit Beginn hat Bilfinger SE als Projektentwickler<br />

und mit Eigenkapital engagierter Gesellschafter<br />

die Projektgesellschaft der Britischen Botschaft<br />

betrieben. Nach Fertigstellung 2000 und Inbetriebnahme<br />

wurden die Abläufe optimiert und<br />

das Projekt in eine stabile Betriebsphase gesteuert.<br />

Ende 2006 trennte sich Bilfinger von seinen<br />

Anteilen und veräußerte diese an SMIF Second<br />

Market Infrastructure Fund. Dabei handelt es<br />

sich um einen Vorgang, der in Großbritannien<br />

üblich ist, um dem Entwickler gebundene Mittel<br />

wieder an die Hand zu geben, damit er sie in<br />

neue Projekte investieren kann. Bedenken seitens<br />

des FCO konnten in den folgenden Betriebsjahren<br />

durch die Tatsache ausgeräumt werden, dass<br />

Arteos mit der gleichen Qualität die vertraglichen<br />

Verpflichtungen gegenüber seinen Partnern, dem<br />

Es ist die Kontinuität der handelnden<br />

Personen, die für das qualifizierte Miteinander<br />

stehen. Es ist das Verständnis<br />

einer für alle Parteien akzeptablen<br />

Vertragsauslegung. Es ist die Akzeptanz<br />

für machbare und verhältnismäßige<br />

Maßnahmen zur Lösung der täglichen<br />

Aufgaben. Den Parteien sei geraten, mit qualifiziertem<br />

Personal frühzeitig einen Wissenstransfer<br />

der Verantwortlichkeiten anzustreben und Kontakte<br />

zu den Partnern inhaltlich und transparent<br />

zu gestalten. Mit der Entscheidung für die PFI-<br />

Beschaffungsvariante sind beidseitig Zwänge und<br />

Risiken eingegangen worden, die verpflichten,<br />

aber auch Gelegenheit für kontinuierliches Nachhalten<br />

und Aktualisieren bieten.<br />

Seitens des FCO wird immer wieder nach Einsparpotenzialen<br />

gesucht. Zwar hat Diplomatie<br />

viel mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun, doch ist es<br />

opportun zu hinterfragen, ob solch ein hoher<br />

Standard wie in der Britischen Botschaft notwendig<br />

ist.<br />

Mit ihrer Kreativität und der Bereitschaft, sich<br />

der Problemstellungen des FCO anzunehmen,<br />

werden Arteos und seine Partner auch künftig<br />

gefordert sein.<br />

60


Seit 7 Jahren in Betrieb – die Schulen in Köln<br />

Von Uwe Kaven<br />

In Köln wurden sieben Schulen an fünf Standorten in einer Öffentlich-<br />

Privaten Partnerschaft umfangreich saniert. Anfang 2005 hatte die<br />

Stadt Köln dem privaten Partner den Auftrag zur Planung, Finanzierung,<br />

Sanierung und zum Betrieb bis 2029 erteilt.<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

Die Gebäudewirtschaft der Stadt Köln (GW) hat<br />

seit nunmehr sieben Jahren Erfahrungen mit dem<br />

PPP-Betreibermodell gesammelt. Ziele der Umsetzung<br />

der Schulsanierungen und Neubauten<br />

durch PPP waren:<br />

x schnell sichtbare Erfolge zu schaffen<br />

x Schulsanierungen zu beschleunigen<br />

x die Nutzerzufriedenheit zu erhöhen<br />

x Kostenvorteile auszuschöpfen<br />

x Risiken für die Stadt Köln zu minimieren<br />

x den Mittelstand zu fördern<br />

Sieben Schulen an fünf Standorten<br />

Die Vergabe des sogenannten PPP-Loses 1, des<br />

„Expressloses“, erfolgte im ersten Quartal 2005.<br />

Das Los umfasste sieben Schulen an fünf Standorten.<br />

Es beinhaltete Erweiterungs- und Neubauten,<br />

Sanierungen und Umbaumaßnahmen mit einem<br />

Investitionsvolumen von 34 Millionen Euro.<br />

Die Nutzung der Schulen erfolgte im Jahre 2007.<br />

Das PPP-Los 2, das sogenannte „Handwerkerlos“,<br />

mit einem Volumen von rund fünf Millionen Euro<br />

für Sanierungen an zwei Schulen wurde im Jahr<br />

2007 vergeben. Außer diesen beiden Losen wurde<br />

2007 Los 4 mit einem Gesamtvolumen von rund<br />

50 Millionen Euro vergeben, der Neubau einer<br />

Gesamtschule, die seit 2009 in Nutzung ist. Die<br />

Laufzeit der Projekte beträgt jeweils 25 Jahre.<br />

Der Schwerpunkt der PPP-Betreibermodelle liegt<br />

auf der Nutzerzufriedenheit und der vertraglichen<br />

Ausgestaltung. Da es sich um sehr<br />

komplexe Modelle handelt, ist geplant,<br />

im Jahr 2013 eine umfangreiche Evaluation<br />

zu den vorgenannten Losen durchzuführen.<br />

Die Evaluation soll die Planungsphase,<br />

das Vergabeverfahren und die Bau- und Betriebsphase<br />

aller Projekte umfassen. Zusätzlich soll die<br />

Realisierung und Entwicklung monetärer Effizienzgewinne<br />

sowie nichtmonetärer ÖPP-Vorteile<br />

in den Projekten untersucht und dokumentiert<br />

werden.<br />

Anfang 2005 hatte die Stadt Köln der HOCH-<br />

TIEF PPP Solutions, einem Tochterunternehmen<br />

von HOCHTIEF Solutions, den Auftrag zur Planung,<br />

Finanzierung, Sanierung und zum Betrieb<br />

der sieben Bildungseinrichtungen erteilt. Seitdem<br />

ist das Unternehmen für sieben Schulen in der<br />

Stadt Köln verantwortlich. Die über die ganze<br />

Stadt verteilten Bildungseinrichtungen wurden<br />

auf Basis eines PPP-Vertrags umfangreich saniert,<br />

an zwei Standorten wurden zudem neue Gebäude<br />

errichtet.<br />

Insgesamt umfasst der Auftrag 18 Gebäude mit<br />

einer Fläche von ca. 45.000 Quadratmetern<br />

sowie etwa 72.000 Quadratmeter Außenflächen.<br />

Das Vertragsvolumen des Projekts beträgt<br />

125,9 Millionen Euro.<br />

Energieverbrauch gesenkt<br />

Uwe Kaven ist Projektleiter<br />

PPP-Schulen<br />

Köln bei der Gebäudewirtschaft<br />

der Stadt<br />

Köln.<br />

Innerhalb von 27 Monaten hat HOCHTIEF Solutions<br />

die sieben Schulen sowie Sporthallen und<br />

61


Nebenbauten saniert und modernisiert. An zwei<br />

Standorten entstanden zudem Neu- und Erweiterungsbauten<br />

für zehn Klassenräume sowie ein<br />

Schulpavillon. In Zusammenarbeit mit der Stadt,<br />

der Schule und den benachbarten Kirchengemeinden<br />

gestaltete das Unternehmen zudem<br />

ein neues Forum an der Grundschule Lustheider<br />

Straße in Vingst. Während der Bauphase entwickelten<br />

die Beteiligten ein neues Konzept für den<br />

Veranstaltungsort, den jetzt auch die Bürger des<br />

Stadtteils nutzen können. Insgesamt wurden 35<br />

Millionen Euro in die Baumaßnahmen investiert.<br />

Bei den Sanierungsarbeiten wurden widerstandsfähige<br />

und pflegeleichte Materialien verwendet,<br />

die sich besonders gut für den Schulbetrieb eignen.<br />

Durch moderne Heizungsanlagen, Vollwärmeschutz<br />

an den Fassaden sowie eine neue<br />

Elektroanlage konnte der Energieverbrauch der<br />

Gebäude spürbar reduziert werden.<br />

Bis 2029 übernimmt der private Partner den Betrieb<br />

der Schulen und ist für alle Belange erster<br />

Ansprechpartner für die Stadt Köln. Dazu gehört<br />

beispielsweise auch die Behebung von Störungen<br />

und Schäden. Dazu wurde eine 24-Stunden-Telefonhotline<br />

eingerichtet. Mit dem Facility-Management<br />

hat HOCHTIEF Solutions ein mittelständisches<br />

Kölner Unternehmen beauftragt, das<br />

u.a. für Instandhaltung, Energiemanagement und<br />

Hausmeisterdienste verantwortlich ist.<br />

Hohe Nutzerzufriedenheit<br />

Der Betrieb der Schulen nach dem PPP-Modell<br />

wird von den Nutzern der Schulen durchweg<br />

positiv beurteilt. Die Schulen sind noch in den<br />

nach Vertragsinhalten vereinbarten Zuständen,<br />

auftretende Beanstandungen werden vom Betreiber<br />

nach einer Mängelanzeige zügig beseitigt, die<br />

Reinigungen erfolgen regelmäßig und gründlich.<br />

Zur Oualitätssicherung wurde ein Bonus-System<br />

entwickelt. Die Umsetzung und Kontrolle des Bonus-Systems<br />

erfordert allerdings einen etwas höheren<br />

Zeitaufwand seitens der Schulleitungen.<br />

Die Leistungen des PPP-Partners bzw. des Nachunternehmers<br />

für die Bereiche Hausmeistertätigkeiten<br />

und Reinigung werden quartalsweise mit<br />

Bewertungsbögen von den Schulen dokumentiert<br />

und beurteilt und mittels einer Skala von 1 bis 7<br />

bewertet. Bei einer Leistungsbeurteilung von<br />

Der aus einem Architekturwettbewerb hervorgegangene Entwurf der neuen Gesamtschule Köln-Rodenkirchen wurde von der<br />

eigens dafür gegründeten Projektgesellschaft HOCHTIEF PPP Schulpartner Köln-Rodenkirchen GmbH & Co. KG realisiert<br />

62


1 bis 2,4 erhält der Betreiber den vollen vereinbarten<br />

Bonus, ab der Leistungsnote 2,5 erfolgt<br />

eine Abstufung des Bonus bis auf 0.<br />

Im Bereich der Instandhaltung erfolgte die Umsetzung<br />

des Bonus-Systems durch die Einführung<br />

eines Mängelbuches, in dem die Schulleitung<br />

und die Schüler Mängel eintragen können. Der<br />

Betreiber dokumentiert in diesem Buch im Anschluss<br />

die Mängelbeseitigung mit den Ausführungsterminen.<br />

Bei nicht fristgerechter Mängelbeseitigung<br />

werden Bonus-Leistungen gekürzt.<br />

Umsetzung der vertraglichen Regelungen<br />

Die ausgestalteten Verträge sind komplex und die<br />

Auslegung der Regelungen bedarf mitunter rechtlicher<br />

Beratungen.<br />

In der Betreiberphase stellten sich im Laufe der<br />

Zeit einige Regelungen als unterschiedlich auslegbar<br />

dar. Es wurden Änderungswünsche der<br />

Nutzer in der Bauphase zügig im Einvernehmen<br />

umgesetzt, ohne parallel dazu das Vertragswerk<br />

anzupassen, sodass in der Betreiberphase über zusätzliche<br />

Kosten, die aus diesen Änderungen resultieren,<br />

verhandelt werden musste. Anzuführen<br />

sind hier z.B. der zusätzliche Ausbau für die offene<br />

Ganztagsschule (OGTS) mit dem Einbau von<br />

Aufenthaltsräumen und Mensen mit zusätzlichen<br />

Personal- und Lagerräumen oder der zusätzliche<br />

Einbau von Behindertentoiletten. Die Folgekosten<br />

sind hier erhöhter Reinigungs- und Energieaufwand<br />

und Instandhaltungskosten, die nun entsprechend<br />

berücksichtigt werden müssen.<br />

Einige Verhandlungen über Folgekosten konnten<br />

bis heute noch nicht abgeschlossen werden. Aufgrund<br />

dieser in Los 1 gemachten Erfahrungen<br />

wurde die vertragliche Ausgestaltung bei den folgenden<br />

Losen entsprechend angepasst.<br />

Durch Änderungen der Anforderungsprofile ergeben<br />

sich jedoch auch weiterhin ständig neue Situationen,<br />

die Anpassungen und neue Regelungen<br />

erforderlich machen.<br />

Gesamtschule Köln-Rodenkirchen<br />

Mit dem Auftrag über Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb<br />

der Gesamtschule Köln-Rodenkirchen realisiert HOCH-<br />

TIEF Solutions bereits sein zweites PPP-Bildungsprojekt in<br />

Köln<br />

Durch die Einbeziehung der Nutzer in die Feststellung<br />

von Mängeln und die Beurteilung der<br />

Beseitigung wird eine vermehrte Identifikation<br />

der Nutzer mit ihren Schulen erreicht.<br />

HOCHTIEF PPP Solutions hat die Gesamtschule<br />

im Kölner Stadtteil Rodenkirchen neu errichtet.<br />

Das Vertragsvolumen des Projekts beläuft sich auf<br />

126,9 Millionen Euro. Das Investitionsvolumen<br />

beträgt insgesamt etwa 52 Millionen Euro. In der<br />

neuen Gesamtschule Köln-Rodenkirchen können<br />

ganztägig 1.200 Schüler unterrichtet werden.<br />

Ende 2009 wurde die neue Bildungseinrichtung<br />

termingerecht fertiggestellt und der Stadt sowie<br />

63


der Schulgemeinde übergeben. Das etwa<br />

28.000 Quadratmeter große neue Gebäude<br />

zeichnet sich vor allem durch sein anspruchsvolles<br />

Design und die umweltfreundliche Energieversorgung<br />

aus. Die komplette Dachfläche wird<br />

für eine Photovoltaikanlage genutzt. Die Menge<br />

der auf diesem Wege gewonnenen Energie wird<br />

auf einer Infotafel ständig aktuell angezeigt. Außerdem<br />

ist das Gebäude mit einer eigenen Geothermieanlage<br />

ausgestattet, die über eine Wärmepumpe<br />

wesentlich dazu beiträgt, das Gebäude<br />

zu heizen bzw. zu kühlen. Für die Schüler gibt es<br />

zudem etwa 500 Fahrradstellplätze, die zu mehr<br />

als einem Drittel überdacht und direkt am Hauptgebäude<br />

gelegen sind.<br />

HOCHTIEF Solutions betreibt die Gesamtschule<br />

bis zum Jahr 2034. Zu den Aufgaben gehören dabei<br />

neben der Instandhaltung der Gebäudetechnik<br />

auch Dienstleistungen wie beispielsweise die<br />

Reinigung. Die Photovoltaik- und die Geothermieanlage<br />

sowie eine hervorragende Wärmedämmung<br />

sorgen dafür, dass der CO 2<br />

-Ausstoß signifikant<br />

reduziert wird.<br />

Richtige Entscheidung<br />

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt,<br />

dass die Umsetzung der Neubauten und Sanierungen<br />

im Rahmen des PPP-Betreibermodells die<br />

richtige Entscheidung war.<br />

Die erhoffte Beschleunigung in der Bauphase<br />

wurde erreicht, so wurde der Neubau der Gesamtschule<br />

Rodenkirchen im ersten Quartal 2008<br />

begonnen und bereits im dritten Quartal 2009<br />

fertiggestellt. Die Nutzerzufriedenheit konnte erhöht<br />

werden.<br />

Die Vertragsgestaltung hat sich als verbesserungsfähig<br />

erwiesen, eine Fortschreibung und Auslegung<br />

des Regelwerks ist erforderlich. Dies war allerdings<br />

angesichts der Komplexität zu erwarten<br />

und bedeutet letztendlich keine Beeinträchtigung<br />

des Erfolgsmodells PPP.<br />

Gelungene Zusammenarbeit<br />

Die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher<br />

Hand und Privatem verlief von Beginn an sehr<br />

partnerschaftlich und konstruktiv. Der intensive<br />

Austausch zwischen den Projektbeteiligten<br />

bot und bietet die Grundlage, um die Schulen<br />

erfolgreich und nachhaltig zu sanieren und zu<br />

bewirtschaften.<br />

Gerade das technische Gebäudemanagement<br />

stellte für die Kollegen vor Ort eine große Aufgabe<br />

dar. Die technische Ausstattung der Schulgebäude<br />

war zu Projektbeginn nicht mehr auf dem<br />

neuesten Stand und musste dringend erneuert<br />

werden. Dies musste Schritt für Schritt während<br />

der Sanierung und bei laufendem Schulbetrieb<br />

geschehen. Der Unterricht durfte durch diese<br />

Maßnahmen natürlich nicht beeinträchtigt werden.<br />

All dies erforderte eine intensive Abstimmung<br />

mit den Schulleitungen, die hier eine überaus<br />

große Kooperationsbereitschaft zeigten.<br />

Darüber hinaus gehört das infrastrukturelle Gebäudemanagement<br />

wie Hausmeisterdienste, Reinigung<br />

sowie Pflege der Außenanlagen und Winterdienst<br />

zu den Aufgaben des Privaten. Sowohl<br />

der Stadt als auch den Schulleitungen steht rund<br />

um die Uhr ein direkter Ansprechpartner zur Verfügung.<br />

Dies ist die Grundlage, um schnelle unkonventionelle<br />

Lösungen herbeizuführen und so<br />

eventuell entstehende Probleme schnell zu lösen.<br />

Zentrales Bindeglied zwischen den Schulen und<br />

HOCHTIEF sind vor allem auch die Hausmeister.<br />

Sie stehen maßgeblich für die hohe Qualität aller<br />

Dienstleistungen an den Schulen.<br />

64


Seit 6 Jahren in Betrieb – das Kreishaus Unna<br />

Von Thomas Buths<br />

Bei der Planung, Finanzierung, Sanierung und dem Betrieb des neuen<br />

Kreishauses im nordrhein-westfälischen Unna handelt es sich um das<br />

erste deutsche PPP-Projekt eines Verwaltungsgebäudes.<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

Das 1962 erbaute Gebäude konnte, nach dem<br />

Beschluss des Kreistags 2004 für die PPP-Beschaffungsvariante,<br />

an die veränderten Standards und<br />

Anforderungen angepasst werden. Ein von Bilfinger<br />

SE geführtes Konsortium erhielt den Zuschlag.<br />

Der Auftragsumfang beinhaltete zudem<br />

den Neubau eines Sitzungssaals sowie den Betrieb<br />

und die Unterhaltung des Kreishauses insgesamt<br />

und zwei weiterer Verwaltungsgebäude.<br />

Die Finanzierung des Projekts erfolgt durch eine<br />

Projektfinanzierung, für die die Projektgesellschaft<br />

PBKU durch Bilfinger Project Investments<br />

mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet wurde,<br />

um die von der privaten Seite übernommenen Risiken<br />

wirtschaftlich abzudecken. 10 Prozent des<br />

Stammkapitals der Projektgesellschaft und damit<br />

die Höhe des gesetzlichen Mindestkapitals hat<br />

der Kreis Unna eingebracht. Dies gibt ihm besondere<br />

Informationsmöglichkeiten und Mitwirkungsrechte<br />

und -pflichten bei Entscheidungen<br />

der Projektgesellschaft.<br />

Das Hauptgebäude Kreishaus Unna (Quelle: PBKU)<br />

Nach Abschluss der Sanierung und Erweiterung<br />

des Kreishauses zum 31. Juli von Bilfinger Pro-<br />

Thomas Buths<br />

2006 ist die Projektgesellschaft mit ihren<br />

Partnern seit über sechs Jahren für<br />

ject Investments<br />

Europe GmbH ist<br />

Geschäftsführer der<br />

die Instandhaltung (Wartung, Inspektion<br />

und Instandsetzung) der drei Liegen-<br />

Projekt- und Be-<br />

Projektgesellschaft<br />

schaften Kreishaus Unna, Gesundheitsamt<br />

und Hansastraße einschließlich den<br />

triebsgesellschaft<br />

Kreis Haus Unna<br />

mbH (PBKU).<br />

Dienstleistungsverträgen der Gebäudereinigung,<br />

Hausmeisterei und Pflege der<br />

Außenanlagen verantwortlich. Zudem garantiert<br />

die PBKU den Medienverbrauch von Strom und<br />

Wärme und steht für Überschreitungen der zugesicherten<br />

Menge ein, sofern die Kreisverwaltung<br />

das vereinbarte Nutzerprofil beibehält.<br />

Kontinuität und Verantwortlichkeit<br />

Spätestens seit Betriebsbeginn zeichnen sowohl<br />

die Geschäftsführung der PBKU als auch die Objektleiter<br />

von HSG Zander Rhein Ruhr GmbH<br />

(HSGz) für die ihnen übertragenen Dienstleistungen<br />

verantwortlich. Gleiches gilt für die Abteilung<br />

Zentrale Dienste des Kreises (ZD), die unter<br />

Einbeziehung des Kreisdirektors und des Baudezernats<br />

für alle investiven Änderungen in der<br />

Betriebsphase zuständig ist. Gemeinsam mit dem<br />

Kreis Unna wird ein kundenorientiertes, ökonomisches<br />

Gebäudekonzept tagtäglich gelebt und<br />

nach Möglichkeit optimiert. Dazu dienen maßgeblich<br />

die turnusgemäßen Besprechungen wie<br />

auch die quartalsweise Bewer tung der Dienstleistungen.<br />

Mit der jährlichen Ob jektbegehung werden<br />

vorrangig bauliche Mängel oder Abnutzungen<br />

erfasst. Im Interesse der kreditgebenden Banken<br />

65


ist seit Baubeginn als Projectcontroller ALBA Bau-<br />

ProjektManagement GmbH tätig. ALBA überwacht<br />

die Qualität der verwendeten Materialien<br />

und deren Kosten. Aufwendungen für Reparatur-<br />

und Ersatzmaßnahmen am Objekt werden<br />

hinsichtlich einer fachgerechten und wirtschaftlichen<br />

Ausführung bewertet. Damit wird sichergestellt,<br />

dass die definierten Maßnahmen mit den<br />

Instandhaltungsrücklagen korrespondieren und<br />

diese auskömmlich sind.<br />

Transparenz und Flexibilität<br />

Wie flexibel ist das PPP-Modell mit seinen Kernaufgaben<br />

Planen, Bauen, Finanzieren, Betreiben?<br />

Auswertungstabelle der DL-Bewertungen<br />

Quelle: PBKU<br />

Reinig V Hausm V Aussen V Instandh V<br />

Ergebnis IV Q 2007 3.41 2.74 3.53<br />

3.11<br />

2007<br />

Ergebnis I Q 2008 3.32 2.65 3.40<br />

Ergebnis II Q 2008 3,52 2,55 3,09<br />

Ergebnis III Q 2008 3,17 2,47 2,65<br />

Instandhaltung: 5xA = 0,3 9xB = 0,9 9xC = 9 und 19xD > max. 25%<br />

Ergebnis IV Q 2008 2,99 2,49 2,97<br />

2,82<br />

2008<br />

Ergebnis I Q 2009 2,99 2,56 3,24<br />

Ergebnis II Q 2009 2,87 2,44 3,00<br />

Ergebnis III Q 2009 3,00 2,63 2,89<br />

Instandhaltung: 9xA = 0,45 4xB = 0,4 1xC = 0 und 2xD sind 6,85%<br />

Ergebnis IV Q 2009 2,77 2,47 2,80<br />

2,51<br />

2009<br />

Ergebnis I Q 2010 2,93 2,56 3,11<br />

Ergebnis II Q 2010 3,19 2,68 3,15<br />

Ergebnis III Q 2010 2,81 2,64 3,06<br />

Instandhaltung: 5xA = 0 2xB = 0 3xC = entspricht 3%<br />

Ergebnis IV Q 2010 3,05 2,62 2,97<br />

Ergebnis I Q 2011 2,91 2,60 2,87<br />

Ergebnis II Q 2011 2,90 2,38 2,94<br />

Ergebnis III Q 2011 2,89 2,37 2,74<br />

Instandhaltung: 3xA = 0 0xB = 0 0xC = entspricht 0%<br />

Ergebnis IV Q 2011 2,77 2,40 2,91<br />

2,83<br />

2010<br />

2,49<br />

2011<br />

Ergebnis I Q 2012 2,85 2,39 2,73<br />

Ergebnis II Q 2012 2,81 2,32 2,72<br />

Ergebnis III Q 2012 2,67 2,31 2,63<br />

Instandhaltung: 4xA = 0 1xB = 0 1xC = 0 0xD = 0 entspricht 0%<br />

Ergebnis IV Q 2012 2,72 2,34 2,68<br />

2,52<br />

2012<br />

Welchen Spielraum haben die handelnden Institutionen<br />

im Betrieb?<br />

Mit der Errichtung einer modernen Feuerwehrzentrale<br />

am Stadtrand von Unna im Jahr 2010<br />

waren die Parteien aufgefordert, die bisher im<br />

Kreishaus als Leitstelle genutzten Räumlichkeiten<br />

einer adäquaten Nutzung zuzuführen. Unter<br />

Bündelung aller Interessen konnten mittels eines<br />

Umzugskonzepts die Instandsetzungsarbeiten an<br />

der Außenfassade (Aufwand der PBKU) mit dem<br />

Innenumbau zu regulären Büroräumen (Nachtrag<br />

des Kreises) wirtschaftlich kombiniert werden.<br />

Einen anderen Ursprung hatte eine Maßnahme<br />

der Kreisverwaltung im Jahr 2007, als durch<br />

Übertragung zusätzlicher Aufgaben Personal im<br />

Bereich der Versorgungsverwaltung zu integrieren<br />

war. Sowohl die neuen Kreismitarbeiter als<br />

auch deren Klientel machten eine Erweiterung<br />

der behindertengerechten Erschließung des Kreishauses<br />

notwendig. Qualifizierte Anforderungen<br />

der ZD erlaubten der PBKU eine marktgerechte<br />

Angebotslegung und zeitnahe Realisierung optischer<br />

und akustischer Wegweiser.<br />

Ein ganz anderes Zeichen setzten der Kreis Unna<br />

und die PBKU, als sie die ÖPP-Projektverträge<br />

zum Kreishaus Unna offenlegten. Seit September<br />

2012 können der PPP-Projekt- und Konsortialvertrag<br />

sowie alle Anlagen auf der Transparenzplattform<br />

www.partnerschaften-deutschland.de/trans<br />

parenzplattform eingesehen werden. Sie sind<br />

damit die dritten Vertragspartner eines ÖPP-Projekts,<br />

die sich zur Offenlegung entschieden.<br />

Für den Kreisdirektor Rainer Stratmann eine<br />

Selbstverständlichkeit: „Vertrauen kann sich nur<br />

aufgrund ausreichender und nachvollziehbarer<br />

Informationen aufbauen. Hierfür ist die Transparenz<br />

über das Vorgehen der Projektpartner unabdingbar.“<br />

Die Veröffentlichung der Vertragsunterlagen<br />

war damit ein folgerichtiger Schritt für den<br />

Kreis und die Projektgesellschaft.<br />

Ein Leitsatz des Kreisdirektors hat nach wie vor<br />

Bestand: Art und Umfang der Risikoverantwort-<br />

66


2012 wollte sich Bilfinger Project Investments<br />

GmbH (PI) von seinen Anteilen trennen und diese<br />

zusammen mit 19 weiteren Projekten an den<br />

Bilfinger Berger Global Infrastructure Fund (BBGI)<br />

veräußern – ein Vorgang, mit dem der Entwickler<br />

gebundene Mittel wieder an die Hand bekommt,<br />

um diese in neue Projekte investieren zu können.<br />

Die Gesellschaftsform der GmbH und das Vertragswerk<br />

sehen hierfür eine Zustimmung des<br />

Kreises vor. Anfängliche Bedenken konnten erst<br />

ausgeräumt werden, nachdem dem Kreis nachlichkeit<br />

sind in den Verträgen so umfassend definiert,<br />

dass Vertragsanpassungen bisher nicht<br />

notwendig waren und auch in Zukunft nicht zu<br />

erwarten sind. In der Praxis hat sich dies durch<br />

die Diszipliniertheit der Partner bestätigt. Dennoch<br />

wird weiterhin abzuwägen sein, ob neue<br />

Anforderungen und Standards Einflüsse auf die<br />

Prozessabläufe oder die geschuldete Leistung haben<br />

werden, und wenn ja, welche Auswirkung<br />

dies auf die einzelnen Vergütungsbestandteile<br />

haben wird.<br />

Kostendisziplin – Qualität, die man sieht<br />

Blick ins Bürgerbüro KH Unna (Quelle: PBKU)<br />

Einfluss auf das Umland<br />

Das monatliche Nutzungsentgelt setzt sich aus<br />

folgenden Komponenten zusammen:<br />

x Zins und Tilgung der Gesamtinvestition von<br />

rund 24 Millionen Euro<br />

x Instandhaltungsleistungen<br />

x Versorgung mit Energie für Heizung inkl.<br />

Indexierung<br />

x Versorgung mit Strom inkl. Indexierung<br />

x Leistungsentgelte für Reinigung, Hausmeister<br />

und Pflege der Außenanlagen<br />

x Bonus/Malus für Reinigung, Hausmeister,<br />

Pflege der Außenanlagen, Instandhaltung<br />

x Erstinvestition und Betriebskosten für<br />

Nachträge<br />

Das Basisentgelt – rund 300.000 Euro/Monat –<br />

wurde seit Betriebsbeginn lediglich der vereinbarten<br />

Indexierung unterzogen. Betriebskosten,<br />

die aus Zusatzleistungen und Dienstleistungsänderungen<br />

initiiert durch den Kreis resultieren,<br />

werden nach gemeinsamer Abnahme aktiviert<br />

und über die verbleibende Vertragsdauer<br />

verrechnet.<br />

In seiner Außendarstellung ist dem Kreishaus<br />

2011, als Teil eines Forschungsauftrags des Bundesministeriums<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

(BMVBS) zu Architekturqualität für<br />

ÖPP, ein hohes Maß an Funktionalität und Qualität<br />

mit besonderem Vermerk auf Wirkung und<br />

Anmutung bescheinigt worden.<br />

Das Kreishaus und die PBKU wirken auch als<br />

Wirtschaftsfaktor in der Region. Bereits während<br />

der Bauphase wurde nachweislich eine Vergabequote<br />

an klein- und mittelständische Unternehmen<br />

von über 80 Prozent der Herstellkosten erzielt.<br />

Dies setzt sich im Betrieb fort. Ortsnahe<br />

Lieferanten und Handwerker tragen einen maßgeblichen<br />

Anteil zur zeitnahen Behebung auftretender<br />

Mängel und sind langfristig mit Wartungsverträgen<br />

an das Objekt gebunden. Gerade durch<br />

die langfristigen Kooperationen ist es der PBKU<br />

möglich, die vereinbarten Reaktions- und Behebungszeiten<br />

einzuhalten.<br />

In den Gesellschafterversammlungen werden gemeinschaftlich<br />

mit dem Kreis mindestens einmal<br />

im Jahr formale Beschlüsse zur inhaltlichen Auslegung<br />

und Optimierung von Prozessen sowie die<br />

Verwendung des durch die Wirtschaftsprüfer testierten<br />

Jahresergebnisses vereinbart.<br />

67


gewiesen wurde, dass ein mehrheitliches Engagement<br />

des Bilfinger Konzerns erhalten geblieben<br />

war. Für die PBKU hat sich nichts geändert. Sie<br />

hat die gleichen vertraglichen Verpflichtungen<br />

gegenüber ihrem Partner, dem Kreis Unna, und<br />

nimmt diese mit dem gleichen Engagement wahr.<br />

Die Gesellschafter wiederum haben die gleichen<br />

Interessen wie die Kreditgeber: eine umfänglich<br />

funktionale, nutzbare Liegenschaft.<br />

Die nächsten 18 Betriebsjahre<br />

In den noch verbleibenden 18 Jahren Vertragslaufzeit<br />

wird das Kreishaus fortlaufend in dem<br />

baulichen Zustand wie zur Übergabe im Jahr<br />

2006 gehalten. Nach zehn Jahren ist, wie im Darlehensvertrag<br />

vereinbart, zum 2. Januar 2016 die<br />

erste Zinsanpassung geplant. Zur Sicherstellung<br />

der vertragsgemäßen Rückgabe des Gebäudes<br />

kann ab dem Jahr 2026 über einen Zeitraum von<br />

fünf Jahren ein gleichbleibender Teilbetrag bis zu<br />

einer Höhe von vier Millionen Euro einbehalten<br />

werden. Im Jahr 2031 hat der Kreis eine einseitige<br />

Option der Verlängerung der Dienstleistungsverträge<br />

um weitere fünf Jahre. In einem gemeinsamen<br />

Resümee nach fünf Jahren Betrieb wurde<br />

festgestellt: Durch die Identifikation mit dem Projekt<br />

ist die Akzeptanz und Wertschätzung der<br />

Kreisverwaltung mit ihren mehr als 600 Mitarbeitern<br />

in den drei Liegenschaften gewachsen.<br />

Das PPP-Modell ist eindeutig keine reine Finanzierungsvariante,<br />

sondern eine langfristige Partnerschaft<br />

mit nachhaltiger Auswirkung auf die<br />

Qualität der Substanz der Liegenschaft und der<br />

übertragenen Dienstleistungen. Der PPP-Vertrag<br />

kann nicht alles umfänglich regeln, es ist an den<br />

Parteien, dies zu leben und einvernehmlich flexibel<br />

und transparent auszugestalten. „Wir würden<br />

es wieder machen“, bestätigte der Kreisdirektor.<br />

Vertragsstruktur-Kosmos<br />

Quelle: PBKU<br />

Kreis Unna<br />

Bilfinger Project<br />

Investments GmbH<br />

KfW<br />

SPK Unna<br />

Bilfinger SE<br />

PBKU mbH<br />

(= Kreis Unna 10%<br />

BOT 90%: GesellschaftsV)<br />

HSG Zander RR GmbH<br />

Konsortialpartner<br />

Projektverträge:<br />

1. PPP-Projekt- und Konsortialvertrag<br />

1a. Gesellschaftsvertrag (Anlage zu 1.)<br />

2. Pachtvertrag<br />

3. Sanierungs- und Mietvertrag<br />

4. Hausmeister-Servicevertrag<br />

5. Reinigungs-Servicevertrag<br />

6. Außenanlagen-Servicevertrag<br />

7. Schlichtungs- und Schiedsvereinbarung<br />

8. Direktvereinbarung<br />

9. Schiedsgutachtenabrede<br />

Finanzierungsverträge PBKU:<br />

10. Pfändungsvereinbarung über Kontenforderung<br />

11. Vertrag zur Sicherungsabtretung von Ansprüchen aus Projektverträgen<br />

12. Darlehensvertrag<br />

13. Vertrag zur Sicherungsabtretung von Ansprüchen aus Versicherungen<br />

Finanzierungsverträge PBKU:<br />

14. Generalunternehmervertrag mit der Bilfinger SE<br />

15. Vertrag über die Durchführung von Erhaltungs- und Unterhaltungsarbeiten mit HSGz RR GmbH<br />

16. Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bilfinger Project Investments GmbH<br />

17. Rahmenvereinbarung<br />

68


Seit 1 Jahr in Betrieb – Schloss Sonnenstein in Pirna<br />

Von Oliver Baumann und Daniel Przemeck<br />

Wer in jüngerer Zeit schon einmal in Pirna war, wird zustimmen: Die<br />

Stadt hat mit dem sanierten Schloss Sonnenstein ihre Krone zurückerhalten.<br />

Das Ergebnis der Sanierung der denkmalgeschützten Substanz<br />

und ihrer Ergänzung mit Neubauten zur Nutzung als Landratsamt im<br />

Rahmen einer PPP kann sich sehen lassen.<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

Nach der Beauftragung des Bieterkonsortiums<br />

im Dezember 2009 begannen sogleich die ersten<br />

Beräumungs- und Entkernungsarbeiten am<br />

Schloss. Zeitgleich wurde ein gemeinsames Besprechungsregime<br />

eingeführt. Mit dem Auftraggeber<br />

(AG), der in Pirna zugleich Nutzer der Objekte<br />

ist, der Bilfinger Hochbau, Dreßler Bau als<br />

federführendem Unternehmen der Umsetzungsphase<br />

und dem Betreiber Bilfinger HSG Facility<br />

Management saßen regelmäßig alle wesentlichen<br />

Interessenvertreter an einem Tisch zusammen.<br />

Dabei stellt sich die Frage, warum der spätere Betreiber<br />

schon derart früh, zwei Jahre vor Beginn<br />

seiner eigentlichen Aufgabe, präsent sein muss.<br />

Das Diagramm zur Kumulation der Lebenszykluskosten<br />

einer Immobilie über die Zeit und den<br />

Grad der Beeinflussbarkeit dieser Kosten liefert die<br />

Antwort. Die Möglichkeiten, Einfluss auf die Lebenszykluskosten,<br />

insbesondere auch auf die Betriebskosten<br />

zu nehmen und auf eine Immobilie<br />

hinzuwirken, die funktional ist und sich gut und<br />

wirtschaftlich betreiben lässt, sind zu Beginn des<br />

Lebenszyklus bzw. während der Planungs- und<br />

Bauphase am größten. Dementsprechend ist aus<br />

Betreibersicht die Fort setzung des eigenen Engagements<br />

während der Ausführungsphase unbedingt<br />

erforderlich. Es bestehen im Wesentlichen zwei<br />

Aufgabenstellungen:<br />

x Zum einen die lebenszyklusorientierte Baubegleitung<br />

zur bestmöglichen Ausrichtung des Objekts<br />

auf den späteren Betrieb.<br />

x Zum anderen die Vorbereitung bzw.<br />

geordnete Aufnahme des Betriebs<br />

selbst.<br />

Da die Interessenlage des Betreibers der<br />

des AG somit nicht unähnlich ist, entsteht<br />

für diesen ein Mehrwert aus der<br />

Präsenz des Betreibers.<br />

Herausforderungen der<br />

Umsetzungsphase<br />

In Pirna war die Herausforderung für<br />

die Umsetzungsphase groß. Mit den<br />

Bestandsbauten war ein Rahmen vorgegeben,<br />

innerhalb dessen eine völlig<br />

neue Strukturierung erfolgte und alle Flächen<br />

unterzubringen waren. Hier lag ein entsprechendes<br />

Augenmerk darauf, dafür zu sorgen, dass im<br />

dynamischen Planungsprozess der Architekten<br />

mit seinen Flächenverschiebungen und diversen<br />

Zwängen die Betreiberräume sinnvoll angeordnet<br />

und z.B. Distanzen zu Putzmittel- oder Lagerräumen<br />

vertretbar blieben. Ein wesentlicher Faktor<br />

bei Schloss Sonnenstein war jedoch die historische<br />

Bausubstanz.<br />

Jahrelanger Leerstand und wesentliche Schäden<br />

an der Gebäudehülle hatten dieser stark zugesetzt.<br />

Daher fand schon in der Angebotsphase eine<br />

intensive Auseinandersetzung mit der Substanz<br />

in Hinblick auf den Sanierungsgrad und die<br />

erforderlichen Sanierungsmaßnahmen im Aus-<br />

Oliver Baumann<br />

ist Projektleiter<br />

der Abteilung Lifecycle<br />

Projects der<br />

Bilfinger HSG Facility<br />

Management<br />

GmbH.<br />

Daniel Przemeck ist<br />

Projektingenieur<br />

der Abteilung Lifecycle<br />

Projects der<br />

Bilfinger HSG Facility<br />

Management<br />

GmbH.<br />

69


tausch zwischen Bau und Betrieb statt. In diesem<br />

Zug wurden eine Reihe von Maßnahmen geplant<br />

und kalkuliert, z.B. eine horizontale Feuchtigkeitssperre<br />

gefährdeter Außenwände, das Aufbringen<br />

eines „Opferputzes“ mit geplantem Austausch<br />

in der Betriebsphase in Bereichen mit feuchtem<br />

Mauerwerk (Restfeuchte) oder Revisionsöffnungen<br />

im neuen Dachstuhl, um die dort vorgesehene<br />

Lüftungsanlage eines Tages austauschen zu<br />

können.<br />

Neben der Konkretisierung der geplanten Maßnahmen<br />

zusammen mit dem Bau und ihrer Klärung<br />

im Detail war in der Umsetzungsphase nicht<br />

zuletzt die Reaktion auf neue sich ergebende Problemstellungen<br />

erforderlich. Da sich diese häufig<br />

außerhalb der Risikosphäre des AG bewegten,<br />

kam es insbesondere auf die Abstimmung zwischen<br />

Bau und Betrieb an, bei der die Zielstellungen<br />

in der Umsetzungsphase unter Umständen<br />

nicht gleichgerichtet sein können. Vereinfacht<br />

gesagt wünscht sich der Betriebspartner umfangreiche<br />

Maßnahmen unter Berücksichtigung bestmöglicher<br />

Qualitäten durch den Bau für einen sicheren<br />

und wirtschaftlichen Betrieb, während der<br />

Bau den vertraglich fixierten Rahmen für seine<br />

Baukosten im Blick behalten muss. In Pirna entschieden<br />

bei Zielkonflikten die Lebenszykluskosten<br />

anhand von Barwertbetrachtungen (Bau- und<br />

Betriebskosten) über eine Maßnahme bzw. die zur<br />

Ausführung kommende Variante.<br />

So wurden z.B. Technikräume des Gewerks Elektro<br />

in einem Bereich im Untergeschoss untergebracht,<br />

der sich als die von der Flächenplanung<br />

Luftbild von Schloss Sonnenstein<br />

her geeignetste Stelle herauskristallisiert hatte.<br />

Aufgrund der Raumkonditionen in den mit Sandsteinwänden<br />

und -gewölbedecke versehenen<br />

Räumlichkeiten wurden betriebsseitig zunächst<br />

Bedenken angemeldet. Es bestanden Zweifel, ob<br />

die dort einzustellende Technik ihre vorgesehene<br />

Lebensdauer unter diesen Bedingungen erreicht.<br />

Der Bauphysik-Planer des Projekts wurde befragt<br />

und gemeinsam mit dem Baupartner wurden<br />

Maßnahmen festgelegt. So wurde z.B. in der Regelung<br />

der Belüftung des Bereichs berücksichtigt,<br />

dass vor allem im Sommer möglichst nur kühle<br />

und feuchtigkeitsarme Luft zugeführt wird.<br />

Blick über Jugendstilgarten und Schlosshof auf Elbflügel<br />

Der Dialog mit dem AG<br />

Neben den direkten Abstimmungen zwischen Bau<br />

und Betrieb waren es in Pirna aber vor allem die<br />

konstruktiven Besprechungen mit dem AG, die<br />

sich gewissermaßen wie ein roter Faden durch die<br />

gesamte Umsetzungsphase zogen.<br />

Da in der Regel nicht nur der Betrieb an den baulichen<br />

Besprechungen teilnahm, sondern umgekehrt<br />

auch der Bau an Besprechungen zu Betriebsthemen,<br />

konnten beide als AN tatsächlich<br />

als Einheit auftreten. Das viel kommunizierte „aus<br />

einer Hand“ wurde wirklich gelebt. Eventuelle<br />

Fragen und die Auswirkungen von Maßnahmen<br />

auf eine der drei Parteien konnten oft unmittelbar<br />

geklärt, zumindest jedenfalls direkt von den<br />

Betroffenen auf- und mitgenommen werden. Das<br />

Ergebnis waren schnelle gemeinsame Lösungsfindungen<br />

und Ergebnisse. Auch so wurde letztlich<br />

ein Beitrag dazu geleistet, den ambitionierten Terminplan<br />

einzuhalten und zum 1. Dezember 2010<br />

70


fristgerecht nach nur 18 Monaten Bauzeit in Betrieb<br />

zu gehen.<br />

Positiv hervorzuheben ist in diesem Kontext auch<br />

die gute Organisation des AG in der Umsetzungsphase.<br />

Je nach Thema saßen die jeweils wesentlichen<br />

Zuständigen des AG am Tisch. So konnten<br />

Entscheidungen konstruktiv und zeitnah gefällt<br />

werden. Andere Fragestellungen konnten weiterführend<br />

zur anschließenden Einplanung auch<br />

betriebsseitig besprochen werden. In fachspezifischen<br />

Fragen konnte der AG auf kompetente Unterstützung<br />

zurückgreifen, sodass auch zu solchen<br />

Themen zügige und für alle Parteien tragbare Lösungen<br />

gefunden werden konnten.<br />

Lebenszyklusorientierte Baubegleitung<br />

Durch den Betreiber wurden weiterhin u.a. die<br />

nachstehend beschriebenen Leistungen erbracht,<br />

die sich aus seinem Erfahrungsschatz heraus als<br />

obligatorisch für die Umsetzungsphase herausgestellt<br />

haben.<br />

Kreistagssaal mit Bestuhlung<br />

Zur generellen Überprüfung der Planungen hinsichtlich<br />

betrieblicher Belange gab es regelmäßige<br />

Planungssichtungen. Die Ergebnisse wurden dem<br />

Bau übermittelt und hinsichtlich ihrer Umsetzung<br />

mit ihm besprochen. Beispiele für verfolgte Punkte<br />

sind etwa die bereits angesprochene Lage von<br />

Betreiberräumen, Zugänglichkeiten zu Technik<br />

und Revisionsöffnungen, erforderliche Bodenabläufe<br />

oder die Öffnungsmöglichkeit von Fenstern<br />

zur Reinigung – kurzum Dinge, die im Betrieb den<br />

Unterschied machen können.<br />

Ähnlich gelagert waren die Baubegehungen, bei<br />

denen nach Mängeln und Auffälligkeiten Ausschau<br />

gehalten wurde. In einem etablierten Prozess<br />

wurden diese an den Baupartner gemeldet<br />

und von diesem bearbeitet. Die Vorteile liegen auf<br />

der Hand: Mit den Begehungen wurde bereits früh<br />

in der Umsetzungsphase angesetzt. So erkannte<br />

Mängel sind bei Übergabe zum Betriebsbeginn im<br />

Zweifel nicht mehr erkennbar. Der Betreiber spart<br />

sich auf diese Weise Arbeit zu einem ungünstigeren<br />

Zeitpunkt – in der Betriebsphase – bzw. verlagert<br />

die Arbeit vor, indem er potenzielle Gewährleistungsmängel<br />

eben schon vorab erkennt. Auch<br />

die Beseitigung der Mängel bedeutet während der<br />

Umsetzungsphase weniger Aufwand, da die jeweiligen<br />

Nachunternehmer noch vor Ort sind. Indem<br />

sich mit dem Betreiber eine weitere Instanz vor<br />

dem Hintergrund ihrer eigenen Expertise mit Planung<br />

und Bauausführung befasst, wird so ein Qualitätsmanagement<br />

zum Nutzen aller betrieben.<br />

Auch bei den Nachunternehmerausschreibungen<br />

bzw. -vergaben des Baus sowie den Bemusterungen<br />

war in Pirna der Betreiber involviert.<br />

Zunächst wurden die relevanten Leistungsverzeichnisse<br />

der Nachunternehmerausschreibungen<br />

des Baus durch den Betreiber gesichtet und<br />

kommentiert und bei Bedarf eine eigene Abfrage<br />

von Wartungsleistungen angehängt. Im Sinne des<br />

Lebenszyklusgedankens fanden anschließend gemeinsame<br />

Vertragsverhandlungen mit den potenziellen<br />

Nachunternehmern statt, sofern ein Wartungsauftrag<br />

durch den Betreiber zu vergeben war.<br />

Ziel war die Beauftragung desjenigen Bieters, der<br />

das Optimum aus Errichtungs- und Betriebskosten<br />

offerierte.<br />

Bei den Bemusterungen standen für den Betreiber<br />

vor allem Bauteile mit bedeutenden Auswirkungen<br />

auf Betrieb und Instandsetzungskonzept wie<br />

etwa Bodenbeläge im Vordergrund. Für die gemäß<br />

Farbkonzept zur Auswahl stehenden Werksteinplatten<br />

im Foyer, einem publikumsintensiven<br />

Bereich, wurde Input bezüglich Farbe und Oberflächenbeschaffenheit<br />

mit Blick auf die Reinigungsfähigkeit<br />

gegeben.<br />

71


Strukturierte Betriebsaufnahme<br />

Mit Blick auf die strukturierte Vorbereitung und<br />

Aufnahme des Betriebs haben wiederum verschiedene<br />

Tätigkeiten einen erfolgreichen Beginn des<br />

Regelbetriebs in Pirna ermöglicht.<br />

Im ersten Schritt wurden dazu frühzeitig die<br />

schon im Betreiberkonzept beschriebenen Prozesse<br />

vorgestellt und erläutert. Anschließend wurden<br />

diese gemeinsam mit dem AG konkretisiert<br />

und auf seine eigenen Betriebsabläufe abgestimmt.<br />

Dadurch wurde auch der ein oder andere Anstoß<br />

für den AG geliefert, seine Prozesse auf den neuen<br />

Standort Schloss Sonnenstein anzupassen bzw.<br />

überhaupt erst zu definieren. Beispiele für die<br />

Prozessabstimmung sind die Konkretisierung und<br />

IT-technische Umsetzung von Malus-System oder<br />

Berichtswesen. Darüber hinaus wurden auch spezielle<br />

Schnittstellen und Prozesse festgelegt, z.B.<br />

in Bezug auf die Notfallbereitschaften von AG und<br />

Betreiber, deren jeweilige Befugnisse, zu informierende<br />

Stellen und Kommunikationswege. Mit einem<br />

Diensthabenden für außergewöhnliche Ereignisse<br />

(DAE) und einem Katastrophenschutzstab<br />

sowohl als räumliche Vorhaltung im Schloss als<br />

auch als Kreis von Funktionsträgern für den Fall<br />

der Fälle gab es auf Seiten des AG hier umfangreiche<br />

Strukturen. Angesichts von Pirnas Lage direkt<br />

an der Elbe ist dies sicherlich notwendig, man<br />

denke nur an das Hochwasser von 2002.<br />

Ein neu zu errichtendes Parkhaus war ebenfalls<br />

Teil des Projektumfangs. Aufgrund der Parksituation<br />

vor Ort und verschiedenster im Schloss stattfindender<br />

Veranstaltungen, von der Kreistagssitzung<br />

bis zum Ärztekongress, wurden verschiedene Rabattierszenarien<br />

für die Besucher und Gäste des<br />

Landratsamts bis hin zu einer freien Ausfahrt festgelegt.<br />

Der Druck der rabattierten Tickets und die<br />

Instandhaltung des Systems liegen im Leistungsumfang<br />

des Betreibers.<br />

Hausaufgaben des Betreibers<br />

Abgesehen von Prozessdefinitionen gemeinsam<br />

mit dem AG gehört zur Vorbereitung des Betriebs<br />

selbstverständlich auch die eigene Vorbereitung.<br />

Die Liste der „Hausaufgaben“ des Betreibers ist<br />

lang. Ohne die Aufstellung und Einarbeitung des<br />

Objektteams, die Beschaffung von Werkzeug und<br />

anderer Ausstattung, den Bezug des Betreiberbüros,<br />

die Bindung der erforderlichen Nachunternehmer,<br />

eine Anlagenaufnahme, die Implementierung<br />

des CAFM-Systems, die Erstellung der Wartungsplanung<br />

oder der Bereitschaftsplanung etc. ist keine<br />

geordnete Aufnahme des Betriebs möglich.<br />

Im wegen des engen Terminplans hektischen<br />

Schlussspurt der Umsetzungsphase war dies mitunter<br />

eine Herausforderung. Insbesondere die für<br />

den Betriebsbeginn wichtigen Einweisungen in die<br />

Anlagen fanden teilweise sehr kurzfristig statt und<br />

waren überhaupt nur deshalb realisierbar, weil<br />

das Objektteam bereits mehrere Wochen vor dem<br />

Start des Regelbetriebs komplett vor Ort war.<br />

Sehr bewährt hat sich rückblickend, dass der spätere<br />

Objektleiter wie vorgesehen schon nahezu<br />

während der kompletten Umsetzungsphase mit<br />

zunehmender Kapazität zur Verfügung stand. Er<br />

konnte so seine umfassenden technischen Kenntnisse<br />

und operativen Erfahrungen in die Planung<br />

einbringen. Es fand ein kontinuierlicher Transfer<br />

des Know-hows aus der Angebotsphase statt und<br />

der Objektleiter war zu Betriebsbeginn in einzigartiger<br />

Weise mit seinem Objekt und den projektspezifischen<br />

Prozessen vertraut, da er Planung und<br />

Umsetzung mit begleitet hatte.<br />

Ihren Abschluss fand die Umsetzungsphase in der<br />

Eröffnungsfeier des sanierten Schlosses Sonnenstein<br />

und zwei Tagen der offenen Tür für alle Interessierten<br />

– erste Bewährungsproben für das Objektteam<br />

des Betreibers, die erfolgreich gemeistert<br />

wurden.<br />

72


Schulen des Landkreises Miesbach: innovativ,<br />

energieeffizient und wirtschaftlich<br />

Von Bianca Grübbel<br />

Im Mai 2012 wurde der Vertrag zum ÖPP „Schulen des Landkreises Miesbach“<br />

unterzeichnet. Durch die integrale Planung konnten die Gebäude<br />

schon früh auf eine maximale Energieeffizienz unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten ausgerichtet werden. Die Umsetzung des nachhaltigen<br />

Bauens ist Ziel dieser Öffentlich-Privaten Partnerschaft.<br />

In den Gemeinden Gmund am Tegernsee und<br />

Holzkirchen werden bis Sommer 2014 drei Schulen<br />

und zwei Dreifachsporthallen neu errichtet.<br />

Die Realschule Gmund wird nach einem modernen<br />

pädagogischen Konzept geplant. Das umzusetzende<br />

Fachraumprinzip gibt für die Planung<br />

neue funktionale Impulse. Bei diesem Konzept<br />

wechseln die Schüler nach jeder Schulstunde<br />

den Fachraum und leben auf diese Weise das<br />

Prinzip der bewegten Schule. Der Schulbetrieb in<br />

Gmund startet im März 2014.<br />

In Holzkirchen sind später einmal die Fachoberschule<br />

und das Gymnasium in einem Schulzen-<br />

Bianca Grübbel<br />

ist Projektleiterin<br />

trum beheimatet. Durch die Bildung bei der SKE Facility<br />

Management<br />

dieses Schulcampus kann durch die<br />

GmbH.<br />

Nutzung von Synergien die Flächeneffizienz<br />

maximiert werden. Dies wurde<br />

u.a. durch die multifunktional nutzbare Aula,<br />

die den zentralen Punkt des Campus bildet,<br />

umgesetzt. Die zentrale Piazza, die sich an die<br />

Aula im Außenbereich anschließt, ergänzt die<br />

vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Für Veranstaltungen<br />

kann für die Aula ein Außenbezug<br />

hergestellt werden. Auf dem Schulcampus in<br />

Holzkirchen beginnt der Schulbetrieb zum Schuljahr<br />

2014/15.<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

Das Schulzentrum Holzkirchen<br />

73


Im Mai 2012 wurde der Vertrag vom Landkreis<br />

Miesbach und der SKE Facility Management<br />

GmbH unterzeichnet.<br />

Vielschichtige Nachhaltigkeit<br />

Das ÖPP-Projekt Schulen des Landkreises Miesbach<br />

hatte die integrale Planung von Beginn an<br />

als Ziel. Dahinter steht die Auffassung, dass nachhaltiges<br />

Bauen sich nicht allein durch die Energieeffizienz<br />

definiert. Der Gedanke der Nachhaltigkeit<br />

ist vielschichtiger angesetzt. Eine optimale<br />

Ausrichtung gelingt jedoch nur, wenn sich alle<br />

am Projekt Beteiligten diesem Ziel verschreiben.<br />

Dies wurde für die Schulen des Landkreises Miesbach<br />

umgesetzt.<br />

Das nachhaltige Bauen definiert sich über die folgenden<br />

konzeptionellen Punkte:<br />

Die Funktionalität der Gebäude für den Nutzer<br />

darf nie hinter der Flächeneffizienz zurückstehen.<br />

Die optimale Kombination aus Funktionalität<br />

und Flächeneffizienz wurde durch die architektonischen<br />

Konzepte in vorbildlicher Weise<br />

umgesetzt.<br />

Zudem wurden am Standort Holzkirchen die<br />

zu errichtenden Parkflächen über die Lösung eines<br />

Parkdecks konzipiert. Über dem Parkdeck<br />

befindet sich später der Schulhof des Gymnasiums.<br />

Durch diese Umsetzung werden die Grundstücksfläche<br />

und der natürliche Geländeverlauf<br />

optimal genutzt. Funktional ist diese Lösung aufgrund<br />

ihrer zentralen Lage auf dem Grundstück<br />

und der so entstehenden kurzen Wege für die<br />

Nutzer optimal.<br />

Energieeffiziente Konzepte<br />

x Flächeneffizienz unter Berücksichtigung der<br />

Funktionalität<br />

x Energieeffizienz unter Berücksichtigung der<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

x Baustoffe unter Berücksichtigung ihrer<br />

Nachhaltigkeit<br />

x Integrale Planung und Standardisierung zur<br />

Umsetzung der Projektziele<br />

x Gebäudebetrieb unter Berücksichtigung der<br />

Lebenszykluskosten<br />

Die Grundlage einer wirtschaftlichen Projektumsetzung<br />

ist die Flächeneffizienz. Sie ist zu<br />

Beginn die Basis, auf der alle weiteren Konzepte<br />

aufbauen. Die Flächeneffizienz geht sowohl von<br />

der optimalen Nutzung der zur Verfügung stehenden<br />

Grundstücksfläche als auch von der Minimierung<br />

der Verkehrs- und Funktionsflächen<br />

aus. Für die Schulen im Projekt ist eine kompakte,<br />

auf die natürliche Belichtung ausgerichtete<br />

Bauweise gewählt worden. Das statische Konzept<br />

garantiert eine maximale Umnutzungsfähigkeit<br />

der Gebäude über den Lebenszyklus. Das<br />

Tragkonzept basiert auf tragenden Flurwänden<br />

und nichttragenden Trennwänden zwischen den<br />

Klassenräumen.<br />

Die Energieeffizienz ist vor dem Hintergrund immer<br />

knapper werdender Ressourcen ein wichtiger<br />

Punkt. Regenerative Energieerzeugung, Versickerung<br />

des anfallenden Niederschlagswassers<br />

auf der Liegenschaft, Vorbereitung für die E-Mobilität<br />

und Photovoltaik sind einige der umgesetzten<br />

Konzepte in diesem Bereich. Die regenerative<br />

Energieerzeugung wird für Holzkirchen über<br />

einen Fernwärmeanschluss und für Gmund über<br />

die Wärmeerzeugung mittels einer Pellet-Kesselanlage<br />

sichergestellt. Beide Liegenschaften verfügen<br />

zur Ableitung des Niederschlagswassers nicht<br />

über einen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz.<br />

Alle anfallenden Mengen werden auf der<br />

Liegenschaft versickert.<br />

Zukunftsorientiert wird ein Teil der Stellplätze<br />

durch Leerrohre für die Nutzung von E-Mobilität<br />

vorbereitet. Beide Standorte erhalten zur Abrundung<br />

des energetischen Konzepts eine Photovoltaikanlage<br />

im Dachbereich.<br />

Energieeffizienz ist nicht nur ein energetisch optimiertes<br />

Konzept für die Gebäudehülle. Ein ganzheitlicher<br />

Ansatz für die Gebäude stand in der<br />

Planung im Vordergrund. Energieeffizienz und<br />

74


Die Realschule Gmund<br />

Behaglichkeit für den Nutzer der Gebäude gehen<br />

Hand in Hand. Mit zunehmender energetischer<br />

Qualität der Gebäudehülle rücken der Lüftungswärmebedarf,<br />

der Wärmebedarf für Warmwasserbereitung<br />

und der Wirkungsgrad der Wärmeerzeugung<br />

zunehmend in den Vordergrund.<br />

Dies spiegelt sich vor allen Dingen in den haustechnischen<br />

Konzepten wider. Ergänzt werden<br />

diese Konzepte durch eine auf die Nutzung abgestimmte<br />

Gebäudehülle. Für die Schulen des<br />

Landkreises Miesbach wurde eine mechanische<br />

Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung<br />

umgesetzt. Zur Optimierung der Behaglichkeit<br />

im Sommer wurden die Anlagen der Schulen zusätzlich<br />

mit einer adiabaten Kühlung ausgestattet.<br />

Durch die Kombination von Wärmerückgewinnung<br />

für den Winterfall und adiabater Kühlung<br />

für den Sommerfall wird für die hochwärmegedämmten<br />

Gebäude ein behagliches Raumklima<br />

über das ganze Jahr sichergestellt. Das Konzept<br />

zum sommerlichen Wärmeschutz der Gebäude<br />

wird durch einen außenliegenden Sonnenschutz<br />

als Raffstore-Anlage vervollständigt. So wird ein<br />

optimales Lernumfeld für Schüler und Lehrer geschaffen.<br />

Ergänzt wird dieses Konzept mit einer<br />

tageslichtabhängigen Beleuchtungssteuerung für<br />

die Klassenräume und Präsenzmeldern für Flure<br />

und Sanitäranlagen. Der visuelle Komfort in den<br />

Klassenräumen wird durch die tageslichtabhängige<br />

Steuerung und gute Tageslichtverfügbarkeit<br />

optimiert.<br />

Weniger Wasseranschlüsse<br />

Die Sporthallen erhalten eine individuell regelbare<br />

mechanische Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung<br />

für den Winterfall. Die Gebäudehülle<br />

wird für alle Gebäude auf die haustechnischen<br />

Konzepte abgestimmt und ergänzt diese sinnvoll<br />

zu einer Gesamteinheit. Die intermittierende Nutzung<br />

der Schulen steht hierbei im Vordergrund.<br />

Die Anforderungen an die Trinkwasserversorgung<br />

der Schulgebäude werden verändert. Die Anzahl<br />

der Trinkwasserzapfstellen wird reduziert. Nur<br />

Fachräume, bei denen die Nutzung einen Wasseranschluss<br />

erfordert, werden mit Waschtischen<br />

ausgestattet. Moderne Unterrichtsmethoden und<br />

die Ausstattung vieler Räume mit Whiteboards<br />

oder Smartboards erfordern keine Trinkwasserzapfstellen<br />

in den Klassenräumen. Diese moderne<br />

Ausstattung der Schulen ist auch hinsichtlich der<br />

Trinkwasserverordnung optimal. Durch die Reduzierung<br />

der Trinkwasserzapfstellen werden die<br />

Problematik stagnierenden Wassers und der Instandhaltungsaufwand<br />

minimiert.<br />

Nachwachsende Rohstoffe<br />

Nachhaltiges Bauen bezieht auch immer die verwendeten<br />

Baustoffe mit ein. Zu bevorzugen sind<br />

hier nachwachsende Rohstoffe. Im Außenbereich<br />

wurde für die Schulen eine Fassadenbekleidung<br />

mit Holz für die Obergeschosse geplant. Die<br />

75


Fenster werden in Holz-Aluminium-Bauweise<br />

ausgeführt. Diese Konstruktion verbindet den<br />

nachwachsenden Rohstoff Holz mit der wetterfesten<br />

Außenschale aus Aluminium zu einem<br />

energetisch hochwertigen und dauerhaften Bauteil.<br />

Die Flachdächer der Sporthallen und der Aula<br />

in Holzkirchen werden als extensiv begrünte<br />

Dächer ausgeführt. Dieser Aufbau verbessert das<br />

Mikroklima und verlängert die Lebensdauer der<br />

Dachhaut. Das begrünte Dach leistet zudem einen<br />

Beitrag zum sommerlichen Wärmeschutz<br />

und zur Regenwasserrückhaltung.<br />

Im Innenbereich der Schulgebäude wird Industrieparkett<br />

als Bodenbelag für die Klassenräume<br />

verwendet. Die Eingangsbereiche und stark frequentierten<br />

Flure erhalten als Bodenbelag Betonwerkstein.<br />

Durch diese Kombination ist auch<br />

hinsichtlich der Lebenszykluskosten eine gute<br />

Lösung gefunden worden. Ergänzt wird dieses<br />

Konzept durch sichtbare Betonflächen in den<br />

Flurbereichen. Diese unterstützen das bauliche<br />

Vandalismuskonzept und stellen langfristig eine<br />

gute Optik sicher.<br />

Durchdachte Kombination<br />

Integrale Planung ist die Grundlage einer nachhaltigen<br />

Konzeption der Schulgebäude. Sie sorgt<br />

für ein Ineinandergreifen der einzelnen konzeptionellen<br />

Ansätze zu einem Gesamtbild. Ergänzt<br />

wird die integrale Planung durch projektspezifische<br />

Standardisierung. Projektspezifische Standardisierung<br />

von Details ist ein Schlüssel zur effektiven<br />

Umsetzung der Schulen des Landkreises<br />

Miesbach in der Bauphase. Beispielhaft genannt<br />

werden kann hier die Mediensäule für die Klassen-<br />

und Fachräume. Diese fasst alle erforderlichen<br />

technischen Anschlüsse in einer Einheit<br />

zusammen. Gebäude sind hinsichtlich ihrer Umsetzung<br />

jedoch in vieler Hinsicht Unikate. Eine<br />

zu generelle Standardisierung, z.B. von Bauteilen,<br />

sollte daher vermieden werden. Durch eine<br />

durchdachte Kombination von Standardisierung<br />

und integraler Planung wird die Projektumsetzung<br />

nachhaltig verbessert.<br />

Der Gebäudebetrieb ist bei einem Gebäude nicht<br />

zu vernachlässigen. Die Lebenszykluskosten sind<br />

ein wichtiger Bestandteil in der Nutzung der<br />

Schulgebäude. Nur durch die Integration des Lebenszyklus<br />

schon in die integrale Planung ist ein<br />

wirtschaftlich optimierter Gebäudebetrieb möglich.<br />

Für die Schulen des Landkreises Miesbach<br />

wurden in der Angebotsphase Reinigungs- und<br />

Wartungsfreundlichkeit, Instandhaltungskosten<br />

und Umnutzungsfähigkeit detailliert betrachtet<br />

und in die Planung umgesetzt. Durch den geplanten<br />

hohen energetischen Standard wird der<br />

Wärme-, Strom- und Wasserbedarf der Gebäude<br />

minimiert. Dies leistet einen großen Beitrag zur<br />

Nachhaltigkeit.<br />

Auf die Nutzung abgestimmt<br />

Die Konzeption der Schulen des Landkreises<br />

Miesbach wurde auf die Nutzung der Gebäude<br />

als Schule abgestimmt. Die Behaglichkeit für den<br />

Nutzer stand dabei im Vordergrund, ohne jedoch<br />

den Weg über ein standardisiertes Niedrigenergiehaus-Konzept<br />

schon vorzugeben. Die intermittierende<br />

Nutzung der Schulgebäude erfordert bei<br />

dem umzusetzenden hohen energetischen Standard<br />

eine darauf abgestimmte Konzeption. Das<br />

nachhaltige Bauen profitiert von der Umsetzung<br />

dieses Kerngedankens. Es werden auf diese Art<br />

beispielsweise in der Gebäudehülle auf die Nutzung<br />

abgestimmte Dämmstoffstärken eingesetzt.<br />

Der Landkreis Miesbach hat für das ÖPP-Projekt<br />

Schulen des Landkreises Miesbach durch die sehr<br />

funktionale Ausschreibung im Bereich der Nachhaltigkeit<br />

und Energieeffizienz die Weichen für<br />

eine optimale, ganzheitliche Konzeption der Gebäude<br />

gestellt. Die Ausrichtung auf die Behaglichkeit<br />

und Zweckmäßigkeit der Nutzung der<br />

Gebäude stand hierbei im Fokus. Die auf diese<br />

Weise innovative Konzeption der Schulgebäude<br />

und Sporthallen setzt vorbildlich die Ansätze des<br />

nachhaltigen Bauens unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />

um.<br />

76


Antoniuskolleg Neunkirchen-Seelscheid:<br />

Standortsicherung dank ÖPP<br />

Von Dr. Matthias Sundermeier, Helmut Meng und Peter Melching<br />

Einst als „Höhere Schule für Knaben vom Lande“ gegründet, prägt das<br />

Antoniuskolleg seit über 100 Jahren das Ortszentrum von Neunkirchen-<br />

Seelscheid im Rhein-Sieg-Kreis. Um den Fortbestand des Traditionsgymnasiums<br />

zu sichern, entschied sich die Gemeinde für die Sanierung und<br />

einen Teilneubau im Rahmen eines ÖPP-Projekts.<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

Zeugnis für die bewegte Geschichte des heutigen<br />

Gymnasiums legen auch seine Gebäude ab, von<br />

denen die meisten in den 1950er und 1970er Jahren<br />

errichtet wurden und inzwischen drängenden<br />

Modernisierungs- und Erweiterungsbedarf aufwiesen.<br />

Abhilfe schaffen nun eine umfassende Sanierung<br />

und ein Teilneubau der Unterrichtsgebäude<br />

im Rahmen einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft<br />

zwischen der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid<br />

und der GOLDBECK Public Partner GmbH.<br />

Fachklassen-Neubau mit Foyerbereich, Straßenseite<br />

Das Projekt ist Teil eines groß angelegten Maßnahmenpakets,<br />

das den Fortbestand des Traditionsgymnasiums<br />

auch in Zukunft sichert. Nachdem<br />

die Deutsche Provinz der Salesianer Don<br />

Boscos als bisheriger Träger ihren Rückzug angekündigt<br />

hatte, konnten die Malteser Werke<br />

gGmbH als Nachfolger gewonnen werden. Hierfür<br />

allerdings galt es, die Schulgebäude zunächst<br />

auf einen zeitgemäßen Bau- und Ausstattungsstand<br />

zu bringen. Die Gemeinde übernahm<br />

deshalb die Schulgrundstücke in<br />

ihr Eigentum und entschied sich für ein<br />

ÖPP-Projekt, das neben der Planung<br />

und Ausführung der nötigen Bauleistungen<br />

auch die Finanzierung und das<br />

technische Gebäudemanagement in<br />

der späteren Betriebsphase beinhaltet.<br />

Nachdem die Verträge im März 2012<br />

unterzeichnet wurden, sind die Arbeiten<br />

bereits in vollem Gange.<br />

Altbestand wirtschaftlich<br />

weiterführen<br />

Der ÖPP-Vertragsschluss markierte den<br />

Endpunkt der Projektvorbereitungen, in<br />

deren Rahmen unter Federführung des<br />

Ingenieurbüros Assmann Beraten+Planen<br />

GmbH verschiedene Realisierungsvarianten<br />

entwickelt und analysiert<br />

wurden. Neben der Bedarfsermittlung<br />

konzentrierten sich die Aufgaben hier besonders<br />

auf die Frage nach der Wirtschaftlichkeit einer<br />

Weiterverwendung des baulichen Altbestands im<br />

Vergleich zur ganzen oder teilweisen Neuerrichtung<br />

von Schulgebäuden. Angesichts einer – wie<br />

in so vielen Kommunen – angespannten Haushaltssituation<br />

der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid<br />

war schon in diese Überlegungen auch<br />

die zuständige Kommunalaufsicht eingebunden.<br />

Nach erfolgreicher Klärung aller Realisierungs-<br />

Dr. Matthias<br />

Sundermeier ist<br />

Projektmanager bei<br />

GOLDBECK Public<br />

Partner GmbH.<br />

Helmut Meng ist<br />

Bürgermeister der<br />

Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid.<br />

Peter Melching<br />

ist Prokurist bei<br />

Assmann Beraten+Planen<br />

GmbH.<br />

77


Foyerbereich des Neubaus, Schulhofseite (Quelle: Dohle+Lohse Architekten)<br />

voraussetzungen, Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />

und der Entscheidung für<br />

die Variante einer Sanierung und eines Teilneubaus<br />

als ÖPP-Projekt konnte im Herbst 2010 das<br />

zweistufige Vergabeverfahren beginnen.<br />

In einem öffentlichen Teilnahmewettbewerb bekundeten<br />

zunächst 17 Unternehmen ihr Interesse<br />

an dem Projekt, von denen 15 Firmen die<br />

Unterlagen fristgerecht einreichten – für ein<br />

Projekt wie das Antoniuskolleg eine beachtenswerte<br />

Zahl. Fünf Bewerber wurden für das anschließende<br />

Verhandlungsverfahren und damit<br />

zur Ausarbeitung eines indikativen Angebots im<br />

Frühsommer 2011 zugelassen. Nach einer ersten<br />

Verhandlungsrunde konnte die Gemeinde<br />

Neunkirchen-Seelscheid als Ausloberin des Wettbewerbs<br />

schließlich zum Jahresende zwischen<br />

den verbindlichen Angeboten dreier Firmen auswählen,<br />

die die Anforderungen der Ausschreibung<br />

erfüllten. Neben architektonischen, funktionalen<br />

und technischen Bewertungskriterien<br />

und dem Barwert der Angebote war den Bietern<br />

eine maximale Investitionskostengrenze von<br />

12,5 Millionen Euro brutto vorgegeben, die nicht<br />

überschritten werden durfte. Der Zuschlag wurde<br />

schließlich auf das Angebot der GOLDBECK<br />

Public Partner GmbH erteilt.<br />

Schülerzahlen steigen stetig<br />

Die Geschichte des Antoniuskollegs ist begleitet<br />

von einem stetigen Wachstum der Schülerzahlen.<br />

Nach früheren Erweiterungen stieß das Gymnasium<br />

mit seinen inzwischen über 1.000 Schülern<br />

erneut an seine Kapazitätsgrenzen. Die Bestandsbauten<br />

selbst entsprachen im Hinblick auf<br />

die Fachraumausstattung, die Gebäudetechnik,<br />

den Brandschutz und die energetische Qualität<br />

der Gebäudehülle nicht mehr den heutigen Anforderungen;<br />

hinzu kam eine allgemeine bauliche<br />

Überalterung der meisten Gebäudeteile.<br />

Im Zentrum der Baumaßnahme steht vor diesem<br />

Hintergrund die Schaffung von Fachräumen für<br />

die Naturwissenschaften, Werk- bzw. Kunsträumen<br />

und Informatikklassen. Vereint werden sie<br />

unter dem Dach eines neuen Gebäudetrakts, der<br />

neben Mehrzweckräumen auch Flächen für den<br />

allgemeinen Unterricht und ein Foyer beherbergt.<br />

Ein Klassengebäude und die Schulaula werden<br />

baulich ebenso an den Fachraum-Neubau angebunden<br />

wie der „Historische Altbau“ der Schule,<br />

der zukünftig die Schulmensa aufnehmen wird.<br />

Das Schulleben erhält mit diesem Gebäudeensemble<br />

ein neues Herzstück. Die übrigen Schulbauten<br />

– ein weiterer Klassentrakt, eine Sporthalle<br />

und die Schulkapelle – werden behutsam<br />

saniert. Die Verlagerung vieler Räume in den<br />

Neubau erlaubt nicht nur eine großzügigere Innengestaltung,<br />

sondern bietet auch der Schulbibliothek<br />

eine neue Heimat. Damit wird ein alter,<br />

seit 1998 geschlossener Internatstrakt des Gymnasiums<br />

endgültig verzichtbar. Sein Abriss schafft<br />

Platz für einen neuen, markanten Haupteingang<br />

zum Schulgelände und eine deutlich verbesserte<br />

Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr<br />

(ÖPNV), dessen örtlicher Busbahnhof in<br />

78


direkter Nachbarschaft zur Schule zeitgleich mit<br />

dem ÖPP-Projekt realisiert wird.<br />

Auch städtebaulich erhält das Antoniuskolleg damit<br />

ein völlig neues Gesicht: Es entstehen zwei<br />

räumlich abgeschlossene Schulhöfe für die Sekundarstufen<br />

I und II; die Aula rückt als zentraler<br />

Versammlungs- und Veranstaltungsort nun auch<br />

räumlich ins Zentrum der Anlage, deren Campuscharakter<br />

auch durch eine bauliche Aufwertung<br />

der Außenflächen unterstrichen wird. Kunsträume<br />

etwa erhalten Freiunterrichtsbereiche in unmittelbarer<br />

Nähe der Klassenräume, im Musikunterrichtsbereich<br />

wird ein Geländesprung zu<br />

einem Amphitheater modelliert, zusätzliche Außensportflächen<br />

werden eingerichtet.<br />

Verbesserung der Energieeffizienz<br />

Ein Schwerpunkt der technischen Sanierungsmaßnahmen<br />

liegt auf einer deutlichen Verbesserung<br />

der Energieeffizienz des Schulbetriebs. Dächer,<br />

Fenster und Fassaden der Bestandsgebäude,<br />

die sich zum Teil noch im Ursprungszustand der<br />

1950er und 1970er Jahre befanden, werden deshalb<br />

erneuert bzw. energetisch ertüchtigt. Auch<br />

Nahwärmenetz mit zentraler Wärmeerzeugung<br />

bedient. Auf den Dachflächen werden Photovoltaikanlagen<br />

installiert und in die Elektroversorgung<br />

des Schulkomplexes eingebunden. Eine<br />

BUS-gesteuerte Gebäudeleittechnik ebenso wie<br />

die Installation energiesparender Pumpen oder<br />

Leuchtmittel hilft bei einem nutzungs- und energieverbrauchsoptimierten<br />

Objektbetrieb.<br />

Weitere bauliche Sanierungsaufgaben konzentrieren<br />

sich auf Maßnahmen des baulichen<br />

Brandschutzes und die Verbesserung der Fluchtund<br />

Rettungswegesituation in allen Bestandsgebäuden.<br />

Im Zuge der Neu- und Umbauten<br />

stehen darüber hinaus der Einbau von Aufzugsanlagen<br />

und weitere Arbeiten für eine barrierefreie<br />

Erschließung der Unterrichtsbereiche an.<br />

Über diese Leistungen hinaus erfolgt eine Kernsanierung<br />

der Unterrichts-, Verwaltungs- und<br />

Sanitärbereiche.<br />

Schulbetrieb wenig beeinträchtigen<br />

Hauptzugang zum Schulgelände (Quelle: Dohle+Lohse Architekten)<br />

die Gebäudetechnik für Heizung, Lüftung, Sanitär<br />

und Elektro war in die Jahre gekommen –<br />

hier ist eine nahezu komplette Neuinstallation<br />

der Versorgung unumgänglich. Wo bislang eine<br />

dezentrale und technisch überalterte Wärmeversorgung<br />

in Betrieb war, werden nach Abschluss<br />

der Baumaßnahmen alle Schulgebäude über ein<br />

Naturgemäß lassen sich solch umfassende Bauleistungen<br />

nicht geräuschlos durchführen. Bei der<br />

Organisation des Projektablaufs bestand die größte<br />

Herausforderung aus diesem Grunde darin, alle<br />

Arbeiten so durchzuführen, dass Beeinträchtigungen<br />

des Schulbetriebs möglichst vermieden<br />

werden oder zumindest auf ein Minimum beschränkt<br />

bleiben. Die Bauausführung startete deshalb<br />

mit dem Neubau für die Fachklassen- und<br />

Mehrzweckräume. So entstehen genügend Aus-<br />

79


weichflächen, um anschließend die Sanierung der<br />

Bestandsgebäude Zug um Zug in Angriff zu nehmen.<br />

Mehrfache Zwischenumzüge oder Auslagerungen<br />

von Schulklassen in Behelfsbauten sind<br />

bei dieser Lösung nicht erforderlich.<br />

Alle Bauarbeiten jedoch finden – das ist unvermeidlich<br />

– in räumlicher Nähe des Schulbetriebs<br />

statt. Auf der Baustellen- und Verkehrssicherung<br />

liegt deshalb ein besonderes Augenmerk. Bereits<br />

im Vorfeld des Ausführungsbeginns wurde<br />

die Schülerverkehrsführung an die Baumaßnahmen<br />

angepasst, die Baustoff- und Materialandienung<br />

während der Bauarbeiten nur in den<br />

Vor- bzw. Nachmittagsstunden zugelassen. Baustellen-<br />

und Schülerverkehr konnten mit diesen<br />

Vorkehrungen weitestgehend entzerrt werden.<br />

Die beteiligten Gemeindebehörden waren hier<br />

ein unverzichtbarer Partner, um die modifizierte<br />

Verkehrsführung vorzubereiten, einzurichten und<br />

letztlich durchzusetzen.<br />

Auch an eine präzise Ablauf- und Terminplanung<br />

der Bauausführung aller Arbeiten sind hohe<br />

Anforderungen gestellt, denn Verzögerungen<br />

eines Sanierungsabschnitts haben meist unmittelbare<br />

terminliche Auswirkungen auf die nachfolgenden<br />

Leistungen. Die Unwägbarkeiten der<br />

vorhandenen Bausubstanz bringen hier naturgemäß<br />

besondere Risiken mit sich, erfordern eine<br />

frühzeitige Erkundung des Bestands und von allen<br />

Beteiligten ein hohes Maß an Flexibilität und<br />

Entscheidungskompetenz. Bis heute sind alle Bewährungsproben<br />

erfolgreich bestanden – frühe<br />

Verzögerungen der Arbeiten durch unerwartete<br />

Funde im Baugrund konnten im gemeinsamen<br />

Einsatz der Baupartner schnell wieder ausgeglichen<br />

werden; das Projekt ist im Zeitplan und im<br />

Kostenrahmen.<br />

Konzentration auf Kernaufgaben<br />

Der Abschluss der Neubau- und Sanierungsmaßnahmen<br />

steht im August 2014 zum Beginn des<br />

neuen Schuljahres an. Ein wegweisendes Datum<br />

für das Antoniuskolleg, geht zeitgleich doch die<br />

Schulträgerschaft auf die Malteser Werke über.<br />

Damit dieser Wechsel möglichst reibungslos gelingt<br />

und jeder Partner des Schulprojekts sich in<br />

dieser besonderen Phase voll seinen Kernaufgaben<br />

widmen kann, übernimmt GOLDBECK nach<br />

der Baufertigstellung auch das technische Gebäudemanagement<br />

für die Schulbauten. Die Gemeinde<br />

Neunkirchen-Seelscheid bleibt Vertragspartner<br />

und weiter Eigentümerin des Objekts.<br />

Für das Instandhaltungs- und Störungsmanagement<br />

sind Service-Levels vereinbart, die eine optimale<br />

Verfügbarkeit der Schulgebäude in der<br />

Betriebsphase gewährleisten. Regelmäßig vereinbarte<br />

Schönheitsreparaturen sorgen dafür, dass<br />

auch das optische Erscheinungsbild der Gebäude<br />

im Schulalltag nicht auf Dauer leidet.<br />

Nach Ablauf der 25-jährigen Vertragslaufzeit geht<br />

das Objekt ohne Instandhaltungsstau wieder zurück<br />

in die Obhut der Gemeinde.<br />

ÖPP-Wirtschaftlichkeitsvorteil<br />

Der wirtschaftliche Vorteil der ÖPP-Projektrealisierung<br />

kann sich sehen lassen: Mit einem Gesamtvolumen<br />

(Barwert) für Investition und Betrieb<br />

in Höhe von 17,1 Millionen Euro spart der<br />

Gemeindekämmerer rund 13,6 Prozent gegenüber<br />

einer herkömmlichen Beschaffung, die einen<br />

Aufwand von 19,8 Millionen Euro verursacht<br />

hätte. Auch die Einbindung der Malteser<br />

Werke als erfahrener Partner für die Schulträgerschaft<br />

macht sich bezahlt – die jährliche Gesamtbelastung<br />

des Gemeindehaushalts liegt trotz<br />

der Bau- und Finanzierungskosten um mehr als<br />

800.000 Euro geringer als bei einem komplett<br />

gemeindeeigenen Gymnasium. Die Zukunftssicherung<br />

des Gymnasialstandorts Neunkirchen-<br />

Seelscheid ist also bislang ein Erfolgsmodell Öffentlich-Privater<br />

Partnerschaft.<br />

80


Krankenhaus in Hofheim am Taunus:<br />

ein PPP-Leasingmodell<br />

Von Helmuth Hahn-Klimroth und Dr. Petra Beckefeld<br />

Die Kliniken Main-Taunus-Kreis betreiben zwei Krankenhäuser, die sich<br />

um die Versorgung der Patienten im Main-Taunus-Kreis kümmern. 2009<br />

wurden in Bad Soden ein Neubau und weitgreifende Sanierungsmaßnahmen<br />

realisiert. Seit 2012 wird in Hofheim ein Neubau im Rahmen<br />

eines PPP-Leasingmodells errichtet, das in Hessen bisher einmalig ist.<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

Auf halbem Weg zwischen Frankfurt und Wiesbaden<br />

liegt der Main-Taunus-Kreis im westlichen<br />

Teil des Ballungsraums Rhein-Main. Zur medizinischen<br />

Versorgung seiner rund 228.000 Einwohner<br />

betreibt der Landkreis zwei Akutkrankenhäuser<br />

der Schwerpunktversorgung in der<br />

Kreisstadt Hofheim und im 10 Kilometer entfernten<br />

Bad Soden. Beide Häuser sind Teil der<br />

Kliniken des Main-Taunus-Kreises GmbH und<br />

verfügen zusammen über 523 Patientenbetten<br />

sowie elf medizinische Fachabteilungen. Zu dem<br />

Kommunalunternehmen gehören außerdem die<br />

Fachklinik Hofheim mit dem Schwerpunkt Rehabilitation,<br />

Psychosomatik und Psychiatrie, die<br />

Gesundheitsakademie Main-Taunus, die Seniorenresidenz<br />

Main-Taunus-Kreis und die Main-<br />

Taunus-Privatklinik. Ferner sind die Kliniken mit<br />

50 Prozent am Reha-Zentrum Hofheim und an<br />

der MVZ GmbH im Main-Taunus-Kreis beteiligt.<br />

In den Krankenhäusern Bad Soden und<br />

Hofheim wurden 2011 etwa 20.000 Patienten<br />

stationär und rund 33.000 ambulant<br />

behandelt. Fast 12.000 Patienten<br />

kamen im selben Zeitraum zu einer Operation<br />

in die Kliniken. Mehr als 1.500<br />

Mitarbeiter sorgen dafür, dass der Aufenthalt<br />

für die Patienten nicht nur medizinisch<br />

und pflegerisch optimal, sondern<br />

auch möglichst angenehm, komfortabel<br />

und unkompliziert verläuft.<br />

Schwerpunktsetzung an beiden<br />

Klinikstandorten<br />

Bei ihrer strategischen Zielplanung haben<br />

sich die Kliniken des Main-Taunus-<br />

Kreises entschieden, in ihren beiden unweit<br />

voneinander entfernten Krankenhäusern klare<br />

Helmuth Hahn-<br />

Klimroth ist<br />

Kaufmännischer<br />

Geschäftsführer<br />

und Sprecher der<br />

Geschäftsführung<br />

der Kliniken des<br />

Main-Taunus-<br />

Kreises GmbH.<br />

Dr. Petra Beckefeld<br />

ist Geschäftsführerin<br />

der VAMED<br />

Health Project<br />

GmbH.<br />

Einer von vier modernen Pavillons, aus denen das Krankenhaus Hofheim nach der Fertigstellung des Neubaus 2016 bestehen wird<br />

81


Vom Eingang bis zur Entlassung sind die einzelnen Bereiche im neuen Krankenhaus Hofheim entsprechend dem Behandlungsablauf<br />

angeordnet<br />

Schwerpunkte zu setzen. Ziel ist es, das medizinische<br />

und pflegerische Fachwissen für eine optimale<br />

Versorgung der Patienten zu bündeln und<br />

unnötige Doppelstrukturen sowie damit einhergehende<br />

Kosten zu vermeiden. Innerhalb dieses<br />

Konzepts wurden sämtliche chirurgischen Fächer<br />

in Bad Soden zusammengefasst, während sich<br />

der Standort Hofheim auf die internistisch-geriatrische<br />

Medizin konzentriert. Um diese Schwerpunktsetzung<br />

zu ermöglichen, errichteten die Kliniken<br />

des Main-Taunus-Kreises zunächst in Bad<br />

Soden einen neuen Bettentrakt, der 2009 in Betrieb<br />

ging. Außerdem wurden Bestandsgebäude<br />

saniert, die Geburtshilfe modernisiert sowie die<br />

OP-Kapazität, Intensivstation, Pflege und der klinische<br />

Arztdienst erweitert.<br />

Als Nächstes erhält auch das Krankenhaus in Hofheim<br />

zeitgemäße Räume, die den Ärzten eine<br />

hochmoderne Arbeitsumgebung und den Patienten<br />

eine angenehme Atmosphäre bieten. Derzeit<br />

sind die dortigen medizinischen Kliniken noch in<br />

einem historisch gewachsenen Konglomerat aus<br />

Gebäuden untergebracht, die teilweise aus dem<br />

Gründungsjahr 1905 stammen. Seit August 2012<br />

entsteht auf dem jetzigen etwa 21.500 Quadratmeter<br />

großen Krankenhausgelände am Rande der<br />

Hofheimer Altstadt für rund 50 Millionen Euro<br />

ein Neubau. Damit der Krankenhausbetrieb währenddessen<br />

weiterlaufen kann, wurde das Bauvorhaben<br />

in zwei Abschnitte unterteilt, zu deren<br />

Beginn die jeweils noch vorhandenen Gebäude<br />

abgerissen werden. Der erste Bauabschnitt soll<br />

bis Anfang 2014 fertiggestellt sein, der zweite<br />

Bauabschnitt Anfang 2016.<br />

Pilotprojekt PPP-Leasingmodell<br />

Um dieses zweite Großprojekt zeitnah, qualitätsgerecht<br />

und im Rahmen der zur Verfügung<br />

stehenden Mittel verwirklichen zu können, entschieden<br />

sich die Kliniken des Main-Taunus-<br />

Kreises für eine innovative Mischung aus einer<br />

Öffentlich-Privaten Partnerschaft und einem Leasingmodell,<br />

die in Hessen bislang einmalig ist.<br />

Das PPP-Leasingmodell gilt als sogenanntes alternatives<br />

Beschaffungsmodell und ist Pilotprojekt in<br />

der Krankenhausförderung des Landes Hessen. Es<br />

wird daher eng durch das Sozialministerium, die<br />

Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen und<br />

das hessische Finanzministerium begleitet.<br />

Bei dem PPP-Leasingmodell verantwortet der<br />

private Partner als Leasingpartner die Planung,<br />

schlüsselfertige Errichtung und Vorfinanzierung<br />

des Neubaus. Für dessen Nutzung zahlen die Kliniken<br />

nach der Fertigstellung eine jährlich gleichbleibende<br />

Miete. Nach dem Ende der Grundmietzeit<br />

von 20 Jahren können sie das Gebäude<br />

dann zum Rest-Buchwert übernehmen. Für die<br />

Betriebsvorrichtungen wurden entsprechend den<br />

steuerlichen Vorgaben unterschiedliche Grundmietzeiten<br />

von bis zu sechs Jahren vereinbart.<br />

Die Besonderheit in Hofheim besteht darin, dass<br />

die Kliniken die vom Land Hessen zugesagten<br />

Zuschüsse in Höhe von 30 Millionen Euro zuzüglich<br />

ihrer einzubringenden Eigenmittel als<br />

Darlehen an den privaten Partner weiterreichen.<br />

Dieses wird entsprechend dem Baufortschritt ausgezahlt.<br />

Dank dieses Modells können für das Pro-<br />

82


jekt sowohl die Fördermittel des Landes als auch<br />

die günstigen Konditionen für Kommunalkredite<br />

genutzt werden.<br />

Vorleistungen bei Planung und Bau<br />

standsetzung, Erneuerung und Reinigung) und<br />

x zur Prozessqualität (Inbetriebnahme, Bauphasen-<br />

und Interimskonzept zur Sicherstellung<br />

des laufenden Betriebs, Termin- und<br />

Kostenplanung).<br />

Bei dem Hofheimer PPP-Leasingmodell sticht<br />

nicht nur die Finanzierung durch den Auftraggeber<br />

hervor, sondern auch dessen Vorleistungen<br />

bei Planung und Bau. So erarbeiteten die Kliniken<br />

des Main-Taunus-Kreises mit dem Architekturbüro<br />

woernerundpartner bereits eine komplette<br />

Entwurfsplanung. Außerdem übernahmen sie<br />

den Abriss der Bestandsgebäude und das Ausheben<br />

der Baugrube für den ersten Bauabschnitt.<br />

Die Vorteile des Hofheimer PPP-Leasingmodells<br />

einschließlich seiner besonderen Aufgabenverteilung<br />

zwischen Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer<br />

(AN) liegen in der Qualitätsverbesserung<br />

durch die vom privaten Partner optimierten Konzepte<br />

für Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb<br />

sowie in der Kosten- und Zeitersparnis: Während<br />

die Vorbereitungen für das PPP-Projekt liefen,<br />

konnte gleichzeitig schon die Entwurfsplanung<br />

ausgearbeitet und mit den künftigen Nutzern abgestimmt<br />

werden, weil diese Aufgabe noch von<br />

den Kliniken selbst verantwortet wurde.<br />

Der Abriss von Bestandsgebäuden und die Vorbereitung<br />

der Baugrube durch den AG erleichterten<br />

es zudem, dass der AN gleichzeitig die erforderlichen<br />

Genehmigungen für den Neubau einholen<br />

konnte. Nicht zuletzt wurde für das PPP-Leasingmodell<br />

ein Effizienzvorteil von rund 5 Prozent<br />

gegenüber einer Eigenrealisierung errechnet. Der<br />

private Partner wurde innerhalb eines europaweiten<br />

Vergabeverfahrens ausgewählt. Dabei gab<br />

die Arbeitsgemeinschaft von VAMED und dem<br />

Baukonzern Alpine das wirtschaftlich und qualitativ<br />

beste Angebot ab und erhielt dementsprechend<br />

den Zuschlag. Ausschlaggebend hierfür<br />

waren außer den Gesamtkosten die eingereichten<br />

Konzepte<br />

x zur Optimierung von Bauqualität, Entwurfsplanung<br />

und Betriebskosten (Energiebedarf, In-<br />

Hierzu hatte VAMED 25 Vorschläge zur Verbesserung<br />

der vorliegenden Planung, der angestrebten<br />

Nachhaltigkeit und der Finanzierung unterbreitet<br />

und konnte die Kliniken des Main-Taunus-Kreises<br />

mit ihrem Konzept insgesamt überzeugen.<br />

Optimale Prozessabläufe ermöglichen<br />

Das neue Krankenhaus wird aus vier Pavillons<br />

mit jeweils drei Etagen und einem Sockelgeschoss<br />

bestehen, die über einen viergeschossigen<br />

Baukörper miteinander verbunden sind. Wegen<br />

der Hanglage wird die wahrnehmbare Höhe der<br />

einzelnen Gebäudeteile differieren. Die Kleinteiligkeit<br />

der Pavillons fügt sich gut in die Umgebung<br />

ein.<br />

In den Pavillons 1, 3 und 4 des ersten Bauabschnitts<br />

erhalten künftig die Klinik für Pneumologie<br />

und allgemeine innere Medizin, das Schlaganfallzentrum,<br />

das Herzkatheterlabor sowie die<br />

Brustschmerzambulanz für Herz- und Kreislauferkrankungen<br />

ihren Platz. Nach Fertigstellung des<br />

zweiten Bauabschnitts werden das Schlaflabor<br />

und die Psychiatrie in den Pavillon 2 einziehen.<br />

Die psychiatrische Fachklinik Hofheim befindet<br />

sich derzeit noch an einem Außenstandort in der<br />

Vertreter aus der Politik, den Kliniken des Main-Taunus-<br />

Kreises und des Krankenhausdienstleisters VAMED legten<br />

im Mai 2012 den Grundstein für das ungewöhnliche<br />

PPP-Projekt<br />

83


Kurhausstraße. Künftig werden sämtliche psychiatrischen<br />

Leistungen am Krankenhaus Hofheim<br />

gebündelt sein.<br />

Der zentrale Haupteingang des Neubaus liegt direkt<br />

gegenüber dem Parkdeck an der Lindenstraße.<br />

Über einen von zwei Pavillons gebildeten<br />

Platz gelangen Patienten, Besucher und Mitarbeiter<br />

in die zentrale Eingangshalle, die alle vier<br />

Pavillons miteinander verbindet. Hier befinden<br />

sich der zentrale Empfang sowie diverse Dienstleistungsangebote.<br />

Im Erdgeschoss ist die Halle<br />

zum Park hin erweitert. Hier entsteht der Untersuchungs-<br />

und Behandlungstrakt, der im Sinne<br />

einer Diagnostikstraße angeordnet ist. Von einer<br />

zentralen Leitstelle werden sämtliche Patienten<br />

und Notfälle gesteuert. In den beiden Obergeschossen<br />

entstehen die – je nach Fachdisziplin –<br />

aus einem oder zwei Pavillons zusammengesetzten<br />

Stationsbereiche.<br />

Die Cafeteria und ein kleiner Konferenzbereich<br />

haben ihren Platz auf der obersten Ebene mit<br />

Blick auf die Altstadt und den Taunus. Innenhöfe<br />

vom Erdgeschoss bis zum zweiten Obergeschoss<br />

erleichtern die Orientierung und ermöglichen eine<br />

natürliche Beleuchtung der innenliegenden<br />

Räume.<br />

Anlieferungen für den Klinikbetrieb werden über<br />

den im Süden gelegenen Wirtschaftshof erfolgen,<br />

der von der Lindenstraße aus erreichbar<br />

sein wird. Hier befindet sich künftig auch die<br />

Rettungswagenzufahrt. Der Norden und Osten<br />

des Geländes werden weitgehend vom Verkehr<br />

freigehalten.<br />

Enge Einbindung der Beschäftigten<br />

Die Beschäftigten des Krankenhauses waren bei<br />

der Entwurfsplanung, die noch unter der Regie<br />

der Kliniken des Main-Taunus-Kreises erfolgte,<br />

eng eingebunden – ebenso wie bei den anschließenden<br />

Detailabstimmungen. Insgesamt bietet<br />

der Krankenhausneubau Patienten und Mitarbeitern<br />

deutlich kürzere Wege, da sämtliche Abteilungen<br />

eng miteinander verbunden sind, und<br />

eine hochmoderne Infrastruktur für eine bestmögliche<br />

Diagnose und Therapie. Dadurch werden<br />

Ärzte und Pflegekräfte bei ihrer täglichen<br />

Arbeit optimal unterstützt, was letztlich den Patienten<br />

zugutekommt.<br />

Das Krankenhaus<br />

Das Krankenhaus Hofheim wird nach der Inbetriebnahme des Neubaus über 173 stationäre sowie<br />

zwölf tagesklinische Betten verfügen und besteht aus der Klinik für Pneumologie und Allgemeine<br />

Innere Medizin, der Geriatrischen Klinik, einem Schlafmedizinischen Zentrum, der<br />

Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik mit Psychiatrischer Institutsambulanz, einer Schlaganfallabteilung<br />

(Stroke Unit) sowie einer Brustschmerzambulanz (Chest Pain Unit), die in Kooperation<br />

mit der Kardiologischen Praxis Prof. Reifart & Partner betrieben wird. Das Palliative-Care-<br />

Team Main-Taunus, das schwerkranke Patienten ambulant zu Hause betreut, ist ebenfalls im<br />

Krankenhaus Hofheim ansässig. Dem Haus angeschlossen ist außerdem ein medizinisches Versorgungszentrum<br />

mit den Schwerpunkten Radiologie, ambulante Chirurgie und Neurologie.<br />

Ein weiterer Kooperationspartner, das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation, hat<br />

sich in einem Nebengebäude des Krankenhauses niedergelassen.<br />

Der Neubau<br />

Nutzfläche: 10.500 m 2<br />

Bruttogeschossfläche: 21.800 m 2<br />

Baubeginn (Abriss): August 2011<br />

Fertigstellung<br />

- erster Bauabschnitt: Anfang 2014<br />

- zweiter Bauabschnitt: Anfang 2016<br />

84


Wiener Spitalskonzept 2030:<br />

Konzentration auf sieben Standorte<br />

Von Friedrich Prem, Dr. Stefan Reimoser und Erich Thewanger<br />

Im Rahmen des „Wiener Spitalskonzepts 2030“ werden mehrere Krankenhäuser<br />

neu errichtet. Je nach Eignung der Projekte werden diese in<br />

konventioneller Beschaffungsform, als mietvertragsähnliches Forfaitierungsmodell<br />

oder als „echtes“ ÖPP-Modell gestaltet. Letztere zeichnen<br />

sich durch eine sehr schlanke Projektorganisation, ein intensives Risikomanagement<br />

sowie eine sehr fundierte Lebenszykluskosten-Betrachtung<br />

und -Optimierung aus.<br />

ÖFFENTLICHER HOCHBAU<br />

Bereits im März 2011 hatte die Wiener Stadtregierung<br />

das Wiener Spitalskonzept 2030 beschlossen.<br />

Das Konzept sieht eine umfassende organisatorische<br />

und bauliche Neustrukturierung<br />

der Wiener Krankenhäuser vor. Ein Hauptziel,<br />

das der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV)<br />

aufgrund des Wiener Spitalskonzepts 2030 zu<br />

verfolgen hat, ist die Auflassung zahlreicher kleiner,<br />

aber auch einiger großer Standorte und die<br />

Konzentration sämtlicher Leistungen auf sieben<br />

dauerhaft verbleibende Wiener Spitalsstandorte.<br />

Wilhelminenspital<br />

Allgemeines<br />

Krankenhaus<br />

Noch vor Verabschiedung des Wiener<br />

Spitalskonzepts 2030 wurde mit der Errichtung<br />

des Krankenhauses Nord begonnen.<br />

Dieser Neubau entsteht auf<br />

einer eigens zu diesem Zweck angekauften<br />

Liegenschaft im Norden Wiens und<br />

wird über 785 Planbetten verfügen.<br />

Als erster Schritt im Rahmen des Wiener<br />

Spitalskonzepts 2030 werden die<br />

drei noch aus der Österreichisch-Un-<br />

Krankenhaus<br />

Nord<br />

Donauspital<br />

Friedrich Prem ist<br />

Leiter des Geschäftsbereichs<br />

Technik des<br />

Wiener Krankenanstaltenverbunds<br />

(KAV).<br />

Dr. Stefan Reimoser<br />

ist Managing Director<br />

bei der Turner &<br />

Townsend GmbH,<br />

München.<br />

Erich Thewanger ist<br />

Partner und Mitglied<br />

des Vorstands der<br />

KPMG Advisory AG,<br />

Wien.<br />

Krankenhaus<br />

Hietzing<br />

Krankenanstalt<br />

Rudolfstiftung<br />

Kaiser-Franz-<br />

Josef-Spital<br />

PPP-Modelle<br />

Eigenfinanzierung<br />

2030: sieben zentrale Spitalsorganisationen<br />

Quelle: © Bohmann/KAV<br />

Das Wiener Spitalskonzept 2030 – zukünftige Spitalsstandorte in Wien<br />

85


garischen Monarchie stammenden Krankenhäuser,<br />

das Kaiser-Franz-Josef-Spital mit 939 Betten,<br />

das Wilhelminenspital mit 1.134 Betten und das<br />

Krankenhaus Hietzing mit 882 Betten, an ihrem<br />

bestehenden Standort neu errichtet.<br />

Diese drei Krankenhäuser wurden seinerzeit als<br />

weitläufige Pavillonsysteme gestaltet und werden<br />

nun durch Zentralkliniken vollständig ersetzt. In<br />

diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass in<br />

Pavillonsystemen eine zeitgemäße Betriebsorganisation<br />

nicht mehr umgesetzt werden kann. Auch<br />

kann in Pavillonsystemen die erforderliche Standardanhebung<br />

für Patienten, die Sicherstellung<br />

einer durchgängigen Barrierefreiheit, die Integration<br />

der heutzutage erforderlichen Technik und<br />

Automatisierung sowie nicht zuletzt eine entsprechende<br />

Wirtschaftlichkeit nicht mehr erreicht<br />

werden. Zentralkliniken vereinen hingegen sämtliche<br />

Vorteile in sich und bieten – wenn sie in<br />

entsprechend zukunftsweisender Form errichtet<br />

werden – optimale Voraussetzungen für die Betriebsführung<br />

und höchste Wirtschaftlichkeit.<br />

Das Donauspital mit 954 Betten, das Krankenhaus<br />

Rudolfstiftung mit 734 Betten und das Wiener<br />

Allgemeine Krankenhaus – Universitätscampus<br />

mit 1.864 Betten wurden in der zweiten<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts neu errichtet. Diese<br />

Krankenhäuser werden durch Umbauten, aber<br />

auch durch größere Zubauten laufend in ihrer<br />

Substanz verbessert, eine tiefgreifende Neustrukturierung<br />

wird aber erst als ein zweiter Schritt<br />

im Rahmen des Wiener Spitalskonzepts 2030<br />

erfolgen.<br />

Das „Standard PPP Modell des KAV“<br />

Der KAV entwickelte im Jahr 2012 als Grundlage<br />

für die jeweilige Beschaffung der Einzelprojekte<br />

ein an den europäischen Standards orientiertes<br />

„Standard PPP Modell des KAV“, das dann in den<br />

Einzelvergaben auf die jeweiligen Spezifika der<br />

Projekte adaptiert wird. Dabei war für den KAV<br />

neben einer konsequenten Lebenszyklusbetrachtung<br />

und einem angemessenen Risikotransfer auf<br />

den privaten Partner vor allem die Entwicklung<br />

einer starken Bestellerposition auf Basis eines klar<br />

und detailliert definierten Bedarfs von wesentlicher<br />

Bedeutung. Im Rahmen der projektspezifischen<br />

Adaption auf das konkrete Einzelprojekt<br />

werden folgende Kriterien berücksichtigt:<br />

x Bündelfähigkeit von Teilprojekten oder Teilbarkeit<br />

von Großprojekten: Können attraktive und<br />

damit wirtschaftliche Marktgrößen – nicht zu<br />

klein und nicht zu groß – erreicht werden?<br />

x Abgrenzbarkeit von Projekten: Gibt es die<br />

Möglichkeit zur Definition sauberer technischer<br />

und organisatorischer Schnittstellen?<br />

x Terminliche Abhängigkeiten: Ist die Planungsinformation<br />

rechtzeitig verfügbar? Welche Verfahrensdauern<br />

und Realisierungszeiträume sind<br />

möglich bzw. notwendig?<br />

x Auftraggeberseitige Verfügbarkeit von<br />

Managementressourcen<br />

x Wahrscheinlichkeit der Änderung des Bedarfs:<br />

Ist der Bedarf hinreichend genau spezifizierbar,<br />

um eine langfristige vertragliche Bindung mit<br />

einem Privaten einzugehen?<br />

Im Ergebnis der Überlegungen wird das „Standard<br />

PPP Modell des KAV“ für jedes Projekt bzw.<br />

jeden Standort soweit notwendig adaptiert, ohne<br />

dabei die vertraglichen und vergaberechtlichen<br />

Grundlagen des Standardmodells zu verlassen.<br />

Damit soll vor allem dem Markt auch Gelegenheit<br />

für eine entsprechend langfristige Positionierung<br />

in einer Reihe vergleichbarer Projekte gegeben<br />

werden.<br />

Das Projekt Wilhelminenspital<br />

Das erste Projekt, das nach dem neuen Vorgehensmodell<br />

beschafft wird und sich derzeit in<br />

der Planungsphase befindet, ist die komplette<br />

Neustrukturierung und der Ausbau des Standorts<br />

„Wilhelminenspital“ im Westen von Wien:<br />

Im Wesentlichen wird die vorhandene, über<br />

100 Jahre alte Pavillonstruktur durch einen zentralen<br />

Neubau für die Krankenversorgung sowie<br />

ein neues Büro- und Betriebsgebäude ersetzt,<br />

86


in dem sämtliche nicht klinischen Funktionen<br />

zusammengeführt werden und in das darüber<br />

hinaus ein pharmazeutischer Produktionsbetrieb<br />

und eine zentrale Sterilgutaufbereitungsanlage<br />

integriert werden. Ergänzt wird dies durch den<br />

Neubau einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule<br />

auf dem Areal.<br />

Die Aufgabenstellung bietet ideale Voraussetzungen<br />

für die Integration Öffentlich-Privater Partnerschaften.<br />

Im Detail werden die Teilprojekte<br />

folgendermaßen strukturiert:<br />

x „Interimsbau“ für den Zeitraum von ca. acht<br />

Jahren mit Zentral-OP, Pathologie, ICU; ca.<br />

35 Millionen Euro Invest; Basis der Vergabe:<br />

Planung bis Stufe 2+ gemäß HOAI, funktionale<br />

Ausschreibung für Bau und technisches Gebäudemanagement;<br />

mietvertragsähnliches Forfaitierungsmodell<br />

mit Einredeverzicht<br />

x Büro- und Betriebsgebäude inkl. Gesundheitsund<br />

Krankenpflegeschule; ca. 100 Millionen<br />

Euro Invest; Basis der Vergabe: Entwurf plus<br />

Leitdetails sowie Genehmigung, funktionale<br />

Ausschreibung für Bau sowie technisches und<br />

infrastrukturelles Gebäudemanagement<br />

x Ersatzheizwerk: Dieses Objekt wird von einem<br />

privaten Partner nur errichtet und geht dann<br />

bei Übergabe in die Obhut der Fernwärme<br />

Wien über.<br />

x „Teilprojekt 2“: Neubau Zentralbau mit 1.134<br />

Betten, Umsetzungsbeginn 2014<br />

Neues Managementsystem<br />

Für die Umsetzung der komplexen Großbauprojekte<br />

wird im Wiener KAV ein neues Managementsystem,<br />

das neben anderen Elementen auch<br />

auf einer Standard-Projektorganisation beruht,<br />

eingesetzt. Durch die Anwendung dieses Managementsystems<br />

wird der KAV in seiner Rolle<br />

als Auftraggeber zur stärksten Kraft und kann dadurch<br />

seine Strategie in ausreichendem Ausmaß<br />

auf diese Bauprojekte übertragen. Auf Basis dieser<br />

Strategie kann der KAV wiederum klare Projektziele,<br />

wie Funktion, Qualität, Kosten und<br />

Termine bereits vor Projektbeginn festlegen und<br />

sicherstellen, dass diese Projektziele während der<br />

Projektdurchführung weitgehend konstant bleiben<br />

und konsequent durchgesetzt werden. Die<br />

Standard-Projektorganisation ist durch eine strikte<br />

Trennung der operativen Stammorganisationen<br />

Siegreicher Architektenentwurf für das Büro- und Betriebsgebäude des Wilhelminenspitals<br />

Architekten: Markus Perntaler/Lorenz Consult<br />

87


OBA<br />

Projektteam<br />

Planer<br />

Projektorganisation<br />

PA<br />

Firma 2<br />

Firma 3<br />

GBT<br />

Firma 1<br />

BPL<br />

LKT<br />

PA Projektauftraggeber<br />

GBT Geschäftsbereich Technik = Vertreter des Projektauftraggebers<br />

BPL Bauprojektleiter = Projektleiter des Projektauftraggebers<br />

PC Projektcontrolling = Entscheidungsunterstützung des Projektauftraggebers<br />

KF Kollegiale Führung = Leitung der Krankenanstalt<br />

LKT Leiter Kompetenzteam = Vertreter der Kollegialen Führung<br />

Standard-Projektorganisation zur Umsetzung der<br />

Großprojekte<br />

des KAV vom Bauprojekt, aber auch von den parallel<br />

durchzuführenden Organisationsprojekten<br />

gekennzeichnet. Erst dadurch kann die Konzentration<br />

auf das Bauprojekt sichergestellt und Interessenskonflikte<br />

vermieden werden.<br />

In diese Standard-Projektorganisation werden die<br />

PPP-Modelle integriert, wobei anzumerken ist,<br />

PC<br />

Teammitglied<br />

1<br />

Teammitglied<br />

2<br />

Subteam<br />

KF<br />

Teammitglied<br />

3<br />

dass ein PPP-Modell nicht mit dem Bauprojekt<br />

gleichgesetzt werden darf, sondern immer nur einen<br />

Teilbereich von diesem abdeckt. Außerdem<br />

ist die Sicherstellung einer hohen Bestellqualität<br />

wesentlich, da erst dadurch vergleichbare Angebote,<br />

Preise ohne überbordende Risikoaufschläge<br />

sowie einfache und kurze PPP-Vergabeverfahren<br />

sichergestellt werden können. Der Wiener KAV<br />

erreicht dies, indem er im Regelfall den ersten<br />

Planungsabschnitt – bis einschließlich Genehmigungsplanung<br />

–, in dem sämtliche betriebsorganisatorisch<br />

relevanten Elemente bestimmt werden,<br />

selbst durchführt. Der private Partner führt in<br />

Folge die Ausführungsplanung durch, wobei er in<br />

diese sein gesamtes Facility-Management-Knowhow<br />

einbringen kann. Sodann errichtet der private<br />

Partner das betreffende Gebäude, finanziert es<br />

und hält es für 25 bis 30 Jahre auf Basis genau bestimmter<br />

Qualitäten – Service Level Agreements<br />

inkl. Bonus-Malus-Regelung – zur Verfügung. Darüber<br />

hinaus bindet der KAV für die Vorbereitung<br />

und für die Durchführung der PPP-Vergabeverfahren<br />

entsprechende Experten in die Standard-<br />

Projektorganisation ein.<br />

Detaillierte Risikoanalyse<br />

Um die Wirtschaftlichkeit der Vorgehensweise abzusichern,<br />

wurde eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />

erstellt, die parallel zum Projektfortschritt<br />

Risikoanalyse<br />

Definition und Selektion<br />

x In einem ersten Schritt wurden potenzielle Risiken identifiziert und näher definiert.<br />

x Anschließend wurden die für den Wirtschaftlichkeitsvergleich entscheidungsrelevanten Risiken identifiziert.<br />

Bewertung<br />

x Für die ausgewählten Risiken wurde die Ermittlung eines Risikoerwartungswertes vorgenommen.<br />

x Zur Risikobewertung kam die stochastische Dreipunktmethode zur Anwendung.<br />

Allokation<br />

x Im letzten Schritt wurde die Verteilung der Risiken zwischen privater und öffentlicher Seite ermittelt.<br />

x Diese Risikoallokation wurde auf Basis üblicher vertraglicher Regelungen quantifiziert.<br />

88


fortgeschrieben wird. Besonderes Augenmerk<br />

wird dabei auf eine detaillierte Risikoanalyse gelegt,<br />

um eine bestmögliche Verteilung der Risiken<br />

auf den öffentlichen bzw. den privaten Partner<br />

entlang der jeweiligen Risikotragfähigkeit zu erreichen.<br />

Im Rahmen mehrerer Workshops wurden<br />

dabei die Einzelrisiken identifiziert und nach<br />

einer stochastischen Dreipunktmethode bewertet.<br />

Im Anschluss erfolgte die Allokation dieser<br />

Risiken, wobei auch auf die im europäischen und<br />

internationalen Umfeld übliche Risikoverteilung<br />

in vergleichbaren Projekten Rücksicht genommen<br />

wurde. Diesem Risikoprozess wurden – um eine<br />

holistische Betrachtung aller Projektrisiken zu gewährleisten<br />

– neben dem Projektteam des KAV<br />

auch die technischen, rechtlichen und kaufmännischen<br />

Konsulenten beigezogen.<br />

Lebenszykluskosten-Modell<br />

Eines der übergeordneten Ziele des KAV ist die<br />

unbedingte Einhaltung des Gesamtbudgets. Es<br />

war daher notwendig, frühzeitig, also planungsbegleitend,<br />

belastbare Abschätzungen über die<br />

Investitionssummen sowie die Betriebs- und Erneuerungskosten<br />

während der Nutzungsphase zu<br />

treffen und damit gleichzeitig ein Planungscontrolling<br />

zu ermöglichen. Hierzu wurde bereits<br />

auf Basis erster Planungsergebnisse – Wettbe-<br />

werbsentwurf, Qualitäten und Abschätzung der<br />

benötigten Mengen/Massen – ein detailliertes,<br />

bauelementbasiertes Lebenszykluskosten-Modell<br />

(LZK-Modell) entwickelt. Es enthält sämtliche relevanten<br />

Kostengrundlagen: Quadratmeter-Nutzungseinheiten,<br />

Bauelementmengen bzw. -qualitäten,<br />

um verlässliche und nachvollziehbare<br />

Kostendaten für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />

zu liefern.<br />

Im Zuge des Aufbaus des LZK-Modells werden<br />

weitere Festlegungen abgestimmt, insbesondere<br />

hinsichtlich des Betrachtungszeitraums, der<br />

Endschaftsregelung, der vom privaten Partner zu<br />

erbringenden Leistungen des Gebäudemanagements,<br />

deren Schnittstellen zum Bestand bzw. zu<br />

anderen Dienstleistern sowie die Güte der Leistungen,<br />

ausgedrückt in Leistungs- und Verfügbarkeitsstandards<br />

– den Service Level Agreements.<br />

Die Leistungsfähigkeit derartiger bauelementorientierter<br />

Modelle speist sich aus der Tatsache,<br />

dass nicht mit spezifischen Kennzahlen, z.B.<br />

E/m 2 oder E/(m 2 *Jahr), sondern mit konkreten<br />

Massen und Qualitäten – Erstere gemäß Planungsmodell,<br />

Letztere gemäß funktionaler Leistungsbeschreibung<br />

– operiert wird. Die Modelle sind<br />

datenbankgestützt, enthalten sowohl Kosteninformationen<br />

als auch die ökologischen Daten wie<br />

Erstellung/Rückbau 94,20%<br />

Instandsetzung 1,51%<br />

Inspektion/Wartung 2,38%<br />

Wiederkehrende Prüfung 0,68%<br />

Betriebsführung 0,65%<br />

Bedienen 0,57%<br />

Prozentuale Verteilung der kalkulierten Lebenszykluskosten für das Interimsgebäude (Betrachtungsdauer acht Jahre)<br />

89


Wiederkehrende<br />

Prüfung<br />

12%<br />

Inspektion/Wartung<br />

41%<br />

Bedienen<br />

10%<br />

Betriebsführung<br />

11%<br />

Instandsetzung<br />

26%<br />

Verteilung der durchschnittlichen jährlichen Bewirtschaftungskosten (technisches Gebäudemanagement) des geplanten<br />

Interimsgebäudes<br />

CO 2<br />

-Verbrauch und können nach Bedarf ausgewertet<br />

werden.<br />

Für das Projekt Wilhelminenspital hat Turner &<br />

Townsend im Auftrag von Werner Consult Ziviltechnikergesellschaft<br />

mbH ein derartiges Modell<br />

erstellt.<br />

Die beiden Grafiken zeigen entsprechende Auswertungen<br />

für das Interimsgebäude. Herausforderung<br />

dabei war die Modellierung der kurzen<br />

Nutzungszeit von acht Jahren und die Berücksichtigung<br />

der hohen Verfügbarkeitsanforderungen<br />

für die primären medizinischen Prozesse in<br />

diesem Gebäude.<br />

In den folgenden Phasen des ÖPP-Vergabeverfahrens<br />

wird das LZK-Modell auf Basis der ständig<br />

anwachsenden Planungsfestlegungen fortgeschrieben<br />

und aktualisiert. Dadurch werden die<br />

Kostenentwicklungen im Projekt permanent an<br />

das aktuelle Wissen angepasst. Das LZK-Modell<br />

fungiert als primäres Kontroll- und Steuerungswerkzeug<br />

im Zuge der Angebotsauswertung und<br />

der Bieterverhandlungen im laufenden Verfahren.<br />

Spezialwissen erhalten<br />

Im Rahmen der Vorbereitung und Umsetzung<br />

von ÖPP-Projekten wird sehr viel Spezial-Knowhow<br />

generiert. Dieses Wissen geht verloren,<br />

wenn nicht weitere Projekte folgen. Das gilt übrigens<br />

für die öffentliche Seite genauso wie für die<br />

Konsulenten und die privaten Partner wie Baufirmen,<br />

FM-Dienstleister und Banken. Im Rahmen<br />

des Wiener Spitalskonzepts 2030 ist geplant,<br />

fünf Bauprojekte mit integrierten PPP-Modellen<br />

durchzuführen, wobei die geschätzten Errichtungskosten<br />

dieser Bauprojekte ca. 2,5 Milliarden<br />

Euro netto betragen werden.<br />

Dieses massive Investitionsprogramm der Stadt<br />

Wien zur Neugestaltung und Optimierung ihrer<br />

Krankenanstalten bietet die einmalige Gelegenheit,<br />

Lernkurven zu nutzen, Projektabwicklungsmodelle<br />

von Projekt zu Projekt weiterzuentwickeln,<br />

Standards zu schaffen und damit<br />

signifikante Effizienzgewinne bei der Projektdurchführung<br />

zu erzielen.<br />

90


Die A- und F-Modelle als Wegbereiter für die<br />

Zukunft<br />

Von Tatjana Tegtbauer<br />

Seit gut einem Jahrzehnt ist ÖPP im Bundesfernstraßenbereich eine<br />

gängige Beschaffungsvariante. Gerade vor dem Hintergrund eines<br />

steigenden Verkehrsaufkommens und sinkender Haushaltsmittel werden<br />

ÖPP-Projekte auch in Zukunft Wegbereiter der Straße im 21. Jahrhundert<br />

sein.<br />

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung (BMVBS) und die Straßenbauverwaltungen<br />

der Länder in seinem Auftrag<br />

wenden seit über 60 Jahren die sogenannte „konventionelle<br />

Umsetzung“ von Infrastrukturmaßnahmen<br />

im Bundesfernstraßenbereich an. Seit<br />

gut zehn Jahren wird diese Beschaffungsvariante<br />

um sogenannte ÖPP-Projekte ergänzt. Nahm der<br />

Hochbau zunächst eine gewisse ÖPP-Vorreiterrolle<br />

ein, so findet ÖPP heute nicht nur dort und im<br />

Straßenbereich Anwendung, sondern es greifen<br />

entsprechende Ideen auch in anderen Verkehrssektoren<br />

wie z.B. Wasserstraße und Schiene. Von<br />

Anfang an war das BMVBS intensiv in die Vorbereitung,<br />

Vergabe und Durchführung von ÖPP-<br />

Projekten im Bundesfernstraßenbau eingebunden<br />

– auch wenn dies im System der Auftragsverwaltung<br />

eher untypisch ist.<br />

Unter ÖPP-Modellen werden unterschiedliche<br />

Ausprägungen der langfristigen, vertraglich fixierten<br />

Zusammenarbeit von öffentlichem Auftraggeber<br />

(AG) und privatem Auftragnehmer (AN)<br />

verstanden.<br />

Im Bundesfernstraßenbereich weisen ÖPP-Modelle<br />

folgende Charakteristika auf: Planung, Bau,<br />

Erhaltung, Betrieb und anteilige – selten vollständige<br />

– Finanzierung werden einem AN zur Ausübung<br />

übertragen. Das heißt, der Staat entledigt<br />

sich der Aufgabe nicht, wie dies bei einer Privatisierung<br />

der Fall wäre, sondern kauft die Leistungen<br />

mittels einer Art Generalunternehmervertrag<br />

beim Privaten ein.<br />

Ministerialrätin Tatjana<br />

Tegtbauer ist<br />

Die Vergabe an Generalunternehmer ist<br />

in der Privatwirtschaft gängige Praxis, Leiterin des Referats<br />

„ÖPP im Bundesfernstraßenbau“<br />

im<br />

hingegen findet sie im Bereich der Bundesfernstraßen<br />

fast keine Anwendung, Bundesministerium<br />

denn es werden üblicherweise die Bau-, für Verkehr, Bau<br />

Erhaltungs- und in Teilen Betriebsdienstleistungen<br />

unterteilt in zahlrei-<br />

und Stadtentwicklungche<br />

Fach- und Teillose vergeben, was<br />

einen höheren Verwaltungsaufwand bedeutet<br />

und nicht unerhebliche Risiken für den Bauherrn<br />

birgt. Hiermit soll eine Stärkung des Mittelstands<br />

erreicht werden. Der AG bleibt weiterhin Eigentümer<br />

der Straße und Straßenbaulastträger und<br />

muss daher die Leistungen des Privaten kontinuierlich<br />

überwachen.<br />

Als Gegenleistung erhält der AN, der in rechtlicher<br />

Hinsicht als Erfüllungsgehilfe bzw. im Fall<br />

des F-Modells partiell auch als Beliehener zu qualifizieren<br />

ist, ein Entgelt für seine Leistungen.<br />

Es wird deutlich, dass sowohl die Phasen als auch<br />

die Akteure konventionell und bei ÖPP überwiegend<br />

identisch sind. Gleichwohl gibt es doch im<br />

Einzelnen systematische Unterschiede zwischen<br />

den Beschaffungsvarianten ÖPP und konventionell,<br />

die als ein Beitrag von ÖPP zur Weiterentwicklung<br />

des Straßensektors zu werten sind.<br />

Lebenszyklusbetrachtung<br />

ÖPP-Projektverträge werden in der Regel für eine<br />

Dauer von 30 Jahren geschlossen. Denn die<br />

Lebensdauer des Straßenoberbaus beträgt regel-<br />

VERKEHRSWEGEBAU<br />

91


Konventionell<br />

ÖPP<br />

Bedarfsermittlung<br />

Öffentliche Hand (Bund)<br />

Raumordnungsverfahren,<br />

Linienbestimmung<br />

Öffentliche Hand (Land/Bund)<br />

Planfeststellung<br />

Öffentliche Hand (Land)<br />

Vorbereitung<br />

Ausschreibung<br />

Private (Beratungsunternehmen)<br />

und öffentliche Hand (Land,<br />

bei ÖPP teilweise auch Bund)<br />

Vergabe<br />

Öffentliche Hand (Land)<br />

Bau<br />

Betrieb<br />

Erhaltung<br />

Private<br />

Öffentliche Hand<br />

(Land), Private<br />

Private<br />

Private<br />

Überwachungsleistungen<br />

„Konventionell“<br />

und „ÖPP“:<br />

Öffentliche Hand<br />

und Private<br />

(Aufteilung)<br />

mäßig bis zu 25 Jahre, zuzüglich der drei- bis<br />

fünfjährigen Planungs- und Bauphase ergibt sich<br />

die Vertragslaufzeit von 30 Jahren. Zum Ende<br />

der Vertragslaufzeit sind bei der Abnahme vertraglich<br />

vereinbarte Zustandswerte einzuhalten,<br />

die so bestimmt sind, dass der AN nicht mehr<br />

bei „Auszug“ – das heißt am Ende seines Vertrags<br />

– „renovieren“ muss, sondern diese Straßenerneuerung<br />

im Anschluss an den ÖPP-Vertrag<br />

von einem anderen Privaten konventionell oder<br />

mittels ÖPP durchzuführen ist. Die Lebenszyklusbetrachtung<br />

wirkt sich in unterschiedlichen<br />

Bereichen aus:<br />

x In finanzieller Hinsicht: Denn es sind nicht<br />

nur Haushaltsmittel für die Bauphase bereitzustellen,<br />

sondern bei der Haushaltsanmeldung<br />

des ÖPP-Projekts sind die geschätzten Ausgaben<br />

für die Bau-, Betriebs-, Erhaltungs- und<br />

Finanzierungsleistungen der gesamten Vertragslaufzeit<br />

anzugeben und vom Parlament<br />

zu bewilligen. Da ÖPP-Zahlungen im Haushalt<br />

ausgewiesen und nicht off-balance gebucht<br />

werden, handelt es sich bei den ÖPP-Zahlungen<br />

nicht um eine verdeckte Staatsverschuldung<br />

oder Umgehung der Schuldenbremse. Im<br />

sogenannten konventionellen Bereich werden<br />

indes mit der Aufnahme eines Bauprojekts in<br />

den Haushalt derartige Folgekosten – z.B. für<br />

Erhaltung und Betrieb – weder ermittelt noch<br />

finanzielle Mittel für die Folgejahre im Haushalt<br />

vorgesehen.<br />

x In wirtschaftlicher, qualitativer Hinsicht für<br />

den AN: Denn er muss für einen deutlich längeren<br />

als den üblichen Gewährleistungszeitraum<br />

von fünf Jahren seine Leistung auf dem<br />

vereinbarten Niveau halten.<br />

92


x In planerischer, technischer Hinsicht: Denn<br />

der AN muss bei der Planung der Maßnahme<br />

neben den Vorgaben der Planfeststellung und<br />

den technischen Vorschriften auch bereits die<br />

Durchführung und Finanzierung von Betrieb<br />

und Erhaltung der Infrastruktur im Blick haben.<br />

Dies führt u.a. zu besonders gründlicher<br />

Bauvorbereitung, z.B. detaillierterer Analyse<br />

von Baugrund und Baustoffen und lebenszyklusorientierten<br />

Modifikationen bei der Umsetzung,<br />

z.B. Bau der Entwässerungsleitung<br />

in einer möglichst einfach zu reinigenden<br />

Ausführung. Auch um dem AN ausreichend<br />

Spielraum für lebenszyklusorientierte Optimierungsmöglichkeiten<br />

zu lassen, soll die<br />

Leistungsbeschreibung möglichst funktional<br />

ausgestaltet ein, das heißt, dass der AG nicht<br />

einzelne Positionen und Massenangaben vorgibt<br />

– wie überwiegend im konventionellen<br />

Bereich –, sondern es werden funktionale Anforderungen<br />

an die Leistung vereinbart, z.B.<br />

Straßengriffigkeitswerte.<br />

Nutzerorientierung<br />

ÖPP-Modelle im Bundesfernstraßenbereich<br />

zeichnen sich durch verschiedene nutzerorientierte<br />

Elemente aus, die vor allem für hochbelastete<br />

Magistralen eine Vorbildfunktion entfalten<br />

könnten:<br />

x Vor allem hinsichtlich der Vergütung des AN<br />

sind nutzerorientierte Elemente implementiert,<br />

denn beim F-Modell erfolgt die Vergütung pro<br />

Fahrzeug, das heißt, der AN erhält je Nutzung<br />

seiner Strecke eine Gebühr oder ein Entgelt.<br />

Beim A-Modell erhält er pro LKW-Kilometer<br />

ein Entgelt und bei den Verfügbarkeitsmodellen<br />

bestimmt sich die Vergütung nach der Verfügbarkeit<br />

der Strecke für die Nutzer, z.B. je<br />

mehr Fahrstreifen für den Verkehrsteilnehmer<br />

bereitstehen, umso höher ist die Vergütung des<br />

AN. Da die AN regelmäßig davon ausgehen,<br />

dass nach Ende der Bauphase die Nutzerfrequenz<br />

steigt, haben sie ein eigenes Interesse<br />

an einer zügigen Baudurchführung. Die ÖPP-<br />

Großprojekte im Tiefbau sind alle zum oder<br />

sogar noch vor dem vereinbarten Fertigstellungstermin<br />

dem Verkehr übergeben worden,<br />

was u.a. aus Nutzersicht sehr positiv hervorzuheben<br />

ist. Auch das im Bau befindliche Projekt<br />

A5 soll ein Jahr früher für den Verkehr freigegeben<br />

werden als vertraglich vereinbart.<br />

x Zudem muss der AN in der Erhaltungs- und<br />

Betriebsphase dem AG Verkehrsbeeinträchtigungskosten<br />

zahlen. Sie stellen einen Anreiz<br />

dar, verkehrsbeeinträchtigende Tätigkeiten<br />

wie z.B. Mähen oder Schlaglochbeseitigung in<br />

möglichst kurzer und verkehrsarmer Zeit auszuführen.<br />

In dem hochbelasteten Bundesfernstraßennetz<br />

mit steigendem Erhaltungsbedarf<br />

dürfte eine zügige, professionelle Maßnahmendurchführung<br />

unter Verkehr eine wichtige<br />

Qualifikation darstellen.<br />

x Die Vergütung der ÖPP-AN erfolgt grundsätzlich<br />

aus Mautmitteln, das heißt, es wird ein<br />

„projektbezogener Nutzerfinanzierungskreislauf“<br />

geschaffen.<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

Bei den ÖPP-Modellen im Bundesfernstraßenbereich<br />

werden, wie von der Bundeshaushaltsordnung<br />

für alle finanzwirksamen Maßnahmen gefordert,<br />

Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen (WU)<br />

erstellt. Deren strenger Wirtschaftlichkeitsmaßstab<br />

wirkt sich wie folgt aus:<br />

x Im Hinblick auf die Kostentransparenz: Bei der<br />

WU werden alle Kosten und Nutzen einer konventionellen<br />

Projektumsetzung der kompletten<br />

Vertragslaufzeit mit denen einer ÖPP-Umsetzung<br />

verglichen. Nur wenn die ÖPP-Variante<br />

mindestens ebenso wirtschaftlich wie die konventionelle<br />

Umsetzung ist, kann ein ÖPP-Projekt<br />

gestartet werden bzw. erfolgt der Zuschlag<br />

auf ein ÖPP-Angebot. Die Eingangsdaten für<br />

die WU erstellt regelmäßig die Straßenbauverwaltung<br />

des Landes. Die Einbeziehung von<br />

Nutzen ist notwendig, um eine Vergleichbar-<br />

93


keit der Varianten herzustellen, z.B. in Form<br />

unterschiedlicher Fertigstellungszeitpunkte.<br />

Für die WU werden Projektrisiken identifiziert,<br />

quantifiziert und deren finanzielle Auswirkungen<br />

eingepreist. Diese wirtschaftliche Berücksichtigung<br />

und finanzielle Risikovorsorge ist für<br />

eine schnelle und möglichst risikoarme Projektumsetzung<br />

von zentraler Bedeutung, weshalb<br />

davon auszugehen ist, dass eine Auseinandersetzung<br />

mit und monetäre Berücksichtigung<br />

von Risiken auch im konventionellen Straßenbereich<br />

Einzug halten werden müssen.<br />

x Im Hinblick auf die Risikoverteilung: Im Rahmen<br />

der WU ist zu entscheiden, welche Risiken<br />

der AN und welche der AG trägt. Der<br />

AN installiert für die von ihm zu tragenden<br />

Risiken bereits heute regelmäßig ein effektives<br />

Risikomanagement, das darauf abzielt, etwaige<br />

Risiken möglichst früh zu erkennen und die<br />

Auswirkungen zu minimieren. Denn: Je stärker<br />

sich das von ihm zu tragende Risiko realisieren<br />

sollte, umso stärker wirkt es sich finanziell zu<br />

Lasten des AN aus.<br />

x Im Hinblick auf die Projektvorbereitung: Der<br />

AG muss eine vergleichsweise intensive Vorbereitung<br />

des Projekts über den gesamten Lebenszyklus<br />

vornehmen. Er überlegt sich ex<br />

ante genau, welche Leistungen er einkaufen<br />

will, welche Ziele das Projekt hat. Denn bei einem<br />

ÖPP-Vertrag wird die für den AG regelmäßig<br />

kostenintensive Änderung von Leistungen<br />

nach Vertragsabschluss erschwert, da jede Leistungssollveränderung<br />

Auswirkungen auf die Finanzplanung<br />

hätte, die der AN mit den Banken<br />

und Eigenkapitalgebern abstimmen müsste.<br />

Diese Disziplin wirkt sich bei ÖPP positiv auf<br />

die Einhaltung von Kosten- und Zeitplänen aus.<br />

x Die Verantwortlichkeit in der Hand eines AN<br />

anstatt zahlreicher Einzelunternehmer ermöglicht<br />

dem AG und dem AN ein zielgerichtetes<br />

Projektmanagement, das gerade bei Großbaustellen<br />

erfolgsentscheidend ist.<br />

x Die nachgelagerte WU bei ÖPP gibt Aufschluss<br />

über die Qualität der Leistung und macht die<br />

tatsächlichen Lebenszykluskosten transparent,<br />

die im konventionellen Sektor weder prognostiziert<br />

noch nachgehalten werden. Dabei<br />

können hieraus Schlussfolgerungen für ein<br />

nachhaltiges Bewirtschaften des Straßennetzes<br />

gezogen werden, da sie z.B. verdeutlichen,<br />

was Erfolgs- bzw. Misserfolgsfaktoren waren.<br />

ÖPP: Denken und Handeln in Alternativen<br />

Die Implementierung von ÖPP-Projekten im<br />

Bundesfernstraßenbereich erlaubt den Entscheidungsträgern,<br />

bei Infrastrukturmaßnahmen nicht<br />

nur den üblichen Weg zu beschreiten, sondern<br />

in Alternativen zu denken und in geeigneten Fällen<br />

neue Pfade zu nutzen. Es wird deutlich, dass<br />

ÖPP-Projekte Gemeinsamkeiten mit der konventionellen<br />

Umsetzung aufweisen, aber auch spezifische<br />

Besonderheiten, und zwar vor allem durch<br />

x die lebenszyklus- und nutzerorientierte<br />

Projektausgestaltung,<br />

x die wirtschaftlich orientierte Projektsteuerung<br />

und -umsetzung,<br />

x die Nutzung alternativer Finanzierungsformen,<br />

x alternative Organisationsansätze in institutionenübergreifenden<br />

Projektteams (Bund und<br />

Land gemeinsam).<br />

Da es seit Jahren in einigen für die Zukunft der<br />

Straße bedeutsamen Bereichen deutliche Veränderungen<br />

gibt – z.B. stets abnehmender Personalbestand,<br />

stetig steigende Verkehre sowie tendenziell<br />

unter Berücksichtigung der Preissteigerung<br />

sinkende Haushaltsmittel –, ist es sachgerecht<br />

und zukunftsorientiert, alternative Beschaffungswege<br />

zu eruieren und zu nutzen, um auf die<br />

äußeren Veränderungen zu reagieren. Wie aufgezeigt<br />

tragen ÖPP-Projekte schon heute dazu bei,<br />

Impulse für das Zukunftsthema „Wie beschafft<br />

der Bund effizient?“ zu geben. Auch insofern sind<br />

ÖPP-Projekte Wegbereiter für die Zukunft der<br />

Straße im 21. Jahrhundert.<br />

94


Aus Sicht des Auftraggebers: Sechsstreifiger Ausbau<br />

der A1 in beeindruckend kurzer Gesamtbauzeit<br />

Von Petra Rother und Julia Fundheller<br />

Die Bundesautobahn (BAB) A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck und<br />

dem Bremer Kreuz war das erste ÖPP-Projekt Niedersachsens und das<br />

vierte Pilotprojekt des Bundes. Die Bauphase des A-Modells A1 ist viereinhalb<br />

Jahre nach Baubeginn abgeschlossen. Jetzt geht das bisher<br />

größte ÖPP-Projekt der Bundesrepublik Deutschland in die Erhaltungsund<br />

Betriebsphase.<br />

VERKEHRSWEGEBAU<br />

Die BAB A1 verläuft von der deutschen Ostseeküste<br />

bis nach Saarbrücken und verbindet<br />

die westlichen Industriegebiete Deutschlands<br />

und des benachbarten Auslands mit den Seehäfen<br />

Bremen, Hamburg und Lübeck sowie mit<br />

Skandinavien.<br />

Im Juni 2005 erhielt die Zentrale der Niedersächsischen<br />

Landesbehörde für Straßenbau und<br />

Verkehr (NLStBV) den Projektauftrag zur Durchführung<br />

des Vergabeverfahrens für das A-Modell<br />

A1. Das Vergabeverfahren war als drittes von vier<br />

Pilotprojekten des Bundes und als erstes ÖPP-<br />

Projekt Niedersachsens durchzuführen. Die Herausforderung<br />

bestand darin, den Schritt vom<br />

bisherigen, kleinteiligen Einheitspreisvertrag hin<br />

zum Konzessionsvertrag mit funktionaler Leistungsbeschreibung<br />

zu gestalten. Hierbei war<br />

für jeden Aufgabenbereich für den Vertrag der<br />

Gestaltungsspielraum des Konzessionsnehmers<br />

vorzugeben und hieraus erwachsend das Aufgabenprofil<br />

der Auftragsverwaltung bei der späteren<br />

Bauausführung zu entwickeln. Die Bandbreite<br />

der Möglichkeiten wird an den unterschiedlichen<br />

Maßgaben der anderen drei Pilotprojekte<br />

deutlich.<br />

Projektstart und Ausbau<br />

Besonders hervorzuheben ist gegenüber den anderen<br />

Piloten, dass der Konzessionsnehmer in<br />

Niedersachsen den Grunderwerb für fünf von sieben<br />

Planfeststellungsabschnitten zu tätigen<br />

hatte. Das Risiko der rechtzeitigen<br />

Verfügbarkeit – abgestimmt auf seinen<br />

Bauablauf – lag dabei beim Konzessionsnehmer.<br />

Hier rechnete die NLStBV<br />

aufgrund des mit dem Baugeschehen<br />

verbundenen Termindrucks mit einer<br />

Vielzahl von Besitzeinweisungs- und<br />

Enteignungsverfahren. Deshalb wurden<br />

die Behörden, die diese Verfahren bearbeiteten,<br />

darauf vorbereitet, ggf. zusätzliches<br />

Personal vorzuhalten. Die große<br />

Akzeptanz des Ausbauvorhabens in der<br />

Bevölkerung hat jedoch trotz erheblichen<br />

Bedarfs an landwirtschaftlichen<br />

Flächen letztlich die befürchtete Anzahl<br />

an Verfahren nicht eintreten lassen, sodass<br />

der Grunderwerb in diesem Fall<br />

als vom Konzessionsnehmer erfolgreich<br />

durchgeführt beurteilt werden kann.<br />

Eine besondere Herausforderung stellte<br />

aus Sicht der NLStBV weiterhin<br />

die termingerechte Ausarbeitung der<br />

Entwurfs- und Ausführungsunterlagen inklusive<br />

der Ingenieurbauwerke für die gesamte BAB<br />

A1 auf der Basis der Planfeststellungsunterlagen<br />

dar. Hierfür war konzessionsnehmerseitig ein<br />

sehr hohes Engagement der Fachplaner erforderlich,<br />

dem die Auftragsverwaltung im Genehmigungsverfahren<br />

mit ebenso außergewöhnlichem<br />

Einsatz begegnete. Entwurf und Ausführungs-<br />

Dipl.-Ing. Petra Rother<br />

ist Leitende<br />

Baudirektorin und<br />

als Leiterin des Geschäftsbereichs<br />

3<br />

„Operative Aufgaben“<br />

in der Zentrale<br />

der Niedersächsischen<br />

Landesbehörde<br />

für Straßenbau<br />

und Verkehr<br />

(NLStBV) tätig.<br />

Dipl.-Ing. Julia<br />

Fundheller ist Bauoberrätin<br />

und leitet<br />

das Vertragsabwicklungsteam<br />

für<br />

das A-Modell A1<br />

im regionalen Geschäftsbereich<br />

Verden<br />

der NLStBV.<br />

95


planung der Ingenieurbauwerke hat der Konzessionär<br />

vorschriftenkonform durchgeführt. Die Tatsache,<br />

dass es gelang, die sehr große Anzahl von<br />

Planern, Prüfern und Verwaltungsmitarbeitern in<br />

jedem der Fachgebiete in einem elektronischen<br />

Planmanagementsystem – für die Verwaltung ein<br />

Pilot im Pilot – neu zu etablieren und termingerecht<br />

die Genehmigungsprozesse zu durchlaufen,<br />

kann als Erfolg gewertet werden, wenngleich<br />

es unabdingbar war, hier anfangs flexibel zu<br />

improvisieren.<br />

Parallel zur Vergabe sah sich der Konzessionsgeber<br />

vor die Aufgabe gestellt, eine geeignete<br />

Form der Organisation zu schaffen, mit der die<br />

Bereits während des Vergabeverfahrens begann<br />

das Vertragsabwicklungsteam damit, die beim<br />

Ausbau zu beteiligenden Behörden sowie die davon<br />

betroffenen Kommunen und Anwohner vorzubereiten<br />

und zu informieren. Die zwischen der<br />

Auftragsvergabe und dem Konzessionsbeginn, der<br />

Betriebsdienstübernahme und dem Baubeginn<br />

durch den Konzessionsnehmer liegende Zeitspanne<br />

betrug nur ein bzw. zwei Monate und stellte<br />

damit sowohl für den Konzessionsnehmer als<br />

auch für den Konzessionsgeber eine Herausforderung<br />

dar.<br />

Durch die vor Projektbeginn durchgeführten Vorbereitungsgespräche<br />

und Informationsveranstaltungen<br />

waren zwar Behörden und viele Anlieger<br />

über das Vorhaben informiert. Jedoch konnte<br />

während des laufenden Vergabeverfahrens keine<br />

Information zum Bauablauf gegeben werden, da<br />

dies Gegenstand des Wettbewerbs im Vergabeverfahren<br />

war. Eine Vorbereitung der Bevölkerung<br />

auf die Einschränkungen während der ersten<br />

Bauphase 2008/2009 konnte daher teilweise erst<br />

wenige Tage vor Baubeginn erfolgen. Insbesondere<br />

Landwirte waren durch die Baumaßnahmen<br />

deshalb besonders stark betroffen. Erst in den<br />

nachfolgenden Bauphasen konnte dem Problem<br />

mit einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit und<br />

rechtzeitiger Information begegnet werden.<br />

neuen und veränderten Aufgaben und Zuständigkeiten<br />

auf der A1 gewürdigt wurden. Dazu<br />

wurden in mehreren Bearbeitungsschritten die<br />

bei der öffent lichen Hand verbliebenen und im<br />

Projekt neu zu bewältigenden Aufgaben ermittelt,<br />

bewertet und letztlich mit Personalressourcen<br />

hinterlegt. Im Ergebnis wurde ein Vertragsabwicklungsteam<br />

im regionalen Geschäftsbereich<br />

Verden der NLStBV eingerichtet, der über die örtliche<br />

Nähe zum Baugeschehen und das notwendige<br />

Know-how aus der Planung des sechsstreifigen<br />

Ausbaus der A1 verfügt.<br />

Enge Zeitspanne<br />

Enge Abstimmung notwendig<br />

Die Baumaßnahmen erforderten eine enge Abstimmung<br />

zwischen dem Vorhabensträger, den<br />

am Bau Beteiligten und den betroffenen Behörden.<br />

So wurden insbesondere die Verkehrsbehörden<br />

und Straßenbaulastträger der untergeordneten<br />

Verkehrswege, die Ordnungsbehörden<br />

mit den Feuerwehren und Rettungsdiensten und<br />

die Polizei intensiv in die Abstimmungen der<br />

jeweiligen Bauphase einbezogen. Der Konzessionsnehmer<br />

war dabei ein von allen Seiten akzeptierter<br />

Partner. Im Ergebnis gelang eine gute und<br />

zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen allen<br />

Beteiligten.<br />

Der Konzessionsvertrag sah insgesamt eine Bauzeit<br />

von gut vier Jahren vor. Der daraus abgeleitete<br />

Bauablauf des Konzessionsnehmers ging mit<br />

großem Eingriff in das Verkehrsgeschehen auf der<br />

96


A1 wie auch im untergeordneten Straßennetz<br />

einher. So wurde gleichzeitig in bis zu sieben<br />

Bauabschnitten, verteilt auf die Gesamtausbaulänge<br />

von 72,5 Kilometer, gebaut. Die Verkehrsführung<br />

erfolgte dabei zwar regelkonform, doch<br />

wurde die Vielzahl der aufeinanderfolgenden<br />

Bauabschnitte in Verbindung mit dem hohen<br />

Schwerverkehrsanteil auf der A1 und den baustellenbedingt<br />

schmalen Fahrbahnen zu einer<br />

Herausforderung für die Verkehrsteilnehmer.<br />

Insgesamt wurden daher zur Erhöhung der Verkehrssicherheit<br />

in Abstimmung mit der Polizei<br />

besondere Maßnahmen ergriffen.<br />

Trotz dieser zusätzlichen Leistungen und einiger<br />

Terminverschiebungen hinsichtlich einzelner<br />

Bauleistungen konnte der Gesamtfertigstellungstermin<br />

für die Ausbauleistungen durch den Konzessionsnehmer<br />

um drei Monate unterboten<br />

werden.<br />

Das Baugeschehen auf der A1 zog großes media<br />

les und öffentliches Interesse auf sich. Die<br />

Schwere des baulichen Eingriffs in das Verkehrsgeschehen<br />

und die damit verbundenen Auswir-<br />

kungen auf Staulagen und Unfallhäufigkeit waren<br />

dafür ausschlaggebend. Darüber hinaus rückten<br />

die in der Planfeststellung getroffenen Festlegungen<br />

erst durch das tatsächliche Baugeschehen in<br />

den Fokus der Bevölkerung.<br />

Das öffentliche Informationsbedürfnis ist dem<br />

Konzessionsgeber aus anderen Vorhaben bekannt,<br />

war vom Konzessionsnehmer anfänglich<br />

jedoch unterschätzt worden. Auf zahlreichen Öffentlichkeitsveranstaltungen<br />

insbesondere zu Beginn<br />

der Maßnahme haben Konzessionsnehmer<br />

und Konzessionsgeber gemeinsam das Vorhaben<br />

vorgestellt. Aktuelle Presseinformationen informierten<br />

fortlaufend über die Entwicklungen. Im<br />

Laufe des Projektfortschritts wurde die Öffentlichkeit<br />

über eine Internetseite des Konzessionsnehmers<br />

und mit Flyern und Broschüren über<br />

das Projekt informiert.<br />

Erhaltung und Betrieb<br />

Nur zwei Monate nach Auftragsvergabe übernahm<br />

der Konzessionsnehmer im September<br />

2008 den Betriebsdienst auf 65,6 Kilometern der<br />

Die Bundesautobahn A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck und dem Bremer Kreuz war das erste ÖPP-Projekt Niedersachsens<br />

97


Ausbaustrecke. Dafür stellte der Konzessionsgeber<br />

sein unabhängig vom A-Modell 2007 aufgegebenes<br />

Gehöft der Autobahnmeisterei Hollenstedt<br />

direkt an der A1 zur Verfügung. Damit stand dem<br />

Konzessionsnehmer für die erste Betriebsphase<br />

ein nur mit wenig Aufwand herzurichtender,<br />

jedoch gemessen an der Betriebsstrecke deutlich<br />

außermittig gelegener Betriebsstandort zur<br />

Verfügung.<br />

Der Übergang auf den Betriebsdienst des Konzessionsnehmers<br />

verlief trotz des bei Übernahme<br />

bevorstehenden Winterdiensteinsatzes nahezu<br />

reibungslos. Lediglich Fahrzeugausstattung und<br />

Dokumentation der betrieblichen Tätigkeiten des<br />

Konzessionsnehmers bedurften einer näheren Abstimmung.<br />

Hier hatte der Konzessionsgeber im<br />

Vorfeld mit erheblich größeren Startschwierigkeiten<br />

gerechnet. Seit 2009 wird der Betriebsdienst<br />

des Konzessionsnehmers von seinem neu errichteten<br />

Standort in der Anschlussstelle Sittensen<br />

durchgeführt.<br />

Eine besondere Herausforderung stellte die Erhaltungsleistung<br />

an der während der ersten Bauphasen<br />

unter Verkehr liegenden Bestandsstrecke dar.<br />

Der Konzessionsnehmer übernahm gemäß dem<br />

Konzessionsvertrag die Konzessionsstrecke in<br />

dem Zustand, wie sie stand und lag. Insbesondere<br />

zu Beginn seiner Bautätigkeit musste der Konzessionsnehmer<br />

daher diverse Erhaltungsmaßnahmen<br />

ergreifen, um einen verkehrssicheren Zustand<br />

der Strecke zu gewährleisten.<br />

Erfolgsprojekt<br />

die bisherigen Erfahrungen der öffentlichen Verwaltung<br />

deutlich unterboten, da bislang die notwendigen<br />

finanziellen Mittel für die Realisierung<br />

einer solch kurzen Bauzeit durch den Bund nicht<br />

zur Verfügung gestellt werden konnten. Eine<br />

herkömmliche Vorgehensweise mit baulosweiser<br />

Vergabe hätte insgesamt sehr viel länger gedauert<br />

und wäre mit einem erheblich höheren Ressourcenaufwand<br />

verbunden gewesen. Insgesamt ist<br />

der Ausbau der A1 damit über verhältnismäßig<br />

kurze Zeit, aber auch unter großer Belastung für<br />

Anwohner und Verkehrsteilnehmer erfolgt. Das<br />

bauliche Ergebnis ist als Erfolg zu werten.<br />

Zur Bewältigung der Vielzahl an Aufgabenstellungen<br />

war von Beginn der Abwicklung an eine<br />

besonders enge Abstimmung zwischen Konzessionsnehmer<br />

und Konzessionsgeber erforderlich.<br />

So mussten im Laufe der Bauzeit insgesamt über<br />

300 Besprechungen zu Vertragsinhalten, technischen<br />

und verkehrlichen Fragestellungen und<br />

einer Vielzahl anderer Themen durchgeführt<br />

werden. Dabei war die Zusammenarbeit immer<br />

zielgerichtet und konstruktiv. Der Konzessionsvertrag<br />

mit der Übertragung einer Vielzahl von<br />

Chancen und Risiken an einen Konzessionsnehmer<br />

hat sich im Fall der A1 aus Sicht des Konzessionsgebers<br />

bewährt. Er bietet erheblich weniger<br />

Potenzial für Auseinandersetzungen als der herkömmliche<br />

Bauvertrag. Damit kann für die ersten<br />

4,5 Jahre des A-Modells A1 attestiert werden,<br />

dass ÖPP eine Finanzierungsalternative darstellt,<br />

die auch seitens der Auftragsverwaltung gemeinsam<br />

mit einem Konzessionsnehmer umgesetzt<br />

werden kann.<br />

Der sechsstreifige Ausbau der A1 im Rahmen dieses<br />

A-Modells hat mit seiner Gesamtausbauzeit<br />

98


Aus Sicht des Auftragnehmers: PPP-Pilotprojekt A1<br />

erfolgreich umgesetzt<br />

Von Volker Ellenberg und Lutz Hoffmann<br />

Die Autobahn A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck bei Hamburg und<br />

dem Bremer Kreuz wurde rund drei Monate vor dem vertraglichen Fertigstellungstermin<br />

für den Verkehr freigegeben. Die bei der Realisierung<br />

des Projekts gemachten Erfahrungen zeigen, dass PPP ein Erfolgsrezept<br />

für die schnelle und qualitativ hochwertige Umsetzung großer Infrastrukturprojekte<br />

in Deutschland sein kann.<br />

VERKEHRSWEGEBAU<br />

Am 11. Oktober 2012 fand die feierliche Eröffnung<br />

der A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck<br />

und dem Bremer Kreuz statt.<br />

Größtes A-Modell-Pilotprojekt<br />

Im Juli 2008 hatten der Konzessionsgeber, die<br />

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch<br />

die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau<br />

und Verkehr, und die Projektgesellschaft A1<br />

mobil GmbH & Co. KG (A1 mobil) als Konzessionsnehmer<br />

nach einer mehr als zweijährigen Angebotsphase<br />

den Konzessionsvertrag für die A1<br />

unterschrieben. Gegenstand des Vertrags war die<br />

Entwurfs- und Ausführungsplanung, der Ausbau<br />

einschließlich der Bauablaufplanung, der Betrieb<br />

sowie die langfristige Erhaltung der Strecke über<br />

30 Jahre als bis dahin größtes A-Mo dell Pilotprojekt<br />

Deutschlands. Das mit diesen Leistungen<br />

verbundene Investitionsvolumen von rund<br />

650 Millionen Euro wird durch Eigenkapital der<br />

Gesellschafter der Projektgesellschaft in Höhe<br />

von rund 100 Millionen Euro sowie durch Fremdmittel<br />

einer aus neun Banken bestehenden Bankengruppe<br />

eingebracht. Die Gesellschafter der<br />

A1 mobil sind die Unternehmen Bilfinger Project<br />

Investments, John Laing und Johann Bunte.<br />

Die Refinanzierung der eingebrachten Mittel erfolgt<br />

im Laufe der dreißigjährigen Konzessions zeit<br />

durch anteilige monatliche Einnahmen aus der<br />

LKW-Maut auf der Strecke. Die Projektgesellschaft<br />

trägt somit das Verkehrsmengenrisiko.<br />

Mit der Planung und dem Ausbau der<br />

Strecke hatte die A1 mobil die Arbeitsgemeinschaft<br />

A1 Hamburg–Bremen<br />

(ARGE) beauftragt. Die Gesellschafter<br />

der ARGE sind die Bilfinger Infrastructure<br />

GmbH und die Johann Bunte Bauunternehmung<br />

GmbH & Co. KG.<br />

Planmanagement per Internet<br />

Nach der Zuschlagserteilung im Juli<br />

2008 galt es innerhalb kürzester Zeit<br />

mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung der<br />

fast 73 Kilometer langen Strecke zu beginnen.<br />

Wie die allgemeine Erfahrung mit Großprojekten<br />

zeigt, liegen hier bereits häufig die Ursachen für<br />

später eintretende Verzögerungen, da Planeinreichfristen<br />

oder auch Planprüffristen nicht eingehalten<br />

werden. Im Fall der A1 zeigte sich bereits<br />

frühzeitig die partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />

zwischen dem Konzessionsgeber und dem Konzessionsnehmer.<br />

So schöpfte der Konzessionsgeber<br />

in der Regel nicht die ihm vertraglich zustehenden<br />

Planprüffristen aus, sondern bemühte<br />

sich, die Planprüfung und Planfreigabe kurzfristig<br />

zu realisieren. Dies erfolgte vor allem durch die<br />

Bereitstellung zusätzlicher personeller Kapazitäten,<br />

um die regelmäßig auftretenden Planungsspitzen<br />

abzudecken. Besonders hilfreich erwies<br />

sich dabei auch das mit dem Konzessionsvertrag<br />

vereinbarte internetbasierte Planmanagementsystem<br />

(IPMS), da durch den digitalen Planlauf das<br />

Volker Ellenberg ist<br />

Direktor/Prokurist<br />

der Bilfinger Project<br />

Investments Europe<br />

GmbH.<br />

Lutz Hoffmann ist<br />

Geschäftsführer der<br />

A1 mobil GmbH &<br />

Co. KG.<br />

99


Planungsprozedere deutlich beschleunigt werden<br />

konnte. Gleichzeitig konnte in dieser Phase<br />

durch die frühzeitige und intensive Planung und<br />

Arbeitsvorbereitung des Konzessionsnehmers der<br />

Grund stein für die qualitativ hochwertige Bauausführung<br />

und schnellere Fertigstellung des Gesamtprojekts<br />

gelegt werden.<br />

Der von der ARGE entwickelte Gesamtterminplan,<br />

einschließlich des zugehörigen Logistikkonzepts,<br />

diente während der vierjährigen Bauphase<br />

als roter Faden. Die exakte Planung und<br />

Vorbereitung wiederum wurde durch die gezielte<br />

Auswahl von Personal mit Erfahrung in der<br />

Durchführung von Großprojekten und im Großprojektmanagement<br />

sichergestellt.<br />

Zur Vorbereitung gehörte auch die Auswahl und<br />

vertragliche Bindung einer Vielzahl von Nachunternehmern.<br />

Der überwiegende Teil der am Ende<br />

mehr als 200 kleinen und großen mittelständischen<br />

Unternehmen wurde bereits zu Projektbeginn<br />

vertraglich gebunden. Die Unternehmen<br />

wurden mit einer Vielzahl von Gewerken, wie<br />

z.B. mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung,<br />

der Verkehrssicherung, dem Abbruch sowie<br />

dem Bau von Brücken und zahlreichen weiteren<br />

Leistungen beauftragt. Dagegen verblieben die<br />

Schlüsselgewerke, wie die Herstellung der Fahrbahn,<br />

der Fahrbahnentwässerung oder auch die<br />

Herstellung einzelner anspruchsvoller Brückenbauwerke,<br />

bei der ARGE.<br />

Ausbau der A1<br />

Zum Ausbau der 72,5 Kilometer langen Strecke<br />

wurden in den Jahren 2009 und 2010 jeweils<br />

sieben Baustellenabschnitte mit rund sechs Kilometer<br />

Länge eingerichtet. Nicht nur die komplexe<br />

Bau- und Logistikaufgabe zur Realisierung<br />

von sieben Bauabschnitten gleichzeitig, sondern<br />

insbesondere auch das Bauen unter Verkehr erwies<br />

sich als sehr anspruchsvolle Aufgabenstellung.<br />

Bedingt durch den nur 11,50 Meter breiten<br />

alten Fahrbahnquerschnitt, auf dem in den Bauabschnitten<br />

der Verkehr mit zwei Fahrstreifen<br />

je Richtung zwischen Hamburg und Bremen zu<br />

führen war, kam es aufgrund der Enge der Fahrstreifen<br />

zu einem deutlich erhöhten Unfallaufkommen.<br />

Zudem stellte die Aneinanderreihung<br />

von sieben Baustellen mit dazwischenliegenden<br />

sogenannten Entspannungsabschnitten mit einer<br />

Mindestlänge von fünf Kilometern die Verkehrsteilnehmer<br />

vor besondere Herausforderungen.<br />

Im Ergebnis war das Projekt aufgrund der erhöhten<br />

Unfallzahlen erheblicher öffentlicher Kritik<br />

ausgesetzt. Vielfach wurde in den Medien und<br />

Das PPP-Projekt A1 Hamburg–Bremen war das bis dahin größte A-Modell-Pilotprojekt<br />

100


seitens der Nutzer eine mangelhafte Baustellenplanung<br />

beklagt. PPP-Kritiker nutzten diese Phase,<br />

um das Projekt zur Plattform für pauschale<br />

Kritik zu machen. So unternahm man wiederholt<br />

den Versuch, einen kausalen Zusammenhang<br />

zwischen der realisierten Verkehrsführung und<br />

der Durchführung des Projekts im Rahmen eines<br />

PPP-Vertrags zu konstruieren. Der Projektgesellschaft<br />

wurde vorgeworfen, man habe zu<br />

Lasten der Sicherheit eine gezielt kostengünstige<br />

Verkehrsführung gewählt. Faktisch stellte die gewählte<br />

Verkehrsführung die Umsetzung der im<br />

Rahmen des Konzessionsvertrags vorgegebenen<br />

Parameter dar. Dabei wurden zu jedem Zeitpunkt<br />

die Vorgaben der gültigen Regelwerke zur Verkehrsführung<br />

und Sicherung von Arbeitsstellen<br />

eingehalten.<br />

In Anbetracht der hohen Unfallzahlen beauftragte<br />

der Konzessionsgeber für die im Jahr 2011 zu<br />

bauenden sechs Bauabschnitte eine Verbreiterung<br />

der Altfahrbahn, um größere Fahrstreifenbreiten<br />

zu ermöglichen. Aufgrund der topografischen<br />

Verhältnisse und der Vielzahl alter Brückenbauwerke<br />

mit geringer Breite konnte die Verbreiterung<br />

nur in fünf von sechs Bauabschnitten vorgenommen<br />

werden. Im Ergebnis war dennoch eine<br />

Reduzierung der Unfallzahlen zu verzeichnen.<br />

Intensive Öffentlichkeitsarbeit<br />

Seitens der Projektgesellschaft wurde in Abstimmung<br />

mit dem Konzessionsgeber angesichts der<br />

in den beiden ersten Jahren gemachten Erfahrungen<br />

die Öffentlichkeitsarbeit deutlich intensiviert,<br />

um ungerechtfertigter und pauschaler Kritik<br />

entgegenzutreten.<br />

Die gesamte Planungs- und Bauphase war von<br />

einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen<br />

Konzessionsgeber und Konzessionsnehmer<br />

geprägt, was dem Geist des Konzessionsvertrags<br />

entspricht. Im Vergleich zum konventionellen<br />

Bauvertrag beinhaltet dieser deutlich weniger<br />

Konfliktpotenzial, da der private Partner im PPP-<br />

Vertrag in der Regel diejenigen Risiken über-<br />

nimmt, die bei konventionellen Bauverträgen<br />

regelmäßig zu Vertragsstreitigkeiten einschließlich<br />

daraus resultierendem Zeitverzug und Mehrkostenansprüchen<br />

führen. Sehr sachorientiertes<br />

und zielgerichtetes gemeinsames Handeln war<br />

die Folge im Fall des A-Modells A1. Selbst im<br />

Vertrag kompliziert angelegte Abläufe, wie z.B.<br />

das Abnahmeprozedere der Einzelbauabschnitte,<br />

konnten sehr pragmatisch einer Lösung zugeführt<br />

werden.<br />

Der Rahmen für die bauliche Umsetzung unterschied<br />

sich unwesentlich von konventionellen<br />

Projekten, da im Konzessionsvertrag unverändert<br />

alle gültigen technischen Regelwerke verankert<br />

sind. Lediglich hinsichtlich der gewählten<br />

Bauweisen ergriff der Konzessionsnehmer die<br />

Möglichkeit, gezielt innovative Konzepte zu realisieren,<br />

die durch Art und Qualität auf Nachhaltigkeit<br />

und damit auf Kostenminimierung während<br />

der Erhaltungsphase ausgerichtet sind.<br />

Reibungslose Übernahme<br />

Die Übernahme des Betriebsdienstes auf einer<br />

Länge von rund 65 Kilometern der insgesamt<br />

72,5 Kilometer langen Strecke durch den Konzessionsnehmer<br />

am 1. September 2008, kurz<br />

nach der Auftragserteilung, erzeugte zunächst<br />

auf beiden Seiten einen erhöhten Aufwand. Während<br />

der Konzessionsnehmer Personal und Gerät<br />

sowie das gesamte Berichtswesen zu etablieren<br />

hatte, oblag es dem Konzessionsgeber, sich durch<br />

verstärkte Kontrolle ein Bild von der Leistungsfähigkeit<br />

des privaten Partners zu machen. Sehr<br />

schnell stellte sich heraus, dass die Übernahme<br />

des Betriebsdiensts ohne Probleme erfolgte. Der<br />

Schlüssel für die reibungslose Übernahme war<br />

der Einsatz erfahrenen Leitungspersonals auf Seiten<br />

des Konzessionsnehmers. Hingegen wurde<br />

der überwiegende Teil der Straßenwärter aus den<br />

unterschiedlichsten Berufsbereichen akquiriert<br />

und gezielt ausgebildet.<br />

Nachdem schnell Vertrauen zwischen den Vertragspartnern<br />

aufgebaut war, stellte sich an den<br />

101


jeweiligen Streckenenden die Problematik, dass<br />

hier der Konzessionsgeber für den Betrieb, der<br />

Konzessionsnehmer aber für die Erhaltung zuständig<br />

ist. Nicht vorhergesehene Schnittstellenprobleme<br />

waren die Folge, da nicht jeder denkbare<br />

Einzelfall im Konzessionsvertrag geregelt werden<br />

kann. Die Vertragspartner entschieden sich, einen<br />

ergänzenden Schnittstellenkatalog zu vereinbaren.<br />

Jedoch bleibt festzustellen, dass auch damit<br />

nicht alle Schnittstellenrisiken, die sich durch die<br />

Ungleichheit von Betriebs- und Erhaltungsstrecke<br />

ergeben, auszuschalten sind.<br />

Weitere ÖPP-Potenziale<br />

Das Beispiel des A-Modells A1 Hamburg–Bremen<br />

zeigt, dass es in Deutschland möglich ist, mit Hilfe<br />

von privatem Kapital den dringend benötigten<br />

Ausbau der Infrastruktur zu beschleunigen. In extrem<br />

kurzer Bauzeit, bei gleichzeitig hoher Qualität<br />

und unter Einhaltung des Kostenrahmens,<br />

konnte der für den nationalen und internationalen<br />

Warenverkehr besonders wichtige Streckenabschnitt<br />

zwischen Hamburg und Bremen fertiggestellt<br />

werden.<br />

Bei diesem Pilotprojekt wurden bei weitem noch<br />

nicht alle Potenziale, die eine Öffentlich-Private<br />

Partnerschaft bietet, ausgeschöpft. Eine noch<br />

schnellere Umsetzung kann etwa durch die Verkürzung<br />

der Angebotsphase erreicht werden. Im<br />

Fall der A1 erstreckte sich das Präqualifikationsverfahren<br />

über einen Zeitraum von mehr als einem<br />

halben Jahr. Die Überprüfung der Eignung<br />

einzelner Bewerber in der Präqualifikationsphase<br />

könnte mit Hilfe von Referenzdatenbanken auf<br />

Seiten des Bundes deutlich verkürzt werden.<br />

Ferner zeigt die stark volatile gesamtwirtschaftliche<br />

Entwicklung, die seit Konzessionsbeginn<br />

im Jahr 2008 stattgefunden hat, dass zukünftig<br />

Projekte mit Verkehrsmengenrisiko durch Verfügbarkeitsmodelle<br />

ersetzt werden sollten. Dem<br />

privaten Partner kann nicht das Einnahmenrisiko<br />

in Abhängigkeit von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen<br />

aufgebürdet werden.<br />

Auch die Anpassung einzelner konzessionsvertraglicher<br />

Regelungen empfiehlt sich. Hier<br />

besteht z.B. die Möglichkeit, das Abnahmeprozedere<br />

zwischen Konzessionsgeber und Konzessionsnehmer<br />

für Einzelbauwerke und -abschnitte<br />

deutlich zu vereinfachen.<br />

Die gemachten Erfahrungen zeigen, dass künftig<br />

frühzeitig bereits auf Seiten des Bundes, als ausschreibende<br />

Stelle, Verkehrssicherheitsaspekte,<br />

wie die vorlaufende Verbreiterung der A1, mit in<br />

die Planung einbezogen werden sollten.<br />

Zudem wäre zu wünschen, dass in zukünftigen<br />

A-Modellen mehr Spielraum für technische Innovationen<br />

geschaffen wird, da die bisherige bauliche<br />

Realisierung strikt am bestehenden technischen<br />

Regelwerk ausgerichtet ist. Denkbar wäre<br />

eine „ZTV A-Modelle“, in der z.B. neben dem<br />

herkömmlichen Regelwerk der Einsatz innovativer<br />

Bauweisen und Baustoffe oder auch an die<br />

Aufgabenstellung angepasste Prüfvorschriften<br />

enthalten sein könnten.<br />

In Bezug auf den Straßenbetriebsdienst und die<br />

Erhaltung ist es in jedem Fall von Vorteil, wenn<br />

die Betriebsstrecke auch der Erhaltungsstrecke<br />

entspricht. Damit werden unnötige Schnittstellen<br />

und somit vertragliche Konflikte zwischen<br />

dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer vermieden.<br />

Der Zeitrahmen zur Übernahme des<br />

Betriebsdienstes sollte deutlich größer bemessen<br />

werden als im Fall der A1.<br />

Das Projekt A1 hat ferner gezeigt, wie wichtig<br />

eine intensive projektbegleitende Öffentlichkeitsarbeit<br />

ist. Gemeinsam sollten sowohl der Bund<br />

und die Länder als auch die private Wirtschaft<br />

Anstrengungen unternehmen, um die Transparenz<br />

von PPP-Verträgen zu erhöhen. Der einseitigen<br />

Negativdarstellung von PPP-Projekten und<br />

den umfangreich vorhandenen Vorurteilen in der<br />

Öffentlichkeit kann nur mit umfassender Information<br />

und offener Kommunikation begegnet<br />

werden.<br />

102


Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur:<br />

Der Blick in die Zukunft<br />

Von Prof. Dr. Torsten R. Böger und Juliane Willmer<br />

Die Verkehrsinfrastruktur ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die<br />

wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Ihr Umfang und ihre Qualität<br />

ermöglichen Mobilität und Wachstum. Der Schlüssel für eine leistungsfähige<br />

Verkehrsinfrastruktur ist eine verlässliche und bedarfsorientierte<br />

Finanzierung: Nur so kann ein effizientes Bereitstellungs- und Bewirtschaftungssystem<br />

eingerichtet werden.<br />

VERKEHRSWEGEBAU<br />

Seit vielen Jahren ist jedoch eine massive Unterfinanzierung<br />

der Verkehrsinfrastruktur zu verzeichnen.<br />

Der kürzlich veröffentlichte Bericht<br />

der durch die Verkehrsministerkonferenz der<br />

Länder eingesetzten Kommission „Zukunft der<br />

Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter Leitung<br />

des Ministers a.D., Dr. Karl-Heinz Daehre, beziffert<br />

den jährlichen Nachholbedarf für alle Verkehrsträger<br />

für Bund, Länder und Kommunen auf<br />

mindestens 7,5 Milliarden Euro pro Jahr. Daneben<br />

stellen auch die „Mobilitätskommission der<br />

CDU“ und die Arbeitsgruppe „Infrastrukturkonsens“<br />

der SPD-Bundestagsfraktion eine massive<br />

Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur fest.<br />

Auch die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft<br />

beklagen seit Jahren die negativen Folgen<br />

der Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur<br />

für Wachstum und Beschäftigung.<br />

So einig sich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft<br />

in der Diagnose sind, so kontrovers wird dagegen<br />

über mögliche Lösungen für das Finanzierungsdilemma<br />

diskutiert. Der Bericht der Kommission<br />

stellt vor diesem Hintergrund die zwei<br />

für die Einnahmeseite grundsätzlich denkbaren<br />

Instrumente zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur<br />

dar: die Nutzung allgemeiner bzw.<br />

verkehrsspezifischer Steuern einerseits sowie eine<br />

Ausweitung der bisher bestehenden Nutzerfinanzierung<br />

andererseits. Die Frage, mit welchem<br />

Ins trument oder mit welchem Instrumentenmix<br />

unsere Verkehrsinfrastruktur künftig zu finanzieren<br />

sein wird, muss jedoch noch weiter<br />

diskutiert werden.<br />

Zweckgebundene Verwendung der<br />

Mittel<br />

Eine größere Einigkeit besteht jedoch<br />

in der Frage einer zweckgebundenen<br />

Verwendung der für die Finanzierung<br />

der Verkehrsinfrastruktur vorgesehenen<br />

Mittel. Eine starke Zweckbindung<br />

ist die entscheidende Voraussetzung, um einen<br />

geschlossenen und kostendeckenden Finanzierungskreislauf<br />

aufzubauen, der am Bedarf ausgerichtet<br />

ist und auf den Kosten der In frastruktur<br />

basiert. Dadurch kann eine effiziente Finanzierung<br />

erreicht werden, die sich an der Nachfrage<br />

orientiert und bei der die Finanzierung eine<br />

wichtige Ressource ist, um wirtschaftliche Beschaffungs-<br />

und Bewirtschaftungsvorgänge zu<br />

steuern. Daher wird in der verkehrspolitischen<br />

Diskussion zunehmend die Einrichtung von Infrastrukturfonds<br />

zur zweckgebundenen Finanzierung<br />

der Verkehrsinfrastruktur diskutiert.<br />

Die Kommission hat diese Überlegungen aufgegriffen<br />

und konkretisiert, indem sie für die Konstruktion<br />

eines möglichen Infrastrukturfonds ein<br />

geschlossenes Konzept für die gesetzliche und<br />

organisatorische Zuordnung von Aufgaben, Befugnissen<br />

und Verantwortung entwickelt hat.<br />

Um die Einrichtung von Infrastrukturfonds zur<br />

Prof. Dr. Torsten R.<br />

Böger ist Geschäftsführer<br />

und<br />

Juliane Willmer ist<br />

Assistentin der Geschäftsführung<br />

der<br />

Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft<br />

( VIFG).<br />

103


Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturen zu<br />

einem leistungsfähigen Modell der Infrastrukturfinanzierung<br />

zu entwickeln, mit dem ein<br />

optimaler Einsatz knapper Mittel und damit eine<br />

nachhaltige Finanzwirksamkeit im Finanzierungssystem<br />

erreicht werden kann, nennt die<br />

Kommission die notwendigen Rahmenbedingungen<br />

und Zielsetzungen für die Einrichtung von<br />

Infrastrukturfonds:<br />

x Eine nachhaltige Sicherstellung des Finanzbedarfs<br />

durch die Zweckbindung von Nutzerentgelten<br />

und sonstigen dem Fonds zugeführten,<br />

verkehrsbezogenen Steuermitteln.<br />

x Die Ausrichtung des Finanzbedarfs auf Basis<br />

einer verbindlichen Kosten- und Leistungsrechnung,<br />

um eine dauerhafte und nachhaltige Verbindung<br />

zwischen der Leistungs- und Kostenseite<br />

und der Finanzierungsseite zu schaffen.<br />

x Ein hohes Maß an Transparenz für die Verwendung<br />

der Mittel.<br />

x Eine Verstetigung des Investitions- und Finanzierungsprozesses<br />

durch die Entkoppelung<br />

der Finanzierung vom Jährlichkeitsprinzip des<br />

Haushalts.<br />

x Die Verbindung zwischen Einnahmen- und<br />

Ausgabenseite im Sinne einer Effizienzbrücke,<br />

die damit Effizienzsteigerungen durch<br />

Planungssicherheit bei der Finanzierung<br />

ermöglicht.<br />

x Die zügige und effiziente Realisierung der<br />

Maßnahmen nach Wirtschaftlichkeitskriterien<br />

und Kosten-Nutzen-Analysen.<br />

x Ein optimaler Einsatz der zur Verfügung stehenden<br />

Mittel durch eine Kombination öffentlicher<br />

und privater Finanzierung.<br />

(Quelle: Abschlussbericht Daehre-Kommission<br />

(2012), S. 47)<br />

Die Zuweisung von Finanzmitteln an einen Fonds<br />

kann grundsätzlich auf zwei Wegen erfolgen:<br />

Zum einen ist eine gesetzliche Zuweisung denkbar,<br />

wie sie seit langem für die direkte Zuweisung<br />

der Mittel aus der LKW-Maut an die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft<br />

(VIFG) diskutiert<br />

wird. Zum anderen kann eine Zuweisung<br />

auch auf vertragsrechtlicher Grundlage über eine<br />

Finanzierungsvereinbarung erfolgen. Dieser Weg<br />

wird im Bereich der Bundesschienenwege mit<br />

der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung<br />

(LuFV) Schiene in Teilen bereits umgesetzt.<br />

Vertragliche Finanzierungsvereinbarung<br />

Mit Hilfe einer vertragsrechtlich begründeten Finanzierungsvereinbarung<br />

wird die jeweils zuständige<br />

Gebietskörperschaft in die Lage versetzt, die<br />

Zweckbindung der vorgesehenen Finanzmittel<br />

auch für den Haushaltsgesetzgeber für die Laufzeit<br />

der Finanzierungsvereinbarung verbindlich<br />

zu machen. Ein weiterer Vorteil einer vertraglichen<br />

Vereinbarung liegt in der Möglichkeit, bei<br />

sachgerechter Konstruktion der Finanzierungsvereinbarung<br />

eine dynamische Verknüpfung mit<br />

dem tatsächlichen und sich über die Lebensdauer<br />

der Infrastruktur verändernden Finanzbedarf zu<br />

erreichen. Dies entspricht dem Grundgedanken<br />

eines Finanzierungskreislaufs. Im Rahmen der<br />

vertraglichen Vereinbarung wird dem Fonds –<br />

praktisch im Gegenzug zur Bereitstellung der<br />

Mittel – die finanzielle Baulast und damit die<br />

Finanzierungsverantwortung übertragen. Auf<br />

Basis dieser vertraglich festgelegten und kostenbezogenen<br />

Finanzierungsvereinbarung zwischen<br />

Gebietskörperschaft und Fonds ist dieser in der<br />

Lage, mit den für die eigentliche Bewirtschaftung<br />

zuständigen baulastträgerbezogenen Institutionen,<br />

wie beispielsweise den Ländern im Rahmen<br />

der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen,<br />

wiederum leistungsbezogene Finanzierungsvereinbarungen<br />

abzuschließen und deren Finanzierung<br />

auch zu sichern.<br />

Im Detail untergliedern sich die erarbeiteten<br />

Fondsstrukturen in die Verkehrsträger Straße,<br />

Schiene und Wasserstraße. Speziell in den Bereichen<br />

Straße und Wasserstraße erfolgt eine Differenzierung<br />

nach Bund- und Länderebene. Dabei<br />

orientiert sich die Gliederung an den oben genannten<br />

Zielsetzungen und Rahmenbedingungen<br />

der Kommission. Verantwortung und Entscheidungsgewalt<br />

verbleiben bei diesem Modell voll-<br />

104


ständig bei Politik und Verwaltung. Die Fondsstruktur<br />

verhilft der öffentlichen Seite jedoch<br />

dazu, ihre Verkehrsinfrastrukturinvestitionen effizient<br />

umzusetzen.<br />

Am Beispiel des Fonds Bundesfernstraßen werden<br />

die Übertragung der Finanzierungsverantwortung<br />

auf den Fonds und der vertraglich durch eine Finanzierungsvereinbarung<br />

zwischen Bund und<br />

Fonds geregelte Finanzfluss deutlich. Das Programm<br />

für Ausbau, Neubau und Erhaltung wird<br />

durch den Gesetzgeber vorgegeben. Gespeist wird<br />

der Fonds aus den Einnahmen der LKW-Maut auf<br />

den Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen.<br />

Darüber hinaus können dem Fonds weitere Haushaltsmittel<br />

zugeführt werden. Langfristig ist eine<br />

Ausweitung der Nutzerfinanzierung hin zu einem<br />

vollständigen Finanzierungskreislauf sinnvoll. So<br />

kann der Fonds künftig ausschließlich durch Nutzergebühren<br />

gespeist und auf die Zuführung von<br />

Haushaltsmitteln verzichtet werden. Die Möglichkeit<br />

des Mittelausgleichs zwischen den einzelnen<br />

Maßnahmen stärkt die Effizienz der Straßenbereitstellung<br />

im Bundesfernstraßenbau. Die VIFG<br />

kann durch die Ausgestaltung als Fonds zu einer<br />

effizienten Finanzierungsgesellschaft weiterentwickelt<br />

werden, und das mit der Gründung der<br />

VIFG begonnene Konzept einer schrittweisen<br />

Umstellung von Steuerfinanzierung auf Nutzerfinanzierung<br />

kann auf diese Weise systemkonform<br />

fortentwickelt werden.<br />

Regionale Ausgestaltung noch offen<br />

Die Ausgestaltung der Struktur der regionalen<br />

Verkehrsfonds ist noch offen. Hier bieten sich<br />

verschiedene Optionen an: Zum einen kann ein<br />

Fonds für alle Länder eingerichtet werden, zum<br />

anderen wäre auch ein Fonds für jedes Bundesland<br />

denkbar. Ein Fonds für alle Länder kann die<br />

vorgesehenen Mittel bündeln und diese vollständig<br />

nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel<br />

weiterleiten. Gespeist wird der Fonds aus Mitteln<br />

des Bundeshaushalts, aus den Landeshaushalten<br />

sowie aus Eigenmitteln der Baulastträger. Künftig<br />

sind auch Mittel aus der Ausweitung der Nutzerfinanzierung<br />

im Bereich der Länder und Kommunen<br />

denkbar. Erhaltung und Nachholbedarf<br />

können auf diese Weise effizient sichergestellt<br />

werden.<br />

Fondsstruktur Bundesfernstraßen<br />

Mittel aus dem Bundeshaushalt<br />

Steuerfinanzierung<br />

Mittel aus dem Bundeshaushalt<br />

Nutzerfinanzierung<br />

Finanzierungsvereinbarung<br />

Bund – Fonds<br />

Straßenfonds Bund<br />

BAB<br />

LuFV<br />

Fonds – AV<br />

Auftragsverwaltungen<br />

Länder<br />

Bundesstraßen<br />

Quelle: Abschlussbericht Daehre-Kommission (2012), S. 57<br />

105


Die Fondsstruktur für den Verkehrsträger Schiene<br />

umfasst zum einen den Schienenfonds DB AG<br />

und zum andern einen Fonds für die nichtbundeseigenen<br />

Eisenbahnen. Finanziert werden die<br />

Fonds aus Steuermitteln und aus Eigenmitteln<br />

der Infrastrukturunternehmen. Bereits heute<br />

wird im Rahmen der Bundesschienenwege für<br />

einen festgelegten Zeitraum eine Leistungs- und<br />

Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund<br />

und der DB AG (LuFV) zur Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen<br />

in Höhe von 2,5 Milliarden<br />

Euro pro Jahr abgeschlossen. Der Umfang der<br />

Zahlungen wird für jede Vertragsperiode auf Basis<br />

einer Bedarfsanalyse neu bestimmt. Das Beispiel<br />

der LuFV bei der DB AG soll künftig auch für die<br />

nichtbundeseigenen Infrastrukturen Anwendung<br />

finden. Dabei sollen auch die Länder beteiligt<br />

werden.<br />

Im Bereich der Wasserstraßen ist der Fonds, wie<br />

oben schon erwähnt, in Bundes- und Landesebene<br />

unterteilt. Der Bundeswasserstraßenfonds soll<br />

einerseits aus Steuermitteln gespeist werden, andererseits<br />

ist er offen, sofern in der Zukunft eine<br />

Einrichtung/Ausweitung der Nutzerfinanzierung<br />

erfolgt. Dazu wird zwischen Bund und Wasser-<br />

straßenfonds eine Finanzierungsvereinbarung<br />

abgeschlossen. Darauf aufbauend kann mit Hilfe<br />

einer LuFV mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung<br />

des Bundes die Umsetzung festgelegter<br />

Maßnahmen der Bestandserhaltung sichergestellt<br />

werden. Der Fonds für die Landeswasserwege<br />

erhält Mittel aus dem Bundeshaushalt sowie<br />

den Landeshaushalten. Auch hier können<br />

auf Grundlage einer Finanzierungsvereinbarung<br />

zwischen Bund und Fonds Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen<br />

Anwendung finden, die<br />

zwischen Land und Baulastträger abgeschlossen<br />

werden.<br />

Schlüssiges Konzept<br />

Die Kommission hat damit ein schlüssiges Konzept<br />

für eine umfassende Zweckbindung der Mittel<br />

für die Infrastrukturfinanzierung vorgelegt.<br />

Dieses Konzept orientiert sich am Gedanken einer<br />

besonderen Verantwortungsübernahme für<br />

die Finanzierung und Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur.<br />

Dies ist ein Gedanke, der sich im<br />

Übrigen auch in den Überlegungen zur Gründung<br />

der VIFG und der Konstruktion der LuFV<br />

für den Verkehrsträger Schiene wiederfindet.<br />

106


Sicherung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur:<br />

Was ist zu tun?<br />

Von Alexander Hofmann und Jana Sudau<br />

Sporadische staatliche Hilfen können eine nachhaltig adäquate und<br />

langfristige Finanzplanung für die Verkehrsinfrastruktur nicht ersetzen.<br />

Um dauerhaft eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur zu gewährleisten,<br />

ist eine umfassende Reorganisation des Bundesfernstraßenmanagements<br />

erforderlich, die die Wirtschaftlichkeit signifikant erhöht. Ein zentrales<br />

Managementorgan bietet sich als Lösung an.<br />

VERKEHRSWEGEBAU<br />

Die Finanzierung der Bundesfernstraßen ist regelmäßig,<br />

insbesondere in der Phase der Haushaltsverhandlungen,<br />

zentraler verkehrspolitischer<br />

Diskussionspunkt. Die Argumente für mehr Geld<br />

im Infrastruktursektor sind schlagkräftig: Eine<br />

leistungsfähige Infrastruktur ist das Fundament<br />

für Wachstum und Beschäftigung, gerade für das<br />

Transitland Deutschland.<br />

Seit Jahren verläuft die Investitionslinie der Bundesfernstraßen<br />

in Deutschland auf einem gleichbleibenden<br />

Niveau zwischen vier und fünf Milliarden<br />

Euro pro Jahr. Im Jahr 2005 sollte die<br />

Einführung der LKW-Maut für eine nachhaltige<br />

Aufstockung der Investitionen sorgen. Doch als<br />

erste Einnahmen aus der LKW-Maut in die Infrastrukturinvestitionen<br />

flossen, änderte dies nichts<br />

an der gesamten Investitionshöhe, da anstelle einer<br />

Gesamtaufstockung die Bundesmittel gekürzt<br />

wurden.<br />

Investitionshöhe gehalten<br />

Aktuell kann durch die Mittel aus dem im November<br />

2012 beschlossenen Infrastrukturbeschleunigungsprogramm<br />

II (IBP II) zumindest die Höhe<br />

der Investitionen aus den Vorjahren gehalten werden.<br />

Sporadische Finanzspritzen, wie die Konjunkturpakete<br />

I und II (2008–2010) oder die Programme<br />

IBP I und II, können jedoch in keiner Weise<br />

eine nachhaltig adäquate und langfristige Finanzplanung<br />

für die Verkehrsinfrastruktur ersetzen.<br />

Die Art und Weise der Verteilung der<br />

zusätzlichen Mittel des IBP II zeigt,<br />

dass die Probleme der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung<br />

tief in den Organisationsstrukturen<br />

verankert sind. Mitte mann ist Mitglied<br />

Alexander Hof-<br />

Dezember 2012 hat der Haushaltsausschuss<br />

des Parlaments über eine Proleitung<br />

Transport<br />

der Niederlassungs-<br />

Infrastruktur Europa,<br />

PPP Solutions,<br />

jektliste zur Verwendung der Mittel aus<br />

dem IBP II entschieden. Die Auflistung HOCHTIEF Solutions<br />

AG, Essen, und<br />

zeigt, dass ein großer Anteil der Gelder<br />

stellvertretender<br />

in laufende Maßnahmen investiert wird<br />

Vorsitzender des Arbeitskreises<br />

ÖPP des<br />

und einige im Bau befindliche Projekte<br />

beschleunigt werden können. Die Allokation<br />

der verbleibenden Mittel wur-<br />

der Deutschen Bau-<br />

Hauptverbandes<br />

industrie.<br />

de jedoch in verhältnismäßig kleinen Jana Sudau ist<br />

Beträgen auf viele Projekte verteilt, sodass<br />

jedes Bundesland einige Projekte nagerin, Nieder-<br />

Junior Projektmalassung<br />

Transport<br />

neu beginnen kann. Die Einzelbeträge<br />

Infrastruktur Europa,<br />

PPP Solutions,<br />

belaufen sich im Schnitt auf etwa ein<br />

bis drei Millionen Euro pro Projekt. HOCHTIEF Solutions<br />

AG.<br />

Das heißt, es werden eine Reihe neuer<br />

Projekte mit einem relativ geringen<br />

Startbudget begonnen. Wie für diese Projekte die<br />

gesamte Budgetierung geplant ist und wann eine<br />

Fertigstellung vorgesehen ist, bleibt offen.<br />

Gleichmäßige Summenverteilung<br />

Anhand dieser Projektliste wird das grundlegende<br />

Problem sehr deutlich. Die zusätzlich zur Verfügung<br />

gestellte Summe wird offensichtlich nicht<br />

ausschließlich für Projekte mit hohem Nutzen-<br />

107


Kosten-Faktor eingesetzt, sondern nahezu gleichmäßig<br />

auf die Bundesländer verteilt. Mit dieser<br />

Allokation werden scheinbar keine Prioritäten<br />

gesetzt, die der effektiven Bewirtschaftung eines<br />

strategischen Fernstraßennetzes dienen, sondern<br />

es drängt sich der Eindruck auf, dass hier eher<br />

landespolitische Interessen verfolgt werden.<br />

und Prioritäten setzt. Weiterhin sind für ein effizientes<br />

Management<br />

x eine Lebenszyklusbetrachtung der Projekte,<br />

x effizientes Projektmanagement und<br />

x eine entsprechende Kontrolle der Realisierung<br />

erforderlich.<br />

Diese Art der Projektauswahl kann für ein effektives<br />

Bundesfernstraßenmanagement eines strategischen<br />

Gesamtnetzes nicht zielführend sein.<br />

Eine klare Priorisierung vordringlicher Projekte<br />

mit einem hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis wäre<br />

wünschenswert. Weiterhin wäre aus Effizienzgesichtspunkten<br />

eine stärkere Verwendung für Erhaltungsmaßnahmen<br />

optimal.<br />

Die Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“<br />

kommt in ihrem Bericht vom<br />

Dezember 2012 zu dem Ergebnis, dass bis 2015<br />

jährlich ca. zwei Milliarden Euro zusätzlich für<br />

Bedarfsplanmaßnahmen, Nachholbedarf bisher<br />

nicht getätigter Investitionen sowie Betrieb und<br />

Erhaltung der Bundesfernstraßen erforderlich<br />

wären. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre<br />

zeigen, dass bei gleichbleibender Finanzierungspolitik<br />

dieser zusätzliche Bedarf auch in Zukunft<br />

nicht gedeckt werden kann. Umso wichtiger wird<br />

es, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln effizient<br />

zu agieren. Dies erfordert eine Finanzplanung,<br />

die langfristigen Investitionen gerecht wird<br />

Beispiel leistungsfähiger Verkehrsinfrastruktur: PPP-Projekt „Ausbau der<br />

A4 in Thüringen zwischen der Landesgrenze zu Hessen und der Anschlussstelle<br />

Gotha“<br />

Dies alles ist im aktuellen System scheinbar nicht<br />

möglich. Zum einen, da entsprechende Instrumente<br />

und Prozesse fehlen, zum anderen aufgrund<br />

der Interessenlage.<br />

Prinzipal-Agent-Ansatz im<br />

Bereitstellungssystem<br />

Der Prinzipal-Agent-Ansatz (PA-Ansatz) gibt<br />

einen theoretischen Rahmen, um Beziehungen<br />

zwischen Auftraggebern (Prinzipal) und<br />

Auftragnehmern (Agent) und deren Interessen<br />

zu analysieren. Außerdem befasst sich der Ansatz<br />

mit der Gestaltung effizienzsteigernder<br />

Anreizmechanismen.<br />

Der PA-Ansatz geht davon aus, dass der Mensch<br />

nur begrenzt rational handelt, da ihm lediglich<br />

ein bestimmtes Maß an Informationen zur Verfügung<br />

steht und er als Interaktionspartner opportunistisch<br />

eingestellt ist. Im Fall asymmetrischer<br />

Informationen besteht in einer Beziehung zwischen<br />

Prinzipal und Agent eine ungleichmäßige<br />

Verteilung der Informationen, der<br />

Agent ist bezüglich des Informationsstandes<br />

im Vorteil. Er besitzt detailliertes<br />

Fachwissen, das einem Prinzipal<br />

nicht zur Verfügung steht. Das weitere<br />

Grundproblem besteht darin, dass es<br />

aufgrund opportunistischer Verhaltensweisen<br />

zu Zielabweichungen zwischen<br />

Prinzipal und Agent kommen kann.<br />

Diese Verhaltensannahme wird auch<br />

als Moral Hazard bezeichnet. Beide<br />

Grundprobleme führen in Organisationssystemen<br />

häufig zu Ineffizienzen<br />

und können nur durch organisatorische<br />

Maßnahmen behoben werden.<br />

108


Im Bereitstellungssystem der Bundesfernstraßen<br />

führt die Aufgabenverteilung der Auftragsverwaltung<br />

zu einer Organisationsstruktur mit unterschiedlichen<br />

Schnittstellen zwischen der Gesamt-<br />

und der Maßnahmenplanung bei Bund und<br />

Ländern.<br />

Die Länder in der Rolle des Agenten besitzen Informationen<br />

über einzelne Maßnahmen, die sie<br />

in den Prozess der Gesamtnetzplanung mit einbringen.<br />

Der Bund als Prinzipal muss sich auf die<br />

Validität dieser Informationen verlassen. An dieser<br />

Schnittstelle herrschen Informationsasymmetrien,<br />

die zu Inkonsistenzen im Planungsprozess<br />

führen können. Die Länder haben ein eigenes Interesse<br />

an der Umsetzung möglichst zahlreicher<br />

Projekte. Auch aus politischer Sicht können mit<br />

neuen Infrastrukturprojekten Wähler gewonnen<br />

werden.<br />

Durch Intransparenz im System entstehen Informationsasymmetrien,<br />

die opportunistisches Handeln<br />

und die Durchsetzung eigener Interessen<br />

der Länder überhaupt erst ermöglichen. Die Länder<br />

haben z.B. die Möglichkeit, die Verwendung<br />

der veranschlagten Haushaltsmittel nach aktuellem<br />

Bedarf anzupassen. Regierung und Parlament<br />

legen über den Beschluss des Haushaltsgesetzes<br />

zwar die Mittelverwendung fest, eine Kontrollmacht<br />

über den tatsächlichen Einsatz dieser Gelder<br />

hat der Bund jedoch nicht. Auch wenn der<br />

Bund die Finanzierung der Bundesfernstraßen<br />

verantwortet, greift dieser nicht in den Aufgabenvollzug<br />

der Länder ein. Der Bund finanziert,<br />

die Länder planen auf Maßnahmenebene, bauen,<br />

erhalten und betreiben. Es stellt sich also die<br />

zentrale Frage, ob es in dieser Konstellation überhaupt<br />

möglich ist, ein ganzheitliches, effizientes<br />

Management der Bundesfernstraßen umzusetzen.<br />

Modernes Management<br />

Menschen handeln nach Motivationen und Anreizen<br />

immer aus der individuellen Sichtweise.<br />

Diese Anreize sollten im Organisationssystem<br />

möglichst zielführend genutzt werden.<br />

Ziel eines effizienten Bundesfernstraßenmanagements<br />

sollte es sein, eine strategische Verkehrsinfrastrukturplanung<br />

auch auf operativer Ebene<br />

durchsetzen zu können. Ein strategisch bedeutsames<br />

Bundesfernstraßennetz sollte an zentraler<br />

Stelle gemanagt werden, sodass der effektivere<br />

Einsatz der Finanzmittel gewährleistet wird. Kurz<br />

gesagt bedeutet dies: Der Bund sollte die Aufgabe,<br />

das Bundesfernstraßennetz wirtschaftlich zu<br />

managen, in die eigene Hand nehmen, da dies in<br />

seinem eigenen Interesse liegt.<br />

Ein Vorschlag zur Reorganisation des Bundesfernstraßenmanagements<br />

ist die Installation einer<br />

Managementgesellschaft, die den Bund bei der<br />

Operationalisierung seiner strategischen Pläne<br />

unterstützt. Eine zentrale Einheit, welche die<br />

strategische Planung umsetzt, die Finanzierung<br />

der geplanten Maßnahmen sicherstellt und ein<br />

Berichtswesen aufbaut, das die Zielerreichung<br />

messbar macht, sollte etabliert werden. Nur so<br />

kann eine Basis für objektive und effektive Entscheidungen<br />

geschaffen werden.<br />

Transparenz schaffen<br />

Mit einem zentralen Managementorgan könnte<br />

Transparenz über aktuelle und langfristig geplante<br />

Projekte geschaffen und eine klare Priorisierung<br />

von Projekten umgesetzt werden. Das Modell<br />

sieht langfristige Programmplanungen vor,<br />

die im parlamentarischen Verfahren beschlossen<br />

und per Gesetz verabschiedet werden könnten.<br />

Somit würde keine grundsätzliche Veränderung<br />

der Entscheidungsmacht über Investitionssummen<br />

vorgenommen werden.<br />

Die Programmplanungen könnten beispielsweise<br />

über einen Zeitraum von fünf Jahren festgelegt<br />

werden. Die Finanzierung würde über einen geschlossenen<br />

Finanzierungskreislauf über die Gesellschaft<br />

erfolgen. Der Vorteil dieses Modells ist,<br />

dass die Finanzierung der Programme unabhängig<br />

von Haushaltsgesetzen, politischen Zwistigkeiten<br />

und einer entsprechenden jährlichen Budgetplanung<br />

ist.<br />

109


Die Managementgesellschaft könnte sich auf das<br />

strategische Fernstraßennetz konzentrieren und<br />

dieses unter Effizienzgesichtspunkten managen.<br />

Die Interessen des Bundes würden in den Vordergrund<br />

rücken, die Managementgesellschaft könnte<br />

als Instrument zur Umsetzung strategischer<br />

Planungen des Bundes dienen. Die Umsetzung<br />

von durch den Bund gesteckten Zielen könnte<br />

anhand von Management- und Controllinginstrumenten<br />

gemessen werden. Dafür müsste die Managementgesellschaft<br />

die notwendigen Informationen<br />

der operativen Ebene zusammenführen und<br />

den Ländern, Landesbetrieben oder privaten Betreibern<br />

der Bundesfernstraßen einen Rahmen für<br />

eine einheitliche Datenübermittlung vorgeben.<br />

Die Länder würden weiterhin ihre Verwaltungsfunktion<br />

und damit die Realisierung der Maßnahmen<br />

übernehmen. Die Umsetzung der Projekte –<br />

Maßnahmenplanung, Bau, Erhaltung und Betrieb<br />

– sollte möglichst unter verstärkter Einbindung<br />

von Wettbewerbsmechanismen erfolgen, sodass<br />

die verschiedenen Beschaffungsvarianten optimal<br />

eingesetzt werden können.<br />

Die Ausgestaltung der Kompetenzen einer Managementgesellschaft<br />

könnte in einer vertraglichen<br />

Beziehung zwischen dem Bund und der<br />

Managementgesellschaft festgelegt und Zielvorgaben<br />

vereinbart werden. Die Reorganisation für<br />

mehr Wirtschaftlichkeit und Objektivität in der<br />

Infrastrukturplanung scheint aus theoretischer<br />

Sicht in verschiedenen Formen machbar, unterschiedliche<br />

Studien belegen dies. Eine mögliche<br />

Form dieser Ausgestaltung wäre die Gründung<br />

einer privatrechtlichen Gesellschaft im Eigentum<br />

des Bundes.<br />

Zeit zum Handeln<br />

Um Defizite in der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung<br />

zu beheben, fordern verschiedene Stimmen<br />

aus der Wissenschaft schon seit Jahren eine Reorganisation<br />

der Bundesfernstraßenbereitstellung.<br />

Probleme, die durch Interessen und Anreizmechanismen<br />

entstehen, und die zentrale Bedeutung<br />

von Informationen im System werden hier<br />

jedoch häufig nicht stark genug hervorgehoben.<br />

Dabei liegen genau in diesen Aspekten die ursprünglichen<br />

Probleme des Systems. Eine Modernisierung<br />

der Aufgaben- und Verantwortungsstrukturen<br />

ist erforderlich, um ein konsistentes<br />

Informations- und Koordinationssystem aufzubauen.<br />

Dies kann als Basis für mehr Objektivität<br />

in Entscheidungsprozessen dienen und somit für<br />

mehr Wirtschaftlichkeit sorgen. Zudem könnten<br />

mit einer Reorganisation die Aufgaben gemäß<br />

„natürlichen“ Anreizen neu strukturiert werden.<br />

Die wichtigste Voraussetzung für eine Reform ist<br />

der politische Wille. Eine Reorganisation ist nur<br />

möglich, wenn ein grundsätzliches Umdenken<br />

hinsichtlich der Bundesfernstraßenbereitstellung<br />

erfolgt und die Motivationen der einzelnen Beteiligten<br />

im aktuellen System offen diskutiert werden.<br />

Nur mit einer weitsichtigen, nachhaltigen<br />

und strategisch ausgerichteten Infrastrukturpolitik<br />

ist eine Reorganisation denkbar. Der gesellschaftliche<br />

Wille stellt kein Hemmnis dar.<br />

Die aktuelle Staatsschuldenkrise im Euroraum<br />

zeigt, dass strukturelle Defizite nicht zu unterschätzen<br />

sind. Betrachtet man das Bundesfernstraßenmanagement<br />

in diesem Kontext, so bietet<br />

die Krise für Deutschland die Chance, ein weiteres<br />

Mal mit gutem Beispiel voranzugehen. Die<br />

einfache Forderung nach mehr Geld ist nicht<br />

zielführend. Die aktuelle Diskussion über weitere<br />

Kürzungen im Verkehrsetat 2014 zeigt dies. Nur<br />

wenn die Defizite der Verkehrsinfrastrukturbereitstellung<br />

endlich als ein strukturelles Problem<br />

angesehen werden, besteht die Chance, diese<br />

anzugehen und langfristig zu lösen. Packen wir<br />

es an.<br />

110


Verkehrsinfrastruktur in Deutschland:<br />

Kommunale Vermögenswerte sichern<br />

Von Dr. Jörg Hopfe, Frank M. Schmid und Michael Schultze-Rhonhof<br />

Im Zuge der Einführung eines kaufmännischen Rechnungswesens in den<br />

Kommunen rückt der wirtschaftliche Umgang mit kommunalen Vermögenswerten<br />

zunehmend in den Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund<br />

wird auch geprüft, mit welcher Beschaffungsvariante die Verkehrsinfrastruktur<br />

instand gesetzt werden kann, damit es nicht zu weiteren Rückständen<br />

und damit zu einem zunehmenden Vermögensverfall kommt.<br />

VERKEHRSWEGEBAU<br />

Die wirtschaftlichen Auswirkungen von langfristig<br />

unterlassenen Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen<br />

wurden u.a. bereits 2011 im Rahmen<br />

eines Projekts der PPP-Task Force im Finanzministerium<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen, der<br />

NRW.BANK und mehrerer Berater bezogen auf<br />

kommunale Immobilien untersucht. Dabei wurde<br />

anhand ausgewählter Hochbauprojekte beleuchtet,<br />

inwieweit es über einen Zeitraum von 20 bis<br />

30 Jahren im Rahmen der Lebenszyklusbetrachtung<br />

wirtschaftlicher ist, investive Maßnahmen<br />

konventionell in Eigenrealisierung oder als ÖPP-<br />

Projekt durchzuführen. Die folgenden Handlungsoptionen<br />

wurden als drei grundsätzliche Varianten<br />

einander gegenübergestellt:<br />

x 0-Variante: Weiterbetrieb des Gebäudes ohne<br />

Sanierungsmaßnahmen; Instandhaltungsaufwand<br />

nach Bedarf zur Aufrechterhaltung der<br />

Funktion und Verkehrssicherheit<br />

x Eigenrealisierung: Sanierungsmaßnahme<br />

durch die Kommune; Instandhaltungsaufwand<br />

als werterhaltende Instandhaltungsmaßnahmen<br />

über den Lebenszyklus hinweg<br />

x ÖPP-Variante: Sanierungsmaßnahme durch<br />

einen privaten Partner; Instandhaltungsaufwand<br />

als werterhaltende Instandhaltungsmaßnahmen<br />

über den Lebenszyklus hinweg nach<br />

vordefiniertem Instandhaltungskonzept<br />

Bilanz für die nächsten Jahre dar. Die<br />

Berechnungen verdeutlichen einerseits,<br />

dass eine Strategie der Ausgabenvermeidung<br />

um jeden Preis in der 0-Variante<br />

zu höheren Gesamtbelastungen über<br />

einen entsprechenden Betrachtungszeitraum<br />

führen kann. Andererseits hat<br />

sich herausgestellt, dass werterhaltende<br />

Sanierungen bereits innerhalb des in<br />

Nordrhein-Westfalen geltenden Konsolidierungszeitraums<br />

von zehn Jahren<br />

nach § 76 GO Haushaltsentlastungen<br />

bringen können.<br />

Eine von der Stadt Witten auf Basis der<br />

Studie durchgeführte Untersuchung zur<br />

Wirtschaftlichkeit von Sanierungsmaßnahmen<br />

hat belegt, dass eine Unterhaltungsstrategie<br />

für das Rathaus, wie sie<br />

heute praktiziert wird, werteverzehrend<br />

ist. Eine Fortsetzung würde den Wert<br />

des Rathauses in einer relativ kurzen<br />

Restnutzungsdauer von 28 Jahren auf 0 Euro<br />

senken. Spätestens zu diesem Zeitpunkt müsste<br />

die Stadt eine Komplettsanierung einer kostenund<br />

betreuungsintensiven Problemimmobilie<br />

durchführen.<br />

Marode Straßeninfrastruktur<br />

Dr. Jörg Hopfe ist<br />

Abteilungsleiter<br />

Öffentliche Kunden<br />

bei der NRW.BANK,<br />

Münster.<br />

Frank M. Schmid<br />

ist Geschäftsführer<br />

der Schmid Mobility<br />

Solutions GmbH,<br />

Willich.<br />

Michael Schultze-<br />

Rhonhof ist Senior-<br />

Consult bei der DKC,<br />

Düsseldorf.<br />

Die Ergebnisse der Studie stellen die Auswirkungen<br />

auf Positionen der Ergebnisrechnung und der<br />

Im Rahmen des Kommunalpanels der KfW, das<br />

vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) im<br />

111


November 2011 durchgeführt wurde, besteht<br />

bei den Kommunen und Landkreisen in Deutschland<br />

ein Investitionsrückstand in Höhe von<br />

99,9 Milliarden Euro. Mit 24,6 Milliarden Euro<br />

liegt der zweitgrößte Investitionsrückstand in der<br />

Straßen- und Verkehrsinfrastruktur deutlich vor<br />

den öffentlichen Verwaltungsgebäuden. Vor diesem<br />

Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit<br />

der vorgenannte Ansatz einer auf die Wirtschaftlichkeit<br />

von Investitionsentscheidungen im Lebenszyklus<br />

ausgerichteten Strategie, der bisher<br />

auf den Hochbau fokussiert ist, auch auf die Straßeninfrastruktur<br />

angewendet werden kann und<br />

unter welchen Bedingungen.<br />

Der Abschlussbericht der Kommission „Zukunft<br />

der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter Vorsitz<br />

des ehemaligen Verkehrsministers von Sachsen-Anhalt<br />

Dr. Karl-Heinz Daehre kam zu dem<br />

Ergebnis, dass die kommunale Infrastruktur mit<br />

einem Netz von rund 92.000 Kilometer Kreisstraßen<br />

und rund 450.000 Kilometer Gemeindestraßen<br />

in den vergangenen Jahren chronisch unterfinanziert<br />

war. Bei einem notwendigen Betrag<br />

von rund 2,40 Euro pro Quadratmeter und Jahr<br />

für Erhalt und Betrieb kommunaler Verkehrsinfrastruktur<br />

wurde über Jahre hinweg eine Unterfinanzierung<br />

von rund 48 Cent pro Quadratmeter<br />

und Jahr konstatiert.<br />

Der damit verbundene kontinuierliche Vermögensverzehr<br />

hat aber neben dem rein quantitativen<br />

Verlust auch einen zunehmendem Verlust<br />

an Gebrauchsfähigkeit zur Folge. Die in zunehmenden<br />

Maße sichtbaren Schäden in der Verkehrsinfrastruktur,<br />

sowohl bei der Straße als auch<br />

zunehmend bei der Schiene im Innerortsbereich,<br />

führen zu Gefahrenstellen, mindestens jedoch<br />

zu Geschwindigkeitseinbußen. Der darüber hinausgehende<br />

volkswirtschaftliche Schaden einer<br />

maroden Infrastruktur soll hier nicht thematisiert<br />

werden.<br />

Die Finanzlage der Städte und Gemeinden hat<br />

sich zwar im laufenden Jahr 2012 durch Wirtschaftswachstum<br />

etwas verbessert, nichtsdestotrotz<br />

sind neben den kontinuierlich unterfinanzierten<br />

Haushalten zunehmend die<br />

Kassenkredite in erheblichem Maße gewachsen.<br />

Die damit einhergehende Verschuldung der<br />

Kommunen zusammen mit der zunehmenden<br />

Übertragung von Aufgaben beschleunigt den<br />

rapiden Vermögens- und Substanzverzehr der<br />

Verkehrsinfrastruktur.<br />

Übergreifender Ansatz<br />

Die Daehre-Kommission hat dementsprechend<br />

bei ihrer Betrachtung nicht nur, wie meist üblich,<br />

die hochrangigen Verkehrsnetze betrachtet,<br />

sondern hier einen verkehrs- und baulastträgerübergreifenden<br />

Ansatz mit dem Vorschlag einer<br />

verkehrsträgerübergreifenden Gesamtkonzeption<br />

gewählt. Dem Vorschlag der Daehre-Kommission<br />

folgend würde dies bedeuten, dass den Kommunen<br />

für ihren Substanzerhalt ein Beitrag von jährlich<br />

rund einer Milliarde Euro zugewiesen wird.<br />

Die zentrale Mittelbeschaffung würde nach Vorstellung<br />

der Kommission im Wesentlichen aus<br />

Beiträgen, Steuern und Einnahmen des Bundes<br />

bestehen, die den Ländern im rechtlich zulässigen<br />

Rahmen zugewiesen würden.<br />

Die derzeitige Regelung sowie die Ergebnisse der<br />

Föderalismuskommission II und die darin verankerte<br />

verfassungsrechtliche Entflechtung sprechen<br />

gegen eine solche Lösung. Nichtsdestotrotz wurde<br />

nach vielfachen Anhörungen und Expertengesprächen<br />

im Ergebnis in der Kommission festgehalten,<br />

dass speziell auf der kommunalen Ebene<br />

eine dezentrale Mittelbeschaffung höchst ineffizient<br />

und kostspielig wäre. Das Ins trument der<br />

City-Maut scheidet hier genauso aus wie die in<br />

ausgewählten Kommunen praktizierte Erhebung<br />

von Anliegerbeiträgen für die laufende Erhaltung.<br />

Daraus resultierend wurde neben der Feststellung<br />

eines Bedarfs von rund einer Milliarde Euro pro<br />

Jahr für die Substanzerhaltung kommunaler Infrastruktur<br />

auch der Weg aufgezeichnet, wie diese<br />

Mittel den Kommunen bereitgestellt und von<br />

ihnen verwaltet und genutzt werden können.<br />

112


Analog zu vergleichbaren Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen<br />

würde demnach den<br />

Kommunen ein Betrag in Höhe von rund 48 Cent<br />

pro Quadratmeter und Jahr auf einem „Konto“<br />

zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag verbleibt so<br />

lange auf dem Konto, bis die Kommune ihn abruft.<br />

Der unverzinsliche Verbleib auf dem Konto<br />

steht der Gemeinde dann überjährig zum beliebigen<br />

Zeitpunkt zur Verfügung.<br />

Für einen ggf. in der Baulast der Kommunen befindlichen<br />

Schienenweg würde ein analoger, dem<br />

Erhaltungsaufwand korrespondierender Beitrag<br />

auf das gleiche Konto der Kommune gutgeschrieben.<br />

Die damit auf den Weg gebrachte grundsätzliche<br />

Veränderung von einer Mittelbeschaffung<br />

hin zu einer Mittelverwendungsoptimierung<br />

schafft Freiräume für effizientes Erhaltungsmanagement<br />

und neu strukturiertes Beschaffungsmanagement,<br />

auch auf der kommunalen Seite.<br />

Durch die gesicherten Einkünfte, die nur von<br />

Schwerlastverkehrsaufkommen und ggf. weiteren<br />

Parametern bestimmt sind, können die Kommunen<br />

ihre Beschaffung erhaltungsoptimal organisieren<br />

und in Losgrößen optimieren.<br />

Verschiedene Anreize<br />

Damit werden zum einen wirtschaftliche Anreize<br />

zur kostengünstigen Beschaffung, andererseits<br />

aber auch Anreize für ein erhaltungs- und<br />

kostenoptimiertes Betriebsmanagement geschaffen.<br />

Die Empfehlung der Daehre-Kommission<br />

umfasst somit neben der Zweckbindung eine<br />

Überjährigkeit, die einen Anreizmechanismus zur<br />

Verwendung der verfügbaren Mittel für die Erhaltung<br />

schafft und zugleich auch andere Prozesse<br />

der Beschaffung ermöglicht. Dadurch können neben<br />

der Beschaffung im konventionellen Stil des<br />

kommunalen Betriebs auch ÖPP-Beschaffungsmodelle<br />

Anwendung finden.<br />

Die langfristig gesicherte Mittelzuweisung und<br />

die Optimierung der Beschaffung führen neben<br />

dem Substanzerhalt auch zu einem hocheffizien-<br />

ten Mitteleinsatz und einer Vergleichbarkeit zwischen<br />

den Kommunen, z.B. über Benchmarks.<br />

Somit kann aus der bis dato praktizierten Erhaltung<br />

nach Kassenlage und Reparatur zur notdürftigen<br />

Sicherstellung der Gebrauchsfähigkeit eine<br />

vermögenswerterhaltende und gebrauchswertoptimierte<br />

Erhaltungsstrategie erreicht werden.<br />

Die Empfehlungen der Daehre-Kommission werden<br />

von den kommunalen Spitzenverbänden in<br />

Breite gestützt und haben auch beim Verband<br />

der deutschen Verkehrsunternehmen Zuspruch<br />

gefunden. Dementsprechend gilt es nun, über Pilotvorhaben<br />

Schritt für Schritt die Praktikabilität<br />

dieses Vorschlags zu prüfen und auf unterschiedlichen<br />

Beschaffungswegen die Effizienz dieser<br />

Vorgehensweise zu untermauern, um dann in<br />

einem nächsten Schritt flächendeckend ein solches<br />

System der effizienten Mittelverwendung zu<br />

etablieren und somit „mehr Verkehrsinfrastruktur<br />

pro Euro“ sicherzustellen. Dieses Vorgehen ermöglicht<br />

auch die Einbeziehung der Erkenntnisse<br />

aus dem eingangs geschilderten Projekt zur besseren<br />

Verzahnung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />

mit dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement<br />

(NKF).<br />

Wenn die Instandsetzung und weitere Erhaltung<br />

der bestehenden Straßen- und Verkehrsinfrastruktur<br />

nicht im notwendigen Umfang erfolgt, kommt<br />

es zu einem weiteren Anwachsen des Rückstands,<br />

womit ein weiterer Verfall des Vermögens<br />

einhergeht. Den Haushalten drohen außerplanmäßige<br />

Ausgaben zur zeitnahen Beseitigung<br />

auftretender Schäden an erforderlichen Verkehrswegen.<br />

Die Kosten für diese wiederholten<br />

Ad-hoc-Maßnahmen liegen in Summe deutlich<br />

über den Kosten einer anfänglichen Instandsetzung<br />

und anschließenden baulichen Erhaltung.<br />

Aus doppischer Sicht drohen zudem außerplanmäßige<br />

Abschreibungen und ein entsprechender<br />

Eigenkapitalverzehr.<br />

Eine Adaption des NKF-„Hochbaumodells“ auf<br />

den kommunalen Straßenbau mit entsprechender<br />

113


Begleitung durch die Rechtsaufsichten und Ministerien<br />

bietet Chancen:<br />

x Die Ressourcenverwendung und Entwicklung<br />

der Vermögenswerte aus Investition und Abschreibung<br />

kann besser dargestellt werden.<br />

x Es ermöglicht eine Transparenz der Zusammenhänge<br />

zwischen anfänglicher Investition<br />

und Folgekosten.<br />

x Unsachgemäße Abschreibungszeiträume in<br />

der Bilanz können identifiziert und sukzessive<br />

nivelliert werden.<br />

x Eine Reduzierung zukünftiger Haushaltsbelastungen<br />

infolge der Optimierung der Folgekosten<br />

aus baulicher und betrieblicher Erhaltung<br />

wird möglich.<br />

x Die Darlegung der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen<br />

als Argumentation gegenüber den<br />

Rechtsaufsichten wird vereinfacht.<br />

Die kommunale Straßeninfrastruktur bietet dabei<br />

mittel- und langfristig ein erhebliches Potenzial<br />

zur Entlastung der Haushalte, wenn Investitionsentscheidungen<br />

mit Blick auf eine nachhaltige<br />

Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen getroffen,<br />

Haushaltsbeschränkungen unter Würdigung des<br />

Ressourcenverbrauchs beurteilt und qualitative<br />

Faktoren in der haushaltsrechtlichen Beurteilung<br />

in geeigneter Form berücksichtigt werden.<br />

Zukünftig erforderliche Anpassungen der Straßen<br />

und der straßengebundenen, kommunalen<br />

Versorgungsnetze infolge von Wanderungsbewegungen<br />

und Demografie können langfristig<br />

„vorgedacht“ und über die Grenzen wechselnder<br />

Mehrheiten hinweg von allen Beteiligten mitgetragen<br />

werden. Dabei können dann auch unpopuläre<br />

Maßnahmen wie Umwidmungen oder<br />

Stilllegungen überprüft werden. Die Umsetzung<br />

der Ergebnisse der Daehre-Kommission stellt eine<br />

wichtige Grundlage dar, um eine substanzielle<br />

Verbesserung der kommunalen Straßeninfrastruktur<br />

im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsansatzes<br />

im doppischen Rechnungswesen zu erreichen.<br />

114


Highway Maintenance PPP in UK:<br />

ein Modell für Deutschland?<br />

Von Thomas Brehler und Maik Heringhaus<br />

Die finanzielle Lage der deutschen Städte und Gemeinden ist schlecht.<br />

Die kommunalen Budgets reichen oft nur für die dringendsten Instandsetzungsmaßnahmen<br />

aus. In Großbritannien gehen die Kommunen mit<br />

Highway Maintenance Projects neue Wege.<br />

VERKEHRSWEGEBAU<br />

Was den Zustand seiner Infrastruktur angeht, so<br />

hat Großbritannien traditionell einen schlechten<br />

Ruf. Auch hier wurden über Jahrzehnte hinweg,<br />

in teilweise noch drastischerem Maße als in<br />

Deutschland, Investitionen vernachlässigt. Noch<br />

heute wird der Begriff der reactional maintenance<br />

gerne als Spaß verwendet. In den 1980er<br />

Jahren war dies jedoch kein Spaß. Der Begriff<br />

meinte nichts anderes, als dass bei öffentlicher<br />

Infrastruktur nur dann etwas instand gesetzt wurde,<br />

wenn es wirklich kaputt war. Mit anderen<br />

Worten: Das Dach wurde erst repariert, wenn es<br />

auch tatsächlich durchregnete.<br />

Mit Beginn der 1990er Jahre begann Großbritannien<br />

gegenzusteuern. Seit 1992 gibt es das<br />

Modell der Private Finance Initiative (PFI), das<br />

insbesondere den Neubau von sozialer und Transportinfrastruktur<br />

durch private Kapitalgeber zum<br />

Ziel hat. Bislang konnten so rund 500 Projekte<br />

realisiert werden – die meisten davon pünktlich<br />

und innerhalb des vorgesehenen Budgets.<br />

Kann man mit ÖPP auch dem Rückstand bei Ersatzinvestitionen<br />

beikommen? In Großbritannien<br />

wurde dies mit einem klaren Ja beantwortet. Unter<br />

dem Oberbegriff der Highway Maintenance<br />

Projects wird seit einiger Zeit die gesamte Verkehrsinfrastruktur<br />

von großen wie kleineren Kommunen<br />

generalüberholt. Die KfW IPEX-Bank ist<br />

als eine der führenden europäischen Infrastrukturbanken<br />

an vier von insgesamt fünf bislang abgeschlossenen<br />

Projekten beteiligt und war eng in<br />

die Entwicklung geeigneter Finanzierungsstrukturen<br />

– gemeinsam mit anderen internationalen<br />

Banken – eingebunden. Welche<br />

Lehren können aus den Erfahrungen in<br />

Großbritannien gezogen werden?<br />

Irreführender Begriff<br />

Thomas Brehler<br />

ist Senior Director,<br />

Bei Highway Maintenance Projects geht Transport / Social<br />

es nicht nur um die Instandhaltung von Infrastructure bei<br />

der KfW IPEX-Bank<br />

Autobahnen. Das verdeutlicht auch<br />

GmbH.<br />

das Beispiel der Stadt Birmingham. Die Maik Heringhaus<br />

zweitgrößte Metropole Großbritanniens ist Director, Transport<br />

/ Social Infrastructure<br />

bei der<br />

mit über einer Million Einwohnern war<br />

bis in die späten 1970er Jahre das Zentrum<br />

der britischen Metallindustrie. Der GmbH London.<br />

KfW IPEX-Bank<br />

seitdem vollzogene Strukturwandel hat<br />

nicht nur Arbeitsplätze gekostet, sondern auch<br />

die öffentlichen Kassen leergespült. Entsprechend<br />

verfiel im Laufe der Zeit der Zustand der öffentlichen<br />

Infrastruktur, strenge Tempo- und Gewichtslimite<br />

ersetzten erforderliche Investitionen.<br />

Seit 2009 ist ein privates Unternehmen im Rahmen<br />

einer ÖPP damit beauftragt, die gesamte<br />

Verkehrsinfrastruktur auf Vordermann zu bringen.<br />

Dazu gehören 2.500 Kilometer Straßen,<br />

4.900 Kilometer Gehwege, 1.100 kleinere und<br />

größere Ingenieurbauwerke sowie 95.000 Straßenlaternen.<br />

Ebenso umfasst das Projekt den<br />

Winterdienst bis zur Pflege der Grünflächen – die<br />

Stadt bekommt ein komplettes Leistungspaket.<br />

Nach einem Pilotprojekt in Portsmouth 2004<br />

folgten im Jahr 2012 drei Kommunen dem Bei-<br />

115


spiel der Stadt Birmingham und vergaben vergleichbare<br />

Projekte: neben Sheffield als einer<br />

weiteren Großstadt auch zwei deutlich kleinere<br />

Kommunen, Hounslow und Isle of Wight.<br />

Vorteile für Kommunen?<br />

Wie in vielen Ländern sind auch die Kommunen<br />

in Großbritannien oft gezwungen, mit Blick auf<br />

kurzfristige Budgetzwänge beim Flickwerkansatz<br />

zu bleiben, anstatt echte Ersatzinvestitionen<br />

durchzuführen.<br />

Bei den Highway Maintenance Projects wird<br />

den Kommunen durch Zuschüsse des britischen<br />

Verkehrsministeriums unter die Arme gegriffen.<br />

Darüber hinaus greifen sie, wie bei ÖPP üblich,<br />

auf privates Kapital von Bau- und Betreibergesellschaften,<br />

Finanzinvestoren und Banken zurück.<br />

Diese helfen, die hohen Investitionskosten in<br />

den ersten Jahren – der sogenannten Core Investment<br />

Period (CIP) – zu finanzieren. Darüber<br />

hinaus geben sie ihnen Planungssicherheit, da sie<br />

für die gesamte Projektlaufzeit einen Festpreis<br />

bieten.<br />

Die Summe der verfügbaren Mittel erlaubt es<br />

den Kommunen, Ersatz- und Instandhaltungsinvestitionen<br />

in einer Summe zu realisieren,<br />

die ansonsten für sie unerreichbar wäre. So belaufen<br />

sich z.B. die Kosten für das Projekt in<br />

Birmingham über die gesamte Projektlaufzeit<br />

von 25 Jahren auf 2,7 Milliarden GBP (3,15 Milliarden<br />

Euro). Bis zum Jahr 2014 soll die gesamte<br />

Infrastruktur überholt worden sein. Dadurch<br />

soll die Stadt nicht nur schöner, sondern insbeson<br />

dere wettbewerbsfähiger werden. Außerdem<br />

beschäftigt das Projekt in der Spitze bis zu<br />

1.100 Mitarbeiter, von denen rund 200 neu eingestellt<br />

wurden.<br />

Aber auch kleinere Kommunen mit ganz anderen<br />

Bedürfnissen profitieren. So hat die vor der<br />

Südküste Englands gelegene Isle of Wight z.B.<br />

nur 140.000 Einwohner und hängt wirtschaftlich<br />

stark vom Tourismus ab. Dort ist das Straßennetz<br />

kleiner. Dafür umfasst das Projekt auch den Ausbau<br />

und die Befestigung von rund 800 Kilometern<br />

Wanderwegen. Außerdem berücksichtigt die<br />

Projektplanung den Touristenstrom im Sommer,<br />

um den herum die Instandsetzungsmaßnahmen<br />

Bei Highway Maintenance Projects geht es nicht nur um die Instandhaltung von Autobahnen, sondern die gesamte<br />

Verkehrsinfrastruktur<br />

116


arrangiert werden müssen, um Beeinträchtigungen<br />

zu vermeiden.<br />

Sicht der privaten Geldgeber<br />

Die Vergütung des privaten Betreibers erfolgt auf<br />

Verfügbarkeitsbasis. Das bedeutet, solange der<br />

Betreiber seine Arbeit ordentlich macht, gibt es<br />

für die nächsten 25 Jahre eine feste Vergütung,<br />

die zur Bedienung von Eigen- und Fremdkapital<br />

herangezogen werden kann. Deshalb erfreuen<br />

sich die Projekte nicht nur bei Bau- und Betreiberunternehmen,<br />

sondern auch<br />

Finanzinvestoren großer Beliebtheit<br />

– sie stellen ein stabiles, zuverlässiges<br />

und sicheres Investment<br />

dar.<br />

Die Banken wollen aus Risikogesichtspunkten<br />

Ausschüttungen an die Eigenkapitalgeber erst<br />

nach erfolgreichem Abschluss der CIP zulassen.<br />

Für Finanzinvestoren ist es aber in der Regel<br />

nicht attraktiv, erst nach fünf oder gar sieben<br />

bis acht Jahren eine erste Ausschüttung zu<br />

bekommen. Gleichzeitig ist es für die Banken<br />

schwierig, ihre Kredite über einen derart langen<br />

Zeitraum auszuzahlen. Die Refinanzierungskosten<br />

erhöhen sich dadurch deutlich. Ebenso<br />

wird die Absicherung von Zinsänderungsrisiken<br />

erschwert.<br />

Trotz dieser positiven Aspekte<br />

war die Finanzierung der Highway<br />

Maintenance Projects kein<br />

Selbstläufer, da sie sich in einigen<br />

Aspekten von typischen<br />

Neubauprojekten signifikant<br />

unterscheiden.<br />

Da ist zunächst die Mammutaufgabe<br />

zu bewältigen, die bestehende Infrastruktur<br />

auf ihren Zustand hin zu überprüfen – bei Bauwerken,<br />

die zum Teil über 70 Jahre alt sind und<br />

jahrzehntelang vernachlässigt wurden, alles andere<br />

als eine leichte Aufgabe. In diesem Zusammenhang<br />

ist insbesondere zwischen der Kommune<br />

und den Privaten zu klären, wie man mit dem Risiko<br />

versteckter Mängel umgeht.<br />

Schwierige Finanzierungslage<br />

Als Nächstes muss eine Finanzierungsstruktur<br />

entwickelt werden, die der langen Core Investment<br />

Period Rechnung trägt. Die CIP umfasst die<br />

Anfangsphase des Projekts, bei der über einen<br />

Zeitraum von fünf bis sieben Jahren der Investitionsstau<br />

behoben wird. Sie ist deutlich länger als<br />

die bei Neubauprojekten übliche Bauphase von<br />

zwei bis vier Jahren.<br />

Bei Highway Maintenance Projects wird den Kommunen<br />

durch Zuschüsse des britischen Verkehrsministeriums unter<br />

die Arme gegriffen<br />

Auch die Einbindung von Finanzinvestoren wie<br />

Versicherungen und Pensionsfonds als Fremdkapitalgeber<br />

erschwert sich. Wie bei Kapitalmarktprodukten<br />

üblich, wollen solche Investoren ihr<br />

Investment in einer Summe auszahlen, wodurch<br />

über die lange CIP sehr hohe cost of carry entstehen:<br />

Noch nicht benötigte Gelder müssen zu<br />

einem Zinssatz unterhalb des Kreditzinssatzes<br />

zwischengeparkt werden und verursachen zusätzliche<br />

Kosten. Dieses Thema ist bei Neubauprojekten<br />

aufgrund der deutlich kürzeren Bauzeiten<br />

geringer ausgeprägt.<br />

Bei der Durchführung der Arbeiten in der CIP ist<br />

es für die Kommunen wichtig, dass der Verkehrsfluss<br />

durch die nötigen Baustellen nicht zu stark<br />

117


eeinflusst wird. Die Anforderungen an die logistische<br />

Planung und das Verkehrsmanagement<br />

sind zum Teil sehr hoch, da z.B. im Falle unvorhergesehener<br />

Fahrbahnschließungen erhebliche<br />

Pönalen drohen.<br />

Doch selbst wenn die CIP erfolgreich abgeschlossen<br />

wird, ist es mit den Risiken nicht vorbei. Die<br />

Ausgaben in der Betriebsphase unterscheiden<br />

sich erheblich von Neubauprojekten: Schaut man<br />

sich die gesamten Ausgaben an, so entfallen rund<br />

70 Prozent davon auf die Kosten für Betrieb und<br />

Instandhaltung und lediglich 30 Prozent auf die<br />

Bedienung der Kapitalgeber. Bei Neubauprojekten<br />

ist das Verhältnis in der Regel umgekehrt, u.a. da<br />

die Instandhaltung neuer Infrastruktur günstiger<br />

ist als die älterer Infrastruktur.<br />

Aus Sicht der Kapitalgeber bedeutet dies, dass<br />

eine Fehleinschätzung der Betriebs- und Instandhaltungskosten<br />

deutlich schlimmere Folgen haben<br />

kann. Hat man sich z.B. um 15 Prozent<br />

verschätzt, kann dies bereits eine Anpassung<br />

des Tilgungsprofils erforderlich machen. Neubauprojekte<br />

sind nicht selten deutlich robuster und<br />

verkraften auch bis zu 50 Prozent Kostenüberschreitung.<br />

Banker sprechen daher bei Highway<br />

Maintenance Projects von einem hohen operational<br />

leverage.<br />

Kritische Erfolgsfaktoren<br />

Um die gute Nachricht gleich vorwegzunehmen:<br />

Trotz aller aufgezählten Herausforderungen lassen<br />

sich solche Projekte erfolgreich finanzieren.<br />

Wie bei allen ÖPP kommt es am Ende des Tages<br />

auf eine faire Verteilung der Risiken an.<br />

Um eine adäquate Bestandsaufnahme des Zustands<br />

der gesamten Infrastruktur einer Region<br />

zu machen, bedarf es neben kompetenten Unternehmen<br />

einer guten Kooperation mit der ausschreibenden<br />

Behörde. Es ist wichtig, dass die<br />

Behörde sämtliche ihr zur Verfügung stehenden<br />

Informationen transparent macht und auch die<br />

besonders schwierigen Themen offen besprochen<br />

werden. Es gibt Risiken, die kein Privater managen<br />

kann und die deshalb von der öffentlichen<br />

Hand getragen werden müssen. So gibt es z.B.<br />

auf der Isle of Wight Regionen, die aufgrund geotechnischer<br />

Gegebenheiten sehr stark von Erosion<br />

bedroht sind, wodurch auch unerwartete und<br />

unplanbare Reparaturarbeiten erforderlich werden<br />

können. Solche Risiken müssen beim Auftraggeber<br />

verbleiben.<br />

Um die Kosten der CIP wie auch die Betriebsund<br />

Instandhaltungskosten gut zu planen, kommt<br />

den involvierten technischen Beratern eine herausragende<br />

Bedeutung zu. Banken legen einen<br />

großen Wert darauf, dass gerade die Risiken aus<br />

dem oben skizzierten hohen operational leverage<br />

durch angemessene Reserven im Projekt abgemindert<br />

werden.<br />

Der Auftraggeber wiederum kann auch helfen,<br />

die sich aus der langen CIP ergebenden Themenkomplexe<br />

zu lösen. Wenn die Auszahlung öffentlicher<br />

Zuschüsse z.B. so terminiert wird, dass sie<br />

die Auszahlungsphase des Fremdkapitals verkürzen,<br />

lassen sich die Refinanzierungskosten senken<br />

und die Zinsabsicherung wird leichter und<br />

günstiger.<br />

Nicht zuletzt hilft der Portfolioeffekt der Projekte<br />

selbst, einige Risiken in den Griff zu bekommen.<br />

Da es nicht nur um eine Straße, einen Tunnel<br />

oder eine Brücke geht, sondern um Hunderte,<br />

steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich abweichende<br />

Kostenprofile bei einzelnen Bauwerken<br />

im Laufe der Zeit wenigstens teilweise ausgleichen.<br />

Darüber hinaus sind viele Arbeiten technisch<br />

wenig anspruchsvoll und lassen sich somit<br />

besser planen.<br />

Es wird spannend sein zu beobachten, ob und<br />

wie das britische Modell auch in anderen Ländern<br />

Anklang findet. Mit Blick auf den Zustand<br />

einiger Straßen vor der eigenen Haustür wäre<br />

uns der Erfolg sowohl als Beteiligten des Infrastrukturmarktes<br />

als auch als Bürgern zu<br />

wünschen.<br />

118


Weltweite Erfahrungen mit PPP-Infrastrukturprojekten:<br />

Erfolg in Chile<br />

Von Peter H. Coenen und Dr. Ansgar Bendiek<br />

Das PPP-Modell von HOCHTIEF Solutions sieht vor, dass weltweit Infrastrukturprojekte<br />

zu einem geeigneten Zeitpunkt verkauft werden, um<br />

mit dem gewonnenen Kapital neue Vorhaben zu finanzieren. Die chilenische<br />

Mautautobahn Vespucio Norte Express (VNE) ist das bislang<br />

profitabelste PPP-Vorhaben des Unternehmens.<br />

VERKEHRSWEGEBAU<br />

Der Vespucio Norte Express ist eine der modernsten<br />

Strecken der Welt: Die Verbindung ist seit<br />

Januar 2006 in Betrieb und eine der meistbefahrenen<br />

Straßen in Santiago de Chile. 2001 erhielt<br />

HOCHTIEF gemeinsam mit Partnern vom Ministerium<br />

für Öffentliche Arbeiten in Chile den<br />

Auftrag für das 29 Kilometer lange Teilstück der<br />

Ringautobahn um die chilenische Hauptstadt.<br />

Das Unternehmen plante, finanzierte und baute<br />

die Mautautobahn auf Basis eines Build-Operate-<br />

Transfer-Vertrags (BOT) und war seit ihrer Eröffnung<br />

auch für den Betrieb verantwortlich.<br />

Der Konzessionsvertrag begann mit Aufnahme<br />

der Bauarbeiten im April 2003. Durch den Einsatz<br />

privaten Kapitals konnte die vorhandene<br />

vierspurige Straße zu einer kreuzungsfreien<br />

sechsspurigen Autobahn ausgebaut werden. Sie<br />

entlastet die 6-Millionen-Einwohner-Stadt erheblich<br />

vom Verkehr, der heute reibungsloser und<br />

sicherer fließt. Im September 2012 verkaufte<br />

HOCHTIEF seine gesamten Anteile an der Betreibergesellschaft<br />

des VNE und realisierte damit<br />

den Wert eines reifen Infrastruktur-Assets.<br />

Auftrag der chilenischen Regierung über<br />

Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb<br />

der Ringautobahn um die Hauptstadt<br />

Santiago de Chile. Die Mautstraße war<br />

unter dem Namen „Américo Vespucio<br />

Norte“ im Rahmen des chilenischen<br />

Konzessionsprogramms ausgeschrieben<br />

worden.<br />

Im damaligen Bieterverfahren konnte<br />

sich das HOCHTIEF-Konsortium zusammen<br />

mit der spanischen Baugruppe Dragados<br />

und zwei lokalen Partnern gegen<br />

starke internationale Konkurrenz durchsetzen.<br />

Bei PPP-Projekten ist es grundsätzlich<br />

von Vorteil, wenn das beauftragte Konsortium<br />

möglichst klar strukturiert ist, um die Zusammenarbeit<br />

effizient zu gestalten. Beim VNE wurden<br />

die Verantwortlichkeiten klar auf die am Projekt<br />

beteiligten Partner verteilt, wobei jeder den Teil<br />

übernahm, den er mit größtmöglicher Kompetenz<br />

abdeckte. So funktionierte auch das spätere<br />

Zusammenspiel zwischen den Bereichen Bau und<br />

Konzession reibungslos.<br />

Peter H. Coenen ist<br />

Vorsitzender der<br />

Segmentleitung PPP<br />

Solutions, HOCHTIEF<br />

Solutions AG, Essen.<br />

Dr. Ansgar Bendiek<br />

leitet die Abteilung<br />

Sales & Transactions<br />

im Segment PPP<br />

Solutions.<br />

Erstes Projekt im Verkehrswegebau<br />

Der VNE war eines der ersten PPP-Projekte von<br />

HOCHTIEF im Bereich Verkehrsinfrastruktur.<br />

Nachdem das Unternehmen im Jahr 1999 – gemeinsam<br />

mit Bilfinger – den Zuschlag für die<br />

Konzession des Herrentunnels unter der Trave<br />

bei Lübeck erhalten hatte, folgte Ende 2001 der<br />

Noch im Jahr 2002 gelang es dem Konsortium,<br />

die Strukturierung und Finanzierung des Vorhabens<br />

weitgehend abzuschließen, sodass im Frühjahr<br />

2003 mit den Bauarbeiten begonnen werden<br />

konnte. Mit Bauende 2006 wurde die Strecke,<br />

die in sechs Teilabschnitte zu jeweils 3,5 bis<br />

6,5 Kilometer unterteilt ist, für den Verkehr freigegeben.<br />

Neben dem sechsspurigen Ausbau der<br />

119


vorhandenen Straße errichtete das Konsortium<br />

19 Kreuzungsbauwerke, übernahm den Ausbau<br />

der Entwässerungskanäle und stellte das integrierte<br />

Maut- und Verkehrsleitsystem betriebsbereit<br />

fertig.<br />

Mit Aufnahme der Bauarbeiten begann auch der<br />

30-jährige Konzessionsvertrag. Das private Investitionsvolumen<br />

der Autobahn in Höhe von<br />

521 Millionen Euro wird während der 27-jährigen<br />

Betriebsphase durch Mautgebühren refinanziert.<br />

Dabei stellt der Vespucio Norte Express<br />

technologisch einen Meilenstein für vollelektronische<br />

Systeme zur Gebührenerhebung dar: Die<br />

Maut wird über ein Multilane-Free-Flow-System,<br />

ein vollelektronisches, barrierefreies System erhoben.<br />

Das im Fahrzeug befestigte Empfangsgerät<br />

kommuniziert mit der entsprechenden elektronischen<br />

Ausrüstung, die an Portalen über der Autobahn<br />

angebracht ist. Das Multilane-Free-Flow-<br />

System gilt zurzeit als das weltweit modernste<br />

vollelektronische Mauterfassungsverfahren, das<br />

als übergreifendes und untereinander kompatibles<br />

System für die fünf Autobahnkonzessionen<br />

in Santiago de Chile mit etwa 150 Kilometern<br />

Gesamtlänge eingesetzt wird – u.a. auch beim<br />

Túnel San Cristóbal, dem zweiten Projekt, das<br />

HOCHTIEF Solutions in der chilenischen Hauptstadt<br />

verantwortet. Das Unternehmen hält weiterhin<br />

einen 50-prozentigen Anteil an dem Tunnel,<br />

der sich noch in einem früheren Projektstadium<br />

befindet.<br />

Unvorhersehbare Risiken<br />

HOCHTIEF hat den VNE über mehr als zehn<br />

Jahre begleitet. Die langen Laufzeiten von PPP-<br />

Verträgen bringen es mit sich, dass die privaten<br />

Auftragnehmer während des gesamten Projektverlaufs<br />

immer wieder auch gewissen Risiken<br />

ausgesetzt sind.<br />

Am 27. Februar 2010 erschütterte ein Erdbeben<br />

– das schwerste seit 50 Jahren – die chilenische<br />

Küstenregion. In der Hauptstadt Santiago de<br />

Chile wurden zahlreiche Gebäude zerstört oder<br />

schwer beschädigt. Die Schäden konzentrierten<br />

sich auf das Gebiet um den Flughafen. Auch der<br />

VNE war von der Naturkatastrophe betroffen und<br />

wurde in Mitleidenschaft gezogen. Das Erdbeben<br />

und die nachfolgenden Reparaturarbeiten bedeuteten<br />

einen umfangreichen Einschnitt bei den<br />

weiteren Planungen, auch im Hinblick auf den<br />

Verkaufsprozess.<br />

Die Erdbebenproblematik lässt deutlich erkennen,<br />

dass es nur größeren Unternehmen gelingen<br />

kann, mit den wirtschaftlichen Folgen unvorhersehbarer<br />

Ereignisse fertig zu werden. Sie<br />

verfügen über den nötigen finanziellen und personellen<br />

Hintergrund, um etwaige Rückschläge<br />

im Projektverlauf kompensieren zu können.<br />

Nur durch die schnelle versicherungstechnische<br />

Abwicklung und die Übernahme der Schadenssumme<br />

konnten die Reparaturarbeiten nach dem<br />

Erdbeben unverzüglich aufgenommen werden.<br />

So konnte die Projektgesellschaft beim VNE vor<br />

Ort innerhalb kürzester Zeit erforderliche Maßnahmen<br />

gegen die entstandenen Schäden einleiten.<br />

Schließlich waren zwei Brücken komplett<br />

oder teilweise eingestürzt, drei Brücken wurden<br />

stark beschädigt. Erste Reparaturen erfolgten innerhalb<br />

weniger Stunden und Tage, sodass der<br />

VNE zügig in beiden Fahrtrichtungen wieder zu<br />

70 Prozent zu befahren war – ein beachtlicher<br />

Erfolg und eindrucksvoller Beweis für die hervorragende<br />

Zusammenarbeit zwischen den Teams<br />

der Bereiche Bau und Konzession. Aufgrund<br />

die ser Erfahrung hat HOCHTIEF mit Brookfield,<br />

dem Erwerber der Anteile, eine Vereinbarung<br />

über zukünftige technische Unterstützung<br />

abgeschlossen.<br />

Stabiles wirtschaftliches Umfeld<br />

Der VNE ist auch in weiterer Hinsicht ein echtes<br />

Erfolgsbeispiel. Das Projekt zeigt, dass es möglich<br />

ist, auch dann eine hohe Rendite bei einer<br />

mautabhängigen Straße zu erzielen, wenn sich<br />

der Markt durch unvorhergesehene Ereignisse<br />

anders entwickelt als erwartet. Gleichzeitig wird<br />

120


deutlich, dass ein stabiles wirtschaftliches Umfeld<br />

bei einem Verkehrsmengenrisikoprojekt einen<br />

zentralen Faktor, wenn nicht sogar eine unabdingbare<br />

Voraussetzung für den Projekterfolg darstellt.<br />

In Chile war diese Bedingung erfüllt. Aktuelle<br />

Erfahrungen im griechischen Markt zeigen<br />

hingegen, dass Projekte, die unter ähnlichen Voraussetzungen<br />

gestartet sind, vom Einfluss einer<br />

kriselnden Wirtschaft stark beeinträchtigt werden<br />

und nur schwer zum Erfolg zu führen sind.<br />

Langfristige, lokale Finanzierung<br />

Mit einer äußerst erfolgreichen Anleiheemission<br />

hatte der VNE im Juni 2004 seine langfristige<br />

lokale Finanzierung gesichert: Dabei hatte<br />

wurde damit um rund 82 Prozent überzeichnet.<br />

Da der Zinssatz mit 5,25 Prozent pro Jahr, fest<br />

über 24,5 Jahre, unter dem offiziellen Anleihezinssatz<br />

(Face Rate) von 5,3 Prozent lag, brachte<br />

die Versteigerung einen zusätzlichen Erlös von<br />

etwa 14 Millionen Euro, der sowohl dem Projekt<br />

als zusätzliche Liquidität als auch den Anteilseignern<br />

in Form von geringeren Eigenmitteln zugutekam.<br />

Die Emission war damit in Bezug auf<br />

Betrag, Nachfrage und Zinssatz die seinerzeit erfolgreichste<br />

im chilenischen Markt.<br />

Im September 2012 verkaufte HOCHTIEF seine gesamten Anteile an der Betreibergesellschaft des Vespucio Norte Express in<br />

Santiago de Chile und realisierte damit den Wert eines reifen Infrastruktur-Assets<br />

die Gesellschaft den Maximalbetrag von etwa<br />

380 Millionen Euro ausgelobt. Die Anleiheemission<br />

konnte nach der sogenannten holländischen<br />

Methode innerhalb von nur einer Minute platziert<br />

werden. Die Nachfrage nach der Anleiheemis<br />

sion lag bei etwa 650 Millionen Euro und<br />

Die Anleihe wurde von Citibank Global Markets<br />

an den Markt gebracht und von der amerikanischen<br />

Versicherungsgesellschaft MBIA versichert.<br />

Die Anleihe verfügte damit über ein internationales<br />

AAA-Rating, sowohl von Standard & Poor’s<br />

als auch von Moody’s. Durch dieses Rating und<br />

die lange Laufzeit war sie für die lokalen Pensionsfonds<br />

und Lebensversicherungsgesellschaften<br />

äußerst attraktiv. Bei der Bewertung des<br />

Projekts durch Investoren und Ratingagenturen<br />

121


wurden die solide Finanzstruktur auf der Grundlage<br />

von realistischen Verkehrs- und Einnahmeprognosen<br />

sowie die Solidität und Erfahrung der<br />

Gesellschafter bei Konzessionsprojekten im Verkehrsinfrastrukturbereich<br />

hervorgehoben.<br />

Die innovative Finanzierung erhielt den Latin-<br />

Finance-Award „Best Project Finance Deal of<br />

2004“.<br />

Verkaufsprozess<br />

Fester Bestandteil des PPP-Geschäftsmodells<br />

von HOCHTIEF ist es, dass – ähnlich wie bei<br />

der Projektentwicklung – die entwickelten und<br />

optimierten Infrastrukturprojekte zu einem geeigneten<br />

Zeitpunkt verkauft werden sollen. Auf<br />

diese Weise setzt das Unternehmen Kapital frei,<br />

das wiederum in die Entwicklung neuer Vorhaben<br />

investiert werden kann. Beispielsweise gab<br />

PPP Solutions 2007 Investoren die Möglichkeit,<br />

sich am Schulportfolio in Großbritannien zu beteiligen.<br />

Sechs der PPP-Schulprojekte wurden zu<br />

diesem Zweck in die Investitionspartnerschaft<br />

HOCHTIEF PPP Schools Capital eingebracht und<br />

49 Prozent der Anteile an den Projekten an einen<br />

börsennotierten Spezialfonds verkauft. Im<br />

selben Jahr begann das Unternehmen damit, seine<br />

Anteile am Vespucio Norte Express durch eine<br />

strukturierte Transaktion zu veräußern. 2007<br />

und 2008 wurden insgesamt 16,25 Prozent am<br />

Projekt zu einem Preis von ca. 107 Millionen<br />

Euro erfolgreich an eine Investorengruppe um<br />

M.M. Warburg verkauft. Der Anteil des Unternehmens<br />

an der Mautautobahn betrug danach<br />

noch 29,2 Prozent.<br />

2012 schloss HOCHTIEF dann den Verkauf seiner<br />

gesamten Beteiligung von 45,45 Prozent an<br />

der Betreibergesellschaft des VNE mit der Unterstützung<br />

des renommierten Finanzberaters<br />

Lazard New York erfolgreich ab. Die Veräußerung<br />

an ein Konsortium unter Führung von Brookfield<br />

hatte einen Wert von 230 Millionen Euro. Mit<br />

diesem Verkauf – dem bedeutendsten in der Geschichte<br />

von PPP bei HOCHTIEF – ist es gelungen,<br />

in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld<br />

den Wert eines reifen Infrastruktur-Assets zu<br />

realisieren. Das Projekt mit seiner hohen Rendite<br />

und einem entsprechenden Ergebnisbeitrag war<br />

das profitabelste PPP-Vorhaben der HOCHTIEF<br />

PPP Solutions. Es zeigt auch, welche besonderen<br />

Chancen Verkehrsinfrastrukturprojekte bieten,<br />

und bestätigt die Strategie und das Geschäftsmodell<br />

des Unternehmens.<br />

Eine wesentliche Voraussetzung für diesen Erfolg<br />

war das erfahrene Projektteam, das den Verkauf<br />

professionell durchgeführt hat. Zudem kannte<br />

der Investor Brookfield das Projekt sehr gut und<br />

war darum von der Werthaltigkeit des Assets<br />

überzeugt. Entscheidend war letztlich auch das<br />

richtige Timing: Die Erfahrungen beim Verkaufsprozess<br />

haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, abzuwarten,<br />

sich nicht unter Druck setzen zu lassen,<br />

bis der günstigste Zeitpunkt für die Veräußerung<br />

erreicht ist und die bestmögliche Rendite erzielt<br />

werden kann.<br />

122


Entlang der Seidenstraße:<br />

ein wichtiger Handelsweg nach Asien<br />

Von Michael Korn<br />

Bis heute ist die Seidenstraße ein wichtiger Handelsweg zwischen Europa<br />

und Asien. In einem Projekt der Europäischen Union wird der grenzübergreifende<br />

Informationsfluss der Länder, die am Transportkorridor<br />

zwischen Europa, dem Kaukasus und Asien liegen, gefördert. PPP stößt<br />

auch hier als Beschaffungsvariante zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur<br />

auf großes Interesse.<br />

Der Begriff „Seidenstraße“ ist die Wortschöpfung<br />

des deutschen Geografen Ferdinand Freiherr von<br />

Richthofen. Ihre Geschichte geht wohl – wie die<br />

einer Vielzahl historischer Handelswege – zurück<br />

auf das Römische Reich. Die Seidenstraße<br />

bestand aus einem verzweigten Netz von Karawanenwegen<br />

durch China, Zentralasien, Indien,<br />

Persien, den Kaukasus, die Türkei und den Nahen<br />

Osten. Es war und ist eine wichtige Handelsstraße<br />

zwischen Südosteuropa und Ostasien. Auf<br />

der Seidenstraße fanden Seide, Gewürze, Porzellan,<br />

Jade, Bronze, Lacke und Eisen den Weg nach<br />

Europa und z.B. Glas den Weg nach Ostasien.<br />

Heute haben die Warenströme von und nach<br />

Asien für Europa mehr Bedeutung denn je. Waren<br />

im Wert von 428,3 Milliarden Euro wurden<br />

2011 nach Angaben der Europäischen Kommission<br />

allein mit China gehandelt. Es wird erwartet,<br />

dass allein das Frachtaufkommen über die Straße<br />

zwischen Europa und Asien 2015 etwa 8,86 Millionen<br />

Tonnen im Jahr betragen wird.<br />

Drei verschiedene Landrouten<br />

Insgesamt werden Waren neben dem Transport<br />

durch die Luft und die Weltmeere grundsätzlich<br />

auf drei verschiedenen Routen befördert. Die<br />

nördliche Route, die Trans Russian Route, quert<br />

auf dem Weg von China Kirgistan und Kasachstan<br />

und führt durch weite Teile Russlands nach<br />

Europa. Die südliche Route, die Trans Turkey/<br />

Michael Korn ist<br />

Prokurist und Leiter<br />

des Bereichs Infrastruktur<br />

bei Alfen<br />

Iran Route, quert die Staaten Kirgistan,<br />

Consult GmbH,<br />

Usbekistan, Turkmenistan, Iran, Türkei Weimar.<br />

und Bulgarien. Die mittlere Route, die<br />

Trans Caucasus Route, quert auf dem<br />

Weg durch den Kaukasus Kirgistan, Usbekistan,<br />

Kasachstan, Aserbeidschan und Georgien sowie<br />

die Ukraine, Bulgarien oder Rumänien. Dabei<br />

sind zusätzlich das Kaspische und das Schwarze<br />

Meer zu überqueren. Derzeit wird die Trans Russian<br />

Route deutlich bevorzugt, da sie aufgrund<br />

der geringeren Anzahl an Grenzquerungen und<br />

eines schon recht gut ausgebauten Netzes sowie<br />

höherer Sicherheitsstandards attraktiver ist als<br />

die anderen beiden. Die südlicheren Routen sind<br />

nicht durchgängig und in angemessener Qualität<br />

befahrbar, die Grenzabfertigung dauert mitunter<br />

Tage und es gibt immer wieder politische Spannungen<br />

benachbarter Länder. Darüber hinaus ist<br />

Bestechlichkeit und Korruption noch immer ein<br />

Thema, auch wenn die Staaten diese durchaus<br />

erfolgreich bekämpfen. Auf der Corruption Perception<br />

List 2012 von Transparency International<br />

liegt Armenien auf Rang 105, Aserbeidschan auf<br />

139, Georgien auf 51, Kasachstan auf 133, Kirgistan<br />

auf 154, Moldawien auf 94, Tadschikistan<br />

auf 157, die Ukraine auf 144 und Usbekistan auf<br />

Rang 170.<br />

IDEA-Projekt<br />

Die EU engagiert sich seit Jahren in der Region<br />

und hat im Rahmen des sogenannten Transport<br />

VERKEHRSWEGEBAU<br />

123


Corridor Europe Cacasus Asia (TRACECA)-<br />

Programms vielfältige Projekte finanziert. Eines<br />

dieser Projekte trägt den Namen TRACECA-<br />

IDEA (Transport Interoperability and Dialogue<br />

between the EU Caucasus and Asian) und zielt<br />

da rauf ab, die grenzüberschreitende und kulturkreisübergreifende<br />

Kommunikation und Kooperation<br />

der TRACECA-Staaten Armenien, Aserbeidschan,<br />

Georgien, Kasachstan, Kirgistan,<br />

Moldawien, Tadschikistan, Usbekistan und Ukraine<br />

sowie der assoziierten Länder Bulgarien,<br />

Rumänien und Türkei als Begünstigte aus dem<br />

Projekt zu stärken. Das Projekt wurde durch das<br />

Beraterteam Trasporto e Territorio (TRT) Mailand,<br />

Dornier Consulting GmbH Berlin, PTV AG<br />

Karlsruhe und Alfen Consult GmbH Weimar im<br />

Zeitraum Mitte 2009 bis Ende 2012 bearbeitet.<br />

Alfen Consult war für die Themenbereiche Finanzierung<br />

und PPP verantwortlich.<br />

Die Kernziele des Projekts bestanden in der<br />

x Stärkung der politischen und transportorientierten<br />

Dialogmechanismen,<br />

x Unterstützung der Umsetzung der langfristigen<br />

IGC (TRACECA Inter-Governmental<br />

Commission)-Strategie bis 2015 und des entsprechenden<br />

Action Plan,<br />

x Identifikation, Priorisierung, Evaluierung<br />

und Präsentation der TRACECA-Verkehrsinfrastruktur-Projektvorschläge.<br />

Wesentlicher Erfolgsfaktor war und ist aus Sicht<br />

der Beteiligten, dass der Ansatz des IDEA-Projekts<br />

weniger auf der Führung der Länder als vielmehr<br />

auf der Unterstützung der TRACECA-Staaten<br />

bei aus Eigeninteresse initiierten Aktivitäten<br />

liegt. Die TRACECA-Staaten haben das Vorgehen<br />

untereinander gemeinsam abgestimmt und sich<br />

so die Konkretisierung der mit dem IDEA-Projekt<br />

dargebotenen Unterstützung zu eigen gemacht<br />

und nach ihren Bedürfnissen ausgestaltet. Besonderen<br />

Anklang fanden die 2010 und 2012 abgehaltenen<br />

TRACECA-Investment-Foren, auf denen<br />

die TRACECA-Staaten für priorisierte Projekte bei<br />

institutionellen und sonstigen Investoren werben<br />

konnten. Eine Reihe von wichtigen Verkehrsprojekten<br />

konnte so auf den Weg gebracht werden.<br />

Die Liste der bisher priorisierten Projekte findet<br />

sich unter www.traceca-org.org/fileadmin/fmdam/Investment_Forum/BOOKLET_final.pdf.<br />

Objektive Priorisierungsmethodik<br />

Voraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung<br />

der Projekte und des darauf basierenden internationalen<br />

Interesses waren die Unterstützung bei<br />

der Schaffung des Verständnisses für tragfähige<br />

Strukturen der Projekte und die speziellen Anforderungen<br />

institutioneller und sonstiger Investoren.<br />

Ein Schwerpunkt lag daher auf der Bereitstellung<br />

und Verbreiterung der Wissensbasis, aber<br />

auch auf der Begleitung der Vorbereitung und<br />

Auswahl der Projekte sowie der Erstellung der<br />

entsprechenden Projektdokumentation. Als Basis<br />

für die Auswahl und Reihung der Projekte wurde<br />

eine objektive Priorisierungsmethodik durch<br />

IDEA entworfen und implementiert, im Rahmen<br />

derer die TRACECA-Staaten gemeinsam die Projekte<br />

evaluierten.<br />

Wesentliche Elemente der Evaluationsmethode<br />

sind der auf der Analytic Hierarchy Process<br />

(AHP)-Methode basierende paarweise Vergleich<br />

der Projekte anhand vordefinierter Kriterien untereinander,<br />

aber auch die Prozessstruktur der<br />

Evaluierung. Die jeweils durch die Staaten vorgestellten<br />

Projekte wurden durch drei Bewertungsgruppen,<br />

deren Mitglieder aus regional zusammenhängenden<br />

TRACECA-Staaten bestehen,<br />

bewertet. Ferner entsendet jede Bewertungsgruppe<br />

einen Beobachter in die anderen Gruppen,<br />

um die Konsistenz und Objektivität der Gesamtbewertung<br />

zu sichern. Die kontinuierliche, enge<br />

Kommunikation der Staaten im und mit dem<br />

IDEA-Projekt war dabei Erfolgsgarant.<br />

Das nötige Know-how wurde durch spezielle<br />

Trainingsmaßnahmen zur Projektauswahl und<br />

-bewertung (Economic Project Appraisal) sowie<br />

zur finanziellen Strukturierung und Bewertung<br />

(Financial Project Appraisal) vertieft, die die<br />

124


umfangreichen Trainingsmaßnahmen der EU<br />

und anderer Förderer in der Region abrunden.<br />

Grundlage des Trainings waren die speziell auf<br />

den TRACECA-Raum abgestimmten Werkzeuge<br />

„TRACECA Appraisal Manual“ und das von<br />

Alfen Consult erstellte „TRACECA Investment<br />

Manual“.<br />

Wesentliche Themenbereiche betreffen:<br />

x Sinn und Zweck von Kosten-Nutzen-Analysen<br />

und deren Aussagekraft<br />

x Grundlagen und Herausforderungen der<br />

zugrunde liegenden Berechnungen und<br />

Annahmen<br />

x Berücksichtigung von externen Kosten und<br />

sonstigen externen Effekten des Verkehrs<br />

x Identifizierung von und Umgang mit Optimism<br />

Bias, der Tendenz zur Überschätzung<br />

von Nutzen und Unterschätzung von Kosten in<br />

Kosten-Nutzen-Analysen<br />

x Gestaltung der Rahmenbedingungen für<br />

die Bereitstellung und Finanzierung von<br />

Verkehrsinfrastruktur<br />

x Mögliche Beschaffungsansätze und grundsätzliche<br />

Strukturierungsoptionen für<br />

Verkehrsinfrastruktur<br />

x Risikobewertung und effiziente Risikoallokation<br />

als Voraussetzung für den Projekterfolg<br />

x Methoden und Instrumente zur Einschätzung<br />

und Bewertung der finanzwirtschaftlichen<br />

Machbarkeit<br />

x Herkunft und Charakteristika verschiedener Finanzierungsinstrumente<br />

und die damit verbundenen<br />

Risiken und Verpflichtungen<br />

x Diskussion und Auswertung konstruierter und<br />

tatsächlicher Case Studies zur Identifizierung<br />

von Best Practice<br />

Transnationale, integrierte Planung<br />

Als Werkzeug wurde durch IDEA ein Verkehrsmodell<br />

für die Region erstellt, in dem die Verkehrsströme<br />

je nach Netzgestaltung modelliert<br />

und analysiert werden können. Die Anwendungsmöglichkeiten<br />

und Bedienung wurden in<br />

weiteren intensiven Trainingseinheiten den Verantwortlichen<br />

aus den TRACECA-Staaten nähergebracht.<br />

Sie verfügen damit über ein grenzüberschreitend<br />

einsetzbares Planungsinstrument, das<br />

eine transnationale und integrierte Planung von<br />

Projekten ermöglicht. Für die Messung des Fortschritts<br />

in der Entwicklung des Verkehrskorridors<br />

wurde der sogenannte TRACECA-Transport-<br />

Route-Attractiveness-Index (TRAX) entwickelt,<br />

der auf Basis von ausgewerteten Fernfahrerdaten<br />

die Attraktivität des Transportkorridors im Vergleich<br />

zu alternativen Routen bewertet.<br />

Neben der Bereitstellung geeigneter Planungsund<br />

Evaluierungsinstrumente sowie einer breiten<br />

Wissensbasis war Kommunikation für den Erfolg<br />

der transnationalen Verkehrsprojekte entscheidend.<br />

Hierzu gehört auch, dass die TRACECA-<br />

Staaten auf Harmonisierungspotenziale aufmerksam<br />

gemacht werden und ihnen die Möglichkeit<br />

gegeben wird, die für internationale Investoren<br />

maßgeblichen Parameter zu überwachen. Es<br />

wurde von IDEA daher ein Arbeitspapier zu<br />

Harmonisierungsmöglichkeiten der Rahmenbedingungen<br />

für die Umsetzung der Infrastrukturprojekte<br />

sowie spezifische Länderreports erstellt<br />

und Strukturdaten der einzelnen Länder zusammengestellt.<br />

Diese werden nunmehr von den<br />

TRACECA-Staaten selbst von Zeit zu Zeit aktualisiert,<br />

um ein Monitoring zu ermöglichen.<br />

Darüber hinaus wurden eine Vielzahl von Konferenzen,<br />

Meetings und interministerieller Treffen<br />

durch IDEA organisiert, in denen die Strategie<br />

für die weitere verkehrspolitische Entwicklung<br />

der Region und der Projekte im Mittelpunkt standen.<br />

Außerdem wurden nicht zuletzt im Rahmen<br />

der Projektpriorisierung die Möglichkeiten und<br />

Grenzen von PPP analysiert und diskutiert. PPP<br />

stößt bei den TRACECA-Staaten aufgrund der<br />

erweiterten Finanzierungsmöglichkeiten, aber<br />

insbesondere auch aufgrund der höheren Verlässlichkeit<br />

beim Zeit- und Kostenrahmen bei der<br />

Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur auf großes<br />

Interesse. Hierfür sorgen zum einen die Anreizstrukturen<br />

innerhalb von PPP, aber auch die<br />

125


in den TRACECA-Staaten regelmäßig maßgeblich<br />

beteiligten institutionellen Investoren wie ADB,<br />

EBRD oder die Weltbankgruppe mit ihren strengen<br />

Anforderungen, Regularien und begleitendem<br />

Monitoring.<br />

Aus der auf dem TRACECA Investment Forum<br />

2012 präsentierten Prioritätenliste der TRACECA-<br />

Staaten wurden bisher zwei Projekte finanziert,<br />

für drei Projekte wurden die Finanzierungszusagen<br />

erteilt, zwei Projekte werden eng durch<br />

institutionelle Finanzmittelgeber betreut und<br />

acht Länder haben konkrete Investorengespräche<br />

aufgenommen. Auf dem TRACECA Investment<br />

Forum 2012 haben EIB und EBRD erklärt, dass<br />

sie die Finanzierung von Projekten in Georgien,<br />

Armenien, Kasachstan und Moldawien beabsichtigen,<br />

und die ADB integrierte drei kasachische<br />

Eisenbahnprojekte in ihre Finanzierungsstrategie<br />

bis 2015.<br />

Dem Erfolg des Projekts geschuldet wurde 2013<br />

ein Folgeprojekt IDEA II aufgelegt, das einen erweiterten<br />

Fokus auf die Finanzierung und Umsetzung<br />

von Projekten legt sowie weitere Länder<br />

(Turkmenistan) einbezieht.<br />

Land Projekt Projekttyp Investitions- Finanzierung<br />

volumen<br />

(Mio. E)<br />

Armenien Yerevan Logistic Centre Logistik 24,4 Betreiber, Weltbank, ADB<br />

Aserbeidschan Baku - Alyat - Beyuk Kesik Schiene 1.000 Betreiber, Weltbank,<br />

Railway rehabilitation<br />

Aserbeidschan,<br />

Tschechische Exportbank<br />

Bulgarien Varna Ferryboat Eisenbahnfähre 1,0 Betreiber<br />

Georgien Poti-Baku Container Block Train Schiene 8,5 Betreiber<br />

Kasachstan Shymkent – Tashkent Road Straße 71,0 Betreiber, EBRD<br />

Reconstruction<br />

Kirgistan Aero Navigation Facilities Luftsicherheit 15,6 Betreiber<br />

Modernization<br />

Moldawien Slobozia Bypass on Chisinau- Straße 21,3 Verhandlungen<br />

Giurgiulesti Road<br />

nicht abgeschlossen<br />

Rumänien Mures-Iasi-Ungheni Motorway Straße 6.100 Verhandlungen<br />

Section<br />

nicht abgeschlossen<br />

Tadschikistan Vahdat-Karmayk (Kyrgyz border) Schiene 1.600 Verhandlungen<br />

Railway<br />

nicht abgeschlossen<br />

Türkei Istanbul Atatürk Airport Luftfahrt 5,0 Betreiber<br />

Passenger Right Information Centre<br />

Ukraine Ilyichevsk Port Multi-Modal Hafen 7,0 Betreiber<br />

Complex<br />

Usbekistan Centralised Information IT 15,0 Usbekistan<br />

Web for Customs<br />

Priorisierte Projekte 2012 – präsentiert auf demTRACECA Investmentforum 2012<br />

126


Die Finanzierungsmöglichkeiten von PPP<br />

im Wandel der Zeiten<br />

Von Dr. Hans-Georg Napp<br />

Trotz vieler erfolgreich umgesetzter Vorhaben konnte sich in der Gesellschaft<br />

und damit auch häufig auf politischer Ebene bislang keine echte<br />

Unterstützung für PPP entwickeln. Stattdessen führte die zunehmende<br />

Verunsicherung bei der Entscheidung für eine Beschaffungsvariante PPP<br />

teilweise zu einem Rückzug.<br />

Makroökonomisch konnte man zwar erwarten,<br />

dass die deutsche Konjunktur durch den stabilen<br />

Arbeitsmarkt und die belebte Entwicklung der<br />

Binnennachfrage positiv beeinflusst wird; doch<br />

hatten die Auswirkungen der Kapitalmarktkrise<br />

erhebliche Folgen für die Mittelbeschaffung –<br />

selbst bei rein kommunaler Bonitätsleihe. Zudem<br />

bedürfen Erhaltung und Ausbau der öffentlichen<br />

Infrastruktur neben den Anforderungen der Energiewende<br />

im Besonderen und den finanzpolitischen<br />

Herausforderungen im Allgemeinen großer<br />

Anstrengungen auf allen föderalen Ebenen. Wenngleich<br />

die Steueraufkommen für 2011 und 2012<br />

positive Zahlen gebracht haben, ist die Belastbarkeit<br />

öffentlicher Haushalte für all diese Aufgaben<br />

vielfach nicht mehr gegeben. Daher scheint es<br />

geboten, dass Bund, Länder und Kommunen die<br />

Chancen auf wirtschaftliche Vorteile und betriebswirtschaftliche<br />

Effizienz prüfen, um öffentliche<br />

Gelder wirkungsorientiert einsetzen zu können.<br />

Eine erhöhte politische Offenheit für PPP sollte<br />

die Folge sein.<br />

Sensibilisierung der öffentlichen Hand<br />

hat richtigerweise zu einer Beschäftigung<br />

und damit zu einer Quantifizierung<br />

jeder einzelnen ein Projekt bestimmenden<br />

Einflussgröße geführt. Dabei<br />

geht es letztlich um eine Gesamtoptimierung<br />

über den Lebenszyklus und damit<br />

die Realisierung von Effizienzvorteilen,<br />

die natürlich auch die jeweilige Betriebsphase<br />

beinhalten.<br />

Zur Finanzierungsseite öffentlich-privater Partnerschaftsprojekte<br />

ist festzustellen, dass die stark<br />

gestiegene Unsicherheit der Kreditinstitute bezogen<br />

auf ihren eigenen Liquiditätsbedarf sowie die<br />

Beeinträchtigung einer zuverlässigen Bonitätseinschätzung<br />

der Geschäftspartner die Refinanzierung<br />

vieler Institute nur mit (Marktrisiko-)Aufschlägen<br />

erlaubten bzw. erlauben. Die Frage der<br />

(Re-)Finanzierung auch bei PPP-Projekten steht<br />

daher stärker denn je im Fokus. PPP-Finanzierungsstrukturen,<br />

insbesondere beim einredefreien<br />

Ankauf von Forderungen, waren bzw. sind aber<br />

von den Auswirkungen der Krise weniger betroffen<br />

als viele andere Bereiche der Wirtschaft.<br />

Dr. Hans-Georg<br />

Napp ist Bankdirektor<br />

und Leiter des<br />

Zielkundenbereichs<br />

„Öffentliche Hand/<br />

Kommunalnahe<br />

Unternehmen“<br />

der Landesbank<br />

Hessen-Thüringen<br />

und stellvertretender<br />

Vorsitzender des PPP-<br />

Vereins Hessen e.V.<br />

INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />

Die öffentliche Hand hat mit Beschaffungsalternativen<br />

im Rahmen von PPP bis dato also durchaus<br />

ein neues Verständnis zur Realisierung von öffentlichen<br />

Infrastrukturprojekten entwickelt. Mit der<br />

Umsetzung erfolgversprechender PPP-Strukturen<br />

ging eine Sensibilisierung der öffentlichen Hand<br />

bezüglich der preis- und kostenbestimmenden<br />

Faktoren von Infrastrukturprojekten einher und<br />

Die PPP-Finanzierungssystematik bietet in der<br />

Regel umfangreiche Variationsmöglichkeiten, um<br />

auf die geänderten Rahmenbedingungen zu reagieren.<br />

Bonitätsunabhängig können Darlehensanfragen<br />

aber oft nicht mehr aus einer Hand allein<br />

bedient werden. Dabei sind interne Restriktionen<br />

ebenso ausschlaggebend wie lange Laufzeiterwartungen<br />

auf der Kundenseite. Es empfiehlt sich<br />

127


da her, bereits bei Ansprache der Bankpartner die<br />

Aufteilung des Finanzierungsbedarfs auf mehrere<br />

Gläubiger in Erwägung zu ziehen oder die aktuell<br />

häufig mit maximal zehn Jahren darstellbare Kreditlaufzeit<br />

durch Zinsderivate für die verbleibende<br />

Restlaufzeit abzusichern, um die Kalkulationssicherheit<br />

für die Projektgesamtdauer zu erhöhen.<br />

Wesentliches Ziel einer risikoadjustierten Finanzierung<br />

ist die Identifikation und sachgerechte<br />

Zuweisung von Projektrisiken. Die Projektfinanzierung<br />

ist allgemein anerkannt die Form der Finanzierung,<br />

mit der in der weitestgehenden Art<br />

Entscheidungskompetenzen sowie eine deutliche<br />

Trennung von Leistungserstellungen und politischer<br />

Einflussnahme. Dies trägt mit dazu bei, dass<br />

die Privatwirtschaft und die öffentliche Hand näher<br />

zusammenrücken müssen, um auch weiterhin<br />

die Chancen im PPP-Markt gemeinsam und vorteilsstiftend<br />

zu heben.<br />

Berücksichtigung des Gemeinwohls<br />

Hochtaunusklinik Bad Homburg, ein Projekt der BAM Deutschland AG und der Hannover Leasing, finanziert durch die Landesbank<br />

Hessen-Thüringen, Bayerische Landesbank und die TaunusSparkasse<br />

und Weise Risiken auf den privaten Projektpartner<br />

übertragen werden. Finanzierungspartner werden<br />

daher an die Projektprüfung und an die Projektbegleitung<br />

hohe Anforderungen stellen. Hierin liegt<br />

ein wesentlicher Vorteil auch für den öffentlichen<br />

Auftraggeber.<br />

Zu den Projektrisiken zählen hierbei Konflikte<br />

zwischen den beiden Partnern, wie etwa der Verlust<br />

von öffentlichem Einfluss sowie ein Imageverlust<br />

auf beiden Seiten, wenn das Projekt nicht<br />

erfolgreich verläuft. Ein gelungenes PPP-Projekt<br />

benötigt daher klar verteilte Verantwortungs- und<br />

Wenngleich gelegentliche Kritik an der Bürokratie<br />

durch viele Bürger geteilt wird, geht dies<br />

allerdings nicht mit einem Ruf nach mehr echter<br />

Privatisierung einher. Vielmehr hat sich die<br />

Skepsis gegenüber Privatisierungen in den letzten<br />

fünf Jahren eher verstärkt. Gemäß der Studie von<br />

forsa „Bürgerbefragung öffentlicher Dienst 2011“<br />

stimmten beispielsweise 82 Prozent der Befragten<br />

dafür, Schulen als öffentliche Hochbauten nicht<br />

zu „privatisieren“, für den öffentlichen Personennahverkehr<br />

sehen dagegen nur 40 Prozent, dass<br />

dieser in öffentlicher Regie verbleiben solle. Es<br />

gilt daher, vertragliche Partnerschaftsmodelle dahingehend<br />

zu entwickeln, dass gegenüber der Öffentlichkeit<br />

ein hohes Maß an Transparenz sichergestellt<br />

wird und gleichzeitig möglichst viele der<br />

128


Aspekte beachtet werden, die für die Kommunen,<br />

die Beschäftigten und die Bürger von Bedeutung<br />

sind. Die Berücksichtigung des Gemeinwohls etwa<br />

durch eine die privaten Haushalte und damit<br />

die Bürger schonende Gebührenpolitik könnte<br />

zu Lasten einer Gewinnmaximierung als Zeichen<br />

gesetzt werden, das zu einer Akzeptanzerhöhung<br />

beitragen kann. Dies nicht zuletzt, da Daseinsvorsorge<br />

nicht nur die flächendeckende Bereitstellung<br />

von Leistungen unter Kosten- und Qualitätsaspekten<br />

beinhaltet, sondern auch die aktive<br />

Einbindung der Nutzer und damit Bürger an der<br />

Weiterentwicklung und Nachhaltigkeit öffentlicher<br />

Dienstleistungen.<br />

Die zunehmende Bedeutung solcher Fragen und<br />

die Bedeutung der Einbindung der Bürgerschaft<br />

bei Planung und Realisierung bedeutender Infrastruktur-Großprojekte<br />

steckt die Rahmenbedingungen<br />

und Eckpunkte der Zusammenarbeit<br />

zwischen privatem und öffentlichem Sektor neu<br />

ab. Gelungene Kommunikation trägt in diesem<br />

Zusammenhang erheblich dazu bei, diese Ziele<br />

der öffentlichen Hand, das heißt des Staates und<br />

der Kommunen, mit Hilfe von PPP zu erreichen.<br />

Gegenüber den Betroffenen und Beteiligten ist<br />

überzeugend darzustellen, dass es gerade die<br />

Eigenschaften von PPP sind, die zu mehr Qualität,<br />

mehr Effizienz, weniger Kosten und mehr<br />

Transparenz führen. Deshalb ist es immer wieder<br />

sinnvoll, die Besonderheiten von PPP in geeigneter<br />

Form herauszustellen. Diese sind Planen,<br />

Bauen, Betreiben, Finanzieren und ggf. Verwerten<br />

aus einer Hand im Rahmen der Lebenszyklusbetrachtung,<br />

optimale Risikozuordnung, outputorientierte<br />

Leistungsbeschreibung, optimierte<br />

Transparenz und eine partnerschaftliche Form der<br />

Kooperation. Dies impliziert, dass Planungs- und<br />

Genehmigungsverfahren effizienter sowie die<br />

Kommunikation und Teilhabe der Bürger bei Infrastrukturprojekten<br />

verbessert werden sollten.<br />

Risiken quantifizieren<br />

Zurück zu den Finanzierungsaspekten: Im Rahmen<br />

der bei PPP-Projekten erforderlichen Wirt-<br />

schaftlichkeitsuntersuchungen wird die Forfaitierung<br />

von manchen Beratern – neben dem<br />

obligatorischen Vergleich mit einer Kommunaldarlehensfinanzierung<br />

– auch mit der Finanzierungsform<br />

„Projektfinanzierung“ verglichen.<br />

Im Hinblick auf die Risikopositionen des öffentlichen<br />

Auftraggebers bietet die Forfaitierung in<br />

Verbindung mit einer PPP-Zwischenfinanzierung<br />

die Möglichkeit, gewisse Risiken auf den privaten<br />

Auftragnehmer zu verlagern, die bei einer Kommunaldarlehensfinanzierung<br />

bei der öffentlichen<br />

Hand verbleiben würden. Eine weitergehende<br />

Risikoübertragung ist im Vergleich hierzu aber<br />

nur unter Verwendung einer Projektfinanzierung<br />

möglich.<br />

Letztlich ist eine Risikoverlagerung von der öffentlichen<br />

Hand auf den privaten Partner aber nicht<br />

Selbstzweck, sondern muss immer im Verhältnis<br />

zu den damit verbundenen Mehrkosten beurteilt<br />

werden. Bei Wirtschaftlichkeitsvergleichen zwischen<br />

Forfaitierung und Projektfinanzierung werden<br />

also die jeweiligen Mehr- bzw. Minderrisiken<br />

für die öffentliche Hand quantifiziert und in die<br />

Bewertung mit aufgenommen. Es hat sich vielfach<br />

gezeigt, dass die Projektfinanzierung in der Gesamtbetrachtung<br />

der Risiko- bzw. Kostenrelation<br />

insbesondere bei großvolumigeren PPP-Projekten<br />

auch wirtschaftlicher sein kann als ein Forfaitierungsmodell.<br />

Dies liegt u.a. an den bei Projektfinanzierungen<br />

bestehenden, im Vergleich zur Forfaitierung<br />

deutlich höheren Transaktionskosten.<br />

Um einen solchen – nicht direkt vom Projektvolumen<br />

abhängigen – Kostenblock zu rechtfertigen,<br />

bedarf es einer gewissen Masse an potenziellen,<br />

übertragbaren Risiken, die in Proportionalität<br />

zum Projektvolumen bestehen. Das bedeutet,<br />

dass der öffentliche Auftraggeber bei vielen Projekten<br />

erst ab einem gewissen Projektvolumen<br />

einen angemessenen Preis für die mit Hilfe der<br />

Projektfinanzierung übertragenen Risiken zahlt.<br />

Eine Überprüfung, welches Finanzierungsmodell<br />

– Forfaitierung oder Projektfinanzierung – das<br />

wirtschaftlichere ist, muss daher im Einzelfall vorgenommen<br />

werden.<br />

129


Beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber, eine Finanzierung<br />

als Forfaitierungsmodell auszugestalten<br />

und damit einen Einredeverzicht zu erklären,<br />

ist er gut beraten, die Entscheidung bereits im<br />

Vorfeld der Ausschreibung zu fällen und in der<br />

Vergabebekanntmachung zu veröffentlichen. Würde<br />

die Bereitschaft zu einer Einredeverzichtserklärung<br />

nicht allen Bietern gleichermaßen mitgeteilt,<br />

könnte dies zu einer Begünstigung einzelner<br />

Marktteilnehmer im Verfahren führen und möglicherweise<br />

einen Beihilfetatbestand auslösen.<br />

Maastrichter Verschuldungskriterien<br />

Differenziert zu sehen ist nach wie vor die Anrechnungspflicht<br />

der mit einem Einredeverzicht<br />

versehenen forfaitierten Forderungen auf den<br />

öffentlichen Defizitsaldo nach den Maastrichter<br />

Verschuldungskriterien. EUROSTAT hat zwar<br />

zur Anrechnung von PPP-Modellen ausgeführt,<br />

dass Projekte dann nicht im Sinne der Maastrichter<br />

Kriterien einzurechnen seien, wenn das Baurisiko<br />

und entweder das Ausfall- oder das Nachfragerisiko<br />

auf den privaten Partner übertragen<br />

werden. Aber gerade die Bewertung, wann das<br />

Ausfall- oder Nachfragerisiko tatsächlich übertragen<br />

wird, ist strittig. In Abhängigkeit von der<br />

konkreten vertraglichen Ausgestaltung, insbesondere<br />

dem Sicherheitenkonzept, kann die einredebefreite<br />

Forfaitierung jedenfalls dazu führen, dass<br />

ein hinreichender Risikotransfer auf den privaten<br />

Partner im Sinne der EUROSTAT-Kriterien nicht<br />

vorliegt und die Verbindlichkeiten im Sinne der<br />

Maastrichter Verschuldungsregeln anrechnungspflichtig<br />

sind.<br />

Abschließend sei festzuhalten, dass auch bei Herausforderungen,<br />

die über Partnerschaftsprojekte<br />

hinausgehen, Projekt- und Finanzierungserfahrungen<br />

aus PPP-Vorhaben Orientierung für künftige<br />

Problemlösungen bieten. So trifft gegenwärtig die<br />

angespannte Finanzlage der staatlichen bzw. kommunalen<br />

Haushalte auf eine Erwartungshaltung<br />

der Bürger, ökologisch orientierte Energieversorgung<br />

zukünftig vor allem auch durch öffentliche<br />

Leistungserbringer umzusetzen. In der Vergangenheit<br />

gefällte Privatisierungsentscheidungen bei der<br />

Daseinsvorsorge werden hinterfragt und die hohe<br />

Zahl auslaufender Konzessionsverträge führt zu<br />

einer Auseinandersetzung und neuen Ausrichtung<br />

der gemeindlichen Energiepolitik. Damit wird<br />

deutlich, dass Lebenszyklusgedanken, Effizienzgesichtspunkte,<br />

Nachhaltigkeitsaspekte und Risikoabwägungen<br />

auch im Rahmen der Energiewende<br />

Beachtung finden werden. Öffentlich-Private Partnerschaften<br />

können auch bei Rekommunalisierungen<br />

– etwa im Bereich der Energienetze – ihren<br />

Einsatz finden. Damit kann der kommunale Einfluss<br />

auch auf dem stetig bedeutsamer werdenden<br />

Energiemarkt gestärkt werden.<br />

130


Transparenz bei ÖPP-Projekten: Forschungsprojekt<br />

zeigt Handlungsoptionen<br />

Von Dr. Johannes Schuy und Anja Tannhäuser<br />

Kaum ein Schlagwort beherrscht heute den öffentlichen Diskurs so sehr<br />

wie die Transparenz. Bürgerinitiativen, Verbraucher, Politiker, Kirchen –<br />

jeder fordert heute mehr Transparenz in allen gesellschaftlich relevanten<br />

Bereichen. Die Debatte hat auch den ÖPP-Sektor erreicht.<br />

INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />

Kritiker dieser Entwicklung wie der Philosoph<br />

Byung-Chul Han sprechen inzwischen schon von<br />

einer Transparenzhysterie, in der die Lebensräume<br />

der Individuen nahezu vollständig ausgeleuchtet<br />

werden und in der Transparenz zum Allheilmittel<br />

einer verunsicherten Gesellschaft verklärt<br />

wird.<br />

Die Transparenzdiskussion hat – wenn auch mit<br />

sehr eingeschränktem Fokus – auch den Bereich<br />

Öffentlich-Privater Partnerschaften erreicht. Hier<br />

geht es darum, die von geplanten Projekten betroffenen<br />

Bürger frühzeitig zu informieren, aber<br />

auch um die Offenlegung von Dokumenten und<br />

Verträgen oder um die Nachvollziehbarkeit von<br />

Verwaltungsentscheidungen. Im Idealfall soll die<br />

so gewährte Transparenz zu einem verstärkt sachlichen<br />

Austausch der Perspektiven und Argumente<br />

zwischen Bürgern und Verwaltung führen.<br />

Bürgerschaftliches Engagement<br />

Transparenz – in diesem politischen Sinne – ist<br />

ein essenzieller Bestandteil des demokratischen<br />

Prinzips und hat im politischen Prozess eine wichtige<br />

Feedback-Funktion: Transparenz ermöglicht<br />

den Bürgern, Probleme wahrzunehmen, Beschwerden<br />

zu äußern und den politischen Repräsentanten<br />

Verbesserungsvorschläge mitzuteilen.<br />

Häufig kann der Repräsentant die drängenden Probleme<br />

erst hierdurch wahrnehmen und folglich<br />

effizient bearbeiten. Das Bedürfnis, sich maßgeblich<br />

in Verwaltungsentscheidungen einzumischen,<br />

außerparlamentarisch mitzubestimmen und Änderungen<br />

herbeizuführen, ist prägend<br />

für das zunehmende bürgerschaftliche<br />

Engagement.<br />

Aufgrund der Erklärungsbedürftigkeit<br />

des immer noch jungen Beschaffungsmodells<br />

besteht bei ÖPP-Projekten ein<br />

höherer Bedarf an Informationen als bei<br />

schon lange etablierten Beschaffungswegen.<br />

Fehlende Kommunikation über<br />

diese Beschaffungsform wird als Verheimlichen<br />

verstanden und gibt Fehlinterpretationen<br />

Raum.<br />

Forschungsprojekt „Transparenz bei<br />

ÖPP-Projekten“<br />

Vor diesem Hintergrund hat die ÖPP Deutschland<br />

AG im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen<br />

eine empirische Untersuchung durchgeführt,<br />

die sich mit der „Transparenz bei ÖPP-Projekten“<br />

beschäftigt hat. Ziel der Untersuchung war es, exemplarisch<br />

die tatsächlichen bzw. wahrgenommenen<br />

Informationslücken der an einem ÖPP-Prozess<br />

beteiligten Gruppen in geplanten, laufenden<br />

und abgebrochenen ÖPP-Projekten zu erheben.<br />

Die Arbeit wurde in zwei Etappen durchgeführt.<br />

In der deskriptiven ersten Phase wurden die im<br />

ÖPP-Prozess relevanten Akteure, deren bisheriges<br />

Kommunikationsverhalten, die genutzten Medien<br />

und der rechtliche Rahmen für die Informationsbereitstellung<br />

identifiziert. Festgestellt wurde,<br />

dass die Akteure sich unterschiedlich stark an<br />

Dr. Johannes Schuy<br />

ist Mitglied des<br />

Vorstands und<br />

Anja Tannhäuser ist<br />

Leiterin Marketing<br />

& Kommunikation<br />

der ÖPP Deutschland<br />

AG.<br />

131


der Kommunikation in den verschiedenen Phasen<br />

eines ÖPP-Prozesses – beginnend mit der Bedarfsfeststellung<br />

über die Vorbereitung bis hin zur<br />

Vergabe, anschließend mit der Bau- und Betriebsphase<br />

– beteiligen. Kommunikation und Informationsaustausch<br />

sind hierbei zwei wesentliche Faktoren<br />

für eine gefühlte bzw. tatsächliche Erfüllung<br />

des artikulierten Bedarfs an Transparenz. Dieser<br />

Bedarf wird durch die Nutzung verschiedener<br />

Quellen zur Informationsbeschaffung wie auch<br />

durch rechtliche Einschränkungen der Verfügbarkeit<br />

von Informationen determiniert.<br />

In der zweiten Phase wurde auf der Grundlage<br />

der identifizierten Informationsbedürfnisse und<br />

Transparenzforderungen eine Online-Befragung<br />

durchgeführt. Darin sollten die zuvor deskriptiv<br />

ermittelten Kommunikationsbedürfnisse bestätigt,<br />

ihre Erfüllung erfragt und die Einflussfaktoren auf<br />

die Zufriedenheit mit der ÖPP-Kommunikation<br />

und die Meinungsbildung zu ÖPP ermittelt werden.<br />

An der im Auftrag der ÖPP Deutschland AG<br />

von TNS Infratest Sozialforschung GmbH durchgeführten<br />

Befragung nahmen von 766 eingeladenen<br />

Personen mit ÖPP-Erfahrung 17,5 Prozent<br />

(134) aus allen Akteursgruppen wie Verwaltung,<br />

Politik, Wirtschaft, Betroffene und Betroffenenvertreter<br />

teil.<br />

Die Studie deckte auf, dass nicht nur die während<br />

eines Projekts zur Verfügung stehenden Informationen<br />

als unterschiedlich wichtig und ausreichend<br />

empfunden werden. Auch die ausgebildete<br />

ÖPP-Grundhaltung der am ÖPP-Prozess beteiligten<br />

Personen führt zu positiven, negativen oder<br />

neutralen Einschätzungen. Eine weitere wichtige<br />

Determinante bei der Meinungsbildung über ein<br />

ÖPP-Projekt ist der subjektive Kenntnisstand der<br />

ÖPP-Akteure. Fühlen sie sich gut informiert, bilden<br />

sie eine ausgeprägt positive oder negative Haltung<br />

zu ÖPP aus. Schätzen sie ihr Wissen als gering<br />

ein, nehmen sie eine eher ÖPP-neutrale bzw.<br />

volatile Haltung ein.<br />

Auch die Wertedisposition der Akteure übt offensichtlich<br />

einen Einfluss auf ihre Haltung zu ÖPP<br />

aus. Während eine Leistungsorientierung grundsätzlich<br />

die positive Haltung zu ÖPP fördert, führen<br />

Fatalismus und die Auffassung, dass der Staat<br />

alle Aufgaben selbst erledigen sollte, eher zu einer<br />

ÖPP-kritischen Haltung.<br />

Kommunikationsanforderungen<br />

priorisieren – Gesamtzufriedenheit erreichen<br />

Die Befragten beurteilten in der Studie 15 identifizierte<br />

Kommunikationsanforderungen nach ihrer<br />

Wichtigkeit und der wahrgenommenen Erfüllung<br />

in einem ÖPP-Projekt. In Verbindung mit der zugrunde<br />

gelegten Wertedisposition und Informationshaltung<br />

kann nun ausgesagt werden, welchen<br />

Einfluss die Erfüllung dieser Kommunikationsanforderung<br />

auf die Gesamtzufriedenheit mit der<br />

ÖPP-Kommunikation hat. Der Zusammenhang<br />

zwischen den Einflussfaktoren und die Handlungsoptionen<br />

werden in einer Bewertungsmatrix<br />

abgetragen. Die Einzelbetrachtung der vier Felder<br />

der Matrix weist Ansatzpunkte für eine Verbesserung<br />

der Akteurszufriedenheit auf, indem sie<br />

zwischen Kommunikationsanforderungen unterscheidet,<br />

die für die Akteure „nur“ selbstverständlich<br />

sind bzw. deren Erfüllung sie einfach erwarten,<br />

und solchen, die ihnen tatsächlich wichtig<br />

sind und deren gute Erfüllung sie durch Loyalität<br />

honorieren. Verdeutlicht wird in der Matrix, wo<br />

Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten<br />

bestehen und in welche Richtung Maßnahmen<br />

zur Steigerung der Zufriedenheit mit der ÖPP-<br />

Kommunikation gehen sollten.<br />

Der wichtigste Quadrant liegt oben rechts. Die<br />

hier positionierten Kommunikationsanforderungen<br />

werden „Motivatoren“ genannt, da sie von<br />

den Befragten als (sehr) wichtig angesehen werden<br />

und außerdem einen starken Einfluss auf die<br />

Gesamtzufriedenheit haben.<br />

Im Quadrant unten rechts stehen die „versteckten<br />

Chancen“. Wenn die hier positionierten Kommunikationsanforderungen<br />

erfüllt werden, besteht<br />

ein hohes Potenzial zur Steigerung der Gesamtzufriedenheit<br />

mit der ÖPP-Kommunikation. Al-<br />

132


Bewertungsmatrix für ÖPP-Kommunikationsanforderungen<br />

Wichtigkeit<br />

1 2 3 4 5<br />

Y Y Y Y Y<br />

A10: Veröffentlichung<br />

der relevanten Vertrags -<br />

inhalte vor<br />

Vertragsunterzeichnung<br />

Erfüllung<br />

1 2 3 4 5<br />

Y Y Y Y Y<br />

Sozialforschung<br />

Transparenz bei ÖPP-Projekten<br />

Nov/Dez 2011<br />

Quelle: TNS Infratest<br />

Sozialforschung GmbH, 2012<br />

niedrig Verbale Wichtigkeit hoch<br />

Pflichtfaktoren<br />

(Ruhe-)Potenzial<br />

A10<br />

v<br />

Motivatoren<br />

versteckte Chancen<br />

niedrig Reale Bedeutung hoch<br />

Stärken/Schwächen<br />

(interner Vergleich)<br />

y weit überdurchschnittlich<br />

Y überdurchschnittlich<br />

X durchschnittlich<br />

V unterdurchschnittlich<br />

v weit unterdurchschnittlich<br />

Einfluss auf Gesamtzufriedenheit<br />

mit der<br />

ÖPP-Kommunikation<br />

lerdings werden diese Anforderungen selten als<br />

wichtig beurteilt.<br />

Anforderungen, die zwar von den Befragten subjektiv<br />

als sehr wichtig bewertet werden, jedoch<br />

nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit<br />

haben, stehen im Quadrant oben links.<br />

Sie werden Pflichtfaktoren genannt.<br />

Wenn Kommunikationsanforderungen im Vergleich<br />

zu den anderen Anforderungen kaum thematisiert<br />

wurden und keinen aktuellen Einfluss<br />

auf die Gesamtzufriedenheit haben, stehen diese<br />

als „Ruhe-Potenzial“ im Quadrant unten links.<br />

Beispiel: Veröffentlichung relevanter<br />

Vertragsinhalte<br />

erfüllen. Unabhängig von einzelnen Kommunikationsanforderungen<br />

wurden die Teilnehmer<br />

nach ihrer Gesamtzufriedenheit mit der ÖPP-<br />

Kommunikation gefragt und gaben auch hier auf<br />

einer Skala von 1 bis 5 an, ob sie sehr zufrieden<br />

bis sehr unzufrieden sind. Beide Beurteilungen<br />

ergeben für das hier angezeigte Beispiel einen<br />

Wert, der sich auf der x-Achse in der linken Hälfte<br />

der Matrix befindet. Dieser Wert drückt die reale<br />

Bedeutung der bezeichneten Kommunikationsanforderung<br />

für die Befragten aus. In diesem Fall<br />

bedeutet es, dass die Vertragsveröffentlichung vor<br />

Unterzeichnung für die 134 Befragungsteilnehmer<br />

im Durchschnitt eine geringe reale Bedeutung<br />

hat, das heißt, dass sie auch nur einen geringen<br />

Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit mit der ÖPP-<br />

Kommunikation in einem Projekt hat.<br />

Auf der x-Achse „reale Bedeutung“ wird der ermittelte<br />

Wert aus der Angabe der Befragten abgetragen,<br />

ob sie die Kommunikationsanforderung<br />

„Veröffentlichung der relevanten Vertragsinhalte<br />

vor Vertragsunterzeichnung“ (gelbe Skala oben<br />

rechts, die in die grafische Umsetzung als Quadrat,<br />

Punkt oder Dreieck in der Matrix mündet)<br />

Auf der y-Achse „verbale Wichtigkeit“ wird demgegenüber<br />

der von den Befragten selbst angegebene<br />

Wert angezeigt, welche subjektive Bedeutung<br />

sie der Erfüllung einzelner Kommunikationsanforderungen<br />

beimessen (graue Skalen oben links).<br />

Auch auf dieser Achse erhält die Kommunikationsanforderung<br />

„Veröffentlichung der relevanten<br />

133


Vertragsinhalte vor Vertragsunterzeichnung“ eine<br />

niedrige Bewertung. Die Teilnehmer haben diesen<br />

Aspekt als wenig wichtig benannt.<br />

Das vorgenannte Beispiel A10 „Veröffentlichung<br />

der relevanten Vertragsinhalte vor Vertragsunterzeichnung“<br />

zeigt, dass diese Kommunikationsanforderung<br />

im Rahmen von ÖPP-Prozessen als<br />

weit unterdurchschnittlich erfüllt angesehen wird,<br />

gleichzeitig von den Befragten jedoch als wenig<br />

wichtig bewertet wird. Außerdem hat die Erfüllung<br />

dieser Anforderung wenig Einfluss auf die<br />

Gesamtzufriedenheit im ÖPP-Kommunikationsprozess.<br />

Die Erfüllung dieser Kommunikationsanforderung<br />

kann daher – vorerst – vor anderen<br />

Handlungsoptionen zurückstehen.<br />

Die erforderliche Transparenz bei ÖPP-Projekten<br />

kann verbessert werden, wenn sich alle beteiligten<br />

Akteure um einen umfassenden Vertrauensaufbau<br />

bemühen. Das kann in den verschiedenen<br />

ÖPP-Projektphasen unterschiedlich umgesetzt<br />

werden. Die Untersuchung hat gezeigt, dass für<br />

eine erfolgreiche Kommunikation folgende Parameter<br />

entscheidend sind:<br />

x Ausgewogene und nachvollziehbare Darstellungen<br />

von Argumenten und Entscheidungen<br />

der Verwaltung und Politik helfen, Vertrauen zu<br />

schaffen. Neben der Vorstellung von Chancen<br />

und Vorteilen sollten dabei auch kritische Fragen<br />

beantwortet werden.<br />

x Die politischen Entscheidungen für oder gegen<br />

ein ÖPP-Projekt sollten transparent und<br />

nachvollziehbar begründet werden. Dies beinhaltet<br />

auch eine verständliche Darstellung<br />

von alternativ bestehenden – jedoch nicht gewählten<br />

– Handlungsoptionen.<br />

x Die öffentliche Verwaltung muss die von einem<br />

ÖPP-Projekt betroffenen Mitarbeiter und Nutzer<br />

frühzeitig in ihre Planung einbeziehen. Nur<br />

so können alle Argumente – aber auch berechtigte<br />

Ängste und Sorgen – im Entscheidungsprozess<br />

berücksichtigt werden.<br />

x Nach dem Vertragsabschluss können die Veröffentlichung<br />

ausgewählter Vertragsinhalte und<br />

Kennzahlen sowie eine Projektevaluation das<br />

Verwaltungshandeln legitimieren und so Vertrauen<br />

schaffen. Aus Erfahrungsberichten können<br />

zudem andere öffentliche Entscheider lernen<br />

und Nutzen für eigene Projekte ziehen.<br />

Ableitung von Handlungsmöglichkeiten<br />

Die Untersuchung „Transparenz bei ÖPP-Projekten“<br />

hat gezeigt, dass die Parameter, wie zufrieden<br />

die an ÖPP-Projekten Beteiligten mit der<br />

Kommunikation sind, stark variieren. Sie werden<br />

maßgeblich beeinflusst durch die Grundhaltung<br />

zu ÖPP, die Wahrnehmung von Informationen zu<br />

einem konkreten ÖPP-Projekt, eigene Werte und<br />

Ziele sowie die Erfolgseinschätzung des ÖPP-Projekts.<br />

Diese Aspekte sind von großer Bedeutung.<br />

Denn je höher die Akzeptanz von ÖPP-Projekten<br />

ist, desto größer sind deren Erfolgschancen und<br />

desto größer ist die Zufriedenheit der Verwaltung<br />

und der Bürger mit den handelnden Personen und<br />

deren Entscheidungen. Die Studie zeigt viele Anhaltspunkte<br />

auf, wie die Kommunikation zielgruppenspezifisch<br />

verbessert werden kann. Sie kann<br />

unter www.partnerschaften-deutschland.de/trans<br />

parenz bestellt werden bzw. steht als PDF zum<br />

Download zur Verfügung.<br />

134


Kooperation fördert Projekterfolg:<br />

Analyse des privaten Lebenszyklus-Pilotprojekts<br />

Von Prof. Dr. Andreas Pfnür, Kevin Meyer und Dr. Christian Glock<br />

Bei der Realisierung von Bauprojekten ist es Usus, zahlreiche einzelne<br />

Leistungspakete an unterschiedliche Auftragnehmer oder alternativ in<br />

Form von Generalunternehmerverträgen zu vergeben. Bei diesen Realisierungsvarianten<br />

kommt es oft zu konfrontativem Verhalten der beteiligten<br />

Parteien. Demgegenüber bieten kooperative Vertragsmodelle die<br />

Möglichkeit, die einzelnen Projektpartner zielführend zu motivieren und<br />

den Projekterfolg gemeinschaftlich zu steigern.<br />

INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />

Der Lebenszyklus einer Immobilie umfasst im<br />

Allgemeinen die Phasen der Konzeption, der<br />

Planung und der Bauausführung sowie die Nutzungs-<br />

bzw. Betriebsphase. Heute existieren unterschiedliche<br />

Ansätze, wie die Handlungsfelder<br />

der jeweiligen Phasen kombiniert und umgesetzt<br />

werden. Eine weit verbreitete Variante ist die<br />

konventionelle Beschaffung, bei der die primären<br />

Elemente des Erstellungsprozesses, d.h. die Planung<br />

und Bauausführung, in der Verantwortung<br />

unterschiedlicher oder getrennter Organisationen<br />

liegen.<br />

Alternativ gibt es noch den managementorientierten<br />

Ansatz: Hier erfolgt der Beschaffungsprozess<br />

durch eine einzelne Organisation in Verbindung<br />

mit dem Projektierer und anderen Beratern. Die<br />

eingebundenen Akteure managen und koordinieren<br />

alle mit der Leistungserstellung verbundenen<br />

Aufgaben und Aktivitäten.<br />

Als dritte Alternative hat sich in den vergangenen<br />

Jahren das integrierende Modell etabliert.<br />

Bei dieser Variante wird eine Organisation<br />

aufgebaut, die für die gesamte Planung<br />

und den Bau eines Objekts verantwortlich ist<br />

und alle Wertschöpfungsstufen koordiniert.<br />

Dieses integrierende Modell kann in zwei<br />

Unterformen unterteilt werden, zum einen<br />

in Design und Build (D&B) und zum anderen<br />

in Design, Build, Operate und Transfer<br />

(DBOT). Hierunter fällt u.a. auch das<br />

PPP-Konzept.<br />

Koordinationsmechanismen von<br />

Netzwerken<br />

Das PPP-Konzept unterscheidet sich<br />

von den alternativen Beschaffungsvarianten<br />

neben der beschriebenen organisatorischen<br />

Ausgestaltung noch durch<br />

den zugrunde liegenden Koordinationsmechanismus.<br />

In der Vergangenheit<br />

stand ein Immobiliennutzer bei der Beschaffung<br />

neuer, immobiliarer Ressourcen<br />

vor der Make-or-Buy-Entscheidung.<br />

Diesen beiden Alternativen liegen die<br />

Koordinationsformen der Hierarchie<br />

und des Marktes zugrunde.<br />

Koordinationstriade Budäus (2003)<br />

Markt – „buy“<br />

(Vertrag)<br />

Investor<br />

PPP<br />

Netzwerk<br />

(Vertrauen, Zielkongruenz)<br />

Hierarchie – „make“<br />

(Autorität, Anweisung)<br />

Klassisch<br />

Prof. Dr. Andreas<br />

Pfnür ist Leiter des<br />

Fachgebiets Immobilienwirtschaft<br />

und<br />

Baubetriebswirtschaftslehre<br />

an der<br />

TU Darmstadt sowie<br />

Mitglied im Vorstand<br />

des Bundesverbands<br />

Public Private Partnership<br />

e.V.<br />

Kevin Meyer ist<br />

wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am<br />

Fachgebiet Immobilienwirtschaft<br />

und<br />

Baubetriebswirtschaftslehre<br />

an der<br />

TU Darmstadt.<br />

Dr. Christian Glock<br />

ist Mitglied der Geschäftsführung<br />

der<br />

Bilfinger Hochbau<br />

GmbH und Arbeitskreisleiter<br />

im Bundesverband<br />

Pub lic<br />

Private Partnership<br />

e.V.<br />

135


In Hierarchien erfolgt die Koordination durch<br />

Anweisungen, die von höherrangigen Ebenen gegenüber<br />

nachgeordneten Einheiten vorgegeben<br />

werden. Auf Märkten geschieht die Koordination<br />

der Akteure über den Preismechanismus, der eine<br />

Ressourcenverteilung und -verwendung ohne<br />

einen zentralen Eingriff ermöglicht. Als dritte<br />

Variante hat sich der Netzwerkansatz etabliert,<br />

dessen Koordinationsmechanismen das Vertrauen<br />

und die Zielkongruenz sind. Auf diesem Ansatz<br />

basiert unter anderem das PPP-Konzept. Bei<br />

dem Netzwerkansatz wird der Faktor Vertrauen<br />

im Kontext der Leistungserstellung vor allem als<br />

„riskante Vorleistung“ der jeweiligen Parteien<br />

verstanden. Dies bedeutet, dass sich Partner hinsichtlich<br />

der Leistungserbringung kooperativ verhalten,<br />

obwohl weder direkte Kontroll- und Sanktionsmechanismen<br />

noch indirekte Informationen<br />

zu Qualität und Umfang der Gegenleistung vorliegen.<br />

Die Koordination mit Hilfe von Zielkongruenzen<br />

zwischen den beteiligten Parteien kann<br />

sich auf die Leistungserstellung durchaus positiv<br />

auswirken. Die beteiligten Parteien stimmen hierbei<br />

ihre Handlungen miteinander ab und versuchen<br />

gemeinsam, den Gesamtnutzen des Projekts<br />

zu maximieren.<br />

PPP-Konzept auch für Private<br />

Das Volumen der jährlich realisierten PPP-Projekte<br />

ist in den vergangenen Jahrzehnten weltweit<br />

gestiegen und hat sich damit als eine zielführende<br />

Alternative in der Immobilienbeschaffung<br />

für die öffentliche Hand etabliert. Treiber dieser<br />

Entwicklung sind u.a. die hohe Kapitalbindung<br />

bei Immobilienprojekten und das somit fehlende<br />

Kapital für höher priorisierte Aufgaben. Hinzu<br />

kommen das Streben nach einer möglichst hohen<br />

Effizienz sowie die Reduzierung erheblicher<br />

Ressourcen-, Qualitäts- und Kostenrisiken. Die<br />

Zielsysteme des Public Real Estate Management<br />

(PREM) und des Corporate Real Estate Management<br />

(CREM) sind hierbei durchaus vergleichbar.<br />

Beide versuchen den Wertbeitrag der Immobilien<br />

für den Eigentümer und den Nutzer zu<br />

erhöhen. Es stellt sich daher die Frage, ob sich<br />

der PPP-Ansatz nicht auch auf privatwirtschaftliche<br />

Immobiliennutzer übertragen lässt und<br />

inwieweit sich dadurch Vorteile für das CREM<br />

ergeben.<br />

Pilotprojekt Hauptverwaltung Bilfinger<br />

Power Systems<br />

Der Engineering- und Servicekonzern Bilfinger<br />

hat im Jahr 2011 mit dem ganzheitlichen Leistungsangebot<br />

„one – Real Estate Performance<br />

Guarantee“ einen neuen, integrierten Immobilienansatz<br />

entwickelt. Dieser überträgt das PPP-<br />

Konzept des integrierten Entwickelns, Planens,<br />

Bauens, Betreibens und Finanzierens auf die Immobilienbeschaffung<br />

eines privatwirtschaftlichen<br />

Unternehmens.<br />

Die neue Hauptverwaltung von Bilfinger Power<br />

Systems in Oberhausen steht dabei für das erste<br />

Bauvorhaben, das im Rahmen des Lebenszyklusansatzes<br />

Bilfinger one realisiert wird. Im Rahmen<br />

einer laufenden Forschungskooperation wird dieses<br />

Pilotprojekt von der Technischen Universität<br />

Darmstadt wissenschaftlich begleitet. Ziel ist die<br />

unabhängige Untersuchung der Auswirkungen<br />

dieser innovativen Beschaffungsvariante auf die<br />

Anforderungen von Corporates sowie die Bewertung<br />

des Ansatzes im Vergleich zu bestehenden<br />

Beschaffungsmodellen.<br />

Die hier betrachtete Untersuchung basiert u.a.<br />

auf dem Ansatz einer wirkungsanalytischen Evaluation,<br />

bei der die resultierenden Effekte auf<br />

vorab definierte Kriterien in methodisch kontrollierter<br />

Weise miteinander in Beziehung gesetzt<br />

werden. Hierfür wurden in einem ersten Schritt<br />

die individuellen Anforderungen des Corporate<br />

an das neue Verwaltungsgebäude erhoben. Anschließend<br />

erfolgte die Phase der Datenerhebung.<br />

Diese wurde mit der Methode der teilnehmenden<br />

Beobachtung während der Planungsbesprechungen<br />

durchgeführt, die alle zwei Wochen<br />

stattfanden. Ziel der Beobachtung war es, alle<br />

Aktivitäten innerhalb der Planungsrunde festzuhalten,<br />

die einen Einfluss auf die vorab definier-<br />

136


Verteilung der beobachteten Effekte<br />

Effekte<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Erhöhung der Funktionsfähigkeit<br />

Reduzierung der Betriebskosten<br />

Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit<br />

Reduzierung der Risiken<br />

Förderung der Nachhaltigkeit<br />

Steigerung der Zusammenarbeitseignung<br />

Erhöhung der Flexibilität<br />

Reduzierung der Krankheitsquote<br />

Reduzierung der Instandhaltungskosten<br />

Reduzierung der Anschaffungskosten<br />

Reduzierung der Managementkapazitäten<br />

Zur Validierung und Interpretation der Ergebnisse<br />

bieten sich anerkannte theoriebasierte Erklärungsansätze<br />

an. So ist beispielsweise die erfolgreiche<br />

Reduzierung der Betriebskosten durch den<br />

Betreiber vor allem mit der Theorie der unvollständigen<br />

Verträge zu erklären. Nach dieser kann<br />

ein Vertrag in der Regel nur die Haupteigenschaften<br />

der geforderten Leistung und allenfalls in<br />

begrenztem Umfang mögliche Kontingenzen beten<br />

Anforderungen des CREM haben könnten.<br />

Die Analyse der Beobachtungsprotokolle erfolgte<br />

dann mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse.<br />

Hierbei wurden die Protokolle nach Effekten<br />

durchsucht, die Auswirkungen auf die jeweiligen<br />

Anforderungen des CREM haben.<br />

Mit der qualitativen Inhaltsanalyse konnten innerhalb<br />

der 14 Protokolle 154 positive Effekte<br />

bezüglich der Anforderungen des CREM analysiert<br />

werden. Vor allem die Anforderungen „Erhöhung<br />

der Funktionsfähigkeit“, „Reduzierung<br />

der Betriebskosten“, „Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit“<br />

und „Reduzierung der Risiken“<br />

wurden häufig durch die Interaktionen der Beteiligten<br />

innerhalb der Planungsbesprechungen beeinflusst.<br />

Untersucht wurde auch, welcher Akteur innerhalb<br />

der Planungsbesprechung für die jeweiligen<br />

Effekte verantwortlich war. Insbesondere bei<br />

den Anforderungen „Erhöhung der Funktionsfähigkeit“,<br />

„Reduzierung der Betriebskosten“ und<br />

„Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit“ war<br />

der Betreiber maßgeblich für den Großteil der Effekte<br />

verantwortlich. Auch der Bauerrichter, der<br />

Entwickler und der Architekt waren vergleichbar<br />

stark für weitere positive Auswirkungen bezüglich<br />

der Erhöhung der Funktionsfähigkeit verant-<br />

wortlich. Zur Reduzierung der Risiken konnte<br />

insbesondere der Bauerrichter die meisten der beobachteten<br />

Effekte beitragen. Die verbleibenden<br />

Resultate teilen sich relativ gleichmäßig auf die<br />

weiteren Teilnehmer der Planungsbesprechungen<br />

auf.<br />

Interessant ist ebenfalls der Verlauf der Anzahl der<br />

beobachteten Effekte über den Beobachtungszeitraum<br />

hinweg (Abb. S. 138). Die Beobachtungsphase<br />

begann kurz vor der Grundsteinlegung und<br />

wird bis zum Einzug des Nutzers andauern. Die<br />

hier vorgestellten Ergebnisse beziehen sich auf<br />

den Beobachtungszeitraum von der Grundsteinlegung<br />

bis zum Richtfest. Es wird ersichtlich, dass<br />

die beobachteten Effekte mit der fortschreitenden<br />

Projektrealisierung deutlich abnehmen.<br />

Spielraum für Auftragnehmer<br />

137


Verlauf der beobachteten Effekte über die Planungsphase<br />

Grundsteinlegung<br />

30<br />

Richtfest<br />

Anzahl Effekte<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Effekte<br />

0<br />

Zeit<br />

1.Termin<br />

2.Termin<br />

3.Termin<br />

4.Termin<br />

5.Termin<br />

6.Termin<br />

7.Termin<br />

8.Termin<br />

9.Termin<br />

10.Termin<br />

11.Termin<br />

12.Termin<br />

13.Termin<br />

14.Termin<br />

inhalten. Aufgrund dessen bleiben dem Auftragnehmer<br />

zumeist Spielräume bei der Verfolgung<br />

eigener Ziele. Bei Bauprojekten bedeutet dies,<br />

dass dem Auftragnehmer in der Planungs- und<br />

Bauphase ein gewisses Maß an Entscheidungsspielraum<br />

über die Wahl der erbrachten Qualität<br />

verbleibt. In dem Pilotprojekt ist der Betreiber<br />

gewillt, durch Einflussnahme auf die Planung<br />

die Qualität der Nutzungseigenschaft des Gebäudes<br />

zu steigern, um die Kosten und Risiken im<br />

Betrieb zu reduzieren und somit seine Rendite<br />

zu optimieren. Die Effekte bezüglich der Funktionsfähigkeit<br />

und Mitarbeiterzufriedenheit durch<br />

den Betreiber lassen sich mit der sogenannten<br />

Resource Based View erklären. Diese Theorie<br />

besagt, dass sich durch den strategischen Einsatz<br />

von Spezialisten, die über eine bessere Ressourcenausstattung<br />

bezüglich materieller Güter, z.B.<br />

Maschinen, oder immaterieller Güter, z.B. Wissen,<br />

verfügen, Wettbewerbsvorteile generieren<br />

lassen. Der Betreiber hat dieser Theorie zufolge<br />

durch seine Tätigkeiten bei anderen Projekten eine<br />

hohe Expertise, aufgrund derer er die Planung<br />

qualitätssteigernd beeinflussen kann. Des Weiteren<br />

ist die Abnahme der beobachteten Effekte auf<br />

den Lebenszyklusansatz zurückzuführen. Dieser<br />

besagt, dass mit fortschreitendem Realisierungsprozess<br />

die Beeinflussbarkeit innerhalb des Projekts<br />

exponentiell abnimmt.<br />

Zielführende Anreizstruktur<br />

Die hohe Anzahl der beobachteten Effekte bezüglich<br />

der Nutzeranforderungen zeigt das Potenzial<br />

einer aktiven, die Wertschöpfungsstufen übergreifenden<br />

Abstimmung innerhalb der Planungsphasen.<br />

Durch die Ergebnisse der Untersuchung wurde<br />

deutlich, dass neben der Organisationsstruktur<br />

auch eine zielführende Anreizstruktur für den<br />

Erfolg eines Projekts verantwortlich ist. Die Beteiligten<br />

in den einzelnen Wertschöpfungsstufen<br />

und insbesondere der Betreiber haben in den Planungsphasen<br />

des Pilotprojekts aktiv versucht, die<br />

Qualität bezüglich der Nutzungseigenschaften zu<br />

erhöhen. Wie die Abnahme der beobachteten Effekte<br />

und die daraus gefolgerte abnehmende Beeinflussbarkeit<br />

mit Projektfortschritt verdeutlicht,<br />

wurde dies erst durch die frühzeitige Einbeziehung<br />

des Betreibers ermöglicht.<br />

Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse auch, dass<br />

die aktive Einbringung von Know-how durch die<br />

vorhandenen Anreizstrukturen motiviert wurde.<br />

Abschließend lässt sich festhalten, dass die<br />

Kombination aus frühzeitiger Einbeziehung aller<br />

Akteure und zielführenden Anreizstrukturen<br />

der Schlüssel zu einer hohen Projektqualität und<br />

damit auch zu einer erfolgreichen Immobilienbeschaffung<br />

ist.<br />

138


Partnerschaftliche Zusammenarbeit:<br />

Vertrauen senkt Transaktionskosten<br />

Von Thomas Schubert und Hartmut Fischer<br />

ÖPP tragen die Partnerschaft bereits im Namen. Angesichts der aktuell<br />

geführten Debatte stellt sich allerdings die Frage, ob es sich bei dem<br />

Begriff nicht ohnehin nur um eine euphemistische Umschreibung einer<br />

normalen Besteller-Ersteller-Beziehung handelt, mit der die klaren, teils<br />

gegensätzlichen Interessen beider Seiten verbrämt werden sollen.<br />

INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />

Aus unserer langjährigen Beratungspraxis wissen<br />

wir durch die Begleitung öffentlicher Auftraggeber<br />

mit Controllingleistungen in der Bau- und<br />

Betriebsphase, dass ein partnerschaftlicher Umgang<br />

miteinander sowohl auf Auftraggeber- (AG)<br />

als auch Auftragnehmerseite (AN) nicht immer<br />

selbstverständlich ist. Andererseits sind wir im<br />

Rahmen dieser Tätigkeit aufgrund vieler positiver<br />

Beispiele zu der Überzeugung gelangt, dass<br />

ein kooperativer Ansatz beiden Seiten nützt und<br />

schneller zu wirtschaftlichen Ergebnissen führt,<br />

die auf andere Weise nicht oder nur mit deutlich<br />

mehr Aufwand erreicht werden könnten.<br />

Partnerschaften im wirtschaftlichen Kontext<br />

Um ihre Aufgaben zu erfüllen, stellt sich für die<br />

öffentliche Hand – genau wie für Unternehmen<br />

– immer wieder die grundsätzliche Frage, ob die<br />

dafür notwendigen Leistungen wirtschaftlicher<br />

über Außenstehende bezogen oder innerhalb der<br />

eigenen Organisation erbracht werden können.<br />

Für Unternehmen wird diese Entscheidungsproblematik<br />

make or buy? in der Neuen Institutionenökonomik<br />

unter den Stichworten „Markt“<br />

und „Hierarchie“ wissenschaftlich diskutiert und<br />

ist eng mit der Transaktionskostentheorie verbunden.<br />

Lange Zeit galten Mischformen zwischen<br />

diesen beiden idealtypischen Modellen als instabil<br />

und vorübergehend. Erst seit den 1980er Jahren<br />

reift die Erkenntnis, dass unter bestimmten<br />

Rahmenbedingungen – z.B. bei Lieferantenbeziehungen<br />

in dynamischen und hochtechnologischen<br />

Industrien und anderen<br />

komplexen Beschaffungsvorgängen –<br />

sogenannte hybride Koordinationsformen,<br />

die Merkmale von Markt und Hie-<br />

und Hartmut Fischer<br />

Thomas Schubert<br />

rarchie aufweisen, effizient sein können sind geschäftsfüh -<br />

und zu nachhaltigen gegenseitigen Wirtschaftlichkeitsvorteilen<br />

führen. Diese<br />

rende Gesellschafter<br />

der VBD Beratungsgesellschaft<br />

für Behörden<br />

mbH.<br />

werden unter den Stichworten „Netzwerke“<br />

und „Kooperationen“ diskutiert.<br />

Viele Erkenntnisse aus diesem Bereich<br />

lassen sich daher auch auf ÖPP übertragen.<br />

Eine Partnerschaft zwischen Unternehmen ist auf<br />

eine längerfristige Zusammenarbeit ausgelegt und<br />

setzt neben den notwendigen wirtschaftlichen<br />

und technischen Geschäftsgrundlagen einen offenen<br />

Informationsaustausch im Hinblick auf den<br />

Kern der Zusammenarbeit und einen Zustand<br />

gegenseitigen Vertrauens voraus. Die wesentliche<br />

Voraussetzung für eine gut funktionierende Partnerschaft<br />

ist der nachhaltige gegenseitige Nutzen,<br />

der aus der engen Zusammenarbeit zu ziehen ist.<br />

Hier werden die Parallelen zu ÖPP deutlich, die<br />

als langfristig vertraglich geregelte Zusammenarbeit<br />

zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft<br />

definiert werden. Die erforderlichen<br />

Ressourcen – zum Beispiel Know-how, Betriebsmittel,<br />

Kapital, Personal etc. – werden von den<br />

Partnern zum gegenseitigen Nutzen in einen gemeinsamen<br />

Organisationszusammenhang eingestellt.<br />

Vorhandene Projektrisiken werden entspre-<br />

139


chend der Risikomanagementkompetenz der Projektpartner<br />

optimal verteilt.<br />

Hilfe bei komplexen Aufgabenstellungen<br />

Auch für die öffentliche Verwaltung besteht die<br />

grundsätzliche Alternative, Leistungen mit eigenem<br />

Personal zu erstellen oder im Wettbewerb<br />

am Markt zu beschaffen. Ersteres kommt für<br />

Know-how-intensive, spezifische, hoheitliche<br />

Kernaufgabenstellungen öffentlicher Verwaltungen<br />

mit einem langfristigen und regelmäßigen Bedarf<br />

bei gleichzeitig begrenztem Marktangebot in<br />

Frage. Die Beschaffung am Markt dagegen lohnt<br />

sich bei unspezifischen, abschließend beschreibbaren<br />

Leistungen mit breitem Angebot. Hier kann<br />

der öffentliche AG von geringen Produktionsund<br />

Transaktionskosten profitieren, die sich aus<br />

Losgrößenersparnissen, Lernkurveneffekten und<br />

Differenzierungsvorteilen unter Wettbewerbsbedingungen<br />

ergeben.<br />

Kooperationen werden dann erforderlich, wenn<br />

komplexe Aufgabenstellungen zu bewältigen<br />

sind. Dies ist in der Regel bei Know-how-intensiven,<br />

spezifischen Aufgaben mit geringem Wiederholungsaspekt<br />

für den jeweiligen AG oder<br />

bei sich schnell ändernden Rahmenbedingungen<br />

der Fall, besonders wenn die Aufgabe außerhalb<br />

der Kernkompetenz der öffentlichen Verwaltung<br />

liegt.<br />

Viele Beschaffungsaufgaben der öffentlichen Verwaltung<br />

müssen gleichzeitig unterschiedlichen,<br />

teils widerstrebenden Interessen gerecht werden.<br />

Durch steigende Ansprüche in allen Teilbereichen<br />

und eine Vielzahl von nicht einfach zu<br />

überschauenden Wechselbeziehungen wird die<br />

Lösungsentwicklung immer komplexer. Je nach<br />

Ausgangssituation ist es gar nicht mehr so einfach,<br />

die Mittel zu beschreiben, mit denen sich<br />

die ergebende Gesamtproblematik am besten<br />

lösen lässt. Verlässt man sich zu schnell auf nur<br />

ein Entwurfskonzept, steckt man rasch in der<br />

Sackgasse oder befindet sich zumindest auf einer<br />

Einbahnstraße.<br />

Leistungen ergebnisorientiert beschreiben<br />

Die Idee von ÖPP ist nun, diese Lösung nicht<br />

mehr selbst zu entwickeln, sondern das Knowhow,<br />

die Spezialisierungsvorteile und Innovationspotenziale<br />

von Anbietern unter Anwendung<br />

von Marktanreizmechanismen zu nutzen, damit<br />

diese im Wettbewerb um den Zuschlag eine<br />

abgestimmte und wirtschaftlich optimierte Gesamtlösung<br />

für alle ausgeschriebenen Teilleistungen<br />

entwickeln. Dazu werden in den Ausschreibungen<br />

die genauen Mittel und Wege zur<br />

Funktions- und Ergebniserreichung nicht mehr<br />

abschließend beschrieben. Vielmehr werden<br />

die angestrebten Ziele und alle zu berücksichtigenden<br />

Rahmenbe dingungen einschließlich der<br />

qualitativen Mindestanforderungen zur Aufgabenstellung<br />

gemacht. Nur Entscheidungen, die<br />

nicht rein wirtschaftlich gefällt werden können,<br />

müssen vorab selbst getroffen werden. Neben<br />

dem Nutzen dieser Vorgehensweise ergibt sich<br />

als Konsequenz bei der Vertragsdurchführung ein<br />

stärkerer Kooperations- und Koordinationsbedarf,<br />

um Leistungen zu konkretisieren oder auf veränderte<br />

Rahmenbedingungen zu reagieren.<br />

Zwar gibt die Ergebnisorientierung der öffentlichen<br />

Hand in der Regel eine starke Verhandlungsposition.<br />

Dennoch wird man auch auf Auslegungsspielräume<br />

für geschuldete Leistungen<br />

stoßen. Die vorhandenen Unterlagen werden mal<br />

dem AG, mal dem AN die besseren Argumente<br />

liefern. Wenn dann jedes Mal die betreffende Seite<br />

versucht, ihren Nutzen zu maximieren, werden<br />

zukünftige Einigungen meist zeitaufwendiger<br />

und kostenintensiver sein und in der Regel nicht<br />

zu optimalen Ergebnissen führen. Dabei spielt<br />

nicht nur der tatsächlich erzielte, sondern auch<br />

der von jeder Seite wahrgenommene Nutzen eine<br />

wichtige Rolle.<br />

Partnerschaftliches Verhalten kein<br />

Selbstzweck<br />

Der Hauptnutzen einer partnerschaftlichen Herangehensweise<br />

liegt in der fortlaufenden wirt-<br />

140


schaftlichen Optimierung. Dazu ist es wichtig,<br />

dass die Ergebnisorientierung auch während der<br />

Vertragsdurchführung als Grundhaltung erhalten<br />

bleibt. Partnerschaftliches Herangehen kann sich<br />

für öffentliche AG auszahlen:<br />

x in kostenneutral verbesserter Planung oder<br />

Ausstattung,<br />

x in der Partizipation an Verhandlungserfolgen<br />

mit Nachunternehmern,<br />

x durch Flexibilität bei notwendigen<br />

Leistungsänderungen,<br />

x durch geringere Transaktionskosten beim<br />

Vertragscontrolling.<br />

Der AN kann z.B. auf größeres Verständnis und<br />

Kompromissbereitschaft bei objektiven Problemen<br />

in der Leistungserstellung, eine bessere Akzeptanz<br />

zusätzlicher Kosten bei nicht vorhersehbaren<br />

Mehrleistungen, Unterstützung in seinem<br />

Marketing und ebenfalls auf geringere Transaktionskosten<br />

setzen.<br />

Ein partnerschaftlicher Umgang bedeutet jedoch<br />

nicht, dass Kostenaspekte bei der Entscheidungsfindung<br />

außen vor bleiben und gar die Grundsätze<br />

der Wirtschaftlichkeit durch die öffentliche<br />

Hand vernachlässigt würden. Daher ist auch in<br />

einer gut funktionierenden Zusammenarbeit eine<br />

fortlaufende Erfolgskontrolle unerlässlich.<br />

Faktoren einer erfolgreichen Partnerschaft<br />

Vertrauen und Kommunikation machen den Unterschied<br />

zu konventionellen Vertragsbeziehungen<br />

aus. Neben einer guten wirtschaftlichen Basis und<br />

klaren, handhabbaren Vertragsregelungen sind<br />

hier die wesentlichen Erfolgsfaktoren zu suchen.<br />

In der Ausschreibungsphase sind die Möglichkeiten<br />

zum offenen Informationsaustausch vergaberechtlich<br />

beschränkt, der Vertrauensaufbau<br />

beginnt jedoch bereits jetzt. Von Bieterseite ist<br />

dazu neben einer überzeugenden Darstellung<br />

von Kompetenz und Leistungsfähigkeit vor allem<br />

Verlässlichkeit erforderlich. Für die Vergabestellen<br />

ergibt sich ein fairer Umgang mit den<br />

Bietern schon allein aus den Grundsätzen von<br />

Transparenz und Gleichbehandlung, aber auch<br />

aus der Pflicht zur Vermeidung unnötiger Angebotskosten.<br />

Als positiver Nebeneffekt eines partnerschaftlichen<br />

Umgangs mit allen Bietern werden<br />

die Transaktionskosten der Verfahren nicht<br />

unnötig gesteigert, da Anreiz und Notwendigkeit<br />

für Nachprüfungsverfahren sinken. Auch der Vertragsabschluss<br />

kann oft schneller erfolgen.<br />

Charakteristika von Partnerschaften<br />

Markt<br />

Hierarchie<br />

Funktionsspezialisierung<br />

Funktionsintegration<br />

Marktlicher Effizienzdruck<br />

„Schutz vor Marktdruck“<br />

Opportunismus<br />

Vertrauen<br />

Partnerschaft<br />

Informationsinseln<br />

Informationsaustausch<br />

Charakteristika von Partnerschaften (Darstellung in Anlehnung an Holger Siebert (2001): Ökonomische Analyse von<br />

Unternehmensnetzwerken)<br />

141


Einheitliches Vertragsverständnis erforderlich<br />

ÖPP-Verträge entspringen einem Grundverständnis<br />

zu Leistungssoll, Aufgaben- und Risikoverteilung<br />

sowie einer Projekthistorie. Alle Informationen<br />

und Intentionen lassen sich in einem<br />

Vertrag nie vollständig abbilden. Daher ist ein<br />

einheitliches Vertragsverständnis erforderlich –<br />

und zwar bei allen Mitarbeitern, die in Fragen<br />

der Vertragsdurchführung bzw. Vertragsauslegung<br />

involviert sind. Förderlich sind ein regelmäßiger,<br />

interner Informationsaustausch sowie größtmögliche<br />

Personalkonstanz auf beiden Seiten. Wird<br />

beispielsweise bei einem Landkreis nach erfolgreichem<br />

Zuschlag das Projekt für die Bauphase in<br />

die Hände eines neuen Projektteams gelegt, weil<br />

die Zuständigkeit von Fachämtern wechselt, geht<br />

nicht nur Wissen verloren. Auch der Aufbau von<br />

Vertrauen muss bei jedem Personalwechsel wieder<br />

neu beginnen.<br />

Vertrauen basiert u.a. auf positiven Erfahrungen<br />

und Verlässlichkeit. Daher ist es sinnvoll, früh im<br />

Projekt eindeutige und verständliche Regeln zu<br />

benennen und diese dann durch das tatsächliche<br />

Handeln aller Projektbeteiligten fortlaufend zu<br />

bestätigen. Dies beinhaltet z.B. klare Kommunikations-<br />

und Entscheidungswege. Die häufige<br />

mündliche Kommunikation – am besten in regelmäßigen<br />

Projektgruppensitzungen – ist dabei<br />

unersetzlich. Entscheidungen und deren Grundlagen<br />

sollten dennoch schriftlich und für beide<br />

Seiten transparent dokumentiert werden.<br />

Dies gilt insbesondere für die Prozedere bei Leistungsänderungen,<br />

bergen sie in der Regel doch<br />

das größte Konfliktpotenzial. Aus der Beratungspraxis<br />

und den Berichten von Kommunen wissen<br />

wir, dass alle folgenden Nachtragsverhandlungen<br />

schnell und zielführend verlaufen, wenn es<br />

bei den ersten Nachträgen gelungen ist, pragmatische<br />

und faire Verhandlungsgrundsätze zu<br />

etablieren, die der ursprünglichen Risikoteilung<br />

entsprechen. Auch das richtige Augenmaß für<br />

Aufwand und Nutzen von Nachtragsverhandlungen<br />

vermeidet Kosten. Wichtig ist dazu auch<br />

gegenseitiges Verständnis. Für Private erscheinen<br />

die Entscheidungswege der öffentlichen Hand oft<br />

verschlungen, die verfolgten Ziele teils irrational.<br />

Verwaltungen dagegen können die wirtschaftlichen<br />

Zwänge, die sich aus Zeit- und Kostendruck<br />

ergeben, oft nicht im gleichen Maße nachvollziehen.<br />

Wenn Ziele und Zwänge des Partners klar<br />

sind und bei der Lösungssuche der Blickwinkel<br />

entsprechend verbreitert wird, lassen sich oft<br />

Win-Win-Situationen schaffen, die bei konventioneller<br />

Vorgehensweise zunächst nicht ins Blickfeld<br />

geraten wären. Gleichzeitig muss die öffentliche<br />

Hand akzeptieren, dass die Übertragung von<br />

Projektrisiken auch die Nutzung von Chancen<br />

enthält. Will man als Auftraggeber an allen erzielten<br />

Einsparungen partizipieren, weil der Auftragnehmer<br />

vermeintlich zu Unrecht daran verdient,<br />

Mehrkosten für eingetretene Risiken aber<br />

ausschließlich auf dessen Seite belassen, entfällt<br />

der gegenseitige Nutzen und damit eine wichtige<br />

Grundlage für die Partnerschaft.<br />

Vertrauen zahlt sich aus<br />

Langjährig stabile Partnerschaften im Privatbereich<br />

beruhen u.a. auf Positivität. Das bedeutet:<br />

x nicht dem Partner alle Schuld an Problemen<br />

zu geben,<br />

x auf die Fähigkeit zur gemeinsamen Problemlösung<br />

zu vertrauen,<br />

x in Auseinandersetzungen nicht das Ende der<br />

Beziehung zu sehen,<br />

x regelmäßig in einem positiven Stil zu<br />

kommunizieren.<br />

Auch wirtschaftliche Partnerschaften basieren<br />

auf Vertrauen, das von den Akteuren aufgebaut<br />

und immer wieder bestätigt werden muss. Wird<br />

es enttäuscht, ist es schnell irreparabel zerstört.<br />

Es ist sicher kein Zufall, wenn bei erfolgreichen<br />

ÖPP die öffentlichen Auftraggeber regelmäßig das<br />

gute Vertrauensverhältnis zwischen den Partnern<br />

hervorheben.<br />

142


Bündelung von PPP-Projekten:<br />

Herausforderungen heterogener Portfolios<br />

Von Monica A. Schulte Strathaus und Anett Sommer<br />

Durch die Bündelung von Immobilien können öffentliche Träger in kurzer<br />

Zeit umfangreiche Sanierungsrückstände beheben und Werterhalt<br />

dauerhaft sicherstellen. Der Aufwand für Ausschreibung und Vergabe<br />

reduziert sich, Skaleneffekte realisieren sich in größerem Umfang, die<br />

Bedürfnisse großer Nutzergruppen werden gleichberechtigt bedient.<br />

Was muss beachtet werden, damit sich diese Vorteile durch PPP-Großprojekte<br />

verwirklichen?<br />

INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />

PPP-Großprojekte zeichnen sich durch große Investitionsvolumen<br />

und hohe Komplexität aus. Bei<br />

Großprojekten handelt es sich aber nicht nur um<br />

technisch höchst innovative Einzelprojekte, wie<br />

z.B. das Westdeutsche Protonentherapiezentrum<br />

Essen. Großprojekte können auch Portfolios sein,<br />

die aus vielen Einzelimmobilien bestehen und<br />

ein großes finanzielles Volumen in Relation zum<br />

kommunalen Haushalt einnehmen. Die wesentlichen<br />

Merkmale solcher Projekte sind u.a.:<br />

x unterschiedliche Gebäude bzw. unterschiedliche<br />

Nutzungsarten<br />

x mehrere Nutzergruppen, die einzubeziehen<br />

und deren Anforderungen aufeinander abzustimmen<br />

sind<br />

x die parallele Realisierung vieler einzelner Bauvorhaben<br />

an mehreren Standorten<br />

x die Vielzahl von unterschiedlichen Anforderun<br />

gen an die Bauleistung, z.B. energetischer<br />

Gebäudestandard/Passivhausstandard, Beachtung<br />

Denkmalschutz, Integration von Architektenwettbewerben<br />

oder Vorplanungen,<br />

Sanierungen/Aufstockungen/Anbauten/<br />

Umbauten<br />

x die Berücksichtigung vielschichtiger öffentlicher<br />

Interessensgruppen<br />

x die Überschneidung von Zuständigkeiten im<br />

Genehmigungsprozess (Koordination der Interessen<br />

und Anforderungen verschiedener Behörden<br />

und Richtlinien)<br />

x großes mediales Interesse<br />

PPP-Portfolios finden sich bisher vor<br />

allem im Bildungssektor. Denkbar sind<br />

diese Projekte aber auch in den Sektoren<br />

Verwaltung und Sportstätten. Beispielhaft<br />

können im Bereich Bildung<br />

folgende PPP-Projekte genannt<br />

werden:<br />

x Berufliche Schulen Hamburg: Sanierung,<br />

Umbau und Neubau von 15 Schulen<br />

x Schulen der deutschsprachigen Gemeinschaft<br />

in Eupen, Belgien: Sanierung und Neubau<br />

von 8 Schulen<br />

x Schulen Bergneustadt: Sanierung und Neubau<br />

von 7 Schulen<br />

x Schulen Kreis Offenbach: Sanierung von<br />

49 Schulen in Los Ost und 41 Schulen in<br />

Los West<br />

x Schulen Braunschweig: Modernisierung von<br />

9 Schulen und 3 Kitas<br />

Herausforderungen bei PPP-Portfolios<br />

Bei der Bildung von Portfolios lassen sich mit<br />

Blick auf die Ausschreibung und den anzusprechenden<br />

Bieterkreis die größtmöglichen Effizienzvorteile<br />

realisieren, wenn die gebündelten Anforderungsprofile<br />

nicht zu unterschiedlich sind.<br />

Dadurch kann erreicht werden, dass das Projekt<br />

als ein Gesamtprojekt betrachtet wird und nicht<br />

bloß als die Summe vieler Einzelprojekte.<br />

Monica A. Schulte<br />

Strathaus ist Partner<br />

und Anett Sommer<br />

ist Managerin bei der<br />

Ernst & Young Real<br />

Estate GmbH.<br />

143


Effizienzvorteile lassen sich aber durchaus auch<br />

realisieren, wenn es sich nicht um Objekte mit<br />

gleichen Anforderungsprofilen handelt, weil<br />

auch in diesem Fall arbeitsintensive Prozesse des<br />

Auftraggebers wie z.B. Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen,<br />

politische Zustimmungen<br />

oder Verhandlungen nur einmal anfallen<br />

und nicht pro Einzelprojekt durchgeführt werden<br />

müssen.<br />

Vereinfachend kann gesagt werden, je homogener<br />

ein Portfolio ist, desto schneller können Ziele<br />

in Leistungsbeschreibungen formuliert und im<br />

Verhandlungsverfahren geklärt werden. Hierdurch<br />

wird auch den Bietern ermöglicht, effizientere<br />

und leistungsfähigere Strukturen zu schaffen.<br />

Es macht verständlicherweise einen deutlichen<br />

Unterschied, ob beispielsweise bei zehn Immobilien<br />

drei als Passivhaus, zwei auf Grundlage von<br />

Vorplanungen aus Architektenwettbewerben neu<br />

gebaut sowie zwei Denkmäler im laufenden Betrieb<br />

saniert und drei Bestandsgebäude umgebaut<br />

und energetisch modernisiert werden – oder ob<br />

zehn Immobilien durch Sanierung auf einen gleichen<br />

Qualitätsstandard gebracht werden sollen.<br />

Im Rahmen der Bedarfsfeststellung müssen ausreichend<br />

Zeit und personelle Kapazitäten für die<br />

Beschaffung von erforderlichen Datengrundlagen<br />

zur Verfügung gestellt werden. Es gelten hier<br />

in Bezug auf Detailtiefe und Genauigkeit die gleichen<br />

Anforderungen wie bei Einzelprojekten.<br />

Um die Menge der Unterlagen beherrschen und<br />

diese gleichzeitig für den weiteren Ausschreibungs-<br />

und Vergabeprozess nutzen zu können,<br />

empfiehlt sich die Einrichtung webbasierter<br />

Datenräume.<br />

Der Rückhalt in politischen Entscheidungsgremien,<br />

bei Nutzern sowie einflussreichen Interessenvertretern,<br />

wie z.B. der Handelskammer, sollte so<br />

früh wie möglich hergestellt werden.<br />

Detaillierte Leistungsbeschreibung<br />

Neben der organisatorischen Aufgabe, die Flut<br />

an Informationen und Unterlagen zu verarbeiten,<br />

besteht die Herausforderung darin, grundsätzliche<br />

Vorgaben und vertragliche Regelungen<br />

für sämtliche Standorte und Nutzergruppen zu<br />

definieren. Im Unterschied dazu müssen Ausnahmen<br />

für Einzelobjekte oder -standorte gesondert<br />

behandelt werden. Für die Angebotserstellung<br />

sowie die Realisierung erweist es sich als hilfreich,<br />

die Soll-Anforderungen der Leistungsbeschreibung<br />

in zwei Bereiche zu untergliedern:<br />

Allgemeingültige Anforderungen wie z.B. technische<br />

Qualitäten und Betriebsleistungen sollten in<br />

Systematische Angebotsanalyse<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 Bewertungsergebnis<br />

A ++ –– ! + o ++ + + ++ 7+<br />

B – o – + o + – – 2–<br />

C + ++ o – –– o ++ + 3+<br />

D o + ++ ++ – – o o 3+<br />

E –– – –– –– + ++ –– –– 8–<br />

144


einem übergeordneten Teil beschrieben werden.<br />

Spezifische Anforderungen, die der Nutzungsart<br />

oder einer besonderen baulichen Situation geschuldet<br />

sind, sollten in einem separaten Teil pro<br />

Standort oder Nutzergruppe beschrieben werden.<br />

Bieterentschädigungen decken die Kosten einer<br />

Angebotserstellung häufig nicht vollständig ab.<br />

Der Aufwand bei der Angebotserstellung für solche<br />

Projekte ist naturgemäß sehr groß und der<br />

Angebotsumfang kann häufig in Umzugskartons<br />

bemessen werden. Um den Aufwand auf Auftraggeber-<br />

wie auch auf Bieterseite überschaubar<br />

zu halten, empfiehlt es sich, den Umfang der mit<br />

dem Angebot vorzulegenden Unterlagen in der<br />

ersten Angebotsphase zu beschränken. In der<br />

zweiten Angebotsphase können dann von einem<br />

kleineren Bieterkreis weitere oder detaillierte Angaben<br />

abgerufen werden.<br />

Wie auch bei Einzelprojekten ist die Einbindung<br />

der Nutzer in die Auswertung der Angebote absolut<br />

hilfreich. Bei Portfolios ist es sinnvoll, hierbei<br />

Gruppen je Standort oder Nutzer zu bilden, um<br />

alle Einzelmeinungen zu Stärken, Schwächen<br />

und Optimierungspotenzialen in überschaubaren<br />

Zeitfenstern aufzunehmen. Die Zusammenfassung<br />

der Gruppenergebnisse kann dazu führen,<br />

dass eine Nutzergruppe mit dem Gesamtergebnis<br />

unzufrieden ist bzw. dieses zunächst nicht akzeptieren<br />

kann. Wie die Abbildung zeigt, ist das<br />

in Summe mit „7+“ am besten bewertete Angebot<br />

A für die Nutzergruppe 2 aufgrund von z.B.<br />

schlecht gelösten funktionalen Zusammenhängen<br />

der einzelnen Räume oder der architektonischen<br />

Gestaltung nicht ausreichend.<br />

Dass ein solcher Fall auftreten kann, sollte bereits<br />

in der Vorbereitungsphase allen Beteiligten<br />

kommuniziert werden. Um sicherzustellen, dass<br />

den Nutzern eine für ihre Bedürfnisse geeignete<br />

Gebäudeplanung realisiert wird, sind von vornherein<br />

Maßnahmen und Vorgehensweisen abzustimmen,<br />

wie solche unbefriedigenden Angebotsbestandteile<br />

im weiteren Verhandlungsverfahren<br />

optimiert und weiterentwickelt werden können.<br />

Dies können z.B. Planungsüberarbeitungen und<br />

Kommentierungen parallel zu den Verhandlungsgesprächen<br />

sein.<br />

Leistungsänderungen festhalten<br />

Ein Ziel der Vorbereitungs- und Vergabephase ist<br />

es, den Zeitraum zwischen Bedarfsfeststellung<br />

und Zuschlag so kurz wie möglich zu halten.<br />

Da die Vorbereitungs- und Vergabephase für ein<br />

Großprojekt selbst bei Einhaltung aller terminlichen<br />

Ziele meist mehrere Jahre benötigt, überrascht<br />

es nicht, wenn sich Nutzeranforderungen<br />

im Laufe der Zeit ändern.<br />

Daher sollten bereits in der Ausschreibungs- und<br />

Verhandlungsphase klare vertragliche Mechanismen<br />

zum Umgang mit Leistungsänderungen vereinbart<br />

werden. Um diese erfolgreich mit Leben<br />

zu füllen, ist durch Auftragnehmer und öffentlichen<br />

Träger ein gewisser Spagat zu meistern.<br />

Zum einen sind die Angebotsplanungen mit den<br />

Nutzern ausführlich abzustimmen und ggf. anzupassen,<br />

zum anderen muss hierbei darauf geachtet<br />

werden, dass Vertragstermine nicht gefährdet<br />

werden. An diesen Terminen – üblicherweise<br />

Baufertigstellungstermine – hängen u.a. Finanzierungsverträge<br />

mit Banken, die bei Nichteinhaltung<br />

oft beträchtliche Mehrkosten auslösen. Des<br />

Weiteren hängt von der Einhaltung dieser Termine<br />

häufig das Stimmungsbild der öffentlichen<br />

Wahrnehmung ab. Es bedarf also eines leistungsfähigen,<br />

partnerschaftlich agierenden Teams von<br />

Auftraggeber und privatem Partner, das in der Lage<br />

ist, Veränderungen umzusetzen und gleichzeitig<br />

Kosten und Termine zu berücksichtigen.<br />

Zur Steuerung von Kosten ist es erforderlich,<br />

das Gesamtprojekt und seine gesamten Veränderungen<br />

im Auge zu behalten. Werden einzelne<br />

Standorte oder Nutzergruppen ausschließlich als<br />

separate Einzelprojekte betrachtet, besteht die<br />

Gefahr, dass der Fokus nicht mehr darauf liegt,<br />

Einsparmöglichkeiten an einem Standort oder bei<br />

einer Nutzergruppe zu identifizieren, um damit<br />

Mehraufwendungen an einem anderen Stand-<br />

145


ort oder einer anderen Nutzergruppe auszugleichen.<br />

Beide Vertragspartner müssen diesen Spielraum,<br />

der sich bei Portfolios einstellt, als Chance<br />

verstehen.<br />

Konsequenzen aufzeigen<br />

Zur Steuerung des zeitlichen Rahmens sind klare<br />

Prozesse zu implementieren. Der Nutzer<br />

muss durch entsprechende Dokumente in einem<br />

hinreichenden zeitlichen Rahmen in die Lage<br />

versetzt werden, die Umsetzung seiner Änderungsbedarfe<br />

zu beurteilen und zu bestätigen. Es<br />

müssen aber gleichzeitig Konsequenzen aufgezeigt<br />

werden, was passiert, wenn Entscheidungen<br />

nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit<br />

getroffen werden. Es wird häufig gerade vor dem<br />

Hintergrund einer erhofften langjährigen guten<br />

Zusammenarbeit als schwierig empfunden, Nutzern<br />

Grenzen aufzuzeigen oder ggf. sogar Wünsche<br />

auszuschlagen.<br />

Vor allem aufgrund der Parallelität der Leistungserbringung<br />

in der Bauphase, aber auch später<br />

im Gebäudebetrieb muss sich eine Vielzahl von<br />

Projektbeteiligten organisieren und koordinieren.<br />

Hierfür ist es gerade bei PPP-Portfolios von<br />

großer Bedeutung, klare Regeln zur Projektkommunikation<br />

und zum Entscheidungs- und Schnittstellenmanagement<br />

zu vereinbaren.<br />

Chancen nutzen<br />

Gelingt es, mehrere Vorhaben richtig zu bündeln,<br />

lassen sich durch PPP-Portfolios deutliche Vorteile<br />

realisieren. Grundvoraussetzung sind die Vorüberlegungen<br />

des öffentlichen Aufgabenträgers<br />

bei der Zusammenstelllung eines solchen Portfolios.<br />

Hierbei kann die Unterstützung durch fachkundige,<br />

erfahrene Beratung hilfreich sein.<br />

Ein möglichst homogenes PPP-Portfolio bietet die<br />

größte Chance, wirtschaftliche Vorteile durch Bildung<br />

von Skaleneffekten zu nutzen. Aber auch<br />

durch die Bündelung unterschiedlicher Anforderungsprofile<br />

lassen sich dadurch Vorteile realisieren,<br />

dass Leistungen, wie z.B. Machbarkeitsstudien<br />

und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen,<br />

nur einmalig für alle Portfoliobestandteile durchgeführt<br />

werden müssen. Innerhalb vergleichsweise<br />

kurzer Zeit kann ein großer Umfang von<br />

Sanierungsstau behoben und ein dauerhafter<br />

Werterhalt sichergestellt werden. Die Bedürfnisse<br />

großer Nutzergruppen können gleichberechtigt<br />

befriedigt werden. Damit kann auch verhindert<br />

werden, dass am Beispiel von Bildungseinrichtungen<br />

Lehrer und Schüler an Schulen abwandern,<br />

die zeitgemäßere Lern- und Arbeitsmöglichkeiten<br />

bieten. Für Politik und öffentliche Aufgabenträger<br />

bieten die Überlegungen im Rahmen der<br />

Portfoliobildung auch die Möglichkeit, ganzheitlich<br />

gesamte Verantwortungsbereiche der öffentlichen<br />

Daseinsvorsorge zu betrachten und zu<br />

entwickeln.<br />

146


ÖPP und Energieeffizienz: Mit richtigen Maßnahmen<br />

langfristigen Erfolg sichern<br />

Von Dr. Robin Heidel, Kai Mathieu und Henrik Vogt<br />

Energieeffizienz hat bei ÖPP eine wichtige Bedeutung und muss langfristig<br />

sichergestellt werden. Maßnahmen dazu sind einerseits das<br />

Umsteigen auf alternative Energiequellen wie Wind, Sonne oder Wasser<br />

und andererseits deutliche Energieeinsparungen.<br />

INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />

Im ersten Bereich ist die öffentliche Hand durch<br />

energiewirtschaftliche Gesetzgebung, z.B. das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz<br />

(EEWärmeG)<br />

gefordert, im zweiten Bereich durch Vorbildfunktion<br />

u.a. beim energieeffizienten Bau und Betrieb<br />

öffentlicher Hochbauten.<br />

über die Vertragslaufzeit gewährleisten<br />

zu können. Der ganzheitliche Ansatz<br />

muss von beiden Vertragsparteien – öffentliche<br />

Hand und privater Partner –<br />

angenommen und umgesetzt werden.<br />

Doch wie definiert sich dieser Ansatz?<br />

Um dem Ziel einer energieeffizienten Immobilie<br />

im Rahmen eines ÖPP-Modells gerecht zu<br />

werden, ist ein ganzheitlicher Energiemanagementansatz<br />

für diese Beschaffungsvariante zu berücksichtigen.<br />

Die Frage nach innovativen, technischen<br />

und wirtschaftlichen Lösungen gilt es vor<br />

dem Hintergrund sich wandelnder Rahmenbedingungen<br />

immer wieder neu zu beantworten, bis<br />

hin zur Frage, wie die Nutzungsphase ausgestaltet<br />

werden muss, um auch nach Fertigstellung<br />

der Immobilie einen energieeffizienten Betrieb<br />

verbunden mit sinnvollen Anpassungsregelungen<br />

Die Darstellung zeigt, welchen Einfluss<br />

ein ganzheitlicher Energiemanagementansatz<br />

auf die Energieeffizienz und die<br />

damit verbundene Energiekostenentwicklung<br />

eines ÖPP-Hochbauprojekts<br />

hat. Deutlich wird dabei, dass in allen<br />

und insbesondere in den anfänglichen<br />

Projektphasen die richtigen Maßnahmen<br />

auf Auftraggeber- (AG) und Auftragnehmerseite<br />

(AN) zu treffen sind,<br />

um die Energieeffizienz nachhaltig zu<br />

steigern.<br />

Energiemanagement von ÖPP-Hochbauprojekten<br />

Dr. Robin Heidel ist<br />

Projektmanager und<br />

Kai Mathieu ist Energiemanager<br />

bei<br />

GOLDBECK Public<br />

Partner GmbH.<br />

Henrik Vogt ist Niederlassungsleiter<br />

Bonn bei DU Diederichs<br />

Projektmanagement<br />

AG & Co. KG.<br />

<br />

<br />

strategische Maßnahmen<br />

operative Maßnahmen<br />

Energiekosten ohne Energiemanagement<br />

Energiekosten strategisch verbessert<br />

Energiekosten strategisch & operativ optimiert<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Vertragslaufzeit eines ÖPP-Projekts<br />

<br />

Quelle: Heidel, R.<br />

147


Energiemengendifferenzierung eines Gebäudes<br />

Energiemengen<br />

Wärme<br />

Strom<br />

Wasser<br />

Heizung<br />

Warmwasser<br />

Gebäude<br />

Nutzungsspezifisch<br />

Quelle: Heidel, R.<br />

Energieziele früh festlegen<br />

In der Konzeptionsphase werden vorwiegend<br />

qualitative Eigenschaften für das Projekt zusammengetragen,<br />

sodass in diesem Zusammenhang<br />

bereits die Ziele für das Energiemanagement<br />

(EM) zu definieren sind. Hierbei müssen die politischen,<br />

ökologischen, finanziellen und sozialen<br />

Randbedingungen der jeweiligen Kommune berücksichtigt<br />

werden. Diese energetischen Ziele<br />

dienen im Weiteren als Vorgabe für die notwendigen<br />

Festlegungen. Konkret kann die Einbindung<br />

regenerativer Maßnahmen eine Zielsetzung sein,<br />

die sich z.B. durch den Einsatz einer Photovoltaik-<br />

oder Geothermie-Anlage erreichen lässt.<br />

Ein weiteres Ziel kann z.B. sein, ein Passivhaus<br />

zu realisieren. Die entsprechenden qualitativen<br />

und quantitativen Auswirkungen sind bereits<br />

im Rahmen des PPP-Eignungstests adäquat zu<br />

berücksichtigen.<br />

In der weiteren Projektvorbereitung sind mehrere<br />

Maßnahmen umzusetzen. Für die vorläufige<br />

Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) können<br />

zunächst Kennwerte aus der Literatur oder Normen<br />

(u.a. VDI 3807) herangezogen werden, wobei<br />

die Entscheidung zu treffen ist, ob für die Eigenbauvariante<br />

(PSC) ein Minimal-, Mittel- oder<br />

Maximalwert angesetzt werden kann. Minimale<br />

Verbrauchskennwerte können für den PSC nur<br />

prognostiziert werden, wenn bereits ein effektives<br />

EM von der Kommune umgesetzt wird. Zur<br />

genaueren Einschätzung der Energieverbrauchsmengen<br />

kann eine Vorplanung erstellt werden.<br />

Anhand dieser wird es möglich, Energiemengenermittlungen<br />

auf Basis konkreter Rechenverfahren<br />

zu erstellen und sie dem PSC zugrunde zu<br />

legen.<br />

Ferner sind in der Risikoallokation der WU die<br />

von dem privaten Partner erwarteten Mengengarantien<br />

und Preise bzw. Versorgungsverträge zu<br />

berücksichtigen und während der Vergabephase<br />

anhand der Bieterangaben zu überprüfen und<br />

fortzuschreiben. Entscheidender Aspekt bei der<br />

Energierisikoverteilung ist die Beeinflussbarkeit<br />

für zu erwartende Energieverbräuche. Dabei ist<br />

eine grundsätzliche Differenzierung der Energiemengen<br />

vorzunehmen.<br />

Die Energieverbräuche von Gebäuden lassen<br />

sich grundsätzlich in die drei Teilbereiche Wärme,<br />

Strom und Wasser unterscheiden. Diese sind<br />

in weitere Unterbereiche zu gliedern. Wärme<br />

ist zu unterscheiden nach Heizungswärme und<br />

Warmwasser. Diese Abgrenzung ist deshalb von<br />

Bedeutung, weil das Risiko der jährlich unterschiedlichen<br />

Witterung bzw. Temperaturschwankungen<br />

bei der Betrachtung der Heizungswärme<br />

berücksichtigt werden muss. Hingegen ist die<br />

148


Warmwasserbereitung weitestgehend unabhängig<br />

von den klimatischen Bedingungen und somit<br />

nur nutzungsabhängig. Bei einer gemeinsamen<br />

Betrachtung darf der von der Außentemperatur<br />

unabhängige Anteil nicht witterungsabhängig berücksichtigt<br />

werden.<br />

Elektrischer Strom wird in die Bereiche Gebäudestrom<br />

und nutzungsspezifischer Strom unterschieden.<br />

Bei den nutzungsspezifischen Stromaufwendungen<br />

handelt es sich um solche, die<br />

durch Einbauten gem. der Kostengruppen 370<br />

oder 470 gemäß DIN 276 oder der Kostengruppe<br />

600 zugeordnet werden.<br />

Diese Einbauten werden teilweise nicht von dem<br />

privaten Partner geliefert und eingebaut. Sie beschafft<br />

der öffentliche AG regelmäßig in Eigenregie<br />

und baut diese selber ein oder stellt sie dem<br />

Privaten bei. In der Regel wird dieser deren Instandhaltung<br />

dann nicht übernehmen. Mit der<br />

Übernahme der Instandhaltungspflicht hat der<br />

private Partner allerdings den wesentlichen Einfluss<br />

auf die entsprechenden Anlagen und damit<br />

auf die Energiemengen. Daraus ergibt sich, dass<br />

der Private das Risiko nur für die Energiemengen<br />

übernehmen kann, auf die er durch die Beschaffung<br />

und Instandhaltung während der Bewirtschaftung<br />

Einfluss nimmt.<br />

Richtige Risikoallokation<br />

Der Energieverbrauch der nutzungsspezifischen<br />

Einrichtungen und der Ausstattung wird primär<br />

durch die Nutzer des Gebäudes beeinflusst und<br />

weniger durch den Betreiber des Objekts. Sofern<br />

die zu erwartende Nutzungsintensität ausreichend<br />

definiert ist und der private Partner durch<br />

einen weitgehenden Leistungsumfang in der<br />

Bewirtschaftungsphase stärkeren Einfluss durch<br />

z.B. personelle Präsenz im Gebäude hat, kann<br />

das Risiko auch für sämtliche Energieverbräuche<br />

auf den Privaten übertragen werden. Notwendig<br />

ist in diesem Fall z.B. die Übertragung von Hausmeisterdiensten<br />

und der Unterhaltsreinigung auf<br />

den Privaten. Dadurch ist sichergestellt, dass der<br />

Private täglich in der Immobilie vertreten ist und<br />

eventuelles Fehlverhalten der Nutzer im Gebäude<br />

feststellen und beeinflussen kann.<br />

Oftmals ist in Projekten zu beobachten, dass keine<br />

Energiepreisabfragen an den privaten Partner<br />

gerichtet werden. Dies hängt in der Regel mit<br />

dem politisch begründeten Bedürfnis des öffentlichen<br />

Partners nach Flexibilität bei der Wahl des<br />

Energielieferanten und der Möglichkeit, auf geänderte<br />

energiepolitische Ziele unabhängig reagieren<br />

zu können, zusammen. Gleichwohl sollten<br />

im Hinblick auf die wirtschaftliche Optimierung<br />

des Projekts im Vergabeverfahren die Konditionen<br />

der Energielieferung bei den Privaten abgefragt<br />

werden.<br />

Um dem öffentlichen Partner die Entscheidungsfreiheit<br />

zu belassen, ob er die Energieversorgung<br />

vollständig auf den Privaten übertragen möchte,<br />

bietet sich folgende Vorgehensweise an: Es<br />

werden Angebote der Bieter sowohl nur mit<br />

garantierten Verbrauchsmengen als auch mit<br />

indizierten Energiepreisen abgefordert. Nach<br />

Auswertung der Angebote und Vergleich der<br />

angebotenen Energiepreise mit den eigenen Beschaffungskosten<br />

ist die Entscheidung zu treffen,<br />

ob die Versorgungsverträge durch den Privaten<br />

abgeschlossen werden sollen oder dies von dem<br />

öffentlichen Partner selbst übernommen wird.<br />

Im Fall der Übertragung auf den Privaten ist eine<br />

einseitige regelmäßige Kündigungsoption für den<br />

öffentlichen Partner zu vereinbaren, die es ihm<br />

ermöglicht, auf geänderte politische Rahmenbedingungen<br />

zu reagieren. Hierbei sind lediglich die<br />

Laufzeiten der Versorgungsverträge angemessen<br />

zu berücksichtigen, die derzeit mehrheitlich ein<br />

bis drei Jahre aufweisen.<br />

Langfristige Optimierung sichern<br />

In der Vergabephase sind die wesentlichen Angaben<br />

zum Energiemanagement in den Outputspezifikationen<br />

für die Planung, Bauleistung und<br />

Bewirtschaftung anzugeben. Daneben müssen<br />

Anreizregelungen in den Vertrag aufgenommen<br />

149


werden, um der Ermüdung der Motivation des<br />

privaten Partners hinsichtlich möglicher Verbesserungsmaßnahmen<br />

bzw. Modernisierungen des<br />

Gebäudes entgegenzuwirken und so die langfristige<br />

Optimierung des Energieverbrauchs zu<br />

sichern.<br />

Aufgrund der langfristigen Verträge sind Anpassungsnotwendigkeiten<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

zu erwarten. Daher ist es empfehlenswert,<br />

vom privaten Partner eine Urkalkulation bezüglich<br />

des Energiemanagements zu verlangen und<br />

eine Anpassungsregelung durch einen einfachen<br />

Berechnungsalgorithmus zu vereinbaren, um den<br />

Aufwand im Anpassungsfall zu minimieren. Darüber<br />

hinaus sollte eine sinnvolle Wertsicherungsklausel<br />

mit den richtigen Indizes für zukünftige<br />

Energiepreissteigerungen in den Vertrag integriert<br />

werden.<br />

Im weiteren Projektverlauf setzt der private Partner<br />

sein energetisches Konzept für die Bau- und<br />

anschließende Bewirtschaftungsphase um. Essenziell<br />

für ihn ist der Übergang zwischen Fertigstellung<br />

bzw. Abnahme des Objekts in die Nutzungsphase.<br />

Hier muss sichergestellt werden, dass<br />

insbesondere das Monitoring-Konzept für die Verbrauchsmengenerfassung<br />

installiert ist und rechtzeitig<br />

die Versorgungsverträge mit den jeweiligen<br />

EVUs abgeschlossen worden sind. Für den Privaten<br />

geht es im Rahmen des Energiemanagements<br />

um die planmäßig Steuerung der Energieverbräuche.<br />

Maßgebliche Einflussfaktoren sind die Einstellungen<br />

der technischen Anlagen im Gebäude<br />

und die Vorgaben zum Nutzerverhalten. Darüber<br />

hinaus ist die jährliche Energieabrechnung mit<br />

dem Auftraggeber vorzunehmen.<br />

Nutzerverhalten entscheidet<br />

Neben der Bedeutung grundsätzlicher Maßnahmen<br />

ist zu berücksichtigen, dass mehr Technikeinsatz<br />

in Gebäuden in der Regel dazu führt, dass<br />

die Instandhaltungskosten steigen und somit ein<br />

wesentlicher Teil der Energieeinsparungen aufgehoben<br />

wird. Ein großes Effizienzpotenzial liegt<br />

weiterhin in der Energie, die gar nicht benötigt<br />

wird. Hierzu ist daher ein Umdenken in Bezug<br />

auf gewohnte Komfortansprüche – z.B. stets öffenbare<br />

Fenster – notwendig. Im Zeitalter des<br />

Klimawandels und der unumgänglichen Reduzierung<br />

der CO 2<br />

-Freisetzung müssen von jedem<br />

Einzelnen neue Nutzungsgewohnheiten erwartet<br />

werden können.<br />

Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang<br />

auch das Thema Nutzerzufriedenheit. Verschiedene<br />

Studien haben gezeigt, dass Menschen Hitze<br />

und Kälte sehr unterschiedlich empfinden,<br />

sodass ein starres Festhalten an Vorgaben gemäß<br />

Arbeitsstättenrichtlinien nicht sinnvoll ist. Hier<br />

gilt es neue Lösungen und Wege zu suchen, wie<br />

gemeinsam mit den Nutzern einer Immobilie<br />

Energieeffizienz bei dennoch hoher Behaglichkeit<br />

im Gebäude erreicht werden kann. Eine zukünftig<br />

stärkere Sensibilisierung der Nutzer für ein<br />

energieeffizientes Verhalten ist gerade für die heranwachsenden<br />

Generationen als Vorbildfunktion<br />

wichtig und notwendig.<br />

150


PPP und IT: Erfolgsfaktoren für ein effektives<br />

Miteinander<br />

Von Klaus Hahnenfeld<br />

PPP im Bereich der Informationstechnik (IT) ist in Deutschland eine<br />

Rarität, zumindest wenn der IT-Service direkt am „Nutzer“ geleistet<br />

wird. Wa rum tun sich PPP-Vorhaben im IT-Bereich so schwer? Und wie<br />

kann man dem Thema auf die Sprünge helfen?<br />

INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />

Bekannt geworden sind bisher WIVERTIS, ein<br />

Projekt zur Unterstützung der Stadtverwaltung<br />

Wiesbaden, und HERKULES, ein Projekt aus dem<br />

Bereich der Bundeswehr.<br />

Seit vielen Monaten gibt es intensive Aktivitäten<br />

mit dem Ziel, PPP im IT-Bereich voranzutreiben.<br />

Das geschieht auf speziellen Foren oder übergreifenden<br />

Veranstaltungen wie den jährlichen<br />

ÖPP-Bundeskongressen. Es gibt auch seit ca.<br />

einem Jahr die Initiative eines Teils der IT-Industrie,<br />

mit der versucht wird, Entscheidungsträger<br />

der Verwaltung für PPP im IT-Bereich zu<br />

begeistern. Es wurden viele sogenannte gute Gespräche<br />

mit Abteilungsleitern und Staatssekretären<br />

geführt, sowohl auf Bundes- als auch auf<br />

Landesebene.<br />

Klaus Hahnenfeld<br />

keine Ansprechpartner, mit denen konkrete<br />

Projekte umgesetzt werden könter<br />

an der FH Mainz<br />

ist Lehrbeauftrag-<br />

im Rahmen des<br />

nen. Auch in der Führungsspitze von<br />

Masterstudiengangs<br />

Public Private<br />

Verwaltungen ist durchweg die Bereitschaft<br />

festzustellen, neue PPP-Projekte Partnership.<br />

im IT-Bereich umzusetzen. Das Land<br />

Hessen hat in seiner Landeshaushaltsordnung<br />

sogar die Vorgabe aufgenommen, PPP<br />

immer als Alternative zu bewerten. Es fehlt aber<br />

durchgängig auf der Managementebene der Verwaltung<br />

der Anstoß, um konkret tätig zu werden.<br />

Ohne einen begründeten Anstoß wird die Verwaltungsspitze<br />

nicht aktiv werden – es sei denn,<br />

es erscheint ein „harter Knochen“ als Vorgesetzter,<br />

der sagt, bis wann er welche fundierten Vorschläge<br />

erwartet. Und der auch seine Vorgaben<br />

kontrolliert.<br />

Beides – die Foren und die Gespräche mit Entscheidungsträgern<br />

– ist im Ansatz ausgesprochen<br />

lobenswert. Sie haben aber bisher leider wenig<br />

Wirkung gezeigt. Dieses Ergebnis gipfelte auf dem<br />

Fachforum „Kooperation und Moderni sierung“<br />

des Bundeskongresses ÖPP 2012 in den sogenannten<br />

Friedrichshainer Thesen vom 23. November<br />

2012. Zusammengefasst wird dort beklagt,<br />

dass „das Feld zwar bestellt ist, es aber mit<br />

der Ernte hapert“. Spielen Industrie und Verwaltung<br />

Mikado?<br />

Bereitschaft vorhanden<br />

Die IT-Industrie wäre schon bereit, neue PPP-Projekte<br />

anzugehen, findet aber in der Verwaltung<br />

So entsteht der Eindruck, dass sowohl in der Industrie<br />

als auch in der Verwaltung niemand weiß,<br />

ob und wie man den konkreten ersten Schritt tun<br />

sollte – mit der Folge, dass sich Verwaltung und<br />

Industrie wie beim Mikado-Spiel in Bewegungsstarre<br />

gegenübersitzen.<br />

Ist IT etwas besonderes?<br />

Es stellt sich die Frage, weshalb es im Bereich<br />

von Hoch- und Tiefbau leichter zu sein scheint<br />

als im IT-Bereich, ein PPP-Projekt zu vereinbaren.<br />

Warum ist es häufiger gelungen, ein Autobahnstück<br />

oder eine Brücke über ein PPP-Projekt<br />

zu realisieren und zu betreiben – häufiger als es<br />

möglich war, die IT-Unterstützung mit Hilfe von<br />

151


PPP für eine kleine, mittlere oder große Behördeneinheit<br />

zu vereinbaren?<br />

Informationstechnik scheint für viele Mitarbeiter<br />

in der Verwaltung im Vergleich zu Schwimmbädern,<br />

Schulen, Häusern und Straßen immer noch<br />

etwas Nebulöses zu sein. Oft besteht auch die<br />

Annahme, dass der Umgang mit IT ein kritischer<br />

Prozess der Verwaltung sei, den man nicht aus<br />

der Hand geben dürfe. Dabei ist die Verwaltung<br />

schnell dabei, bestimmte Bildschirmgrößen oder<br />

besondere Softwarepakete zu fordern. Neue Informationstechnik<br />

kennt man von zu Hause: von<br />

den eigenen Kindern oder von einem Besuch der<br />

letzten CeBIT-Messe in Hannover. Und die Industrie<br />

ist ebenso schnell bereit, diese Technik zu<br />

liefern.<br />

Eine neue Technik wäre also einfach zu realisieren.<br />

Aber es wird eben nicht nur Technik an den<br />

Arbeitsplatz gestellt, sondern IT-Unterstützung<br />

und IT-Service greifen unmittelbar in die gewohnte<br />

Arbeit des Nutzers ein.<br />

Was soll IT bewirken?<br />

Nach der Installation von IT kommt es immer<br />

dann zu Problemen, wenn vorher nicht überlegt<br />

wurde, welche Verwaltungsabläufe in welcher<br />

Weise konkret mit dieser Informationstechnik unterstützt<br />

werden sollen. Es muss deshalb festgehalten<br />

werden, welche Prozesse unterstützt werden<br />

sollen, um die Arbeit zu erleichtern, indem<br />

z.B. ein Mehrfacheintrag von Daten in Formulare<br />

überflüssig wird oder einmal eingegebene Daten<br />

von Kollegen mitbenutzt werden können.<br />

Diese Unterstützung der Verwaltungsabläufe bewirkt<br />

häufig, dass Personal freigesetzt wird und<br />

für Aufgaben verfügbar ist, die bisher unbearbeitet<br />

liegen blieben. Wenn dieses Ziel nicht im Detail<br />

vorher festgelegt wurde, kann es dazu führen,<br />

dass das bisherige Personal die Aufgaben wie<br />

bisher durchführt – jetzt zwar mit Unterstützung<br />

der Informationstechnik, aber mit mehr Aufwand<br />

als vorher. Oder einfach ausgedrückt: Wenn die<br />

Zielvorgaben vor Installation und Betrieb der<br />

neuen IT nicht konkret formuliert wurden, kann<br />

man nicht objektiv feststellen, was sich verbessert<br />

hat. „Erst mal hinstellen und dann weitersehen“<br />

ist leider eine häufig praktizierte, aber nicht<br />

unbedingt zu empfehlende Methode.<br />

Bedürfnisse prüfen<br />

Wie kommt man zu den wirklichen Bedürfnissen<br />

des Nutzers? Man sollte meinen, dass die wirklichen<br />

Bedürfnisse am besten vom Nutzer selbst<br />

beschrieben werden können. Wenn man diesen<br />

Weg geht, kann eine unbezahlbare Liste aus Individualkomponenten<br />

entstehen, die zu neuen<br />

Standardprodukten nicht kompatibel wären und<br />

deren Wartungskosten den verfügbaren Haushalt<br />

sprengen würden.<br />

PPP im IT-Bereich – 2 Schritte zum Erfolg<br />

Schritt 2:<br />

„Was wird durch PPP besser?“<br />

x Partnerschaft leben<br />

x Wirtschaftlichkeit nachweisen<br />

x Funktionale Ausschreibung starten<br />

x Zielvorgaben festschreiben<br />

x PPP-geeignete Aufgaben herausarbeiten<br />

x Wirtschaftlichkeit nachweisen<br />

x IT-Konzept erarbeiten<br />

x Zielvorgaben festschreiben<br />

x Aufgaben/Abläufe analysieren<br />

Schritt 1:<br />

„Lohnt sich IT-Unterstützung?“<br />

152


Wenn ein Analytiker der Industrie in guter Absicht<br />

ein Zielkonzept entwirft und dieses nicht<br />

ausreichend mit den künftigen Nutzern diskutiert<br />

und auf deren wirkliche Bedürfnisse optimiert<br />

hat, werden die Nutzer in der Regel mit Ablehnung<br />

des Ergebnisses reagieren. Eine Diskussion<br />

im Vorfeld ist schwierig, wenn ein Nutzer<br />

unstrukturiert arbeitet, das heißt, wenn seine<br />

Arbeitsabläufe nicht standardisiert sind. Noch<br />

schwieriger ist es, wenn der Analytiker auf einen<br />

Nutzer trifft, der gar nicht in der Lage ist, seine<br />

Abläufe selbst zu beschreiben. Hier wäre ein<br />

technisch hervorragend ausgebildeter Analytiker<br />

fehl am Platze. Ein Analytiker mit den Eigenschaften<br />

eines „kommunikativen Friseurs“ wäre<br />

durch geschicktes Fragen und Wiederholen von<br />

Antworten am besten in der Lage, die Bedürfnisse<br />

des Nutzers in der Sprache des Nutzers darzustellen<br />

und mit seinem Verständnis und Einverständnis<br />

die optimale Lösung zu finden.<br />

Um beiden Seiten Freiräume zu lassen, sollten<br />

die Forderungen vom Kunden funktional beschrieben<br />

werden – mit dem Risiko, dass der<br />

Kunde die Bedürfnisse seiner Nutzer nicht ausreichend<br />

in den funktionalen Forderungen abgebildet<br />

hat.<br />

Gemeinsame Aufgabenanalyse<br />

Warum verstehen wir uns nicht, obwohl wir<br />

uns stundenlag zuhören? Wenn man einem Gesprächspartner<br />

zuhört, hat man häufig ein Bild<br />

vor Augen, das sich durch die Beiträge des Gesprächspartners<br />

verfestigt oder ändert. Nur wenn<br />

dieses Bild dem Anfangsbild des Gesprächspartners<br />

ähnelt, kommen beide zum gleichen Ergebnis.<br />

Das Ausgangsbild auf jeder Seite wird geprägt<br />

durch die jeweilige Erfahrung: Ein technisch ausgebildeter<br />

Analytiker der Industrie kommt in der<br />

Regel mit einem Bild, gefüllt mit Arbeitsplatzcomputer,<br />

Tastatur, Bildschirm, Maus, Drucker und<br />

ihm bekannten Bildschirmmasken. Das Bild eines<br />

Nutzers in der Verwaltung ist von seinen Arbeitsabläufen<br />

geprägt: von wiederholten Mitzeichnungen,<br />

langwierigen Suchvorgängen in Akten<br />

Wenn man das Ziel hat, PPP im IT-Bereich zu realisieren,<br />

müssen im ersten Schritt die Vorteile der IT-Unterstützung<br />

für die Verwaltung deutlich gemacht werden (Quelle: BWI)<br />

oder mehrfachen Autoritätskorrekturen durch die<br />

Vorgesetzten in seinen Entwürfen. Beide Bilder<br />

müssen über eine Aufgabenanalyse zur Deckung<br />

gebracht werden.<br />

Das gegenseitige Verstehen wird auch erschwert<br />

durch die Verwendung von Worten, die unterschiedlich<br />

interpretiert werden. Das Problem des<br />

Aufeinander-Einredens ohne zu verstehen kann<br />

reduziert werden, wenn Analytiker eingesetzt<br />

werden, die mit der Arbeitsumgebung in der untersuchten<br />

Verwaltung vertraut sind. Die IT-Industrie<br />

ist deshalb gut beraten, wenn sie in ihrem<br />

Analyseteam auch Mitarbeiter einsetzt, die früher<br />

in der Verwaltung tätig waren, um in der Industrie<br />

ein Verständnis für die Verwaltungsabläufe zu<br />

entwickeln.<br />

Wenn man das Ziel hat, PPP im IT-Bereich zu<br />

realisieren, müssen in einem ersten Schritt die<br />

Vorteile durch eine IT-Unterstützung von Arbeitsabläufen<br />

für die Verwaltung deutlich gemacht<br />

werden. Wer mit PPP im IT-Bereich Gewinne<br />

erzielen will, muss der Verwaltung diese Vorteile<br />

mundgerecht aufbereiten. Erst wenn diese<br />

Vorteile herausgearbeitet werden konnten, wird<br />

153


die Verwaltung bereit und in der Lage sein, die<br />

verschiedenen Realisierungsmöglichkeiten zu untersuchen.<br />

Eine Möglichkeit ist dann die Realisierung<br />

über PPP.<br />

PPP-Erfolgsfaktoren im IT-Bereich<br />

Um größtmögliche Akzeptanz zu erreichen,<br />

muss das IT-Angebot die Bedürfnisse des Kunden<br />

treffen. Wenn man nicht weiß, was mit IT unterstützt<br />

werden kann und soll, nützt das beste<br />

technische Angebot nichts. Angenommen, es wäre<br />

gelungen, die IT-Unterstützung zu konzipieren,<br />

was sind dann die Erfolgsfaktoren für PPP<br />

im IT-Bereich?<br />

x Eine seriöse PPP-Firma wird immer auf Standardabläufe<br />

und Standardprodukte setzen, mit<br />

denen sie Erfahrung hat. Wenn der Kunde fordert,<br />

dass auch Individuallösungen betrieben<br />

werden, sollten diese außerhalb des PPP-Vertrags<br />

vereinbart und deren Handhabung standardisiert<br />

werden.<br />

für die Seite entstehen, die sich nicht an die<br />

Vereinbarung hält.<br />

x PPP-Verträge laufen in der Regel über mehrere<br />

Jahre, IT zeichnet sich durch kurze Innovationszyklen<br />

aus. Nur wenn vereinbart wird,<br />

wie – als Anreiz – durch eine permanente Modernisierung<br />

der Gewinn der PPP-Gesellschaft<br />

spürbar ansteigt, wird die PPP-Gesellschaft<br />

dafür sorgen, dass die IT des Kunden auf dem<br />

neusten Stand bleibt.<br />

x Wenn die Organisation innerhalb der Verwaltung,<br />

die für die IT-Unterstützung verantwortlich<br />

ist, zunehmenden Druck aus ihrem<br />

Nutzerbereich verspürt, wird sie selbst die Arbeitsabläufe<br />

beschreiben, die mit IT verbessert<br />

und wirtschaftlich unterstützt werden können.<br />

Wenn zum Druck aus dem Nutzerbereich auch<br />

noch Haushaltsenge kommt, wird diese Organisation<br />

die Alternative PPP in ihre Überlegungen<br />

einbeziehen. Eine enge Zusammenarbeit<br />

der Industrie mit einem Verwaltungsbereich,<br />

dem „der Kittel brennt“, ist deshalb unerlässlich.<br />

Diesen Verwaltungsbereich gilt es zu<br />

finden und kluge Pilzsammler setzen „Trüffelschweine“<br />

für eine gute Ernte ein.<br />

Zuhören, verstehen, handeln<br />

Man könnte den „Friedrichshainer Thesen“<br />

noch „Frankfurter Grundsätze“, „Bonner Erkenntnisse“<br />

oder „Münchner Kerngedanken“<br />

folgen lassen: Es wären richtige Einsichten, die<br />

jeder abnicken kann, die das Problem aber nicht<br />

verkleinern.<br />

Um größtmögliche Akzeptanz zu erreichen, muss das<br />

IT-Angebot die Bedürfnisse des Kunden treffen (Quelle: BWI)<br />

x Anreize zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit<br />

fördern die Kreativität der PPP-Gesellschaft.<br />

Es sollte deshalb vereinbart werden,<br />

welche konkreten Maßnahmen beide Seiten<br />

durchzuführen haben, um die Anreize wirken<br />

zu lassen, und welche finanziellen Nachteile<br />

Es ist der Verwaltung und der Industrie zu empfehlen,<br />

nicht nur zu jammern, sondern konkret<br />

etwas zu tun. Dazu muss man zuhören, verstehen<br />

und verständlich formulieren. Und wer in<br />

das Marketing für PPP schon viel investiert hat<br />

und endlich zu praktischen Erfolgen kommen<br />

will, kommt nicht daran vorbei, zunächst in den<br />

beschriebenen ersten Schritt – in die IT-Unterstützung<br />

– zu investieren, um dann im zweiten<br />

Schritt mit PPP konkret zu werden.<br />

154


PPP und IT: Durch strategische Kooperation<br />

zum Erfolg<br />

Von Claus Wechselmann<br />

Die öffentliche Verwaltung befindet sich in einem kontinuierlichen<br />

Prozess der Modernisierung und Effizienzsteigerung. Die Handlungsspielräume<br />

werden dabei stark von äußeren Faktoren beeinflusst. Partnerschaften<br />

und Kooperationen sind strategische Handlungs optionen,<br />

um mit den Herausforderungen umzugehen, denen die Verwaltung<br />

gegenübersteht.<br />

Handlungsbedarf ergibt sich aus der teilweise angespannten<br />

Haushaltslage. Die Folge dieser Entwicklung<br />

ist ein verstärkter Spar- und Konsolidierungszwang,<br />

der sich in den kommenden Jahren<br />

– u.a. aufgrund der Schuldenbremse – fortsetzen<br />

wird. Somit sollte ein großes Interesse bestehen,<br />

vorhandene Haushaltsmittel wirtschaftlicher einzusetzen<br />

und Leistungen effizienter zu erbringen.<br />

Im zunehmenden, auf der demografischen Entwicklung<br />

beruhenden Wettbewerb um qualifizierte<br />

Arbeitskräfte droht der öffentliche Dienst<br />

im Vergleich zur Privatwirtschaft als Arbeitgeber<br />

für junge, leistungsstarke und hochqualifizierte<br />

Fachkräfte und Akademiker an Attraktivität zu<br />

verlieren. Laut dem Familienreport 2010 werden<br />

bereits im Jahr 2015 drei Millionen Fachkräfte,<br />

insbesondere in den MINT-Profilen Mathematik,<br />

Informatik, Naturwissenschaft und Technik,<br />

fehlen. Durch diese gesamtgesellschaftliche Veränderung<br />

bedarf es geeigneter Instrumente zur<br />

Personalgewinnung speziell für die öffentliche<br />

Verwaltung. Notwendige Kürzungen im Personalbereich<br />

dürfen gleichzeitig aber nicht dazu führen,<br />

dass der öffentliche Dienst den Zugang zum<br />

Arbeitsmarkt verliert.<br />

Innovative Lösungen gefragt<br />

Der Einfluss des demografischen Wandels ist zunehmend<br />

spürbar. Die Folgen sind u.a. veränderte<br />

gesellschaftliche Anforderungen, die sich in ei-<br />

Claus Wechselmann<br />

ist Generalbevollmächtigter<br />

und Mitglied der<br />

ner Veränderung öffentlicher Aufgaben<br />

Geschäftsleitung<br />

bzw. neuen Verwaltungsaufgaben äußern.<br />

Eine Anpassung des Leistungsanland<br />

AG.<br />

der ÖPP Deutschgebots<br />

wird notwendig, z.B. verstärkte<br />

häusliche Krankenpflege oder Hilfe zur<br />

Pflege für ältere Bevölkerungsschichten. Ausgaben<br />

und aufgewendete Ressourcen im Sozialbereich<br />

steigen in der Folge beständig, sodass ggf.<br />

nur innovative Lösungen die Leistungserbringung<br />

sicherstellen können.<br />

Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass<br />

in den vergangenen Jahren die Anforderungen<br />

an Verwaltungshandeln und -service in Bezug<br />

auf Qualität, Flexibilität und Leistungsfähigkeit<br />

gestiegen sind. One-Stop-Government und E-Government<br />

sind nur zwei Ausprägungen dieser Erscheinung;<br />

die öffentliche Verwaltung muss sich<br />

hinsichtlich einiger Verwaltungsdienstleistungen<br />

zunehmend dem Vergleich mit der Privatwirtschaft,<br />

gerade was Online-Prozesse angeht, stellen.<br />

Viele Bereiche der öffentlichen Verwaltung<br />

haben bereits auf diese Entwicklung erfolgreich<br />

reagiert und ihre Kundenorientierung massiv vorangetrieben,<br />

z.B. durch die Gründung von Bürgerämtern<br />

auf Kommunalebene oder die „einheitliche<br />

Behördennummer D115“ als Kooperation<br />

von Bund, Ländern und Kommunen. Es muss<br />

deshalb sichergestellt werden, dass die öffentliche<br />

Hand trotz Sparzwängen und Personalmangel<br />

den gestiegenen Anforderungen der Bürger weiterhin<br />

gerecht werden kann.<br />

INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />

155


Technologie bestimmt neue Wege<br />

Die neuen, erweiterten Möglichkeiten der Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien<br />

stellen sich vor allem aufgrund der kurzen Innovationszyklen,<br />

der erforderlichen Fachkunde und<br />

sehr spezifischer Anforderungen gleichfalls als<br />

Herausforderung, vor allem für kleinteilige Strukturen,<br />

dar.<br />

Dies gilt sowohl für das außenbezogene E-Government<br />

und erst recht für das sich bereits abzeichnende<br />

M-Government als auch für die Elektronisierung<br />

von Binnenprozessen. Hinzu kommt,<br />

dass aus Programmen zur Stärkung des E- und<br />

Open-Governments, wie z.B. aus dem „Umsetzungskonzept<br />

für die Nationale E-Government-<br />

Strategie (NEGS)“ und anderen bundesrechtlichen<br />

Vorgaben, neue Aufgaben für öffentliche<br />

Stellen resultieren. Durch das Internet und den<br />

zunehmenden Einsatz mobiler Endgeräte wie<br />

Smartphones und Tablet-PCs steigen die Forderungen<br />

nach Multikanalanwendungen. Im Jahr<br />

2011 wollten laut einer Studie 55 von 100 Entscheidern<br />

im öffentlichen Bereich in Web-2.0-Anwendungen<br />

investieren. Zwei Drittel sahen sogar<br />

in Applikationen und sozialen Netzwerken geeignete<br />

Instrumente, um das Verwaltungshandeln<br />

transparenter zu gestalten.<br />

Das Zusammenspiel von innovativen Informationstechnologien,<br />

einer immer größer werdenden<br />

Wissensgesellschaft und der Forderung nach<br />

mehr Partizipation führt auch zu neuen Möglichkeiten<br />

der Kooperation und Kommunikation<br />

zwischen öffentlicher Verwaltung und Bürgern<br />

sowie Unternehmen. Diese werden unter dem<br />

Schlagwort Open-Government diskutiert. Online-<br />

Formate wie „Frag den Staat“ oder das Open-Data-Portal<br />

der Stadt Berlin sind innovative Transparenz-<br />

und Partizipationsinstrumente, die aus der<br />

Open-Government-Bewegung heraus entstanden<br />

sind. Immer mehr öffentliche Stellen öffnen sich<br />

in diesem Zusammenhang gegenüber der Zivilgesellschaft<br />

und geben Einblick in Entscheidungsabläufe<br />

und Prozesse, veröffentlichen ihre Daten<br />

und geben die Möglichkeit zur Partizipation. Insbesondere<br />

der nur technikgestützt zu realisierende<br />

Teilbereich des Open-Data, der starke Bezüge<br />

zum Wissensmanagement in der öffentlichen Verwaltung<br />

aufweist, lässt sich kaum von jeder öffentlichen<br />

Stelle in Eigenregie realisieren – allein<br />

schon, weil es ohnehin einer Verständigung auf<br />

bestimmte übergreifende Vorgaben und ggf. auch<br />

einer Standardisierung bedarf.<br />

Inhaltliche Herausforderungen meistern<br />

Die genannten Herausforderungen führen daher<br />

auch zu einer Veränderung der Reformagenda<br />

der öffentlichen Verwaltung. Die überkommenen<br />

Mechanismen zur Modernisierung der Verwaltung<br />

– Aufgabenkritik, Funktional- und Gebietsreformen<br />

und vieles mehr – erweisen sich nur<br />

noch als bedingt geeignet. Neue technische Möglichkeiten,<br />

z.B. E-Government und IT-Kooperationen<br />

bis hin zum Cloud Computing, die Raumund<br />

Zeitunabhängigkeit der Leistungserbringung,<br />

verwaltungswissenschaftlich entwickelte und<br />

zum Teil auch erprobte Konzepte wie Shared<br />

Services, Öffentlich-Private Partnerschaften, der<br />

Gedanke des One-Stop-Governments bis hin zu<br />

neuartigen Agenturmodellen bieten weitergehende<br />

Potenziale.<br />

Dass dabei der Kooperationsgedanke eine herausragende<br />

Rolle einnimmt, verdeutlicht bereits<br />

die im Rahmen der Föderalismusreform II neu<br />

geschaffene Vorschrift des Art. 91c Grundgesetz<br />

(GG), die für eine relevante Unterstützungsleistung<br />

– den Betrieb von Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

– die interföderale<br />

Zusammenarbeit explizit legitimiert und die Kooperation<br />

als anerkannte Form der Leistungserbringung<br />

etabliert. Die Vorschrift scheint dabei<br />

eine Differenzierung zwischen Unterstützungsleistungen<br />

(„für ihre Aufgabenerfüllung benötigte“)<br />

und der eigentlichen Wahrnehmung der<br />

Verwaltungsaufgabe zum Ausdruck zu bringen,<br />

die bei der zunehmenden Verwirklichung kooperativer<br />

Lösungsansätze ggf. handlungsleitend sein<br />

kann.<br />

156


Art. 91c GG erfasst primär die Kooperation zwischen<br />

Bund und Ländern bzw. dieser untereinander,<br />

manifestiert aber auch den politischen Willen<br />

zur Zusammenarbeit und kann daher ggf. in den<br />

kommunalen Bereich sowie in die gesamte öffentliche<br />

Verwaltung ausstrahlen. Kooperation ist<br />

ein Zeichen der Zeit – und kann zugleich auch<br />

als Ersatz und Ergänzung der überkommenen<br />

Modernisierungsagenden gelten.<br />

Große Einsparpotenziale<br />

Effizienzgewinne, Kosteneinsparungen, erweiterte<br />

technologische Möglichkeiten und damit<br />

verbunden der (Rück-)Gewinn von Handlungsspielräumen<br />

sind nur einige der zahlreichen Potenziale,<br />

die bei einer erfolgreichen Realisierung<br />

von Kooperationen im öffentlichen Sektor erreicht<br />

werden können. Dies bestätigen Experteninterviews,<br />

Marktstudien vergleichbarer Projekte<br />

sowie die Auswertung von Projektberichten. Untersuchungen<br />

belegen beispielsweise, dass eine<br />

sektoren- und ebenenübergreifende Zusammenarbeit<br />

Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen<br />

ermöglicht. Im Rahmen einer Marktbefragung<br />

der ÖPP Deutschland AG für ein interkommunales<br />

Dienstleistungszentrum bestätigten die befragten<br />

sechs großen Anbieter, dass Einsparungen<br />

von bis zu 30 Prozent bei einer gemeinsamen<br />

Erbringung von Informationsdiensten, bis zu<br />

25 Prozent bei einer Zusammenarbeit bei der Vorbereitung<br />

von Genehmigungen und ebenfalls bis<br />

zu 25 Prozent bei Kooperationen im Bereich der<br />

klassischen Querschnittsdienste und Helpdesk-<br />

Funktionen erzielbar sind.<br />

Ein Dienstleistungszentrum (Shared-Service-<br />

Center, SSC) unter Einbindung privater Partner<br />

eröffnet die Möglichkeit, die spezifischen Vorteile<br />

einer privatwirtschaftlichen Leistungserstellung<br />

mit den Vorteilen einer öffentlich-öffentlichen Kooperation<br />

in einem solchen Zentrum zu verbinden.<br />

Die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung<br />

und Privatwirtschaft ermöglicht die Erschließung<br />

und gemeinsame Nutzung des Wissens beider<br />

Partner. Während der private Partner spezifische<br />

Branchenkenntnisse in die Partnerschaft einbringen<br />

kann, fließt von Seiten der öffentlichen Partner<br />

tiefgreifendes Verwaltungs-Know-how in die<br />

Partnerschaft ein.<br />

Bei dem Kernaufgabenbereich eines Dienstleistungszentrums,<br />

der Erbringung von Unterstützungsleistungen,<br />

handelt es sich in erster Linie<br />

um standardisierbare, wiederkehrende und häufig<br />

automatisierbare Dienstleistungen im Bereich<br />

Personal, IT-Infrastruktur und IT-Support, Facility-Management,<br />

Beschaffung, Fuhrpark- oder<br />

Finanzmanagement.<br />

Von der Privatwirtschaft lernen<br />

Private Unternehmen als Beispiel für erfolgreiches<br />

Kooperieren agieren zunehmend in sogenannten<br />

Kooperationsnetzwerken. Neben qualitativen<br />

Entwicklungspartnerschaften, z.B. der<br />

gemeinsamen Motorenentwicklung BMW-Toyota,<br />

kann es eine Zusammenarbeit bei Standarddienstleistungen<br />

geben, wie z.B. bei Front Offices und<br />

Callcentern in Bezug auf Response-Zeiten und<br />

Erreichbarkeit. Vorteile ergeben sich vor allem<br />

durch ein optimiertes Risiko- und Schnittstellenmanagement,<br />

die Steuerung über Kennzahlen sowie<br />

kürzere Umsetzungszeiträume.<br />

Erfahrungen mit der Bündelung derartiger Unterstützungsleistungen<br />

in Shared-Service-Centern<br />

existieren im privatwirtschaftlichen Sektor seit<br />

Ende der 1990er Jahre. Diese beziehen sich dabei<br />

sowohl auf die Umsetzung interner wie externer<br />

SSC-Projekte als auch auf die Leistungserbringung<br />

für privatwirtschaftliche Kunden und<br />

solche aus der öffentlichen Verwaltung. Da Unterstützungsleistungen<br />

in öffentlichen und privaten<br />

Organisationen gleichermaßen anfallen, sind<br />

die Markterfahrungen des privatwirtschaftlichen<br />

Sektors auch auf die öffentliche Verwaltung anwendbar<br />

und werden von privater Seite auch für<br />

die öffentliche Hand angeboten. Dies führt zur<br />

Bildung von Marktmechanismen mit Konkurrenz<br />

und Innovationen und daher zu Qualitätssteigerungen<br />

oder Preissenkungen.<br />

157


Die privatwirtschaftliche Kompetenz aufgrund<br />

dieser Markterfahrungen besteht insbesondere in<br />

x der Spezialisierung und Professionalisierung eines<br />

privaten Dienstleisters mit Kenntnissen für<br />

eine effiziente Leistungserbringung,<br />

x fachlichem Know-how für eine effiziente Gestaltung<br />

der Organisation und der Prozesse zur<br />

Leistungserstellung,<br />

x spezifischer Expertise der Mitarbeiter, z.B.<br />

in den Bereichen Steuerung, Management<br />

und IT,<br />

x größeren Anreizwirkungen und höherer Flexibilität<br />

der Mitarbeiter durch leistungsorientierte<br />

Bezahlung,<br />

x einer konsequenten Output-Orientierung, gesteuert<br />

über Service-Level-Agreements,<br />

x Erfahrungen mit Finanzierungsmodellen zur<br />

Beschaffung notwendiger Investitionen sowie<br />

x Branchenkenntnissen und Managementer<br />

fahrungen bei der Gestaltung von<br />

Trans for mationsprozessen.<br />

Zentrale Vorteile für die Leistungserstellung und<br />

Umsetzung von SSC-Ansätzen durch private<br />

Marktteilnehmer ergeben sich vor allem durch:<br />

x eine Verminderung von Risiken bei der gebündelten<br />

Leistungserbringung. Der privatwirtschaftliche<br />

Dienstleister übernimmt bei der<br />

Leistungserstellung Risiken, die er aufgrund<br />

seiner Kernkompetenz am besten beherrschen<br />

kann. Dadurch lassen sich für das Gesamtprojekt<br />

die Kosten der Risikokontrolle minimieren<br />

und die langfristige Umsetzungssicherheit<br />

erhöhen.<br />

x eine höhere Geschwindigkeit bei der Einführung<br />

eines Dienstleistungszentrums und der<br />

Transformation der Organisation sowie schnelle<br />

Umsetzungserfolge aufgrund höheren Prozess-Know-hows,<br />

Branchenkenntnissen, Erfahrungen<br />

und Fachexpertise.<br />

Aufgrund der privatwirtschaftlichen Kompetenz<br />

im Bereich von SSC kann somit gefolgert werden,<br />

dass private Anbieter für den Bereich der<br />

Querschnittsaufgaben zumindest gleichwertige<br />

Wirtschaftlichkeitspotenziale aufweisen wie eine<br />

Leistungserbringung durch die öffentliche Verwaltung<br />

selbst.<br />

DLZ-Ansatz ÖPP-DLZ Politische<br />

Potenzial:<br />

Potenzial:<br />

Perspektive<br />

x Steigerung der Wirtschaft-<br />

x Nutzung der Expertise<br />

lichkeit und Prozessoptimie-<br />

eines privaten Partners zur<br />

rung durch Aufgaben-<br />

DLZ-Realisierung<br />

bündelung<br />

Konzentration<br />

Nutzeneffekt:<br />

Nutzeneffekt:<br />

x Höhere Umsetzungs-<br />

der Verwaltung<br />

x Effizienz- und Qualitätssteigerungen<br />

durch Spezialisierungs-<br />

x Risikoreduzierung<br />

geschwindigkeit<br />

auf Kernaufgaben<br />

und Größeneffekte<br />

und Bürgerservice<br />

Indizien<br />

sowie Stärkung<br />

Indizien<br />

x Gemeinsame<br />

der Handlungsx<br />

Vertragliche Festlegung klarer<br />

Prozessverbesserung<br />

Qualitätskriterien<br />

x Innovation<br />

und Gestaltungsfähigkeit<br />

x Kundenorientierung<br />

x Fachkräftestellung:<br />

(AG-AN)<br />

Know-how im Bereich<br />

x Bessere Gesamtauslastung<br />

IT und Management<br />

der Mitarbeiter<br />

158


Einsatz von PPP für das Breitbandprojekt<br />

Odenwaldkreis<br />

Von Jürgen Walther<br />

Eine ausreichende Breitbandversorgung ist die Grundlage für eine<br />

funktionierende soziale und wirtschaftliche Infrastruktur und damit<br />

ein entscheidender Wettbewerbs- und Standortfaktor. Doch gerade der<br />

Aufbau von Hochleistungsnetzen in schwer zu versorgenden Gebieten<br />

ist eine Herausforderung, denn hier regelt sich der Markt nicht selbst.<br />

Für eine flächendeckende und zukunftsfähige Breitbandversorgung im<br />

Odenwaldkreis sorgte deshalb die Kommune. Das Projekt erhielt den<br />

„Innovationspreis PPP 2012“.<br />

Jürgen Walther ist<br />

Geschäftsführer der<br />

Odenwaldregional-<br />

Gesellschaft (OREG)<br />

mbH.<br />

INSTRUMENTE UND VERFAHREN<br />

Schon am 23. Mai 2006, am Flugplatz Michelstadt,<br />

lud der damalige Landrat Horst Schnur zu<br />

einem Diskussionsabend unter dem Titel „Breitbandtechnologie<br />

im ländlichen Raum“ ein. „Die<br />

Datenautobahn zählt neben dem Straßen- und<br />

Schienennetz zu den entscheidenden Wirtschaftsund<br />

Standortfaktoren, und vor allem der ländliche<br />

Raum benötigt schnelle, leistungsfähige<br />

und zeitgemäße Daten- und Informationsübertragungsmöglichkeiten“,<br />

unterstrich der Landrat<br />

schon damals.<br />

Horst Schnur war es auch, der beim damaligen<br />

Präsidenten der Bundesnetzagentur Matthias<br />

Kurth ein entsprechendes Konzept vorlegte, in<br />

dem er seine Forderung untermauerte, die Deutsche<br />

Telekom AG entsprechend zu regulieren<br />

und per Gesetz zu verpflichten, die sogenannten<br />

Kabelverzweiger (KVz) für weitere Netzbetreiber<br />

zu öffnen. Dies sorgte bundesweit für<br />

Schlagzeilen.<br />

Marktversagen in ländlichen Räumen<br />

Die Verhandlungen mit dem Land Hessen begannen<br />

bereits im Jahr 2006 und waren langwierig.<br />

Es dauerte lange, bis begriffen wurde, dass der<br />

Odenwaldkreis keine europäischen oder landeseigenen<br />

Fördermittel wollte, sondern die regionalen<br />

Banken das Projekt finanzieren sollten, abgesichert<br />

mit einer Landesbürgschaft. Überzeugungsarbeit<br />

in den regionalen politischen Gremien wie<br />

Kreistag und Kreisausschuss war nicht vonnöten.<br />

Im Jahr 2007 unter der Projektleitung der Brenergo<br />

– Gesellschaft für Breitband und regenerative<br />

Energien mbH, einem Tochterunternehmen der<br />

Kreistochter Odenwald-Regional-Gesellschaft<br />

OREG mbH, wurden die ersten Bürgerumfragen<br />

für eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, die<br />

dann in einer Projektkonzeption zur Realisierung<br />

des Breitbandprojekts zusammengefasst wurden.<br />

Zu diesem Thema wurden viele Veranstaltungen<br />

organisiert und Netzbetreiber angesprochen.<br />

Mit den Veranstaltungen sollten die verschiedenen<br />

Techniken der Datenübertragung dargestellt<br />

und deren Sinnhaftigkeit und Machbarkeit für<br />

den Odenwaldkreis geprüft werden. Sowohl im<br />

Rahmen dieser Veranstaltungen als auch durch<br />

direkte Anfragen bei einzelnen Netzbetreibern,<br />

z.B. Telekom, Arcor-Vodafone, HSE Medianet<br />

u.a., wurde seitens des Kreises und der Kommunen<br />

die Forderung an die Marktanbieter gestellt,<br />

ein flächendeckendes, zukunftsorientiertes Breitbandnetz<br />

anzubieten bzw. zu bauen. Im Zuge<br />

dieser Anfragen gab es nur vereinzelt Interesse<br />

für sogenannte Filetstücke und eindeutige Absagen,<br />

die überwiegend wirtschaftlich begründet<br />

waren. Das zeigte eindeutig, dass sich der Markt<br />

in ländlich geprägten Flächen nicht selbst regelt<br />

159


und im Bereich der flächendeckenden und zukunftsfähigen<br />

Breitbandversorgung von „Marktversagen“<br />

zu sprechen ist. Hier konnte nur ein<br />

kommunal getragenes Netz in Frage kommen.<br />

Horst Schnur und Jürgen Walther – die „Gallier“<br />

im Reich der Deutschen Telekom AG – waren es<br />

auch, die der Hessischen Landesregierung ständig<br />

die Türen einrannten, um entsprechende Unterstützung<br />

für das Projekt zu erhalten. Und nach<br />

langen und zähen Verhandlungen wurden am<br />

21. Juli 2010 die Bürgschaftsurkunden in Höhe<br />

von 16 Millionen Euro, 80 Prozent davon vom<br />

Land Hessen, an die beiden Banken Sparkasse<br />

Odenwaldkreis und Volksbank Odenwald übergeben.<br />

Die restlichen 20 Prozent übernahmen die<br />

beiden Banken. Das Projekt konnte beginnen.<br />

Kommunaler Schulterschluss<br />

Unter Federführung der Odenwald-Regional-Gesellschaft<br />

mbH (OREG) ist es gelungen, in Kooperation<br />

mit der Klenk & Sohn GmbH, ein beachtliches<br />

wie fortschrittliches Projekt auf die Beine zu<br />

stellen. Die OREG mbH ist die Gesellschaft für<br />

Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung<br />

des Odenwaldkreises. Ihr gehören neben dem Kreis<br />

selbst auch die Sparkasse Odenwaldkreis und die<br />

Volksbank Odenwald e.G. als Gesellschafter an.<br />

Durch den kommunalen Schulterschluss in der<br />

OREG-Gesellschafterstruktur und die Unterstützung<br />

der beiden Kreditinstitute wurde eine ideale<br />

Plattform geschaffen, auf der die OREG mbH umsetzte,<br />

was die freie Marktwirtschaft in diesem<br />

Fall nicht regelt: flächendeckende Breitbandversorgung<br />

in schwer zu versorgenden Gebieten.<br />

Von Beginn an arbeiteten die OREG mbH und deren<br />

Tochterunternehmen an der Schaffung einer<br />

bedarfs- und zukunftsorientierten Breitbandinfrastruktur<br />

für den Odenwaldkreis.<br />

Eine ausreichende Breitbandversorgung stellt<br />

die wesentlichen wirtschaftlichen und sozialen<br />

160


Bestandteile der Infrastruktur dar, die als Wettbewerbs-<br />

und Standortfaktoren einer Region gelten.<br />

Der Odenwaldkreis hat eine Fläche von ca.<br />

624 Quadratkilometern mit einem Waldanteil<br />

von ca. 60 Prozent. Die Bevölkerung von<br />

97.502 Personen (Stand 31. Dezember 2009) verteilt<br />

sich auf 15 Städte und Gemeinden und deren<br />

insgesamt 93 Stadt- und Ortsteile. Das bedeutet<br />

eine Bevölkerungsdichte von 156 Einwohnern<br />

pro Quadrat kilometer. Im Odenwaldkreis gibt es<br />

44.300 Haushalte, 3.200 Firmen und Gewerbetreibende,<br />

37 Schulen und 51 Kindergärten.<br />

Dringender Handlungsbedarf<br />

Die erhobenen und ausgewerteten Daten für den<br />

Odenwaldkreis ergaben, dass weniger als 1 Prozent<br />

der Anschlüsse über 50 Mbit/s verfügten.<br />

In den größeren Kommunen des Odenwaldkreises<br />

gab es vereinzelt Anschlüsse von bis zu<br />

16 Mbit/s. Doch bereits 500 Meter außerhalb<br />

des Stadtzentrums, z.B. in Richtung Gewerbegebiete<br />

oder Wohnrandlage, bestand dringender<br />

Handlungsbedarf.<br />

Kennzahlen Odenwaldkreis<br />

Fläche: ...................................... 624 qkm<br />

Städte und Gemeinden: ............ 15 Kommunen<br />

Stadt- und Ortsteile: ................. 93<br />

Einwohner: ............................... 97.502<br />

................................................. (Stand 31.12.2009)<br />

Bevölkerungsdichte: .................. 156 Einwohner/qkm<br />

Haushalte: ................................ 44.300<br />

Firmen und Gewerbetreibende:.3.200<br />

Schulen: .................................... 37<br />

Kindergärten: ........................... 51<br />

Planungsziele<br />

Nach der Umsetzung des Projekts und dem<br />

Aufbau des kommunal getragenen Breitbandnetzes<br />

kehrt sich die Versorgungslage um. Nahezu<br />

100 Prozent der Anschlüsse sollten mit einer<br />

Datenübertragungsrate von bis zu 50 Mbit/s erreichbar<br />

sein. Im Unterschied zu anderen Regionen<br />

sollte es auch zu keiner Mischlösung kommen,<br />

bei der weite Teile der Versorgung nur auf<br />

Funk ausgelegt sind. In einer ersten Ausbaustufe<br />

sollte bis Ende des Jahres 2011 in allen Städten<br />

und Gemeinden des Kreises ein flächendeckendes<br />

Glasfasernetz für schnelle Internetverbindungen<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Das geplante Netz hat eine Länge von rund 330<br />

Kilometern und wurde bereits in der ersten Ausbaustufe<br />

der Forderung der Bundesregierung –<br />

50 Mbit/s bis 2018 in jedem Haushalt – gerecht.<br />

Kabelleitungsbau<br />

Die Klenk & Sohn GmbH mit Sitz im Modautal<br />

konnte sich in den letzten 15 Jahren zu einem<br />

umfassenden Dienstleister für das Erstellen<br />

von Kabelinfrastrukturen im Telekommunikations-<br />

und Energiebereich entwickeln. Alle für<br />

die Realisierung derartiger Projekte notwendigen<br />

Gewerke sind im eigenen Haus zu finden.<br />

Dies ermöglicht jederzeit einen direkten Zugriff<br />

auf den gesammelten Erfahrungsschatz. Von der<br />

Trassenplanung und der Abwicklung des Genehmigungsverfahrens<br />

über die Realisierung im<br />

konventionellen Tiefbau-, im Pflug- oder auch<br />

im Spülbohrverfahren bis hin zur Kabelmontage<br />

und schließlich zur Dokumentation und Wartung<br />

der gebauten Anlagen konnten alle Leistungen<br />

abgedeckt werden. Das mittelständische Unternehmen<br />

sah im Breitbandausbau nicht nur eine<br />

Chance für den Odenwald, sondern für alle Regionen.<br />

Bei einem deutschlandweiten Netzausbau<br />

sind auch die volkswirtschaftlichen Chancen dieses<br />

Marktes nicht außer Acht zu lassen.<br />

Kennzahlen Netzbau<br />

Projektbeginn: 13.8.2010<br />

Netzbetrieb (erstes von acht Teilnetzen): 28.10.2011<br />

Netzfertigstellung (Bau): 16.3.2012<br />

Kompletter Netzbetrieb<br />

aller acht Teilnetze: 31.7.2012<br />

Projekt mit Modellcharakter<br />

Um die Pläne zügig voranzubringen, wurde im<br />

Odenwaldkreis ein Sanierungsplan erstellt, der<br />

161


mit allen abgestimmt war, die Straßenbau- bzw.<br />

Tiefbauarbeiten durchführen. Dazu gehörten die<br />

städtischen Bauämter wie das Kreisbauamt, das<br />

Amt für Straßen- und Verkehrswesen sowie der<br />

Energieversorger vor Ort. Dank dieses Plans wurden<br />

die Baumaßnahmen optimal koordiniert und<br />

den Anforderungen künftiger Kabelleitungslegungen<br />

angepasst und damit Kosten eingespart, etwa<br />

durch das Mitverlegen von Leerrohren für entsprechende<br />

Datenleitungen. Nicht ohne Grund<br />

wurde das Projekt von der Hessischen Landesregierung<br />

als Projekt mit Modellcharakter zur Erschließung<br />

ländlicher Räume mit Breitbandversorgung<br />

bezeichnet. Modellhaft war auch, dass<br />

das Projekt ohne Fördergelder und Zuschüsse<br />

auskam.<br />

Attraktivität gesteigert<br />

Das Thema Breitband wird sich auf alle Bereiche<br />

des Lebens auswirken. Dies sind u.a. Bildung und<br />

Forschung, Verwaltung und Politik, Bürger, Umwelt<br />

und Energie sowie die Bereiche Immobilien,<br />

Wirtschaft, Gesundheit und Pflege sowie die öffentliche<br />

Sicherheit. Mit dem Vorhaben können<br />

rund hunderttausend Einwohner in 44.300 Haushalten<br />

mit 37 Schulstandorten, 51 Kindergärten<br />

und rund 3.200 Unternehmen und Gewerbetreibende<br />

in 15 Städten und Gemeinden sowie deren<br />

Ortsteile versorgt werden. Die Klagen der Immobilienhändler,<br />

attraktive Häuser in Stadtrandlage<br />

nicht mehr angemessen vermarkten zu können,<br />

weil ein schneller Internetanschluss fehlt, werden<br />

rapide sinken.<br />

Für potenzielle Käufer, insbesondere Unternehmer,<br />

ist eine Immobilie uninteressant, die keinen<br />

Breitbandanschluss besitzt. Arbeitsplätze zu erhalten<br />

bzw. neue zu schaffen ist eine Aufgabe,<br />

die über das Projekt Breitbandversorgung sinnvolle<br />

Unterstützung findet. So werden im Odenwaldkreis<br />

noch in diesem Jahr Unternehmensgründungen<br />

und -erweiterungen ermöglicht, wo<br />

zuvor die Standortbedingungen als unzureichend<br />

beurteilt wurden. Der Gesundheitsbereich, inklusive<br />

der Entwicklung von dreidimensionalen,<br />

hochauflösenden und damit datenstarken Bilddokumenten,<br />

zeigt exemplarisch die Anforderungen<br />

auf, die in Sachen Datentransfer und Bandbreite<br />

künftig zu beherrschen sind. Intelligente Stromnetzte,<br />

sogenannte Smart Grids auf der Basis<br />

flächendeckenden Breitbands, sind denkbar und<br />

umsetzbar.<br />

Projektfinanzierung<br />

Die Einnahmen zur Projektfinanzierung des<br />

Glasfasernetzes werden durch die Vermietung<br />

an die HSE Medianet GmbH generiert. Dabei<br />

wird die Brenergo, ein Tochterunternehmen der<br />

Odenwald-Regional-Gesellschaft (OREG mbH),<br />

stets im Besitz des Netzes bleiben und damit die<br />

Einflussmöglichkeit haben, die Infrastruktur den<br />

stetig wachsenden Anforderungen der Zukunft<br />

anzupassen und diesen gerecht zu werden. Die<br />

HSE Medianet GmbH findet ein flächendeckendes<br />

Netz vor, das ihr den Zugang in alle Haushalte<br />

ermöglicht. Damit hält sie mit der Entwicklung<br />

Schritt und kann somit den Kunden die notwendigen<br />

Datenübertragungsraten, auch bei Steigerungen<br />

von zu erwartenden 500 bis 800 Prozent<br />

in den nächsten drei bis fünf Jahren, anbieten.<br />

Ausreichend Kapazitäten bereitstellen<br />

Das Ziel des Breitbandausbaus war es, ein zu erstellendes<br />

Kabelnetz so zu konzipieren, dass für<br />

den mittel- und langfristig prognostizierten Bedarf<br />

an Datentransferpotenzial ausreichend Kapazitäten<br />

vorhanden sind. Damit kann auch gewährleistet<br />

werden, dass die notwendigen Investitionen<br />

entsprechend sinnvoll und nachhaltig sind<br />

sowie die weiteren Ausbaustufen Fiber To The<br />

Building (FTTB) und Fiber To The Home (FTTH)<br />

bedarfsorientiert aufgesetzt werden können.<br />

162


Großprojekt Olympia 2012 in London:<br />

in time und in budget<br />

Von Klaus Grewe<br />

Auch wenn eine detaillierte Planung vor Baubeginn zunächst mit mehr<br />

Aufwand und Kosten verbunden ist, trägt sie doch entscheidend zur<br />

erfolgreichen Realisierung von Großprojekten bei. In Großbritannien ist<br />

jede Phase eines solchen Projekts streng reguliert. Die Baumaßnahmen<br />

für Olympia 2012 belegen den Erfolg dieser strategischen Vorgehensweise.<br />

Das Projekt wurde 10 Prozent unter Budget und vier Monate vor dem<br />

Zeitplan abgeschlossen.<br />

Internationale Großprojekte unterliegen in der<br />

Regel extrem hohen Budget- und Zeitansprüchen<br />

ihrer Klienten. Auch in wohlhabenden Ländern<br />

gilt der Anspruch, dass ein Projekt sein Budget<br />

und seinen Zeitplan nicht überschreiten darf. Private,<br />

staatliche wie auch durch Institutionen wie<br />

die Weltbank geförderte Projekte unterliegen einem<br />

strengen Controlling. Projekte, die heutzutage<br />

defizitäre Ergebnisse in Milliardenhöhe ausweisen,<br />

haben einen immens negativen Einfluss<br />

auf ganze Staatshaushalte, private Investmentfonds<br />

wie z.B. die Rentenfonds oder die Reputation<br />

des Staates und aller am Projekt Beteiligten<br />

oder in Verbindung stehenden Unternehmen.<br />

Deutsche Großprojekte spielen in diesem Kontext<br />

zurzeit keine positive Rolle. Der hervorragende<br />

Ruf der deutschen Industrie, markant mit dem in<br />

Deutsch geschriebenen Slogan „Vorsprung durch<br />

Technik“ im internationalen Raum etabliert, läuft<br />

Gefahr, dass die eigenen nationalen Vorzeigeprojekte<br />

negativ auf das positive deutsche Klischee<br />

von Pünktlichkeit und Genauigkeit abfärben.<br />

Der Schlüssel zum Erfolg ist die abgeschlossene<br />

Vor- und Hauptplanung vor<br />

Baubeginn sowie die konsequente Verknüpfung<br />

von Kosten, Risiken, Änderungen<br />

und Zeit in der Planungs- und<br />

später Ausführungsphase durch einen<br />

erfahrenen internationalen Consultant.<br />

Erst planen, dann bauen<br />

In den USA, England, aber auch in den aktuell<br />

boomenden Gebieten wie dem Mittleren Osten<br />

und China ist die alte Weisheit „Erst planen,<br />

dann bauen“ der Maßstab für erfolgreiches<br />

Bauen.<br />

Analog zu den Planungsphasen und teilweise Vorphasen<br />

der HOAI ist die Planungsphase in Groß-<br />

Klaus Grewe hat<br />

als Bau- und<br />

Projektleiter<br />

viele internationale<br />

Projekte betreut,<br />

u.a. koordinierte er<br />

in den letzten fünf<br />

Jahren die Baumaßnahmen<br />

der<br />

Olympischen Spiele<br />

in London 2012.<br />

INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />

Internationale Großprojekte wie die Infrastrukturmaßnahmen<br />

London 2012, die großen Quatar-Projekte<br />

oder der neue Panama-Kanal zeigen<br />

aber, dass es möglich ist, auch hochkomplizierte<br />

Großprojekte in time and budget zu liefern und<br />

darüber hinaus mit der Akzeptanz der Bevölkerung<br />

abzuschließen.<br />

Luftaufnahme des Austragungsorts für die Eröffnung der<br />

Olympischen Spiele in London 2012<br />

163


Detaillierte Planung spart Kosten<br />

Stadionneubau in London<br />

britannien streng reguliert. Mit Abschluss jeder<br />

Phase wird ein Abschlussreport erstellt, der nicht<br />

nur den jeweiligen Planungsstand dokumentiert<br />

und das Projekt verbal beschreibt, sondern sehr<br />

detailliert Kosten und Risiken, aber auch Chancen<br />

ermittelt und sich sehr genau mit den Finanzierungsquellen<br />

beschäftigt. Dieser Abschlussbericht<br />

wird dann den Investoren, der Regierung,<br />

aber auch der Bevölkerung vorgelegt. Auf Basis<br />

des Projektreports wird dann entschieden – bei<br />

kontroversen Großprojekten gerne als Wahlthema<br />

–, ob die nächste Planungsphase beauftragt<br />

wird.<br />

Die nächste Planungsphase wird dann ebenfalls<br />

mit einem ausführlichen Report abgeschlossen,<br />

was selbstverständlich dazu führen kann, dass die<br />

nun detaillierte Planung erheblich höhere Kosten<br />

ergibt und keine Chancen bestehen, diese zu minimieren.<br />

Auf der Basis dieses Detailberichts wird<br />

dann wiederum entschieden, das Projekt an diesem<br />

Punkt einzustellen oder zu akzeptieren, dass<br />

höhere Kosten anfallen werden.<br />

Analog zu HOAI Planungsphase 3 ist das Projekt<br />

so detailliert planerisch, aber auch kostensicher<br />

definiert, dass die folgende Ausführungsplanung<br />

keinerlei gravierenden Einfluss auf die Grundprinzipien<br />

der Entwurfsplanung haben kann. Der<br />

Erfolgsschlüssel ist hier, dass die Entwurfsplanung<br />

abgeschlossen ist.<br />

Bemerkenswert ist, dass dieses Verfahren,<br />

obwohl es mit wesentlich mehr Aufwand,<br />

besonders in den Kosten- und Risikoermittlungen,<br />

verbunden und dazu durch die Abschlussberichte<br />

noch formalisierter ist, trotzdem<br />

wesentlich schneller realisiert wird,<br />

als es gerade die gängige Praxis in aktuellen<br />

deutschen Planungsprozessen ist. Diese<br />

Form der Projektbetrachtung erfordert<br />

selbstverständlich einen wesentlich höheren<br />

Personal- und damit Kostenaufwand in der<br />

Planung als bis dato akzeptiert, macht aber<br />

trotzdem nur einen Bruchteil des Aufwands<br />

aus, der entsteht, wenn z.B. Streitfragen in defizitären<br />

Projekten zu klären sind. Ein Ingenieur,<br />

der neu plant, kostet 120 Euro in der Stunde, ein<br />

Rechtsanwalt ab 350 Euro.<br />

Vor Projektbeginn werden zwischen allen Beteiligten<br />

– Staat, Stakeholder, Genehmigungsbehörden,<br />

Bürger und Planer – definierte Prozesse<br />

und Zeitfenster vereinbart: Wer tut was, wie und<br />

wie lange, was ist vorzulegen? Das erlaubt dem<br />

Projektsteuerer ein konsequentes Abarbeiten der<br />

Leistungen.<br />

Die Planung der Vorbereitungsmaßnahmen für<br />

London 2012 waren auf ein Jahr, sieben Monate<br />

und vier Tage berechnet und vereinbart worden.<br />

Gebraucht haben wir ein Jahr, sieben Monate<br />

und acht Tage, wobei zu erwähnen ist, dass<br />

die Vorbereitungsmaßnahmen mit weniger als<br />

75 Prozent unseres Budgets für die „termingetriebenen“<br />

Spiele ausgekommen ist. Diese Vorgehensweise<br />

bedeutet nicht die Einführung neuer<br />

Methoden oder Programme, sondern nur das Verständnis<br />

aller Beteiligten, Planungen abzuschließen,<br />

und den Willen, in Fleißarbeit Kosten und<br />

Risiken zu definieren und abzuschwächen.<br />

Die Basis<br />

Die Berichte der einzelnen Phasen münden<br />

schließlich in einen Basisreport, der in Tausen-<br />

164


den von einzelnen Vorgängen das Projekt genau<br />

beschreibt. Pro Vorgang sind dort die Kosten,<br />

aber auch die Risiken ermittelt. Außerdem beinhaltet<br />

der Bericht den detaillierten Bauzeitenplan,<br />

regelt die weiteren Prüfungs- und Genehmigungswege,<br />

das Verhältnis der Stakeholder oder<br />

weiterer Geldgeber, das Verhältnis Bauherr–Projektsteuerer,<br />

das Verhältnis zum Bauunternehmer<br />

etc. Im Prinzip ist in einem solchen Bericht das<br />

ganze Projekt für Jahre vorgedacht. Der Londoner<br />

Basisreport war 2.000 Seiten stark und unterteilt<br />

in 14.000 Vorgänge.<br />

Das Budget<br />

Das Budget sind die ermittelten Kosten – nochmals<br />

unabhängig geprüft – aller Einzelvorgänge<br />

und die ermittelten und bereits mehrmals abgeschwächten<br />

Risiken pro Vorgang. Positive oder<br />

negative Synergien werden dabei ebenfalls berücksichtigt.<br />

Ausschließlich die Summe aus Kosten<br />

und Risiko ergibt das dann zu veröffentlichende<br />

Budget, das eventuell einer weiteren<br />

politischen Entscheidung inklusive Bürgerbeteiligung<br />

unterliegt. Diese Ehrlichkeit hat einen Pferdefuß:<br />

Summen in Milliardenhöhe, auch wenn<br />

sie realistisch kalkuliert sind, werden von einer<br />

Gesellschaft nur schwer akzeptiert. In England<br />

ist dieses Bewusstsein inzwischen gewachsen.<br />

Das CrossRail-Projekt von 16 Milliarden GBP<br />

(18,64 Milliarden Euro) zum Ausbau der Londoner<br />

U-Bahn wurde nur noch mit einem Schulterzucken<br />

begleitet.<br />

Bauen mit Plan<br />

Auf Basis der abgeschlossenen Planungs- und des<br />

Basisreports inklusive Kosten- und Risikoermittlung<br />

erfolgt die Ausschreibung. Von Beginn an<br />

wird über die mit europäischen Gesetzen konform<br />

gehenden Ausschreibungsunterlagen versucht,<br />

ein partnerschaftliches Verhältnis mit den<br />

künftigen Bauausführenden zu erstellen. Über einen<br />

Fragenkatalog, dessen positive Beantwortung<br />

55 Prozent bei der Vergabebewertung erzielt,<br />

wird ermittelt, ob das Unternehmen in der Lage<br />

ist, das Projekt auszuführen und – noch wichtiger<br />

– ob es die Risiken des Projekts verstanden<br />

hat. Für den Unternehmer bedeutet diese Form<br />

von Angebotserstellung höheren Aufwand, ist<br />

aber auch schon ein Teil der eigenen Risikominderung,<br />

da er positiv gezwungen wird, mehr zu<br />

leisten, als nur einen Kampfpreis für ein „Stück<br />

Olympiade“ abzugeben. Bei vielen Großprojekten<br />

gibt es außerdem für Bewerber, die es in die engere<br />

Wahl geschafft haben, Teilentschädigungen.<br />

Der Olympische Park: Die Vorbereitung auf London 2012 dauerte ein Jahr, sieben Monate und acht Tage<br />

165


Mit Zuschlag beginnt die Kernarbeit der Projektsteuerung.<br />

Obwohl schon intensiv in der Vorplanung<br />

involviert, ist es allein Aufgabe der Projektsteuerung,<br />

die Wege vorzugeben, wer was wann<br />

macht, prüft etc. Selbstredend ist es Aufgabe der<br />

beteiligten Unternehmen, Dritter und Genehmigungsbehörden,<br />

ihre Zubringerleistungen im Zeitplan<br />

und in entsprechender Form zu liefern.<br />

Auf Basis des detaillierten Berichts und besonders<br />

der darin schon beschriebenen Risiken werden in<br />

3-Monats-, 1- und 2-Jahres-Vorausblicken die Risiken<br />

des Basisberichts mit der aktuellen Entwicklung<br />

abgeglichen. Bei Bedarf werden neue Risiken<br />

definiert und zeitnah – in London in maximal 14<br />

Tagen – entschieden, wie ein sich andeutendes Risiko<br />

in Angriff zu nehmen ist. Grundregel ist hier,<br />

dass es immer besser ist, überschaubare Beträge<br />

für eine eventuelle Umplanung auszugeben, als<br />

später einen Baustopp in Milliardenhöhe zu riskieren.<br />

Die Projektsteuerung hat aus diesem Grund<br />

Zugriff auf die Risikogelder.<br />

Auf dieser Basis erfolgt auch das Änderungsmanagement.<br />

Änderungen gehören bedingt durch<br />

die lange Laufzeit zu einem Projekt. Wichtig hierbei<br />

ist nur, dass die detaillierte Vorplanung und<br />

Risikoermittlung verhindert, dass es zu Kernänderungen<br />

oder gar Bauzeitstörungen kommt. Eine<br />

detaillierte Planung im Vorfeld hat diese möglichen<br />

Änderungen bereits im Vorfeld herausgefordert<br />

und berücksichtigt. Die täglichen Änderungen<br />

werden durch die Risikovorausschauen<br />

vermindert, verhindert oder vor Eintreten mit<br />

Hilfsmaßnahmen aus dem Risikotopf finanziert,<br />

der dem Projektsteuerer zur Verfügung steht.<br />

Auch die Prozesse, wer was wann und wie entscheiden<br />

darf, sind im Basisreport oder in einem<br />

etwas späteren Projekthandbuch festgelegt und<br />

unterliegen selbstverständlich einem aktiven<br />

Controlling, um Missbrauch zu verhindern.<br />

Mit diesem Verständnis ausgerüstet war London<br />

2012 in der Lage, das Projekt 10 Prozent unter<br />

Budget und im Januar 2012 vier Monate vor dem<br />

Zeitplan abzuschließen. Das Projekt mit 9,3 Milliarden<br />

GBP (10,83 Milliarden Euro) für die Infrastrukturmaßnahmen<br />

war sechs Monate nach<br />

den Spielen im November 2012 schlussgerechnet.<br />

Die Projektsteuerungsgemeinschaft CLM<br />

(bestehend aus den Firmen CH2M Hill, Laing<br />

O‘Rourke, Mace) und die Olympic Delivery Authority<br />

(ODA) haben sich im Dezember 2012 aufgelöst,<br />

die letzte und einzige nennenswerte juristische<br />

Auseinandersetzung wurde ebenfalls im<br />

November 2012 von einem Schlichter beigelegt.<br />

Alles anders?<br />

Deutschland ist sehr wohl in der Lage, Großprojekte<br />

durchzuführen, besonders im Einsatz von<br />

innovativen Methoden, Materialien und technischem<br />

Design ist das Land weltweit führend.<br />

Deutschland sollte aber, wie andere Länder, die<br />

sich deutsche Spezialisten holen, den Mut haben,<br />

sich dieses internationale Projektmanagement-<br />

Know-how ins Land zu holen und davon zu lernen.<br />

Strategische Partnerschaften sind international<br />

gängige Formen, um Wissen zu erlernen,<br />

gleichzeitig aber auch zu gewährleisten, dass regionale<br />

Gesetze und allgemeine Regeln berücksichtigt<br />

werden.<br />

PPP ist besonders in England eine Selbstverständlichkeit<br />

und hier als Vorbild beispielhaft. Bauherr<br />

und Unternehmen wirken schon in der Planungsphase<br />

eng zusammen. Beim Projekt High Speed 2<br />

hat z.B. eine aktiv agierende Arbeitsgruppe aus<br />

staatlichen Vertretern und Abgesandten der Bauindustrie<br />

die möglichen Bauverfahren und Materialien<br />

entwickelt. Bauherr und Unternehmer sitzen<br />

in der Regel gemischt im gleichen Großraumbüro,<br />

zeitnaher Informationsaustausch ist erwünscht.<br />

Die Ständeorganisatoren wie die Institution of Civil<br />

Engineers (ICE) oder British Tunnelling Society<br />

(BTS) sorgen dafür, dass es einen regelmäßigen<br />

Austausch auf sachlicher Basis gibt. Allein dieser<br />

positive Umgang der einzelnen Gruppen miteinander<br />

spart in den Projekten Millionen.<br />

166


PPP in Frankreich: Auch 2012 wieder<br />

Spitzenreiter in Europa<br />

Von Robert Stakowski, Prof. Dr. Dieter Jacob und Corinna Hilbig<br />

2012 wurden in Frankreich wieder so viele PPP-Projekte umgesetzt wie<br />

in kaum einem anderen europäischen Land. Allein im ersten Halbjahr<br />

2012 wurden 32 PPP-Verträge, davon 21 CP-Verträge, mit einem Gesamtvolumen<br />

von 3,1 Milliarden Euro unterzeichnet.<br />

In Frankreich hat sich der positive Trend des vergangenen<br />

Jahres fortgesetzt. Sowohl auf staatlicher<br />

als auch auf kommunaler Ebene wurde 2012<br />

eine Vielzahl von Projekten vergeben und vorbereitet.<br />

Wenngleich im Infrastrukturbereich nur<br />

wenige Projekte anstehen, nimmt die Zahl der<br />

Projekte mit energieeffizienzbezogenen Anforderungen<br />

merklich zu. Einen weiteren Auftrieb<br />

dürfte das Thema PPP nach Veröffentlichung der<br />

ersten umfangreichen Auswertung von PPP-Projekten<br />

in der Betriebsphase erhalten.<br />

466 realisierte PPP-Projekte seit 2004<br />

Zwischen 2004 und bis zum Ende der ersten<br />

Hälfte des Jahres 2012 wurden insgesamt knapp<br />

1.000 PPP-Projekte ausgeschrieben. Unter dem<br />

Begriff Contrats de Partenariats et Assimilables<br />

(CPA) werden die verschiedenen PPP-Vertragsty<br />

pen zusammengefasst. Neben dem Partnerschaftsvertrag<br />

(Contrat de Partenariat, CP)<br />

kommen als Realisierungsmodelle noch der Erbpachtvertrag<br />

(Bail Emphytéotique Administratif,<br />

BEA, Bail Emphyté o tique Hospitalier, BEH) und<br />

ein Mietvertrag mit Kaufoption (Autorisation<br />

d’Occupation Temporaire du domaine public<br />

couplée à une l ocation avec option d’achat,<br />

AOT-LOA) in Betracht.<br />

Der größte Anteil des vergebenen Gesamtvolumens<br />

in Höhe von 41,2 Milliarden Euro entfällt<br />

nach einer Aufstellung des Institut de la Gestion<br />

Déléguée (IGD) mit 15,3 Milliarden Euro auf den<br />

Transportbereich, gefolgt von den Bereichen Justiz<br />

und Sicherheit mit 5,2 Milliarden Euro, Verteidigung<br />

mit 5 Milliarden Euro und Gesundheit<br />

mit 4,8 Milliarden Euro.<br />

Die meisten der 478 bereits bezuschlagten<br />

Projekte dagegen wurden<br />

in den Bereichen Justiz und Sicherheit<br />

mit 239 Projekten, Städtische<br />

Ausrüstung mit 59 Projekten und Gesundheit<br />

mit 55 Projekten realisiert.<br />

Abgeschlossene CP-Verträge<br />

Die Betrachtung der abgeschlossenen<br />

CP-Verträge bis Ende 2012<br />

zeigt, dass sich die positive Entwicklung<br />

des Projekt-Deal-Flows fortsetzt.<br />

Im Jahr 2012 wurden bis einschließlich<br />

Dezember insgesamt 41 Projekte bezuschlagt,<br />

30 davon durch lokale Gebietskörperschaften<br />

und 11 durch den<br />

Staat. Zum Vergleich: Im Vorjahr wurden<br />

34 der 44 realisierten CP-Projekte<br />

durch die Gebietskörperschaften und<br />

10 durch den Staat umgesetzt.<br />

Auch im Jahr 2012 wurde die Mehrheit<br />

der kommunalen Projekte (15 Projekte)<br />

im Bereich öffentliche Beleuchtung umgesetzt.<br />

In den Hochbaubereichen Bildung, Kultur<br />

und Sport wurden insgesamt 13 Projekte umgesetzt.<br />

Im Bildungsbereich wurden überwiegend<br />

mehrere Schulen als Projektbündel vergeben, z.B.<br />

Schulen des Départements Le Loiret.<br />

Auf zentralstaatlicher Ebene wurden auch 2012<br />

wieder die meisten Projekte im Hochbau reali-<br />

Robert Stakowski<br />

ist Directeur de<br />

Projet bei MAPPP<br />

Mission d’Appui aux<br />

PPP (MINEFE).<br />

Prof. Dr. Dieter<br />

Jacob ist Inhaber<br />

des Lehrstuhls für<br />

Allgemeine BWL,<br />

speziell Baubetriebslehre<br />

an der<br />

TU Bergakademie<br />

Freiberg.<br />

Corinna Hilbig ist<br />

Prokuristin bei der<br />

Infrastrukturberatungsgesellschaft<br />

PSPC GmbH Berlin.<br />

INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />

167


Anzahl CP-Projekte seit 2004<br />

Soziale Projekte 3<br />

Verteidigung 4<br />

Kultur 7<br />

Wirtschaftsförderung 13<br />

Umwelt 13<br />

Transport 13<br />

Sport & Freizeit 21<br />

Dienstleistungen 23<br />

Bildung 27<br />

Gesundheit<br />

44<br />

Städt. Ausrüstung<br />

59<br />

Sicherheit & Justiz<br />

239<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Volumen CP-Projekte seit 2004 (in Mrd. Euro)<br />

Soziale Projekte 0,2<br />

Verteidigung<br />

5<br />

Kultur 0,7<br />

Wirtschaftsförderung 0,8<br />

Umwelt<br />

2,8<br />

Transport<br />

15,3<br />

Sport & Freizeit<br />

2,9<br />

Dienstleistungen 0,5<br />

Bildung<br />

2<br />

Gesundheit<br />

4,8<br />

Städt. Ausstattung 0,9<br />

Sicherheit & Justiz<br />

5,2<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16<br />

Bezuschlagte PPP-Projekte und Gesamtvolumen von<br />

2004 bis 6/2012<br />

siert. Hier wurden insbesondere Krankenhausund<br />

Justizprojekte wie der Neubau des Justizpalasts<br />

und zwei Gefängnis-Lose bezuschlagt. Als<br />

einziges Projekt im Schienen-Infrastrukturbereich<br />

wurde im Januar 2012 die Strecke Nîmes–Montpellier<br />

vergeben.<br />

Projekte<br />

Fokussierung auf Energieprojekte im<br />

Krankenhausbereich<br />

Seit Auslaufen des Förderprogramms Plan Hôpital<br />

2007 wurden nur noch wenige PPP-Projekte<br />

im Krankenhausbereich realisiert. Die Mehrzahl<br />

der realisierten Projekte befindet sich inzwischen<br />

in der Betriebsphase. Derzeit stehen im Krankenhausbereich<br />

insbesondere Projekte zur Optimierung<br />

der Energieversorgung bzw. der Energieeffizienz<br />

im Fokus.<br />

Projekte<br />

Großprojekte im<br />

Schieneninfrastrukturbereich<br />

In den letzten vier Jahren wurden vier Projekte<br />

ausgeschrieben, davon drei als PPP. Das letzte<br />

Projekt, das Projekt Nîmes–Montpellier, mit einer<br />

Laufzeit von 25 Jahren wurde im Januar 2012<br />

bezuschlagt. Das Streckennetz ist mit 70 Kilometern<br />

im Vergleich zu den anderen beiden Projekten<br />

eher klein. Das Investitionsvolumen beläuft<br />

sich auf 2 Milliarden Euro. Die Fertigstellung<br />

und Eröffnung der Strecke ist vertraglich für das<br />

Jahr 2017 vorgesehen. Auch die beiden Bahnhöfe<br />

Montpellier-Odysseum und Nîmes-Mandu-<br />

Entwicklung des Deal-Flows seit 2005<br />

50<br />

45<br />

40<br />

Etat<br />

Collectivités locales<br />

P<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2010<br />

2011<br />

2012<br />

Deal-Flow Contrat de Partenariat von 2004 bis 2012 / Anzahl der umgesetzten CP-Projekte<br />

168


Verteilung CP-Projekte nach Sektoren<br />

Straßenbeleuchtung<br />

56<br />

Transport<br />

9<br />

Energie und Abfall<br />

20<br />

Hochbau<br />

43<br />

Energien in den Vordergrund gerückt: Im Rahmen<br />

des Projekts „Verteidigungsministerium Balard“<br />

mit einem Investitionsvolumen von 720 Millionen<br />

Euro kommen sowohl Geothermie, Wärmepumpen,<br />

Gas-Therme etc. zum Einsatz. Der gesamte<br />

Bedarf an Kühlung wird über die Geothermie realisiert<br />

und 70 Prozent des Wärmebedarfs über die<br />

Nutzung der Wärme aus den IT-Räumen.<br />

Sport und Kultur<br />

24<br />

Internet /<br />

techn. Infrastruktur<br />

15<br />

Erste große Evaluierung<br />

CP-Projekte nach Sektoren von 2004 bis 2012<br />

Bei 97 Prozent der Projekte wurden die Betriebskosten<br />

im Vergleich zu den bei Vertragsunel<br />

werden nun im Rahmen von PPP-Projekten<br />

ausgeschrieben.<br />

Energetische Schul sanierung in Paris<br />

Projekte im Bereich der energetischen Sanierung<br />

oder des Contractings werden im Wege eines sogenannten<br />

Contrat de Partenariat Energétique<br />

(CPE) umgesetzt. Mit dem CPE wird dem privaten<br />

Partner das Medienverbrauchsrisiko für das<br />

zugehörige Vertragsobjekt übertragen. CPE werden<br />

häufig in Verbindung mit PPP-Errichtungsoder<br />

Sanierungsprojekten mit umfangreichen Betriebskomponenten<br />

umgesetzt. Eines der größten<br />

Vorhaben in diesem Bereich ist die Vergabe von<br />

über 100 PPP-Schulen im Großraum Paris. Das<br />

Projekt ist Teil des Plan Climat, der eine Reduktion<br />

der Energieverbräuche und Emissionen in den<br />

öffentlichen Gebäuden um 30 Prozent vorsieht.<br />

45 der 100 Kindergärten und Grundschulen wurden<br />

kurz vor Schulbeginn im August 2012 im<br />

Rahmen eines CPE mit einer Laufzeit von 19 Jahren<br />

vergeben. Der private Auftragnehmer ist für<br />

die gesamten Betriebsleistungen und insbesondere<br />

die Instandhaltung der Technischen Gebäudeausrüstung<br />

(TGA) verantwortlich, ihm obliegt das<br />

Mengenverbrauchsrisiko. Die anfänglichen Baumaßnahmen<br />

sollen zu Beginn des Jahres 2013<br />

abgeschlossen werden.<br />

Im Januar 2012 wurde mit der Evaluierung von<br />

30 der bisher insgesamt 46 in der Betriebsphase<br />

befindlichen PPP-Projekten begonnen. Durchgeführt<br />

wurde die Untersuchung von Stéphane Saussier<br />

und Phuong Tra Tran vom Lehrstuhl PPP der<br />

Universität Paris I Sorbonne. Abgefragt wurde die<br />

Nutzerzufriedenheit in den sechs Bereichen:<br />

x Kosteneinhaltung in der Bauphase<br />

x Fristeneinhaltung in der Bauphase<br />

x Qualität der Leistung in der Bauphase<br />

x Einhaltung der Kosten in der Betriebsphase<br />

x Einhaltung der Qualitäten in der Betriebsphase<br />

x Preis-Leistungs-Verhältnis des Gesamtvertrags<br />

Untersucht wurden Projekte aus den Bereichen<br />

Hochbau (13 Prozent), Kultur und Sport (17 Prozent),<br />

Energie und Abfallentsorgung (27 Prozent),<br />

Städtische Ausstattung (Équipements<br />

urbains) (30 Prozent) und Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien (TIC) (13 Prozent).<br />

Es wurden keine Projekte des Transportbereichs<br />

untersucht.<br />

In allen untersuchten Projekten wurden die Baukosten<br />

eingehalten – ohne Berücksichtigung der<br />

von der öffentlichen Hand gewünschten Änderungen.<br />

In 93 Prozent der Projekte wurde die<br />

vertraglich vereinbarte Bauzeit eingehalten und<br />

in 94 Prozent hat der öffentliche Auftraggeber<br />

die Qualität der Bauleistung als zufriedenstellend<br />

oder besser bewertet.<br />

Auch in anderen PPP-Projekten wurde das Thema<br />

Energieeffizienz und der Einsatz von erneuerba ren<br />

169


terzeichnung fixierten Kosten im Wesentlichen<br />

eingehalten. Absolut eingehalten wurden die Betriebskosten<br />

in 80 Prozent der Projekte. Mehrkosten<br />

resultierten allein aus Änderungen des<br />

Leistungsumfangs oder aus nachträglichen Veränderungen<br />

der instand zu haltenden Objekte. In<br />

94 Prozent der Projekte wurde die vertraglich definierte<br />

Qualität der Leistung erreicht. Bei 20 Prozent<br />

der Projekte war die Qualität sogar höher als<br />

vertraglich vereinbart.<br />

Zufriedenheit der öffentlichen Hand<br />

Angaben in %<br />

Durchschnittlicher<br />

Wert<br />

Baukosten 100 % 5,6<br />

Einhaltung Bauzeit 93 % 5,2<br />

Qualität der Bauleistung 94 % 4,8<br />

Betriebskosten 97 % 5,5<br />

Qualität der Leistung 94 % 4,6<br />

Vertragsanpassung 90 % 4,7<br />

Preis-Leistung-Verhältnis 80 % 4,5<br />

Erste Evaluierung in der Betriebsphase (Bewertung: umgekehrtes<br />

Schulnotensystem 6 bis 1) (Quelle: http://chaireeppp.org/files_chaire/saussier_tran_2012_1.pdf).<br />

Bei 97 Prozent der Projekte erfolgten bisher Anpassungen<br />

und Nachverhandlungen aufgrund<br />

von durch den Auftraggeber beauftragten Änderungen<br />

des Leistungsumfangs oder der Leistungsqualität<br />

sowie aufgrund von Änderungen der<br />

Finanzierungskonditionen. 90 Prozent der befragten<br />

Auftraggeber sind zufrieden mit den vorgenommenen<br />

Änderungen.<br />

Dieses Ergebnis zeigt, dass die bisher abgeschlossenen<br />

Verträge in ihrer Struktur ausreichend flexibel<br />

sind, um die im Laufe der langen Projektlaufzeit<br />

notwendigen Anpassungen vornehmen<br />

zu können.<br />

Transparenz bei<br />

Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />

In Frankreich werden die Berichte zur Untersuchung<br />

der Wirtschaftlichkeit der ÖPP-Beschaffungsvariante<br />

auf der Homepage der PPP-Task<br />

Force Mission d’Appui aux PPP, MAPPP, veröffentlicht.<br />

Die Berichte enthalten eine detaillierte<br />

Projektskizze sowie eine Beschreibung der zu<br />

erbringenden Bau- und Betriebsleistungen. Der<br />

zweite Teil besteht aus einer juristischen Analyse,<br />

in der die Realisierungsvoraussetzungen für<br />

PPP-Projekte, d.h. die Kriterien der Dringlichkeit,<br />

der Komplexität und der Effizienz, erörtert und<br />

die Ergebnisse von der Task Force kommentiert<br />

und bewertet werden. Im dritten Teil der Untersuchung<br />

werden die konventionelle und die PPP-<br />

Variante hinsichtlich zeitlicher Umsetzung, Kosten<br />

– einschließlich Kosten der Finanzierung und<br />

der jährlichen finanziellen Belastung des Maßnahmenträgers<br />

– gegenübergestellt. Im vierten<br />

Teil der Untersuchung erfolgt der Vergleich der<br />

Barwerte der betrachteten Realisierungsvarianten<br />

mit und ohne Risikobewertung. Auch sozioökonomische<br />

Kriterien werden quantifiziert und<br />

berücksichtigt. Abschließend erfolgt eine Sensitivitäts-<br />

bzw. Szenario-Analyse zur Prüfung der Stabilität<br />

der Ergebnisse.<br />

Positive Aussichten für 2013<br />

Auch im Jahr 2012 wurde – trotz anhaltender<br />

Wirtschafts- und Bankenkrise – eine Vielzahl von<br />

PPP-Projekten erfolgreich umgesetzt. Die Fortsetzung<br />

dieses Trends wird auch für 2013 erwartet.<br />

Neben Projekten im Bereich der Energieeffizienz<br />

und dem Verkehrssektor werden – mit Blick auf<br />

die Europameisterschaft 2016 – weitere Großprojekte<br />

im Sportbereich erwartet.<br />

170


PPP in der Schweiz: Die Perspektiven<br />

Von Lorenz Bösch<br />

PPP wird in der Schweiz zunehmend ein Thema. Wichtige Projekte, wie<br />

z.B. die Sanierung des Gotthardstraßentunnels, stehen an und werden<br />

als mögliches PPP-Projekt in Erwägung gezogen. Weitere Vorhaben sind<br />

in der Planung.<br />

Das Schweizer PPP-Jahr 2012 fand mit den „PPP-<br />

Days“, die Ende Februar in den Räumlichkeiten<br />

der Vereinten Nationen in Genf abgehalten wurden,<br />

einen ersten Höhepunkt. Im Rahmen des<br />

von der Eidgenossenschaft mitgetragenen Treffens<br />

der internationalen PPP-Community, das unter<br />

dem Thema „Stärkung der Institutionen und<br />

Rahmenbedingungen für bessere PPP-Lösungen“<br />

stand, trafen sich rund 500 Spezialisten aus aller<br />

Welt.<br />

Auf der Veranstaltung wurde u.a. ein filmisches<br />

Porträt über die Entstehung des Schweizer PPP-<br />

Pilotprojekts „Neumatt“ in Burgdorf präsentiert<br />

und der Anlage ein Besuch abgestattet. Das Video<br />

ist bei der Geschäftsstelle des Vereins erhältlich<br />

und eignet sich bestens auch als Einführung in<br />

die PPP-Thematik.<br />

Zweite Straßenröhre am Gotthard?<br />

Heftige Diskussionen löste die Frage der Realisierung<br />

einer zweiten Straßenröhre am Gotthard<br />

und deren Finanzierung aus. Zur Erinnerung: Der<br />

Gotthardstraßentunnel – mit 16,9 Kilometern<br />

der drittlängste Straßentunnel der Welt und der<br />

längste in den Alpen – ist die wichtigste Schweizer<br />

Alpenquerung auf der Straße. Er ist seit 1980<br />

in Betrieb und wurde seither von über 160 Millionen<br />

Fahrzeugen passiert. Nun muss der Tunnel<br />

bis 2025, spätestens aber bis 2035 umfassend saniert<br />

werden. Dazu sind eine Vollsperrung während<br />

900 Tagen oder eine teilweise Sperrung<br />

während 3,5 Jahren notwendig. In jedem Fall<br />

ist die Sanierung mit erheblichen Einschränkungen<br />

für die Anrainerregionen<br />

und mit hohen Kosten für die öffentliche<br />

Hand verbunden: Aktuell werden<br />

die Kosten inklusive flankierenden Maßnahmen<br />

auf 1,2 bis 1,4 Milliarden Franken<br />

(964,4 Millionen bis 1,1 Milliarden<br />

Euro) veranschlagt.<br />

Damit die für die Schweiz und Europa<br />

wichtige Gotthard-Verbindung auch während<br />

der Sanierung des Tunnels erhalten bleibt, hat die<br />

Schweizer Landesregierung den Bau einer zweiten<br />

Straßenröhre – ohne Kapazitätserweiterung –<br />

vorgeschlagen. Der Bundesrat ist überzeugt,<br />

dass diese Sanierungsvariante sowohl vom Aufwand<br />

und den Kosten als auch von der Sicherheit<br />

her langfristig die sinnvollste Lösung ist. Sie<br />

trägt zudem dem Anliegen des südlichen Landesteils<br />

Rechnung, auch während der Sanierung eine<br />

gute Straßenverbindung in den Norden aufrechtzuerhalten.<br />

Der Alpenschutzartikel, der eine<br />

Erhöhung der Kapazität auf Transitstraßen im Alpengebiet<br />

in der Verfassung verbietet, bliebe gewahrt:<br />

So soll in jeder Fahrtrichtung immer nur<br />

eine Fahrspur betrieben werden. Der Bundesrat<br />

will diese Beschränkung gesetzlich verankern<br />

und dem Parlament, das letztlich über die Sanierung<br />

zu entscheiden hat, somit eine referendumsfähige<br />

Vorlage unterbreiten.<br />

Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft „economiesuisse“<br />

hat 2012 in einer Machbarkeitsstudie<br />

dargelegt, dass die zweite Straßenröhre in ei-<br />

Lorenz Bösch ist<br />

Präsident des Vereins<br />

PPP Schweiz,<br />

Unternehmensberater,<br />

Mitglied der<br />

Geschäftsleitung<br />

der BHP-Hanser<br />

und Partner, Zürich,<br />

und exekutiver<br />

Vorsteher des Baudepartements<br />

des<br />

Kantons Schwyz.<br />

INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />

171


ner Partnerschaft zwischen der öffentlichen Hand<br />

und privaten Investoren effizient realisierbar wäre.<br />

Dazu würde eine private Gesellschaft zuerst<br />

einen zweiten Tunnel bauen, danach den ersten<br />

sanieren und anschließend beide Röhren je einspurig<br />

betreiben. Zur Finanzierung würde eine<br />

Maut eingeführt.<br />

Der Verein PPP Schweiz hat mit Genugtuung<br />

zur Kenntnis genommen, dass die Landesregierung<br />

die Realisierung des Vorhabens am Gotthard<br />

gezielt vorantreibt. Der Verein hat mit einer<br />

Projektstudie bereits 2009 dargelegt, dass<br />

sich das PPP-Modell zur Finanzierung des Vorhabens<br />

eignen würde, und 2012 erneut empfohlen,<br />

das Projekt in Öffentlich-Privater Partnerschaft<br />

zu planen. Der definitive Entscheid, ob der Bau<br />

der zweiten Röhre letztlich als PPP-Projekt realisiert<br />

werden soll oder nicht, könnte aufgrund<br />

der während der Planung ermittelten Vor- und<br />

Nachteile zum Ende der Planungsphase auf gesicherten<br />

Grundlagen gefällt werden. Der damit<br />

verbundene Mehraufwand lohnt sich nach Überzeugung<br />

des Vereins auch bei einer konventionellen<br />

Beschaffung, hilft er doch, die Risiken des<br />

Projekts in einer frühen Phase systematisch zu<br />

erfassen und die Kosten für den ganzen Lebenszyklus<br />

des Tunnels transparent zu machen. Die<br />

politische Diskussion und Entscheidungsfindung<br />

über die Form der Sanierung des Gotthardtunnels<br />

dürfte dem PPP-Modell noch einige Zeit öffentliche<br />

Aufmerksamkeit bescheren.<br />

PPP-Pilotvorhaben in Burgdorf in Betrieb<br />

Ende April wurde mit dem Verwaltungszentrum<br />

der Region Emmental-Oberaargau des Kantons<br />

Bern in Burgdorf das erste nach internationalen<br />

Regeln entwickelte PPP-Projekt in der Schweiz<br />

eingeweiht. In sieben Gebäuden sind 450 Verwaltungs-<br />

und Justizarbeitsplätze sowie ein Regionalgefängnis<br />

mit 110 Haftplätzen untergebracht.<br />

Bisher waren die insgesamt 19 kantonalen<br />

Dienststellen auf 14 Standorte verteilt. Anlass<br />

zur Konzentration waren Reformen der dezentralen<br />

kantonalen Verwaltung und der Justiz.<br />

Die Berner Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin,<br />

Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer, hat anlässlich<br />

der Eröffnung eine positive Bilanz zur<br />

Realisie rung als PPP-Projekt gezogen. Gleichzeitig<br />

schränkte sie allerdings ein, dass sich aus ihrer<br />

Sicht nicht alle Bauten für das PPP-Modell eignen<br />

Das erste nach internationalen Regeln entwickelte PPP-Projekt in der Schweiz: das Verwaltungszentrum der Region<br />

Emmental-Oberaargau<br />

172


PPP: die auf den Lebenszyklus einer Investition ausgerichtete<br />

Betrachtung kann helfen, Investitions- und Betriebskosten<br />

zu optimieren<br />

würden. In Frage kämen nur Vorhaben mit einem<br />

großen Investitionsvolumen und komplexen Anforderungen,<br />

bei denen der Betrieb eine wesentliche<br />

Rolle spielt.<br />

Neue Krankenhausfinanzierung<br />

Zum Jahresbeginn 2012 sind in der Schweiz eine<br />

neue Regelung für die Krankenhausfinanzierung<br />

und ein neues Tarifsystem für stationäre Krankenhausleistungen<br />

in Kraft getreten. Die neuen<br />

Bestimmungen regeln die Vergütung der stationären<br />

Krankenhausleistungen mit Fallpauschalen<br />

einheitlich; sie sollen bestehende Wirtschaftlichkeitsreserven<br />

im Gesundheitswesen nutzen.<br />

Die Einführung der Investitionspauschale stellt<br />

die Schweizer Gesundheitsbranche vor massive<br />

Herausforderungen: Die Vorfinanzierung künfti-<br />

ger Investitionsvorhaben wirft neue<br />

Fragen auf und bringt neue Finanzierungsformen<br />

ins Spiel. Die Fachgruppe<br />

Gesundheitswesen des Vereins<br />

PPP Schweiz hat daher die<br />

Gelegenheit genutzt, um mit dem<br />

Hinweis auf das Pilotprojekt in Burgdorf<br />

darauf aufmerksam zu machen,<br />

dass das PPP-Modell eine in manchen<br />

Fällen geeignete Alternative<br />

zu herkömmlichen Finanzierungsund<br />

Realisierungsvarianten darstellt.<br />

Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen,<br />

dass zahlreiche Beispiele<br />

aus dem Gesundheits- und Krankenhauswesen<br />

in Deutschland und<br />

Frankreich erfolgreich nach dem<br />

PPP-Modell umgesetzt wurden. Die<br />

auf den Lebenszyklus einer Investition<br />

ausgerichtete Betrachtung<br />

vermittelt neue Impulse und kann<br />

mithelfen, Investitions- und Betriebskosten<br />

zu optimieren. Durch<br />

die Informationsaktion des Vereins,<br />

die sich gezielt an rund 270 Experten<br />

aus dem Schweizer Gesundheitswesen<br />

richtete, entstanden<br />

zahlreiche Kontakte, die zu interessanten<br />

Gesprächen führten. Der Verein hofft,<br />

dass die PPP-Option für verschiedene Projekte erwogen<br />

wird.<br />

E-Government ausbaufähig<br />

Öffentlich-private Kooperationen sind auch im<br />

E-Government denkbar. Wie an einer Informationsveranstaltung<br />

des Vereins PPP Schweiz von<br />

Referenten aus der Verwaltung wie aus der Privatwirtschaft<br />

ausgeführt wurde, steckt in diesem<br />

Feld ein erhebliches Potenzial, das im Interesse<br />

des Landes vermehrt genutzt werden sollte.<br />

Die Schweiz befindet sich bei der Durchführung<br />

von Prozessen zur Information, Kommunikation<br />

und Transaktion innerhalb und zwischen behördlichen<br />

Institutionen sowie zwischen diesen und<br />

173


den Bürgern noch im Rückstand. Dieser Rückstand<br />

soll u.a. durch „E-Government Schweiz“,<br />

das gemeinsame Programm des Bundes, der Kantone<br />

und Gemeinden, so bürgernah und so wirtschaftlich<br />

wie möglich gestaltet werden.<br />

Der „Leitfaden Partnerschaften von Staat und<br />

Wirtschaft im Bereich E-Government und IKT“,<br />

der im Frühjahr 2012 erschien, soll Entscheidungsträger<br />

sowie Projektleiter in Verwaltung<br />

und Wirtschaft unterstützen und praxisnahe Kooperationsmodelle<br />

aufzeigen. Der Verein setzte<br />

sich anlässlich einer Informationsveranstaltung<br />

intensiv mit dem neuen Hilfsmittel für Verwaltungen<br />

auseinander. In der Praxishilfe werden<br />

die komplexen Fragestellungen strukturiert und<br />

umfeldbezogen erläutert. Mit praktischen Checklisten<br />

und Entscheidungshilfen sollen Projektleiter<br />

in der Verwaltung schon frühzeitig selber<br />

abschätzen können, ob ein Vorhaben für eine<br />

Partnerschaft mit der Wirtschaft geeignet ist. Der<br />

Leitfaden kann direkt bei www.egovernment.ch<br />

heruntergeladen oder als Broschüre bestellt<br />

werden.<br />

Zur stärkeren Verankerung des PPP-Modells im<br />

eidgenössischen Parlament wurden mit Hilfe der<br />

Parlamentarier im Vereinspräsidium erste Vorarbeiten<br />

für die Bildung einer „parlamentarischen<br />

Gruppe PPP“ in die Wege geleitet. Diese Gruppe<br />

soll sich dafür einsetzen, dass Öffentlich-Private<br />

Partnerschaften nach dem Vorbild des PPP-Modells<br />

vermehrte Verbreitung beim Bund finden.<br />

Die Konstituierung der Gruppe ist vorbereitet<br />

und für den März geplant, eine erste Veranstaltung<br />

soll im Juni 2013 stattfinden.<br />

Eine Veranstaltung in Paudex, im französischsprachigen<br />

Teil der Schweiz, die der Verein in Zusammenarbeit<br />

mit dem Centre Patronal durchführen<br />

konnte, fand mit über 200 Teilnehmern<br />

sehr großes Interesse. Sie zeigte auf, dass in der<br />

Westschweiz derzeit an verschiedenen Orten<br />

PPP-Modelle geprüft werden. Anhänger des Modells<br />

und Politiker waren sich darin einig, dass es<br />

sich für Private wie für die Verwaltung lohnt, das<br />

PPP-Modell in Erwägung zu ziehen.<br />

Skepsis ist fehl am Platz<br />

Die Voraussetzungen für eine vermehrte Verbreitung<br />

Öffentlich-Privater Partnerschaften nach<br />

dem PPP-Modell in der Schweiz sind geschaffen.<br />

Skepsis seitens der Verwaltung gegenüber dem<br />

PPP-Modell basiert primär auf negativen Erfahrungen<br />

aus dem Ausland, aus denen die Schweiz<br />

aber ihre Lehren gezogen hat. Zu diesem Schluss<br />

kamen Experten anlässlich einer weiteren Informationsveranstaltung<br />

des Vereins.<br />

Bislang galt für PPP-Vorhaben in der Schweiz<br />

die Faustregel, dass ein Vorhaben nur dann Sinn<br />

macht, wenn damit u.a. Investitionen von mindestens<br />

30 (24,1 Millionen Euro) oder gar<br />

50 Millionen Franken (40,2 Millionen Euro) verbunden<br />

wären. Dieses ungeschriebene Gesetz<br />

ließ kleine, aber nicht minder interessante Vorhaben<br />

schon in der Vorphase scheitern. Wie die<br />

Praxis aber in Deutschland zeigt, sind derartige<br />

Projekte unter bestimmten Voraussetzungen<br />

sehr wohl realisierbar. Der Verein bemüht sich<br />

daher auf verschiedenen Ebenen, diese Voraussetzungen<br />

für kleinere und mittlere Vorhaben zu<br />

definieren.<br />

Der Verein PPP Schweiz hat im vergangenen Jahr<br />

ein generell gestiegenes Interesse am PPP-Modell<br />

beobachtet, das sich in einer wachsenden Zahl<br />

von Anfragen niedergeschlagen hat. An verschiedenen<br />

Orten sind Vorhaben in öffentlich-privater<br />

Zusammenarbeit geplant oder in Diskussion. Wir<br />

gehen daher davon aus, dass sich das Modell in<br />

der Schweiz in Zukunft noch weiter verbreiten<br />

wird.<br />

174


PPP in den Niederlanden: Lessons Learned beim<br />

Umbau des Finanzministeriums in Den Haag<br />

Von Sietske G. Bergsma<br />

Öffentlich-Private Partnerschaften nehmen in den Niederlanden allmählich<br />

zu. Der Umbau des Finanzministeriums – das erste PPP-Projekt für ein<br />

Regierungsgebäude in den Niederlanden – war ein Erfolg und gleichzeitig<br />

eine großartige Lernerfahrung. Obwohl es kompliziert war, führten eine<br />

klare Strategie, ein starker Fokus und ein kooperativer, integraler Ansatz<br />

zu einem herausragenden Ergebnis.<br />

Ein PPP-Ausschreibungsverfahren, das sich auf<br />

die Planung, den Bau, die Finanzierung, die Instandhaltung<br />

und den Betrieb des Projekts bezieht,<br />

ist eine Herausforderung und eine komplexe<br />

Aufgabe. Deshalb blicken wir auf das erste<br />

PPP-Ausschreibungsverfahren der niederländischen<br />

Regierung zurück: die PPP-Renovierung des<br />

Finanzministeriums, die vor knapp fünf Jahren in<br />

Den Haag abgeschlossen wurde. Es handelt sich<br />

dabei um eine besonders erfolgreiche Umgestaltung<br />

des Gebäudes, die unter Einhaltung der zeitlichen<br />

Vorgaben und des Budgets realisiert wurde.<br />

Welche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen?<br />

PPP ist effektiv<br />

Sietske G. Bergsma<br />

war von 2002 bis<br />

2009 stellvertretende<br />

Projektleiterin für<br />

The Dutch Government Building Agency,<br />

die niederländische staatliche Ge-<br />

des Finanzministe-<br />

die PPP-Reno vie rung<br />

bäudeverwaltung, geht seit einigen Jahren<br />

durch eine Anzahl erfolgreicher tet sie als unabhänriums.<br />

Seitdem arbeigige<br />

Beraterin für<br />

Ausschreibungsverfahren mit gutem<br />

PPP-Projekte (www.<br />

Beispiel voran. Im Jahr 2012 hatten sie burobergsma.nl).<br />

fünf operative DBFMO-Verträge in ihrem<br />

Bestand, und innerhalb der kommenden fünf<br />

Jahre sollen mindestens sieben weitere folgen.<br />

Zum Jahresende 2012 kam es nach dem<br />

DBFMO-Ausschreibungsverfahren zur Auftragsvergabe<br />

für den prestigeträchtigen<br />

Neubau für den Hoge Raad der Nederlanden,<br />

den Hohen Rat der Niederlande.<br />

INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />

Es scheint, als ob PPP in den Niederlanden Fahrt<br />

aufnehmen. Die staatliche Politik ist auf eine Regierung<br />

ausgerichtet, die sich auf ihre Hauptgeschäfte<br />

konzentriert. Design, Build, Maintain,<br />

Finance und Operate (DBFMO) werden als effektives<br />

Instrument für Wohnungsbau- und Infrastrukturprojekte<br />

betrachtet. Alle staatlichen<br />

Wohnungsbauprojekte mit einem Auftragswert<br />

von mehr als 25 Millionen Euro und Infrastrukturprojekte<br />

mit einem Auftragswert von mehr als<br />

60 Millionen Euro werden, wenn ein Mehrwert<br />

nachgewiesen ist, als PPP-Projekt realisiert. Daher<br />

wird vor dem Projektbeginn ein öffentlich-privater<br />

Vergleich durchgeführt, in dessen Rahmen ein traditionelles<br />

Verfahren mit einem innovativen, ganzheitlichen<br />

Ansatz verglichen wird.<br />

Wissenstransfer steigern<br />

Die niederländische Regierung fördert die eigenen<br />

PPP-Kenntnisse. Es wurde die Organisation<br />

PPSsupport gegründet, um örtlichen Behörden<br />

und halbprivaten Gesellschaften praktische Unterstützung<br />

bei der erstmaligen Durchführung eines<br />

PPP-Projekts zu bieten. Sie steht auch privaten<br />

Unternehmen zur Verfügung. So werden DBFMO-<br />

Modellverträge und Ausschreibungsbeispiele, sowohl<br />

für Wohnungsbau- als auch für Infrastrukturprojekte,<br />

bereitgestellt. Diese Dokumente wurden<br />

in enger Zusammenarbeit mit privaten Partnern<br />

erstellt. Die englischen Versionen finden sich auf<br />

der Website von PPS unter www.pps.bijhetrijk.nl/<br />

publicaties.<br />

175


Niederlande: erste PPP-Projekte zur Realisierung von Schulen, Krankenhäusern, Museen, Schwimmbädern und Sporteinrichtungen<br />

sowie für den öffentlichen Personenverkehr sind angelaufen<br />

Private Gesellschaften haben PPS Netwerk Nederland<br />

gegründet, um Fachwissen zu vermitteln und<br />

die örtlichen Behörden dazu anzuregen, PPP-Projekte<br />

umzusetzen. Regelmäßig werden Workshops<br />

und Treffen organisiert.<br />

Städte und Kommunen beginnen allmählich mit<br />

der Umsetzung von PPP. Auf lokaler Ebene können<br />

Stadträte, Gemeinden und Kommunen für<br />

sich entscheiden, ob sie DB(F)MO einführen<br />

möchten, um bessere Ergebnisse zu erzielen und<br />

für mehr Kosteneffizienz zu sorgen. Die ersten<br />

PPP-Projekte zur Realisierung von Schulen, Krankenhäusern,<br />

Museen, Schwimmbädern und Sporteinrichtungen<br />

sowie für den öffentlichen Personenverkehr<br />

sind bereits im Gange. Dabei konnte<br />

ein Unterschied festgestellt werden: Behörden auf<br />

niedrigerer Ebene neigen dazu, sich für weniger<br />

stark integrierte Formen wie Design and Build,<br />

(DB) oder Design, Build and Maintain (DBM) zu<br />

entscheiden.<br />

Im DB(F)MO-Fortschrittsbericht 2012 der niederländischen<br />

Regierung an das Parlament wird<br />

ausgeführt, dass sich der Mehrwert bzw. die Einsparungen<br />

der PPP-Projekte im Vergleich zu traditionellen<br />

Beschaffungsvarianten durchschnittlich<br />

auf Beträge von 10 bis 15 Prozent belaufen. Bei<br />

allen Projekten wurden Zeit- und Kostenrahmen<br />

eingehalten. Insgesamt beläuft sich der Effizienzvorteil<br />

der PPP-Projekte auf 800 Millionen Euro.<br />

Weitere 100 Millionen werden für das kommende<br />

Jahr erwartet. Einen vollständigen Überblick<br />

finden Sie auf der Website von PPP Netwerk<br />

Nederland unter www.ppsnetwerknederland.nl/<br />

projectendatabase.<br />

Komplexes Verfahren<br />

Beim Ausschreibungsverfahren für den Abschluss<br />

eines PPP-Projekts müssen die Projektziele eindeutig<br />

festgelegt, eine effektive Ausschreibungsstrategie<br />

entwickelt und beide deutlich kommuniziert<br />

werden. Es müssen Leistungsvorgaben<br />

gemacht, ein Überwachungssystem und ein<br />

Zah lungsmechanismus erdacht werden, um sicherzustellen,<br />

dass während der Vertragsdauer<br />

die Qualität der vereinbarten Maßnahmen und<br />

Dienstleistungen gesichert bleibt. Oft wird angenommen,<br />

dass es während des Ausschreibungsverfahrens<br />

wenig Möglichkeiten gibt, die Ergebnisse<br />

zu beeinflussen. Das hat vor allem damit zu<br />

176


tun, dass der Architekt auf der Seite des privaten<br />

Partners tätig ist. Der integrale Ansatz und das<br />

komplizierte Verfahren verlangen der Projektorganisation<br />

viel ab, sowohl auf Seiten der öffentlichen<br />

Hand als auch des Privaten. Örtliche Entscheidungsträger<br />

kann dies abschrecken und sie<br />

entscheiden sich oft für den traditionellen Ansatz,<br />

obwohl ihnen die Nachteile, die dieser mit sich<br />

bringt, bewusst sind.<br />

ren lag. Der Begriff Brutalismus wurde von dem<br />

schwedischen Architekten Hans Asplund geprägt<br />

und leitet sich ab von béton brut, dem französischen<br />

Ausdruck für Sichtbeton.<br />

Das Finanzministerium verfügte über eine Fläche<br />

von 66.000 Quadratmetern, die sich über vier<br />

Etagen und zwei Untergeschosse erstreckten. Außerdem<br />

besaß es ein Parkhaus für 365 Autos. Im<br />

Gebäudeinneren gab es zwei große Gärten. Im<br />

Jahr 2002 waren sowohl Installationen als auch<br />

die Inneneinrichtung veraltet und es wurden Pläne<br />

für die Renovierung erstellt. Das Gebäude war<br />

zu diesem Zeitpunkt bei den Einwohnern von<br />

Den Haag nicht allzu beliebt und es gab einige<br />

Veraltet und nicht allzu beliebt: das ehemalige Gebäude des Finanzministeriums in Den Haag aus dem Jahr 1975<br />

Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass PPP zu<br />

hervorragenden Ergebnissen führt, sowohl was<br />

die Einhaltung von Zeit- und Kostenrahmen angeht<br />

als auch hinsichtlich der Qualität des Entwurfs.<br />

Der Prozess führt meist zu unerwartet positiven<br />

Ergebnissen in diesem Bereich. Das erste<br />

PPP-Projekt der niederländischen staatlichen Behörden,<br />

die Renovierung des Gebäudes des Finanzministeriums<br />

in Den Haag, ist ein hervorragendes<br />

Beispiel dafür. Dieses Projekt wurde vor<br />

knapp fünf Jahren fertiggestellt und ist seitdem ein<br />

großartiger Arbeitsplatz!<br />

Das Finanzministerium<br />

Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1975 und<br />

wurde im Architekturstil des Brutalismus erbaut,<br />

dessen Blütezeit in den 1950er und 1960er Jah-<br />

überzeugende Argumente für den Abriss des Gebäudes.<br />

Aufgrund seiner einzigartigen Merkmale<br />

– es gibt nur wenige brutalistische Gebäude in<br />

den Niederlanden – wurde beschlossen, das Gebäude<br />

zu renovieren.<br />

2003 wurde ein Public Sector Comparator (PSC)<br />

für das Projekt durchgeführt. Nach langen Überlegungen<br />

fiel die Entscheidung für das erste<br />

DBFMO-Ausschreibungs- und Vergabeverfahren<br />

eines Regierungsgebäudes. Es wurde berechnet,<br />

dass das Verfahren im Vergleich zu einer traditionellen<br />

Beschaffungsvariante möglicherweise einen<br />

177


Erfolgreich abgeschlossenes PPP-Projekt: das renovierte Finanzministerium im Modell<br />

Effizienzvorteil von 8 bis 13 Prozent bieten könnte.<br />

Hier einige Einzelheiten:<br />

x 25-jährige anschließende Vertragsdauer<br />

x Erfolgshonorar basierend auf der Verfügbarkeit<br />

des Gebäudes und der Qualität der<br />

Dienstleistungen<br />

x Betrieb umfasst u.a. Catering, Sicherheitsdienst,<br />

Reinigungsdienst, Möblierung und<br />

Energieversorgung<br />

x Klar formulierte Leistungsvorgaben: Dadurch<br />

haben die konkurrierenden Unternehmen die<br />

Möglichkeit, kreative und innovative Lösungen<br />

vorzuschlagen.<br />

x Überwachungs- und Zahlungsmechanismen als<br />

Ecksteine für einen erfolgreichen Betrieb. Das<br />

betrifft die Methode der Qualitätsbewertung<br />

und die finanziellen Konsequenzen, wenn das<br />

Leistungsniveau nicht dem Standard entspricht.<br />

x Kapitalwert von maximal 190 Millionen Euro<br />

x Vergabekriterien: Entwurf 40 Prozent, Funktionalität<br />

40 Prozent und Flexibilität 20 Prozent<br />

Die Vorbereitungen für das Ausschreibungsverfahren<br />

begannen im Januar 2004. Die Projektorganisation<br />

bestand aus mehreren kleinen Teams<br />

(Ausschreibung, Recht, Technik und Finanzen),<br />

die eng zusammenarbeiteten. Das europäische<br />

Ausschreibungsverfahren wurde im August 2004<br />

bekannt gegeben und der bevorzugte Bieter im<br />

Februar 2006 beauftragt. Die Renovierung begann<br />

im Januar 2007 und war Ende 2008 abgeschlossen.<br />

Alles verlief plangemäß.<br />

Gelungene, moderne Gestaltung<br />

Der Auftrag wurde an das Konsortium Safire BV,<br />

bestehend aus den Unternehmen Strukton, Burgers<br />

Ergon, GTI, ISS Facility Services und einem<br />

Investmentfonds von ABN AMRO und dem niederländischen<br />

Infrastrukturfonds, zu einem Preis<br />

von 173 Millionen Euro netto vergeben. Dieser<br />

Preis war um 15 Prozent niedriger als mit der<br />

PSC-Variante. Architekt des Gebäudes war Jeroen<br />

van Schooten von „Meyer und Van Schooten“.<br />

Die Gestaltung zeigt einen besonders ganzheitlichen<br />

und konzeptuellen Ansatz und bietet viel<br />

Mehrwert:<br />

x Die Schaffung eines Atriums, indem der kleinere<br />

Garten überdacht wurde. Im Atrium wurde<br />

ein Besprechungszentrum in der ersten Etage<br />

geschaffen. Auf dem Dach des Konferenzraums<br />

wurde ein schöner Indoor-Garten angelegt. Zen-<br />

178


trale Funktionsbereiche wie die Bibliothek und<br />

das Restaurant wurden außen herum gruppiert.<br />

x Das Gebäude ist durch die Schaffung eines neuen<br />

zentralen Gebäudeeingangs statt der vorherigen<br />

zwei Eingänge zugänglicher geworden.<br />

Dadurch konnten Kosten für Empfang und Sicherheit<br />

reduziert werden und die gesamte Logistik<br />

des Gebäudes wurde effizienter. Durch<br />

den Bau eines großen Tors an der Korte-Voorhout-Seite<br />

und eines kleinen Tors an der Casuariestraat<br />

entsteht ein Hof, der der Stadtgeschichte<br />

von Den Haag entspricht.<br />

x Das gesamte Gebäude ist mit einem Sprinklersystem<br />

ausgerüstet. Das Gebäude verfügt<br />

daher über eine große Gestaltungsfreiheit bei<br />

der Raumaufteilung und kann so an organisatorische<br />

Änderungen einfach angepasst<br />

werden.<br />

x Es wurde eine Glasfassade um das Gebäude errichtet.<br />

Diese verleiht dem Gebäude nicht nur<br />

ein transparentes und modernes Aussehen, sondern<br />

wirkt sich auch positiv hinsichtlich Nachhaltigkeit<br />

und Energiekosten aus.<br />

x Safire gewann 2007 mit diesem Entwurf den<br />

Dutch Building Award.<br />

Gewonnene Erkenntnisse<br />

Viele der oben genannten Merkmale wären nicht<br />

erreicht worden, wenn das Projekt auf traditionelle<br />

Weise realisiert worden wäre. Die Dauer des<br />

Vertrags, die inbegriffenen Dienstleistungen und<br />

der Wettbewerb der Ausschreibung ermöglichten<br />

einen anderen Ansatz und animierten Safire BV<br />

und ihren Architekten, einige mutige Entscheidungen<br />

zu treffen.<br />

Für aktuelle und zukünftige PPP-Ausschreibungen<br />

hier einige Empfehlungen, die auf den Erfahrungen<br />

dieses PPP-Projekts beruhen:<br />

x Ein deutlich kommuniziertes und gemeinsam<br />

erklärtes Projektziel. Für die PPP-Renovierung<br />

des Finanzministeriums bedeutete das:<br />

X ein modernes, transparentes und flexibles Gebäude,<br />

das für die organisatorischen Prozesse<br />

geeignet ist und eine schöne Arbeitsatmosphäre<br />

bietet<br />

X Abschluss des Ausschreibungsverfahrens und<br />

Realisierung des Baus unter Einhaltung des<br />

Zeit- und Kostenrahmens<br />

Eine transparente Glasfassade verleiht dem brutalistischen Gebäude ein modernes Aussehen<br />

179


Mit der Überdachung des kleineren Gartens entstand ein<br />

Atrium im Finanzministerium<br />

x Nach vorn schauen, eine Strategie entwickeln<br />

und prüfen. Am Anfang des Projekts wurden<br />

Strategiesitzungen mit den Beteiligten und Experten<br />

organisiert. Es gab zügige Diskussionen<br />

über die wichtigen Entscheidungen, die gefällt<br />

werden mussten, um das Projektziel zu<br />

erreichen. Themen waren Vertragsdauer, Umfang,<br />

Ausschreibungsstrategie, Planung, Budget<br />

und Auftragsvergabekriterien. Es wurden<br />

interne Protokolle erstellt, wie während des<br />

Aus schreibungsverfahrens vorzugehen und<br />

zu arbeiten sei. Es fanden regelmäßige Teamsitzungen<br />

statt, um die Ergebnisse der letzten<br />

Projektphase auszuwerten und die nächste<br />

vorzubereiten.<br />

x Vorbereitet sein. Als die europäische Ausschreibung<br />

veröffentlicht wurde, waren 80 Prozent<br />

der Arbeit am Vertrag und den Leistungsvorgaben<br />

abgeschlossen.<br />

x Kritisch hinsichtlich der eigenen Arbeit sein.<br />

Wir organisierten die Prüfung unserer Ausschreibungs-<br />

und Vertragsunterlagen (finanziell,<br />

technisch und juristisch) durch Sachverständige,<br />

um diese vor ihrer Versendung zu<br />

verbessern.<br />

x In kleinen Teams und mit einem integralen Ansatz<br />

arbeiten. Die juristischen und technischen<br />

Teams sowie das Finanzteam arbeiteten eng zusammen.<br />

Wir erkannten schnell, dass dies die<br />

einzige Möglichkeit war, das Projekt erfolgreich<br />

umzusetzen. Am Anfang war es nicht einfach,<br />

weil sich die Teams und Menschen in ihrer Art<br />

und Weise zu arbeiten und zu kommunizieren<br />

stark voneinander unterschieden.<br />

x Innovativ arbeiten: Die Leistungsvorgaben<br />

wurden mittels eines digitalen Modells erstellt<br />

(briefbuilder®). Es konnte auf alle Anforderungen<br />

und Leistungskriterien hinsichtlich Bau<br />

und Betrieb einfach zugegriffen werden, Änderungen<br />

an dem Modell konnten einfach umgesetzt<br />

werden. Das Modell wurde außerdem zur<br />

Überprüfung genutzt.<br />

x Mit gutem Beispiel vorangehen. Die Planung<br />

war heilig. Alle Unterlagen wurden pünktlich<br />

überreicht. Das ist für die Glaubwürdigkeit als<br />

öffentlicher Auftraggeber entscheidend.<br />

x Kooperativ sein. Ein PPP an sich bedeutet,<br />

zusammenzuarbeiten, ein wachsames Auge<br />

auf die Bedürfnisse und Interessen der anderen<br />

Partei zu haben und Verständnis für diese<br />

aufzubringen.<br />

x Entschlussfreudig sein. Halten Sie die Entscheidungsträger<br />

und die wichtigsten Beteiligten jederzeit<br />

auf dem Laufenden und sprechen Sie regelmäßig<br />

mit ihnen.<br />

Ein entscheidender Vorteil, den PPP-Projekte gegenüber<br />

der traditionellen Beschaffungsvariante<br />

haben, ist, dass die Abläufe und Verfahren das Projektteam<br />

dazu erziehen, sich gut auf den Projektbeginn<br />

vorzubereiten. Ich hoffe aufrichtig, dass<br />

sich PPP in den Niederlanden in den nächsten<br />

Jahren weiter durchsetzen wird und die gewonnenen<br />

Erkenntnisse auch bei traditionellen Projekten<br />

genutzt werden.<br />

180


PPP in Luxemburg: Sport und Freizeit im<br />

Parc des Sports Oberkorn<br />

Von Henri Krecké<br />

Überrascht waren wir schon, als es urplötzlich hieß: „ … and the winner<br />

is Differdange.“ Nach der Überraschung über die Auszeichnung mit dem<br />

„Innovationspreis PPP 2012“ folgte dann aber eine gewisse Genugtuung,<br />

denn den noch unbekannten PPP-Weg vor über vier Jahren in Luxemburg<br />

zu beschreiten war eher mit einem Marathon als mit einem gemütlichen<br />

Waldlauf zu vergleichen.<br />

Trotz vieler Unkenrufe und teils einseitiger Kritik<br />

hielt die Stadt Differdingen an ihrem Kurs fest<br />

und erntet heute erste Lorbeeren für ihre Courage.<br />

Außer dem preisgekrönten Bau von drei<br />

Fußballfeldern mit Tribüne und Parkhaus gibt<br />

es noch ein zweites Projekt, den Bäderkomplex<br />

Aquasud mit Wellness und Fitness. Als Trumpfkarte<br />

der PPP-Projekte Oberkorn sticht ein Masterplan<br />

hervor, der sich sowohl mit den bestehenden<br />

Sportinfrastrukturen als auch mit den neuen<br />

Nutzungsflächen befasst.<br />

Masterplan und Synergieeffekte<br />

Bevor ein erster Spatenstich erfolgte, saß das<br />

dreiköpfige Projektteam der Stadt Differdingen<br />

– bestehend aus Sportschöffe Jean Lorgé, Stadtarchitekt<br />

Manuel Lopes Costa und mir – in über<br />

50 Gesprächsrunden mit den begleitenden Beraterteams<br />

zusammen, um Bau-, Qualitäts- und<br />

Ausstattungsbeschreibungen sowie die Unterhalts-,<br />

Betriebs- und Dienstleistungen im Detail<br />

zu erstellen.<br />

Insgesamt umfasst das Sportareal „Parc des<br />

Sports“ eine Gesamtfläche von zirka 93.000 Quadratmetern.<br />

Darauf befinden sich heute eine Multisporthalle<br />

mit den festgeschriebenen Normen<br />

und Markierungen für alle Hallensportarten auf<br />

Parkettboden und einer Tribünenkapazität von<br />

842 Zuschauerplätzen, die sowohl für Sport als<br />

auch für Musikevents oder Ausstellungen wie<br />

Henri Krecké, Secrétaire<br />

communal der<br />

Stadt Differdingen,<br />

Luxemburg<br />

Musikbazar, Wohnungsmesse „Urban<br />

Living“, Hobby- oder Trödelwarenmarkt<br />

u.a. dient. Verschiedene kleinere Säle im Untergeschoss<br />

dienen hauptsächlich den Kampfsportlern<br />

sowie den im Sportpark aktiven Vereinen für<br />

intensivere Muskelaufbautrainings. Daneben ermöglicht<br />

eine Turnhalle mit internationalem Format<br />

alle Disziplinen: vom Bodenturnen bis hin<br />

zum Geräteturnen sowie in einem zweiten Saal<br />

auch rhythmische Tanzdarbietungen.<br />

Angrenzend an die Multisporthalle und über einen<br />

gemeinsamen Eingangsbereich erreichbar, steht<br />

das mittlerweile 40-jährige Schwimmbecken, ein<br />

25-Meter-Becken mit 5 Bahnen. Dieses wird Ende<br />

2013 dem Bäderkomplex Aquasud weichen. Nach<br />

dem Abriss entsteht hier eine weitere Planungseinheit<br />

des Sportparks. Die Wärmezufuhr erfolgt<br />

über ein Nahwärmenetz gekoppelt an ein Gasblockheizkraftwerk<br />

mit einer Gesamtleistung von<br />

4,1 Megawatt, das auf dem Areal installiert wurde<br />

und neben den Sportanlagen das angrenzende<br />

Wohnviertel, zwei Schulen, eine Kirche sowie ein<br />

Kulturzentrum energetisch beliefert.<br />

Lage und Zufahrt<br />

Ein großes Plus des Parc des Sports ist seine Nähe<br />

zum Schienennetz, die Haltestelle Oberkorn befindet<br />

sich knapp 200 Meter entfernt und ermöglicht<br />

eine problemlose Vernetzung mit den anderen<br />

Regionen des Landes bei größeren Sport- oder<br />

INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />

181


Kulturevents. In Zusammenarbeit mit der Eisenbahngesellschaft<br />

wurde dieser Halt näher an den<br />

Sportpark verlegt und eine behindertengerechte<br />

Rampe verbindet das Areal mit dem Bahnsteig.<br />

Außerdem ist am Eingang zum Sportpark eine<br />

Haltestelle der regionalen sowie der städtischen<br />

Buslinien vorhanden.<br />

Das auf dem Areal neu gebaute Parkhaus hat eine<br />

Kapazität von 522 PKWs und 44 Nutzfahrzeugen.<br />

Zusätzlich werden für Kurzzeitparker, z.B. Kiss<br />

and go für Eltern, die ihre Kinder zum Sportverein<br />

bringen, im Außenbereich 15 Stellplätze sowie<br />

3 Bushalteplätze eingerichtet. Die zentralurbane<br />

Lage des Parc des Sports ermöglicht darüber<br />

hinaus etlichen Nutznießern aus der Stadt eine<br />

Anbindung über die Fahrradwege oder per pedes.<br />

König Fußball<br />

Das Fußballstadion verfügt neben dem Hauptspielfeld<br />

über ein synthetisches Feld mit den vorgeschriebenen<br />

Normen und über ein zweites<br />

kleineres Naturrasenfeld. Die Haupttribüne bietet<br />

insgesamt 1.820 überdachte Sitzplätze und verfügt<br />

neben den Sozial-, Sanitär- und Vereinsräumen<br />

über einen Gastronomiebereich mit VIP-Areal<br />

sowie über die notwendigen Einrichtungen für<br />

die Medien. Auf der Gegengerade befinden sich<br />

400 nicht überdachte Sitzplätze und ein kleinerer<br />

Ausschank. Die nicht überdachten Sitzreihen<br />

zum tiefer gelegenen synthetischen Spielfeld bieten<br />

zirka 1.500 Zuschauern Platz. Mittels Aufzug<br />

und großzügig angelegten Gängen wird Rollstuhlfahrern<br />

ermöglicht, alle Einrichtungen der<br />

Haupttribüne zu nutzen, und extra eingerichtete<br />

Plätze mit Panoramaübersicht auf das Spielfeld<br />

stehen ihnen selbstverständlich auch zur Verfügung.<br />

Nicht von ungefähr hat diese Sportanlage<br />

beim Fußballverband sowie bei den Vereinen großen<br />

Gefallen gefunden und diente schon als Austragungsort<br />

mehrerer internationaler Spiele. Es lagen<br />

sogar konkrete Entwürfe für einen möglichen<br />

Ausbau als Nationalstadion mit einer Fassungskapazität<br />

von über 8.000 überdachten Sitzplätzen<br />

vor, die kurzzeitig als mögliche Alternative zur<br />

bestehenden Sportinfrastruktur in Luxemburg<br />

Stadt gehandelt wurden.<br />

Neben dem Nutzen als Sportstätte wurde das<br />

Sportstadion von Anfang an so konzipiert, dass<br />

auch andere Musik- und Kulturevents hier stattfinden<br />

können. So ermöglichen eingeplante<br />

Fluchtwege, infrastrukturelle Verstärkungen und<br />

Anbindungen das Veranstalten von Events mit einer<br />

Zuschauerkapazität von mindestens 15.000<br />

Personen.<br />

Termingerecht zum 1. August 2012 hat der Auftragnehmer,<br />

die Strabag AG, das städtische Stadion<br />

fertiggestellt und am 5. August erfolgte der<br />

Anpfiff in die diesjährige Meisterschaft mit einem<br />

Auftaktderby als Leckerbissen.<br />

Alternative Energien und Ökokonzept<br />

Luftaufnahme des Gesamtareals: vorne rechts die Multisport-<br />

und die Turnhalle, linker Hand vom Stadion das Parkhaus<br />

sowie das Freilichtbad und der sich im Bau befindliche<br />

Bäderkomplex Aquasud, im Hintergrund führt die Bahnlinie<br />

unmittelbar am Sportpark vorbei<br />

Neben dem bereits erwähnten Nahwärmenetz<br />

befinden sich zwei Photovoltaikanlagen im Sportpark,<br />

eine dritte ist in Planung. Interessant zu<br />

erwähnen ist hierbei, dass die auf dem Stadiondach<br />

angebrachte Anlage mit einer Leistung von<br />

185 kWp mittels Bürgerbeteiligung gebaut wurde.<br />

So sind heute 47 Differdinger Bürger Mitinhaber<br />

dieser umweltfreundlichen Anlage.<br />

Beim Bau aller Anlagen wird auf den Einsatz umweltfreundlicher<br />

Materialien geachtet und über<br />

182


eine Zisterne wird die Spielfeldberieselung mit<br />

Regenwasser beliefert. Das Oberflächenwasser<br />

auf dem Areal wird in offen liegende und kaskadenhaft<br />

angelegte Versickerungsgräben für Oberflächenwasser<br />

geleitet. Der Bäderkomplex entspricht<br />

den neuesten Wärmeschutzverordnungen<br />

und verfügt über den entsprechenden Energiepass.<br />

Die bereits geschilderte Nähe zu den öffentlichen<br />

Transportmitteln sowie eine optimierte<br />

zentrale Anbindung per Fahrrad oder zu Fuß sollen<br />

die Autoanfahrten mindern.<br />

Reinigung und Unterhalt<br />

Bei beiden PPP-Verfahren wurden neben dem<br />

Bau zusätzlich der Unterhalt, die Reinigung und<br />

der Betrieb über 25 Jahre vertraglich mit dem<br />

Auftragnehmer geregelt. Nicht ins Preiskalkül des<br />

PPP-Verfahrens „Stadion und Parkhaus“ einbezogen<br />

sind die Einnahmen der Parkgebühren sowie<br />

der Betrieb des Gastronomiebereichs.<br />

Im Bäderkomplex Aquasud, in dem der Auftragnehmer<br />

sämtliche Einnahmen und Ausgaben in<br />

eigener Verantwortung trägt, sieht das Wirtschaftlichkeitskonzept<br />

eine geteilte Haftungsregelung<br />

vor, die festlegt, dass sich beide Parteien – Auftraggeber<br />

und Auftragnehmer – jeweils „den Kuchen<br />

teilen“ müssen. Sollte beispielsweise die<br />

Jahresbilanz schlechter sein als durchschnittlich<br />

anhand der Zahlen der Vorjahre erwartet, so<br />

teilen sich ggf. beide Partner die vorhandenen<br />

Mehrausgaben. Sollte hingegen das Betriebsjahr<br />

besser als erwartet ausfallen, so wird auch der positive<br />

Mehrbetrag unter beiden Parteien geteilt.<br />

Diese Abmachung dürfte beim Auftragnehmer<br />

den Anreiz schaffen, ein bestmögliches Resultat,<br />

sprich ein Maximum an Kunden, anzuziehen.<br />

Dies geschieht nur im Einklang mit einem tadellosen<br />

Angebot und entspricht somit voll und ganz<br />

dem Wunsch des Auftraggebers.<br />

Erstes Fazit<br />

Bereuen wir mittlerweile den PPP-Weg? Die Antwort<br />

fällt ganz klar aus: NEIN. Auch wenn es<br />

Eine für Amateurverhältnisse gute Kulisse beim Meisterschaftsauftaktspiel<br />

am 5. August 2012<br />

noch verfrüht erscheint, um fundierte Aussagen<br />

über Betriebsleistungen zu machen, so kann heute<br />

schon ganz klar festgestellt werden, dass in<br />

puncto Bauplanung, Termineinhaltung und, ganz<br />

besonders, Projektkosten das PPP-Verfahren eindeutiger<br />

Testsieger im Vergleich zu klassischen<br />

öffentlichen Projekten ist, wo leider immer noch<br />

allzu oft Fehlplanungen mit Verzögerungen und<br />

Mehrkosten auf der Tagesordnung stehen. Bei<br />

diesen Projekten standen uns die Beratungsteams<br />

von Ernst & Young, Universum Architekten,<br />

Schroeder & Associés Ingenieurbüro und Luther<br />

und Theisen Rechtanwaltskanzleien kompetent<br />

zur Verfügung. Das kommt nicht von ungefähr:<br />

In meiner mittlerweile 23-jährigen kommunalen<br />

Berufserfahrung war ich noch nie an einem Projekt<br />

beteiligt, in dem auf die gleiche akribische<br />

Art und Weise bis ins kleinste Detail in etlichen<br />

Projektrunden an den Schräubchen und Rädchen<br />

gedreht wurde. Dies müsste eigentlich immer so<br />

sein, ist aber keinesfalls der Fall. Die PPP-Verfahren<br />

waren eine sehr interessante Erfahrung und<br />

ein Weg, den ich persönlich bereits morgen erneut<br />

einschlagen würde.<br />

Zukunftsplanungen<br />

Im Herbst dieses Jahres wird der Bäderkomplex<br />

Aquasud, das zweite PPP-Projekt, mit seinem<br />

25-Meter-Sportbecken mit 6 Bahnen, seinen<br />

Lehrschwimmbecken, dem Planschbecken<br />

für Kleinkinder und den Vergnügungsbecken mit<br />

Wasserrutschen, Massagedüsen, externem Strö-<br />

183


Das kommunale Stadion in Oberkorn kurz vor seiner Inbetriebnahme im August 2012<br />

mungskanal etc. seine Türen öffnen. Neben dem<br />

Wassersport bietet er zusätzlich eine Wellnesslandschaft<br />

sowie moderne Fitnesseinrichtungen<br />

mit Kardiogeräten und Gruppenkursen und eine<br />

Kinderbetreuung.<br />

Ein wesentlicher Synergieeffekt zwischen Alt<br />

und Neu besteht in der Anbindung des bereits<br />

renovierten Freilichtbades an den neuen Bäderkomplex.<br />

Diesem Umstand wurde bei den Planungen<br />

Rechnung getragen, um vor allem eine<br />

intensivere Nutzung der Außenbecken zu ermöglichen,<br />

wissend, dass in unseren Breitengraden<br />

nicht tagtäglich mit einem mediterranen Wetter<br />

zu rechnen ist. Auch bewirkt diese Ankopplung<br />

eine bessere Kosteneffizienz und trägt zu einer<br />

eindeutigen Attraktivitätssteigerung bei. Bäderanlagen<br />

mit einem großzügigen Angebot sowohl im<br />

Innen- als auch im Außenbereich sind doch eher<br />

Mangelware.<br />

Im Eingangsbereich des Sportparks, angrenzend<br />

an den Bäderkomplex, plant ein Privatinvestor<br />

den Bau eines Hotels mit 66 Zimmern, Bar-<br />

Lounge, Tagungsräumen und Restaurant. Das<br />

entsprechende Projekt wird in enger Zusammenarbeit<br />

mit der Stadtverwaltung, derzeitige Besitzerin<br />

des Grundstücks, ausgearbeitet.<br />

Des Weiteren hat die Stadt Differdingen noch<br />

drei weitere Planungseinheiten in der Reserve.<br />

So wurden u.a. schon intensive Gespräche mit<br />

Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor geführt,<br />

und auch Schulinfrastrukturen oder ein Indoor-Spielplatz<br />

wären in diesem Multisportareal<br />

mit Sicherheit keine Fehlplanung. Insgesamt umfassen<br />

die Planungen eine Grundfläche von ca.<br />

10.000 Quadratmetern. Betrachtet man die bereits<br />

vorhandenen Sportinfrastrukturen, die Verkehrsanbindung<br />

und die sich in der Planung oder<br />

im Bau befindlichen Projekte, so bergen diese Planungseinheiten<br />

ein enormes Potenzial sowohl für<br />

öffentliche als auch für private Investoren.<br />

Nicht von ungefähr ist der Parc des Sports der<br />

Stadt Differdingen ein Sportjuwel im Kleinstaat<br />

Luxemburg, und getrost kann man die Stadt Differdingen<br />

mit ihren 44 im Sportbereich aktiven<br />

Vereinen, die bereits etliche Meistertitel gewonnen<br />

haben, als eine äußerst aktive, dynamische<br />

Stadt im Wandel bezeichnen.<br />

184


PPP in Kanada: Pragmatischer Umgang mit PPP<br />

Von Carsten Müller<br />

Kanada hat in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich den Ausbau<br />

der öffentlichen Infrastruktur vorangetrieben und dabei die Beschaffungsvariante<br />

PPP als alternatives Modell eingeführt und kontinuierlich<br />

ausgeweitet. Bei der Entscheidung für diese Beschaffungsvariante ist die<br />

Einhaltung des Budget- und Zeitrahmens ein wesentlicher Faktor.<br />

Heute wird ein Großteil der Infrastruktur über<br />

die Beschaffungsvariante PPP erfolgreich an private<br />

Partner vergeben. Als wesentlicher Vorteil<br />

dieser Beschaffungsvariante wird in Kanada immer<br />

wieder zuerst die Einhaltung der Budgetund<br />

Zeitrahmen genannt. Dies ist ein hohes Gut,<br />

bedenkt man, wie schädlich sich Projekte für alle<br />

Projektbeteiligten auswirken, wenn diese Ziele<br />

nicht eingehalten werden. Mit dem Eingeständnis,<br />

dass der Kapselung von Risiken Kosten gegenüberstehen,<br />

wird klar, dass dieser Beschaffungsprozess,<br />

insbesondere wenn große Risiken<br />

zu kontrollieren sind, sehr sinnvoll sein kann.<br />

Traditional<br />

Base Costs Financing Costs Ancillary Costs<br />

Private Sector<br />

Risk Premium<br />

Value for<br />

money<br />

PPP<br />

Retained Risk<br />

Vergleich der Kosten- und Risikostruktur zwischen einer<br />

traditionellen Beschaffungsvariante und PPP<br />

PPP versus klassische<br />

Beschaffungsvariante<br />

In den Veröffentlichungen von „The<br />

Canadian Council for Public-Private-<br />

Partnerships“ findet sich eine Darstellung des Begriffs<br />

Value for Money im Zusammenhang mit<br />

Gesamtprojektkosten eines PPP-Projekts. Interessant<br />

ist die Darstellung der Risikoprämie einer<br />

PPP-Variante gegenüber einer traditionellen Beschaffung.<br />

Dieser Aspekt wird bei Diskussionen<br />

in Deutschland über die Realisierung von PPP-<br />

Projekten gerne im Nachhinein angeführt. Somit<br />

gerät die Diskussion aber in ein falsches Licht.<br />

Die virtuelle Risikobetrachtung kann nur vor Ausführung<br />

eines Projekts abgeschätzt werden, nicht<br />

danach. Wichtig hierbei ist die Einsicht, dass der<br />

Betrag, der am Ende zu bezahlen ist, eben nicht<br />

nur gegen das Anfassbare zu rechnen ist, sondern<br />

auch in Zeit, Verlässlichkeit, Kostensicherheit<br />

und Risikotransfer. Eine offene Diskussion hierüber<br />

würde sicherlich auch in Deutschland das<br />

Verständnis dafür wecken, welchen Preis man<br />

am Ende zahlt, wenn es nur um die vordergründig<br />

günstigere Variante geht ohne ausreichende<br />

Berücksichtigung der Risiken. Jüngste Beispiele<br />

bei deutschen Großprojekten zeigen, dass Kosten<br />

aus dem Ruder laufen und Terminpläne nicht<br />

eingehalten werden. Wenn ein Projekt, das nicht<br />

als PPP ausgeschrieben wurde, in Bezug auf Kosten<br />

und Zeit den Rahmen sprengt, sollte man die<br />

Chance nutzen und genau analysieren, welches<br />

Risiko tatsächlich eingetreten ist und wie es sich<br />

Carsten Müller ist<br />

Senior Projektleiter<br />

bei der Bilfinger<br />

Hochbau GmbH,<br />

Niederlassung Project<br />

Development.<br />

INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />

185


monetär auswirkt. Das Resümee sollte also sein,<br />

dass man die Risiken verfolgt, geeignetes Datenmaterial<br />

zur Verfügung hat und dieses richtig bewertet.<br />

Dann trifft man die richtige, langfristig<br />

wirtschaftlichere Entscheidung, vor der Projektausführung.<br />

Dies erfordert kontinuierliches Monitoring,<br />

einen gewissen Deal-Flow und den Mut,<br />

auch eine Lernkurve zu akzeptieren.<br />

Öffentliche Großprojekte in Ontario<br />

Für die Vergabe und Durchführung öffentlicher<br />

Großprojekte in der Provinz Ontario ist „Infrastructure<br />

Ontario“ (IO) mit Sitz in Toronto zuständig.<br />

Dort werden Projekte vorbereitet und<br />

zur Reife geführt, während des Baus betreut<br />

und später während der Betriebsphase gebündelt<br />

gemanagt. Zum Vorteil der Bündelung des<br />

Know-hows kommt hinzu, dass IO nicht nur<br />

für die über 30 Jahre laufenden Design-Build-<br />

Finance-Maintain-Verträge (DBFM) zuständig<br />

ist, sondern auch für gewissermaßen reine GU/<br />

GÜ-Vergaben, die mehr als 20 Millionen kanadische<br />

Dollar (rund 14,8 Millionen Euro) inklusive<br />

Bauzeitfinanzierung betragen. Diese werden als<br />

Design-Build-Finance- Projekte (DBF) bezeichnet.<br />

Mit dieser Flexibilität kann ein Projekt ohne<br />

Zuständigkeitswechsel zwischen der DBF- und<br />

der DBFM-Variante wech seln, was häufiger geschieht.<br />

Die Abwägung der Kosten-Risiko-Analyse<br />

und die Ermittlung des Public Sector Comparator<br />

(PSC) kann jederzeit überprüft und korrigiert<br />

Erfolgreiches PPP-Projekt: das Women‘s College Hospital<br />

im kanadischen Toronto<br />

werden, bis der Vergabeweg entschieden ist. Genauso<br />

verhält es sich mit der Lebenszyklusbetrachtung.<br />

Die Frage, ob die Unterhaltung für einen<br />

sehr langen Zeitraum vergeben werden soll<br />

und ob der private Partner das Risiko der Auskömmlichkeit<br />

eines Instandhaltungsbudgets tragen<br />

soll, wird von der gleichen Stelle geprüft und<br />

entschieden. So ist alles einem ständigen Prozess<br />

der Optimierung unterworfen.<br />

Deal-Flow ermutigt<br />

Ein strukturierter und standardisierter Vergabeprozess<br />

sowie der stetige Projektnachschub ermöglichen<br />

eine attraktive Marktsituation für<br />

Bieter und fördern somit den Wettbewerb. Der<br />

frühzeitig veröffentlichte Deal-Flow ermutigt viele,<br />

auch europäische Unternehmen, in den Markt<br />

in Kanada einzusteigen. Erheblich günstigere<br />

Bau- und Betriebskosten sorgen für eine deutliche<br />

Belebung des Geschäfts. Letztlich lernen alle voneinander<br />

und werden besser – also ein Erfolg für<br />

alle Beteiligten.<br />

Innenansicht: das Women‘s College Hospital in Toronto<br />

Lagen die Angebotspreise, also die abgezinsten<br />

Vertragskosten, der sogenannte Net Present<br />

Value (NPV), zuAnfang in Kanada deutlich auseinander,<br />

so näherten sich diese mit laufender<br />

Routine immer mehr an. Zu Anfang galt die<br />

186


Shortlisting N:3:1<br />

Das Vernon Jubilee Hospital in Vernon, Kanada<br />

Die Auswahl im Vergabeverfahren läuft immer<br />

zweistufig: Aus n Bewerbern schaffen drei die<br />

Präqualifikation und von diesen bekommt einer<br />

den Zuschlag. Die Präqualifikation ist also bereits<br />

eine sehr hohe Hürde. Dementsprechend fällt die<br />

Vorbereitung auf die Präqualifikation deutlich intensiver<br />

aus als in Deutschland. Neben der obligatorischen<br />

Bewertung von Firmenreferenzen<br />

Faustformel: „Liegt man im Baupreis zu hoch,<br />

hat man das Projekt verloren.“ Später wurde<br />

deutlich erkennbar, dass ein Projekt auch im Bereich<br />

des Facility-Managements (FM), der Finanzierung<br />

oder der Lebenszykluskosten, wenn<br />

nicht marktgerecht bepreist, den Zuschlag zunichte<br />

machen kann. Hier erweist es sich als Vorteil,<br />

dass es mehrere gute Projekte mit zahlreichen<br />

Wettbewerbern und eingespielten Teams<br />

am Markt gibt.<br />

Standardisierte Verträge vereinfachen<br />

Auch bei Nacht ein beeindruckendes Gebäude: das Women‘s<br />

College Hospital in Toronto<br />

In Deutschland ist die VOB eine Erfolgsgeschichte.<br />

Für den PPP-Bereich in Deutschland sucht<br />

man standardisierte PPP-Verträge hingegen vergeblich<br />

und fragt stattdessen: „Wer ist Berater der<br />

öffentlichen Hand?“ Anders ist das in Kanada, in<br />

diesem Fall auch wieder Ontario, weil federführend,<br />

als Beispiel genannt. Seit 2006 hat IO 26<br />

Milliarden kanadische Dollar (rund 19,2 Milliarden<br />

Euro) in Projekte in Ontario investiert und<br />

auf den Weg gebracht. Die Verträge werden jedes<br />

Mal standardisiert verwendet. Während oft 50<br />

bis 80 Prozent der Bieterfragen in Deutschland<br />

zu vertraglichen Punkten gestellt werden, kann<br />

man sich bei der Projektbearbeitung in Kanada<br />

nahezu völlig auf die Ausarbeitung und das Projekt<br />

konzentrieren. Der Deal-Flow bewirkt, dass<br />

die Risikoallokation von Banken und sonstigen<br />

finanzierenden Institutionen bekannt und anerkannt<br />

ist. Das senkt die Rechtsberatungs- und Angebotskosten<br />

enorm und bewirkt gar, dass man<br />

mit verbindlicher Finanzierung ein Angebot vorlegen<br />

kann.<br />

werden genaue Beschreibungen der Konsortien<br />

verlangt:<br />

x Wer hat welches Projekt bereits erfolgreich gemeinsam<br />

bestritten?<br />

x Welche Personen nehmen welche Rolle im<br />

Projekt ein und welche persönliche Projekterfahrung<br />

können diese Personen nachweisen?<br />

x Wo gibt es gemeinsame Referenzen auf Firmen-<br />

oder Projektbasis?<br />

x Wie arbeiten die Firmen genau zusammen,<br />

passen HSEQ-Systeme etc.?<br />

x Wie genau läuft die Finanzierung, wie laufen<br />

die internen Genehmigungsprozesse und<br />

Gremienfreigaben?<br />

Die Erstellung von Präqualifikationsunterlagen<br />

erfordert bereits eine enge Zusammenarbeit der<br />

Konsortialpartner. In der jüngsten Vergangenheit<br />

haben sich bis zu acht Konsortien an Projekten<br />

beteiligt, dennoch wurden „nur“ drei zur Angebotsabgabe<br />

zugelassen. Das scheint hart, aber<br />

187


auch das spart Angebotskosten und eröffnet bessere<br />

Chancen für die verbleibenden Teams.<br />

Die Angebotsphase ist ein intensiver Kommunikationsprozess<br />

mit der Vergabestelle. Üblich ist<br />

während einer fünf- bis siebenmonatigen Angebotsphase,<br />

dass im Schnitt mindestens einmal wöchentlich<br />

ein Treffen mit der Vergabestelle und<br />

insbesondere mit den Nutzern stattfindet. Die<br />

Fairness wird während des Verfahrens durch einen<br />

sogenannten Fairness-Monitor gewährleistet.<br />

Dabei handelt es sich um eine Person, die extern<br />

sämtliche Kommunikation verfolgt, jeder Sitzung<br />

beiwohnt und überwacht, dass keine unerlaubten<br />

Informationen ausgetauscht werden. Die Unterhaltung<br />

bei Sitzungen ist dadurch oft ein wenig<br />

gezwungen, denn die Auftraggeber sind gehalten,<br />

Kommentare auf die Vertragskonformität der vorgestellten<br />

Idee zu beschränken. Es darf nicht geholfen<br />

werden, eine präferierte Lösung zu finden.<br />

Es wird lediglich darauf hingewiesen, wo die Ausschreibungsunterlagen<br />

möglicherweise verletzt<br />

werden. Letztlich erhält man aber einen guten<br />

Eindruck über das eigene Angebot und kann gut<br />

einschätzen, ob und wie man die Vorgaben bei<br />

Angebotsabgabe eingehalten hat.<br />

Schließlich wird der Angebotsprozess mit 10 Millionen<br />

kanadischen Dollar (rund 7,4 Millionen<br />

Euro) bei Angebotsabgabe durch jeden Bieter besichert,<br />

damit die Vergabestelle die Sicherheit<br />

hat, dass ein belastbares Angebot als Preferred<br />

Bidder ausgewählt wird. Es wird zusätzlich darauf<br />

geachtet, dass bereits eine verbindliche Finanzierungszusage<br />

dem Angebot beiliegt. Dies ist<br />

vertretbar bei nur drei Bietern und bei bekannten<br />

Vertragsunterlagen. Insbesondere Banken<br />

und Investoren kennen die Vertragsbedingungen<br />

und müssen keine unvorhergesehenen Risikoverteilungen<br />

immer wieder neu mit ihren Gremien<br />

diskutieren. Man kann sich auf die technische<br />

und finanzielle Leistungsfähigkeit der Konsortien<br />

konzentrieren.<br />

Bonds bite Banks<br />

Der positive Deal-Flow und die sonstigen positiven<br />

Randbedingungen haben auch auf der Finanzierungsseite<br />

den Wettbewerb deutlich belebt<br />

und neue Finanzierungsformen angestoßen.<br />

Während in Deutschland mangels Alternative<br />

überwiegend langfristige Kredite privater Banken<br />

und Landesbanken, zuletzt auch immer häufiger<br />

mit Unterstützung durch die Europäische Investitionsbank<br />

(EIB), für PPP-Projekte verwendet wurden,<br />

hat sich in Kanada seit 2009 ein Bond-Markt<br />

etabliert, bei dem letztlich das Fremdkapital eines<br />

Projekts frei gehandelt wird. Dieses Produkt hat<br />

sich als besonders robust behauptet. Mit zunehmendem<br />

Druck auf Banken, die Eigenkapitalreserven<br />

zu erhöhen, wurden – sofern überhaupt<br />

noch eine langfristige Finanzierung angeboten<br />

wurde – die Konditionen in den letzten Jahren<br />

kontinuierlich schlechter. Bondfinanzierungen kamen<br />

entsprechend in den letzten Jahren fast ausschließlich<br />

für Langfristfinanzierungen zur Anwendung.<br />

Daneben sind auch Pensionsfonds und<br />

ähnliche institutionelle Anleger bei kleineren Projekten<br />

bereit, eine Finanzierung zu übernehmen –<br />

wenn sie nicht den Umweg über die Bonds gehen.<br />

In diesem Fall hat man zusätzlich den Vorteil,<br />

dass keine Rating-Agenturen eingeschaltet<br />

werden müssen.<br />

Neue Wege gehen<br />

Der kanadische PPP-Markt entwickelt sich weiter.<br />

Lag das Hauptaugenmerk der vergangenen<br />

Jahre auf Straßenbau, Gesundheitssektor und<br />

Strafvollzug, so werden nun neue Wege beschritten.<br />

Britisch Columbia schreibt derzeit ein Wasserkraftwerk<br />

aus, weitere Energieprojekte sind<br />

in Vorbereitung, ebenfalls im Bereich Wasseraufbereitung<br />

und öffentlicher Nahverkehr. Ob und<br />

inwieweit sich das Modell der integrierten Finanzierung<br />

hier auch bewährt, wird sich zeigen.<br />

Aber wenn diese Projekte ebenfalls so strukturiert<br />

und engagiert angegangen werden wie in den<br />

vergangenen Jahren, dann ist die erfolgreiche Abwicklung<br />

auf einem guten Weg.<br />

188


PPP in Australien: Peninsula Link als Meilenstein<br />

beim Ausbau des Autobahnnetzes<br />

Von Oliver Lauw<br />

In den 1970er Jahren war die Vision einer mautfreien Autobahnverbindung<br />

zwischen Melbournes östlichen Stadtteilen und der Mornington-<br />

Peninsula-Autobahn nicht mehr als ein Wahlversprechen. Jetzt, 40 Jahre<br />

später, ist die Vision Realität geworden.<br />

Seit Beginn des Jahres verbindet die „Peninsula-<br />

Link“-Autobahn die wunderschöne und historisch<br />

interessante Naturlandschaft der Mornington-Halbinsel<br />

mit dem Stadtzentrum sowie den<br />

äußeren östlichen Stadtteilen von Melbourne.<br />

Am 18. Januar 2013 wurde das AUD 759-Millionen-Dollar-Projekt<br />

(584,46 Millionen Euro) für<br />

den Verkehr freigegeben. Für die Region ist es ein<br />

wichtiges Stück Infrastruktur. Verkehrsstaus in<br />

zahlreichen Gemeinden entlang der alten Landstraße<br />

gehören seitdem der Vergangenheit an. Die<br />

Reisezeit zwischen Melbourne und Mornington,<br />

die früher über eine Stunde dauerte, wird nun auf<br />

ca. 17 Minuten verkürzt, da das neue<br />

27 Kilometer lange, vierspurige Stück<br />

Autobahn die Lücke zwischen der Autobahn<br />

„EastLink“ und dem Mornigton<br />

Peninsula Freeway schließt.<br />

Klassische PPP-Struktur<br />

Am 20. Januar 2010 erhielt das von Bilfinger<br />

Project Investments geleitete Konsortium „Southern<br />

Way“ den Zuschlag zum Planen, Bauen,<br />

Finanzieren und Betreiben der Peninsula-Link-<br />

Autobahn. Nach nur zwei Wochen, am 8. Februar<br />

2010, wurde der<br />

Financial Close erzielt.<br />

Bereits zu diesem Zeitpunkt<br />

verfügte das Projekt<br />

über einen sehr hohen<br />

Bekanntheitsgrad,<br />

da es nicht wie sonst<br />

in Australien üblich als<br />

Mautmodell, sondern<br />

als Verfügbarkeitsmodell<br />

realisiert wurde.<br />

Oliver Lauw ist<br />

Projektmanager bei<br />

Bilfinger Project Investments,<br />

Australien,<br />

und dort für die<br />

Projekte im Betrieb<br />

verantwortlich.<br />

INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN<br />

Der 27 Kilometer lange Peninsula Link Freeway verbindet<br />

den Mornigton Peninsula Freeway in Mount Martha mit der<br />

East Link Toll Road in Carrum Downs<br />

Die Umsetzung des Projekts<br />

erfolgt innerhalb<br />

einer klassischen PPP-<br />

Struktur durch die Projektgesellschaft<br />

„Southern<br />

Way“ sowie das<br />

Bauunternehmen Abigroup,<br />

verantwortlich für Planung und Bau, und<br />

Lend Lease Infrastructure Services, zuständig für<br />

189


IR<br />

(AECOM, Balfe)<br />

Proof Engineer (SMEC)<br />

SKM / Aurocon<br />

DJV<br />

Struktur des Peninsula-Link-Projekts<br />

ABI Group<br />

D&C, 3 years<br />

Linking Melbourne Authority (State)<br />

Southern Way (Project Company)<br />

Finance, D&C, O&M, hand back<br />

27 years and 10 months<br />

Bilfinger Project Investments<br />

(Project Co Manager)<br />

DCOM<br />

Interface Agreement<br />

ARM / Urbis<br />

AJV<br />

LLIS*<br />

O&M, 25 years<br />

den 25-jährigen Betrieb. Bilfinger Projects Investments<br />

hält 33 Prozent der Anteile am Projekt<br />

und managt gleichzeitig die Projektgesellschaft<br />

während der Planungs-, Bau- und Betriebsphase.<br />

Betrachtet man die Projektdaten, wird die technische<br />

Herausforderung des Projekts deutlich: Im<br />

Zuge der dreijährigen Bauphase wurden entlang<br />

der gesamten Strecke vier Millionen Kubikmeter<br />

Erdreich bewegt und 375 vorgefertigte Betonträger<br />

eingebaut – einige der größeren Träger sind<br />

32 Meter lang und wiegen einzeln 80 Tonnen,<br />

insgesamt 24.000 Tonnen. Außerdem wurden<br />

400.000 Tonnen Asphalt gelegt, über 6.400 Lärmschutzwandelemente<br />

installiert und ca. 1,7 Millionen<br />

Gräser, Büsche und Bäume angepflanzt. Der<br />

Projektumfang beschränkt sich nicht nur auf den<br />

Bau der neuen Autobahn samt 11 Anschlussstellen,<br />

3 Autobahnkreuzen sowie 28 Brücken. Der<br />

Bau von 25 Kilometer Geh- und Fahrradweg sowie<br />

die Installation von mehreren urbanen Kunstelementen<br />

entlang der Autobahn sind Teil des<br />

PPP-Vertrags.<br />

Innovative bauliche Lösungen<br />

Finance<br />

Payment Certifier<br />

(Davis Langdon)<br />

Facility Agent (ANZ)<br />

Debt - $770M<br />

Equity - $124M<br />

*Lend Lease Infrastructure Services<br />

So wurde beim Bau des Peninsula Link<br />

erstmalig im Staat Victoria ein neuer<br />

Typ von Lärmschutzwand installiert.<br />

Die einzelnen Wandelemente bestehen<br />

aus recyceltem Polyethylen, einem<br />

extrem robusten Plastikkunststoff mit<br />

hoher Lebensdauer. Die sogenannten<br />

Poly Panels, hergestellt durch einen<br />

lokalen Produzenten in unmittelbarer<br />

Nähe der Autobahn, überzeugen<br />

durch ihre hohe Umweltfreundlichkeit.<br />

Im Vergleich zu üblichen Lärmschutzwänden,<br />

z.B. aus Beton, ist der<br />

CO 2<br />

-Ausstoß bei der Produktion der Poly Panels<br />

sehr gering. Die Oberfläche der einzelnen Paneele<br />

lässt sich nach Bedarf gestalten. So wurde eine<br />

nichtporöse Oberflächenstruktur gewählt, die den<br />

Reinigungsaufwand reduziert, die Lebensdauer<br />

erhöht und gleichzeitig die Paneele resistenter gegen<br />

Graffiti macht. Das Vandalismusrisiko durch<br />

Graffiti liegt während der 25-jährigen Betriebsdauer<br />

beim Betreiber Lend Lease.<br />

Lärmschutzwand bestehend aus recyceltem Polyethylen.<br />

Die nichtporöse Oberflächenstruktur macht die Paneele<br />

resistenter gegen Graffiti<br />

Sehr hohe Umweltschutzanforderungen haben<br />

zur Komplexität des Projekts beigetragen. Daher<br />

war es umso wichtiger, innovative bauliche Lösungen<br />

einzusetzen, die sich problemlos in den<br />

Bauprozess integrieren ließen und gleichzeitig<br />

den hohen australischen bautechnischen Standards<br />

sowie Umweltschutzauflagen entsprachen.<br />

Um den Standards für die Reduzierung von Verkehrslärm<br />

im Staat Victoria zu entsprechen, erfolgte<br />

die Anordnung der Lärmschutzwände nach<br />

einem strengen Lärm-Modell-Prozess. Die Poly<br />

Panels sind entlang der Autobahn in Abschnitten<br />

von Frankston, Carrum Downs, Seaford und Baxter<br />

aufgestellt. In anderen Bereichen wurden oxidierte<br />

Stahlwände oder Erdwälle als Lärmschutz<br />

verwendet. Das Gesamterscheinungsbild aller<br />

190


Lärmschutzwände gliedert sich harmonisch in die<br />

Landschaft ein.<br />

Umweltmanagement-Strategie<br />

Wie die meisten großen Straßenbauprojekte sah<br />

sich auch der Bau des Peninsula Link einigen umwelttechnischen<br />

Herausforderungen gegenüber.<br />

So wurde eine Umweltmanagement-Strategie für<br />

das Projekt entwickelt, um die Auswirkungen auf<br />

Umwelt und Natur entlang des Autobahnkorridors<br />

in Grenzen zu halten.<br />

Die Strategie deckt Bereiche wie z.B. Flora und<br />

Fauna, Erde und Wasser, Luftqualität und Gräsermanagement<br />

ab und setzt sich aus zehn verschiedenen<br />

Managementplänen zusammen. Der<br />

optimale Erhalt des bestehenden Ökosystems<br />

war dabei oberste Priorität. Es wurde z.B. für<br />

den Bereich Flora und Fauna vor Beginn der Baumaßnahme<br />

eine umfassende Studie erstellt. Entsprechend<br />

dieser Untersuchung wurden Samen<br />

der natürlichen Pflanzenwelt gesammelt und für<br />

die spätere Rekultivierung in einer Samenbank<br />

eingelagert. Des Weiteren wurde unter Berücksichtigung<br />

des Know-hows der lokalen Gemeindemitglieder<br />

der natürliche Bewuchs entfernt,<br />

umgesiedelt und bei der Revitalisierung später<br />

wieder eingesetzt. Während der Bauphase wurden<br />

No-Go-Gebiete rund um geschützte Vegetationszonen<br />

und Kulturstätten der Urbevölkerung<br />

eingerichtet und von den Bauarbeiten separiert.<br />

Bei der Landschaftsplanung wurde darauf geachtet,<br />

dass der natürliche Lebensraum der Tierwelt<br />

erhalten blieb. Waren Tiere dennoch von den<br />

Bauarbeiten betroffen, wurden diese durch qualifizierte<br />

Wildtierpfleger umgesiedelt. Mehrere<br />

Tiertunnel wurden entlang der Strecke errichtet,<br />

sodass eine Querung der neuen Autobahn für die<br />

Tierwelt weiterhin möglich ist.<br />

Kunst am Bau<br />

Die Installation mehrerer urbaner Kunstelemente<br />

ist ein wesentlicher Bestandteil des PPP-Vertrags.<br />

„Rex Australis“ des Melbourner Künstlers Dean Colls, erschaffen<br />

aus korrodiertem Stahl, ist eine der Skulpturen entlang<br />

des Peninsula Link<br />

Durch die Aufstellung von Kunstwerken entlang<br />

der Autobahn soll die visuelle Attraktivität<br />

der Autobahn erhöht und Unfälle, insbesondere<br />

durch Ermüdung, vermieden werden. Die Projektgesellschaft<br />

Southern Way ist dazu eine einzigartige<br />

Partnerschaft mit der McClelland-Galerie<br />

und einem Skulpturenpark eingegangen. Die<br />

Partnerschaft sieht vor, dass alle vier Jahre zwei<br />

der zahlreichen Skulpturen entlang der Autobahn<br />

ausgewechselt und durch neue Kunst – ausgewählt<br />

im Zuge eines Skulpturenwettbewerbs<br />

– ersetzt werden. Während der 25-jährigen Betriebsphase<br />

wird die Projektgesellschaft Southern<br />

Way somit die Schaffung von 14 Skulpturen in<br />

Auftrag geben.<br />

Skulpturen, die ersetzt werden, finden ihren<br />

endgültigen Bestimmungsort im nahe gelegenen<br />

Skulpturenpark. Das Peninsula-Projekt bietet somit<br />

der McClelland-Galerie die großartige Möglichkeit,<br />

ihr Repertoire vorzustellen. Gleichzeitig<br />

wird die bewegte Kunstgemeinde auf der Peninsula<br />

gefördert und das kulturelle Angebot der angrenzenden<br />

Gemeinden erhöht.<br />

Natürlich sind es nicht nur die Skulpturen, die<br />

den Peninsula Link gut aussehen lassen. Sorgfältig<br />

durchdachtes und sensibles Design helfen die<br />

Autobahn mit der Umgebung in Einklang zu bringen.<br />

So wurden für die Lärmschutzwände Erdfarben<br />

ausgewählt, für Brücken und Pfeiler hingegen<br />

lebhafte Farben. Bei Nacht werden Peninsula<br />

191


Portal, Skye Road, Cranbourne Road und die Willow-Road-Brücke<br />

beleuchtet.<br />

Zusammenarbeit mit den angrenzenden<br />

Gemeinden<br />

Da der Peninsula Link ein Kernstück des Autobahnnetzes<br />

der Region sein wird, war eine<br />

umfangreiche Einbindung der angrenzenden<br />

Gemeinden umso wichtiger. Zu Beginn der Bauphase<br />

wurde daher eine kommunale Beratungsgruppe<br />

eingerichtet, eine sogenannte community<br />

advisory group (CAG). Die CAG bestand aus<br />

Vertretern des Stadtrats von Frankston und Mornington<br />

Peninsula, Anwohnern, verschiedenen<br />

Interessengruppen, Linking Melbourne Authority,<br />

einer Zweigstelle des Straßenbauamtes des Staates<br />

Victoria und der Projektgesellschaft Southern<br />

Way. Aufgabe dieses Gremiums war, das bestmögliche<br />

Ergebnis aus Sicht der Anwohner zu erzielen<br />

und gleichzeitig eine gute Kommunikation<br />

zwischen den vom Bau betroffenen Gemeinden<br />

und der Projektgesellschaft Southern Way sicherzustellen.<br />

Zusätzlich wurden ehrenamtliche Mitarbeiter<br />

aus den einzelnen Gemeinden rekrutiert,<br />

um verschiedene Gebiete entlang der geplanten<br />

Autobahn zu repräsentieren. Dadurch wurde gewährleistet,<br />

dass wertvolles Wissen über die lokalen<br />

Rahmenbedingungen der Projektgesellschaft<br />

zur Verfügung stand und dass die Auswirkungen<br />

der Bauarbeiten auf die angrenzenden Gemeinden<br />

so gering wie möglich blieben.<br />

Auch das eingerichtete Informationszentrum<br />

hat den Informationsaustausch verstärkt und zu<br />

dem guten Kontakt zwischen Bevölkerung und<br />

der Projektgesellschaft beigetragen. Während der<br />

Bauphase wurden dort für die interessierte Bevölkerung<br />

die einzelnen Phasen des Bauprozesses<br />

anhand von Modellen erklärt. Ein Modell der<br />

fertigen Autobahn einschließlich der nördlichen<br />

und südlichen Anschlussstellen half den zahlreichen<br />

Besuchern, sich mit der neuen Infrastruktur<br />

vertraut zu machen. Die Resonanz seitens der Bevölkerung<br />

ist seit Freigabe der Autobahn durchweg<br />

positiv.<br />

Erfolgsfaktoren des Projekts<br />

Wenn es um die Messung von Erfolg bei PPP-Projekten<br />

geht, werden am häufigsten die Faktoren<br />

Zeit und Kosten betrachtet. Die Erfolgsfaktoren<br />

des Peninsula-Link-Projekts sind jedoch weitreichender.<br />

Zusätzlich zu den Zeit- und Kostenvorteilen,<br />

die das PPP-Modell im Vergleich zur konventionellen<br />

Realisierung bietet, kann das Projekt<br />

eine Vielzahl von nicht direkt messbaren Erfolgen<br />

aufweisen:<br />

x Für die Bauphase wurden sehr hohe Arbeitssicherheitsstandards<br />

eingeführt. Die konsequente<br />

Anwendung dieser Standards spiegelt sich<br />

in einer Million Arbeitsstunden ohne unfallbedingte<br />

Arbeitsausfälle wider.<br />

x Die dreijährige Bauphase bot 8.000 Menschen<br />

Arbeit. Dabei wurden insbesondere lokale Unternehmen<br />

in das Projekt eingebunden. Auch<br />

während der Betriebsphase wird es ein wichtiger<br />

Jobmotor für die Region bleiben.<br />

x Die einfühlsame und nachhaltige Planung und<br />

Ausführung stellt sicher, dass sich die Autobahn<br />

harmonisch in die Landschaft eingliedert.<br />

Mit dem umfangreichen Programm zum<br />

Schutz von Australiens gefährdeten Pflanzen<br />

und Tieren hat das Peninsula-Link-Projekt neue<br />

Standards hinsichtlich Ökologie gesetzt.<br />

Der Peninsula Link wurde von hohen politischen<br />

Persönlichkeiten als Erfolg gefeiert und ist ein gutes<br />

Beispiel, wie außergewöhnliche Ergebnisse<br />

mittels eines PPP-Modells erzielt werden können.<br />

Das Projekt wurde ausgeführt von einem Projektteam<br />

mit spezialisiertem technischem Personal,<br />

das auch in kommerziellen Bereichen in der Lage<br />

war, sich mit den Kunden und den verschiedenen<br />

Interessengruppen auf jeder Ebene auseinanderzusetzen.<br />

Die umweltschonende Ausführung des<br />

Projekts durch Southern Way – trotz aller Herausforderungen,<br />

die mit der Realisierung einhergingen<br />

– wird noch viele Jahre als Meilenstein<br />

und Vorzeigeprojekt des australischen PPP-Straßenbaus<br />

gelten.<br />

192


DIE BRANCHE IM ÜBERBLICK<br />

INVESTOREN/ENTWICKLER/<br />

BETREIBER<br />

BERATER/PLANER<br />

A1


DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />

DIE INVESTOREN/<br />

ENTWICKLER/<br />

BETREIBER<br />

A3


DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />

TELEFON:<br />

+49 611 / 33 480 0<br />

FAX:<br />

+49 611 / 33 480 299<br />

E-MAIL:<br />

info@pi.bilfinger.com<br />

INTERNET:<br />

www.pi.bilfinger.com<br />

WAS WIR ÜBER DIE<br />

INVESTITION HINAUS<br />

BIETEN:<br />

x Planen<br />

x Bauen<br />

x Finanzieren<br />

x Betreiben<br />

x Instandhalten<br />

WARUM WIR DER<br />

RICHTIGE INVESTOR<br />

FÜR SIE SIND:<br />

Der Ingenieur- und<br />

Dienstleistungskonzern<br />

deckt alle Leistungen über<br />

den Lebenszyklus einer<br />

Immobilie und Infrastruktureinrichtung<br />

ab.<br />

Dazu gehören als Partner:<br />

Bilfinger Project<br />

Investments GmbH<br />

Gustav-Nachtigal-Straße 3<br />

65189 Wiesbaden<br />

Bilfinger Hochbau GmbH<br />

Herriotstraße 1<br />

60528 Frankfurt am Main<br />

Bilfinger Project Investments GmbH<br />

Gustav-Stresemannring 1<br />

65189 Wiesbaden<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Dirk Söhngen, Martin Pugh<br />

Telefon: +49 611 / 33 480 0<br />

E-Mail: volker.ellenberg@pi.bilfinger.com<br />

Bilfinger Project Investments GmbH – Volker Ellenberg<br />

Bilfinger Hochbau GmbH – Hans-Peter Richter, Lorenz Kohlbecker<br />

Größenordnung des<br />

Investments:<br />

Sektorale<br />

Schwerpunkte:<br />

Geografische<br />

Schwerpunkte:<br />

BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />

Der Ingenieur- und Dienstleistungskonzern Bilfinger SE<br />

ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung<br />

von Betreiberprojekten für die öffentliche Hand und die<br />

Privatwirtschaft. Seit Markteintritt wurden über 72 privatwirtschaftlich<br />

realisierte Projekte mit einem Investitionsvolumen<br />

von rund 15 Milliarden Euro realisiert. Es wurde<br />

hierbei Eigenkapital von rund 630 Millionen Euro investiert.<br />

Bilfinger ist im Segment des öffentlichen Hochbaus wie<br />

Schulen, Krankenhäuser, Gefängnisse und Verwaltungs -<br />

gebäude sowie im Bereich der Verkehrsinfrastruktur bei<br />

Straßen, Tunnel, Brücken und Schienen tätig. Ein weiterer<br />

Schwerpunkt sind erneuerbare Energieprojekte.<br />

Bilfinger ist vertreten in Europa, hier insbesondere in<br />

allen deutschsprachigen Ländern, Osteuropa, Skandinavien,<br />

Großbritannien/Irland sowie in Australien und<br />

Nordamerika.<br />

Realisierung: Bilfinger bevorzugt eine langfristige Eigenkapitalbetei -<br />

ligung in PPP-Projekte mit Betriebszeiten von bis zu<br />

30 Jahren.<br />

UNTERNEHMENSDATEN:<br />

Bilfinger HSG Facility<br />

Management GmH<br />

An der Gehespitz 50<br />

63263 Neu-Isenburg<br />

Vorstand:<br />

Roland Koch (Vorstandsvorsitzender),<br />

Thomas Töpfer, Joachim Enenkel, Joachim Müller,<br />

Dr. Jochen Keysberg<br />

Gründungsjahr: 1999<br />

Mitarbeiter: ca. 65.000<br />

Standorte:<br />

Deutschland, Großbritannien, Australien und Kanada<br />

A4


GOLDBECK Public Partner GmbH<br />

Ummelner Straße 4-6<br />

33649 Bielefeld<br />

Ihr Ansprechpartner<br />

Dr. Andreas Iding<br />

Telefon: +49 521 / 94 88 1510<br />

E-Mail: andreas.iding@goldbeck.de<br />

BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />

Größenordnung des Investments: GOLDBECK Public Partner ist mit insgesamt<br />

20 Projektreferenzen im ÖPP-Markt<br />

erfolgreich vertreten. Die angebotenen<br />

Investitionsgrößen liegen zwischen 3 und<br />

100 Millionen Euro.<br />

Finanzierungsphase:<br />

Branchen:<br />

Geografische Schwerpunkte:<br />

Beteiligungszeitraum:<br />

Vorstand/Geschäftsführer:<br />

GOLDBECK investiert in Einzelfällen<br />

Eigenkapital bzw. arbeitet mit strategischen<br />

Investoren für ÖPP-Projekte zusammen.<br />

GOLDBECK strukturiert die Finanzierung<br />

sowohl für Forfaitierungs- als auch für<br />

Projektfinanzierungsmodelle.<br />

GOLDBECK deckt den öffentlichen Hochbau<br />

ab und hat sich auf Büro- und Verwaltungsgebäude,<br />

Schulen, Sporthallen sowie<br />

Feuerwachen spezialisiert.<br />

GOLDBECK bietet bundesweit in jeder<br />

Region Projekte an.<br />

GOLDBECK ist langfristiger Vertragspartner.<br />

Dies gilt im Einzelfall als strategischer<br />

Finanzinvestor, in jedem Fall als operativ<br />

langfristiger Partner für das Gebäude -<br />

management.<br />

UNTERNEHMENSDATEN:<br />

Jan-Hendrik Goldbeck, Dr. Andreas Iding<br />

Gründungsjahr: GOLDBECK-Gruppe: 1969,<br />

GPP: 2006<br />

Mitarbeiter: GOLDBECK-Gruppe: ca. 3.300,<br />

GPP: 30<br />

Standorte:<br />

GOLDBECK verfügt in Deutschland über<br />

29 Standorte, international über 9 Standorte.<br />

TELEFON:<br />

+49 521 / 94 88 1511<br />

FAX:<br />

+49 521 / 94 88 1519<br />

E-MAIL:<br />

info@goldbeck.de<br />

INTERNET:<br />

www.goldbeck.de<br />

WAS WIR ÜBER DIE<br />

INVESTITION HINAUS<br />

BIETEN:<br />

x Die GOLDBECK Public Partner<br />

GmbH (GPP) ist integrativer<br />

Bestandteil in der inhabergeführten<br />

und mittelständisch geprägten<br />

GOLDBECK-Firmen gruppe.<br />

x Wirtschaftliche Unabhängigkeit<br />

und exzellente Bonität.<br />

x GOLDBECK hat eigene Werke<br />

für die industrielle Produktion<br />

von Bauelementen. Dies schafft<br />

Unabhängigkeit vom Beschaffungsmarkt<br />

und hohe Flexibilität<br />

beim Einsatz der Ressourcen.<br />

WARUM WIR DER<br />

RICHTIGE INVESTOR<br />

FÜR SIE SIND:<br />

Eine langfristige und für beide<br />

Seiten gewinnbringende Partnerschaft<br />

ist oberstes Primat der GPP.<br />

Wirtschaftlichkeit und Architektur<br />

sind für uns kein Widerspruch,<br />

sondern eine Herausforderung.<br />

Wir bieten alles aus einer Hand.<br />

Über 300 Architekten, Fachplaner<br />

und Ingenieure bei GOLDBECK<br />

bringen ihr Know-how in die<br />

ÖPP-Projekte ein.<br />

Die Prozesssicherheit und der<br />

Einsatz von vorgefertigten Bauelementen<br />

ermöglicht Witterungs -<br />

unabhängigkeit bei der Realisierung,<br />

einen deutlich höheren<br />

Qualitäts standard und sehr kurze<br />

Bauzeiten.<br />

GOLDBECK strebt eine direkte<br />

Vertragsbeziehung an und sichert<br />

eine langfristige Personen kontinuität<br />

der Ansprechpartner zu.<br />

DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />

A5


DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />

TELEFON:<br />

+49 69 / 633 05 - 0<br />

FAX:<br />

+ 49 69 / 633 05 - 111<br />

E-MAIL:<br />

kontakt@hannoverleasing.de<br />

INTERNET:<br />

www.hannoverleasing.de<br />

WARUM SIE MIT<br />

UNS ZUSAMMEN<br />

ARBEITEN SOLLTEN:<br />

Hannover Leasing entwickelt<br />

für Investitionsmaßnahmen<br />

individuelle Finanzierungs -<br />

lösungen mit ausgewogenen<br />

Sicherheitenkonzepten. Wir<br />

sind über den gesamten Projektablauf<br />

– von der Präqualifikation<br />

bis zum Ablauf der<br />

Nutzungsphase – alleiniger<br />

Ansprechpartner des öffentlichen<br />

Auftraggebers. Somit<br />

ist die Kontinuität und die<br />

Qualität des Investitionsvorhabens<br />

während des gesamten<br />

Immobilienlebenszyklus<br />

sichergestellt.<br />

WARUM WIR DER<br />

RICHTIGE INVESTOR<br />

FÜR SIE SIND:<br />

Hannover Leasing steht für<br />

Qualität, Erfahrung, Termintreue<br />

sowie Kreativität und<br />

ist ein verlässlicher Partner<br />

für eine nachhaltige Kooperation<br />

mit dem öffentlichen<br />

Auftraggeber. Unsere lang -<br />

fristige wirtschaftliche Stabilität<br />

wird insbesondere durch<br />

unseren Gesellschafterhinter -<br />

grund mit der Landesbank<br />

Hessen-Thüringen und dem<br />

Sparkassenverband Hessen-<br />

Thüringen gestärkt.<br />

HANNOVER LEASING GmbH & Co. KG<br />

Wolfratshauser Straße 49<br />

82049 Pullach<br />

Ihr Ansprechpartner<br />

Martin Eilbacher, Bereichsleiter Assetklasse Public Private Partnership<br />

Telefon: +49 69 / 63 305 - 0<br />

E-Mail: martin.eilbacher@hannover-leasing.de<br />

BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />

Größenordnung des<br />

Investments:<br />

Leistungsspektrum:<br />

Realisierung:<br />

UNTERNEHMENSDATEN:<br />

Gründungsjahr: 1981<br />

Mitarbeiter: 219<br />

Standort:<br />

Ab einem Investmentvolumen von<br />

20 Mio. Euro.<br />

Hannover Leasing ist spezialisiert<br />

auf die Entwicklung von maßgeschneiderten<br />

Finanzierungsstrukturen<br />

für die erfolgreiche Durchführung<br />

von öffentlich-privaten Vorhaben im<br />

Miet-, Leasing- und Inhabermodell.<br />

Unser Investitionsvolumen der im<br />

öffentlichen Sektor realisierten Projekte<br />

beläuft sich auf rund 1,9 Mrd.<br />

Euro bei einem investierten Eigen -<br />

kapital von etwa 600 Mio. Euro.<br />

x Feuerwache Mülheim an der Ruhr<br />

x Neubau der Hochtaunus-Kliniken,<br />

Bad Homburg und Usingen<br />

x Justiz- und Verwaltungszentrum,<br />

Wiesbaden<br />

x Bildungszentrum HLL, Dreieich<br />

Pullach<br />

A6


HOCHTIEF Solutions AG<br />

Segment PPP Solutions<br />

Alfredstraße 236<br />

45133 Essen<br />

Ihr Ansprechpartner<br />

Peter Coenen, Vorsitzender der Segmentleitung PPP Solutions<br />

Telefon: +49 201 / 824 - 2071<br />

E-Mail: peter.coenen@hochtief.de<br />

Sektorale<br />

Schwerpunkte:<br />

Geografische<br />

Schwerpunkte:<br />

Portfolio:<br />

Vorstand:<br />

Segmentleitung<br />

PPP Solutions:<br />

Gründungsjahr: 2011<br />

Mitarbeiter: 15.000<br />

Standorte:<br />

BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />

Die PPP-Experten von HOCHTIEF Solutions sind in den<br />

Geschäftsfeldern Straßen und Soziale Infrastruktur aktiv und<br />

engagieren sich darüber hinaus in den Bereichen Energie<br />

(Off shore-Windparks, Geothermie-Kraftwerke, Pumpspeicherwerke)<br />

sowie Häfen und Hafenterminals.<br />

In der Verkehrs- und sozialen Infrastruktur bietet das Unternehmen<br />

seinen Partnern der öffentlichen Hand alle Leistungen aus<br />

einer Hand: Planung, Finanzierung, Bau/Sanierung und Betrieb.<br />

Das Segment PPP Solutions der HOCHTIEF Solutions AG<br />

verfügt über Standorte in Europa (Deutschland, Griechen land,<br />

Großbritannien), Nordamerika (Kanada, Vereinigte Staaten),<br />

Südamerika (Chile) und Asien (Indien).<br />

Das Portfolio im HOCHTIEF-Solutions-Segment PPP Solutions<br />

umfasst zurzeit 31 PPP-Projekte mit einem Investitions vo lumen<br />

von mehr als sieben Milliarden Euro. Dazu gehören zehn<br />

Projekte der Straßenverkehrsinfrastruktur mit einer Ge samt länge<br />

von mehr als 800 Kilometern. Die 21 Projekte der Sozi alen<br />

Infrastruktur beinhalten 123 Schulen mit ca. 90.000 Schülerinnen<br />

und Schülern, 18 Polizeieinrichtungen, ein Bürgerzentrum<br />

und eine Kaserne. Darüber hinaus ist das Unternehmen an<br />

der Entwicklung von zwei Geothermiekraftwerken und einem<br />

Pumpspeicherwerk sowie einem Offshore-Windpark beteiligt.<br />

UNTERNEHMENSDATEN:<br />

Dipl.-Ing. Wolfgang Homey,<br />

Dipl.-Ing. Ullrich Reinke<br />

Peter Coenen, Wilfried Rammler<br />

Die HOCHTIEF Solutions AG ist in Europa und vielen<br />

Wachstumsregionen weltweit tätig.<br />

TELEFON:<br />

+49 201 / 824 - 1273<br />

FAX:<br />

+49 201 / 824 - 91273<br />

E-MAIL:<br />

info-ppp@hochtief.de<br />

INTERNET:<br />

www.hochtief-solutions.de<br />

WAS WIR ÜBER DIE<br />

INVES TITION HINAUS<br />

BIETEN:<br />

Unsere Angebotspalette für<br />

privat finanzierte Infrastruktur -<br />

projekte umfasst Planen,<br />

Finanzie ren, Bauen und Be -<br />

treiben aus einer Hand. Damit<br />

decken wir den kompletten Entstehungs-<br />

und Lebenszyklus<br />

eines Projekts ab.<br />

Wir analysieren und optimieren<br />

Projektstrukturen durch erfahrene<br />

Teams aus Finanz- und Vertragsexperten.<br />

Wir bieten maßgeschneiderte<br />

und nutzer orientierte Projekt -<br />

lösungen.<br />

x<br />

x<br />

x<br />

WARUM WIR DER<br />

RICHTIGE INVESTOR<br />

FÜR SIE SIND:<br />

x<br />

x<br />

Wir entwickeln innovative und<br />

optimierte Projektstrukturen und<br />

Finanzierungskonzepte, die für<br />

alle Beteiligten zu Win-Win-<br />

Lösungen führen. Dabei profitieren<br />

wir von unseren weltweiten<br />

Verbindungen zu Banken und<br />

Institutionen.<br />

Wir bringen unser Know-how<br />

und die Erfahrung aus zahlreichen<br />

PPP-Projekten weltweit<br />

auch in Ihr Projekt ein. In<br />

Deutschland gehören zu unseren<br />

Referenzen beispielsweise das<br />

derzeit bundesweit größte PPP-<br />

Hochbauprojekt im Bildungsbereich<br />

– 50 Schulen im Kreis<br />

Offenbach (Los Ost) sowie die<br />

beiden A-Modelle A4-Umfahrung<br />

Hörselberge und A8-Ulm-<br />

Augsburg. Zudem setzen wir mit<br />

der Fürst-Wrede-Kaserne das<br />

erste PPP-Hochbauprojekt des<br />

Bundes um.<br />

DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />

A7


Wir fördern Ihre Kommune.<br />

Zinsgünstige und maßgeschneiderte Finanzierungslösungen sowie Beratungsangebote<br />

zum kommunalen Zins- und Finanzmanagement: So fördern wir Ihre Kommune.<br />

Nutzen Sie unsere Beratungs- und Finanzierungsexpertise – zum Beispiel,<br />

um mehr Energie- und Ressourceneffizienz in Ihrer Kommune zu<br />

fördern. Fragen Sie uns: Tel. 0211 91741-4600 (Rheinland)<br />

oder 0251 91741-4600 (Westfalen). www.nrwbank.de


NRW.BANK<br />

Kavalleriestraße 22 Friedrichstraße 1<br />

40213 Düsseldorf 48145 Münster<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Kundenbetreuung Öffentliche Kunden<br />

Dr. Jörg Hopfe (Leiter), Telefon: +49 251 / 91 741 - 41 84<br />

Ralph Ishorst, Telefon: +49 251 / 91 741 - 24 24<br />

FINANZIERUNGSKRITERIEN:<br />

Größenordnung des<br />

Kapitalanteils der NRW.BANK:<br />

Finanzierungsphase:<br />

Branchen:<br />

Geografische<br />

Schwerpunkte:<br />

Finanzierungszeitraum:<br />

in der Regel bis zu 50 Mio. Euro<br />

grundsätzlich alle Phasen<br />

Öffentliche Infrastruktur<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

und mit NRW-Bezug<br />

UNTRNEHMENSDATEN:<br />

Vorstand/Geschäftsführer:<br />

Gründungsjahr: 2002<br />

Mitarbeiter: 1.255<br />

Sitze:<br />

je nach Transaktionsstruktur<br />

bis 30 Jahre<br />

Dietmar P. Binkowska (Vorsitz)<br />

Klaus Neuhaus<br />

Michael Stölting<br />

Dietrich Suhlrie<br />

Düsseldorf, Münster<br />

TELEFON:<br />

+49 251 / 91 741 4185<br />

FAX:<br />

+49 251 / 91 741 2666<br />

E-MAIL:<br />

oeffentliche-kunden<br />

@nrwbank.de<br />

INTERNET:<br />

www.nrwbank.de<br />

WAS WIR ÜBER DIE<br />

INVESTITION HINAUS<br />

BIETEN:<br />

Die NRW.BANK ist die Förderbank<br />

für Nordrhein-Westfalen. Sie<br />

unterstützt die Kreise, Städte und<br />

Gemeinden des Landes bei der<br />

Umsetzung ihrer Projekte und der<br />

Finanzierung ihrer Haushalte. Die<br />

NRW.BANK bietet zudem zahlreiche<br />

Förderprogramme für Infrastrukturmaßnahmen<br />

an und finanziert<br />

klassische Infrastrukturprojekte<br />

insbesondere der kommunalen<br />

Gesellschaften. In der Kommunalfinanzierung<br />

stellt die NRW.BANK<br />

ihren Kunden Beratung sowie<br />

bedarfsgerechte Finanzprodukte<br />

für Zins- und Liquiditätssteuerung<br />

zur Verfügung. Ein umfassendes<br />

Angebot zum kommunalen<br />

Finanzmanagement rundet das<br />

Leistungsspektrum ab.<br />

WARUM WIR DER<br />

RICHTIGE FINANZIERER<br />

FÜR SIE SIND:<br />

Die NRW.BANK bietet die Strukturierung<br />

und Finanzierung von<br />

ÖPP-Transaktionen mit Bezug zu<br />

Nordrhein-Westfalen an. Unabhängig<br />

davon, ob das Projekt als ÖPP<br />

oder Eigenrealisierung erfolgen<br />

soll, unterstützt die NRW.BANK<br />

die Kombination der drei Aspekte<br />

Beratung, Förderung und Finanzierung.<br />

In enger Abstimmung mit<br />

der Task Force des Landes unterstützt<br />

und finanziert die NRW.BANK<br />

die erfolgreiche Umsetzung von<br />

ÖPP-Maßnahmen des Landes und<br />

der Kommunen.<br />

DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />

A9


DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />

TELEFON:<br />

+49 621 / 8509 7351<br />

FAX:<br />

+49 621 / 8509 7309<br />

E-MAIL:<br />

fmgma@ske.eu<br />

INTERNET:<br />

www.ske.eu<br />

WAS WIR ÜBER DIE<br />

INVESTITION HINAUS<br />

BIETEN:<br />

x Sicherheiten und Finanzkraft<br />

– als Unternehmen<br />

der zur VINCI-Gruppe<br />

gehörenden Firmen, dem<br />

führenden Bau- und Kon -<br />

zessionsunternehmen<br />

weltweit.<br />

x Wissen und Know-how –<br />

das Unternehmen mit<br />

über dreißigjährigen Erfahrungen<br />

im Facility<br />

Management.<br />

x Experten und Fachleute –<br />

sie ergänzen das Portfolio<br />

des Unternehmens<br />

im Bereich des ÖPP. Auftragnehmer<br />

des größten<br />

ÖPP-Projekts „Kreis Offenbach“<br />

deutschlandweit.<br />

x Anbindung und Erfahrungsaustausch<br />

– durch<br />

die Verknüpfung anderer<br />

VINCI Unternehmen,<br />

insbesondere Unter -<br />

stützung von ÖPP in<br />

Osteuropa.<br />

WARUM WIR DER<br />

RICHTIGE INVESTOR<br />

FÜR SIE SIND:<br />

x Wir bereiten speziell entwickelte<br />

Gesamtlösungen<br />

für Ihre Immobilien vor.<br />

x Wir bieten Ihnen alle<br />

Leistungen von der Planung<br />

über Bau und<br />

Finanzierung bis hin<br />

zum Betrieb.<br />

x Unsere Herausforderung<br />

ist, für Sie den Wert Ihrer<br />

Gebäude und Liegen -<br />

schaften zu erhalten, zu<br />

steigern und dabei gleichzeitig<br />

Kosten zu senken.<br />

x Wir machen Ihre Immo -<br />

bilie zu unserem Kern -<br />

geschäft.<br />

Größenordnung<br />

des Investments:<br />

Finanzierungsphase:<br />

Leistungsspektrum:<br />

Geografische<br />

Schwerpunkte:<br />

Beteiligungszeitraum:<br />

Vorstand/<br />

Geschäftsführer:<br />

SKE Facility Management GmbH<br />

Siegmund-Schuckert-Straße 3<br />

68199 Mannheim<br />

Ihr Ansprechpartner<br />

Dipl.-Ing. Johannes Huismann<br />

Telefon: +49 621 / 8509 7351<br />

E-Mail: jhuismann@ske.eu<br />

BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />

SKE Facility Management GmbH (SKE), eines von 35 Tochterunternehmen<br />

innerhalb der VINCI Facilities Gruppe in Deutschland,<br />

ist heute mit über 1,14 Milliarden Euro Auftragseingang an<br />

vierzehn PPP-Projekten beteiligt.<br />

SKE investiert in Eigenkapital. Sie entwickelt und strukturiert<br />

langfristige Finanzierungen als Forfaitierungs- und auch Projekt -<br />

finanzierungsmodelle.<br />

SKE hat sich 1976 aus einem Bauunternehmen zum Dienstleister<br />

für Facility Management entwickelt und spezialisiert. Inzwischen<br />

bietet die Unternehmensgruppe ein weites Spektrum an Bau- und<br />

Baudienstleistungen über die Projektentwicklung, Planung und<br />

Finanzierung, Bau und Ausbau, Technische Gebäudeausrüstung,<br />

Instandhaltung und Sanierung sowie alle FM-Leistungen inklusive<br />

Betrieb über den gesamten Lebenszyklus einer Liegenschaft.<br />

SKE realisiert ÖPP-Projekte national und international. Die<br />

Unternehmensgruppe ist europaweit und in den USA tätig.<br />

SKE realisiert zurzeit ÖPP-Projekte mit einer Vertragslaufzeit bis<br />

zu dreißig Jahren mit Optionen auf Vertragsverlängerungen.<br />

UNTERNEHMENSDATEN:<br />

Geschäftsführer SKE Facility Management GmbH:<br />

Dipl.-Ing. Rainer Beisel, Dipl.-Ing. Johannes Huismann,<br />

Dipl.-Ing. (FH) Rainer Langer, Hermann Merkl<br />

Gründungsjahr: SKE GmbH 1988<br />

Mitarbeiter:<br />

Standorte:<br />

VINCI Facilities Gruppe: 1.928 Mitarbeiter<br />

SKE Facility Management GmbH: 174 Mitarbeiter<br />

SKE Facility Management GmbH: Deutschland<br />

VINCI Facilities Gruppe: Europaweit und USA<br />

A 10


VAMED Health Project GmbH<br />

Schicklerstraße 5-7<br />

10179 Berlin<br />

Ihre Ansprechpartnerin<br />

Dr. Petra Beckefeld, Geschäftsführerin<br />

Telefon: +49 30 / 24 62 69 600<br />

E-Mail: petra.beckefeld@vamed.com<br />

Größenordnung des<br />

Investments:<br />

Sektorale<br />

Schwerpunkte:<br />

Geografische<br />

Schwerpunkte:<br />

Realisierung:<br />

Gründungsjahr:<br />

health. care. vitality.<br />

BETEILIGUNGSKRITERIEN:<br />

Als international tätiger Dienstleister im Gesundheitswesen<br />

hat VAMED bereits 15 PPP-Projekte erfolgreich<br />

verwirklicht. Weitere zwei werden derzeit umgesetzt. Insgesamt<br />

hat VAMED mehr als 600 Gesundheitsprojekte<br />

in 70 Ländern erfolgreich realisiert.<br />

VAMED ist ausschließlich auf das Gesundheitswesen<br />

spezialisiert. Zu unseren Kunden gehören Krankenhäuser<br />

von der Grundversorgung bis hin zu Universitäts -<br />

klinika und Kranken hausketten, Rehabilitations- und<br />

Gesundheitszentren, Kurbe triebe und Seniorenresidenzen,<br />

Thermen und Wellnessresorts sowie Labor- und<br />

Forschungseinrichtungen.<br />

VAMED ist in Europa, Asien, Afrika, in Latein- und<br />

Südamerika sowie im Nahen und Mittleren Osten tätig.<br />

Ansprechpartner für Planungs-, Bau-, Sanierungs- und<br />

Finanzierungsprojekte in Deutschland ist die VAMED<br />

Health Project GmbH mit Sitz in Berlin.<br />

VAMED bietet die gesamte Wertschöpfungskette im<br />

Gesundheitswesen von der Beratung und Entwicklung<br />

über die Planung bis zur Errichtung und zum Management.<br />

Unsere Leistungen sind modulartig aufgebaut<br />

und können je nach Bedarf auch einzeln abgerufen<br />

werden. VAMED hat dabei stets den gesamten Lebens -<br />

zyklus einer Einrichtung im Blick.<br />

UNTERNEHMENSDATEN:<br />

1982 (VAMED-Gruppe)<br />

TELEFON:<br />

+49 30 / 24 62 69 600<br />

FAX:<br />

+49 30 / 24 62 69 90<br />

E-MAIL:<br />

officeVHP@vamed.com<br />

INTERNET:<br />

www.vamed.de<br />

WAS WIR ÜBER DIE<br />

INVES TITION HINAUS<br />

BIETEN:<br />

Errichten und erneuern:<br />

x Projektentwicklung<br />

x Betriebsorganisations planung<br />

x Masterplanung<br />

x Fachplanung<br />

x Neubau und Sanierung<br />

x Inbetriebnahme<br />

Betreiben und managen:<br />

x Medizintechnik<br />

x Krankenhausbetriebs technik<br />

x Informationstechnik<br />

x Sterilgutversorgung<br />

x OP<br />

WARUM WIR DER<br />

RICHTIGE INVESTOR<br />

FÜR SIE SIND:<br />

VAMED ist ausschließlich auf<br />

das Gesundheitswesen spezialisiert<br />

und verfügt über 30 Jahre<br />

Erfahrung in der Planung, Er -<br />

richtung und im Betrieb von<br />

Gesundheitseinrichtungen. Wir<br />

sind mit den Prozessen rund um<br />

die medizinische Versorgung<br />

von Patienten eng vertraut und<br />

kennen die Anforderungen von<br />

Ärzten und Pflegekräften an<br />

eine optimale bauliche, technische<br />

und logistische Infrastruktur.<br />

DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER<br />

Mitarbeiter:<br />

Standorte:<br />

3.724 (VAMED-Gruppe weltweit)<br />

38 weltweit<br />

A 11


«<br />

Jahrestagung Verwaltung & IT<br />

Chancen und Grenzen der<br />

IT-Unterstützung im öffentlichen Sektor<br />

26. November 2013 | Frankfurt am Main<br />

SAVE THE DATE<br />

Informationen erhalten Sie von:<br />

Dr. Mark Schiffhauer<br />

Tel. 0 69 / 79 40 95 - 62<br />

ms@convent.de


DIE BERATER / PLANER<br />

A 13


DIE BERATER / PLANER<br />

TELEFON:<br />

+49 211 / 9352 12639<br />

FAX:<br />

+49 211 / 9352 18288<br />

INTERNET:<br />

www.de.ey.com<br />

WARUM SIE MIT UNS<br />

ZUSAMMENARBEITEN<br />

SOLLTEN!<br />

Ernst & Young Real Estate GmbH<br />

Graf-Adolf-Platz 15<br />

40213 Düsseldorf<br />

Ihre Ansprechpartnerin<br />

Monica A. Schulte Strathaus<br />

Telefon: +49 211 / 9352 12639, Fax: +49 211 / 9352 18288<br />

E-Mail: anna-maria.tabbi@de.ey.com<br />

BERATUNGSSCHWERPUNKTE:<br />

Die Ernst & Young<br />

Real Estate GmbH steht für<br />

objek tive und proaktive Beratung<br />

auf höchstem fachlichen<br />

Niveau. Das Unternehmen ist<br />

eng in die deutsche Ernst &<br />

Young-Gruppe und das internationale<br />

Netzwerk eingebunden.<br />

Interdiszi plinäres Arbeiten<br />

gehört zum täglichen<br />

Geschäft.<br />

Ein Schwerpunkt unserer<br />

Arbeit ist die Entwicklung<br />

von maßgeschneiderten<br />

Lösungen im Bereich Public-<br />

Private-Partnership. Durch<br />

eine sehr gute und fachlich<br />

fundierte Beratung haben wir<br />

uns im PPP-Markt in Europa<br />

eine führende Position erarbeitet.<br />

Wir verfügen über um -<br />

fang reiche Erfahrungen in der<br />

Durchführung von PPP-Projekten<br />

im Hochbau und Verkehrsbereich<br />

für Auftraggeber<br />

der öffentlichen Hand und<br />

der Privatwirtschaft.<br />

Branchen:<br />

Spezialisierung:<br />

PPP-Beratung:<br />

Real Estate Consulting<br />

Wir verstehen uns als integrativer Dienstleister bei allen Fragen rund um<br />

das Thema Immobilie sowie bei der Lösung wirtschaflicher Fragestellungen<br />

bei (Verkehrs-) Infrastrukturprojekten. Mit den Kollegen aus anderen<br />

Un ter nehmens be reichen der Ernst & Young-Gruppe stellen wir lösungsorientierte<br />

Teams zusammen, die die Vielzahl von wirtschaftlichen, technischen<br />

und ju ristischen Auf gaben in Infrastrukturprojekten lösen.<br />

Öffentliche Hand:<br />

- Erstellung von Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen<br />

- Durchführung von Markterkundungen<br />

- Erstellung von Ausschreibungsunterlagen<br />

- Begleitung von Vergabeverfahren<br />

- Projektmanagement und Projektcontrolling<br />

Privatwirtschaft:<br />

- Immobilienwirtschaftliche Beratung<br />

- Financial Advisory und Modelling<br />

- Begleitung des Angebotsprozesses<br />

- Projektmanagement und Projektcontrolling<br />

- Strategisches Facility Management<br />

- Technische Due Dilligence<br />

UNTERNEHMENSDATEN:<br />

Vorstand/<br />

Geschäftsführer: Hartmut Fründ<br />

Gründungsjahr: 1998<br />

Mitarbeiter: 157<br />

Standorte: Berlin, Düsseldorf, Eschborn/ Frankfurt am Main, Hamburg, Köln,<br />

München, Stuttgart, Troisdorf<br />

Referenzkunden: Freie und Hansestadt Hamburg, Landeshauptstadt Düsseldorf, Großherzogtum<br />

Luxemburg, Kanton Bern, Deutschsprachige Gemeinschaft<br />

Belgiens, Kanton Luzern, Helmholtz Zentrum München, Stadt Nürnberg,<br />

Bundesministerium der Verteidigung, Finanzministerium NRW,<br />

Justizministerium Niedersachsen, Ministerium für Landesentwicklung<br />

und Verkehr Sachsen-Anhalt, BAM PPP Deutschland GmbH, Firmengruppe<br />

Max Bögl, Implenia Development AG, LHI Leasing GmbH,<br />

Rhein-Erft-Kreis, Kreis Unna.<br />

A 14


Turner & Townsend GmbH<br />

St.-Martin-Straße 76<br />

81541 München<br />

Ihr Ansprechpartner<br />

Dr. Stefan Reimoser<br />

Telefon: +49 89 / 550 545 - 121<br />

E-Mail: stefan.reimoser@turntown.com<br />

TELEFON:<br />

+49 89 / 550 545 - 0<br />

FAX:<br />

+49 89 / 550 545 - 100<br />

E-MAIL:<br />

munich@turntown.com<br />

INTERNET:<br />

www.turnerandtownsend.de<br />

DIE BERATER / PLANER<br />

BERATUNGSSCHWERPUNKTE:<br />

WARUM SIE MIT UNS<br />

ZUSAMMENARBEITEN<br />

SOLLTEN!<br />

Branchen:<br />

Spezialisierung:<br />

PPP-Beratung:<br />

Vorstand/Geschäftsführer:<br />

Gründungsjahr: 1946<br />

Infrastruktur: Luftfahrt, Bahn, Ver- und Entsorgung<br />

Immobilien: Verwaltung, Gesundheitssektor,<br />

Gewerbe, Produktionsanlagen und Reinräume, etc.<br />

Energieversorgung: Öl & Gas, erneuerbare Energien<br />

Turner & Townsend bietet technische Dienstleistungen<br />

über alle Projektphasen hinweg an, von der<br />

ersten Idee bis hin zum laufenden Betrieb.<br />

x Masterplanung und Machbarkeitsstudie<br />

x Lebenszykluskostenmodellierung<br />

und PSC-Ermittlung<br />

x Technische Beratung<br />

x Erstellung funktionaler Leistungs beschreibungen<br />

x FM-Beratung<br />

x Projektsteuerung<br />

x Technische Due Diligence<br />

x Projektmonitoring<br />

UNTERNEHMENSDATEN:<br />

Mitarbeiter: 3.100<br />

Standorte:<br />

Turner & Townsend GmbH Managing Board:<br />

Bernd Engelhardt, Dr. Stefan Reimoser,<br />

Jonathan White, Vincent Clancy<br />

München, Frankfurt, Berlin, Basel, Wien und<br />

weitere 75 Standorte weltweit<br />

Referenzkunden: BBR, Auswärtiges Amt, Hessisches Immobilien -<br />

management, div. Uni versitätsklinika, Deutsche<br />

Bahn, Siemens, Roche, Masdar, Novartis, Pfizer,<br />

RBS, Erste Bank, NIBC, SMBC, Kommunalkredit,<br />

Deka, Münchener Rück, Bayern LB, Nord LB,<br />

Deutsches Museum, BAM, Wiener Krankenanstal -<br />

tenverbund (KAV).<br />

Turner & Townsend ist ein<br />

globales Dienstleistungsunternehmen<br />

und berät<br />

Organisationen und Unternehmen<br />

bei der Entwick lung,<br />

Planung, Errichtung und dem<br />

Betrieb von Immobilien und<br />

Anlagen (Assets). Wir unterstützen<br />

unsere Kunden weltweit<br />

bei Projekten rund um<br />

Immobilien, Infrastruktur,<br />

Energieversorgung und Rohstoffgewinnung.<br />

Die Zusammenarbeit mit uns<br />

zahlt sich aus: Ziel unserer<br />

Arbeit ist es, Kunden dabei<br />

zu unterstützen, ihre Visionen,<br />

Ideen und Projekte<br />

erfolgreich um zu setzen und die<br />

gewünsch ten Ergebnisse zu<br />

erreichen – so effizient und<br />

risikoarm wie möglich.<br />

Wir bieten Ihnen die inter -<br />

nationale Erfahrung aus über<br />

200 betreuten PPP-Projekten<br />

weltweit, gepaart mit der<br />

lokalen Kompetenz im<br />

deutschsprachigen Raum.<br />

A 15


A 16


Katze im<br />

Klarsichtbeutel<br />

Im Vorhinein wissen, worauf man sich in Sachen Immobilien einlässt. Höchste<br />

Planungskompetenz und Ausführungsqualität integrieren. Kostensicherheit<br />

und Ressourcentransparenz nutzen. Für Eigentümer und Nutzer von<br />

Immobilien ist das oft eher Fiktion als Fakt.<br />

Bilfinger one ändert diese Spielregeln und macht aus Einschätzungen Gewissheit.<br />

Bilfinger one ist eine völlig neue, integrierte und ganzheitliche Art, Immobilien<br />

zu denken. Bilfinger one bündelt Fachkompetenzen von Planung bis Betrieb und<br />

eröffnet dem Eigentümer oder Nutzer eine neue Dimension von Planbarkeit,<br />

Wertschöpfung und Kosteneffizienz.<br />

Und weil diese Transparenz zu konkreten Resultaten führt, wird ein positives,<br />

planbares Ergebnis vertraglich garantiert – wenn Sie wollen über den<br />

gesamten Lebenszyklus Ihrer Immobilie!<br />

Informieren Sie sich unter www.one.bilfinger.com

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