18.01.2014 Aufrufe

Download der Datei - am Institut Arbeit und Wirtschaft - Universität ...

Download der Datei - am Institut Arbeit und Wirtschaft - Universität ...

Download der Datei - am Institut Arbeit und Wirtschaft - Universität ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Baustein V<br />

Software - Ergonomie


Inhaltsverzeichnis<br />

1. SOFTWARE – ERGONOMIE – WAS IST DAS? ..................................................1<br />

1.1 Mensch – Maschine - Dialog...............................................................................1<br />

1.2 Benutzerschnittstelle ..........................................................................................1<br />

1.3 Software – Ergonomie.........................................................................................1<br />

2. PRINZIPIEN DER DIALOGGESTALTUNG ..........................................................2<br />

2.1 Dialogprinzip „Kommandosprache“..................................................................2<br />

2.2 Dialogprinzip „Menüsteuerung“.........................................................................4<br />

2.3 Dialogprinzip „Direkte Manipulation“ ................................................................5<br />

2.4 Dialogprinzip „Formulardialog“ .........................................................................6<br />

2.5 Verhältnis Aufgabe – Benutzerprofil – Software...............................................7<br />

2.6 Auswirkungen schlecht gestalteter Software ...................................................8<br />

3. ANFORDERUNGEN AN DIE ERGONOMISCHE GESTALTUNG VON<br />

COMPUTERPROGRAMMEN................................................................................9<br />

3.1 Aufgabenangemessenheit ................................................................................11<br />

3.2 Selbstbeschreibungsfähigkeit..........................................................................13<br />

3.3 Steuerbarkeit......................................................................................................14<br />

3.4 Erwartungskonformität .....................................................................................15<br />

3.5 Fehlertoleranz ....................................................................................................16<br />

3.6 Individualisierbarkeit.........................................................................................17<br />

3.7 Lernför<strong>der</strong>lichkeit ..............................................................................................18<br />

4. DIE DURCHFÜHRUNG VON GEFÄHRDUNGSANALYSEN IM BEREICH<br />

DER SOFTWARE................................................................................................20<br />

4.1 Zielsetzung von <strong>Arbeit</strong>splatzanalysen.............................................................20<br />

4.2 Das Instrument im engeren Sinne: Expertise <strong>und</strong> schriftliche<br />

Benutzerbefragung............................................................................................20<br />

4.3 Anfor<strong>der</strong>ungen an Benutzerfragebögen..........................................................21


4.4 Durchführung <strong>der</strong> Analyse ............................................................................... 22<br />

4.5 Unterstützung <strong>der</strong> Analysevorbereitung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mängelbehebung ............ 23<br />

4.6 Spezielle Gesichtspunkte bei <strong>der</strong> Durchführung von<br />

<strong>Arbeit</strong>splatzanalysen......................................................................................... 23<br />

4.6.1 Son<strong>der</strong>fall Standardsoftware ............................................................................... 23<br />

4.6.2 Zus<strong>am</strong>menlegung gleichartige <strong>Arbeit</strong>splätze ...................................................... 24<br />

4.6.3 Die Rolle <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sorganisation........................................................................ 24<br />

4.6.4 Rolle <strong>der</strong> Beschäftigten ....................................................................................... 25<br />

4.6.5 Stellenwert <strong>der</strong> Schulung/Qualifizierung ............................................................. 25<br />

4.7 Zus<strong>am</strong>menfassung............................................................................................ 25<br />

5. LITERATURHINWEISE ...................................................................................... 28


1<br />

1. Software – Ergonomie – Was ist das?<br />

1.1 Mensch – Maschine - Dialog<br />

Bei <strong>der</strong> Verwendung des Computers – sei es zum Erstellen von Texten, zum Kalkulieren<br />

von Tabellen o<strong>der</strong> zum Anfertigen von Konstruktionszeichnungen – findet eine fortlaufende<br />

Eingabe von Informationen durch den Computerbenutzer in den Computer statt. Zum<br />

Beispiel gibt eine Schreibkraft über die Tastatur einen Text in den Computer ein. Der Text<br />

wird vom Computer wie<strong>der</strong> ausgegeben, indem er auf dem Bildschirm dargestellt wird.<br />

Die Bearbeitung <strong>der</strong> Informationen durch den Computer wird vom Anwen<strong>der</strong> mittels <strong>der</strong><br />

Eingabe von Befehlen, auf die <strong>der</strong> Computer reagiert, gesteuert. In unserem Beispiel weist<br />

die Schreibkraft den Computer an, den eingegebenen Text in einer bestimmten Art <strong>und</strong><br />

Weise zu formatieren, z.B. bestimmte Worte durch Unterstreichungen hervorzuheben. Das<br />

Ergebnis <strong>der</strong> Informationsverarbeitung wird vom Computersystem auch in diesem Falle<br />

sofort auf dem Bildschirm ausgegeben.<br />

In einem an<strong>der</strong>en Fall will ein Anwen<strong>der</strong> das Computersystem benutzen, um in einer Liste<br />

bestimmte Einträge herauszusuchen. Mit Hilfe geeigneter Befehle wird <strong>der</strong> Computer so<br />

gesteuert, daß er aus einer Adressenliste jene Einträge heraussucht, die zu einem bestimmten<br />

Postleitzahlbereich gehören. Das Ergebnis <strong>der</strong> Suche wird auch in diesem Falle vom<br />

System ausgegeben.<br />

Aus diesen Beispielen geht hervor, daß sich die Benutzung eines Computers durch einen<br />

Anwen<strong>der</strong> als eine Art „Dialog“ auffassen läßt. Der Anwen<strong>der</strong> gibt Informationen ein, die<br />

verarbeitet werden sollen <strong>und</strong> Befehle, die den Computer bei <strong>der</strong> Informationsverarbeitung<br />

steuern. Das Ergebnis <strong>der</strong> Verarbeitung <strong>der</strong> Informationen wird an den Anwen<strong>der</strong> zurückgegeben,<br />

so daß die Aufgabe abgeschlossen ist o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> reagiert <strong>und</strong> dem Computer<br />

neue Anweisungen gibt usw. Diesen Dialog nennt man Mensch – Maschine – Dialog<br />

o<strong>der</strong> auch Benutzerdialog. Von <strong>der</strong> Gestaltung des Dialoges hängt ganz entscheidend<br />

ab, wie produktiv die <strong>Arbeit</strong> an einem Computer verrichtet werden kann. Zugleich<br />

beeinflußt die Ausgestaltung <strong>der</strong> Dialogabläufe, welche Belastungen für den Computeranwen<strong>der</strong><br />

bei <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>am</strong> Computer entstehen.<br />

1.2 Benutzerschnittstelle<br />

Der Teil eines Computerprogr<strong>am</strong>mes, <strong>der</strong> für den Mensch – Maschine – Dialog zuständig<br />

ist, nennt man Benutzerschnittstelle 1 . Er umfaßt die zur Verfügung stehenden Befehle <strong>und</strong><br />

die beson<strong>der</strong>e Art ihrer Eingabe, die Form <strong>der</strong> Informationseingabe, die durch Eingabefel<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Masken etc. bestimmt wird, Schaltflächen, Symbole, die Art <strong>der</strong> Zeichendarstellung,<br />

die Reaktionen des Systems auf Benutzereingaben, Meldungen des Systems usw.<br />

1.3 Software – Ergonomie<br />

Die Software – Ergonomie befaßt sich mit <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Benutzerschnittstelle unter<br />

<strong>der</strong> Zielsetzung, die Produktivität des <strong>Arbeit</strong>smittels Computer zu erhöhen <strong>und</strong> dabei die<br />

1<br />

Synonyme: Mensch – Maschine – Schnittstelle, Dialogsystem


2<br />

Belastungen, die aus <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> mit dem Computersystem für den Anwen<strong>der</strong> entstehen <strong>und</strong><br />

die <strong>der</strong> Produktivitätssteigerung zuwi<strong>der</strong>laufen, zu verringern.<br />

In internationalen Normen sind Gr<strong>und</strong>prinzipien festgelegt, die <strong>der</strong> ergonomischen Gestaltung<br />

<strong>der</strong> Benutzerschnittstelle dienen. Zus<strong>am</strong>mengefaßt sind diese Gr<strong>und</strong>prinzipien in <strong>der</strong><br />

DIN EN ISO 9241. Hier werden verschiedene Dialogtechniken ebenso definiert wie die<br />

Gr<strong>und</strong>sätze, denen die Gestaltung <strong>der</strong> Dialogsysteme folgen sollte, um ein produktives <strong>und</strong><br />

belastungsarmes <strong>Arbeit</strong>en zu gewährleisten. Diese Prinzipien finden sich in an<strong>der</strong>er Formulierung<br />

im Anhang <strong>der</strong> Bildschirmarbeitsverordnung unter <strong>der</strong> Überschrift „Zus<strong>am</strong>menwirken<br />

Mensch – <strong>Arbeit</strong>smittel“ wie<strong>der</strong>.<br />

Im folgenden sollen die verschiedenen Dialogtechniken <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>der</strong> Software –<br />

Ergonomie dargestellt werden.<br />

2. Prinzipien <strong>der</strong> Dialoggestaltung<br />

Die Software – Ergonomie kennt verschiedene Dialogtypen, die in unterschiedlicher Art<br />

<strong>und</strong> Weise geeignet sind, den Anfor<strong>der</strong>ungen eines bestimmten Benutzertyps <strong>und</strong> einer zu<br />

erledigenden Aufgabe zu entsprechen. Die verschiedenen Dialogtypen stehen in einem<br />

systematischen Zus<strong>am</strong>menhang. In den Normen ISO 9241 Teil 14 bis Teil 17 sind die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die verschiedenen Systeme formuliert (Die Normen sind erst teilweise gültig.)<br />

Die rechtlichen Regelungen nach <strong>der</strong> Bildschirmarbeitsverordnung schreiben keinen<br />

bestimmten Dialogtyp vor, son<strong>der</strong>n lassen die Freiheit, für bestimmte Aufgaben <strong>und</strong> bestimmte<br />

Benutzergruppen die angemessenen Systeme zu wählen.<br />

Im folgenden wird ein Überblick über die verschiedenen Dialogprinzipien gegeben. Im<br />

Foliensatz im Anhang finden sich weitere Beispiele für die behandelten Dialoge.<br />

2.1 Dialogprinzip „Kommandosprache“<br />

Eine Kommandosprache ist die klassische Art <strong>und</strong> Weise, mit einem Computersystem zu<br />

kommunizieren. Sie besteht aus einer Reihe von Befehlen, die <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> über die<br />

Tastatur direkt in den Rechner eingibt <strong>und</strong> ausführen läßt.


3<br />

Im folgenden Beispiel soll eine <strong>Datei</strong> aus einem Ordner in einen zweiten Ordner kopiert<br />

werden.<br />

C:\TEMP>copy achiv.zip c:\sicher<br />

<strong>Datei</strong> nicht gef<strong>und</strong>en achiv.zip<br />

0 <strong>Datei</strong>en kopiert<br />

C:\TEMP>copy archiv.zip c:\sicher<br />

1 <strong>Datei</strong>(en) kopiert<br />

C:\TEMP><br />

Um sich für die gestellte Aufgabe <strong>der</strong> Kommandosprache zu bedienen, muß <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong><br />

eine genaue Vorstellung davon haben, wo sich die <strong>Datei</strong> auf dem Datenträger befindet, wie<br />

sie heißt <strong>und</strong> wie <strong>der</strong> „Weg“ zum zweiten Ordner verläuft. In dem Beispiel wird <strong>der</strong> N<strong>am</strong>e<br />

<strong>der</strong> zu kopierenden <strong>Datei</strong> nicht richtig eingegeben – es fehlt das „r“ - , so daß die Aufgabe<br />

nicht erledigt wird. Erst <strong>der</strong> zweite Versuch führt zum Ziel.<br />

Auch die Befehle <strong>und</strong> ihre Verwendung sowie <strong>der</strong> Gebrauch von Par<strong>am</strong>etern, die gegebenenfalls<br />

zusätzlich in das System eingegeben werden, sind genau definiert <strong>und</strong> müssen<br />

exakt entsprechend dieser Definition verwendet werden. Dies macht die beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ung<br />

an den Benutzer aus: Er muß die Befehle, ihre genaue Schreibweise <strong>und</strong> Verwendung<br />

(die sog. Syntax) erinnern <strong>und</strong> genauestens befolgen. Geringste Abweichungen von<br />

<strong>der</strong> Vorschrift verhin<strong>der</strong>n die Befehlsausführung. Würde <strong>der</strong> Benutzer im obigen Beispiel<br />

statt des Befehlswortes „Copy“ das Wort „Coppy“ eingeben, würde das System ebenfalls<br />

mit einer Fehlermeldung antworten.<br />

Kommandosprachen kennzeichnen<br />

• eine hohe Leistungsfähigkeit, indem sowohl einzelne Befehle, die in <strong>der</strong> Regel<br />

sehr mächtig sind, als auch Befehlsfolgen, die in sogenannten Stapel – <strong>Datei</strong>en<br />

(z.B. in <strong>der</strong> „autoexec.bat“ im Betriebssystem MS-DOS) zus<strong>am</strong>mengefaßt werden,<br />

ausgeführt werden können,<br />

• eine hohe Effizienz, wenn sie durch einen geübten Benutzer verwendet werden.<br />

Diesen Leistungsmerkmalen steht ein großer Lernaufwand gegenüber. Die Befehlsmenge<br />

<strong>und</strong> die Regeln <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong> Befehle sind teilweise umfangreich <strong>und</strong> kompliziert.<br />

Sie sind strikt zu befolgen, d<strong>am</strong>it es nicht zu Fehlern kommt. Die falsche Schreibweise<br />

eines Befehles (z.B. coppy statt copy) führt dazu, daß ein Befehl nicht ausgeführt wird. Die<br />

falsche Verwendung von Par<strong>am</strong>etern kann zu einer unbeabsichtigten Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Daten<br />

<strong>und</strong> sogar zu Datenverlust führen.<br />

Die Befehle stehen <strong>am</strong> Bildschirm nicht zur Verfügung <strong>und</strong> können deshalb nicht „abgerufen“<br />

werden. Der Benutzer muß sie erinnern <strong>und</strong> korrekt eingeben. Es sind aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong> eine relativ lange Einarbeitungsdauer <strong>und</strong> eine hohe Erinnerungsleistung notwen-


4<br />

dig, die wie<strong>der</strong>um nur dann vertretbar sind, wenn regelmäßig mit Kommandosprachen<br />

gearbeitet wird.<br />

2.2 Dialogprinzip „Menüsteuerung“<br />

Der menügesteuerte Dialog stellt die verschiedenen Befehle zur Bedienung eines Progr<strong>am</strong>mes<br />

auf dem Bildschirm zur Auswahl. Mittels einer Kurztastenkombination o<strong>der</strong> eines<br />

Zeigegerätes (Maus etc.) kann <strong>der</strong> Benutzer die gerade benötigten Progr<strong>am</strong>mfunktionen<br />

aufrufen. Insofern ist <strong>der</strong> menügesteuerte Dialog eine Antwort auf die angesprochenen<br />

Mängel <strong>der</strong> Kommandosprache.<br />

Im folgenden Beispiel soll ebenfalls eine <strong>Datei</strong> „archiv.zip“ von einem Ordner in einen<br />

an<strong>der</strong>en kopiert werden.<br />

Für diese Aufgabe steht dem Anwen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Befehl „Kopieren“ zur Verfügung. Er kann aus<br />

einer Liste auswählt <strong>und</strong> muß nicht von Hand in das System eingegeben werden. Der Anwen<strong>der</strong><br />

muß sich nur daran erinnern, wo <strong>der</strong> Befehl steht (Hier unter dem Menüpunkt „Bearbeiten“).<br />

Wenn er das nicht mehr weiß, kann er die einzelnen Menüpunkte durchsuchen,<br />

bis er den Befehl findet.


5<br />

Die Präsentation <strong>der</strong> Progr<strong>am</strong>msteuerungsbefehle in einer Menüstruktur zielt darauf,<br />

• durch funktionsbeschreibende Befehlsn<strong>am</strong>en („Kopieren“, „Speichern“ etc.) die<br />

notwendige Erinnerungsleistung des Benutzers zu verringern. Der Benutzer muß<br />

die Befehle nur wie<strong>der</strong>erkennen o<strong>der</strong> aus ihrem N<strong>am</strong>en auf den Zweck des Befehls<br />

schließen,<br />

• auch mäßig erfahrenen Benutzern die Möglichkeit zu geben, sich anhand <strong>der</strong><br />

N<strong>am</strong>en mit Befehlen vertraut zu machen, die bisher nicht verwendet wurden [<br />

Unterstützung des „entdeckenden Lernens“],<br />

• durch den direkten Aufruf eines Befehls per Ansteuerung durch Maus o<strong>der</strong> Tastatur<br />

die Befehlsaktivierung im Vergleich zur Eingabe des Befehlswortes über<br />

die Tastatur zu beschleunigen <strong>und</strong> mögliche Eingabefehler (Tippfehler, falsche<br />

Befehlssyntax etc.) zu reduzieren.<br />

Mögliche Probleme können für den Benutzer dann auftreten, wenn sehr viele Befehle in<br />

einer Menüstruktur untergebracht werden sollen <strong>und</strong> sie deshalb viel Platz auf dem Bildschirm<br />

einnimmt o<strong>der</strong> tief verzweigt <strong>und</strong> unübersichtlich wird. Bei speziellen Anwendungen<br />

<strong>und</strong> wenn es sich um erfahrene Benutzer handelt, führt <strong>der</strong> Einsatz von direkt eingegebenen<br />

Kommandos (Kommandosprache) zu besseren Ergebnissen.<br />

2.3 Dialogprinzip „Direkte Manipulation“<br />

Unter <strong>der</strong> direkten Manipulation versteht man eine bildliche Präsentation von Daten, <strong>Arbeit</strong>sschritten<br />

<strong>und</strong> Abläufen auf dem Computersystem, die sich an tatsächlichen Tätigkeiten<br />

im Büro orientieren will. Z. B. bieten Benutzerschnittstellen die Möglichkeit, Textdateien<br />

auf dem Bildschirm als Papierstapel zu symbolisieren <strong>und</strong> den Ausdruck <strong>der</strong> Texte<br />

durch das „Anfassen“ <strong>und</strong> „Bewegen“ <strong>der</strong> Blätter auf ein Druckersymbol zu starten. In<br />

diesem Beispiel geschieht das Anfassen <strong>und</strong> Ablegen <strong>der</strong> Blätter mit Hilfe <strong>der</strong> Maus.


6<br />

Die eher abstrakte Einheit „<strong>Datei</strong>“ wird <strong>der</strong> Anschauung des Anwen<strong>der</strong>s als ein „Ding“<br />

o<strong>der</strong> „Objekt“ dargeboten, das er in Beziehung zu an<strong>der</strong>en Objekten (Drucker, Reißwolf,<br />

Aktenschränke) setzen kann <strong>und</strong> dadurch Vorgänge einleitet (Drucken, Löschen = Aktenvernichten,<br />

in die Ablage geben), die an die Erfahrung des Anwen<strong>der</strong>s angelehnt sind.<br />

Die direkte Manipulation verfolgt das Ziel,<br />

• durch Anleihen an die Erfahrungen <strong>der</strong> Benutzer aus dem Büroalltag, bestimmte<br />

Vorgänge auf <strong>der</strong> Benutzerschnittstelle unmittelbar kenntlich darzustellen <strong>und</strong><br />

intuitiv benutzbar zu machen,<br />

• die Gedächtnisleistung zu vermin<strong>der</strong>n, indem das Symbol an die Verwendung<br />

des Mittels zur Erreichung eines Ziels erinnert,<br />

• komplizierte <strong>und</strong> abstrakte Vorgänge zus<strong>am</strong>menzufassen <strong>und</strong> in bezug auf ihren<br />

vom Benutzer verfolgten Zweck darzustellen,<br />

• den Benutzern ein „entdeckendes Lernen“ zu ermöglichen, in dem sie ähnlich<br />

wie bei <strong>der</strong> Präsentation von Befehlsworten in einer Menüstruktur, die den Inhalt<br />

<strong>der</strong> Aktion bezeichnen, von <strong>der</strong> symbolischen Darstellung auf das Ziel <strong>der</strong><br />

Aktion schließen können.<br />

Um die direkte Manipulation als Mittel <strong>der</strong> Steuerung eines Computers sinnvoll einsetzen<br />

zu können, müssen bestimmte Anfor<strong>der</strong>ungen an die Hardwareausstattung gestellt werden:<br />

das System muß über eine ausreichend große Bildschirmdarstellung verfügen, da Symbole<br />

deutlich erkennbar <strong>und</strong> deshalb entsprechend groß sein müssen. Die Auslösung <strong>der</strong> manipulativen<br />

Aktionen ihrerseits erfor<strong>der</strong>t genügend Platz auf dem Bildschirm.<br />

Des weiteren müssen Zeigegeräte vorhanden sein, die die direkte Manipulation unterstützen.<br />

Der Anwen<strong>der</strong> muß über entsprechende sensomotorische Fähigkeiten verfügen, um<br />

z.B. relativ kleine Symbole auf dem Bildschirm mit <strong>der</strong> Maus zu treffen, „anzufassen“ <strong>und</strong><br />

auf an<strong>der</strong>e Symbole zu ziehen.<br />

2.4 Dialogprinzip „Formulardialog“<br />

Ein Formulardialog besteht aus einer Reihe von Eingabefel<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en Aufbau sich an gewöhnlichen<br />

Formularen orientiert. Er dient in <strong>der</strong> Regel zur Eingabe <strong>und</strong> Ausgabe von<br />

strukturierten Daten <strong>und</strong> findet überall dort Verwendung, wo zu Objekten (z.B. Personen,<br />

Verkaufsartikel etc.) identisch aufgebaute Informationseinheiten (z.B. Personaldaten: N<strong>am</strong>e,<br />

Anschrift, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer etc.) erfaßt <strong>und</strong> ausgewertet<br />

werden sollen.


7<br />

Folgendes Beispiel zeigt einen Formulardialog, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Eingabe von Begriffen für das<br />

Durchsuchen einer Datenbank dient. Die Suchbegriffe werden direkt in Eingabefel<strong>der</strong> eingegeben<br />

o<strong>der</strong> sie können aus vorgegebenen Listen ausgewählt werden.<br />

Ein an<strong>der</strong>es Anwendungsfeld für den Formulardialog sind sogenannte Dialogboxen, in<br />

denen Werte zur Steuerung des Computers eingegeben werden (z.B. Dialoge zur Steuerung<br />

des Druckers, Seitenformatierung etc.).<br />

Der Nutzen von Formulardialogen liegt darin, daß <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong><br />

• Daten aus vorhandenen Formularen einfach in das EDV-System übernehmen<br />

<strong>und</strong> sich an <strong>der</strong> „Logik“ <strong>der</strong> Vorlage orientieren kann,<br />

• verschiedene Daten entsprechend ihrem sachlichen Zus<strong>am</strong>menhang präsentiert<br />

bekommt.<br />

Bei <strong>der</strong> Realisierung von Formulardialogen ist auf die Anordnung <strong>der</strong> Daten zu achten.<br />

Formulare sollten zudem nicht zu viele Datenfel<strong>der</strong> enthalten.<br />

2.5 Verhältnis Aufgabe – Benutzerprofil – Software<br />

Die Darstellung <strong>der</strong> verschiedenen Dialogprinzipien verdeutlicht, daß die Beurteilung <strong>der</strong><br />

ergonomischen Eigenschaften einer Benutzerschnittstelle immer auch die Aufgaben zu<br />

berücksichtigen hat, die mit <strong>der</strong> Software zu erfüllen sind. Gleiches gilt auch für die sogenannten<br />

allgemeinen <strong>und</strong> die beson<strong>der</strong>en Benutzermerkmale.<br />

Es kann in diesem Sinne durchaus angemessen sein, daß ein versierter Anwen<strong>der</strong>, <strong>der</strong> sowohl<br />

über eine hohe Qualifikation verfügt als auch regelmäßig mit dem Rechner arbeitet<br />

<strong>und</strong> dabei relativ komplizierte Aufgaben, etwa <strong>der</strong> Systemverwaltung; zu erledigen hat,


8<br />

diese mit einer ausgefeilten Kommandosprache effektiver bewältigt, als mit einer grafischen<br />

Benutzeroberfläche. Ein an<strong>der</strong>er, weniger versierter Anwen<strong>der</strong>, <strong>der</strong> vergleichsweise<br />

einfache <strong>und</strong> wechselnde Aufgaben abzuarbeiten hat, wäre unter Umständen mit einer solchen<br />

Kommandosprache überfor<strong>der</strong>t. Die Tätigkeit eines solchen Anwen<strong>der</strong>s könnte eventuell<br />

mit dem Einsatz einer grafischen Benutzeroberfläche produktiver <strong>und</strong> auch belastungsärmer<br />

gestaltet werden.<br />

Neben den beson<strong>der</strong>en Benutzermerkmalen wie Qualifikation, Erfahrung, Häufigkeit <strong>der</strong><br />

Benutzung des Computersystems <strong>und</strong> individuelle Lerngewohnheiten, sind allgemeine<br />

Benutzermerkmale bei <strong>der</strong> Gestaltung <strong>und</strong> Bewertung <strong>der</strong> Software zu beachten. Hierbei<br />

handelt es sich im wesentlichen um die Art <strong>und</strong> Weise, wie <strong>der</strong> Mensch Informationen<br />

aufnimmt <strong>und</strong> verarbeitet. Hierzu gehören<br />

• die Aufmerks<strong>am</strong>keitsspanne: das ist die Zeitdauer, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Benutzer die Reaktionen<br />

eines Systems wahrnehmen <strong>und</strong> die für ihn wichtigen Informationen aufnehmen<br />

<strong>und</strong> von unwichtigen unterscheiden kann. Mit <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Zeit nimmt<br />

die Aufmerks<strong>am</strong>keit ab,<br />

• das Kurzzeitgedächtnis: bei <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>am</strong> Computer werden vom System kontinuierlich<br />

Informationen ausgegeben, die für die zielgerichtete Benutzung des<br />

Systems entscheidend sind. Wenn <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> auf die Informationen nicht sofort<br />

reagieren kann, muß er sie sich merken. Je größer die Menge <strong>der</strong> Information<br />

ist, die im Gedächtnis zu behalten sind, desto höher werden die Belastungen<br />

für den Anwen<strong>der</strong> <strong>und</strong> desto größer ist die Gefahr, daß <strong>der</strong> Wirkungsgrad <strong>der</strong><br />

<strong>Arbeit</strong> mit dem System ab- <strong>und</strong> die Fehlerzahl zunimmt.<br />

Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, daß bei einer Beurteilung <strong>der</strong> eingesetzten Software<br />

sowohl die Aufgaben berücksichtigt werden müssen, die mit <strong>der</strong> Software abgearbeitet<br />

werden sollen, als auch die Merkmale des Benutzers, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Software zu arbeiten hat.<br />

2.6 Auswirkungen schlecht gestalteter Software<br />

Gefährdungen für die Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> das Wohlbefinden können bei <strong>der</strong> Bildschirmarbeit<br />

nicht nur durch die ungenügende Gestaltung des <strong>Arbeit</strong>splatzes, <strong>der</strong> Hardware etc. hervorgerufen<br />

werden. Sie können auch durch die mangelhafte Gestaltung <strong>der</strong> verwendeten<br />

Computer – Progr<strong>am</strong>me, <strong>der</strong> sogenannten Software, entstehen. Insbeson<strong>der</strong>e ist ungenügend<br />

gestaltete Software eine Quelle für negative psychische Belastungen <strong>und</strong> führt zu<br />

negativen psychischen Beanspruchungen.<br />

Die Kennzeichnung als psychische Belastung meint im Unterschied zum Begriff <strong>der</strong><br />

körperlichen Belastung, daß ein Vorgang (z.B. eines <strong>Arbeit</strong>sablaufes) o<strong>der</strong> eine Sache<br />

(z.B. die Funktionsweise eines Computerprogr<strong>am</strong>mes) Auswirkungen auf die Psyche des<br />

Betroffenen hat. „Psyche“ meint in diesem Zus<strong>am</strong>menhang „die Vorgänge des<br />

menschlichen Erlebens <strong>und</strong> Verhaltens“ 2 . Sie umfassen sowohl das Fühlen <strong>und</strong> Empfinden<br />

(emotionale Vorgänge), als auch das Erkennen <strong>und</strong> Urteilen (informative <strong>und</strong> kognitive<br />

Vorgänge). Dabei ist zu beachten, daß <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> „Belastung“ nicht prinzipiell als<br />

negative Einwirkung auf den Menschen <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it als unerwünscht verstanden werden<br />

2<br />

DIN EN ISO 10075-1


9<br />

wirkung auf den Menschen <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it als unerwünscht verstanden werden darf. Es wird<br />

davon ausgegangen, daß psychische Belastungen auch positive, anregende Wirkungen auf<br />

das Individuum haben können.<br />

Die psychische Belastung führt beim Individuum zu Beanspruchungen. Dieser Begriff geht<br />

von <strong>der</strong> Feststellung aus, daß gleiche Belastungen auf verschiedene Menschen unterschiedlich<br />

wirken. Dieser Unterschied wird interpretiert als Konsequenz unterschiedlicher persönlicher<br />

Voraussetzungen, so daß für positive o<strong>der</strong> auch für negative Wirkungen <strong>der</strong><br />

Belastung auf den Menschen nicht nur die Belastung verantwortlich ist, son<strong>der</strong>n auch das<br />

Individuum, auf das die Belastung wirkt. Beispielsweise ist die Qualifikation eines Computerbenutzers<br />

von entscheidendem Bedeutung dafür, wie sich (negative) Belastungen, die<br />

durch die Eigenschaften einer Benutzerschnittstelle verursacht werden, als Beanspruchungen<br />

geltend machen o<strong>der</strong> ob <strong>der</strong> Benutzer die Belastungen bewältigen kann.<br />

Negative Effekte („Beeinträchtigende Effekte“) psychischer Beanspruchungen sind die<br />

psychische Ermüdung <strong>und</strong> ermüdungsähnliche Zustände, wie z.B. herabgesetzte Wachs<strong>am</strong>keit<br />

etc.<br />

Die Gestaltung <strong>der</strong> Software sollte so beschaffen sein, daß negative psychische Belastungen<br />

vermieden werden.<br />

3. Anfor<strong>der</strong>ungen an die ergonomische Gestaltung von<br />

Computerprogr<strong>am</strong>men<br />

Zur Entwicklung benutzergerechter Software <strong>und</strong> zur Bewertung <strong>der</strong> ergonomischen Eigenschaften<br />

von Computerprogr<strong>am</strong>men, speziell <strong>der</strong> Benutzerschnittstellen, wurden sogenannte<br />

Gr<strong>und</strong>sätze <strong>der</strong> Dialoggestaltung festgelegt 3 . Die Erfüllung dieser Gr<strong>und</strong>sätze soll<br />

die Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit <strong>der</strong> verwendeten Computerprogr<strong>am</strong>me gewährleisten. Dies<br />

bedeutet, daß Computerprogr<strong>am</strong>me so beschaffen sein sollen, daß sie die möglichst produktive<br />

<strong>und</strong> belastungsarme Ableistung eines <strong>Arbeit</strong>spensums durch den Computerbenutzer<br />

erlauben.<br />

Bei diesen Gr<strong>und</strong>sätzen handelt es sich um<br />

• Aufgabenangemessenheit,<br />

• Selbstbeschreibungsfähigkeit,<br />

• Steuerbarkeit,<br />

• Erwartungskonformität,<br />

• Fehlertoleranz,<br />

• Individualisierbarkeit,<br />

3<br />

Diese Gr<strong>und</strong>sätze bilden den Inhalt <strong>der</strong> DIN ISO 9241 Teil 10.


10<br />

• Lernför<strong>der</strong>lichkeit.<br />

Diese Gr<strong>und</strong>sätze haben in Gestalt des Anhanges <strong>der</strong> Bildschirmarbeitsverordnung Eingang<br />

in das <strong>Arbeit</strong>sschutzrecht gef<strong>und</strong>en. Dort heißt es unter <strong>der</strong> Überschrift „Zus<strong>am</strong>menwirken<br />

Mensch - <strong>Arbeit</strong>smittel“:<br />

„20. Die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>der</strong> Ergonomie sind insbeson<strong>der</strong>e auf die Verarbeitung von Informationen<br />

durch den Menschen anzuwenden.<br />

21. Bei Entwicklung, Auswahl, Erwerb <strong>und</strong> Än<strong>der</strong>ung von Software sowie bei <strong>der</strong> Gestaltung<br />

<strong>der</strong> Tätigkeit an Bildschirmgeräten hat <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber den folgenden Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

insbeson<strong>der</strong>e im Hinblick auf die Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit Rechnung zu tragen:<br />

21.1 Die Software muß an die auszuführende Aufgabe angepaßt sein.<br />

21.2 Die Systeme müssen den Benutzern Angaben über die jeweiligen Dialogabläufe<br />

unmittelbar o<strong>der</strong> auf Verlangen machen.<br />

21.3 Die Systeme müssen den Benutzern die Beeinflussung <strong>der</strong> jeweiligen Dialogabläufe<br />

ermöglichen sowie eventuelle Fehler bei <strong>der</strong> Handhabung beschreiben <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Beseitigung<br />

mit begrenztem <strong>Arbeit</strong>saufwand erlauben.<br />

21.4 Die Software muß entsprechend den Kenntnissen <strong>und</strong> Erfahrungen <strong>der</strong> Benutzer im<br />

Hinblick auf die auszuführende Aufgabe angepaßt werden können.<br />

22. Ohne Wissen <strong>der</strong> Benutzer darf keine Vorrichtung zur qualitativen o<strong>der</strong> quantitativen<br />

Kontrolle verwendet werden.” 4<br />

Somit schreibt die Bildschirmarbeitsverordnung keine bestimmte Dialogtechnik vor. Sie<br />

legt aber in allgemeiner Weise fest, daß sich die eingesetzte Dialogtechnik hinsichtlich<br />

ihrer Gestaltung an den ergonomischen Erfor<strong>der</strong>nissen zu orientieren hat. Dies gilt, wie <strong>der</strong><br />

Punkt 21 ausdrücklich formuliert, übrigens nicht erst dann, wenn die Software vorhanden<br />

ist – dann kann es zu spät sein. Schon Entwicklung, Auswahl, <strong>und</strong> Erwerb haben den<br />

„Gr<strong>und</strong>sätzen insbeson<strong>der</strong>e im Hinblick auf die Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit Rechnung zu tragen“.<br />

4<br />

Anhang <strong>der</strong> Bildschirmarbeitsverordnung


11<br />

Zwischen den Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>der</strong> Dialoggestaltung nach DIN EN ISO 9241 Teil 10 <strong>und</strong> dem<br />

Anhang <strong>der</strong> Bildschirmarbeitsverordnung zur Gestaltung <strong>der</strong> Benutzerschnittstelle läßt sich<br />

folgende Beziehung herstellen.<br />

BildschArbV 21.1<br />

BildschArbV 21.2<br />

BildschArbV 21.3<br />

BildschArbV 21.4<br />

BildschArbV 21.3<br />

BildschArbV 21.4<br />

BildschArbV entspr. 20<br />

Aufgabenangemessenheit<br />

Selbstbeschreibungsfähigkeit<br />

Steuerbarkeit<br />

Erwartungskonformität<br />

Fehlertoleranz<br />

Individualisierbarkeit<br />

Lernför<strong>der</strong>lichkeit<br />

Beziehung <strong>der</strong> DIN 9241 <strong>und</strong> <strong>der</strong> BildschArbV<br />

Die Gr<strong>und</strong>sätze formulieren allgemeine Prinzipien, die im folgenden anhand von Empfehlungen<br />

<strong>und</strong> von Beispielen verdeutlicht werden sollen.<br />

Es wird sich zeigen, daß die Gr<strong>und</strong>prinzipien zum Teil in einem engen Zus<strong>am</strong>menhang<br />

zueinan<strong>der</strong> stehen, daß die Erfüllung eines Gr<strong>und</strong>satzes die Erfüllung eines an<strong>der</strong>en unterstellt<br />

o<strong>der</strong> mit ihm einher geht.<br />

3.1 Aufgabenangemessenheit<br />

Die Aufgabenangemessenheit bezeichnet die Eigenschaft <strong>der</strong> Benutzerschnittstelle eines<br />

Computerprogr<strong>am</strong>ms, den Benutzer wirkungsvoll bei <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> mit dem System zu unterstützen.<br />

Das bedeutet auch, daß das Computersystem den Anwen<strong>der</strong> nicht unnötig mit<br />

Aufgaben belastet, die durch die Verwendung des Computers entstehen <strong>und</strong> die auch durch<br />

ihn erledigt werden können.<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Aufgabenangemessenheit kann z.B. bedeuten, daß <strong>der</strong> Dialog dem Benutzer<br />

nur solche Informationen anzeigt, die im Zus<strong>am</strong>menhang mit <strong>der</strong> Erledigung <strong>der</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>saufgabe stehen.<br />

Beispiel: In einer Bestandsdatenbank werden Artikel gesucht, <strong>der</strong>en Bestand auf einen<br />

bestimmten Wert gesunken ist. Als Ergebnis <strong>der</strong> Suche werden nur die Artikeln<strong>am</strong>en, die<br />

Bestellnummern <strong>und</strong> <strong>der</strong> aktuelle Lagerbestand angezeigt, sowie jene Informationen, die<br />

notwendig sind, um ggf. den Bestellvorgang auszuführen.<br />

Eine weitere Empfehlung zur Realisierung des Gr<strong>und</strong>satzes <strong>der</strong> Aufgabenangemessenheit<br />

besteht darin, daß dem Anwen<strong>der</strong> Hilfe – Informationen angezeigt werden, die sich unmittelbar<br />

auf die <strong>Arbeit</strong>ssituation beziehen, zu <strong>der</strong> eine Hilfestellung gewünscht wird. Da-


12<br />

durch wird dem Anwen<strong>der</strong> erspart, in einem umfangreichen Katalog mit Hilfethemen nach<br />

<strong>der</strong> benötigten Information zu suchen.<br />

Beispiel: Der Anwen<strong>der</strong> will ein Dokument auf einem Datenträger abspeichern. Nach dem<br />

Aufruf des Befehls „Speichern“ erscheint eine Dialogbox ( Formulardialog), in <strong>der</strong> die<br />

verschiedenen Angaben eingegeben werden können, die für das Speichern des Dokumentes<br />

notwendig sind. Durch das Aufrufen <strong>der</strong> Hilfefunktion werden Hilfetexte zur Verfügung<br />

gestellt, die unmittelbar den auszuführenden <strong>Arbeit</strong>sschritt betreffen <strong>und</strong> den Anwen<strong>der</strong> bei<br />

<strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Aufgabe unterstützen.<br />

Des weiteren sollte <strong>der</strong> Dialog dem Benutzer nur solche Befehle zur Verfügung stellen, die<br />

im Zus<strong>am</strong>menhang mit <strong>der</strong> Erledigung <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>saufgabe stehen. Dies erhöht die Übersichtlichkeit<br />

bei <strong>der</strong> Benutzung des Systems.<br />

Beispiel: Der Anwen<strong>der</strong> klickt z.B. mit <strong>der</strong> rechten Maustaste in einer Textverarbeitung auf<br />

ein Wort. Es werden anschließend in einem Menü, das neben dem Mauszeiger erscheint,<br />

jene Befehle angezeigt, die sich auf den markierten Text anwenden lassen. Befehle, die<br />

prinzipiell beim <strong>Arbeit</strong>en mit Text zur Verfügung stehen, aber in <strong>der</strong> aktuellen<br />

<strong>Arbeit</strong>ssituation nicht benutzt werden können, werden zwar angezeigt, sind aber nicht<br />

„aktiv“ <strong>und</strong> können deshalb nicht ausgewählt werden.<br />

Klickt <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Maus auf die Grafik, die sich im Text befindet, werden die<br />

Befehle verfügbar gemacht, die sich sinnvollerweise für die Bearbeitung <strong>der</strong> Grafik benutzen<br />

lassen. Befehle, die nicht zur Grafikbearbeitung verwendbar sind, werden ausgeblendet<br />

o<strong>der</strong> sind ebenfalls nicht aktivierbar. Zugleich wird beim Klicken auf die Grafik eine<br />

Symbolleiste mit weiteren Grafikbefehlen angezeigt.<br />

Eine weitere Empfehlung zur Umsetzung des Kriteriums <strong>der</strong> Aufgabenangemessenheit<br />

besteht in <strong>der</strong> Anpassung des Dialogs an die Schwierigkeit <strong>der</strong> Aufgabe <strong>und</strong> an die Qualifikation<br />

<strong>und</strong> Fertigkeiten <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong>.<br />

Beispiel: In einer Dialogbox zum Speichern einer <strong>Datei</strong> kann <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> den Speicherort<br />

(Laufwerk <strong>und</strong> Ordner) aus einer Liste auswählen <strong>und</strong> sich durch die Ordnerstruktur<br />

„bewegen“. Er muß sich deshalb nicht daran erinnern, wie <strong>der</strong> von ihm zu wählende Ordner<br />

heißt <strong>und</strong> wo er sich genau befindet. Er braucht auch nicht die genaue Schreibweise<br />

(„Pfadangabe“) zu kennen, die im Computersystem verwendet wird, um Speicherorte zu<br />

bezeichnen. Darüber hinaus erlaubt die Dialogbox auch das Anlegen eines neuen Ordners,<br />

was u.U. dann nützlich sein kann, wenn das Dokument zu einem neuen Themenbereich<br />

angelegt wird <strong>und</strong> hierfür zugleich ein neuer Ordner erstellt werden soll.<br />

In einer zweiten Dialogbox, die ebenfalls dem Speichern einer <strong>Datei</strong> dient, muß <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong><br />

den Ablageort für sein Dokument per Eintragung eines Verzeichnispfades per<br />

Hand bestimmen. Dabei hat er penibel die vom System verlangte Schreibweise zu beachten.<br />

Das System bietet keine Unterstützung für die Orientierung im Ordnersystem. Der<br />

Anwen<strong>der</strong> muß die Ordnerstruktur erinnern, auf Notizen zurückgreifen o<strong>der</strong> ein zusätzliches<br />

Progr<strong>am</strong>m benutzen, das die Ordnerstruktur anzeigt. Der Benutzer kann mit dieser<br />

Dialogbox auch keinen neuen Ordner anlegen, obwohl dies beim Speichern eines neuen<br />

Dokumentes nützlich sein kann.<br />

Zur Aufgabenangemessenheit wird ebenfalls gerechnet, daß alle Aufgaben, die sinnvollerweise<br />

dem Dialogsystem zur automatischen Ausführung übertragen werden können, durch<br />

das Dialogsystem ausgeführt werden sollten. Es sollten z.B. beim Starten des Computers


13<br />

automatisch bestimmte Gr<strong>und</strong>einstellungen vorgenommen werden, so daß Sie nicht jedesmal<br />

von Hand wie<strong>der</strong>hergestellt werden müssen.<br />

Weiter wird durch die Norm empfohlen, die Eingabe <strong>und</strong> Ausgabe entsprechend <strong>der</strong> Aufgabe<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Benutzerbelange zu gestalten. Beispielsweise sollten Datumsangaben in <strong>der</strong><br />

Form angezeigt werden, wie sie auch ansonsten bei <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> gebräuchlich ist.<br />

3.2 Selbstbeschreibungsfähigkeit<br />

Die Selbstbeschreibungsfähigkeit bezeichnet die Eigenschaft <strong>der</strong> Benutzerschnittstelle<br />

eines Computerprogr<strong>am</strong>ms, dem Benutzer jeden einzelnen Dialogschritt durch Rückmeldung<br />

unmittelbar verständlich zu machen o<strong>der</strong> auf Anfrage zu erklären.<br />

Die Benutzerschnittstelle enthält ein Hilfesystem, das <strong>der</strong> Benutzer verwenden kann, um<br />

sich mit <strong>der</strong> allgemeinen Funktionsweise des Dialogsystems vertraut zu machen.<br />

Beispiel: Im Hilfesystem werden dem Anwen<strong>der</strong> die allgemeinen Eigenschaften <strong>der</strong> Benutzerschnittstelle,<br />

die an verschiedenen Stellen des System zu seiner Steuerung verwendet<br />

werden, erklärt. Nachdem erläutert wurde, daß die Progr<strong>am</strong>me innerhalb des Systems in<br />

sogenannten Fenstern ablaufen, werden die Verfahren zur Steuerung <strong>der</strong> Fenster dargelegt.<br />

Dieses Kriterium kann des weiteren bedeuten, daß <strong>der</strong> Benutzer bei Bedarf o<strong>der</strong> immer<br />

dann, wenn es sinnvoll erscheint, eine Rückmeldung über den Zustand des Systems o<strong>der</strong><br />

den Abschluß eines Befehls erhält.<br />

Beispiel: Der Anwen<strong>der</strong> will aus einem Dokumentenverwaltungssystem einen Text in ein<br />

an<strong>der</strong>es Verzeichnis auf <strong>der</strong> Festplatte kopieren. Da <strong>der</strong> Text zur Zeit bearbeitet wird,<br />

kann das System den Kopiervorgang nicht ausführen. Es erscheint eine Meldung, die den<br />

Benutzer auf das Mißlingen des Befehls <strong>und</strong> auf die Ursache hinweist.<br />

Beispiel: Das System bietet die Möglichkeit, Progr<strong>am</strong>mfunktionen durch das Anklicken<br />

von Symbolen mit <strong>der</strong> Maus zu aktivieren. Da sich die Funktion nicht immer unmittelbar<br />

aus dem verwendeten Symbol erschließt, kann sich <strong>der</strong> Benutzer durch das Zeigen (mit <strong>der</strong><br />

Maus) auf das Symbol dessen Bedeutung anzeigen lassen. Eine an<strong>der</strong>e Variante ist die<br />

sogenannte Direkthilfe, mit <strong>der</strong> sich zu einem beliebigen Element <strong>der</strong> Benutzeroberfläche<br />

durch Anklicken ein kurzer beschreiben<strong>der</strong> Text aufrufen läßt.<br />

Beispiel: Der Anwen<strong>der</strong> sucht mit Hilfe eines Textverarbeitungsprogr<strong>am</strong>ms in einem Text<br />

nach einem Wort. Der Suchvorgang wird mit einer Dialogbox beendet, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong><br />

nur darauf hingewiesen wird, daß <strong>der</strong> Vorgang abgeschlossen ist. Es bleibt unklar,<br />

nach welchem Wort das Progr<strong>am</strong>m gesucht hat, <strong>und</strong> ob es das Wort gef<strong>und</strong>en hat o<strong>der</strong><br />

nicht.<br />

Es entspricht dem Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Selbstbeschreibungsfähigkeit einer Benutzerschnittstelle,<br />

wenn die Rückmeldungen o<strong>der</strong> Erläuterungen den Benutzer dabei unterstützen, sich ein<br />

Verständnis vom Funktionieren des Dialogsystems zu verschaffen.<br />

Beispiel: Der Anwen<strong>der</strong> will in einer Dokumentenverwaltung einen Text bearbeiten. Die<br />

Dokumentenverwaltung ruft selbständig das passende Progr<strong>am</strong>m auf. Da <strong>der</strong> Vorgang


14<br />

einen Augenblick dauert, weist die Dokumentenverwaltung den Anwen<strong>der</strong> darauf hin, daß<br />

das System im Hintergr<strong>und</strong> Funktionen ausführt..<br />

Beispiel: Mit Hilfe eines Progr<strong>am</strong>ms „Taschenrechner“ führt <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> Berechnungen<br />

durch. Nachdem er unzulässigerweise einen Betrag durch null geteilt hat, erscheint<br />

die Meldung „Positive Unendlichkeit“. Das System weist zwar darauf hin, daß ein Fehler<br />

aufgetreten ist, beschreibt allerdings die Ursache des Fehlers we<strong>der</strong> in einer Art <strong>und</strong> Weise,<br />

die den Kenntnissen eines typischen Benutzers entspricht, noch so, daß <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong><br />

den Fehler in Zukunft vermeiden kann.<br />

3.3 Steuerbarkeit<br />

Unter <strong>der</strong> Steuerbarkeit eines Dialoges versteht man die Eigenschaft, die es dem Benutzer<br />

erlaubt, den Dialogablauf zu starten sowie seine Richtung <strong>und</strong> Geschwindigkeit zu kontrollieren,<br />

bis das <strong>Arbeit</strong>sergebnis erreicht ist.<br />

Neben <strong>der</strong> Geschwindigkeit, mit <strong>der</strong> Dialogschritte ablaufen, sollte auch die Abfolge <strong>der</strong><br />

Dialogschritte vom Anwen<strong>der</strong> beeinflußt werden können.<br />

Beispiel: Der Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Steuerbarkeit wird verletzt, wenn ein Formulardialog erst<br />

dann beendet werden kann, nachdem <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> alle Fel<strong>der</strong> des Formulars ausgefüllt<br />

hat, ohne die Gelegenheit zu geben, gegebenenfalls aus an<strong>der</strong>en Progr<strong>am</strong>men zur Vervollständigung<br />

<strong>der</strong> Dateneingabe benötigte Informationen zu beschaffen. Der Anwen<strong>der</strong> sollte<br />

statt dessen den Dialog an je<strong>der</strong> Stelle unterbrechen können, um ihn zu einem späteren<br />

Zeitpunkt ohne Datenverlust fortzusetzen.<br />

Beispiel: Ein Internet - Browser stellt die Funktion „Suchen“ zur Verfügung, mit <strong>der</strong> auf<br />

einer Seite nach einer Zeichenfolge gesucht werden kann. Nach dem Aufruf <strong>der</strong> Funktion<br />

erscheint eine Dialogbox, in die man den Suchbegriff eingeben kann. Während die „Suchen“<br />

– Funktion aktiv ist, gibt es keine Möglichkeit zum Text zu wechseln, um sich z.B.<br />

manuell auf <strong>der</strong> Seite zu bewegen <strong>und</strong> den Text oberhalb o<strong>der</strong> unterhalb <strong>der</strong> F<strong>und</strong>stelle<br />

anzeigen zu lassen. Hierfür muß <strong>der</strong> Suchmodus beendet werden.<br />

Eingabefel<strong>der</strong> dürfen erst dann für den Anwen<strong>der</strong> unzugänglich werden, wenn er den Eingabevorgang<br />

ausdrücklich beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt muß er Än<strong>der</strong>ungen an den<br />

Eingaben vornehmen können.<br />

Ebenfalls ist die Steuerbarkeit des Dialogablaufes nicht gegeben, wenn <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> zu<br />

einer bestimmten Reihenfolge bei <strong>der</strong> Eingabe <strong>der</strong> Daten in Eingabefel<strong>der</strong> gezwungen<br />

wird, obwohl dies vom Standpunkt er Aufgabenerfüllung unnötig ist.<br />

Beispiel: In einem Formulardialog wird die Reihenfolge <strong>der</strong> zugänglichen Eingabefel<strong>der</strong><br />

durch das System vorgegeben, obwohl die Daten, die in den verschiedenen Fel<strong>der</strong>n eingegeben<br />

werden sollen, nicht aufeinan<strong>der</strong> aufbauen.<br />

Zur Steuerbarkeit des Dialogablaufes gehört auch die Fähigkeit, den o<strong>der</strong> die letzten Dialogschritte<br />

rückgängig zu machen, wenn dies für die <strong>Arbeit</strong> nützlich sein kann.<br />

Beispiel: In einem Grafikprogr<strong>am</strong>m kombiniert <strong>der</strong> Benutzer verschiedene Zeichnungsteile.<br />

Im Laufe <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> löscht er einige Elemente. Anschließend stellt es sich heraus, daß


15<br />

die Teile für das weitere <strong>Arbeit</strong>en benötigt werden. Das Progr<strong>am</strong>m bietet die Funktion<br />

„Rückgängig“, die es erlaubt, den Löschvorgang zurückzunehmen, so daß die Zeichnungselemente<br />

wie<strong>der</strong> zur Verfügung stehen.<br />

3.4 Erwartungskonformität<br />

Unter Erwartungskonformität versteht man die Einheitlichkeit <strong>und</strong> Konsistenz eines<br />

Dialogsystems. Konsistenz meint in diesem Zus<strong>am</strong>menhang die Regelhaftigkeit des<br />

Aufbaus <strong>der</strong> Benutzerschnittstelle <strong>und</strong> <strong>der</strong> Dialogabläufe, so daß in gleichartigen<br />

Situationen ähnliche Benutzereingaben zu ähnlichen Reaktionen des Systems führen.<br />

Diese Regelhaftigkeit ist die Voraussetzung <strong>der</strong> Durchschaubarkeit <strong>der</strong> Dialogabläufe.<br />

Erwartungskonformität schließt ebenfalls ein, daß das Dialogsystem den Merkmalen des<br />

Benutzers Rechnung trägt. Es muß Kenntnisstand des Anwen<strong>der</strong>s in seinem <strong>Arbeit</strong>sgebiet,<br />

dessen Ausbildung <strong>und</strong> Erfahrung sowie allgemein anerkannten Konventionen entsprechen.<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Erwartungskonformität verlangt, daß das Dialogverhalten <strong>und</strong> die Informationsdarstellung<br />

innerhalb eines Dialogsystems einheitlich sein sollten.<br />

Beispiel: Meldungen über den aktuellen Zustand des Systems sollten immer an <strong>der</strong> gleichen<br />

Stelle des Systems ausgegeben werden <strong>und</strong> sich einer einheitlichen Symbolik o<strong>der</strong><br />

Ausdrucksweise bedienen. Meldungen, die in eigenständigen Meldungsboxen angezeigt<br />

werden, sollten immer mit <strong>der</strong> gleichen Tastenkombination geschlossen werden können.<br />

Die Än<strong>der</strong>ung des Dialogzustandes sollte immer mit <strong>der</strong> gleichen Befehlsfolge herbeigeführt<br />

werden.<br />

Beispiel: An je<strong>der</strong> beliebigen Stelle des Dialoges wird die Hilfe – Funktion mit <strong>der</strong> Taste<br />

aufgerufen. Der Wechsel vom Lese- zum Bearbeitungsmodus wird immer mit <strong>der</strong><br />

Taste durchgeführt.<br />

Der Dialog sollte im Sinne <strong>der</strong> Erwartungskonformität bei ähnlichen <strong>Arbeit</strong>saufgaben ähnlich<br />

gestaltet werden <strong>und</strong> ähnlich ablaufen, d<strong>am</strong>it <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> einheitliche Verfahren zur<br />

Erledigung seiner <strong>Arbeit</strong>saufgaben entwickeln kann.<br />

Beispiel: In Dialogsystemen, innerhalb <strong>der</strong>er die Progr<strong>am</strong>me in „Fenstern“ 5 laufen, findet<br />

eine einheitliche Steuerung <strong>der</strong> Fenster statt. Alle Fenster können unabhängig von <strong>der</strong> Art<br />

des Progr<strong>am</strong>mes, das in ihnen angezeigt wird, auf die gleiche Art verschoben, verkleinert,<br />

vergrößert <strong>und</strong> geschlossen werden. Die gleichen Bedienelemente <strong>der</strong> Fenster befinden<br />

sich unabhängig vom einzelnen Progr<strong>am</strong>m immer an <strong>der</strong> gleichen Stelle.<br />

Beispiel: Bei allen Progr<strong>am</strong>men eines Progr<strong>am</strong>mpakets werden Befehle über „kontextsensitive<br />

Menüs“ zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, daß das Anklicken eines Objektes<br />

(Wort in einer Textverarbeitung, Grafik im Präsentationsprogr<strong>am</strong>m, Termin in einem Terminplaner<br />

etc.) mit <strong>der</strong> rechten Maustaste die gebräuchlichen, auf das jeweilige Objekt<br />

anwendbaren Befehle zur Auswahl anzeigt. Während in allen Progr<strong>am</strong>men auf diese Art<br />

auch die Befehle „Ausschneiden“, „Kopieren“, „Einfügen“ verfügbar gemacht werden, ist<br />

dies bei dem Terminplanungsprogr<strong>am</strong>m nicht <strong>der</strong> Fall, obwohl die Befehle auch für das<br />

5<br />

z.B. Microsoft Windows, IBM OS/2, MacOS etc.


16<br />

Objekt „Termin“ zur anwendbar sind. Sie sind in diesem Falle aber nur über das Menü<br />

„Bearbeiten“ o<strong>der</strong> über Tastenkombinationen erreichbar.<br />

Die Menüzeile befindet sich immer im identischen Fensterbereich, z.B. <strong>am</strong> oberen Fensterrand.<br />

Wenn Menübefehle durch Kurztastenkombinationen aufgerufen werden können,<br />

dann soll in allen Menüs die gleiche Art <strong>der</strong> Kennzeichnung <strong>der</strong> Taste z.B. durch Unterstreichung<br />

des betreffenden Buchstabens gewählt werden. Wenn möglich sollen in allen<br />

Progr<strong>am</strong>men für die gleichen Befehle die gleichen Kurztastenkombinationen Verwendung<br />

finden.<br />

Beispiel: In dem Softwarepaket eines Herstellers gibt es in je<strong>der</strong> Anwendung für die Funktion<br />

„Drucken“ eine Dialogbox. Die einzelnen Dialogboxen unterscheiden sich teilweise<br />

durch die N<strong>am</strong>en <strong>der</strong> Bedienelemente <strong>und</strong> durch die Kurztastenkombinationen zur Ansteuerung<br />

<strong>der</strong> Bedienelemente, ohne daß dies durch die Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Progr<strong>am</strong>me begründet<br />

ist.<br />

Das Dialogsystem soll die Sprache <strong>und</strong> den Wortschatz verwenden, die dem Anwen<strong>der</strong> im<br />

Rahmen seiner <strong>Arbeit</strong> geläufig sind.<br />

Die vom System verwendeten Fachausdrücke sind identisch mit denen, die <strong>der</strong> Benutzer im<br />

Rahmen seiner <strong>Arbeit</strong>saufgabe benutzt.<br />

3.5 Fehlertoleranz<br />

Fehlertolerant nennt man ein Dialogsystem, wenn das beabsichtigte <strong>Arbeit</strong>sergebnis trotz<br />

erkennbar fehlerhafter Eingaben des Benutzers ohne o<strong>der</strong> mit geringem Korrekturaufwand<br />

durch den Benutzer erreicht werden kann.<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Fehlertoleranz beinhaltet unter an<strong>der</strong>em, daß eine fehlerhafte Benutzereingabe<br />

unter keinen Umständen zu einem Datenverlust o<strong>der</strong> gar zu einem Systemabsturz<br />

führen darf.<br />

Beispiel: Ein Taschenrechnerprogr<strong>am</strong>m fängt eine fehlerhafte Eingabe (Division durch<br />

null) ab, ohne „abzustürzen“. Allerdings gehen alle zuvor durchgeführten Rechenschritte<br />

<strong>und</strong> d<strong>am</strong>it alle Zwischenergebnisse verloren. Auch ist die Fehlermeldung wenig aussagekräftig.<br />

Sie unterstützt den Benutzer nicht dabei, zukünftige Fehleingaben zu vermeiden.<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Fehlerrobustheit schließt des weiteren ein, daß das Dialogsystem den<br />

Benutzer dabei unterstützen sollte, Eingabefehler zu entdecken <strong>und</strong> zu vermeiden.<br />

Beispiel: Durch eine fehlerhafte Datumseingabe in einem Formulardialog werden Datenverluste<br />

nicht nur verhin<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n es werden auch Hinweise gegeben, wie <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong><br />

den Fehler vermeiden kann. Die Eigenschaften Lernför<strong>der</strong>lichkeit / Selbstbeschreibungsfähigkeit<br />

unterstützen hier zugleich die Fähigkeit des Anwen<strong>der</strong>s, Fehler bei <strong>der</strong> Benutzung<br />

<strong>der</strong> Software zu erkennen <strong>und</strong> zu vermeiden <strong>und</strong> erhöhen d<strong>am</strong>it die Fehlertoleranz<br />

<strong>der</strong> Benutzerschnittstelle.<br />

Beispiel: Ein Anwen<strong>der</strong> benutzt in einer Tabellenkalkulation Formeln, um Berechnungen<br />

durchführen zu lassen. Er vertippt sich bei <strong>der</strong> Formeleingabe, so daß das System keine


17<br />

Berechnungen durchführen kann. Das System weist auf den Fehler hin <strong>und</strong> schlägt eine<br />

Korrektur <strong>der</strong> Eingabe vor.<br />

Unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Fehlerrobustheit sollte das System dem Anwen<strong>der</strong> die Entscheidung<br />

überlassen, ob eine fehlerhafte Eingabe sofort o<strong>der</strong> zu einem späteren Zeitpunkt<br />

korrigiert werden soll. Zudem sollte <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> die Möglichkeit besitzen, Korrekturen,<br />

die vom System vorgeschlagen werden, abzulehnen <strong>und</strong> zu überschreiben.<br />

Beispiel: Ein Textverarbeitungsprogr<strong>am</strong>m markiert alle Worte, die sich nicht im Wörterbuch<br />

befinden, so daß es davon ausgeht, daß ein Rechtschreibfehler vorliegt. Die Markierung<br />

läßt sich vom Benutzer ein- <strong>und</strong> ausschalten <strong>und</strong> <strong>der</strong> Benutzer erhält die Kontrolle<br />

darüber, wann er die Korrektur durchführen will. Das System zwingt ihn nicht, bei je<strong>der</strong><br />

möglichen Fehleingabe den Eingabefluß zu unterbrechen <strong>und</strong> die Korrektur durchzuführen.<br />

Zugleich erhält <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Korrektur Vorschläge vom<br />

Progr<strong>am</strong>m, die er aber auch ignorieren kann<br />

Um die Fehlerbehebung zu vereinfachen, sollte es möglich sein, Korrekturen <strong>der</strong> Eingabe<br />

vorzunehmen, ohne den Zustand des Dialogsystems umschalten zu müssen. Eine gegebenenfalls<br />

notwendige Zustandsän<strong>der</strong>ung sollte mit geringem Aufwand durchzuführen sein.<br />

Beispiel: Nach dem Abspeichern eines Textes stellt <strong>der</strong> Benutzer fest, daß die Wahl des<br />

Dokumentenn<strong>am</strong>ens nicht aussagekräftig genug ist. Er hat die Möglichkeit, in dem Formulardialog,<br />

<strong>der</strong> für das Abspeichern verwendet wird, den Dokumentenn<strong>am</strong>en zu än<strong>der</strong>n,<br />

ohne eine externe Software zur <strong>Datei</strong>verwaltung aufzurufen.<br />

3.6 Individualisierbarkeit<br />

Ein Dialog ist dann individualisierbar, wenn das Dialogsystem sich an die <strong>Arbeit</strong>saufgabe<br />

sowie an die Vorlieben <strong>und</strong> Fähigkeiten des Benutzers anpassen läßt.<br />

Das Dialogsystem sollte es ermöglichen, die Reaktionen auf bestimmte Benutzeraktivitäten<br />

an die Geschwindigkeit <strong>der</strong> Aktivitäten anzupassen. Umgekehrt sollte sich die Reaktionsgeschwindigkeit<br />

des Systems entsprechend <strong>der</strong> Benutzerbelange beeinflussen lassen.<br />

Beispiel: Mit Hilfe eines Dialogs läßt sich festlegen, wie schnell <strong>der</strong> Doppelklick mit <strong>der</strong><br />

Maus erfolgen muß, d<strong>am</strong>it er vom System als solcher erkannt wird <strong>und</strong> nicht als Nacheinan<strong>der</strong><br />

zweier einzelner Klickereignisse interpretiert wird. Zugleich läßt sich einstellen, mit<br />

welcher Geschwindigkeit sich die Position des Mauszeigers auf dem Bildschirm än<strong>der</strong>t,<br />

wenn <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> die Maus bewegt.<br />

Beispiel: Die Zeichenausgabe bei einem Textverarbeitungssystem läßt sich stufenlos steuern,<br />

um die dargestellte Zeichengröße an die Sehfähigkeit des Anwen<strong>der</strong>s anzupassen, ohne<br />

daß dafür die Zeichenformatierung geän<strong>der</strong>t werden muß.<br />

Beispiel: Die Farbgestaltung <strong>und</strong> die Textformate eines Dialogsystems lassen sich für alle<br />

Progr<strong>am</strong>me einheitlich festlegen <strong>und</strong> auf die individuellen Bedürfnisse einstellen.<br />

Das Dialogsystem sollte nach dem Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Individualisierbarkeit verschiedene Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> Befehls- <strong>und</strong> Informationseingabe zur Verfügung stellen, d<strong>am</strong>it <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong><br />

die für ihn <strong>am</strong> besten geeignete auswählen kann.


18<br />

Beispiel: Progr<strong>am</strong>me lassen sich durch das Anklicken von Symbolen o<strong>der</strong> Menüeinträgen<br />

starten, durch die Direkteingabe eines Kommandos o<strong>der</strong> mit Hilfe eines <strong>Datei</strong>verwaltungsprogr<strong>am</strong>mes.<br />

Eine Benutzerschnittstelle sollte dem Anwen<strong>der</strong> die Möglichkeit bieten, den Umfang <strong>und</strong><br />

die Verfügbarkeit <strong>der</strong> Befehle <strong>der</strong> aktuellen <strong>Arbeit</strong>ssituation anzupassen.<br />

Beispiel: Ein Textverarbeitungsprogr<strong>am</strong>m stellt Symbole zur Verfügung, über die die Befehle<br />

zur Bearbeitung eines Textes aufgerufen werden können. Um das System <strong>der</strong> aktuellen<br />

<strong>Arbeit</strong>ssituation anzupassen, lassen sich verschiedene Symbolgruppen auswählen o<strong>der</strong><br />

auch individuell zus<strong>am</strong>menstellen.<br />

Für Benutzer mit körperlichen Einschränkungen wie Farbenfehlsichtigkeit o<strong>der</strong> sonstigen<br />

Sehbehin<strong>der</strong>ungen sollten sowohl Farbgebung <strong>und</strong> Schriftgrößen, die im System Verwendung<br />

finden, angepaßt werden können.<br />

3.7 Lernför<strong>der</strong>lichkeit<br />

Lernför<strong>der</strong>lichkeit bezeichnet die Eigenschaft eines Dialogs, den Benutzer beim Erlernen<br />

des Dialogsystems zu unterstützen.<br />

Das Dialogsystem sollte dem Anwen<strong>der</strong> die gr<strong>und</strong>legenden Gestaltungsprinzipien <strong>und</strong> Bedienungskonzepte<br />

zugänglich machen, d<strong>am</strong>it er sich ein Bild o<strong>der</strong> Modell von dem Funktionieren<br />

des Systems machen kann.<br />

Beispiel: Das Hilfesystem eines Dialogsystems erklärt dem Anwen<strong>der</strong> die allgemeinen<br />

Eigenschaften <strong>der</strong> Benutzerschnittstelle, die an verschiedenen Stellen des Systems zu<br />

seiner Steuerung verwendet werden. Nachdem erklärt wurde, daß die Progr<strong>am</strong>me<br />

innerhalb des Systems in sogenannten Fenstern ablaufen, werden die Verfahren zur<br />

Steuerung <strong>der</strong> Fenster erklärt.<br />

Die Verfahren zur Steuerung <strong>der</strong> Benutzerschnittstelle werden systemweit eingehalten <strong>und</strong><br />

unterstützen d<strong>am</strong>it das Erlernen <strong>der</strong> Regeln zur Benutzung.<br />

Beispiel: In verschiedenen Progr<strong>am</strong>men werden identische Funktionen mit dem gleichen<br />

Befehlsn<strong>am</strong>en aufgerufen. In allen Progr<strong>am</strong>men stehen für identische Menübefehle identische<br />

Kurztastenkombinationen zur Verfügung.<br />

In verschiedenen Progr<strong>am</strong>men werden für identische Funktionen identische Dialogboxen<br />

benutzt. Unterschiede sind nur dort zulässig, wo sie wegen <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Dokumente notwendig<br />

sind.<br />

Beispiel: In zwei Progr<strong>am</strong>men eines Softwarepaketes gibt es Dialogboxen zur Zeichenformatierung.<br />

Die Boxen weisen Unterschiede in <strong>der</strong> Benutzung auf, was nur teilweise <strong>der</strong><br />

unterschiedlichen Art <strong>der</strong> Dokumente geschuldet ist. So werden gleiche Sachverhalte unterschiedlich<br />

benannt: „Schriftschnitt“ heißt in <strong>der</strong> zweiten Box „Schriftstil“, „Darstellung“<br />

wird in <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Box „Effekte“ genannt. Auch dort, wo identische N<strong>am</strong>en verwendet<br />

werden, ist die Steuerung nicht identisch. So wird in <strong>der</strong> einen Dialogbox das<br />

Merkmal „Schriftgrad“ durch die Kurztastenkombination (das D ist unterstrichen)<br />

aufgerufen, in <strong>der</strong> zweiten Dialogbox mit .


19<br />

Das Dialogsystem sollte verschiedene Vorgehensweisen („Lernstrategien“) des Anwen<strong>der</strong>s<br />

beim Erlernen <strong>der</strong> Progr<strong>am</strong>me <strong>und</strong> ihrer Funktionen unterstützen. Es sollten z.B. sowohl<br />

erläuternde Hilfetexte angeboten werden, wie auch Funktionen (sogenannte Assistenten),<br />

die den Anwen<strong>der</strong> schrittweise bei <strong>der</strong> Bearbeitung komplizierterer Aufgaben unterstützen<br />

o<strong>der</strong> Demos, in denen bestimmte <strong>Arbeit</strong>sschritte vom System vorgemacht werden.<br />

Beim Auftreten von Eingabefehlern soll das System im Sinne <strong>der</strong> Lernför<strong>der</strong>lichkeit den<br />

Anwen<strong>der</strong> auf die Fehlerursache hinweisen <strong>und</strong> ihn dadurch befähigen, zukünftig den gemachten<br />

Fehler zu vermeiden.<br />

Beispiel: Der Anwen<strong>der</strong> gibt in ein Datenbanksystem ein Datum ein, das nicht dem verlangten<br />

Format entspricht. Das System weist den Anwen<strong>der</strong> auf mögliche Fehlerursachen<br />

hin <strong>und</strong> bietet d<strong>am</strong>it die Gelegenheit, den richtigen Umgang mit dem System zu erlernen.<br />

In einem an<strong>der</strong>en Beispiel führt die Fehlerhafte Eingabe in einem Datenbanksystem dazu,<br />

daß Daten nicht auf dem Datenträger abgespeichert werden können. Das System meldet<br />

zwar einen Fehler <strong>und</strong> beschreibt auch das Problem. Es gibt aber keinen Hinweis auf die<br />

Fehlerursache <strong>und</strong> unterstützt den Anwen<strong>der</strong> nicht dabei, zukünftige Fehleingaben zu vermeiden.


20<br />

4. Die Durchführung von Gefährdungsanalysen im Bereich<br />

<strong>der</strong> Software<br />

4.1 Zielsetzung von <strong>Arbeit</strong>splatzanalysen<br />

Zielsetzung <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>splatzanalyse im Bereich <strong>der</strong> Software ist die Ermittlung <strong>der</strong> Benutzungsfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

<strong>der</strong> eingesetzten Software entsprechend <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Bildschirmarbeitsverordnung<br />

bzw. <strong>der</strong> sie operationalisierenden Normen. Die Erhebung dient<br />

<strong>der</strong> Beseitigung festgestellter Mängel durch eine Anpassung <strong>der</strong> Software an die allgemeinen<br />

<strong>und</strong> individuellen Benutzerbelange sowie an die mit <strong>der</strong> Software zu erledigenden<br />

Aufgabe.<br />

Wiewohl die Bildschirmarbeitsverordnung selbst kein Instrument vorschreibt, so ergeben<br />

sich aus <strong>der</strong> Zielsetzung Anfor<strong>der</strong>ungen an das Vorgehen bei <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Software<br />

<strong>und</strong> an das dabei eingesetzte Instrument. Im folgenden sollen Kriterien <strong>und</strong> Hinweise für<br />

die Auswahl eines Analyseinstruments <strong>und</strong> für die Durchführung <strong>der</strong> Analyse gegeben<br />

werden, d<strong>am</strong>it die betrieblich Verantwortlichen Instrument <strong>und</strong> Vorgehen richtlinienkonform<br />

<strong>und</strong> betrieblich praktikabel planen können.<br />

4.2 Das Instrument im engeren Sinne: Expertise <strong>und</strong> schriftliche<br />

Benutzerbefragung<br />

Die Beurteilung <strong>der</strong> Software kann durch einen Experten mit Hilfe einer Checkliste durchgeführt<br />

werden. Der Experte testet nach festgelegten Verfahren die verschiedenen Dialogformen<br />

<strong>der</strong> eingesetzten Software. Hierbei werden die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Normen in Testkonstellationen<br />

umgesetzt <strong>und</strong> an <strong>der</strong> verwendeten Software abgeprüft. Anschließend wird<br />

das Ergebnis bewertet <strong>und</strong> es werden Gestaltungsvorschläge abgeleitet. Dieses Verfahren<br />

stellt hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an die Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrung des Experten. Zugleich ist es<br />

innerhalb dieses Verfahrens sehr aufwendig, den Bezug <strong>der</strong> Software zu den individuellen<br />

Beson<strong>der</strong>heiten des Anwen<strong>der</strong>s (Qualifikation etc.), <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Software arbeitet,<br />

herzustellen.<br />

Die Bewertung von Software kann zweitens mittels einer Befragung <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> durchgeführt<br />

werden. Ausgangspunkt dieses Vorgehens ist die Erfahrung, daß eine reine Beurteilung<br />

<strong>der</strong> Software durch Experten beson<strong>der</strong>e Benutzerbelange <strong>und</strong> konkrete Benutzungskonstellationen<br />

ausblendet <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it die arbeitspsychologischen <strong>und</strong> kognitiven<br />

Faktoren (siehe oben) nicht immer im ausreichenden Maße berücksichtigen. Systementwicklern<br />

<strong>und</strong> sonstigen EDV – Experten fällt es in <strong>der</strong> Regel schwer, systemanalytische<br />

<strong>und</strong> funktionale Beurteilungskriterien in den Hintergr<strong>und</strong> zu stellen <strong>und</strong> sich an aufgaben<strong>und</strong><br />

anwen<strong>der</strong>bezogenen Kriterien zu orientieren. Wenn eine Beurteilung zu beschaffen<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> vorhandener Software durch Experten stattfindet, dann sollte sie auch die späteren<br />

o<strong>der</strong> aktuellen Benutzer einbeziehen, indem sie zur verwendeten Software befragt werden<br />

<strong>und</strong> ihre Erfahrungen mit <strong>der</strong> Software mitteilen.<br />

Wiewohl we<strong>der</strong> die Bildschirmarbeitsverordnung noch die ISO – Normen ein bestimmtes<br />

Verfahren definieren, nach dem die Beurteilung <strong>der</strong> Software durchgeführt werden soll, so<br />

gilt doch umgekehrt, daß jedes Verfahren, das in <strong>der</strong> Praxis eingesetzt wird, sich an <strong>der</strong>


21<br />

Verordnung <strong>und</strong> den Normen orientieren <strong>und</strong> die dort definierten Anfor<strong>der</strong>ungen aufnehmen<br />

muß um ein ausreichendes Maß an Gültigkeit zu erlangen. Es ist als erste Bedingung<br />

eines brauchbaren Verfahrens <strong>der</strong> direkte <strong>und</strong> kenntliche Bezug auf die Anfor<strong>der</strong>ungen von<br />

Verordnung <strong>und</strong> Norm zu stellen.<br />

4.3 Anfor<strong>der</strong>ungen an Benutzerfragebögen<br />

Die Befragung <strong>der</strong> Benutzer sollte vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Kriterien für ergonomische<br />

Gestaltung von Software stattfinden. Die Norm ISO 9241 Teil 10 sollte in die Fragestellungen<br />

einfließen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Formulierung zugr<strong>und</strong>e liegen <strong>und</strong> ein expliziter Bezug auf die<br />

Norm gegeben sein.<br />

Die Fragebögen sollten geeignet sein, jede Art von Software, die an unterschiedlichsten<br />

<strong>Arbeit</strong>splätzen <strong>und</strong> in verschiedensten <strong>Arbeit</strong>szus<strong>am</strong>menhängen zum Einsatz kommt, zu<br />

bewerten.<br />

Es stehen mittlerweile verschiedene Instrumente zur Verfügung, die sich in ihrer Konzeption<br />

an <strong>der</strong> Norm orientieren <strong>und</strong> die entsprechend <strong>der</strong> betrieblichen Erfor<strong>der</strong>nisse ausgewählt<br />

werden können.<br />

Das gemeins<strong>am</strong>e Prinzip aller Benutzerfragebögen besteht in einer Übersetzung <strong>der</strong> Gestaltungsgr<strong>und</strong>sätze,<br />

wie sie von <strong>der</strong> Norm vorgegeben werden, in mehr o<strong>der</strong> weniger konkrete<br />

Anwendungssituationen <strong>und</strong> mögliche Arten <strong>der</strong> Bewältigung dieser Situationen<br />

durch die eingesetzte Software. Auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage einer allgemeinen Vorinformation über<br />

den Gehalt software – ergonomischer Anfor<strong>der</strong>ungen, soll die Abfrage es dem Benutzer,<br />

<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Regeln kein Experte auf dem Gebiet <strong>der</strong> Software – Ergonomie ist, ermöglichen,<br />

durch Beantwortung <strong>der</strong> Fragen einen Überblick über die Qualität <strong>der</strong> eingesetzten Software<br />

zu geben. Die Auswertung <strong>der</strong> Fragen eröffnet einen (ersten) Blick auf die Schwachstellen<br />

<strong>der</strong> eingesetzten Software bzw. auf die Notwendigkeit, die Benutzer bezüglich <strong>der</strong><br />

Ausnutzung <strong>der</strong> ergonomischen Leistungsmerkmale <strong>der</strong> Software zu qualifizieren.


22<br />

Am folgenden Beispiel wird deutlich, wie die Übersetzung <strong>der</strong> allgemeinen Normanfor<strong>der</strong>ungen<br />

in konkrete, durch den Benutzer beantwortbare Fragestellungen geschehen kann.<br />

ARBEITERKAMMER<br />

BREMEN<br />

Beispiel für die Operationalisierung einer<br />

Normanfor<strong>der</strong>ung in eine Benutzerbefragung<br />

Steuerbarkeit<br />

Universität<br />

Bremen<br />

„Ein Dialog ist steuerbar, wenn <strong>der</strong> Benutzer in <strong>der</strong> Lage ist, den Dialogablauf zu<br />

starten sowie seine Richtung <strong>und</strong> Geschwindigkeit zu beeinflussen, bis das Ziel<br />

erreicht ist.“<br />

Frage: „Können Sie als Benutzer die Art <strong>und</strong> Weise, wie sie mit <strong>der</strong> Software<br />

arbeiten, beeinflussen?“<br />

Die Software ermöglicht<br />

keinen leichten Wechsel<br />

zwischen einzelnen Masken<br />

<strong>und</strong> Menüs.<br />

--- -- - -/+ + ++ +++<br />

Die Software ermöglicht einen<br />

leichten Wechsel zwischen<br />

einzelnen Masken <strong>und</strong> Menüs.<br />

(nach Prümper/Anft)<br />

BISQUIT<br />

Folie Nummer: 1<br />

Modul V: Software - Ergonomie<br />

EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFT<br />

Europäischer Sozialfonds<br />

Der Benutzer erhält in dieser Form des Fragebogens die Möglichkeit, eine abgestufte Antwort<br />

zu geben. Das Beispiel reicht von <strong>der</strong> absoluten Nichterfüllung des Kriteriums (---)<br />

über die teilweise Nichterfüllung / Erfüllung bis zur vollständigen Erfüllung des Kriteriums<br />

(+++).<br />

4.4 Durchführung <strong>der</strong> Analyse<br />

Im Zus<strong>am</strong>menhang mit <strong>der</strong> Richtlinie sind folgende Aspekte von Bedeutung:<br />

• die Definition von Tätigkeiten in <strong>der</strong> Vorbereitungsphase: Zu Beginn je<strong>der</strong> Erhebung<br />

ist es sinnvoll, die unterschiedlichen Aufgaben, die <strong>am</strong> Bildschirmarbeitsplatz<br />

durchgeführt werden, zu trennen, um bei einer möglichen Mängelbehebung<br />

effizient vorgehen zu können. Zur Auflistung <strong>der</strong> verschiedenen Aufgaben<br />

kann entwe<strong>der</strong> die <strong>Arbeit</strong>splatzbeschreibung o<strong>der</strong> ein Tätigkeitsprofil herangezogen<br />

werden bzw. es müssen von außen Hilfestellungen erfolgen. Zu je<strong>der</strong><br />

Aufgabe sollte die dabei zur Anwendung kommende Software angeführt<br />

werden.<br />

• die effiziente Durchführung <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>splatzbewertung: Die zum Einsatz<br />

kommenden Verfahren sollten dabei allgemein verständlich sein, d.h. ohne<br />

Vorwissen eine klare Überprüfbarkeit <strong>der</strong> Gesetzesaussagen zulassen. Es sollte<br />

sowohl eine benutzerbezogene als auch eine produktbezogene (<strong>und</strong> d<strong>am</strong>it reprä-


23<br />

sentative) Analyse möglich sein, die rasch durchgeführt werden kann, das Erkennen<br />

von Mängeln bei <strong>der</strong> Bildschirmarbeit erleichtert <strong>und</strong> unmittelbares<br />

Feedback über die Umsetzung <strong>der</strong> notwendigen Maßnahmen bei <strong>der</strong> Mängelbehebung<br />

liefert.<br />

• eine handlungsorientierte Auswertung, welche gegebenenfalls direkt zu<br />

Aktivitäten führt: Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Analyseergebnisse soll eine zielgerichtete<br />

Mängelbehebung erfolgen können, d.h. den verantwortlichen Stellen soll <strong>der</strong><br />

Weg <strong>der</strong> Mängelbehebung klar vordefiniert sein.<br />

4.5 Unterstützung <strong>der</strong> Analysevorbereitung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mängelbehebung<br />

Da sich die Fragebögen direkt an Benutzer wenden, die in <strong>der</strong> Regel nur ein geringes o<strong>der</strong><br />

kein Vorverständnis für Fragestellungen <strong>der</strong> Software – Ergonomie besitzen, sollte er ohne<br />

weitgehendes Vorwissen bezüglich <strong>der</strong> Rechtslage <strong>und</strong> des Normenwerks beantwortet<br />

werden können. Um die Aussagekraft <strong>der</strong> Befragung zu erhöhen, sollte das Befragungsinstrument<br />

allerdings dem Mo<strong>der</strong>ator, <strong>der</strong> für die Durchführung <strong>der</strong> Bewertung zuständig ist,<br />

als auch dem Benutzer allgemeine Information über Gehalt <strong>und</strong> Zielsetzung <strong>der</strong> software –<br />

ergonomischen Anfor<strong>der</strong>ungen geben, um ein Gr<strong>und</strong>verständnis des Themas zu entwickeln.<br />

Dies erhöht in <strong>der</strong> Regel zugleich die Akzeptanz <strong>der</strong> Befragung.<br />

Das Instrument sollte die Vorbereitungsphase <strong>der</strong> Analyse unterstützen. Da die effiziente<br />

Beurteilung <strong>der</strong> Software nur mit bezug auf die auszuführende Tätigkeit <strong>und</strong> die Qualifikation<br />

des Anwen<strong>der</strong>s möglich ist, sollte das Verfahren die Definition von Tätigkeiten einbeziehen<br />

<strong>und</strong> Anhaltspunkte für die Einteilung von Tätigkeiten bieten. Zu Beginn <strong>der</strong> Erhebung<br />

ist es notwendig, die unterschiedlichen Aufgaben, die <strong>am</strong> Bildschirmarbeitsplatz erledigt<br />

werden, zu trennen, um die Mängel in Hinblick auf die beson<strong>der</strong>e Tätigkeit festzustellen<br />

<strong>und</strong> bei einer möglichen Mängelbehebung effizient <strong>und</strong> zielorientiert vorgehen zu<br />

können. Das Verfahren sollte dabei anleiten, die verschiedenen Tätigkeiten zu erfassen <strong>und</strong><br />

eine Form anbieten, in <strong>der</strong> während o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Benutzerbefragung die festgestellten<br />

Mängel auf die Tätigkeiten bezogen werden können.<br />

Darüber hinaus sollte das Instrument so aufgebaut sein, daß es eine effektive Auswertung<br />

<strong>der</strong> Befragung unterstützt <strong>und</strong> zugleich Hinweise auf die Ursachen <strong>der</strong> Mängel <strong>und</strong> Wege<br />

ihrer Beseitigung gibt. Dies kann dadurch geschehen, daß bei Feststellung eines Mangels<br />

vom Benutzer auf einen Katalog möglicher Ursachen zurückgegriffen werden kann, um die<br />

mangelhafte Situation zu konkretisieren.<br />

4.6 Spezielle Gesichtspunkte bei <strong>der</strong> Durchführung von<br />

<strong>Arbeit</strong>splatzanalysen<br />

4.6.1 Son<strong>der</strong>fall Standardsoftware<br />

In den Betrieben wird sehr oft die Unterscheidung zwischen "Standardsoftware" <strong>und</strong> individuell<br />

entwickelter Software getroffen. Dabei werden Überlegungen angestellt, inwieweit<br />

diese Produkte überhaupt zu bewerten seien. Die vorherrschende Meinung ist, daß es den<br />

Produzenten obliegt, die Erfüllung <strong>der</strong> Software - ergonomischen For<strong>der</strong>ungen im allgemeinen<br />

<strong>und</strong> d<strong>am</strong>it die <strong>der</strong> BildschArbV zu garantieren. Der Gestaltungsaspekt wird in Zus<strong>am</strong>menhang<br />

mit Standardprodukten nicht gesehen, obwohl er trotzdem gegeben ist.


24<br />

Dadurch daß ein Unternehmen oftmals ein fertiges Softwareprodukt erwirbt, ist es nicht<br />

von <strong>der</strong> Pflicht freigestellt, seinen betrieblichen Einsatz in den konkreten Anwendungssituationen<br />

<strong>und</strong> in bezug zu den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> zu bewerten. Gerade Standardsoftware<br />

bietet wegen des großen Funktionsumfanges <strong>und</strong> <strong>der</strong> mehr o<strong>der</strong> weniger gegebenen<br />

Flexibilität des Einsatzes, Spielräume zur Anpassung an die Benutzerbelange.<br />

Softwaretechnisch betrachtet muß bei Standardsoftware festgestellt werden, daß das Ziel<br />

<strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong>artiger Softwareprodukte darin liegt, eine Menge von Funktionen <strong>und</strong><br />

Datenstrukturen zu finden, welche in möglichst vielen Einsatzbereichen eingesetzt werden<br />

können. Dieses Ziel bedeutet nicht, daß auch die Benutzung dieser Funktionen standardisiert<br />

zu erfolgen hat. Die Softwareentwickler von Standardprodukten haben dies erkannt<br />

<strong>und</strong> erlauben den Benutzern möglichst viele Adaptierungen, etwa die Sequenz von Aktivitäten<br />

betreffend (Makros). D<strong>am</strong>it soll es weitgehend möglich sein, Standardsoftware an<br />

Prozesse <strong>und</strong> Benutzer anzupassen.<br />

4.6.2 Zus<strong>am</strong>menlegung gleichartige <strong>Arbeit</strong>splätze<br />

In <strong>der</strong> Erreichung <strong>der</strong> Ziele <strong>der</strong> BildschArbV sollen die Betriebe freie Wahl <strong>der</strong> Meßmethoden<br />

besitzen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird die Bewertung von Bildschirmarbeitsplätzen<br />

in Zus<strong>am</strong>menhang mit Software-ergonomischen Kriterien in den Betrieben unterschiedlich<br />

gehandhabt. Resultierend aus dem betriebswirtschaftlichen Druck werden ähnliche Tätigkeiten<br />

(z.B. im Bereich des Rechnungswesens o<strong>der</strong> bei Sekretariatsarbeitsplätzen) zus<strong>am</strong>mengefaßt<br />

<strong>und</strong> ein für diesen Tätigkeitsbereich "repräsentativer" <strong>Arbeit</strong>splatz bewertet.<br />

D<strong>am</strong>it - so wird vermutet - bleibt <strong>der</strong> zu erwartende Aufwand in zeitlich begrenztem Ausmaß<br />

<strong>und</strong> den gesetzlichen Anfor<strong>der</strong>ungen ist Genüge getan. Die Problematik, die durch<br />

diese repräsentative, <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it personenunabhängige Bewertung, entsteht, liegt darin, daß<br />

zur speziellen Mängelerkennung die individuellen Unterschiede <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer/innen<br />

nicht mehr berücksichtigt werden.<br />

Daher sollte eine Bewertung im Sinne <strong>der</strong> BildschArbV zwei Eigenschaften besitzen:<br />

• Der Untersuchungsgegenstand muß die Benutzungsschnittstelle sein.<br />

• Die produkt-, arbeitsplatz- <strong>und</strong> benutzerbezogenen Faktoren sind integriert, <strong>und</strong><br />

nicht isoliert zu erheben <strong>und</strong> zu bewerten.<br />

Wenn eine Zus<strong>am</strong>menfassung von <strong>Arbeit</strong>splätzen stattfindet, müssen letztere Gesichtspunkte<br />

zusätzlich erhoben werden.<br />

4.6.3 Die Rolle <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sorganisation<br />

Der Zus<strong>am</strong>menhang zwischen <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sorganisation <strong>und</strong> <strong>der</strong> Software ist bei <strong>der</strong> Behebung<br />

von Mängeln <strong>der</strong> eingesetzten Software zu berücksichtigen. Belastungen, die aus<br />

schlecht gestalteter Software herrühren, können oftmals durch die beson<strong>der</strong>en Einsatzbedingungen<br />

verstärkt werden (z.B. Dauer <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> mit einem bestimmten System). Eine<br />

Umgestaltung <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sabläufe <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sorganisation können in manchen Fällen<br />

die Belastungen wesentlich effektiver beseitigen, als durch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Software bei<br />

Beibehaltung <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sorganisation.


25<br />

Dieses Problem ist schon bei <strong>der</strong> Entwicklung von Software angelegt: <strong>Arbeit</strong>sabläufe werden<br />

zwar von den Techniker/innen intuitiv erarbeitet, <strong>der</strong> technische Hintergr<strong>und</strong> ist jedoch<br />

häufig wichtiger als eine Verbesserung <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sabläufe. In weiterer Folge werden die<br />

Produkte ausschließlich auf ihre technische Funktionalität hin geprüft. Softwareergonomische<br />

Prüfkriterien kommen nicht zur Anwendung.<br />

4.6.4 Rolle <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

Die Einbeziehung <strong>der</strong> Beschäftigten (<strong>und</strong> d<strong>am</strong>it Betroffenen) bei <strong>der</strong> Untersuchung wird<br />

als Faktor gesehen, <strong>der</strong> die Untersuchung verlängert. Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Software-<br />

Ergonomie ist die Einbeziehung <strong>der</strong> Beschäftigten als unmittelbar Betroffene unumgänglich.<br />

Da die Bewertung auf qualitativer Basis zu erfolgen hat, werden Richtwerte einzelner<br />

Software-ergonomischer Kriterien individuell von den Betroffenen festgelegt. So ist es<br />

beispielsweise für Beschäftigte, welche mit räumlichem Vorstellungsvermögen Probleme<br />

besitzen, schwieriger mit gleichzeitig geöffneten Bildschirmausschnitten (Fenstern) zu<br />

arbeiten, als für Beschäftigte, welche ein ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen<br />

besitzen. Erstere müssen jedoch davor geschützt werden, daß ihr persönliches "Manko"<br />

einer fehlenden räumlichen Vorstellungskraft nicht zu einem Personalproblem <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it<br />

zu einer Versetzung führt.<br />

Die Einbindung <strong>der</strong> Beschäftigten (z.B. in Form einer Selbstbewertung des eigenen <strong>Arbeit</strong>splatzes<br />

bzw. durch Ausfüllen von Checklisten o<strong>der</strong> Fragebögen) erfor<strong>der</strong>t jedoch ein<br />

Instrument, welches speziell auf die Beschäftigten ausgerichtet ist (z.B. in <strong>der</strong> Verständlichkeit<br />

<strong>der</strong> Fragen <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Verwendung von Fachausdrücken).<br />

4.6.5 Stellenwert <strong>der</strong> Schulung/Qualifizierung<br />

Im Zus<strong>am</strong>menhang mit <strong>der</strong> Mängelbehebung ist immer auch die Notwendigkeit einer<br />

umfassenden Schulung <strong>der</strong> Betroffenen einzubeziehen, da viele Belastungen auf den<br />

Aspekt einer unzureichenden Schulung zurückzuführen sind. Da Beschäftigte sich mit<br />

einzelnen Softwareprodukten o<strong>der</strong> -funktionen zuwenig o<strong>der</strong> gar nicht auskennen,<br />

entstehen Unsicherheiten <strong>und</strong> in weiterer Folge das Gefühl bei den Beschäftigten,<br />

überfor<strong>der</strong>t zu sein. Hieraus darf aus software – ergonomischer Sicht nicht gefolgert<br />

werden, daß mangelnde Qualifikation <strong>der</strong> alleinige Gr<strong>und</strong> für die Probleme mit<br />

Software(funktionen) ist. Die Qualifikation im Umgang mit <strong>der</strong> Software – auch in bezug<br />

auf ihre ergonomischen Potenzen - ist notwendig <strong>und</strong> ihr Fehlen kann zu Problemen für<br />

den Anwen<strong>der</strong> führen. Doch unterstellt dies, daß die Software selbst qualitativen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen genügen muß, d<strong>am</strong>it sich <strong>der</strong> qualifizierte Anwen<strong>der</strong> auf sie beziehen <strong>und</strong><br />

sie überhaupt nutzen kann.<br />

4.7 Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

Die eingesetzten Bewertungsinstrumente sollten sich deutlich an den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Bildschirmarbeitsverordnung <strong>und</strong> den Gestaltungsgr<strong>und</strong>sätzen nach <strong>der</strong> Norm DIN EN<br />

ISO 9241 orientieren.


26<br />

Zugleich sollte das Instrument in allen Phasen <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>splatzanalyse Unterstützung bieten.<br />

Das heißt, es sollen nicht nur alle vier Phasen des Verfahrens<br />

• Vorbereitung,<br />

• Durchführung,<br />

• Auswertung <strong>und</strong><br />

• Mängelbehebung<br />

Anwendung finden, son<strong>der</strong>n darüber hinaus soll das Verfahren konkrete Vorgaben <strong>der</strong><br />

Anwendung enthalten (Vorgehensmodell) sein.<br />

Zu je<strong>der</strong> einzelnen Phase sollten klare Hinweise bestehen, wie bei <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>splatzanalyse<br />

vorzugehen ist, d.h. bevor Fragebögen ausgegeben werden, sollten vom Verfahren Hinweise<br />

zum richtigen Vorgehen gegeben werden (z.B. kann dieses Verfahren bei <strong>der</strong> Art <strong>der</strong><br />

Bildschirmarbeitsplätze in einem Unternehmen überhaupt eingesetzt werden, gibt es Hinweise<br />

wie die <strong>Arbeit</strong>splätze zu beschreiben sind o<strong>der</strong> wie eine Information <strong>der</strong> Betroffenen<br />

erfolgt,...). Auch nach dem Ausfüllen <strong>der</strong> Fragebögen durch die Beschäftigten (o<strong>der</strong> durch<br />

die betrieblichen Verantwortlichen) sollte klar sein, wie weiter vorzugehen ist (d.h. wie die<br />

Antworten zu interpretieren <strong>und</strong> darzustellen sind).


28<br />

5. Literaturhinweise<br />

APPLE COMPUTER INC.: Human Interface Guidelines: The Apple Desktop Interface,<br />

1992<br />

BURMESTER/GÖRNER/HACKER u.a.(Hg.): Bildschirmarbeit EU - Konform, Das<br />

SANUS – Handbuch – Information, Analyse, Gestaltung, Bremerhaven 1997<br />

DÖBELE-BERGER/MARTIN: Ergonomie–Prüfer – Handlungshilfe zur ergonomischen<br />

<strong>Arbeit</strong>s- <strong>und</strong> Technikgestaltung, Technologieberatungsstelle beim DGB Landesbezirk<br />

NRW e.V. (Hg.), Oberhausen 1993<br />

DUNCKEL/VOLPERT: Humankriterien für die Analyse <strong>und</strong> Gestaltung von <strong>Arbeit</strong>ssystemen,<br />

Berlin 1989<br />

EBERLEH/OBERQUELLE/OPPERMANN: Einführung in die Software – Ergonomie,<br />

New York 1994<br />

EUROPÄISCHES INSTITUT FÜR NORMUNG: Europäische Norm EN ISO 9241 – 10:<br />

Ergonomische Anfor<strong>der</strong>ungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten, Teil 10: Gr<strong>und</strong>sätze<br />

<strong>der</strong> Dialoggestaltung, Brüssel 1995<br />

GORNY/DALDRUP/SCHWAB: Zwischenbilanz - Menschengerechte Gestaltung von<br />

Software, Oldenburg 1992<br />

GRIMMER (Hg.): ANSORGE/HAUPT: Software – Ergonomie, Stuttgart u.a. 1997<br />

HACKER: Software – Gestaltung als <strong>Arbeit</strong>sgestaltung, in: Fähnrich(Hg.): Software –<br />

Ergonomie, München 1987<br />

HAHN/KÖCHLING/KRÜGER/LORENZ: <strong>Arbeit</strong>ssystem Bildschirmarbeit, Schriftenreihe<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für <strong>Arbeit</strong>sschutz, Dortm<strong>und</strong> 1995<br />

HAMPE-NETELER/RÖDIGER: Software – Ergonomie, Verfahren <strong>der</strong> Evaluierung <strong>und</strong><br />

Standards zur Entwicklung von Benutzungsoberflächen, Universität Bremen, Bremen 1992<br />

HAMPE-NETELER: Software auf dem Prüfstand - Ausschlußkriterien zur ergonomischen<br />

Prüfung von Büro-Software, Köln 1994<br />

HAMPE-NETELER: Software auf dem Prüfstand - stehend KO?, Computer – Information<br />

für Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte 3/94, S.13<br />

HERCZEG: Software – Ergonomie. Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Mensch – Computer – Kommunikation,<br />

Bonn u.a. 1994<br />

HOLL (Hrsg.): Software - Schnittstelle zwischen Mensch <strong>und</strong> Maschine, Köln 1989<br />

HOLL: Softwareergonomie in <strong>der</strong> Praxis, Computer - Information für Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte<br />

7-8/94, S.31ff<br />

INTERNATIONAL BUSINESS MACHINE CORP.: Common User Access – Guide to<br />

User Interface Design and Advanced Interface Design Reference, 1991<br />

MICROSOFT CORP.: The Windows Interface Guidelines for Software Design, Redmond<br />

1995


29<br />

PRÜMPER/ANFT: Die Evaluation von Software auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des Entwurfs zur internationalen<br />

Norm ISO 9241 Teil 10 als Beitrag zur partizipativen Systemgestaltung in:<br />

Rödiger (Hg.): Software – Ergonomie 93, 1993<br />

PRÜMPER/FRESE: Software-Ergonomie <strong>und</strong> Neue Techniken, 1996<br />

PRÜMPER/HARTMANNSGRUBER/FRESE: KFZA – Kurzfragebogen zur <strong>Arbeit</strong>sanalyse.<br />

In: Zeitschrift für <strong>Arbeit</strong>s- <strong>und</strong> Organisationspsychologie, 39/1995<br />

PRÜMPER: Mit dem Benutzer im Dialog. Methoden partizipativer Systemgestaltung, in:<br />

GERSTEN/STIELER-LORENZ (HG): <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> Technik in den neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n,<br />

1995<br />

RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN: Richtlinie über die Mindestvorschriften<br />

bezüglich <strong>der</strong> Sicherheit <strong>und</strong> des Ges<strong>und</strong>heitsschutzes bei <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> an Bildschimgeräten<br />

(90/270 EWG), Amtsblatt <strong>der</strong> europäischen Gemeinschaften Nr. L 156/14,<br />

Brüssel, 1990<br />

RAUTERBERG/SPINAS/STROHM/ULICH/WAEBER: Benutzerorientierte Software –<br />

Entwicklung, Stuttgart 1991<br />

RICHENHAGEN/PRÜMPER/WAGNER: Handbuch <strong>der</strong> Bildschirmarbeit, Neuwied u.a.,<br />

1997<br />

RICKERT: Softwareergonomie - genormt, Computer - Information für Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte<br />

7-8/94, S.26ff<br />

RIESENECKER – CABA: Werkzeuge für die ergonomische Bewertung von Software,<br />

Computer - Fachwissen für Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte, Köln 10/96<br />

STARY/RIESENECKER-CABA/KALKHOFER/FLECKER: EU-CON – Ein Verfahren<br />

zur EU - konformen Software – ergonomischen Bewertung <strong>und</strong> Gestaltung von Bildschirmarbeit.<br />

vdf Hochschulverlag AG an <strong>der</strong> ETH Zürich, 1997<br />

TECHNOLOGIEBERATUNGSSTELLE HANNOVER DES DGB: Der Software – Prüfer,<br />

Ein Leitfaden zur Bewertung von Dialogprogr<strong>am</strong>men, Hannover 1990<br />

TECHNOLOGIE – BERATUNGS – SYSTEM DER ARBEITERKAMMER BREMEN:<br />

Ergonomie <strong>am</strong> Bildschirmarbeitsplatz – Modul 4 <strong>Arbeit</strong>splatzanalysen nach <strong>der</strong> EU – Bildschirmrichtlinie<br />

– Analysefel<strong>der</strong>, Analyseinstrumente, Maßnahmenplan, Dokumentation –<br />

Teil C: Software – Ergonomie, (Weiterbildungseinheit Bildschirmarbeit, Projekt ERGO –<br />

SCREEN), Bremen, 1997<br />

ULICH: <strong>Arbeit</strong>spsychologie, Zürich u.a., 1994<br />

VERORDNUNG ÜBER SICHERHEIT UND GESUNDHEITSSCHUTZ BEI DER<br />

ARBEIT AN BILDSCHIRMGERÄTEN (Bildschirmarbeitsverordnung), B<strong>und</strong>esgesetzblatt<br />

Jahrgang 1996 Teil I Nr. 63, Bonn, 10.12.1996<br />

ZEIDLER/ZELLNER: Software – Ergonomie, 1992

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!