August - Euroregion Elbe/Labe
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Mit der Staatsflagge sitzen junge<br />
Prager auf einem sowjetischen Panzer.<br />
Mit dem Einmarsch in die<br />
Tschechoslowakei am 21. <strong>August</strong> 1968<br />
wurde der Prager Frühling<br />
niedergewalzt.<br />
„Was war das für ein Idiot?“ Der<br />
Gärtner ärgert sich über die Spuren auf<br />
dem Rasen. Dreht man die Zeichnung<br />
90 Grad nach links, wird aus dem<br />
Rasen die CSSR-Karte; die Spuren<br />
kommen aus Richtung Moskau.<br />
Die kleine Redaktion war gerade umgezogen, musste auf Anweisung der örtlichen<br />
Parteiführung die Seitenzahl von vier auf sechs erhöhen. Chefredakteur Jiri Kaspar war<br />
auf dem Sprung in den Urlaub, sein Stellvertreter Vojtech Basatek musste die Ausgabe<br />
zusammen mit dem Jungredakteur Josef Plachetka fertigstellen.<br />
„Es herrschte die übliche ‚Saure-Gurken-Zeit‘ und zu allem Unglück war ein Artikel etwas<br />
zu kurz geraten“, erinnert sich Plachetka heute in der „Literarni noviny“. „Uns fiel nichts<br />
ein, was wir noch hätten schreiben können. Und so ging ich an einen Schrank, in dem<br />
sogenannte zeitlose Manuskripte für Notzeiten aufbewahrt wurden. Darunter war auch<br />
eine Karikatur. Nichts Tolles: Ein Gärtner harkt ein Stück Rasen und ärgert sich über<br />
Fußspuren, die da jemand hinterlassen hat. Damals, so der einstige Redakteur weiter,<br />
habe es gerade eine Kampagne gegeben, Rasenflächen nicht zu betreten. „Der Gärtner<br />
flucht denn auch auf der Karikatur über den ‚Idioten‘, der sich nicht an die Vorschrift<br />
gehalten hat. Der stellvertretende Chefredakteur warf einen kurzen Blick auf die<br />
Karikatur, sagte noch, naja, sehr witzig ist sie zwar nicht, aber wir nehmen sie ins Blatt.“<br />
Kaum war die Zeitung erschienen, riefen mehrere Parteileitungen in der Redaktion an<br />
und meinten, diese Karikatur sei nicht sonderlich gelungen. Plachetka und der Rest der<br />
Redaktion dachte sich nichts dabei. Sie hatten die Zeichnung ja selbst nicht so<br />
bemerkenswert gefunden. Leserreaktionen gab es keine. „Tags darauf schwärmten Stasi-<br />
Leute zu den Kiosken aus und sammelten sämtliche Ausgaben der Zeitung ein. Sie<br />
vergaßen aber die Bibliotheken, in denen plötzlich Leserandrang herrschte“, erzählt der<br />
einstige Redakteur.<br />
„Es dauerte etwas, bis ich mitbekam, was wir eigentlich Schlimmes ‚angestellt‘ hatten“,<br />
erinnert sich Plachetka. „Mich rief ein Leser an und sagte: ‚Du musst die Zeitung um ein<br />
Viertel nach links drehen. Dann siehst du, dass das Rasenstück die Form der<br />
Tschechoslowakei hat und die Spuren auf diesem Rasenstück von Stiefelabdrücken aus<br />
Richtung Sowjetunion stammen.‘“<br />
Die Karikatur war schon einmal erschienen, 1968 nach dem Einmarsch der Truppen des<br />
Warschauer Pakts in der Tschechoslowakei, wo sie den Reformversuch des „Prager<br />
Frühlings“ niederschlugen. Die „Literarni noviny“ – eines der führenden Blätter des<br />
„Prager Frühlings“ – hatte die Karikatur veröffentlicht. Der Karikaturist hatte seine<br />
Zeichnungen 1968 an mehrere Redaktionen geschickt, darunter auch an den „Funken aus<br />
Rychnov“. „Da wir aber nur ganz selten Karikaturen veröffentlichten, lag diese sechs<br />
Jahre bei uns einfach so herum“, erklärt Plachetka.<br />
Die Veröffentlichung 1974 kam die Beteiligten teuer zu stehen: Die Redakteure wurden<br />
tagelang von der Stasi verhört und der „ideologischen Diversion“ beschuldigt. Über die<br />
üblichen Parteiwege gelangte die Karikatur bis auf den Schreibtisch des damaligen KP-<br />
Chefs Gustav Husak, der außer sich gewesen sein soll, dass der „Ungeist“ von 1968 noch<br />
sechs Jahre später in eine Partei-Zeitung gelangen konnte.<br />
Der Chefredakteur des „Funkens aus Rychnov“ wurde entlassen, obwohl er sich schon bei<br />
Fertigstellung der Zeitung im Urlaub befunden hatte. Sein Stellvertreter erhielt erst eine<br />
Abmahnung und wurde dann als Lehrer an eine Mittelschule abgeschoben. Plachetka