August - Euroregion Elbe/Labe
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ANGEKLAGTE BESCHULDIGEN SICH GEGENSEITIG<br />
Am ersten Prozesstag verweigerte der angeklagte Marek Ž. die Aussage, im Verhör bei<br />
der Kriminalpolizei hatte er zuvor allerdings ausgesagt, sein Komplize H. habe ihm den<br />
Alkohol verkauft. Dieser wies nach einem Bericht des tschechischen Nachrichten-Portals<br />
iDnes.cz die Anschuldigungen heute vor Gericht zurück und bezichtigte Ž. der Lüge. "Er<br />
ist selbst ins Lager gefahren, um den Alkohol zu holen. Auch wenn er angibt, nur über ein<br />
minimales Einkommen zu verfügen, fährt er ein teures Auto und hat seiner Geliebten ein<br />
Haus gekauft. Ich bin hingegen mittellos."<br />
H. kontert, Ž. wolle durch seine Falschaussage nur eine geringere Strafe für sich<br />
herausschlagen: "Das ist so sein Charakter. Wenn er seine Ehefrau seit fünf Jahren<br />
belügt, warum sollte er dann nicht auch vor Gericht lügen?"<br />
Zu Wort kam heute auch eines der Opfer: Zdeněk Š. hatte seine Freunde zu dem<br />
verhängnisvollen Trinkgelage eingeladen. Den gepanschten Schnaps habe er von Marek<br />
Ž. geschenkt bekommen. "Ich habe ihn noch gefragt, ob der Alkohol gut sei. Er<br />
antwortete, das könne er garantieren, weil er selbst zum Geburtstag davon getrunken<br />
habe", zitiert iDnes.cz das Opfer, das nach dem Konsum des Billig-Wodkas sechs Tage<br />
im Koma gelegen hatte und nach eigenen Angaben bis heute unter gesundheitlichen<br />
Problemen leidet.<br />
Der Angeklagte Ž. bestätigt, er und seine Familie hätten von dem giftigen Schnaps<br />
getrunken und niemandem sei etwas zugestoßen. Er sei schockiert, welcher Gefahr er<br />
und seine Angehörigen durch den gepanschten Wodka, den er von H. geliefert<br />
bekommen habe, ausgesetzt worden seien. Ein Urteil wird nicht vor Freitag erwartet.<br />
Trotz der dramatischen Umstände handelt es sich bei den beiden nun in Ostrava vor<br />
Gericht stehenden Männern nur um kleine Fische in dem riesigen Alkohol-Skandal.<br />
Insgesamt haben die Behörden rund 70 Beschuldigte im Visier. Besonders intensiv<br />
ermittelt wird gegen eine unter dem Namen "Zlíner Gang" bekannt gewordene Gruppe<br />
von 32 Verdächtigen, die in der gleichnamigen ostmährischen Stadt in großem Stil<br />
Schnaps gepanscht haben soll. Wann ihnen der Prozess gemacht wird, steht allerdings in<br />
den Sternen.<br />
REGIERUNG IN DER KRITIK<br />
Immer mehr in die Kritik gerät indessen auch die tschechische Regierung. Zwar hatte das<br />
Kabinett relativ rasch nach Ausbruch der Alkohol-Krise erhebliche Mittel mobilisiert, um<br />
der Quelle für den giftigen Schnaps auf die Spur zu kommen und zeitweise sogar ein<br />
Verkaufs- und Ausschankverbot für Hochprozentiges verhängt. Die mehrfach<br />
angekündigte strengere Reglementierung und Überwachung des Verkaufs von<br />
alkoholischen Getränken hat aber erst vor Kurzem das Abgeordnetenhaus passiert.<br />
Die Novelle sieht unter anderem vor, dass Hochprozentiges künftig nur in Glasflaschen<br />
mit maximal drei Liter Inhalt verkauft werden darf. Damit will man verhindern, dass<br />
Alkohol wie bisher in großen Plastikfässern vertrieben wird, die nicht eindeutig versiegelt<br />
werden können. Außerdem müssen Händler, die gebrannte Getränke verkaufen, in<br />
Zukunft eine Lizenz beantragen und eine finanzielle Sicherheitsleistung erbringen.<br />
Noch fehlen zum Inkrafttreten der strengeren Regeln allerdings die Zustimmung der<br />
zweiten Parlamentskammer und die Unterschrift von Staatspräsident Zeman, dessen<br />
Vorliebe für hochprozentige einheimische Spezialitäten inzwischen international bekannt<br />
ist.<br />
Unterdessen haben die tschechischen Konsumenten bereits selbst zum Teil die<br />
Konsequenzen aus der Affäre um den vergifteten Alkohol gezogen: Der Verkauf von<br />
klaren Schnäpsen ist seit dem Auffliegen des Skandals deutlich zurückgegangen,<br />
stattdessen greifen die Tschechen häufiger zu ausländischen Spirituosen wie etwa Whisky<br />
oder Cognac. Auch der Bier-Absatz ist nach einem Bericht des Tschechischen Fernsehens<br />
in einigen Gasthäusern seither merkbar angestiegen.