August - Euroregion Elbe/Labe
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Brennpunkte<br />
Tschechien kommt nicht zur Ruhe<br />
Michael Heitmann, dpa<br />
Foto: dpa<br />
Ministerpräsident Jiri Rusnok wurde im Juni mit der<br />
Regierungsbildung beauftragt. Foto: Matej Divizna<br />
Mittwoch, 7.8.2013<br />
DNN<br />
Prag (dpa) - Als der tschechische Präsident Milos Zeman mit<br />
Fanfarenklängen ins Abgeordnetenhaus in Prag einzieht, bringt er eine Drohung mit.<br />
Seine «Expertenregierung» wolle er notfalls auch gegen den Willen des Parlaments<br />
monatelang im Amt halten, deutet der Mann mit der sonoren Stimme an.<br />
«Ich versichere, dass ich innerhalb der nächsten Wochen keinen zweiten<br />
Regierungsauftrag vergeben werde, selbst wenn man mich auf dem Rad foltern sollte.»<br />
Für den Präsidenten spielt es demnach kaum eine Rolle, dass Ministerpräsident Jiri<br />
Rusnok wie erwartet am Mittwochabend die Vertrauensabstimmung verlor. Der<br />
Machtkampf zwischen Parlament und Präsident spitzt sich zu. «Der direkt gewählte<br />
Präsident muss neben dem Willen des Parlaments auch den Willen der Mehrheit der<br />
Bürger berücksichtigen», sagt Zeman.<br />
Die Chancen für den Zeman-Vertrauten Rusnok bei den Abgeordneten standen schlecht.<br />
Der Präsident hatte den Finanzexperten mit der Regierungsbildung beauftragt, ohne dies<br />
mit den Parteien im Parlament abzusprechen. «Rusnok holt sich seine Niederlage ab»,<br />
titelte die Zeitung «Pravo».<br />
Am Ende ging die Taktik der konservativen ehemaligen Regierungsparteien ODS, TOP09<br />
und Lidem auf. Mit ihren 100 Stimmen konnten sie eine linke Mehrheit für Rusnok<br />
verhindern. Doch die Parteien finden in der seit Monaten andauernden Krise keine<br />
gemeinsame Sprache quer durch das politische Spektrum, um dem Präsidenten<br />
entgegenzutreten.<br />
Der konservative Ministerpräsident Petr Necas war im Juni über eine Bespitzelungsaffäre<br />
gestürzt. Daraufhin erklärt Zeman als erster vom Volk gewählter Präsident, das Land mit<br />
einer Expertenregierung aus der Krise führen zu wollen. Schnell witterten Beobachter,<br />
dass Zeman das Machtvakuum für seine Zwecke nutzen würde. Doch konnten sich die<br />
Parteien bislang nicht auf die Selbstauflösung des Parlaments und Neuwahlen einigen.<br />
Einen unerwarteten Sinneswandel legten am Vorabend der Vertrauensabstimmung die<br />
Sozialdemokraten hin. Deren Parteichef Bohuslav Sobotka hatte wochenlang die<br />
Regierung von Zemans Gnaden strikt abgelehnt und Neuwahlen gefordert. Mit einem<br />
180-Grad-Schwenk verpflichtete er seine CSSD-Abgeordneten nun überraschend zum<br />
«Ja» für die Rusnok-Regierung.<br />
«Ich habe einen Weg gesucht, bei dem die Partei nicht gespalten wird», erklärte<br />
Sobotka. Der Parteichef habe Zeman die Schlüssel zur CSSD übergeben, spottete die<br />
Zeitung «Lidove Noviny». «Nachdem er den Kampf aufgegeben hat, wird sich Sobotka<br />
nicht lange an der Spitze der Partei halten können.»<br />
Die konservativen Parteien wollten zunächst eine Schattenregierung aufstellen, um<br />
Zemans Ambitionen Paroli zu bieten. «Wir zeigen dem Präsidenten, dass wir die Mehrheit<br />
im Abgeordnetenhaus haben, auch wenn er sie ignorieren kann», sagte Ex-Außenminister<br />
Karel Schwarzenberg.<br />
Eine Schattenregierung, die im Parlament eigentlich über eine Mehrheit verfügt, wäre<br />
nach Einschätzung Prager Zeitungen ein merkwürdiges Unikat. Nach der für Rusnok<br />
gescheiterten Vertrauensfrage stimmte Schwarzenbergs Partei TOP09 nach langem<br />
Zögern doch noch in den Chor derer ein, die stattdessen Neuwahlen fordern.