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rechtsberatung für unternehmen - Wirtschaftszeitung

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SEITE 22 | AUGUST 2013<br />

KULTUR- UND KREATIVWIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSZEITUNG | SEITE 23<br />

BayernwirdzumFreistaatderKreativen<br />

DerFreistaatentdecktdieKultur-undKreativwirtschaftalsrelevanteBranche/KünstlerfordernmehrFreiräumeein<br />

VON THOMAS TJIANG<br />

OSTBAYERN. Was verbindet das Junge<br />

Theater Regensburg mit dem Geigenbauer<br />

aus dem mittelfränkischen Bubenreuth<br />

und dem Games-Entwickler<br />

imMünchnerWerk1?SieallesindTeil<br />

der bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaft,<br />

ein Segment, das gerade als<br />

bedeutender Wirtschaftszweig entdecktwird.ImmerhinhatderEndevergangenen<br />

Jahres vom Wirtschaftsministerium<br />

vorgelegteKultur-undKreativwirtschaftsberichtBayerneinenMilliardenmarktidentifiziert.<br />

Fast jeder zehnte Betrieb „kreativ“<br />

Die Erhebung berechnet einen Umsatz<br />

der bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaft<br />

von 29,4 Milliarden Euro,<br />

das entspricht einem Anteil von 3,6<br />

Prozent an der gesamten WirtschaftsleistungdesFreistaates.ZumVergleich:<br />

Bundesweit erreicht das Geschäft der<br />

Kultur- und Kreativschaffenden einen<br />

Anteilvon2,6ProzentdesBruttosozialprodukts.<br />

Die Statistik nennt bayernweit<br />

45100 Selbstständige und Unternehmen,<br />

damit ist fast jeder zehnte Betrieb<br />

in Sachen Kultur und Kreation<br />

unterwegs.UndnocheineZahl:284000<br />

Menschen sind in den kreativen Branchentätig,davonfastdieHälftealssozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigte<br />

in Voll- oder Teilzeit. Dazu kommen<br />

noch einmal weitere 100000 Menschen,<br />

die überwiegend als Minijobber<br />

undfreiberuflicheKreativedieUmsatzschwellevon17500EuroJahresumsatz<br />

nicht erreichen. In dem Kultur- und<br />

Kreativsektor sind private Unternehmen<br />

und wirtschaftliche Aktivitäten<br />

erfasst,deröffentlicheKulturbetriebist<br />

ebenso ausgeklammert wie das bürgerschaftliche<br />

Engagement in diesem Bereich,<br />

das im Wesentlichen nicht profitorientiert<br />

arbeitet. Entsprechend<br />

wird der Markt in Kulturwirtschaft<br />

und Kreativbranchen unterteilt, die<br />

sich wiederum in elf Teilmärkte aufspalten.<br />

Zur Kulturwirtschaft werden<br />

Musikwirtschaft, Buch- und Kunstmarkt,<br />

Film- und Rundfunkwirtschaft,<br />

der Markt für darstellende Künste, Designwirtschaft<br />

sowie Architektur und<br />

Pressemarktgerechnet.<br />

Dazu kommen die Kreativbranchen<br />

Werbemarkt sowie Software- und<br />

Games-Industrie. Und auch wenn die<br />

amtliche Abgrenzung das Handwerk<br />

nicht berücksichtigt, beinhaltet die<br />

bayerische Studie auch deren kulturundkreativwirtschaftlicheAktivitäten.<br />

DieseKlassifizierungistallesandereals<br />

homogen.Aufgeteilt nach den UmsatzanteilenentfälltalleinaufdieTeilbranche<br />

Software- und Gamesindustrie fast<br />

ein Drittel der Einnahmen, obwohl<br />

sich dort nur ein Siebtel der Branchenbeschäftigten<br />

findet. Schlusslichter im<br />

Ranking sind Musikwirtschaft, der<br />

Markt für darstellende Künste – mit<br />

privaten Theatern, Musicals, Zirkusbetrieben<br />

und Bühnentechnikfirmen bis<br />

hin zu Vorverkaufsstellen – sowie der<br />

Kunstmarkt. Diese drei Teilbereiche<br />

kommen zusammen auf knapp zwei<br />

Milliarden Euro Umsatz mit 18000 Beschäftigten.<br />

Kaum in der öffentlichen Diskussion<br />

Die Heterogenität fällt auch bei der Interessenvertretung<br />

auf. Anders als beispielsweise<br />

in der Metallbranche oder<br />

im öffentlichen Dienst finden die<br />

Sprachrohre, Berufs- und Standesvertretungen<br />

kaum in der öffentlichen<br />

Diskussion Gehör. Umgekehrt unterstützt<br />

das Kompetenzzentrum Kulturund<br />

Kreativwirtschaft des Bundes mit<br />

seinenRegionalbürosin Münchenund<br />

NürnbergratsuchendeKreative.„Denn<br />

zwei Drittel der selbstständigen Künstler,<br />

also Maler, Bildhauer oder Schriftsteller<br />

erreichen nicht den Jahresumsatz<br />

von 17500 Euro“, weiß Jürgen Enninger,<br />

der bayerische Ansprechpartner<br />

des Kompetenzzentrums. Er hat<br />

seit dem Start vor mehr als drei Jahren<br />

rund 3000 Gespräche bayernweit geführt,<br />

von Regensburg bis Würzburg<br />

undvonBayreuthbisMünchen.<br />

Das Künstlerproblem bringt der<br />

Augsburger Benjamin Mayer auf dem<br />

Punkt, der mit seinem Lab Binaer, einem<br />

Labor für Medienkunst, multimediale<br />

Exponate plant und entwickelt.<br />

ErprangerteineEinladungdesMünchnerHausesderKunstan,immerhinein<br />

weltweit beachtetes Zentrum für zeitgenössische<br />

Kunst, sich dort mit einer<br />

Installation zu beteiligen. Denn dafür<br />

wird – wie üblich – kein Geld gezahlt,<br />

es gibt nur die Chance, sich vor Besuchern<br />

und Sammlern zu präsentieren<br />

und dann vielleicht etwas zu verkaufen.<br />

„Von ,vielleicht‘ kann ich mir aber<br />

nichts kaufen.“ Er plädiert für eine<br />

neue Ethik der Wertschätzung, die<br />

auch die materiellen Bedürfnisse<br />

Kunstschaffender berücksichtigt. Doch<br />

damit stößt er bei Kommunen und<br />

Freistaat auf taube Ohren. Denn die<br />

Kassen der öffentlichen Hand sind<br />

klamm, für Anschaffungen auf dem<br />

KunstmarktgibteskaumGeld.<br />

Erhaltsichern stattvergrößern<br />

Und auch Museen sind aktuell damit<br />

beschäftigt, Bestandssicherung und Erhaltzufinanzieren,anstattihreSammlungen<br />

zu vergrößern. Entsprechend<br />

fallendieLeistungenbegrenztaus,und<br />

wenndanninFormvonUnterstützung<br />

und Beratung städtischer Mitarbeiter<br />

und der Bereitstellung von Ausstellungsfläche<br />

als Podium in die Öffentlichkeit.Auchwenndie<br />

Kultur-und<br />

Kreativwirtschaft ein Marktgewicht<br />

wie die Chemie- oder Autoindustrie<br />

hat, „entspricht die öffentliche Wahrnehmung<br />

in der Praxis nicht ihrer Bedeutung“,kommentiertPeterGrafeaus<br />

dem Berliner Staatsministerium für<br />

Kultur und Medien. Er macht sich für<br />

die „Marktfähigkeit künstlerischer Angebote“<br />

stark, dennoch geht es ihm<br />

nicht umdie Kommerzialisierung<br />

künstlerischen Schaffens. Vielmehr<br />

denkeeranUnterstützunginFormvon<br />

HilfezurSelbsthilfe,fürdiejenigen,die<br />

vonihrerKunstlebenwollenundmüssen.<br />

Das bedeutet den Ausgleich zwischen<br />

der Doppelfunktion als KulturgutundWirtschaftsgut.<br />

Schnelle,kreativeArbeitswelt<br />

KreativeWirtschaftalsStandortfaktor,mitderkreativeKöpfeangelocktwerden<br />

DiepassendeBeratung<br />

InNürnbergentstehteinezentraleAnlaufstelle<br />

Fotos:istockphoto/thinkstock /Grafik:IreneDaxer<br />

REGENSBURG. „Wir bräuchten hier<br />

in Regensburg endlich ein Kreativzentrum“,<br />

fordert Benno Sawitzki.<br />

Der 30-Jährige hat vor einiger Zeit<br />

den Kreativinkubator gegründet –<br />

einen losen Zusammenschluss von<br />

Kreativ- und Kulturschaffenden in<br />

Regensburg. Gemeinsam will man<br />

sich vernetzen, weiterhelfen und<br />

gegebenenfalls einmal im selben<br />

Gebäude arbeiten. Ein gemeinsames<br />

Unternehmen? Auf gar keinen<br />

Fall. Sawitzki würde gerne einen<br />

Coworking-Spacegründen.Wosich<br />

Freiberufler, Freelancer und Künstler<br />

temporär, also gerne tage- oder<br />

gar nur stundenweise einmieten,<br />

um dort an ihren Projekten zu arbeitenundNetzwerkezuknüpfen.<br />

So ein Coworking-Space sollte<br />

bestenfalls in dem vom ihm geforderten<br />

Kreativzentrum untergebracht<br />

werden. „Und natürlich große<br />

Räume für Veranstaltungen,<br />

Theater- und Musikevents, aber<br />

auch kleine Räume für Workshops<br />

und Proberäume und Büros“, fordertSawitzki.<br />

Reisen,couchsurfen,arbeiten<br />

Sein Lebenslauf gleicht keiner gewöhnlichen<br />

Erwerbsbiografie. „Ich<br />

bin Betreiber einer Grafikdesign-<br />

Agenturundgemeinsammiteinem<br />

Freund auch in der Unternehmensberatung<br />

tätig. Dazu habe ich noch<br />

ein kleines Techno-Label in Berlin.“<br />

Einen Schreibtisch hat Benno Sawitzki<br />

in Regensburg, einen in Berlin.<br />

Arbeiten kann er überall: „Vor<br />

ein paar Tagen hab’ ich einen Flug<br />

für nur 100 Euro nach Barcelona<br />

entdeckt. Ich bin hingeflogen, hab<br />

mirübereineCouchsurfing-Appeine<br />

Übernachtungsmöglichkeit gesucht<br />

und hab mich zum Arbeiten<br />

in einen Coworking-Space eingemietet.<br />

Abends bin ich dann noch<br />

zu einem Netzwerktreffen gegangen.“<br />

Der Kreativarbeiter hangelt<br />

sich von Projekt zu Projekt, zieht<br />

immer neue Aufträge an Land und<br />

trotzdem: Immer wieder mal muss<br />

er dann auch ums finanzielle Überleben<br />

bangen. „Wenn es funktioniert,istessuper.Wennnicht,habe<br />

ich ein Problem“, sagt Benno Sawitzki<br />

mit einem Augenzwinkern.<br />

Das aber ist das Problem der meisten<br />

Kreativ- und Kulturschaffenden.<br />

„Die sind zwar meist hochqualifizierte<br />

und innovative Akademiker,<br />

wenn es aber um wirtschaftliche<br />

Fragen geht, dann mag man<br />

sichinvielenFällennurungerndamit<br />

beschäftigen“, weiß Jürgen Enninger.<br />

Er ist regionaler Ansprechpartner<br />

des Kompetenzzentrums<br />

Kultur- und Kreativwirtschaft des<br />

Bundes. Zwei mal im Monat hält er<br />

eineSprechstundeimRegensburger<br />

IT-Speicher.<br />

ZuihmkommenKünstler,Kreative,<br />

Gründer, Selbstständige und<br />

Unternehmer. Enninger erklärt ihnen<br />

in Orientierungsgesprächen,<br />

wie man Businesspläne erstellt, unternehmerisches<br />

Know-how sammelt<br />

und die Tücken des Berufsalltagsmeistert.<br />

Die Branche boomt. Laut des im<br />

Mai vom Wirtschaftsministerium<br />

Bayern vorgestellten Kultur- und<br />

Kreativwirtschaftsberichts existieren<br />

allein im Raum Regensburg<br />

schätzungsweise rund 1800 Kulturund<br />

Kreativ<strong>unternehmen</strong>. Mit bayernweit<br />

knapp 180000 Erwerbstätigen<br />

und einem Anteil von 3,5 Prozent<br />

an der Gesamtwirtschaft liegt<br />

die Kultur- und Kreativwirtschaft<br />

nur knapp hinter der Automobilindustrie<br />

und dem Maschinenbau (je<br />

vier Prozent).„Es heißt immer, dass<br />

esdieKulturschaffendenin dieMetropolen<br />

wie Berlin, Hamburg und<br />

Münchenzieht“,sagtJürgenEnninger.<br />

„Bayern ist der krasse Gegenbeleg.“<br />

Das fällt ihm auch in Ostbayern<br />

auf. „Egal, ob in Regen oder in<br />

Wunsiedel – überall, wo ich hinkomme,<br />

sind die Netzwerk-Veranstaltungenvoll.“<br />

Regensburg verschenktPotenzial<br />

Auch Benno Sawitzki sieht man<br />

dort immer wieder im Publikum<br />

sitzen. Er sieht aber noch große Defizite,<br />

vor allem in Regensburg:<br />

„Hieristesvielzugeleckt.Esfehlen<br />

Freiräume.“ Und deshalb geht hier<br />

seiner Meinung nach viel Potenzial<br />

verloren. „Viele Kreative gehen einfach<br />

weg.“ Er nennt dabei zum BeispieldieGebrüderTeichmann,zwei<br />

international vernetzte Musiker<br />

undProduzenten,die2002denKulturförderpreis<br />

der Stadt Regensburger<br />

erhielten und fast gleichzeitig<br />

nach Berlin auswanderten. Von<br />

dort aus gehen sie regelmäßig auf<br />

TourneenumdieganzeWelt.<br />

InspirierendeOrte<br />

Im Auftrag des Goethe-Instituts<br />

reisten sie sogar nach China, VietnamodernachBangladesch.Immer<br />

wieder sorgten sie mit interkulturellen<br />

Musikprojekten international<br />

für Aufsehen. „Ohne inspirierende<br />

Orte für junge Menschen<br />

wird es keinen kreativen Nachwuchs<br />

geben“, schrieben Hannes<br />

undAndiTeichmannineinemoffenen<br />

Brief, als die „Alte Filmbühne“,<br />

eine Regensburger Kneipe, in der<br />

sichderkulturelleNachwuchstummelt,<br />

von der Schließung bedroht<br />

war. „Wir wünschen uns sehr, dass<br />

endlich auch ein politisches Bewusstsein<br />

dafür entsteht, welch<br />

wichtige Funktion kulturelle Orte<br />

wie die Filmbühne für die Gesellschafthaben.“<br />

Ins gleiche Horn bläst Benno Sawitzki.„DieKreativindustrieist<br />

ein<br />

Standortfaktor. Durch sie wird Talent<br />

angesiedelt. Und damit sich da<br />

auch etwas entwickeln kann, muss<br />

die Stadt eben für Freiräume sorgen.“DamitmeintergünstigeBüround<br />

Atelierräume, aber auch, dass<br />

Möglichkeiten geschaffen werden,<br />

um sich künstlerisch und kreativ<br />

auszudrücken und auszuprobieren,<br />

ohne dass dabei ein telefonbuchdickes<br />

Regelwerk beachtet werden<br />

muss.<br />

Benno Sawitzki will weiterhin<br />

auf seine unabhängige Art und<br />

Weise arbeiten. „Arzt oder Jurist<br />

werde ich mit meinem Lebenslauf<br />

ja nicht mehr“, gibt er lachend zu.<br />

DannklappterseinNotebookaneinem<br />

Tisch im Café auf, verbindet<br />

sichmitdemfreienWLan-Netzund<br />

denkt über seine nächsten Projekte<br />

nach. Angst, dass er mit der Geschwindigkeit<br />

seiner modernen,<br />

unabhängigen Arbeitswelt nicht<br />

mehr mithalten kann, hat er nicht.<br />

„Ich bin immer schneller. ZumindestimKopf.“(aw)<br />

MÜNCHEN/NÜRNBERG. Das MilliardengeschäftderKultur-undKreativwirtschaft<br />

imFreistaathatauchdieStaatsregierung<br />

aufdenPlangerufen.Zwarhatsichdiese<br />

Branche „auch ohne uns gut entwickelt“,<br />

konstatiert Wirtschafts-StaatssekretärinKatjaHesselaufderImpulskonferenz<br />

Kultur- und Kreativwirtschaft<br />

Bayern. Gleichwohl wolle sie in diesem<br />

BereichWirtschaftsförderungbetreiben,<br />

in ihremMinisteriumentstehteinnoch<br />

internesHandlungskonzept.<br />

Wirtschaft und Kreativität? Als Hessel<br />

jüngst mit ihren Mann beim Frühstückstisch<br />

saß und sie ihre Aktivitäten<br />

erwähnte, fragte er: „Was hast du mit<br />

Kultur zu tun?“ Abgesehen von ihrem<br />

kulturellen Selbstverständnis hörte sie<br />

ausderFrageeinGrundproblemheraus:<br />

„InBayernwirddieKultur-undKreativwirtschaft<br />

nicht als Kernbranche wahrgenommen.“<br />

Kluft überbrücken<br />

DasministerialeHandlungskonzeptwill<br />

in Zukunft die vorhandene Lücke überbrücken:<br />

„Kulturschaffende fühlen sich<br />

nichtvonklassischenBeratungsgeboten<br />

angesprochen.“ Deshalb soll mit dem<br />

Bayerischen Zentrum für Kultur- und<br />

KreativwirtschaftinNürnbergeinezentraleAnlaufstellegeschaffenwerden.Für<br />

diese Einrichtung ist ein mittlerer, einstelliger<br />

Millionenbetrag im Gespräch.<br />

Diese Beratungseinrichtung soll auch<br />

die Kluft einer unterschiedlichen Szenesprache<br />

überbrücken, man brauche für<br />

das Zentrum „Stallgeruch statt nur eine<br />

Beamtenlaufbahn“. Das Ministerium<br />

will aber auch die Internationalisierung<br />

der Kultur- und Kreativwirtschaft stärken,<br />

die für das heterogene Spektrum<br />

vom Gedichtband über eine Skulptur<br />

oder einen Gitarrenbauer bis zum Computerspielsteht.<br />

Darüber hinaus solldie<br />

Professionalisierung bei Gründung und<br />

Geschäftsbetrieb vorangetrieben, die<br />

Vernetzung unterstützt und der Zugang<br />

zu Kapital geebnet werden. Denn BankenundSparkassenstaunenbestenfalls,<br />

wenn ein Künstler ihnen den Geldbedarf<br />

für ein Projekt erläutert. Dann winken<br />

sie ab. Deshalb soll einerseits die<br />

Kreditwirtschaft für das Potenzial der<br />

Kreativwelt sensibilisiert werden, andererseits<br />

sollen Künstler auch den bürokratischen<br />

Prozess und die Ziele des<br />

Geldverleihens besser verstehen. Der<br />

Bamberger Kabarettist MäcHärder,der<br />

in seiner 25-jährigen Laufbahn nie in<br />

denGenusseiner Förderunggekommen<br />

ist, ist sich aber sicher: „Künstler brauchen<br />

Unterstützung.“ Das könne bis zu<br />

einer Art Grundeinkommen für Kreative<br />

nach französischem Vorbild gehen.<br />

Dort müssen darstellende Künstler<br />

nachweisen,dass sie mindestens100 Tage<br />

im Jahr gearbeitet haben. „Deshalb<br />

gibtesdortsovieleStraßenfestivals.“Ist<br />

die Zeit erbracht, bekämen sie für den<br />

Rest des Jahres eine Art Arbeitslosengeld,indieserZeit„entstehendieeigentlichkreativenArbeiten“.<br />

Auch Christoph Backes, einst Schauspieler<br />

und nun Geschäftsführer des U-<br />

Instituts, stellt sich eine andere Kulturförderungvor.„WirbrauchenkeinePolitikfürdieKulturwirtschaft,sondernmit<br />

derKulturwirtschaft.“Undandieeigene<br />

Kreativzunft gewandt konstatiert er,<br />

„wir kommunizieren schlecht“. Denn<br />

wer sich in der Schlange als „Hungerleider“<br />

anstelle, um auf Fördergelder und<br />

Unterstützung zu hoffen,könne nieauf<br />

Augenhöhe sprechen. Angesichts der<br />

kreativenProzesseinderWirtschaftund<br />

des Bedarfs an neuem Denken empfiehltereineandereHaltung:„Ichwill<br />

nicht gefördert werden, sondern fördern.“<br />

Kochen ohne Rezept<br />

EinBlicknachChinakanndaweiterhelfen.<br />

In Shanghai seien in chinesischer<br />

Manier riesige Kreativ-Labs aus dem Bodengestampftworden,umdasPotenzial<br />

vonTechnik undKreativität besser zu<br />

nutzen. Auch im Schlagabtausch globaler<br />

Konkurrenten bis hin zu politischen<br />

Aufständen undAuseinandersetzungen<br />

spielen Social-Media-Netzwerke wie<br />

Facebook eine zentrale Rolle. Backes RezeptfüreinebessereZukunftderKulturschaffenden<br />

nennt er „job down your<br />

tools“, der Abschied von bewährten<br />

Maßnahmen und Best-Practice-Strategien.<br />

Man müsse nach dem Prinzip „Kochen<br />

ohne Rezept“ einen eigenen Zugang<br />

entwickeln. Also ohne Plan fünf<br />

Beteiligte anrufen und sich verabreden.<br />

Ohne Zutatenliste, sondern mit der Aufforderung,dasssiemitbringen,wasgerade<br />

im Kühlschrankzufindenist. Dann<br />

kann –wie auch in der Förderung der<br />

Kultur-und Kreativwirtschaft –etwas<br />

Neuesentstehen.(ntt)

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