rechtsberatung für unternehmen - Wirtschaftszeitung
rechtsberatung für unternehmen - Wirtschaftszeitung
rechtsberatung für unternehmen - Wirtschaftszeitung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●<br />
SEITE 22 | AUGUST 2013<br />
KULTUR- UND KREATIVWIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSZEITUNG | SEITE 23<br />
BayernwirdzumFreistaatderKreativen<br />
DerFreistaatentdecktdieKultur-undKreativwirtschaftalsrelevanteBranche/KünstlerfordernmehrFreiräumeein<br />
VON THOMAS TJIANG<br />
OSTBAYERN. Was verbindet das Junge<br />
Theater Regensburg mit dem Geigenbauer<br />
aus dem mittelfränkischen Bubenreuth<br />
und dem Games-Entwickler<br />
imMünchnerWerk1?SieallesindTeil<br />
der bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaft,<br />
ein Segment, das gerade als<br />
bedeutender Wirtschaftszweig entdecktwird.ImmerhinhatderEndevergangenen<br />
Jahres vom Wirtschaftsministerium<br />
vorgelegteKultur-undKreativwirtschaftsberichtBayerneinenMilliardenmarktidentifiziert.<br />
Fast jeder zehnte Betrieb „kreativ“<br />
Die Erhebung berechnet einen Umsatz<br />
der bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaft<br />
von 29,4 Milliarden Euro,<br />
das entspricht einem Anteil von 3,6<br />
Prozent an der gesamten WirtschaftsleistungdesFreistaates.ZumVergleich:<br />
Bundesweit erreicht das Geschäft der<br />
Kultur- und Kreativschaffenden einen<br />
Anteilvon2,6ProzentdesBruttosozialprodukts.<br />
Die Statistik nennt bayernweit<br />
45100 Selbstständige und Unternehmen,<br />
damit ist fast jeder zehnte Betrieb<br />
in Sachen Kultur und Kreation<br />
unterwegs.UndnocheineZahl:284000<br />
Menschen sind in den kreativen Branchentätig,davonfastdieHälftealssozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigte<br />
in Voll- oder Teilzeit. Dazu kommen<br />
noch einmal weitere 100000 Menschen,<br />
die überwiegend als Minijobber<br />
undfreiberuflicheKreativedieUmsatzschwellevon17500EuroJahresumsatz<br />
nicht erreichen. In dem Kultur- und<br />
Kreativsektor sind private Unternehmen<br />
und wirtschaftliche Aktivitäten<br />
erfasst,deröffentlicheKulturbetriebist<br />
ebenso ausgeklammert wie das bürgerschaftliche<br />
Engagement in diesem Bereich,<br />
das im Wesentlichen nicht profitorientiert<br />
arbeitet. Entsprechend<br />
wird der Markt in Kulturwirtschaft<br />
und Kreativbranchen unterteilt, die<br />
sich wiederum in elf Teilmärkte aufspalten.<br />
Zur Kulturwirtschaft werden<br />
Musikwirtschaft, Buch- und Kunstmarkt,<br />
Film- und Rundfunkwirtschaft,<br />
der Markt für darstellende Künste, Designwirtschaft<br />
sowie Architektur und<br />
Pressemarktgerechnet.<br />
Dazu kommen die Kreativbranchen<br />
Werbemarkt sowie Software- und<br />
Games-Industrie. Und auch wenn die<br />
amtliche Abgrenzung das Handwerk<br />
nicht berücksichtigt, beinhaltet die<br />
bayerische Studie auch deren kulturundkreativwirtschaftlicheAktivitäten.<br />
DieseKlassifizierungistallesandereals<br />
homogen.Aufgeteilt nach den UmsatzanteilenentfälltalleinaufdieTeilbranche<br />
Software- und Gamesindustrie fast<br />
ein Drittel der Einnahmen, obwohl<br />
sich dort nur ein Siebtel der Branchenbeschäftigten<br />
findet. Schlusslichter im<br />
Ranking sind Musikwirtschaft, der<br />
Markt für darstellende Künste – mit<br />
privaten Theatern, Musicals, Zirkusbetrieben<br />
und Bühnentechnikfirmen bis<br />
hin zu Vorverkaufsstellen – sowie der<br />
Kunstmarkt. Diese drei Teilbereiche<br />
kommen zusammen auf knapp zwei<br />
Milliarden Euro Umsatz mit 18000 Beschäftigten.<br />
Kaum in der öffentlichen Diskussion<br />
Die Heterogenität fällt auch bei der Interessenvertretung<br />
auf. Anders als beispielsweise<br />
in der Metallbranche oder<br />
im öffentlichen Dienst finden die<br />
Sprachrohre, Berufs- und Standesvertretungen<br />
kaum in der öffentlichen<br />
Diskussion Gehör. Umgekehrt unterstützt<br />
das Kompetenzzentrum Kulturund<br />
Kreativwirtschaft des Bundes mit<br />
seinenRegionalbürosin Münchenund<br />
NürnbergratsuchendeKreative.„Denn<br />
zwei Drittel der selbstständigen Künstler,<br />
also Maler, Bildhauer oder Schriftsteller<br />
erreichen nicht den Jahresumsatz<br />
von 17500 Euro“, weiß Jürgen Enninger,<br />
der bayerische Ansprechpartner<br />
des Kompetenzzentrums. Er hat<br />
seit dem Start vor mehr als drei Jahren<br />
rund 3000 Gespräche bayernweit geführt,<br />
von Regensburg bis Würzburg<br />
undvonBayreuthbisMünchen.<br />
Das Künstlerproblem bringt der<br />
Augsburger Benjamin Mayer auf dem<br />
Punkt, der mit seinem Lab Binaer, einem<br />
Labor für Medienkunst, multimediale<br />
Exponate plant und entwickelt.<br />
ErprangerteineEinladungdesMünchnerHausesderKunstan,immerhinein<br />
weltweit beachtetes Zentrum für zeitgenössische<br />
Kunst, sich dort mit einer<br />
Installation zu beteiligen. Denn dafür<br />
wird – wie üblich – kein Geld gezahlt,<br />
es gibt nur die Chance, sich vor Besuchern<br />
und Sammlern zu präsentieren<br />
und dann vielleicht etwas zu verkaufen.<br />
„Von ,vielleicht‘ kann ich mir aber<br />
nichts kaufen.“ Er plädiert für eine<br />
neue Ethik der Wertschätzung, die<br />
auch die materiellen Bedürfnisse<br />
Kunstschaffender berücksichtigt. Doch<br />
damit stößt er bei Kommunen und<br />
Freistaat auf taube Ohren. Denn die<br />
Kassen der öffentlichen Hand sind<br />
klamm, für Anschaffungen auf dem<br />
KunstmarktgibteskaumGeld.<br />
Erhaltsichern stattvergrößern<br />
Und auch Museen sind aktuell damit<br />
beschäftigt, Bestandssicherung und Erhaltzufinanzieren,anstattihreSammlungen<br />
zu vergrößern. Entsprechend<br />
fallendieLeistungenbegrenztaus,und<br />
wenndanninFormvonUnterstützung<br />
und Beratung städtischer Mitarbeiter<br />
und der Bereitstellung von Ausstellungsfläche<br />
als Podium in die Öffentlichkeit.Auchwenndie<br />
Kultur-und<br />
Kreativwirtschaft ein Marktgewicht<br />
wie die Chemie- oder Autoindustrie<br />
hat, „entspricht die öffentliche Wahrnehmung<br />
in der Praxis nicht ihrer Bedeutung“,kommentiertPeterGrafeaus<br />
dem Berliner Staatsministerium für<br />
Kultur und Medien. Er macht sich für<br />
die „Marktfähigkeit künstlerischer Angebote“<br />
stark, dennoch geht es ihm<br />
nicht umdie Kommerzialisierung<br />
künstlerischen Schaffens. Vielmehr<br />
denkeeranUnterstützunginFormvon<br />
HilfezurSelbsthilfe,fürdiejenigen,die<br />
vonihrerKunstlebenwollenundmüssen.<br />
Das bedeutet den Ausgleich zwischen<br />
der Doppelfunktion als KulturgutundWirtschaftsgut.<br />
Schnelle,kreativeArbeitswelt<br />
KreativeWirtschaftalsStandortfaktor,mitderkreativeKöpfeangelocktwerden<br />
DiepassendeBeratung<br />
InNürnbergentstehteinezentraleAnlaufstelle<br />
Fotos:istockphoto/thinkstock /Grafik:IreneDaxer<br />
REGENSBURG. „Wir bräuchten hier<br />
in Regensburg endlich ein Kreativzentrum“,<br />
fordert Benno Sawitzki.<br />
Der 30-Jährige hat vor einiger Zeit<br />
den Kreativinkubator gegründet –<br />
einen losen Zusammenschluss von<br />
Kreativ- und Kulturschaffenden in<br />
Regensburg. Gemeinsam will man<br />
sich vernetzen, weiterhelfen und<br />
gegebenenfalls einmal im selben<br />
Gebäude arbeiten. Ein gemeinsames<br />
Unternehmen? Auf gar keinen<br />
Fall. Sawitzki würde gerne einen<br />
Coworking-Spacegründen.Wosich<br />
Freiberufler, Freelancer und Künstler<br />
temporär, also gerne tage- oder<br />
gar nur stundenweise einmieten,<br />
um dort an ihren Projekten zu arbeitenundNetzwerkezuknüpfen.<br />
So ein Coworking-Space sollte<br />
bestenfalls in dem vom ihm geforderten<br />
Kreativzentrum untergebracht<br />
werden. „Und natürlich große<br />
Räume für Veranstaltungen,<br />
Theater- und Musikevents, aber<br />
auch kleine Räume für Workshops<br />
und Proberäume und Büros“, fordertSawitzki.<br />
Reisen,couchsurfen,arbeiten<br />
Sein Lebenslauf gleicht keiner gewöhnlichen<br />
Erwerbsbiografie. „Ich<br />
bin Betreiber einer Grafikdesign-<br />
Agenturundgemeinsammiteinem<br />
Freund auch in der Unternehmensberatung<br />
tätig. Dazu habe ich noch<br />
ein kleines Techno-Label in Berlin.“<br />
Einen Schreibtisch hat Benno Sawitzki<br />
in Regensburg, einen in Berlin.<br />
Arbeiten kann er überall: „Vor<br />
ein paar Tagen hab’ ich einen Flug<br />
für nur 100 Euro nach Barcelona<br />
entdeckt. Ich bin hingeflogen, hab<br />
mirübereineCouchsurfing-Appeine<br />
Übernachtungsmöglichkeit gesucht<br />
und hab mich zum Arbeiten<br />
in einen Coworking-Space eingemietet.<br />
Abends bin ich dann noch<br />
zu einem Netzwerktreffen gegangen.“<br />
Der Kreativarbeiter hangelt<br />
sich von Projekt zu Projekt, zieht<br />
immer neue Aufträge an Land und<br />
trotzdem: Immer wieder mal muss<br />
er dann auch ums finanzielle Überleben<br />
bangen. „Wenn es funktioniert,istessuper.Wennnicht,habe<br />
ich ein Problem“, sagt Benno Sawitzki<br />
mit einem Augenzwinkern.<br />
Das aber ist das Problem der meisten<br />
Kreativ- und Kulturschaffenden.<br />
„Die sind zwar meist hochqualifizierte<br />
und innovative Akademiker,<br />
wenn es aber um wirtschaftliche<br />
Fragen geht, dann mag man<br />
sichinvielenFällennurungerndamit<br />
beschäftigen“, weiß Jürgen Enninger.<br />
Er ist regionaler Ansprechpartner<br />
des Kompetenzzentrums<br />
Kultur- und Kreativwirtschaft des<br />
Bundes. Zwei mal im Monat hält er<br />
eineSprechstundeimRegensburger<br />
IT-Speicher.<br />
ZuihmkommenKünstler,Kreative,<br />
Gründer, Selbstständige und<br />
Unternehmer. Enninger erklärt ihnen<br />
in Orientierungsgesprächen,<br />
wie man Businesspläne erstellt, unternehmerisches<br />
Know-how sammelt<br />
und die Tücken des Berufsalltagsmeistert.<br />
Die Branche boomt. Laut des im<br />
Mai vom Wirtschaftsministerium<br />
Bayern vorgestellten Kultur- und<br />
Kreativwirtschaftsberichts existieren<br />
allein im Raum Regensburg<br />
schätzungsweise rund 1800 Kulturund<br />
Kreativ<strong>unternehmen</strong>. Mit bayernweit<br />
knapp 180000 Erwerbstätigen<br />
und einem Anteil von 3,5 Prozent<br />
an der Gesamtwirtschaft liegt<br />
die Kultur- und Kreativwirtschaft<br />
nur knapp hinter der Automobilindustrie<br />
und dem Maschinenbau (je<br />
vier Prozent).„Es heißt immer, dass<br />
esdieKulturschaffendenin dieMetropolen<br />
wie Berlin, Hamburg und<br />
Münchenzieht“,sagtJürgenEnninger.<br />
„Bayern ist der krasse Gegenbeleg.“<br />
Das fällt ihm auch in Ostbayern<br />
auf. „Egal, ob in Regen oder in<br />
Wunsiedel – überall, wo ich hinkomme,<br />
sind die Netzwerk-Veranstaltungenvoll.“<br />
Regensburg verschenktPotenzial<br />
Auch Benno Sawitzki sieht man<br />
dort immer wieder im Publikum<br />
sitzen. Er sieht aber noch große Defizite,<br />
vor allem in Regensburg:<br />
„Hieristesvielzugeleckt.Esfehlen<br />
Freiräume.“ Und deshalb geht hier<br />
seiner Meinung nach viel Potenzial<br />
verloren. „Viele Kreative gehen einfach<br />
weg.“ Er nennt dabei zum BeispieldieGebrüderTeichmann,zwei<br />
international vernetzte Musiker<br />
undProduzenten,die2002denKulturförderpreis<br />
der Stadt Regensburger<br />
erhielten und fast gleichzeitig<br />
nach Berlin auswanderten. Von<br />
dort aus gehen sie regelmäßig auf<br />
TourneenumdieganzeWelt.<br />
InspirierendeOrte<br />
Im Auftrag des Goethe-Instituts<br />
reisten sie sogar nach China, VietnamodernachBangladesch.Immer<br />
wieder sorgten sie mit interkulturellen<br />
Musikprojekten international<br />
für Aufsehen. „Ohne inspirierende<br />
Orte für junge Menschen<br />
wird es keinen kreativen Nachwuchs<br />
geben“, schrieben Hannes<br />
undAndiTeichmannineinemoffenen<br />
Brief, als die „Alte Filmbühne“,<br />
eine Regensburger Kneipe, in der<br />
sichderkulturelleNachwuchstummelt,<br />
von der Schließung bedroht<br />
war. „Wir wünschen uns sehr, dass<br />
endlich auch ein politisches Bewusstsein<br />
dafür entsteht, welch<br />
wichtige Funktion kulturelle Orte<br />
wie die Filmbühne für die Gesellschafthaben.“<br />
Ins gleiche Horn bläst Benno Sawitzki.„DieKreativindustrieist<br />
ein<br />
Standortfaktor. Durch sie wird Talent<br />
angesiedelt. Und damit sich da<br />
auch etwas entwickeln kann, muss<br />
die Stadt eben für Freiräume sorgen.“DamitmeintergünstigeBüround<br />
Atelierräume, aber auch, dass<br />
Möglichkeiten geschaffen werden,<br />
um sich künstlerisch und kreativ<br />
auszudrücken und auszuprobieren,<br />
ohne dass dabei ein telefonbuchdickes<br />
Regelwerk beachtet werden<br />
muss.<br />
Benno Sawitzki will weiterhin<br />
auf seine unabhängige Art und<br />
Weise arbeiten. „Arzt oder Jurist<br />
werde ich mit meinem Lebenslauf<br />
ja nicht mehr“, gibt er lachend zu.<br />
DannklappterseinNotebookaneinem<br />
Tisch im Café auf, verbindet<br />
sichmitdemfreienWLan-Netzund<br />
denkt über seine nächsten Projekte<br />
nach. Angst, dass er mit der Geschwindigkeit<br />
seiner modernen,<br />
unabhängigen Arbeitswelt nicht<br />
mehr mithalten kann, hat er nicht.<br />
„Ich bin immer schneller. ZumindestimKopf.“(aw)<br />
MÜNCHEN/NÜRNBERG. Das MilliardengeschäftderKultur-undKreativwirtschaft<br />
imFreistaathatauchdieStaatsregierung<br />
aufdenPlangerufen.Zwarhatsichdiese<br />
Branche „auch ohne uns gut entwickelt“,<br />
konstatiert Wirtschafts-StaatssekretärinKatjaHesselaufderImpulskonferenz<br />
Kultur- und Kreativwirtschaft<br />
Bayern. Gleichwohl wolle sie in diesem<br />
BereichWirtschaftsförderungbetreiben,<br />
in ihremMinisteriumentstehteinnoch<br />
internesHandlungskonzept.<br />
Wirtschaft und Kreativität? Als Hessel<br />
jüngst mit ihren Mann beim Frühstückstisch<br />
saß und sie ihre Aktivitäten<br />
erwähnte, fragte er: „Was hast du mit<br />
Kultur zu tun?“ Abgesehen von ihrem<br />
kulturellen Selbstverständnis hörte sie<br />
ausderFrageeinGrundproblemheraus:<br />
„InBayernwirddieKultur-undKreativwirtschaft<br />
nicht als Kernbranche wahrgenommen.“<br />
Kluft überbrücken<br />
DasministerialeHandlungskonzeptwill<br />
in Zukunft die vorhandene Lücke überbrücken:<br />
„Kulturschaffende fühlen sich<br />
nichtvonklassischenBeratungsgeboten<br />
angesprochen.“ Deshalb soll mit dem<br />
Bayerischen Zentrum für Kultur- und<br />
KreativwirtschaftinNürnbergeinezentraleAnlaufstellegeschaffenwerden.Für<br />
diese Einrichtung ist ein mittlerer, einstelliger<br />
Millionenbetrag im Gespräch.<br />
Diese Beratungseinrichtung soll auch<br />
die Kluft einer unterschiedlichen Szenesprache<br />
überbrücken, man brauche für<br />
das Zentrum „Stallgeruch statt nur eine<br />
Beamtenlaufbahn“. Das Ministerium<br />
will aber auch die Internationalisierung<br />
der Kultur- und Kreativwirtschaft stärken,<br />
die für das heterogene Spektrum<br />
vom Gedichtband über eine Skulptur<br />
oder einen Gitarrenbauer bis zum Computerspielsteht.<br />
Darüber hinaus solldie<br />
Professionalisierung bei Gründung und<br />
Geschäftsbetrieb vorangetrieben, die<br />
Vernetzung unterstützt und der Zugang<br />
zu Kapital geebnet werden. Denn BankenundSparkassenstaunenbestenfalls,<br />
wenn ein Künstler ihnen den Geldbedarf<br />
für ein Projekt erläutert. Dann winken<br />
sie ab. Deshalb soll einerseits die<br />
Kreditwirtschaft für das Potenzial der<br />
Kreativwelt sensibilisiert werden, andererseits<br />
sollen Künstler auch den bürokratischen<br />
Prozess und die Ziele des<br />
Geldverleihens besser verstehen. Der<br />
Bamberger Kabarettist MäcHärder,der<br />
in seiner 25-jährigen Laufbahn nie in<br />
denGenusseiner Förderunggekommen<br />
ist, ist sich aber sicher: „Künstler brauchen<br />
Unterstützung.“ Das könne bis zu<br />
einer Art Grundeinkommen für Kreative<br />
nach französischem Vorbild gehen.<br />
Dort müssen darstellende Künstler<br />
nachweisen,dass sie mindestens100 Tage<br />
im Jahr gearbeitet haben. „Deshalb<br />
gibtesdortsovieleStraßenfestivals.“Ist<br />
die Zeit erbracht, bekämen sie für den<br />
Rest des Jahres eine Art Arbeitslosengeld,indieserZeit„entstehendieeigentlichkreativenArbeiten“.<br />
Auch Christoph Backes, einst Schauspieler<br />
und nun Geschäftsführer des U-<br />
Instituts, stellt sich eine andere Kulturförderungvor.„WirbrauchenkeinePolitikfürdieKulturwirtschaft,sondernmit<br />
derKulturwirtschaft.“Undandieeigene<br />
Kreativzunft gewandt konstatiert er,<br />
„wir kommunizieren schlecht“. Denn<br />
wer sich in der Schlange als „Hungerleider“<br />
anstelle, um auf Fördergelder und<br />
Unterstützung zu hoffen,könne nieauf<br />
Augenhöhe sprechen. Angesichts der<br />
kreativenProzesseinderWirtschaftund<br />
des Bedarfs an neuem Denken empfiehltereineandereHaltung:„Ichwill<br />
nicht gefördert werden, sondern fördern.“<br />
Kochen ohne Rezept<br />
EinBlicknachChinakanndaweiterhelfen.<br />
In Shanghai seien in chinesischer<br />
Manier riesige Kreativ-Labs aus dem Bodengestampftworden,umdasPotenzial<br />
vonTechnik undKreativität besser zu<br />
nutzen. Auch im Schlagabtausch globaler<br />
Konkurrenten bis hin zu politischen<br />
Aufständen undAuseinandersetzungen<br />
spielen Social-Media-Netzwerke wie<br />
Facebook eine zentrale Rolle. Backes RezeptfüreinebessereZukunftderKulturschaffenden<br />
nennt er „job down your<br />
tools“, der Abschied von bewährten<br />
Maßnahmen und Best-Practice-Strategien.<br />
Man müsse nach dem Prinzip „Kochen<br />
ohne Rezept“ einen eigenen Zugang<br />
entwickeln. Also ohne Plan fünf<br />
Beteiligte anrufen und sich verabreden.<br />
Ohne Zutatenliste, sondern mit der Aufforderung,dasssiemitbringen,wasgerade<br />
im Kühlschrankzufindenist. Dann<br />
kann –wie auch in der Förderung der<br />
Kultur-und Kreativwirtschaft –etwas<br />
Neuesentstehen.(ntt)