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2 Automatisierungsverfahren - Universität Stuttgart

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AT II<br />

§ 2 <strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

Lernziele<br />

– Die Grundaufgaben der Automatisierungstechnik kennen<br />

– Die Verfahren zur Prozess-Signalerfassung verstehen<br />

– Die Verfahren zur Prozessüberwachung und Prozessdiagnose verstehen<br />

– Die Grundzüge der Regelung und Steuerung von Fließprozessen<br />

verstehen<br />

– Diskrete Steuerungen verstehen und entwerfen können<br />

– Ablaufsteuerungen mit Hilfe von Petri-Netzen analysieren können<br />

– Die Grundzüge der Mensch-Prozess-Kommunikation verstehen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 96


AT II<br />

§ 2 <strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

2.7 Zusammenfassung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 97


2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

AT II<br />

Grundaufgaben der Automatisierungstechnik<br />

– Prozessüberwachung<br />

Überwachung des regulären Prozessablaufs<br />

Anzeigen für das Betriebspersonal<br />

Diagnose über mögliche Ursachen eines irregulären Betriebsablaufs<br />

Prozesssicherung<br />

– Prozessführung<br />

Beeinflussung von Energie- und Masseströmen zum wirtschaftliches Erreichen<br />

eines Prozessergebnisses unter Einhaltung von Randbedingungen<br />

Steuerung und Regelung einzelner Prozessgrößen und gesamter<br />

technischer Anlagen<br />

Operative Produktionsführung<br />

Durch Prozesspersonal Prozessleitung<br />

Durch Automatisierungssystem Prozessautomatisierung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 98


2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

AT II<br />

Lösung von Automatisierungsaufgaben<br />

Ansatz: Anwendung von <strong>Automatisierungsverfahren</strong> auf Basis eines<br />

Prozessmodells (= abstraktes Modell des techn. Prozesses)<br />

funktionale und nicht-funktionale<br />

Anforderungen<br />

Wissen über den zu automatisierenden<br />

technischen Prozess<br />

in Form eines Prozessmodells.<br />

Entwurf von<br />

<strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

zur Lösung der gestellten<br />

Automatisierungsaufgaben<br />

Ein Ansatz zur fachtechnischen<br />

Lösung der Automatisierungsaufgabe<br />

Ein Gütekriterium zur Bewertung<br />

der entworfenen Lösung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 99


2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

AT II<br />

Begriffsbildung „Modell“<br />

Modell<br />

Muster, Abbild, Vorbild, Vorlage<br />

– Charakteristika<br />

Wiedergabe eines realen oder geplanten Gegenstandes zu Studien-,<br />

Versuchs- oder Spielzwecken<br />

Deskriptive Modelle: Abbilder vorhandener Originale<br />

Präskriptive Modelle: Vorbilder für geplante Originale<br />

Vereinfachende, auf das Wesentliche und Relevante fokussierende Darstellung<br />

zur Veranschaulichung einer komplizierten Wirklichkeit<br />

– Modellzweck<br />

Verstehen von Zusammenhängen, Sachverhalten, Abläufen<br />

Kommunikationsmittel<br />

Repräsentation von noch nicht real vorhandenen Sachverhalten und Abläufen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 100


2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

AT II<br />

Analyse eines technischen Prozesses mit Hilfe eines<br />

deskriptiven (= beschreibenden) Modellansatzes<br />

Welt der<br />

Realität<br />

Realer<br />

technischer<br />

Prozess<br />

Experimente in<br />

der Realität<br />

Abstraktion<br />

nach einem<br />

Modellierungskonzept<br />

Welt der<br />

Modelle<br />

Deskriptives Modell<br />

des technischen<br />

Prozesses<br />

Experimente am<br />

Modell (Simulation)<br />

Ergebnis der<br />

Experimente<br />

in der Realität<br />

Vergleich,<br />

Auswertung<br />

Ergebnis der<br />

Experimente am<br />

Modell<br />

Verbessertes Modell<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 101


2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

AT II<br />

Konzipierung eines Lösungsverfahrens mit Hilfe eines<br />

präskriptiven (= vorschreibenden) Modellansatzes<br />

Welt der<br />

Realität<br />

Zukünftiges, zu<br />

entwerfendes<br />

Automatisierungssystem<br />

(Problemstellung,<br />

Anforderungen)<br />

Aufbau des<br />

realen<br />

Automatisierungssystems<br />

kreative<br />

Abstraktion<br />

nach einem<br />

Modellierungskonzept<br />

Verwirklichung<br />

(Modell als Grundlage<br />

für die<br />

Implementierung)<br />

Welt der<br />

Modelle<br />

Präskriptiver Modellansatz<br />

zur Lösung des<br />

Automatisierungsproblems<br />

Ausbau des angesetzten<br />

präskriptiven Modells<br />

Untersuchung des Verhaltens<br />

in Verbindung mit<br />

deskriptivem Modell des<br />

technischen Prozesses<br />

Detaillierung des<br />

präskriptiven Modells<br />

aus Sicht der<br />

Realisierbarkeit<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 102


2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

AT II<br />

Modell eines Automatisierten Systems<br />

Analyse des TP<br />

Deskriptives<br />

Modell des<br />

technischen<br />

Prozesses<br />

Synthese des AS<br />

Präskriptives<br />

Modell des<br />

Automatisierungssystems<br />

Deskriptives Teilmodell gewonnen<br />

aufgrund der Analyse des technischen<br />

Prozesses (Prozessmodell)<br />

Präskriptives Teilmodell entworfen im<br />

Rahmen einer Synthese zur Erzielung<br />

des gewünschten Verhaltens<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 103


2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

AT II<br />

Anwendung von Prozessmodellen im Rahmen einer<br />

Simulation<br />

– Test von Automatisierungssystemen vor der Inbetriebnahme<br />

– Verbesserung der Kenntnis über Prozessgrößen<br />

– Modellgestützte Diagnose zur Erkennung von Abweichungen<br />

– Ausbildung des Prozesspersonals, insbesondere in Stör- und<br />

Ausnahmesituationen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 104


2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

AT II<br />

Frage zu Kapitel 2.1<br />

Für welche beiden Aufgabenstellungen benötigt man bei einem<br />

Automatisierungsprojekt ein Prozessmodell?<br />

Antwort<br />

1) Bei der Konzipierung von <strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

2) Bei der Simulation des technischen Prozesses<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 105


Was ist ein Automatisierungsprojekt?<br />

AT II<br />

§ 2 <strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

2.7 Zusammenfassung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 106


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Prozess-Signalerfassung und Aufbereitung<br />

Ziel:<br />

Zeitgerechte Bereitstellung rechnerverarbeitbarer Prozessdaten,<br />

welche den physikalischen Prozessgrößen entsprechen<br />

Arten der Signalerfassung<br />

– Amplitudenanaloge Sensoren, z.B. Thermoelemente, Widerstandsgeber<br />

– Frequenzanaloge Sensoren, z.B. Druckgeber mit frequenzmoduliertem<br />

Ausgangssignal<br />

– Binäre Geber, z.B. Endschalter<br />

– Digitale Geber, z.B. Winkelcodierer<br />

– Impulsgeber, z.B. Stückzählsonden, Drehzahlgeber<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 107


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Realisierung der Prozess-Signaleingabe<br />

– Herkömmliche Technik<br />

Einzelne Prozess-Signale sternförmig über Mehraderleitungen von<br />

den Sensoren zum Automatisierungscomputersystem<br />

Prozessaufbereitung vollständig in diesem Computersystem<br />

– Anwendung von Feldbussystemen<br />

Jedem Sensor im Feldbereich wird ein Automatisierungscomputer<br />

zugeordnet<br />

Verbindung über Buskoppler zum Automatisierungscomputersystem<br />

Prozessdatenaufbereitung in den Automatisierungscomputern<br />

Zusätzliche Plausibilitätsprüfung im Automatisierungscomputersystem<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 108


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Signaldurchschaltung<br />

– Zyklische Signaldurchschaltung<br />

Äquidistante Zeitabstände bei ständiger Verfügbarkeit<br />

z. B. Signalabtastung bei<br />

Abtastregelung<br />

– Azyklische Signaldurchschaltung<br />

Spontane Durchschaltung bei gezielter Auswahl<br />

z. B. Endlage-Signal<br />

Signaldurchschaltung binärer bzw. digital codierter<br />

Prozessgrößen<br />

Anwendungsregeln<br />

– Spontane Durchschaltung bei kurzer Erkennungsdauer<br />

– Spontane Durchschaltung bei Binärsignalen, die sich selten ändern<br />

– Zyklische Durchschaltung bei sich häufig ändernden Binärsignalen und<br />

wenn keine schnellen Erkennungszeiten notwendig sind<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 109


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Plausibilitätsprüfung<br />

– Feststellung der Gültigkeit der erhaltenen Fertigwerte,<br />

unsinnige Fertigwerte erkennen<br />

z. B. bei Defekt im Sensor<br />

– Erhöhung der Verfügbarkeit des automatisierten Gesamtsystems<br />

sonst frühzeitige Abschaltung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 110


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Verfahren zur Plausibilitätsprüfung (1)<br />

– Statische Plausibilitätsprüfung<br />

y<br />

iF<br />

min<br />

y<br />

kT)<br />

y<br />

iF ( iF<br />

max<br />

physikalisch<br />

möglicher<br />

Wertebereich<br />

– Dynamische Plausibilitätsprüfung<br />

y<br />

iF<br />

min<br />

y ( ) [( 1) ]<br />

|<br />

iF kT yiF<br />

k T<br />

| yiF<br />

T<br />

max<br />

Differenzenquotient<br />

– Anwendung einer Sekundärwert-Prüfung<br />

Zuordnung von anderen Prozessgrößen als Sekundärwerte, die in Relation zu<br />

erfassender Prozessgröße stehen<br />

Wenn Primärwert außerhalb Plausibilitätsgrenzen Überprüfung, ob<br />

Sekundärwerte entsprechende Abweichungen zeigen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 111


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Verfahren zur Plausibilitätsprüfung (2)<br />

– Anwendung redundanter Sensoren<br />

2-von-3-Auswahl bei sicherheitsrelevanten Prozessgrößen<br />

hoher Aufwand<br />

– Mehrfacherfassung<br />

Kurzzeitige mehrfache Erfassung zur Erkennung kurzzeitiger Störungen<br />

– Vergleich mit Eichwerten<br />

hoher Aufwand<br />

Umschaltung auf Eichspannungsquelle<br />

Erkennung von Driftfehlern, nur bei hoher Genauigkeit sinnvoll<br />

– Prozessmodell<br />

Vergleich gemessener Größe mit Größe aus Prozessmodell<br />

Voraussetzung: ausreichend genaues Prozessmodell<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 112


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Beispiel für die Anwendung einer Sekundärwert-Prüfung zur<br />

Plausibilitätsprüfung (1)<br />

Skizze eines Gleitlagers einer Turbine<br />

Prozess-Signal<br />

L (t)<br />

"Lagertemperatur"<br />

Sekundärwert<br />

Temperatur-<br />

Sensor<br />

Gleitlager<br />

einer<br />

Turbine<br />

s<br />

Druckölzufuhr<br />

Öldruck-<br />

Sensor<br />

Prozess-Signal P L<br />

(t)<br />

"Öldruck im Lager"<br />

Primärwert<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 113


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Beispiel für die Anwendung einer Sekundärwert-Prüfung zur<br />

Plausibilitätsprüfung (2)<br />

Erfasster Verlauf<br />

des Prozess-<br />

Signals P L (kT)<br />

P L<br />

(kT)<br />

Primärwert<br />

T<br />

t<br />

Erfasster Verlauf<br />

des Prozess-<br />

Signals L(kT)<br />

L (kT)<br />

Sekundärwert<br />

t<br />

Erfahrungswissen: Lagertemperatur<br />

steigt bei zu geringem Öldruck<br />

Offenbar liegt Sensorfehler bei<br />

Öldrucksensor vor<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 114


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Plausibilitätsprüfung von binären Prozessgrößen<br />

– Anwendung redundanter Binärwertgeber<br />

Geringer Mehraufwand<br />

Beispiele: Wechselkontakt statt einfachem Arbeits- oder Ruhekontakt<br />

Prüfung auf Antivalenz der beiden Binärsignale<br />

– Anwendung von Sekundärwertprüfung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 115


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Beispiel für die Anwendung einer Sekundärwertprüfung zur<br />

Plausibilitätskontrolle von Binärsignalen<br />

Schwimmer<br />

Prozess-Signal „Ölbehälter“<br />

Primärwert 1<br />

Ölbehälter<br />

Prozess-Signal „Hauptölpumpe“<br />

Primärwert 2<br />

Gleitlager<br />

einer Turbine<br />

M<br />

M<br />

Hilfsölpumpe<br />

Hauptölpumpe<br />

Manometer<br />

Prozess-Signal „Öldruck“<br />

Sekundärwert zu Primärwert 1 und 2<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 116


2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

AT II<br />

Frage zu Kapitel 2.2<br />

In einem Schienenverkehrssystem soll die Stellung von Weichen erfasst und<br />

überwacht werden. Es sei angenommen, dass für jede Weichenstellung ein<br />

mit der Weiche mechanisch verbundener Kontakt vorgesehen ist.<br />

Würden Sie bei der Erfassung der Kontaktstellungen (d.h. der Binärsignale<br />

von den Weichen) eine spontane Durchschaltung (mit Interrupt) oder eine<br />

zyklische Abfrage wählen?<br />

Antwort<br />

Schienenverkehrssystem ist sicherheitsrelevantes System<br />

zyklische Abfrage und<br />

Anwendung des Ruhestromprinzips<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 117


AT II<br />

§ 2 <strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

2.7 Zusammenfassung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 118


Prozesssignale<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Aufgaben der Prozessüberwachung<br />

Warte<br />

Ermittlung des<br />

Prozesszustands<br />

Schlussfolgerung von<br />

Maßnahmen<br />

Ermittlung der Ursachen<br />

für Abweichungen vom<br />

regulären Betrieb<br />

Ausgabe von<br />

Alarmmeldungen<br />

Automatischer Schutz bei<br />

Gefahren und<br />

Notfallsituationen<br />

Technischer Prozess<br />

Prozesssignal-Erfassung<br />

Wartungspersonal<br />

Wartung<br />

Früherkennung sich<br />

anbahnender Fehler und<br />

Ausfälle<br />

Video: Prozessüberwachung bei einem Kraftwerk<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 119


2.3 Prozessüberwachung<br />

Ermittlung und<br />

Auswertung von<br />

Fehlerursachen<br />

Irregulärer Betrieb aufgrund<br />

eines Fehlers, Ausfalls, Störung<br />

Symptome erkennen (z.B.<br />

Toleranzüberschreitungen)<br />

AT II<br />

Kühlwassertemperatur steigt<br />

Maßnahmen abhängig von<br />

Auswirkungsabschätzung<br />

Fehlerdiagnose (grob) zur<br />

Ermittlung der Fehlerursache<br />

Fehlerbewertung bzgl. möglicher<br />

Auswirkungen<br />

Kühlwasserstand zu niedrig,<br />

Keilriemen intakt<br />

Motorschaden<br />

Kühlwasser nachfüllen<br />

Stabilisierungsmaßnahmen<br />

(zur Weiterführung<br />

des Betriebs)<br />

Abschaltemaßnahmen<br />

Sicherungsmaßnahmen<br />

(Prozess in sicheren<br />

Zustand überführen)<br />

Fehlerdiagnose (fein) zur Ermittlung<br />

von Fehlerart und Fehlerort<br />

Leck ermitteln<br />

Fehlerbeseitigung<br />

Leck beseitigen<br />

Wiederaufnahme des regulären<br />

Betriebs<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 120


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Überwachung unterschiedlicher Zeitbereiche<br />

– Prozess-Vergangenheit<br />

Untersuchung des zurückliegenden Verlaufs<br />

Ursachenermittlung für Ausfall bzw. Schaden (Post-Mortem-Analyse)<br />

– Prozess-Gegenwart<br />

Schritthaltende Überwachung des aktuellen Verlaufs<br />

Reaktion bevor Ausfall oder Schaden eintritt<br />

– Prozess-Zukunft<br />

Abschätzung des künftigen Verlaufs<br />

Frühzeitige Erkennung unerwünschter Entwicklungen<br />

Einleitung von Gegenmaßnahmen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 121


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Konzepte zur Prozessüberwachung<br />

– Signalorientierte Prozessüberwachung<br />

Prozessüberwachung anhand der Analyse einzelner Prozesssignale<br />

– Informationsorientierte Prozessüberwachung<br />

Betrachtung und Auswertung des Zusammenwirkens mehrerer<br />

Prozesssignale<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 122


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Signalorientierte Prozessüberwachung<br />

– Verfahren zur Überwachung zeitkontinuierlicher Prozessgrößen<br />

Überwachung auf Einhaltung fester Grenzwerte<br />

Überwachung auf gleitende Grenzen<br />

Überwachung der zeitlichen Änderungsrate<br />

– Verfahren zur Überwachung binärer Prozessgrößen<br />

Überwachung mit Hilfe von Zulässigkeitstabellen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 123


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Überwachung auf Einhaltung fester Grenzen<br />

Prozessgröße y F (t)<br />

y So<br />

Schadensgrenze<br />

Gefahren-Bereich<br />

unzulässiger<br />

irregulärer Bereich<br />

zulässiger<br />

irregulärer Bereich<br />

regulärer Bereich<br />

zulässiger<br />

irregulärer Bereich<br />

unzulässiger<br />

irregulärer Bereich<br />

y Ao<br />

y Wo<br />

y Bo<br />

y Bu<br />

y Wu<br />

y Au<br />

obere Außerbetriebnahmegrenze<br />

(obere Überwachungsgrenze II, Hauptalarm)<br />

obere Warngrenze (obere Überwachungsgrenze I, Voralarm)<br />

obere Betriebsnenngrenze<br />

untere Betriebsnenngrenze<br />

untere Warngrenze (untere Überwachungsgrenze I, Voralarm)<br />

untere Außerbetriebnahmegrenze<br />

(untere Überwachungsgrenze II, Hauptalarm)<br />

Dauer der Überschreitung<br />

der Betriebsnenngrenze<br />

T D<br />

t<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 124


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Beispiele für automatische Schutzmaßnahmen bei einer<br />

gefährlichen Überschreitung der Außerbetriebnahmegrenze<br />

Technisches<br />

System<br />

Prozessgröße<br />

Dampfkessel Dampfdruck<br />

Elektromotor Temperatur<br />

der<br />

Wicklung<br />

Elektrische Strom<br />

Leitung<br />

Elektrisches<br />

Haushalts-<br />

Gerät<br />

Dampfturbine<br />

Gefährliche<br />

Überschreitung<br />

der Außerbetriebnahme-<br />

Grenze<br />

Überdruck<br />

Überhitzung<br />

durch<br />

Überlast<br />

Überstrom bei<br />

Kurzschluss<br />

Spannung Spannung am<br />

Gehäuse bei<br />

fehlerhafter<br />

Isolierung<br />

Drehzahl<br />

Drehzahl zu<br />

hoch<br />

Automatische<br />

Schutzmaßnahme<br />

Öffnen eines<br />

Überdruckventils<br />

Stromunterbrechung<br />

Stromkreisunterbrechung<br />

Abschalten der<br />

Spannung<br />

Schließen des<br />

Schnellschlussventils<br />

Schutzeinrichtung<br />

Notventil<br />

Temperatur-<br />

Schutzschalter<br />

Sicherung<br />

Sicherung<br />

(Schutzkontakt)<br />

bzw. Fehlerstrom-Schutzschalter<br />

Schnellschlussventil<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 125


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Mögliche Fehlentscheidung bei Überwachung auf Einhaltung<br />

fester Grenzen<br />

– Grenzwertüberschreitung wird nicht erkannt wegen überlagerter Störung<br />

– Grenzwertüberschreitung wird wegen überlagerter Störung<br />

fälschlicherweise erkannt<br />

y Phys (t)<br />

y(t)<br />

nicht erkannte<br />

Grenzwertüberschreitung<br />

fälschlich<br />

gemeldete<br />

Grenzwertüberschreitung<br />

Warngrenze<br />

Verlauf des<br />

gestörten<br />

Prozesssignals y(t)<br />

Verlauf der<br />

Prozessgröße y Phys (t)<br />

t<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 126


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Überwachung auf gleitende Grenzen<br />

y IF (t)<br />

obere<br />

Grenzkurve<br />

y IF (t)<br />

Grenzkurven mit<br />

Stützpunktmethode ermittelt<br />

untere<br />

Grenzkurve<br />

– Anwendung bei instationärem Betrieb (z.B. Anfahren)<br />

– Ermittlung der Grenzkurven durch ...<br />

Speicherung von Funktionswerten und Interpolation (Stützpunktmethode)<br />

Approximation durch eine analytisch oder empirisch angesetzte Funktion<br />

t<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 127


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Überwachung der zeitlichen Änderungsrate<br />

Differenzenquotient:<br />

yiF<br />

(kT) yiF<br />

[(k 1)T]<br />

| | |<br />

T<br />

y<br />

T<br />

iF<br />

|<br />

max<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 128


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Überwachung der zeitlichen Änderungsrate in Kombination<br />

mit einzuhaltenden Warngrenzen<br />

zulässiger Bereich<br />

Y Wo obere Warngrenze<br />

Y Wu untere Warngrenze<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 129


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Überwachung binärer Prozessgrößen<br />

Grundsätzlicher Aufbau einer Zulässigkeitstabelle zur Überwachung von<br />

binären Prozess-Signalen. (Die Markierung besagt, dass bei der betreffenden<br />

Betriebsart und in dem genannten Zeitbereich eine Änderung der in den<br />

Spalten angegebenen Binärsignale zulässig ist).<br />

Betriebsart<br />

Binäres Prozess-Signal Nr.<br />

1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 5<br />

A<br />

B<br />

C<br />

Zeitbereich 1 Zeitbereich 2 Zeitbereich 3<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 130


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Nachträgliche Störungsaufklärung<br />

Kenntnis des zeitlichen Ablaufes der Störungsauswirkung und<br />

Störungsausbreitung erforderlich<br />

Post-Mortem-Analyse<br />

"Trend recording" - Verfahren<br />

– Temporäre Speicherung von Prozessgrößen während Zeitspanne T i<br />

y Phys (t)<br />

Außerbetriebnahmegrenze<br />

Bei Grenzwertüberschreitung<br />

keine<br />

weitere Löschung<br />

z.B. Crash-<br />

Recorder bei<br />

Flugzeugen<br />

T i<br />

Abschaltung des<br />

technischen Prozesses<br />

t<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 131


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Informationsorientierte Prozessüberwachung<br />

Zielsetzungen:<br />

– Ermittlung von Ratschlägen für das Prozesspersonal<br />

Maßnahmen zur Erzielung optimaler Betriebsergebnisse<br />

(nicht zeitkritisch)<br />

Reaktion auf Störung/Ausfälle (zeitkritisch)<br />

– Frühzeitige Erkennung sich anbahnender Fehler und Ausfälle<br />

Einsparung von Ausfallkosten<br />

regulärer<br />

Betrieb<br />

irregulärer<br />

Betrieb<br />

Umsetzung:<br />

Modellbasierte Prozessüberwachung<br />

– Prozessüberwachung unter Verwendung quantitativer Modelle<br />

– Prozessüberwachung unter Verwendung qualitativer Modelle<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 132


Fehlersignale<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Informationsorientierte Prozessüberwachung durch direkten<br />

Modellvergleich<br />

Fehlerursachen<br />

Modell des fehlerhaften<br />

Verhaltens (Pathologisches<br />

Modell)<br />

Fehlersignaturen<br />

Vergleich zur<br />

Fehlerartbestimmung<br />

Modell des technischen<br />

Prozesses in der idealen,<br />

fehlerfreien technischen<br />

Anlage (einschließlich<br />

Aktorik und Sensorik)<br />

ideale Ausgangsgrößen<br />

+<br />

-<br />

Eingangsgrößen<br />

Aktorik<br />

Reale technische Anlage<br />

zu überwachendes<br />

technisches<br />

System<br />

Sensorik<br />

reale<br />

Ausgangsgrößen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 133


globale<br />

Kenngröße<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Informationsorientierte Prozessüberwachung durch direkten<br />

Modellvergleich bei Verwendung globaler Kenngrößen<br />

Beispiele für globale<br />

Kenngrößen:<br />

Energieverbrauchsbilanz<br />

Wirkungsgrad<br />

Materialdurchsatz<br />

Kenngrößenmodell bei<br />

Annahme von<br />

bestimmten Fehlern<br />

Fehlerursachen<br />

Vergleich<br />

Voraussetzung:<br />

Fehler wirken sich<br />

signifikant auf<br />

Ausgangsgrößen aus<br />

Berechnung von globalen Kenngrößen,<br />

wie z.B. Energieverbrauchsbilanz,<br />

Wirkungsgrad usw.<br />

Technische Anlage<br />

Aktorik<br />

zu überwachendes<br />

technisches System<br />

Sensorik<br />

Eingangsgrößen<br />

Ausgangsgrößen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 134


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Informationsorientierte Prozessüberwachung durch indirekten<br />

Modellvergleich auf Grundlage einer Zustandsschätzung<br />

Modell des fehlerhaften Verhaltens<br />

(Pathologisches Modell)<br />

Vergleich<br />

Fehlersignatur<br />

der Zustandsgrößen<br />

Fehlerursachen<br />

Modell des technischen Prozesses<br />

in der idealen, fehlerfreien technischen<br />

Anlage (mit Aktorik und<br />

Sensorik)<br />

Zustandsbeobachter<br />

Modell des beobachteten<br />

technischen Prozesses<br />

Ideale<br />

Zustandsgrößen<br />

+<br />

-<br />

Zustands-<br />

größen-<br />

Fehler<br />

mit Hilfe des<br />

Modells geschätzte<br />

Zustandsgrößen<br />

geschätzte<br />

Prozessgrößen<br />

Schätzung innerer<br />

Größen mittels<br />

Zustandsbeobachter<br />

Multiplikation<br />

mit Parametern<br />

Fehlergrößen<br />

+<br />

-<br />

Reale technische Anlage<br />

Eingangsgrößen<br />

Aktorik<br />

zu überwachendes<br />

technisches System<br />

Sensorik<br />

meßbare Prozessgrößen<br />

(Ausgangsgrößen<br />

und Meßbare<br />

Zustandsgrößen)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 135


2.3 Prozessüberwachung<br />

Informationsorientierte<br />

Prozessüberwachung durch<br />

indirekten Modellvergleich<br />

auf Grundlage eines<br />

Identifikationsverfahrens<br />

Charakteristische<br />

Änderungen der<br />

Systemkoeffizienten<br />

bei Fehlern und<br />

Ausfällen<br />

Normalwert der<br />

physikalischen<br />

Systemkoeffizienten<br />

Fehlerursachen<br />

Vergleich<br />

+<br />

-<br />

Änderung der<br />

Systemkoeffizienten<br />

gegenüber den<br />

Normalwerten<br />

Berechnen von<br />

Systemkoeffizienten<br />

aus Modellparametern<br />

geschätzte<br />

Systemkoeffizienten<br />

AT II<br />

geschätzte Parameter<br />

Modell des technischen Prozesses<br />

mit geschätzten Parametern<br />

Ausgangsgrößen<br />

des Modells<br />

Parameterschätzung<br />

durch Minimierung der<br />

Summe der Fehlerquadrate<br />

Fehlergrößen<br />

+<br />

-<br />

Reale technische Anlage<br />

reale Ausgangsgrößen<br />

Eingangsgrößen<br />

Aktorik<br />

zu überwachendes<br />

technisches System<br />

Aktorik<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 136


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Frage 1 zu Kapitel 2.3<br />

Der Füllstand eines Behälters wurde bisher signalorientiert überwacht.<br />

Welche kritische Situation kann auf diese Weise nicht entdeckt werden? Wie<br />

würden Sie eine informationsorientierte Überwachung realisieren?<br />

Signalorientierte Überwachung<br />

der Füllhöhe<br />

Füllhöhe<br />

h<br />

cm<br />

Behälter<br />

Ventil<br />

Digitale Darstellung des Messwerts<br />

Antwort<br />

Ein Leck im Behälter kann nicht entdeckt werden<br />

Lösung: Betrachtung der zeitlichen Änderungen der Füllhöhe in Kombination mit<br />

den Stellgrößen für das Ventil<br />

WENN dh/dt < 0 UND Ventil = Geschlossen DANN Alarm(Leck)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 137


2.3 Prozessüberwachung<br />

AT II<br />

Frage 2 zu Kapitel 2.3<br />

Für die Prozessüberwachung durch indirekten Modellvergleich kann eine<br />

Zustandsschätzung oder ein Identifikationsverfahren (Schätzung der<br />

Parameter) verwendet werden. Welches Verfahren würden Sie bei den<br />

folgenden Systemen anwenden? Begründen Sie Ihre Meinung.<br />

SYSTEM A<br />

SYSTEM B<br />

Einlassventil<br />

Füllstandsmelder<br />

R1<br />

Behälter<br />

A<br />

Behälter<br />

B<br />

Auslassventil<br />

U1<br />

R2<br />

U2<br />

R3<br />

Zustandsschätzung<br />

Füllniveau der Behälter ist energiekennzeichnende<br />

Größe = Zustandsgröße<br />

Identifikationsverfahren<br />

Fehler / Ausfälle wirken sich auf<br />

Modellparameter aus<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 138


AT II<br />

§ 2 <strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

2.7 Zusammenfassung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 139


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Was sind Fließprozesse?<br />

– Fließprozesse: Technische Prozesse mit kontinuierlichen Vorgängen<br />

Zeitkontinuierliche Prozessgrößen<br />

Zeitdiskrete Prozessgrößen mit kontinuierlichem Wertebereich<br />

Beispiel: Heizung<br />

abströmende<br />

Wärmemenge<br />

Innentemperatur<br />

Heizkörper<br />

Umgebungs-<br />

Temperatur<br />

(<br />

u < ) u<br />

Pumpe<br />

Warmwasser-<br />

Heizkessel<br />

zugefügte<br />

Wärmemenge<br />

q e<br />

Brenner<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 140


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Modellierung von Fließprozessen (1)<br />

– Quantitative Beschreibung von Fließprozessen (zeitkontinuierlich oder<br />

zeitdiskret) ist Grundlage aller systemdynamischen bzw. regelungstechnischen<br />

Untersuchungen<br />

Gewöhnliche oder partielle Differential- oder Differenzengleichungen<br />

Differentialgleichung des Beispiels Heizung<br />

T<br />

d<br />

( t)<br />

dt<br />

( t)<br />

U<br />

( t)<br />

1<br />

c<br />

q<br />

e<br />

( t)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 141


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Modellierung von Fließprozessen (2)<br />

Ermittlung eines analytischen<br />

Prozessmodells<br />

Vereinfachende Annahmen über<br />

den technischen Prozess<br />

Aufstellen von physikalischen oder<br />

chemischen Zusammenhängen<br />

Geeignete Umformung und Normierung,<br />

Anpassen der Parameter<br />

Ermittlung eines empirischen<br />

Prozessmodells<br />

Experimente am technischen Prozess:<br />

Messung von Prozessgrößenverläufen<br />

Ansatz eines (im allg.<br />

nichtlinearen) Ausdrucks<br />

Variation der Struktur und/oder der<br />

Parameter des Ansatzes zur Approximation<br />

der gemessenen Prozessgrößenverläufe<br />

Validierung des Modells (bezüglich<br />

Struktur und Parameter) durch<br />

Vergleich mit dem Verhalten des<br />

technischen Prozesses<br />

Validierung des Betriebsbereiches,<br />

in welchem die Approximation befriedigend<br />

ist<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 142


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Modellierung von Fließprozessen (3)<br />

– Aufstellung von physikalischen oder chemischen Zusammenhängen<br />

Anwendung von Erhaltungssätzen für Masse, Energie, Impuls<br />

(Bilanzgleichungen)<br />

Einführung von Aggregatzustandsgleichungen bei unterschiedlichen<br />

Aggregatzuständen<br />

Einführung von phänomenologischen Gesetzen bei irreversiblen<br />

Vorgängen<br />

Aufstellung von Entropiebilanzgleichungen bei mehreren irreversiblen<br />

Vorgängen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 143


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Signalflusspläne (Wirkungspläne)<br />

– Beschreibung von Differential- oder Differenzengleichungen in Form von<br />

Eingangs-Ausgangs-Modellen<br />

Eingangssignal-<br />

(vektor) e(t)<br />

Übertragungsblock f(e)<br />

Ausgangssignal-<br />

(vektor) a(t)<br />

e(t)<br />

a(t) = f(e(t))<br />

a(t)<br />

Beschreibung durch:<br />

‣ Differentialgleichung<br />

‣ Übertragungsfunktion F(p) = a(p) / e(p) für Laplace-transformierte Signale e(p) und a(p)<br />

‣ Frequenzgangfunktion für harmonische Eingangssignale (mit p = jω)<br />

‣ Sprungantwort auf plötzliche Änderung der Eingangssignale<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 144


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Elementare Signalflussstrukturen<br />

– Verkettung<br />

x<br />

K1<br />

K1*x<br />

K2<br />

K2*K1*x<br />

– Verzweigung<br />

x<br />

x<br />

x<br />

– Summation x1<br />

x2<br />

x3<br />

+<br />

– -x1 + x2 + x3<br />

+<br />

– Multiplikation<br />

und Division<br />

x1<br />

x1 * x2<br />

x1<br />

x1 / x2<br />

x2<br />

x2<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 145


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Elementare Übertragungsglieder<br />

Übertragungsfunktion<br />

Sprungantwort<br />

Proportional-<br />

Element<br />

(Verstärker)<br />

F(p) = K<br />

Integral-Element<br />

F(p) = 1<br />

p<br />

Differential-<br />

Element<br />

F(p) = p<br />

PT1-Element<br />

(Verzögerung,<br />

Tiefpass 1. Ord.) F(p) =<br />

1<br />

1+pT<br />

PT1-Element kann auf Integral-Elemente zurückgeführt werden<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 146


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel: Ermittlung des Prozessmodells einer<br />

fremderregten Gleichstrommaschine (1)<br />

U Klemmenspannung<br />

U q<br />

– Ersatzschaltbild<br />

I R A<br />

U q<br />

I Ankerstrom<br />

U<br />

L A<br />

Induzierte Motorspannung<br />

L A Anker-Induktivität<br />

R A Anker-Widerstand<br />

Drehzahl<br />

M Moment<br />

J ges Gesamtträgheitsmoment<br />

M W Widerstandsmoment<br />

– Gleichungen:<br />

U = L A * dI/dt + R A * I + U q (Maschenregel)<br />

U q = c *<br />

(Motorgleichung)<br />

M = c * I<br />

(Motorgleichung)<br />

M - M W = J ges * d /dt (Drehimpuls)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 147


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel: Ermittlung des Prozessmodells einer<br />

fremderregten Gleichstrommaschine (2)<br />

– Resultierender Signalflussplan<br />

Verwendung normierter Größen (Kleinbuchstaben)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 148


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Prozessführung von Fließprozessen<br />

Prozessführung:<br />

Gezielte Beeinflussung<br />

des<br />

technischen<br />

Prozesses<br />

Ebene der Produktionsführung<br />

(Produktionsleitebene)<br />

Ebene der Führung<br />

einer technischen<br />

Anlage<br />

(Prozessleitebene)<br />

Ebene der Führung<br />

einzelner Prozessgrößen<br />

(Prozess-Signal-Ebene)<br />

Produktionsmaßnahme:<br />

Um ein Produkt mit bestimmten Eigenschaften<br />

zu erhalten, soll in einem Reaktor<br />

ein bestimmter pH-Wert eingestellt werden<br />

Pumpen-<br />

Steuerung<br />

Dosierer<br />

Anweisung:<br />

Pumpe<br />

Ein/Aus<br />

Ausführungsauftrag:<br />

Soll-pH-Wert einstellen<br />

Ventil-Stellungsregler<br />

Ventil-<br />

Steuerung<br />

Ventilstellung<br />

pH-Wert im Reaktor<br />

(Ist-Wert)<br />

Anweisung: Soll-Wert<br />

des Säurezuflusses<br />

einstellen<br />

Ist-Wert des<br />

Säurezuflusses<br />

M<br />

Säurezufluss<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 149


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Klassifizierung von Prozessgrößen<br />

– Eingangsgrößen<br />

(Stellgrößen), um auf das<br />

Prozessgeschehen gezielt<br />

einzuwirken<br />

– Ausgangsgrößen<br />

(Ergebnisgrößen), die den<br />

Ablauf des technischen<br />

Prozesses und dessen<br />

Ergebnisse (Produkte)<br />

kennzeichnen<br />

– Störgrößen, die den Ablauf<br />

des technischen Prozesses<br />

und die Prozessergebnisse<br />

in unerwünschter Weise<br />

beeinflussen können<br />

a) Darstellung einzelner Eingangs-, Ausgangs- und<br />

Störgrößen<br />

Störgrößen<br />

Eingangsgrößen<br />

b) Vereinfachte Darstellung mit Doppelpfeilen zur<br />

symbolischen Darstellung von Bündeln einzelner<br />

Prozessgrößen<br />

Eingangsgrößen<br />

Technischer<br />

Prozess<br />

Technischer<br />

Prozess<br />

Störgrößen<br />

Ausgangsgrößen<br />

Ausgangsgrößen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 150


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Strategien zur Prozessführung von Fließprozessen<br />

– Steuerungsstrategie (Feed-forward-Strategie)<br />

– Regelungsstrategie (Feed-back-Strategie)<br />

– Mischformen und Kombinationen möglich<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 151


nicht erfassbare<br />

Störgrößen<br />

2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Steuerungsstrategie<br />

erfassbare<br />

Störgrößen<br />

Führungssignale<br />

Steuereinrichtung<br />

Stellsignale<br />

Aktoren<br />

Prozesseingangsgrößen<br />

Technischer<br />

Prozess<br />

(Fließprozess)<br />

Prozessausgangsgrößen<br />

offene Wirkungskette<br />

– Zusammenhänge zwischen Eingangs- und Ausgangsgrößen müssen<br />

exakt bekannt sein<br />

– Nicht-messbare Störgrößen wirken sich auf Ausgangsgrößen aus<br />

– Analog zu synchroner Programmierung bzw. staatliche Planwirtschaft<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 152


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Regelungsstrategie<br />

Störgrößen<br />

Stellsignale<br />

Aktoren<br />

Technischer<br />

Prozess<br />

(Fließprozess)<br />

Regeleinrichtung<br />

Prozesseingangsgrößen<br />

Führungssignale<br />

Prozessausgangsgrößen<br />

Geschlossener Wirkungskreis<br />

Sensorsignale<br />

Sensoren<br />

Regelgrößen<br />

– Keine exakte Kenntnis der Zusammenhänge zwischen Eingangs- und<br />

Ausgangsgrößen erforderlich<br />

– Beliebige Störgrößen können ausgeregelt werden<br />

– Rückkopplungseffekte, Stabilitätsprobleme<br />

– Analog zu asynchroner Programmierung bzw. Marktwirtschaft<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 153


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Der PID-Regler<br />

Sollgröße w<br />

(Führungsgröße)<br />

Istgröße x<br />

(Regelgröße)<br />

K P<br />

K P<br />

T n *P<br />

K p *T V *p<br />

Proportional-Anteil<br />

Integral-Anteil<br />

Stellgröße y<br />

Differential-Anteil<br />

– Industriestandard<br />

– Merkmale<br />

Proportional-Anteil: Schnelles Eingreifen (Ausregeln)<br />

Integral-Anteil: Gute statische Regelgüte (keine bleibende Regelabweichung)<br />

Differential-Anteil: Schnelleres Eingreifen durch antizipierte Abweichung<br />

– Häufig: Verzicht auf D-Anteil da anfällig für hochfrequente Störungen<br />

Störungen werden durch D-Anteil verstärkt<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 154


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Analyse von Regelkreisen<br />

Regler<br />

z1<br />

w +<br />

y –<br />

–<br />

G(p)<br />

+<br />

Regelstrecke<br />

H(p)<br />

+<br />

z2<br />

–<br />

x<br />

w Führungsgröße<br />

y Stellgröße<br />

z Störgröße<br />

x Regelgröße<br />

– Führungsübertragungsfunktion (z1=z2=0)<br />

F G<br />

( p)<br />

x<br />

w<br />

G(<br />

p)*<br />

H ( p)<br />

1 G(<br />

p)*<br />

H ( p)<br />

Polstellen entsprechen<br />

physikalischen Speicher<br />

"Ordnung"<br />

– Störübertragungsfunktion (w=0, z2=0 bzw. z1=0)<br />

( x H(<br />

p)<br />

F Z 1<br />

p)<br />

z1<br />

1 G(<br />

p)*<br />

H(<br />

p)<br />

( x 1<br />

F Z 2<br />

p)<br />

z2<br />

1 G(<br />

p)*<br />

H ( p)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 155


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Dimensionierung von Regelkreisen<br />

– Zielsetzung: Dimensionierung der Reglerparameter so dass ...<br />

– Ansatz<br />

die Führungsgröße möglichst schnell eingestellt wird,<br />

Störgrößen möglichst schnell ausgeregelt werden,<br />

keine Stabilitätsprobleme auftreten.<br />

Entscheidend für das Führungsverhalten sind die Polstellen der Führungsübertragungsfunktion<br />

(Polstellen müssen negativen Realteil aufweisen)<br />

Polstellen können entweder auf Basis eines Gütekriteriums ermittelt werden<br />

oder aus Tabellen von Standard-Übertragungsfunktionen entnommen werden<br />

Video: Automatisiertes Hovercraft<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 156


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Kaskadierende Reglerstrukturen<br />

– Konzept: Verwendung unterlagerter Regelschleifen<br />

Kaskadenstruktur<br />

w2<br />

+<br />

–<br />

G2(p)<br />

w1 +<br />

–<br />

G1(p)<br />

H1(p)<br />

x1<br />

H2(p)<br />

x2<br />

Unterlagerte Schleife<br />

Überlagerte Schleife<br />

– Vorteil: Einfachere Behandlung von Strecken höherer Ordnung<br />

Falls unterlagerte Schleife deutlich schneller arbeitet als überlagerte Schleife<br />

kann für letztere x1 = w1 angenommen werden, wodurch sich der Regelkreis<br />

deutlich vereinfacht.<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 157


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Abtastregelungen (digitale Regelungen)<br />

w(t)<br />

A<br />

D<br />

w(kT)<br />

Digitaler<br />

Regler<br />

y(kT)<br />

D<br />

A<br />

y(t)<br />

Regelstrecke<br />

x(kT)<br />

D<br />

A<br />

Meßwertumfomer<br />

x(t)<br />

– Signale müssen gemäß Abtasttheorem mit<br />

Abtast 2* Grenz abgetastet werden<br />

(Abtastfrequenz Abtast, maximale<br />

reproduzierbare Signalfrequenz Grenz)<br />

– Quasi-kontinuierlicher Reglerentwurf falls<br />

Abtastung deutlich schneller als<br />

Prozessdynamik. Ansonsten explizite<br />

Diskretisierung erforderlich.<br />

T<br />

x(t)<br />

t<br />

x(kT)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 158


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Weiterführende Konzepte<br />

– Zustandsregelungen<br />

– Zustandsbeobachter<br />

– Prädiktive Regelungen<br />

– Adaptive Regelungen<br />

"Online"-Anwendung von<br />

Prozessmodellen<br />

Modell des<br />

technischen<br />

Prozesses<br />

Stellsignale<br />

Regeleinrichtung<br />

Führungssignale<br />

Prozessausgangsgrößen<br />

Technischer<br />

Prozess<br />

(Fließprozess)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 159


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Frage 1 zu Kapitel 2.4<br />

Zur Beschreibung der Spannung durch einen nicht-linearen Widerstand in<br />

Abhängigkeit vom Strom wird ein Polynom mit einem linearen und einem<br />

quadratischen Glied angesetzt.<br />

Handelt es sich hierbei um ein analytisches oder ein empirisches Modell?<br />

Antwort<br />

Empirisches Modell, da Grundlage der Modellbildung eine Messung der Einund<br />

Ausgangsgrößen des technischen Prozesses ist, welche durch ein<br />

Polynom approximiert wird.<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 160


2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

AT II<br />

Frage 2 zu Kapitel 2.4<br />

Ein Aufzug soll unabhängig von der Anzahl mitfahrender Personen immer die<br />

gleiche Geschwindigkeit aufweisen. Dazu bieten sich zwei Verfahren an:<br />

a) Ansteuerung des Aufzugmotors entsprechend der durch<br />

Gewichtsmessung ermittelten Anzahl mitfahrender Personen.<br />

b) Ansteuerung des Aufzugmotors entsprechend der Abweichung der<br />

gemessenen Aufzugs-Geschwindigkeit von der gewünschten<br />

Geschwindigkeit.<br />

In beiden Fällen sollen kontinuierliche Ansteuerungsgrößen verwendet<br />

werden (z.B. Klemmenspannung am Motor) und keine binären Signale.<br />

Handelt es sich bei den vorgestellten Verfahren um Steuerungs- oder<br />

Regelungsstrategien?<br />

Antwort<br />

a) Steuerungsstrategie (offener Wirkungskreis)<br />

b) Regelungsstrategie (geschlossener Wirkungskreis)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 161


AT II<br />

§ 2 <strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

2.7 Zusammenfassung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 162


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Was sind Folge- und Stückprozesse?<br />

– Folge-Prozesse<br />

Teilvorgänge laufen schrittweise nacheinander ab<br />

Z.B. Fertigungsprozesse, Zigarettenautomat<br />

– Stück(gut)-Prozesse<br />

Umformung, Transport, Speicherung von Objekten<br />

Z.B. Verkehrsprozesse<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 163


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Modellierung von Folge- und Stückprozessen<br />

Getrennte Modellierung von technischem Prozess und Prozessführung bzw.<br />

Steuerung (wie bei Fließprozessen) nur schwer möglich!<br />

– Verwendung von Zustandsmodellen<br />

Diskrete Systemzustände<br />

Ereignisse als Zustandsübergänge<br />

Steuersignale sind wesentliche Ereignisse<br />

– Bei Stückprozessen: Zuordnung von diskreten Zuständen und Ereignissen<br />

auf zeitliches und örtliches Verhalten der Objekte<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 164


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Zuordnung des zeitlichen und örtlichen Verhaltens eines<br />

Stückprozesses auf diskrete Zustände und Ereignisse<br />

Diskrete Zustände<br />

Aufzug wird abgebremst<br />

Aufzug fährt<br />

Aufzug steht, Türe wird entriegelt<br />

Aufzug steht, Türe wird verriegelt<br />

Aufzug steht, Türe in Bewegung<br />

Aufzug steht, Türe offen<br />

Position des Fahrkorbs [m]<br />

t<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

t<br />

Diskrete Ereignisse<br />

(bzw. erfüllte Bedingungen)<br />

Befehl<br />

„Türe zu“<br />

Fahr-<br />

Befehl<br />

Türe geschlossen<br />

Bremskontakt<br />

aktiviert<br />

Haltekontakt<br />

aktiviert<br />

Befehl<br />

„Türe auf“<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Prozessführung von Folge- und Stückprozessen mittels<br />

diskreter Steuerungen<br />

– Unterscheidung bzgl. Verfahren<br />

Verknüpfungssteuerungen (Freifolgesteuerungen)<br />

<br />

Eingangssignale werden direkt zu Ausgangssignalen verknüpft<br />

Ablaufsteuerungen (Zwangsfolgesteuerungen)<br />

<br />

Unterteilung in zeitlich nacheinander auszuführende Schritte<br />

– Unterscheidung bzgl. der Realisierungsform<br />

Verbindungsprogrammierte Steuerungen<br />

Speicherprogrammierte Steuerungen<br />

elektrische<br />

Verbindungen, Relais,<br />

Logikbausteine, etc.<br />

SPS<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Verknüpfungssteuerungen<br />

– Zustandslose Verknüpfung von Eingangssignalen zu Ausgangssignalen<br />

‣ Technischer Prozess definiert Zustand Freifolgesteuerung<br />

– Beschreibung mit Logikverknüpfungen<br />

‣ Beispiel: Funktionsbausteine nach DIN 40900<br />

& 1 =1 1<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel einer Verknüpfungssteuerung:<br />

Steuerung eines Transportbandes<br />

Transportband<br />

• Band läuft wenn<br />

Silo 1 nicht leer<br />

und Silo 2 nicht<br />

voll<br />

• Band läuft wenn<br />

Taster für<br />

Wartungsarbeiten<br />

gedrückt<br />

• Warnlampe<br />

leuchtet wenn<br />

Silo 2 voll<br />

Silo 1<br />

E1 (Füllstandssensor)<br />

A1 (Bandmotor)<br />

Silo 2<br />

E3 (Taster für<br />

Wartungsarbeiten)<br />

E2 (Füllstandssensor)<br />

A2 (Warnlampe)<br />

Verknüpfungssteuerung<br />

E1<br />

E2<br />

E3<br />

&<br />

A1<br />

1 A1<br />

A2<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Ablaufsteuerungen<br />

– Erzwingung einer spezifischen Abfolge durch internen Zustand<br />

‣ Unterteilung in zeitlich nacheinander auszuführende Schritte<br />

‣ Weiterschaltbedingung (Transition) muss jeweils erfüllt sein<br />

Zwangsfolgesteuerung<br />

– Beschreibung mit zustands-/ereignisorientierten Modellierungskonzepten<br />

‣ Endliche Automaten<br />

‣ Zustandsgraphen<br />

‣ Zustandstabellen<br />

‣ Schrittketten<br />

‣ Petri-Netze<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Endliche Automaten<br />

– Wichtiges Zustands-/ereignisorientiertes Modellierungskonzept<br />

– Gegenstand der Automatentheorie<br />

Beschreibung eines endlichen Automaten<br />

X: endliche Zustandsmenge<br />

• Innere Parameter<br />

• Speicherzustände<br />

u(n)<br />

x(n)<br />

y(n)<br />

U: endliche Eingangsmenge<br />

• Eingaben<br />

• Eingabezeichen<br />

• Eingabeaktionen<br />

Y: endliche Ausgangsmenge<br />

• Ausgaben<br />

• Ausgabezeichen<br />

• Ausgabeaktionen<br />

Zustandsübergangsfunktion: y(n) =<br />

[u(n),x(n)]<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Endliche Automaten<br />

Automatentypen<br />

- Moore-Automat<br />

Ausgabewert nur vom aktuellem Zustand abhängig<br />

Zustandsübergangsfunktion: y(n) = [x(n)]<br />

- Mealy-Automat<br />

Ausgabewert vom aktuellem Zustand und der Eingabemenge abhängig<br />

Zustandsübergangsfunktion: y(n) = [u(n),x(n)]<br />

- Kombinatorischer Automat (speicherfreier Automat)<br />

Ausgabewert nur von der Eingabemenge abhängig<br />

Zustandsübergangsfunktion: y(n) = [u(n)]<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel eines Zustandsgraphs zur Darstellung eines<br />

endlichen Automaten (Live-Mitschrieb)<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel einer Zustandstabelle<br />

Aktueller Zustand Ereignis Aktion Folgezustand<br />

Aufzug steht Startknopf gedrückt Motor einschalten Aufzug fährt<br />

Aufzug fährt<br />

Bremspunkt erreicht<br />

Motorleistung<br />

reduzieren<br />

Aufzug bremst<br />

Aufzug bremst Haltepunkt erreicht Motor ausschalten Aufzug steht<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel einer Schrittkette<br />

Rührkessel leer<br />

Bodenventil zu<br />

Startknopf ein<br />

&<br />

S1<br />

Startzustand<br />

T1<br />

S2<br />

Lösungsmittel<br />

dosieren<br />

S7-Graph<br />

Temperatur ok<br />

T2<br />

T3<br />

Temperatur<br />

zu niedrig<br />

S3<br />

Heizen<br />

T4<br />

Temperatur<br />

erreicht<br />

S4<br />

Rühren<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Modellbildung mit Petri-Netzen<br />

– Verallgemeinerte Form der Zustandsmodelle<br />

– Erstmalig in der Dissertation von Carl Petri im Jahre 1961 vorgestellt<br />

– Speziell zur Darstellung paralleler Abläufe geeignet<br />

Notation für Stellen/Transitionen-Netze<br />

falls<br />

nicht<br />

notiert<br />

Stelle S1<br />

"Motor steht"<br />

mit Marke<br />

Transition T1<br />

"Motor laufen lassen"<br />

1 1<br />

(1) (1)<br />

1 1<br />

Transition T2<br />

"Motor abstellen"<br />

1 falls<br />

nicht<br />

notiert<br />

Stelle S2<br />

"Motor läuft"<br />

ohne Marke<br />

– Stellen<br />

Passive Elemente<br />

Nehmen Marken auf<br />

entsprechend Kapazität<br />

– Transitionen<br />

Aktive Elemente<br />

Verursachen Markenfluss durch<br />

Schaltvorgänge<br />

– Gerichtete Kanten (Pfeile)<br />

Verbinden Stellen mit<br />

Transitionen und umgekehrt<br />

Kantengewichtung beeinflusst<br />

Markenfluss<br />

"Reines Petri-Netz" falls<br />

Vorgänger Nachfolger einer<br />

Transition/Stelle<br />

Sonderfall: "Bedingungs/Ereignis-Netz" für Kapazität = Kantengewichtung = 1<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Schaltregeln von Petri-Netzen<br />

Eingangsstellen<br />

Ausgangsstellen<br />

Eingangsstellen<br />

Ausgangsstellen<br />

S e1<br />

S e2<br />

S e3<br />

S a1<br />

S a2<br />

Netzzustand vor dem Schalten<br />

S e1<br />

S e2<br />

S e3<br />

S a1<br />

S a2<br />

– Schalten (feuern) einer Transition<br />

Allen Eingangsstellen werden Marken<br />

entzogen entsprechend dem Gewicht<br />

der verbindenden Kanten<br />

Allen Ausgangsstellen werden Marken<br />

hinzugefügt entsprechend dem<br />

Gewicht der verbindenden Kanten<br />

– Schaltbedingung: Es muss eine<br />

gültige Folgemarkierung entstehen<br />

Die Eingangsstellen müssen mit<br />

ausreichend Marken belegt sein<br />

Die Ausgangsstellen müssen<br />

ausreichend freie Kapazitäten haben<br />

Netzzustand nach dem Schalten<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Elementare Netzkonstruktionen<br />

Beispiel<br />

Elementare Verknüpfungen<br />

Sequenz<br />

T1<br />

T2<br />

Alternative<br />

T1<br />

T3<br />

T2<br />

T4<br />

Verzweigung Zusammenführung<br />

Nebenläufigkeit<br />

T1<br />

T3<br />

T2<br />

Aufspaltung<br />

Synchronisation<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Darstellung von Nebenläufigkeiten<br />

Modell Asynchrone Nebenläufigkeiten Synchronisierte Nebenläufigkeiten<br />

Getrennte<br />

Zustandsgraphen<br />

1 2 3<br />

4 5 6<br />

1-4<br />

1-5<br />

1-6<br />

1-4<br />

1-5<br />

1-6<br />

Globaler<br />

Zustandsgraph<br />

2-4<br />

2-5<br />

2-6<br />

2-4<br />

2-5<br />

2-6<br />

3-4<br />

3-5<br />

3-6<br />

3-4<br />

3-5<br />

3-6<br />

Petri-Netz<br />

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T1 Λ T3<br />

2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Der Markierungsgraph<br />

Petri-Netz<br />

Markierungsgraph<br />

Ausgangs-Markierung<br />

S1<br />

S2<br />

T1<br />

T 1 T3<br />

T 3<br />

T2<br />

T 2<br />

S3<br />

S4<br />

Folge-<br />

Markierung<br />

T1<br />

0 1 1 0<br />

T3<br />

1 0 1 0<br />

T2<br />

0 1 0 1<br />

T3<br />

1 0 0 1<br />

T1<br />

Notation:<br />

S1 S2 S3 S4<br />

Graphische Darstellung der Erreichbarkeitsmenge<br />

Voraussetzung: Beschränktheit des Petri-Netzes<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Eigenschaften von Petri-Netzen<br />

– Verklemmung (Deadlock)<br />

Totale Verklemmung: Es existiert eine Markierung, von welcher aus keine<br />

Transition mehr schalten kann.<br />

Partielle Verklemmung: Es existiert eine Markierung, von welcher aus nur noch<br />

ein Teil aller Transitionen aktivierbar ist.<br />

– Lebendigkeit<br />

Lebendige Transition: Transition, die von jeder Markierung aus aktivierbar ist.<br />

Lebendiges Netz: Netz mit ausschließlich lebendigen Transitionen.<br />

– Reversibilität<br />

Die Anfangsmarkierung eines Netzes ist von jeder Folgemarkierung aus<br />

reproduzierbar.<br />

Lebendiges Netz = keine Verklemmungen<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiele für Verklemmung und Lebendigkeit<br />

Beispiel 1<br />

Beispiel 2<br />

Beispiel 3<br />

T 1<br />

T 1<br />

T 1<br />

T 4<br />

T 3<br />

T 2<br />

T 3<br />

T 2<br />

T 3<br />

T 2<br />

Lebendiges und<br />

reversibles Netz<br />

Nicht lebendiges Netz mit<br />

totaler Verklemmung<br />

Schaltsequenz: T 3 T 1 T 2<br />

Nicht lebendiges Netz mit<br />

partieller Verklemmung<br />

T 3 schaltet nur zu Beginn<br />

Ähnliche Struktur aber Unterschiede im dynamischen Verhalten<br />

Video: Modellierung von Steuerungen mit Zustandsmodellen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 181


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Steuerungstechnisch interpretierte Petri-Netze (SIPN)<br />

– Problemspezifische Interpretation der Netzelemente<br />

Stellen: Modellierung von Systemzuständen<br />

Transitionen: Modellierung von Veränderungen und auslösenden Ereignissen<br />

– Verknüpfung der Netzelemente mit Ein- und Ausgangsgrößen<br />

Transitionen werden boolesche Funktionen der Eingangsgrößen zugeordnet<br />

Stellen werden Berechnungsvorschriften für die Umrechnung der Eingangsgrößen<br />

in ihre Ausgangsgrößen zugeordnet.<br />

– Schaltregeln im SIPN<br />

Eine aufgrund der Netzmarkierung schaltfähige Transition kann erst schalten,<br />

wenn auch ihre zugeordnete boolesche Funktion (Schaltausdruck) wahr ist.<br />

Eine so schaltfähige Transition muss schalten.<br />

Nur für markierte Stellen werden die Ausgabefunktionen ausgewertet. Die<br />

Gesamtausgabe eines SIPN bei einer Markierung M entsteht durch<br />

Überlagerung aller Ausgaben der bei M markierten Stellen.<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 182


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel eines SIPN: Flexibles Fertigungssystem (1)<br />

Bearbeitung von<br />

Werkstücken A<br />

mit beiden<br />

Handhabungsgeräten<br />

B<br />

A<br />

II<br />

B<br />

A<br />

I<br />

B<br />

Bearbeitung von<br />

Werkstücken B<br />

nur mit Handhabungsgerät<br />

II<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 183


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel eines SIPN: Flexibles Fertigungssystem (2)<br />

Ein- und Ausgangsgrößen,<br />

Systemzustände<br />

Petri-Netz<br />

Eingangsgrößen:<br />

x1: Neues Werkstück A erkannt<br />

x2: Bearbeitung Werkstück A fertig<br />

x3: Neues Werkstück B erkannt<br />

x4: Bearbeitung Werkstück B fertig<br />

y1=0<br />

S5<br />

S6<br />

y2=0<br />

Ausgangsgrößen:<br />

y1: Handhabungsgerät I an<br />

y2: Handhabungsgerät II an<br />

Systemzustände (Stellen)<br />

S1: Keine Bearbeitung Werkstück A<br />

S2: Werkstück A in Bearbeitung<br />

S3: Keine Bearbeitung Werkstück B<br />

S4: Werkstück B in Bearbeitung<br />

S5: Handhabungsgerät I frei<br />

S6: Handhabungsgerät II frei<br />

S1<br />

T1<br />

S2<br />

T2<br />

x1<br />

y1=1<br />

y2=1<br />

x2<br />

T3<br />

S4<br />

T4<br />

x3<br />

y2=1<br />

x4<br />

S3<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 184


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Graphentheoretische Analyse<br />

Bedeutung: Gewünschtes dynamisches Verhalten kann im allgemeinen<br />

konstruktiv nicht erzwungen werden<br />

Modellierung als<br />

Petri-Netz<br />

Konstruktion des<br />

Überdeckungsgraphen<br />

Beschränktheit<br />

nein<br />

ja<br />

Konstruktion eines<br />

Markierungsgraphen<br />

Kondensation des<br />

Markierungsgraphen<br />

totale Verklemmung<br />

Erreichbarkeit<br />

totale Verklemmung<br />

partielle Verklemmung<br />

Lebendigkeit<br />

Reversibilität<br />

Lebendigkeit hiermit<br />

nicht nachweisbar<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 185


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Auswertung eines Markierungsgraphen<br />

Ableitung folgender Eigenschaften aus den Markierungsgraphen<br />

– Totale Verklemmung<br />

Falls ein Markierungsvektor keine auslaufende Kante besitzt<br />

– Erreichbarkeit (und Weg zu) einer Markierung<br />

Schaltsequenz zu Markierungsvektor kann direkt abgelesen werden<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 186


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel für die Auswertung eines Markierungsgraphen<br />

0 1 0 1 0 0<br />

Start<br />

T 4 T<br />

T 2<br />

T 6<br />

T 5 1<br />

0 0 0 1 1 0<br />

1 1 0 0 0 0<br />

0 0 0 1 0 1<br />

T T 5 1<br />

T 6<br />

T 3<br />

T T 4 T T 8<br />

2<br />

T 1 7<br />

T 1<br />

1 0 0 1 0 0<br />

1 0 0 0 1 0<br />

1 0 0 0 0 1<br />

T 2<br />

T 2<br />

0 0 1 1 0 0<br />

Tote Markierung<br />

totale Verklemmung<br />

T 8<br />

T 7<br />

1 0 1 0 0 0<br />

Eine mögliche Schaltsequenz zur toten Markierung: T1 T5 T2 T3<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 187


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Kondensation eines Markierungsgraphen<br />

– Ermittlung "stark zusammenhängender" Teilgraphen (Kondensation)<br />

Sämtliche Markierungen innerhalb eines stark zusammenhängenden<br />

Teilgraphen (starke Komponente) sind gegenseitig erreichbar<br />

Quelle/Senke-Beziehung zwischen starken Komponenten eines<br />

Markierungsgraphen<br />

– Ableitung folgender Eigenschaften aus der Kondensation<br />

Reversibilität<br />

Der gesamte Markierungsgraph ist stark zusammenhängend.<br />

Totale Verklemmung<br />

Es existiert eine Senke, die nur aus einem Knoten besteht.<br />

Partielle Verklemmung<br />

Es existiert eine Senke, die nicht sämtliche Transitionen enthält.<br />

Lebendigkeit<br />

Jede Senke der Kondensation enthält sämtliche Transitionen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 188


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel für die Kondensation eines Markierungsgraphen<br />

Keine<br />

Reversibilität<br />

Totale<br />

Verklemmung<br />

0 1 0 1 0 0<br />

T 4 T<br />

T 2<br />

T 6<br />

T 5 1<br />

0 0 0 1 1 0<br />

1 1 0 0 0 0<br />

0 0 0 1 0 1<br />

T T 5 1<br />

T 6<br />

T 3<br />

T T 4 T T 8<br />

2<br />

T 1 7<br />

T 1<br />

Partielle<br />

Verklemmung,<br />

keine<br />

Lebendigkeit<br />

1 0 0 1 0 0<br />

1 0 0 0 1 0<br />

1 0 0 0 0 1<br />

T 2<br />

T 2<br />

0 0 1 1 0 0<br />

Starke<br />

Komponente K3<br />

(Senke)<br />

Starke Komponente K1<br />

(Quelle)<br />

T 8<br />

T 7<br />

1 0 1 0 0 0<br />

Starke Komponente K2<br />

(Senke)<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 189


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Mathematische Darstellung eines Petri-Netzes<br />

(1)<br />

1<br />

(1)<br />

T 1<br />

1<br />

S 1<br />

1 1<br />

S 2<br />

P = (S, T, F, K, W, M 0 ) mit<br />

Menge der Stellen S = {S 1 , S 2 }<br />

Menge der Transitionen T = {T 1 , T 2 }<br />

Menge der Kanten F = {(S 1 ,T 1 ), (T 1 ,S 2 ), (S 2 ,T 2 ), (T 2 ,S 1 )}<br />

Kapazität der Stellen K(S 1 ) = K(S 2 ) = 1<br />

Kantengewichtung W(SW<br />

1 ,T 1 ) = W(T 1 ,S 2 ) = ... = 1<br />

Ausgangsmarkierung M 0 (S 1 ) = 1, M 0 (S 2 ) = 0<br />

T 2<br />

Inzidenzmatrix<br />

w ij : Verknüpfung der Stelle i mit der Transition j<br />

w ij = 0 keine Verbindung<br />

w ij = W(T j ,S i ) Transition Stelle<br />

w ij = -W(S i ,T j ) Stelle Transition<br />

Erreichbare Markierungen<br />

M = M 0 + W • S<br />

M 0 Ausgangs-Markierung<br />

S Sequenzvektor<br />

z.B.<br />

S =<br />

1 T 1 schaltet einmal<br />

2 T 2 schaltet zweimal<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Algebraische Analyse (T-Invarianten)<br />

– Erreichbare Markierungen: M = M 0 + W • S<br />

M 0<br />

W<br />

S<br />

Ausgangs-Markierung<br />

Inzidenzmatrix<br />

Sequenzvektor<br />

– T-Invariante: Schaltsequenz zur Reproduzierung der Ausgangsmarkierung<br />

W • S = 0 (lineares Gleichungssystem)<br />

– Ableitung folgender Eigenschaften<br />

Bedingung für Reversibilität<br />

Es existiert eine nicht negative T-Invariante (Lösung des LGS).<br />

Bedingung für Lebendigkeit<br />

Es existiert eine positive T-Invariante (Lösung des LGS).<br />

Nur anwendbar bei "reinen" Petri-Netzen<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 191


Stellen<br />

2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Beispiel einer algebraischen Analyse – Nachweis von<br />

Reversibilität und Lebendigkeit (Live-Mitschrieb)<br />

T 1<br />

1<br />

S 1<br />

2<br />

1<br />

2<br />

S 2<br />

P = (S, T, F, K, W, M 0 ) mit<br />

Transitionen<br />

W =<br />

w 11 w 12 =<br />

w 21 w 22<br />

T 2<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 192


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Hierarchische Petri-Netze<br />

T 1<br />

T 1<br />

S 1 S 2<br />

T 5<br />

T 7 T 8<br />

S 1 S 2<br />

T 2 T 3 T 4<br />

T 6<br />

S 3 S 4 S 5<br />

T 2 T S<br />

3<br />

5<br />

S 3 S 4<br />

T 4<br />

Unternetz (D)<br />

A<br />

S 6<br />

B<br />

C<br />

D<br />

Hauptnetz (A)<br />

Hierarchie<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 193


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Zeitbehaftete Petri-Netze<br />

– Abbildung zeitbehafteter Vorgänge auf zeitlose Ereignisse<br />

Start des<br />

Vorgangs<br />

Vorgang<br />

läuft<br />

Ende des<br />

Vorgangs<br />

S V<br />

"zeitbehaftete Transition" T*<br />

z. B. mit Verzögerung 4s<br />

S N<br />

Relevant für Schaltregel<br />

ist Endzeitpunkt<br />

Marke "verschwindet"<br />

während Vorgang<br />

Relevant für Schaltregel<br />

ist Startzeitpunkt<br />

Relevant für Schaltregel<br />

ist Endzeitpunkt<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 194


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Erweiterte Petri-Netze<br />

– Individualisierung der Marken zur kompakteren Netz-Darstellung<br />

A<br />

B<br />

S 1<br />

S 3<br />

T 1<br />

T 3<br />

I II<br />

S 2 S 5 S 6<br />

S 4<br />

S 1<br />

T 1<br />

S 2<br />

A<br />

B<br />

A<br />

B<br />

A<br />

x<br />

x<br />

S 7<br />

x є {A,B}<br />

f(x): {A,B} → {I,II}<br />

mit f(A) = I+II<br />

f(B) = II<br />

I<br />

II<br />

f(x)<br />

T 2<br />

T 4<br />

T 2<br />

x<br />

f(x)<br />

Stellen-Transitionen-Netz<br />

Prädikat-Transitionen-Netz<br />

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2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Frage 1 zu Kapitel 2.5<br />

Welchen Aussagen stimmen Sie zu?<br />

f<br />

f<br />

f<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Der Anwendungsbereich diskreter Steuerungen sind Folge- und<br />

Stückgutprozesse.<br />

Man unterscheidet zwischen speicherprogrammierbaren<br />

Steuerungen und Ablaufsteuerungen.<br />

Ablaufsteuerungen werden auch als Freifolgesteuerungen bezeichnet.<br />

Verknüpfungssteuerungen haben Zustandsgrößen.<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 196


2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

AT II<br />

Frage 2 zu Kapitel 2.5<br />

Für eine Montagelinie mit 2 Robotern wurde eine Lösungskonzeption mit Hilfe<br />

des nachfolgend abgebildeten Petri-Netzes entworfen. Untersuchen Sie, ob<br />

eine Verklemmung auftreten kann.<br />

T1<br />

S1<br />

T2<br />

S2<br />

Antwort (Live-Mitschrieb)<br />

S3<br />

S4<br />

T3<br />

S5<br />

T4<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 197


AT II<br />

§ 2 <strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

2.2 Prozesssignal-Aufbereitung<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

2.7 Zusammenfassung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 198


SAP/R3<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

Ebenen der Prozessautomatisierung<br />

AT II<br />

Ziel: autarke Funktionen und<br />

Entscheidungen<br />

Prozessführungsebenen<br />

Unternehmensführung<br />

(corporate management)<br />

Betriebsführung<br />

(plant management<br />

Anlagenführung<br />

(process<br />

management)<br />

Maschinenführung<br />

(process control)<br />

Feld, Sensoren und<br />

Aktoren (field, sensors<br />

and actuators)<br />

Leitebenen Automatisierungsaufgaben<br />

Unternehmensleitebene<br />

Produktionsleitebene<br />

Prozessleitebene<br />

Feldebene<br />

langfristige Produktionsplanung,<br />

Kostenanalysen, Auftragsvergabe<br />

und -abwicklung, Statistiken<br />

Betriebsablaufplanung, Kapazitätsplanung,<br />

Terminüberwachung,<br />

Auswertung der Prozessergebnisse,<br />

Qualitätssicherung<br />

Prozessüberwachung,<br />

Fehlerdiagnose,<br />

Prozessoptimierung,<br />

An- und Abfahren,<br />

Störungsbehandlung,<br />

Prozesssicherung<br />

Steuern, Verriegeln, Regeln,<br />

Notbedienen, Grenzwertüberwachung,<br />

Schutz, Anzeigen,<br />

Registrieren<br />

Messen der analogen und binären<br />

Prozessgrößen, Stelleingriffe über<br />

Motoren, Ventile usw., Automatik/<br />

Hand-Umschaltung, Anzeigen vor Ort<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 199


2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Informationsorientierte Betrachtungsweise<br />

Ziel:<br />

Optimierung des technisch-organisatorisch-wirtschaftlichen<br />

Gesamtsystems<br />

Alle in Zusammenhang mit der Automatisierung stehenden Bereiche und<br />

Auswirkungen werden berücksichtigt .<br />

– Führung eines Datenmodells, das Informationen über alle Bereiche und<br />

deren Beziehungen enthält (Informationshaushalt)<br />

– Prozesskommunikation beinhaltet alle Einrichtungen, Verfahren und<br />

Hilfsmittel für den Informationsaustausch zwischen Menschen und<br />

technischen Prozess<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 200


Automatisierungssystem "im Großen"<br />

Automatisierungssystem "im Kleinen"<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Betrachung des Automatisierungssystems "im Großen”<br />

Logistik<br />

Instandhaltung<br />

Stellsignal<br />

Automatisierungs-<br />

Geräte<br />

Messsignale<br />

Technische<br />

Anlagen<br />

Informationen zur<br />

Prozessbeeinflussung<br />

<strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

Informationen über<br />

Prozessgrößen<br />

Technischer<br />

Prozess<br />

Mensch-<br />

Prozess-<br />

Kommunikation<br />

Einfluss, Zusammenhang<br />

Informationen bzw. Signale<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 201


2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Datenmodell zur Beschreibung der Informationen<br />

Logistikmodell<br />

Instandhaltungsmodell<br />

Automatisierungsgerätemodell<br />

Anlagenmodell<br />

<strong>Automatisierungsverfahren</strong>modell<br />

Prozessmodell<br />

Kommunikationsmodell<br />

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2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Anlagenführung<br />

– Aufgaben der Anlagenführung<br />

Anfahrvorgänge und Abfahrvorgänge<br />

Übergänge zwischen verschiedenen Betriebsarten<br />

Prozessüberwachung, Fehlerdiagnose, Prozesssicherung<br />

Erfolgt hauptsächlich durch Menschen (Operateure)<br />

– Zielsetzung: Unterstützung der Operateure<br />

Verbesserung der Mensch-Prozess-Kommunikation<br />

Bereitstellung von Beratungssystemen<br />

Video: Smartphone-basierte Diagnose<br />

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Prozessleitsystem<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Mensch-Prozess-Kommunikation mit Hilfe eines<br />

Prozessleitsystems<br />

Informations-Darbietung<br />

Informations-Aufbereitung und -Konzentration<br />

zur Beschreibung des Prozesszustandes<br />

Signal-Auswertung<br />

Sensoren Aktoren Sensoren Sensoren<br />

Material- und<br />

Energiefluss<br />

Bedienpersonal<br />

Informationsfluss<br />

Produkt<br />

Technischer Prozess<br />

Produkt<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 204


2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Beispiel: Leitwarte eines Kraftwerks mit Mensch-Prozess-<br />

Kommunikation mittels Großbildprojektion und Mausbedienung<br />

Übersichtsdarstellung<br />

des Kraftwerkprozesses<br />

Prozessübersicht mit<br />

Metaphern<br />

Diagnose und<br />

Alarmmeldungen<br />

Prozesszustandsdiagramme<br />

Videokonferenz<br />

Auswirkungen<br />

Videobild aus<br />

techn. Prozess<br />

Schematisches Fliessbild<br />

mit Wasser-Dampf-<br />

Kreislauf einschliesslich<br />

Kessel, Turbine und<br />

Speicherwassersystem<br />

Grafik oder<br />

Videobild<br />

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Technischer Prozess<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Einsatz eines Beratungssystems als Bestandteil eines<br />

Prozessleitsystems<br />

Prozessleitsystem<br />

Beratungssystem<br />

Bedienpersonal<br />

Mensch-<br />

Prozess-<br />

Kommunikation<br />

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2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Informationsgewinnung aus heterogenen Datenquellen<br />

Einzelschritte „Suche“<br />

?<br />

<br />

Anwender<br />

Experte<br />

<br />

<br />

Zwischenergebnis<br />

Suchanfrage<br />

<br />

1 Suchanfrage<br />

2 Identifikation erforderlicher<br />

Datenquellen<br />

3 Planung Suchschritte<br />

Zwischenergebnis<br />

Zwischenergebnis<br />

Zwischenergebnis<br />

4 Ausführung Suchschritte<br />

Gesuchte<br />

Information<br />

<br />

<br />

Suchergebnis<br />

Zwischenergebnis<br />

5 Aggregation<br />

Zwischenergebnisse<br />

6 Suchergebnis<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 207


2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Probleme bei der Informationsgewinnung<br />

Verarbeitung von Suchanfragen<br />

• Aufwändige manuelle Vorgehensweise<br />

• Identifikation relevanter Datenquellen<br />

• Umgang mit komplexen Suchanfragen<br />

• Spezifisches Anwenderwissen erforderlich<br />

Labordaten<br />

Semantik der Daten<br />

• Meist keine formale Beschreibung mit großem Aufwand durch<br />

anwenderspezifisches Erfahrungswissen interpretierbar<br />

• Gleiche Begriffe mit unterschiedlicher, kontextabhängiger Bedeutung<br />

• Gefahr von Fehlinterpretationen, Inkonsistenzen, Redundanzen<br />

• Gemeinsame Datenbasis und Softwarewerkzeuge, die darauf<br />

arbeiten, wegen Komplexität und Abhängigkeiten schwierig<br />

Einsatz von Ontologien<br />

Prozessdaten<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 208


2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Ontologie als semantische Technologie<br />

• Vokabular um Wissen zu repräsentieren und wiederverwendbar zu machen<br />

• Beschreibung eines abgrenzbaren<br />

Wissensbereichs (z.B. Produktion, Labor)<br />

• Repräsentation von Begriffen, Beziehungen<br />

und Sinnzusammenhängen zwischen Begriffen<br />

Beispiel:<br />

Ontologie „Logistik“<br />

Begriffe<br />

Ontologie „Produktion“<br />

Beziehungen<br />

Logistik:Produktionsauftrag<br />

Produziert Logistik:Charge<br />

Ist zugeordnet<br />

Beinhaltet<br />

Beinhaltet<br />

Logistik:Produktionsbetrieb<br />

Logistik:Chargenbezeichnung<br />

Logistik:Chargennummer<br />

Ontologie „Labor“<br />

Beinhaltet<br />

Logistik:Lagerort<br />

Produktion:Grundrezept<br />

Beinhaltet<br />

Logistik:Stückzahl<br />

Labor:Prüfung<br />

Produktion:Produktionsauftrag Ist Vorlage für<br />

Labor:Produktionsbetrieb<br />

Besteht aus<br />

Gehört zu<br />

Produktion:Steuerrezept<br />

Beinhaltet<br />

Beinhaltet<br />

Produktion:Status<br />

Produktion:Startzeit<br />

Produziert<br />

Labor:Charge<br />

Ist zugeordnet<br />

Labor:Probe<br />

Beinhaltet<br />

Beinhaltet<br />

hat<br />

Labor:Limit<br />

Labor:Maxwert<br />

Labor:Minwert<br />

Beinhaltet<br />

Beinhaltet<br />

Produktion:Endezeit<br />

Produktion:Charge<br />

„Logistik”<br />

Ist zugeordnet<br />

Labor:Probeergebnis<br />

Beinhaltet<br />

Ist zugeordnet<br />

Labor:Sollwert<br />

Labor:Produktionsauftrag<br />

„Produktion”<br />

Ontologie<br />

„Teeproduktion“<br />

„Labor“<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 209


2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Produktions- bzw. Betriebsführung<br />

– Produktionsarten<br />

Produktion aufgrund von Einzelaufträgen (Kundenorientierte Produktion)<br />

Produktion aufgrund einer Mengenplanung für Serien- oder Standardprodukte<br />

(absatzorientierte Produktion)<br />

– Aufgaben der Produktions- bzw. Betriebsführung<br />

Auftrags- und Produktionsplanung<br />

Produktionsdurchführung mit Hilfe der verfügbaren Ressourcen unter<br />

Beachtung wirtschaftlicher Randbedingungen<br />

Überwachung der Güte des Prozessergebnisses<br />

Produktionslogistik und Lagerhaltung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 210


Produktions- bzw. Betriebsleitebene<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Aufgaben der Produktions- bzw. Betriebsleitebene<br />

Unternehmensleitebene<br />

Kundenauftrag<br />

bzw. Vertriebsanforderung<br />

Rechnungswesen<br />

Bedarfsplanung,<br />

Materialdisposition<br />

Produktionsplanung<br />

Produktion<br />

abrechnen<br />

Bedarfsplanung,<br />

und Bestandsdisposition<br />

Produktionsaufträge<br />

freigeben<br />

Produktionsauftrag<br />

abschließen<br />

Lagerhaltung<br />

Produktionssteuerung<br />

und<br />

Qualitätskontrolle<br />

Aufgaben der Produktionslogistik<br />

Aufgaben der Produktionsführung<br />

Prozessleitebene<br />

Lagersteuerung<br />

Anlagenführung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 211


2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Asset-Management – Anlagegüterverwaltung<br />

– Nachverfolgung von Hardware und Software mit folgenden Fragestellungen<br />

Welche Anlagegüter sind vorhanden?<br />

Wo befinden sich die Anlagegüter?<br />

Was kosten die Anlagegüter?<br />

Wie lange bleiben die Anlagegüter in Benutzung?<br />

Asset (in der Automatisierungstechnik)<br />

Automatisierungssystem und alle Komponenten des Automatisierungssystems<br />

(Hardware und Software)<br />

– Bedeutung und Nutzen des Asset-Managements in der Automatisierungstechnik<br />

Identifizierung und Beurteilung aller Assets eines Automatisierungssystems<br />

Vorbeugung von Ausfällen durch Überwachung von Automatisierungssystemen<br />

Planbare Instandhaltung von Automatisierungssystemen<br />

Verwendung innovativer Instandhaltungsstrategien<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 212


2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Anlagennahes Asset-Management<br />

– Soll der Wert einer Anlage gesteigert oder erhalten werden, spricht man von<br />

anlagennahem Asset-Management<br />

– Instandhaltungskreislauf des anlagennahen Asset-Managements<br />

Instandhaltungs-<br />

Maßnahme<br />

Überwachung<br />

aller Assets<br />

Instandhaltungs-<br />

Anforderung<br />

Diagnose<br />

– Primäre Ziele des anlagennahen Asset-Managements<br />

höhere Verfügbarkeit<br />

geringere Standzeiten<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 213


2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

AT II<br />

Frage zu Kapitel 2.6<br />

Welche der folgenden Aussagen treffen auf die<br />

„Mensch-Prozess-Kommunikation“ zu?<br />

f<br />

<br />

<br />

<br />

Sie beschreibt das Zusammenwirken von Menschen (z. B. Operateure)<br />

mit einem technischen Prozess.<br />

Sie hat das Ziel der erfolgreichen Prozessüberwachung und<br />

Prozessführung.<br />

Sie überwacht, dass möglichst viel Wissen vom Menschen an den<br />

Prozess abgegeben wird.<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 214


AT II<br />

§ 2 <strong>Automatisierungsverfahren</strong><br />

2.1 Automatisierungsaufgaben und deren Lösung<br />

2.2 Prozesssignal-Erfassung und -Aufbereitung<br />

2.3 Prozessüberwachung<br />

2.4 Prozessführung von Fließprozessen<br />

2.5 Prozessführung von Folge- und Stückprozessen<br />

2.6 Anlagen- und Produktionsführung<br />

2.7 Zusammenfassung<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 215


2.7 Zusammenfassung<br />

AT II<br />

Zusammenfassung Kapitel 2 (1)<br />

– Grundaufgaben der Prozessautomatisierung sind die Prozessführung und<br />

die Prozessüberwachung.<br />

– Automatisierungsaufgaben werden mit Hilfe von Prozessmodellen gelöst.<br />

– Ziel der Prozess-Signalerfassung ist die zeitgerechte Bereitstellung<br />

rechnerverarbeitbarer Prozessgrößen.<br />

– Aufgabe der Prozessüberwachung ist die Fehlerermittlung, Aufgabe der<br />

Diagnose die Fehlerlokalisation.<br />

– Grundverfahren der Prozessüberwachung sind die signalorientierte und die<br />

informationsorientierte Überwachung.<br />

– Bei der informationsorientierten Überwachung wird das Zusammenwirken<br />

mehrerer Prozesssignale mit Hilfe von Prozessmodellen betrachtet und<br />

ausgewertet.<br />

– Grundverfahren zur Führung von Fließprozessen sind Steuerung (offene<br />

Wirkungskette) und Regelung (geschlossene Wirkungskette).<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 216


2.7 Zusammenfassung<br />

AT II<br />

Zusammenfassung Kapitel 2 (2)<br />

– Fließprozesse werden mit Differential- oder Differenzengleichungen beschrieben.<br />

Diese lassen sich graphisch durch Signalflusspläne darstellen.<br />

– Eine gängige Reglerstruktur sind kaskadierende PID-Regler.<br />

– Diskrete Steuerungen dienen zur Führung von Folge- und<br />

Stückprozessen. Man unterscheidet Verknüpfungs- und<br />

Ablaufsteuerungen.<br />

– Verknüpfungssteuerungen werden mit Booleschen Funktionen realisiert,<br />

Ablaufsteuerungen durch endliche Automaten oder Petri-Netzen<br />

beschrieben.<br />

– Petri-Netze eignen sich speziell zur Darstellung paralleler Abläufe und<br />

erlauben deren Analyse z.B. auf Verklemmungen.<br />

– Zentrales Element der graphentheoretischen Analyse von Petri-Netzen ist<br />

der Markierungsgraph, der algebraischen Analyse die Inzidenzmatrix.<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 217


2.7 Zusammenfassung<br />

AT II<br />

Zusammenfassung Kapitel 2 (3)<br />

– Bei der Anlagen- und Produktionsführung steht die Prozessleitung und<br />

damit die Mensch-Prozess-Kommunikation im Mittelpunkt.<br />

– Zur Unterstützung des Bedienpersonals bei der operativen Prozessführung<br />

können Beratungssysteme eingesetzt werden.<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 218


2.7 Zusammenfassung<br />

AT II<br />

Vorbereitungsfrage zu Kapitel 2<br />

<strong>Automatisierungsverfahren</strong> (WS 06/07)<br />

a) Nennen und erläutern Sie die Grundaufgaben der Prozessautomatisierung.<br />

b) Welches Verfahren bietet sich an, um eine nachträgliche Störungsaufklärung zu<br />

ermöglichen? Erläutern Sie dieses Verfahren anhand eines Beispiels.<br />

c) Für die Prozessführung wird eine Schaltung gemäß der Abbildung eingesetzt. Die<br />

Realisierung erfolgt mit integrierten Schaltkreisen (Logikbausteinen). Ordnen Sie die<br />

beschriebene Schaltung bezüglich Verfahren und Realisierungsform ein.<br />

© 2013 IAS, <strong>Universität</strong> <strong>Stuttgart</strong> 219

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