Ausgabe 02 - 2013 - Fluglehrzentrum F-4F
Ausgabe 02 - 2013 - Fluglehrzentrum F-4F
Ausgabe 02 - 2013 - Fluglehrzentrum F-4F
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2<br />
Foto: Rapreger
Grußwort des Vorsitzenden<br />
Liebe Kameraden, verehrte Leser,<br />
mit einem „Phantom Pharewell“ ging am 29. Juni in Wittmund die Ära der F-<strong>4F</strong><br />
„Phantom“ in der Luftwaffe zu Ende. 130.000 Besucher des „Tag der offenen Tür“<br />
nahmen Abschied von einem sicheren, zuverlässigen und vielseitig einsetzbaren<br />
Waffensystem. Vier Jahrzehnte war Verlass auf die despektierlich „Rhino“ oder<br />
„Big Ugly“ genannte F-<strong>4F</strong> „Phantom“. Die Jagdgeschwader 71 „R“, 72 „W“, 73<br />
„Steinhoff“ und 74 „M“ haben mit ihrem Einsatz zum Erhalt des Friedens beigetragen,<br />
bis 1990 durch glaubhafte Abschreckung und in den folgenden Jahren<br />
durch Sicherung der Souveränität des deutschen Luftraums und wiederkehrend<br />
der baltischen NATO-Partner.<br />
Das ca. 50 Demonstranten der Partei „Die Linke“ vor dem Haupttor gegen die<br />
Bundeswehr und das „Kriegsgerät“ „Phantom“ demonstrierten, was ihr gutes<br />
Recht in unserer Demokratie ist, war zu erwarten und überraschte mich nicht.<br />
Überrascht haben mich die Platzierung und der Stellenwert dem diese Randerscheinung<br />
im Fernsehbericht des NDR eingeräumt wurde. Für eine Randbemerkung<br />
über den Einsatz des Geschwaders für Frieden, Freiheit und Demokratie<br />
war in der Berichterstattung dieses öffentlich-rechtlichen Senders kein Platz. Auch<br />
das verwundert nicht. Nun ja, es wird wieder ein Hochwasser geben und damit<br />
Anerkennung und Schulterklopfen. Anerkennung, nach der die Soldaten, die im<br />
schlimmsten Fall ihr Leben für unsere Nation geben, „gieren und süchtig sind“.<br />
Im letzten Ems-Köppken habe ich Stellung genommen zu der Frage „Wie geht<br />
es weiter“ mit dem Starfighter, dem Gedenkstein und den Traditionsräumen.<br />
Die Stadt Rheine hat der Aufstellung des Gedenksteins am Ehrenmal Hünenborg<br />
zugestimmt. Damit findet das Patengeschenk des Kreises Steinfurt einen würdigen<br />
Platz und verbleibt in der Garnisonsstadt Rheine. In absehbarer Zeit ist eine<br />
Entscheidung der Stadt Rheine über die Bereitstellung von öffentlichen Räumen<br />
für die Traditionsverbände nicht zu erwarten. Mit meiner in der letzten <strong>Ausgabe</strong><br />
geäußerten Zuversicht habe ich auf das falsche Pferd gesetzt. Inzwischen habe<br />
ich bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) schriftlich angefragt,<br />
ob die Räume unserer Traditionsausstellung oder andere in den freien oder frei<br />
werdenden Liegenschaften langfristig zu mieten sind. Die Traditionsgemeinschaft<br />
3
JaboG43 ist diesen Weg gegangen und hat zu einem vertretbaren Mietpreis das<br />
Simulatorgebäude auf dem Flugplatz Oldenburg von der BIMA gemietet.<br />
In dieser <strong>Ausgabe</strong> erscheint erstmals die Kolumne „Bundeswehr und dann?“. Kameraden<br />
berichten über ihre Zeit nach der Bundeswehr; alle Laufbahnen, Wehrpflichtige,<br />
Soldaten auf Zeit, BO 41 und Berufssoldaten sind angesprochen. „Einem<br />
geschenkten Gaul“ ist der erste Beitrag aus den Reihen der Mitglieder, die<br />
Redaktion bedankt sich beim Verfasser und bittet um weitere Beiträge. Ihre Beiträge<br />
tragen im erheblichen Maß dazu bei, dass das Ems-Köppken unterhaltsam,<br />
abwechslungsreich und informativ ist und bleibt.<br />
Gemäß unserer Satzung fand am 15. Juni die ordentliche Mitgliederversammlung<br />
statt. Die vorgegebenen Tagesordnungspunkte wurden zügig abgearbeitet, so<br />
war ausreichend Zeit, die Themen Art und Anzahl der Veranstaltungen und die<br />
Teilnehmerzahlen an diesen, ausgiebig zu erörtern. Fakt ist, es ist, bis auf wenige<br />
Ausnahmen, immer derselbe Personenkreis, der an unseren Veranstaltungen teilnimmt.<br />
Fakt ist auch, dass die angebotenen Veranstaltungen der letzten Jahre bei<br />
den Teilnehmern durchweg positiv beurteilt wurden. Woran liegt es also, dass<br />
nur 45 Gäste, das bedeutet 24 Mitglieder oder 12% aller Mitglieder, Interesse am<br />
„Brasilianischen Abend“ hatten. Übrigens, eine Abendveranstaltung, von der die<br />
Gäste begeistert waren und die sicherlich lange als besonders gelungene Abendveranstaltung<br />
in Erinnerung bleiben wird.<br />
Liebe Kameraden, Traditionspflege erschöpft sich nicht in der Einrichtung eines<br />
Traditionsraums, Traditionspflege ist unter anderem auch die Pflege der Kameradschaft,<br />
ungeachtet des Dienstgrads und der militärischen Laufbahn. Hierzu<br />
bedarf es jedoch Ihrer Teilnahme an den Veranstaltungen unserer Gemeinschaft!<br />
Zum Schluss eine Anmerkung in eigener Sache. Das eingefügte Foto von mir im<br />
letzten Ems-Köppken wurde weder von mir zur Verfügung gestellt, noch wurde<br />
es von mir autorisiert.<br />
Mit kameradschaftlichem Gruß<br />
4
Inhaltsverzeichnis<br />
Grußwort des Vorsitzenden Seite 3<br />
Jahrestreffen <strong>2013</strong> Seite 7<br />
Nachruf OTL Kraatz Seite 10<br />
Das Portrait: Hptm a.D Karl („Kalle“) Frese Seite 11<br />
Besuch des Luftwaffenmuseums Seite 17<br />
Bundeswehr und dann .....<br />
Oberstleutnant a.D Heinz Roschmann Seite 20<br />
Und dann war da noch was ... Seite 27<br />
Tagestour zum Dümmer See Seite 28<br />
Einem geschenkten Gaul .....<br />
von Karl Heinz Günther, Wörthsee Seite 33<br />
Phantom - Pharewell / Wittmund Seite 36<br />
5
Jahrestreffen <strong>2013</strong><br />
Vorstandswahlen während der Mitgliederversammlung<br />
und ein Abend<br />
mit brasilianischer Musik und Köstlichkeiten<br />
aus südamerikanischen Gefilden,<br />
so könnte man schlagwortartig<br />
das diesjährige Jahrestreffen benennen.<br />
Unser Treffen begann traditionell mit<br />
Erbsensuppe aus der Gulaschkanone<br />
in der Offizierheimgesellschaft in der<br />
Theodor-Blank-Kaserne.<br />
Am Gedenkstein „Den Toten zum Gedenken“<br />
gedachte die Versammlung<br />
der Opfer der Kriege, Bürgerkriege<br />
7<br />
und des Terrorismus unserer Tage.<br />
Der Vorsitzende Oberstleutnant a.D.<br />
Hermann H. Schorling wörtlich: „Wir<br />
gedenken unserer Soldaten, die im Einsatz<br />
für Freiheit und Frieden ihr Leben<br />
verloren.<br />
Ihren Familien gilt unser tief empfundenes<br />
Mitgefühl.<br />
Lassen sie uns deshalb heute vor allem<br />
nicht vergessen, dass zur selben Zeit,<br />
zu der wir hier angetreten sind, deutsche<br />
Soldatinnen und Soldaten sich in<br />
einem Krieg in Afghanistan befinden<br />
und an vielen anderen Orten der Welt<br />
im Einsatz für Frieden und Freiheit<br />
sind.<br />
Wir gedenken der in diesem Jahr von<br />
und gegangenen Kameraden:<br />
Hptm a.D. Wolfgang Mesek<br />
+21.08.2012<br />
OStFw a.D. Wolfgang Pauliks<br />
+18.01.<strong>2013</strong><br />
OTL a.D. Hans-Otto Kraatz<br />
+18.03.<strong>2013</strong>
Zur Erinnerung und zur Ehre der Verstobenen<br />
legte der Vorsitzende ein Gesteck<br />
nieder.<br />
Die nachfolgende Mitgliederversammlung<br />
verlief sehr harmonisch.<br />
Traditionsbeauftragter: StFw a.D.<br />
Peter Krenz<br />
Schriftführer: Hptm a.D. Manfred<br />
Wagner<br />
Beisitzer: OTL a.D. Gernot Sorge<br />
Beisitzer: OTL a.D. Manfred Hupp<br />
Kassenprüfer:<br />
Hptm a.D. Lothar Kömmling<br />
StFw a.D. Fritz Räder<br />
Der Vorsitzende ließ das zurückliegende<br />
Jahr nochmals Revue passieren. Das<br />
Protokoll der letzten Versammlung<br />
wurde verlesen und genehmigt. Die<br />
Kassenprüfer testierten dem Schatzmeister<br />
eine einwandfreie Führung der<br />
Vereinskasse und schlugen der Versammlung<br />
die Entlastung des Vorstandes<br />
vor.<br />
Es folgte die Ergänzungswahl des Vorstandes.<br />
Zur Wahl standen die beiden<br />
Stellvertreter des Vorsitzenden und<br />
der Schatzmeister. Stabsfeldwebel a.D.<br />
Wilfried Helmich, Oberstabsfeldwebel<br />
a.D. Heiner Trübert und Hauptmann<br />
a.D. Wolfgang Gräfer wurden in ihren<br />
Ämtern bestätigt.<br />
Der alte sowie neue Vorstand setzt sich<br />
nun so zusammen:<br />
Vorsitzender: OTL a.D. Hermann H.<br />
Schorling<br />
erster Stellvertreter: StFw a.D.<br />
Wilfried Helmich<br />
zweiter Stellvertreter: OStFw a.D.<br />
Heiner Trübert<br />
Schatzmeister: Hptm a.D. Wolfgang<br />
Gräfer<br />
Der gesellige Abend im Mühlenhof<br />
stand dann ganz im Zeichen Brasiliens<br />
Jonny Latino unterhielt die Gäste mit<br />
bekannten und unbekannten Songs aus<br />
Südamerika. Dann kam er, der Auftritt<br />
von „Rumba Latina“. Zwei brasilianische<br />
Tänzerinnen mit ihren farbenfrohen<br />
Kostümen und ihren typischen<br />
Tänzen waren dann echte Hinkgucker,<br />
die zu begeistern wussten.<br />
8
vom Mühlenhof war hier ganz in seinem<br />
Element. Köstlichkeiten aus Südamerika<br />
standen in allen Varianten auf<br />
den Tischen. Hier konnte jeder nach<br />
seinem Geschmack schlemmen. Dafür<br />
gab es viel Beifall und Lob.<br />
Es dauerte nicht lange, dann versuchten<br />
sich auch die ersten Festteilnehmer an<br />
südamerikanischen Rhythmen. Kleine<br />
Unterschiede sah man aber dann doch.<br />
Mit entsprechenden Getränken und<br />
guten Gesprächen verlief der Abend<br />
wie im Fluge. Ein gelungener Tag ging<br />
erst spät in der Nacht zu Ende.<br />
Manfred Wagner<br />
Und dann das Buffet: Sebastian Busch<br />
9
N a c h r u f<br />
Wir nehmen Abschied von<br />
unserem Kameraden<br />
Oberstleutnant a.D<br />
Hans-Otto Kraatz<br />
* 05. Oktober 1956 + 18. März <strong>2013</strong><br />
Hans-Otto Kraatz war in den 1990‘er Jahren zunächst<br />
Einsatzstabsoffizier und später Kommandeur der Fliegenden<br />
Gruppe / Jagdgeschwader 72 „Westfalen“.<br />
Bei Gründung der Traditionsgemeinschaft Westfalengeschwader<br />
e.V. im Jahre 2005 war er einer der Ersten, der<br />
unserer Gemeinschaft beigetreten ist.<br />
Unsere Anteilnahme gilt seiner Familie<br />
Wir werden Oberstleutnant a.D Hans-Otto Kraatz<br />
in Ehren gedenken<br />
Traditionsgemeinschaft<br />
Westfalengeschwader e.V.<br />
10
Das Portrait<br />
In unserer Reihe „Das Portrait“ wollen wir in dieser <strong>Ausgabe</strong> ein Mitglied der<br />
„jungen“ Fliegergeneration vorstellen. Junge Generation sind für uns die, die<br />
nicht kriegsgedient, sondern als Soldaten der jungen Bundeswehr in die Luftwaffe<br />
eintraten und in ihr dienten. Würde der Name Karl Freese fallen, wüsste kaum<br />
jemand, von wem hier die Rede sein wird. Bei Kalle Freese ist die Reaktion eine<br />
andere. Denn Kalle Freese gehörte zum Westfalengeschwader wie die Flugzeuge,<br />
die im Verband geflogen wurden. Er war damals als Aktiver eine Institution und<br />
ist es im Ruhestand noch heute.<br />
Hauptmann a.D Karl („Kalle“) Freese<br />
Kalle Fresse wurde am 18. August 1934<br />
in Lüneburg geboren. Ohne darauf<br />
angesprochen zu werden, gerät er ins<br />
Schwärmen, wenn von seiner Geburtsstadt<br />
die Rede ist. „Lüneburg ist meine<br />
Heimat, ihr fühle ich mich verbunden.“<br />
Im gleichen Atemzug nennt er dann<br />
Rheine seine Wahlheimat, in der er sich<br />
wohl und geborgen fühlt. Noch heute<br />
trifft er sich mit seiner alten Jugendgruppe<br />
„Die Igels Volksschule Lüneburg.“<br />
Außerdem lebt noch ein Teil<br />
seiner Verwandtschaft in der schönen<br />
alten Hansestadt.<br />
In Lüneburg besuchte er die Volksschule,<br />
in die er 1941 eingeschult wurde.<br />
Er wechselte nach vier Jahren auf<br />
die Realschule, die er 1952 mit mittlerem<br />
Bildungsabschluss verließ.<br />
Es folgte eine 3-jährige Lehre als Industriekaufmann<br />
in der Automobilbranche,<br />
die er 1955 abschloss. Als kaufmännischer<br />
Angestellter wirkte er in<br />
der Lehrfirma weiter.<br />
Schon in ganz jungen Jahren erwuchs in<br />
Kalle Freese der Wunsch zum Fliegen.<br />
Pilot wollte er werden, das stand für<br />
ihn fest. Unweit von seinem Elternhaus<br />
entfernt war ein Feldflugplatz. Hier<br />
war ein Teil des ehemaligen Kampfgeschwaders<br />
26 „Löwen-Geschwader“<br />
beheimatet. Für Kalle und seine Schulfreunde<br />
war es kein Problem, Kontakte<br />
zu den Fliegern zu bekommen.<br />
Die Flugzeuge vom Typ Ju 88; Ju 188;<br />
Me 109; Me 110 standen disloziert im<br />
Wald. Es ergab sich schon mal die Gelegenheit<br />
in den Flugzeugen zu sitzen;<br />
auch ergab sich schon mal die Chance<br />
ein paar Meter in einer rollenden oder<br />
geschleppten Maschine zu sitzen. Welches<br />
Jungenherz hätte da nicht höher<br />
geschlagen. „Ich gehe zur Luftwaffe<br />
und werde Pilot“, das stand für Kalle<br />
fest.<br />
Gleich mit Aufstellung der Luftwaf-<br />
11
fe bewirbt sich Kalle Freese für den<br />
fliegerischen Dienst; und nur für den<br />
fliegerischen Dienst, eine andere Tätigkeit<br />
kommt für ihn nicht infrage.<br />
Er stellt sich dem Auswahlverfahren<br />
in Hannover und besteht mit drei von<br />
achtzig Kandidaten die Prüfung. Eine<br />
erste Hürde auf dem Weg zum Berufswunsch<br />
ist genommen. Die Einberufung<br />
erfolgt zum 1. Mai 1959 nach<br />
Uetersen. Wie viele seiner Fliegerkameraden<br />
durchläuft er die Grundausbildung<br />
und vorfliegerische Ausbildung.<br />
Er hat es geschafft; er sitzt im Cockpit<br />
eines Flugzeuges, einer Piper L 18. Der<br />
Traum vom Fliegen ist wahr geworden.<br />
Achtzehn Stunden verbringt er auf diesem<br />
Flugzeug, dann geht es in die USA.<br />
Er wird er für eine lange Zeit der in<br />
Amerika bleiben, um dort zum Strahlflugzeugführer<br />
ausgebildet zu werden.<br />
In Webb AFB erfolgte die Schulung auf<br />
T-37 und T-33. In Luke AFB in Arizona<br />
wurde dann auf der F-84 die Ausbildung<br />
fortgesetzt. Auf dem Flugzeugtyp,<br />
das auch in Deutschland auf die<br />
jungen Flugzeugführer wartete. Als<br />
ausgebildeter Strahlflugzeugführer<br />
sollte er nun nach Hopsten in Deutschland<br />
versetzt werden. „Gehen sie da<br />
mal hin, dort werden sie gebraucht.“<br />
Gut und schön; aber wo lag Hopsten?<br />
Das konnte ihm so richtig niemand<br />
erklären. Das Jagdbombergeschwader<br />
36 war gerade erst aufgestellt worden<br />
und in Amerika (noch) kein Begriff.<br />
„Hopsten liegt zwischen Münster und<br />
Osnabrück“ wusste ein Kamerad den<br />
zukünftigen Heimatflughafen des jungen<br />
Piloten näher zu bezeichnen. Noch<br />
heute erklärt Kalle Freese jedem, der es<br />
wissen möchte, Hopsten liegt zwischen<br />
Münster und Osnabrück. Dabei ist es<br />
geblieben; ist ja auch nicht falsch.<br />
Vieles weiß unser Gesprächspartner<br />
aus seiner Anfangszeit im Geschwader<br />
zu erzählen. Unzählige Erlebnisse sind<br />
in seinem Kopf gespeichert. Doch dauert<br />
es nicht lange, dann kommt er auf<br />
die Kuba Krise zu sprechen. Sie war im<br />
September / Oktober 1962 eine Konfrontation<br />
zwischen den Vereinigten<br />
Staaten von Amerika und der Sowjetunion,<br />
die sich aus der Stationierung<br />
sowjetischer Mittelstreckenraketen<br />
auf Kuba entwickelte. Die eigentliche<br />
Krise dauerte dreizehn Tage. Der Kalte<br />
Krieg erreichte eine neue Qualität.<br />
Erstmals wurden die ungeheuren Gefahren<br />
eines möglichen Atomkriegs einer<br />
breiten Öffentlichkeit bewusst. „Im<br />
Geschwader wurde mehr gemunkelt,<br />
als das informiert wurde“, erinnert<br />
sich der ehemalige Einsatzpilot. „Von<br />
Kasernierung wurde hinter verschlossener<br />
Hand gesprochen. Doch es ging<br />
damals alles gut aus.“<br />
Nach dreihundertachtundsechzig<br />
Flugstunden auf der F-84 ging dieser<br />
Abschnitt einer Fliegerlaufbahn 1965<br />
zu Ende. Das Jagdbombergeschwader<br />
36 wurde umgerüstet.<br />
F-104 „Starfighter“ war das neue Flug-<br />
12
zeug für den Verband. Das bedeutete<br />
Umschulungen sowohl für die Piloten,<br />
als auch für die Techniker. Die Flieger<br />
gingen in die USA und wurden in Luke<br />
AFB trainiert. Dieser Starfighter war<br />
natürlich eine großartige Herausforderung<br />
für die jungen Flugzeugführer.<br />
Wie alle ehemaligen F-104 Piloten lässt<br />
Kalle Freese nichts auf dieses Flugzeug<br />
kommen. Mit Begeisterung erzählt er<br />
aus dieser Zeit. Eintausendvierhundertneunzig<br />
Stunden hat er am Steuerknüppel<br />
im Cockpit dieses legendären<br />
Flugzeuges gesessen. Ein wenig ärgert<br />
er sich darüber, dass es nicht eintausendfünfhundert<br />
Stunden geworden<br />
sind. Er möchte keine Stunde missen.<br />
Trotz der vielen Flugunfälle, die es mit<br />
dem Starfighter F-104 gegeben hat, verspürte<br />
er nie Angst. „Hätte ich Angst<br />
gehabt, so hätte ich nie in ein Flugzeug<br />
steigen dürfen. Wir steigen doch auch<br />
ohne Angst jeden Tag in unser Auto.“<br />
Mit gleichen Worten wird der ehemalige<br />
Strahlflugzeugführer auch in einem<br />
Beitrag der Münsterländischen<br />
Volkszeitung (MV) vom 2. Januar 2007<br />
zitiert. Das RHEINER VOLKSBLATT<br />
führte mit dem erfahrenen Flieger und<br />
langjährigem Angehörigen des Westfalengeschwaders<br />
ein Interwiev.<br />
Viele Auslandskommandos hat es<br />
während seiner Dienstzeit gegeben.<br />
Staffelaustausche mit anderen Nationen<br />
gehörten sicherlich zu den besonderen<br />
Höhepunkten oder „Highlights“,<br />
wie es heute heißt. Wie so viele alte<br />
Geschwaderangehörige, ob nun Fliegende<br />
Besatzungen, technisches oder<br />
sonstiges Personal, kann er die Kommandos<br />
in „Deci“ auf der Sonneninsel<br />
Sardinien nicht zählen. Das Zusammensein<br />
mit den Kommandoteilnehmern<br />
aus dem Geschwader kam ihm<br />
hier besonders entgegen. Kalle Freese:<br />
„Hier kam es zu Kontakten, die es im<br />
normalen Geschwaderalltag so nicht<br />
gab. Das hat mir gefallen.“ Wenn dann<br />
die Rede von den hochsommerlichen<br />
Temperaturen ist, stellt er die Strapazen<br />
der Kameraden aus der Technik<br />
in den Vordergrund. Er schätzte ihre<br />
Belastungen höher ein als die eigenen.<br />
Auch diese Haltung spricht für seine<br />
Bescheidenheit. Nie stellt er sich selbst<br />
in den Mittelpunkt.<br />
Der Kalte Krieg ging auch am Westfalengeschwader<br />
nicht vorbei. Was viele<br />
Bürger in Rheine und aus der Umgebung<br />
nicht wussten, ganz in der Nähe<br />
der Basis lagen im Munitionslager in<br />
Uthuisen Atombomben. Das Jagdbombergeschwader<br />
36 war fünf Jahre ein<br />
Strike-Verband. Die NATO-Doktrin<br />
„Flexible Response“ sah im Verteidigungsfall<br />
den Einsatz von taktischen<br />
Nuklearwaffen vor. Diese Sonderwaffen<br />
standen unter strenger Kontrolle<br />
der US-Amerikaner. Rund einhundert<br />
amerikanische Soldaten waren auf dem<br />
Fliegerhorst Hopsten – Dreierwalde<br />
stationiert und wohnten mit ihren Familien<br />
in Dreierwalde in einer eigens<br />
für sie gebauten Siedlung.<br />
Auch zu diesem Thema nahm Kalle<br />
13
Freese Stellung in dem o.a. Interview<br />
mit der MV am 3. Januar 2007. Unter<br />
dem Titel „Abschreckung hat funktioniert“<br />
führte Freese unter anderem aus:<br />
„Wir hatten damals eine Alarmrotte<br />
mit zwei Maschinen, die im Ernstfall<br />
mit Atombomben gestartet wären.<br />
Für die Alarmrotte war auf dem Flugplatz<br />
ein sogenannter Quick Reaktion<br />
Alert (QRA) – Bereich geschaffen. Die<br />
Sicherheitsvorkehrungen waren sehr<br />
streng. Ein Strich auf dem Boden habe<br />
die Grenze zu dem sensiblen Bereich<br />
markiert. Wir gingen immer zu dritt<br />
hinein: ein Amerikaner, ein Pilot und<br />
ein Wart. Die Ziele waren vorwiegend<br />
Flugplätze der Russen auf dem Territorium<br />
der DDR gewesen. Ihm und<br />
seinen Kameraden sei aber auch umgekehrt<br />
bewusst gewesen, dass wir Ziel<br />
eines Angriffs aus dem Warschauer<br />
Pakt gewesen wären. Im Rückblick sei<br />
die NATO-Strategie ein Erfolg gewesen.<br />
Es ist irgendwie seltsam, aber die<br />
Abschreckung hat funktioniert.“<br />
Natürlich war des Leben eines Luftwaffenfliegers<br />
mit und auf der F-104<br />
„Starfighter das große Erleben. Kalle<br />
Freese hatte aber auch keine Probleme<br />
damit, dass das Jagdbombergeschwader<br />
36 1975 erneut umgerüstet wurde<br />
Die F-<strong>4F</strong> wurde das neue Flugzeug des<br />
Verbandes. Es war eine Umstellung für<br />
die F-104 Piloten, dass sie nun einen<br />
zweiten Mann, den Waffensystemoffizier<br />
mit im Cockpit hatten. Aber das<br />
neue Waffensystem war so komplex,<br />
dass es von einem Besatzungsmitglied<br />
nicht mehr allein geflogen werden<br />
konnte. Auch auf diesem Flugzeugtyp<br />
brachte es Kalle noch auf dreihundertzweiundneunzig<br />
Flugstunden.<br />
Nicht unerwähnt darf bleiben, dass er<br />
auch die Lizenzen für die Do 28 besaß.<br />
Als er 1982 aus Altersgründen<br />
ein Strahlflugzeug nicht mehr fliegen<br />
durfte, wurde diese Do 28 nun sein<br />
„Arbeitsgerät“. Vier Do 28 dienten<br />
dem Geschwader als Transport- und<br />
Verbindungsflugzeug. Die Flugzeuge<br />
wurden zum Transport von wichtigem<br />
Material, Ersatzteilen und dringend benötigten<br />
Nachschubgütern sowie zum<br />
Personaltransport eingesetzt. Zweiausenddreihundertfünfundzwanzig<br />
Stunden flog der ehemalige Jet-Pilot<br />
auf dieser Do 28, liebevoll „Bauernadler“<br />
genannt.<br />
Am 30. September 1988 endete die<br />
Dienstzeit dieses begeisterten Fliegers,<br />
der nie etwas anders werden wollte.<br />
Zählt er alle seine Flugstunden auf den<br />
Flugzeugtypen Piper l18; Do 27; Piaggio;<br />
T-33; T-37; F-84; F-104 und F-<strong>4F</strong><br />
zusammen, kommt er auf fünftausendachtzehn<br />
Stunden. Darauf ist er mit<br />
Recht stolz.<br />
Zwei Zwischenfälle hat es gegeben, die<br />
er nie vergessen wird. Bei einem Start<br />
mit der F-104 am 24. April 1973 explodierte<br />
kurz vor dem Abheben der linke<br />
Reifen am Hauptfahrwerk. Reifenteile<br />
flogen am Cockpit vorbei. Die Maschine<br />
schlug hart auf den Beton, die Tanks<br />
wurden aufgerissen und standen sofort<br />
in Flammen. Schnell wurde der Pilot<br />
14
geborgen und mit dem Rettungshubschrauber<br />
nach Osnabrück ins Bundeswehrkrankenhaus<br />
gebracht. Dor wurde<br />
bei der Untersuchung ein Staubruch<br />
des LWK I festgestellt. Es folgte ein<br />
dreimonatiger Krankenhausaufenthalt.<br />
Der Patient durfte das Bett nicht verlassen.<br />
Weitere neun Monate folgten als<br />
Rekonvaleszenzzeit. Alles wurde wieder<br />
gut. Kalle durfte und konnte wieder<br />
fliegen.<br />
Ein weiterer Zwischenfall ereignete<br />
sich bei einem Flug mit der F-<strong>4F</strong>. Über<br />
den Wolken kollidierte das Flugzeug<br />
mit einem Wildgänseschwarm. Kein<br />
Vogel kam in den Triebwerksschacht,<br />
der Schwarm stieß mit ungeheurer<br />
Wucht gegen die Flugzeugzelle. Eine<br />
Sofortige Landung auf dem Fliegerhorst<br />
in Gütersloh war erforderlich.<br />
Die Besatzung kam nicht zu Schaden.<br />
Kalle Freese blickt zufrieden auf seine<br />
Dienstzeit zurück. Ich bin gesund geblieben,<br />
von größeren Schicksalsschlägen<br />
blieb er verschont.<br />
Er durchlief die Unteroffizierslaufbahn<br />
bis zum Oberstabsfeldwebel, absolvierte<br />
den Offizierslehrgang und kam als<br />
Oberleutnant ins Geschwader zurück.<br />
Die Beförderung zum Hauptmann ließ<br />
dann nicht lange auf sich warten.<br />
Er gehörte zu den ersten Soldaten im<br />
Verband die mit dem Ehrenkreuz der<br />
Bundeswehr in Gold ausgezeichnet<br />
wurden. Die Versetzungen in einen<br />
anderen Verband oder in eine Kommandobehörde<br />
haben nie zur Debatte<br />
gestanden.<br />
1960 läuteten die Hochzeitsglocken im<br />
Hause Freese; er heiratete sein Inge.<br />
Er befand sich in der letzten Phase der<br />
Ausbildung in den USA. Eine gute<br />
Gelegenheit, seiner jungen Frau einen<br />
Aufenthalt in den Vereinigten Staaten<br />
15<br />
zu ermöglichen.<br />
Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor:<br />
zwei Töchter und ein Sohn. Sieben<br />
Enkelkinder zwischen dreizehn und<br />
sechsundzwanzig Jahre alt sind die<br />
Freude der stolzen Großeltern.<br />
1978 erbaute die Familie ein schönes<br />
Haus mit großem Garten direkt an der<br />
Ems gelegen. Dass der Architekt in<br />
der Planung sofort eine „Fliegerbar“<br />
vorsah, versteht sich von selbst. Diese<br />
„Fliegerbar“ lässt wohl jedes Pilotenherz<br />
höher schlagen. Was Kalle hier<br />
angesammelt hat, ist museumsreif. Die<br />
Wände verziert mit Fotos aus über dreißig<br />
Jahren Dienstzeit in der Luftwaffe.<br />
Pokale, Urkunden, Auszeichnungen<br />
und Wappen ohne Ende. Dieser Ort<br />
zeugt von der Begeisterung des Fliegers<br />
Kalle Freese. Dass hier schon so<br />
manches Gläschen mit Kameraden getrunken<br />
wurde, kann man sich vorstellen.<br />
Hier wurde sicherlich auch gefachsimpelt,<br />
ob auch hier und da mal etwas<br />
„Fliegerlatein“ dabei war, verraten die<br />
Wände nicht.<br />
Für den begeisterten Flieger blieb aber<br />
die Uhr nach seiner Pensionierung nicht<br />
stehen. Dafür ist er viel zu agil. Er ist<br />
Mitglied der legendären „Cactus Starfighter<br />
Staffel“, der GEMEINSCHAFT<br />
DER FLIEGER DEUTSCHER STREIT-<br />
KRÄFTE und selbstverständlich von<br />
Anbeginn Mitglied der Traditionsgemeinschaft<br />
Westfalengeschwader e.V.<br />
Als langjähriger Angehöriger der 1./<br />
JaboG 36 gehört er auch der Traditionsgemeinschaft<br />
„Vestigium Leonis“an.<br />
Rheine wurde dem Bürger Kalle Freese<br />
zur zweiten Heimat. Das betonte er<br />
gleich zu Beginn des Gesprächs mit<br />
Ems-Köppken. So ist es für ihn selbstverständlich<br />
auch Mitglied des Heimatvereins<br />
Rheine zu sein. Mit seiner Inge
nimmt er gerne an Veranstaltungen<br />
des Heimatvereins teil, bei Tages- oder<br />
auch Kurzreisen sind er und seine Inge<br />
gerne dabei.<br />
Beide suchen den Kontakt zu Menschen<br />
und sind immer gerne gesehen.<br />
Das Reisen spielt in der nun genügend<br />
zur Verfügung stehenden Zeit eine große<br />
Rolle. Es müssen nicht immer Fernreisen<br />
sein, auch die eigene Umgebung<br />
hat viel zu bieten. Wenn sich die Reisen<br />
mit Wanderungen verbinden lassen,<br />
um so besser.<br />
Ein weiteres Interessengebiet ist alte<br />
Geschichte. So sind die beiden auch<br />
gerne auf „Trümmertouren“ in Ausgrabungsstätten<br />
in der Türkei und in<br />
Rom unterwegs gewesen. Auch die Insel<br />
Sardinien hatte bekanntlich viel in<br />
dieser Richtung zu bieten.<br />
Politisch interessiert, beschäftigt er sich<br />
intensiv mit der Tagespolitik und geht<br />
hier auch keiner hitzig geführten Diskussion<br />
aus dem Weg.<br />
„Lieber Kalle Freese, Ems-Köppken<br />
spricht sicherlich für ganz viele Kameraden,<br />
bleibe so wie du immer warst<br />
und bist. So kennen und schätzen wir<br />
Dich. Vor allem aber wünschen wir Dir<br />
und Deiner lieben Inge: Bleibt gesund!<br />
Wir freuen uns auf viele Begegnungen<br />
mit Euch.“<br />
Manfred Wagner<br />
16
Ein Besuch des Luftwaffen Museums<br />
der Bundeswehr in Berlin – Gatow<br />
Einer Einladung des Leiters des Traditionsamtes<br />
der Luftwaffe OTL Schmitz<br />
folgend, besuchte eine Delegation unserer<br />
Traditionsgemeinschaft (OTL<br />
a.D. Hermann Schorling und StFw. a.<br />
D. Peter Krenz) vom 09. bis 11. April<br />
das Luftwaffenmuseum der Bundeswehr<br />
in Berlin Gatow.<br />
Nach Ankunft am frühen Nachmittag<br />
und kurzer Begrüßung, wurde erst einmal<br />
die Unterkunft bezogen<br />
eingenommen.<br />
Am Abend stand noch ein „wichtiges<br />
Event“ auf der Tagesordnung – das<br />
Halbfinalfussballspiel des BVB Dortmund<br />
gegen Real Madrid in der Champions<br />
League -- wie es ausging weiss<br />
jeder.<br />
Am folgenden Morgen ging es zum<br />
Flugplatz, wo wir von OTL Schmitz begrüßt<br />
wurden. Der anschließende Vortrag<br />
vermittelte uns einen sehr interessanten<br />
Einblick des Aufbaues und der<br />
Weiterentwicklung des Luftwaffenmuseums<br />
in Berlin-Gatow.<br />
Danach folgten erste Erkundungen auf<br />
eigene Faust in der näheren Umgebung.<br />
Das Abendessen wurde gegen 1800<br />
Uhr in der General - Steinhof - Kaserne<br />
17<br />
Das Luftwaffenmuseum wurde im<br />
Jahre 1995 vom ehemaligen Flugplatzgelände<br />
Uetersen/Appen nach Berlin<br />
Gatow verlegt. Hier begann ein Neubeginn<br />
und Neuaufbau des heutigen Museums.<br />
Es wird aber noch einige Zeit<br />
in Anspruch nehmen, bis alle Flugzeuge,<br />
Geräte und Ersatzteile ihren Platz<br />
gefunden haben. Der Flugplatz bietet<br />
ausreichend Platz für eine Darstellung<br />
von Fluggeräten und Zubehör aus den<br />
Epochen der militärischen und auch<br />
zum Teil zivilen Luftfahrt.
interessant auch die historische Werkstatt,<br />
wo zur Zeit eine JU 88 restauriert<br />
wurde. Das Fahrwerk war schon wieder<br />
funktionsfähig.<br />
Nach dem Informationsvortrag und<br />
einer kleinen Stärkung in Form von<br />
Kaffee und Brötchen, begann die ausgedehnte<br />
Besichtigung des Flugplatzgeländes<br />
mit seinen vielen Ausstellungsstücken.<br />
Wir ließen uns das Mittagessen schmecken<br />
und anschließend ging es an die<br />
Besichtigung der 7 Ausstellungshallen<br />
und zwei Hangars für Restaurierung<br />
und Instandsetzung von Fluggerät und<br />
anderes Material der Luftfahrt. Sehr<br />
In einem weiteren Hangar wurde die<br />
Geschichte der Feldpost dargestellt,<br />
gestern und heute. Auch eine Gegenüberstellung<br />
Bundeswehr und NVA<br />
in Form von Uniformen, Waffen und<br />
Fahrzeugen, in einer mit unseren Nationalfarmen<br />
gestalteten Halle fand unser<br />
Interesse.<br />
Eine Übersicht von Fluggeräten des<br />
Flugpioniers Lilienthal bis hin zur MIG<br />
29 rundete unseren Rundgang ab.<br />
Die Ausstellung ist sehr gut strukturiert<br />
aufgebaut. Man kann sich in die<br />
jeweilige Zeit zurückversetzen und die<br />
vielen Informationen aufnehmen.<br />
Wer die Möglichkeit hat sollte sich<br />
einmal die Zeit nehmen und Berlin –<br />
Gatow einen Besuch abstatten.<br />
Peter Krenz<br />
18
B U N D E S W E H R – und dann …<br />
Soldaten werden nach ganz unterschiedlichen Dienstzeitjahren aus der Bundeswehr<br />
entlassen. Da gibt es den Soldaten auf Zeit, der bis zu fünfzehn Jahren in den<br />
Streitkräften gedient hat. Keine Frage, für ihn heißt es, nach Ende der Dienstzeit<br />
ein ganz neues Berufsleben zu beginnen. Da gibt es den BO 41, auch er wird sich<br />
noch nicht auf`s Altenteil zurückziehen wollen. Berufsunteroffiziere und Offiziere<br />
des Militärfachlichen Dienstes scheiden mit Vollendung des zweiundfünfzigsten<br />
oder dreiundfünfzigsten Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis. Ihnen kommt oft<br />
die Zurrruhesetzung einfach zu früh. Sie fühlen sich gesund und frisch, wollen<br />
und können noch eine neue Aufgabe übernehmen. Das muss nicht in Vollzeit sein<br />
auch eine Teilzeitbeschäftigung wird gerne übernommen. Die Truppenoffiziere<br />
scheiden unterschiedlich nach Dienstgraden mit vierundfünfzig oder auch erst<br />
mit sechzig Jahren aus. Für sie stellt sich oft die Frage nach einer weiteren beruflichen<br />
Tätigkeit nicht mehr.<br />
In einer neuen Serie<br />
„ B U N D E S W E H R – und dann ...“<br />
wollen wir Mitglieder vorstellen, die über ihre aktive Dienstzeit und die Zeit nach<br />
dem Ausscheiden berichten. Dabei ist es unerheblich, wie lang seine „Zeit danach“<br />
war.<br />
Von einigen Kameraden wissen wir, dass sie ein aufwendiges Hobby betreiben;<br />
auch das ist sicherlich interessant darüber zu berichten. Der eine hat sich dem<br />
Modellbau verschrieben, ein anderer fand nun endlich Zeit gefunden, seine Reiseträume<br />
zu verwirklichen. Auch ein Haus gebaut zu haben, ist immer wieder ein<br />
spannendes Erlebnis.<br />
Manch Ausgeschiedener fühlt sich jung genug, erfüllt die Voraussetzungen und<br />
nimmt ein Studium auf. Das geschieht, um daraus eine Existenz zu begründen<br />
oder aber nur einfach, um sich noch einen Traum zu erfüllen.<br />
Selbst den Spagat in die Politik zu gehen, um aktiv unser Gemeinwesen zu bestimmen,<br />
nehmen ehemalige Soldaten auf sich.<br />
Noch viele Beispiele könnten hier genannt werden.<br />
Diese Serie soll die Reihe „Das Portrait“ nicht ersetzen. Sie wird fortgesetzt. Diese<br />
Beiträge entstehen durch das Mitwirken eines „Interviewers“; anders bei „B U N<br />
D E S W E H R – und dann“. Hier schreiben Sie über Ihre militärischen Tätigkeiten<br />
und dann in einem zweiten Teil über die Zeit nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr.<br />
Gerne können Sie der Redaktion Ems-Köppken Ihre Geschichten auch<br />
erzählen und wir bringen sie dann auf`s Papier.<br />
Wenn Sie also selbst, oder auch jemanden aus unserer Gemeinschaft kennen, der<br />
bereit ist, von sich zu erzählen; dann lassen Sie es uns wissen. Wir sind gespannt<br />
auf Ihre Beiträge.<br />
Wir wollen unsere neue Serie „B U N D E S W E H R – und dann“ in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />
von Ems-Köppken beginnen mit einem „Fliegersmann“, was auch nahe liegt.<br />
20
Ganz freiwillig hat sich Heinz Roschmann zur Verfügung gestellt. Dafür möchte<br />
sich die Redaktion Ems-Köppken sehr herzlich bedanken.<br />
Ergänzend sei noch gesagt, dass Ihre Beiträge keine bestimmte Länge haben müssen.<br />
Schön wäre es, wenn Sie Ihre Geschichten mit ein paar Bildern ergänzen würden.<br />
In unserer eigenen Zeitschrift haben wir jetzt viel mehr Platz und können uns insbesondere<br />
mit Fotos mehr „austoben“<br />
Für weitere Informationen stehen Ihnen die Mitglieder der Redaktion Ems-Köppken<br />
gerne zur Verfügung. Und nun ein gutes Gelingen, das voll und ganz abhängig<br />
ist von Ihrem Mitwirken.<br />
Manfred Wagner<br />
Oberstleutnant a. D. Heinz Roschmann --<br />
Mein Leben in und nach der Luftwaffe<br />
Luftwaffenzeit<br />
01.07.1961 – 31.03.1990<br />
Anflug auf Gooe Bay<br />
Ich bin am 03.Juli 1961 als Flugzeugführeranwärter<br />
in die Luftwaffe eingetreten.<br />
Nach der Grundausbildung<br />
und dem UAL begann am 01.Feb 1962<br />
die sogenannte „vorfliegerische“ Ausbildung<br />
bei der 1.Staffel Fluganwärterregiment<br />
Uetersen. Im Frühjahr /<br />
Sommer 1962 endete für viele Fluganwärter<br />
(ich hatte gerade begonnen, an<br />
21<br />
der Piper L-18 zu schnuppern) abrupt<br />
die Ausbildung, da der damalige Inspekteur,<br />
General Panitzki, die „bemannte“<br />
Luftwaffe in eine „unbemannte“<br />
umbauen wollte. Und so fand ich<br />
mich als Gruppenführer beim Luftwaffenausbildungsregiment<br />
in Landsberg<br />
wieder und konnte dort nur neidvoll<br />
den T 6 und CM-170 Fouga Magister<br />
am Himmel nachschauen.<br />
Nach langer Wartezeit beim LAR und<br />
einer Folgeverwendung beim „schweren<br />
Luftwaffenpionierbataillon“ in<br />
Ulm wurde ich aufgrund eines Aufrufes<br />
des nachfolgenden Inspekteurs,<br />
General Steinhoff, anfangs 1966 wieder<br />
in die fliegerische Ausbildung genommen.<br />
Ab jetzt verlief mein „Fliegerleben“<br />
relativ planmäßig: Screening auf der<br />
Piaggio in Uetersen, Ausbildung zum
Jet-Flugzeugführer auf T-37 und T-38<br />
in Sheppard AFB, Texas.<br />
Danach Ausbildung auf G-91 bei der<br />
Waffenschule 50 in Fürstenfeldbruck,<br />
Verwendungen beim LeKG 44 Leipheim,<br />
LeKG 42 / JaboG 35 Sobernheim<br />
(Pferdsfeld) mit Umschulung<br />
auf die F-<strong>4F</strong>; 3 Jahre Austauschpilot<br />
/ Fluglehrer auf F-4C und D bei der<br />
TFW 56 MacDill AFB, Tampa, Florida.<br />
1981 zurück zum JaboG 35, dann 1984<br />
zum JaboG 36 W, Rheine als Leiter der<br />
ATV-Gruppe F-<strong>4F</strong> und schließlich 1987<br />
die letzte Versetzung zum Luftflottenkommando<br />
in Wahn als Dezernatsleiter<br />
bei der Gruppe Fliegerische Standardisierung<br />
Luftwaffe.<br />
Dort wurde ich dann am 31.März 1990<br />
nach 28 Jahren und 9 Monaten Dienstzeit<br />
mit dem Dienstgrad Oberstleutnant<br />
in den Ruhestand versetzt (Laufbahn<br />
des BO mit der besonderen Altersgrenze<br />
41 Jahre, allerdings war ich da<br />
bereits 46 Jahre alt). Stolz blicke ich<br />
auf die hohe unfallfreie Zahl von 4 300<br />
Flugstunden, davon allein 2 996 Stunden<br />
auf F-4 (C, D, E, F, RF/E) zurück.<br />
Zivilleben<br />
01.04.1990 – 30.04.2004<br />
All die „militärischen“ Tätigkeiten und<br />
Titel schienen allerdings 1990, als ich<br />
mit 46 Jahren nach einer zivilen Anschlussverwendung<br />
suchte, so richtig<br />
Niemanden in der „zivilen Wirtschaft“<br />
zu interessieren. Ich wollte weiterhin<br />
fliegen, denn außer „Soldat und Fliegen“<br />
hatte ich nichts gelernt. Das Problem:<br />
der Militärflugzeugführerschein<br />
zählte nichts!<br />
Also hieß es, 3 Monate die Schulbank<br />
zu drücken und dann beim Luftfahrtbundesamt<br />
eine 3-tägige Prüfung in 18<br />
Fächern abzulegen, dazu zwei Prüfflüge<br />
in einer Cessna sowie einen einwöchigen<br />
Lehrgang „Crew Concept“ mit<br />
Prüfungsflug in einem Caravelle-Simulator<br />
zu bestehen, um in den Besitz<br />
des „Verkehrsflugzeugführerscheins<br />
(ATPL)“ zu kommen, Voraussetzung<br />
überhaupt für eine Bewerbung bei einer<br />
Fluggesellschaft. Dazu kam ein<br />
weiterer Lehrgang mit anschließender<br />
Prüfung beim Luftfahrtbundesamt (4<br />
Fächer), um die „Langstreckenflugberechtigung“<br />
zu erlangen, die ebenfalls<br />
meist zur Einstellungsvoraussetzung<br />
gehörte.<br />
Und damit war dann der Weg frei für<br />
Bewerbungen in der Welt der zivilen<br />
Luftfahrt! Und wie das Schicksal<br />
es wollte, hatte ich gleich mit meiner<br />
ersten Bewerbung Erfolg. Aufgrund<br />
meiner Flugerfahrung (Flugstundenzahl<br />
und Tätigkeiten) wurde ich zum<br />
01.März 1991 bei der Deutschen Rettungsflugwacht<br />
e.V. (DRF) mit Sitz<br />
am Flughafen Stuttgart als Kapitän<br />
auf den Mustern „LearJet 35 / 36 /<br />
55“ und „King Air 200“ eingestellt.<br />
Die sofortige Verwendung als Kapitän<br />
war damals nach der Vorschriftenlage<br />
zwar möglich, barg aber für die Firma<br />
22
auch Risiken, aber es ging gut!<br />
Die DRF ist eine Tochter der „Björn<br />
Steiger Stiftung“, die 1973 von dem<br />
Ehepaar Steiger gegründet wurde,<br />
nachdem deren Sohn nach einem Verkehrsunfall<br />
nur deshalb verstarb, weil<br />
der Rettungswagen (Notarztwagen<br />
gab es nicht) zu lange zum Unfallort<br />
brauchte. Das Ziel war, flächendeckend<br />
ein Rettungsnetz aus Rettungshubschraubern,<br />
Ambulanzflugzeugen<br />
und Notarztwagen aufzubauen.<br />
Die DRF ähnelt in ihrer Struktur einem<br />
Geschwader:<br />
a.) die Geschäftsleitung mit<br />
„Stab“(Logistik, Rechnungswesen,<br />
Presse, Alarmzentrale = Gefechtsstand,<br />
besetzt mit Fachpersonal rund um die<br />
Uhr)<br />
b.) die „Fliegende Gruppe“ mit<br />
„2 Staffeln“: die Erste mit den Flächenflugzeugführern<br />
(die ich von 1996 bis<br />
zu meinem altersbedingten Ausscheiden<br />
2004 leiten durfte) und die Zweite<br />
mit den Hubschrauberführern; für alle<br />
Muster gibt es Piloten mit den erforderlichen<br />
Ausbildungs- und Prüfberechtigungen.<br />
c.) die „Technische Gruppe“ mit<br />
Wartungstechnikern vor Ort (Bereitstellung<br />
/ Wartung des Fluggerätes)<br />
sowie die Instandsetzung in einer firmeneigenen<br />
Werft mit allen erforderlichen<br />
Spezialisten, sodass sogar die<br />
großen D-Checks an Flugzeugen und<br />
Hubschraubern selbst durchgeführt<br />
werden durften. Selbst die Berechtigung<br />
zur Ausbildung in den verschiedenen<br />
Fachbereichen ist erteilt.<br />
d.) die „Medizinische Gruppe“<br />
besteht aus festangestellten Ärzten und<br />
Rettungssanitätern, sowie einer großen<br />
Anzahl von freiberuflich tätigen Medizinern,<br />
die in ihrer Freizeit die Flugzeuge<br />
/ Hubschrauber als „Medical Crew“<br />
besetzen. Hier werden alle medizinischen<br />
Aspekte / Belange bearbeitet<br />
Intensivstation an Bord<br />
Bei meinem Ausscheiden 2004 standen<br />
drei „Learjet 35“, ein „Learjet 36“, ein<br />
„Learjet“ 55 sowie ein „King Air 200 B“<br />
mit einer personellen Besetzung von 34<br />
Flugzeugführern zur Verfügung, alle<br />
stationiert am Baden-Airport (ehemals<br />
Söllingen); die „Zweite“ war bestückt<br />
mit 41 Hubschraubern (damals BO 105,<br />
EC 135, BK 117) und personell mit 88<br />
Hubschrauberführern, verteilt auf Stationen<br />
von Greifswald im Nordosten<br />
bis Freiburg im Südwesten.<br />
Wegen bestehender Kooperationen<br />
mit ähnlichen Unternehmen in der<br />
Schweiz, in Österreich, Luxemburg,<br />
Singapur und den USA, die einen<br />
Rückgriff auf eine Vielzahl weiterer<br />
Flugzeuge zuließen, stellte dies, wie<br />
auch heute noch, die weltweit größte<br />
und leistungsstärkste Luftrettungsorganisation<br />
dar.<br />
Aufgabe der Flächenflugzeuge der DRF<br />
ist der notwendige, weltweite schnelle<br />
Transport von Kranken und Verletzten,<br />
aber auch von Transplantationsteams/-<br />
23
empfängern oder auch nur von Transplantaten.<br />
Unsere „Kunden“ sind eigene<br />
Fördermitglieder, das Auswärtige<br />
Amt für sein gesamtes Personal (z.B.<br />
die GTZ), namhafte weltweit agierende<br />
Firmen im In- und Ausland sowie<br />
Reiseversicherungen, Kliniken und<br />
Transplantationszentren, mehrfach die<br />
Bundeswehr, aber auch solvente Privatleute<br />
und Regierungen vor allem<br />
aus solchen Ländern, in denen es solche<br />
Organisationen nicht gibt; und in einigen<br />
spektakulären Fällen flogen wir sogar<br />
im direkten Auftrag der UNO (z.B.<br />
wenige Tage nach Beendigung des ersten<br />
Irakkrieges 1991 nach Bagdad, um<br />
eine UN-Mitarbeiterin auszufliegen):<br />
ein breit gefächertes Klientel mit sehr<br />
verschiedenen Vorstellungen und Anforderungen,<br />
wie man sich leicht vorstellen<br />
kann.<br />
Um sehr schnell reagieren zu können,<br />
stehen ständig (24 Stunden an 365 Tagen)<br />
2 Flugzeuge mit 3 Besatzungen in<br />
Bereitschaft („QRA“!); die Rektionszeit<br />
von der Alarmierung bis zum Start<br />
des Ambulanzflugzeuges ist natürlich<br />
sehr abhängig vom Auftrag: bei einem<br />
Transplantationsflug werden 60 Minuten<br />
vorausgesetzt, für einen „rundum-die-Welt-Flug“<br />
im Jahr 2000 z.B.<br />
(Baden-Airport/Teheran/Delhi/Bangkok/Hanoi/Hongkong<br />
zur Aufnahme<br />
eines Frühchens weiter über Osaka/<br />
Anchorage/Boston zur Abgabe des<br />
Frühchen, dann Goose Bay, Keflavik,<br />
Baden-Airport) dauerte die Vorbereitung<br />
etwa 24 Stunden!<br />
Die Betriebserlaubnis der DRF (die<br />
behördliche Grundlage jedes kommerziellen<br />
Flugbetriebes) beinhaltet<br />
alle Länder / Regionen der Welt mit<br />
Ausnahme des pazifischen Raumes,<br />
aufgrund der Entfernungen zwischen<br />
geeigneten Landeplätzen wäre ein sicherer<br />
Flugbetrieb für unsere Flugzeuge<br />
dort nicht machbar.<br />
So habe ich in meinem Logbuch 380 angeflogene<br />
Flugplätze stehen: von Alta/<br />
Nordkap oder Frobisher Bay/Baffin<br />
Island im Norden bis Johannesburg/<br />
Südafrika im Süden, von Irkutsk/Sibirien<br />
oder Rayong/Thailand im Osten<br />
bis Sacramento/Kalifornien oder Varadero/Kuba<br />
im Westen. Darunter sind<br />
nicht nur große, internationale Flughäfen<br />
wie Frankfurt, London-Heathrow,<br />
Chicago O´Hare oder New York, sondern<br />
auch Ouagadougou, Nouakchott<br />
oder Eirrachidia (jedem bekannt?)<br />
nein? Also: Die Hauptstadt von Burkina<br />
Faso, die Hauptstadt von Mauretanien<br />
und eine Stadt in Marokko,<br />
mitten im Hohen Atlasgebirge, dazu<br />
2 Flugplätze (einer in Ungarn, einer in<br />
Ghana), die namenlos sind und offiziell<br />
überhaupt nicht existieren. Übrigens,<br />
auf dem Weg in die USA / Karibik flog<br />
ich sehr oft Goose Bay an; dabei halfen<br />
zweimal bei technischen Problemen<br />
mit mehrtägigem Zwangsaufenthalt<br />
meine Beziehungen zur Luftwaffe!<br />
Die Einsatzdauer beträgt zwischen<br />
2 Stunden für eine kurze Verlegung<br />
in Deutschland bis zu der mit einer<br />
3-Mann-Besatzung maximal möglichen<br />
Dauer von 20 Stunden, letzteres<br />
kommt zum Tragen, wenn der Transport<br />
eines Patienten sehr zeitkritisch<br />
ist, z.B. Rückholung aus Lagos/Nigeria<br />
ohne dass die 3-Mann-Crew dort eine,<br />
für einer 2-Mann-Crew erforderliche,<br />
Ruhezeit einhalten muss<br />
Bei extrem langen Strecken, z.B. Rückholung<br />
eines Patienten aus Sydney,<br />
muss dann auch schon mal mit doppel-<br />
24
ter Besatzung (Cockpit und Medizin)<br />
gearbeitet werden, wobei die zweite<br />
Besatzung mit Linie vorausgeschickt<br />
wird nach (in diesem Beispiel) Colombo/Sri<br />
Lanka, dort das Flugzeug übernimmt,<br />
den Patienten aus Sydney holt<br />
und auf dem Rückweg in Colombo<br />
wieder von der ersten Besatzung abgelöst<br />
wird.<br />
Nigeria von 6 bewaffneten Männern<br />
unter Führung eines „Uniformierten“<br />
zu einer Geldzahlung gezwungen,<br />
man fühlt sich sehr unwohl, wenn man<br />
6 Gewehrläufe auf sich gerichtet sieht!<br />
Eine kurzzeitige Verhaftung in Teheran<br />
durch Mitglieder der Revolutionsgarden,<br />
weil ich ein Halskettchen mit<br />
Man kann erkennen, eine funktionierende<br />
Planung und Logistik ist das A<br />
und O einer solchen, weltweit operierenden<br />
Rettungsorganisation. Nicht<br />
immer und in allen Ländern sind die<br />
Behörden / Menschen kooperativ<br />
oder hilfsbereit, oft erst nachdem entsprechende<br />
„Handgelder“ fließen; ich<br />
selbst wurde am helllichten Tag mitten<br />
auf der Abstellfläche des internationalen<br />
Flughafens von Port Harcourt/<br />
Kreuz trug und offizielle Räume betreten<br />
hatte, war da noch harmlos. Auch<br />
die Luftverkehrskontrollen, Wetterberatungen<br />
usw. entsprechen in weiten<br />
Teilen der Erde nicht den ICAO-Regeln,<br />
was nicht immer sehr sicher<br />
ist: gerade z.B. auf afrikanischen Flughäfen<br />
(auch großen internationalen)<br />
mit dazu oft schwierigen Wetterlagen<br />
kann man sich nicht darauf verlassen,<br />
dass alle Einrichtungen funktionieren,<br />
25
dazu kommen teilweise große Sprachprobleme.<br />
Trotz dieser harten Anforderungen<br />
und Einsatzbedingungen muss der Flächenflugbetrieb<br />
nur einen Flugunfall<br />
anfangs der 80er Jahre beklagen! Und<br />
wie durch ein Wunder traten technische<br />
Probleme meist auf Flügen ohne<br />
Patient auf; ich selbst „durchlitt“ neben<br />
kleineren Zwischenfällen drei heftige<br />
„beihnahe - Unfälle“, 2 mit und 1 ohne<br />
Patient. In allen drei Fällen halfen uns<br />
damals mehrere Schutzengel!<br />
mit Angehörigen! Aber es gab auch<br />
Glücksmomente, wenn nach Wochen<br />
oder Monaten Dankesbriefe von Patienten<br />
kamen, deren letzte Rettung wir<br />
waren, z.B. auch der Brief (beginnend<br />
mit „meine lieben fliegenden Engel“)<br />
und Fotos der Frau eines deutschen<br />
Lehrers (GTZ) in Ghana mit ihren<br />
Zwillingen, die wir im letzten<br />
Moment nach Frankfurt ausflogen: sie<br />
hätten alle drei die auftretenden Komplikationen<br />
im Krankenhaus in Accra<br />
nicht überlebt.<br />
Anflug auf<br />
Tamanrasset<br />
Rückblickend kann ich sagen, dass ich<br />
Glück hatte, diese Tätigkeit zu finden<br />
und nicht „nur“ Touristen auf festgelegten<br />
Strecken zu fliegen (dies soll<br />
keine Abwertung sein!). Es gab meiner<br />
Fliegerei einen völlig anderen Sinn und<br />
Bedeutung als bei der Luftwaffe. Bei jedem<br />
Einsatz wurde man mit einem anderen<br />
Schicksal konfrontiert: Frühchen<br />
im Brutkasten zu komplizierten Operationen<br />
/ das 17-jährige Mädchen mit<br />
Badeunfall - bedingter Querschnittslähmung<br />
/ hoffnungsvolle Organempfänger<br />
zu ihrer Transplantation / im<br />
Koma liegende Patienten ohne Zukunft<br />
/ während des Transport Versterbende<br />
Der krönende Abschluss meines Berufslebens<br />
war natürlich auch, dass ich<br />
die letzten 8 Jahre diesen Flugbetrieb<br />
leiten durfte: anstrengend, zeitaufwendig,<br />
aber es war schön!<br />
Übrigens: den 24 Jahren „Fliegerei“<br />
bei der Luftwaffe mit 4300 Flugstunden<br />
stehen 13 Jahre „Fliegerei“ bei der<br />
DRF mit 9800 Flugstunden gegenüber:<br />
macht gesamt in meinem Fliegerleben<br />
14 200 Flugstunden.<br />
Heinz Roschmann<br />
26
Dann war da noch was ...<br />
Es liegt viele Jahre zurück und keiner kann sich mehr an Namen erinnern.<br />
Soldaten können organisieren, sie sind ideenreich und erfinderisch. Sie können<br />
auch Kaminholz günstig besorgen.<br />
Die Fahrschule war mit einem pfiffigen Fahrlehrer unterwegs. Geschult wurde auf<br />
einem Kleinlastkraftwagen. Nicht nur Stadtverkehr, Fahrten über Landstraßen,<br />
sondern auch Geländefahrten gehörten zum Ausbildungsprogramm. An einem<br />
Waldweg lag schon über einen sehr langen Zeitraum ein großer Holzstoss; als<br />
Kaminholz bestens geeignet. Doch viel zu schade, um hier so still vor sich hin zu<br />
verrotten.<br />
Es wurde ein Halt befohlen und damit begonnen, Holzstück für Holzstück, so<br />
etwa einen Meter lang, auf die Ladefläche zu befördern.<br />
Da erschien ein Herr in Grün. Es war der Förster. „Was machen sie denn hier,“<br />
war seine ganz berechtigte Frage. „Wir machen Fahrschulausbildung und üben<br />
das Be- und Entladen von Lasten. Gerade sind wir dabei und laden wieder ab,“<br />
war die Antwort des Fahrlehrers Der Fahrschüler reagierte sofort und legte einen<br />
Holzscheit auf den Stapel zurück. „Das finde ich sehr gut und sinnvoll“ war die<br />
Antwort des Grünrocks. „Das ist doch viel besser, als immer nur leere Kisten auf<br />
und ab zu laden.“<br />
So sprach der Förster, lüftete seinen Hut, grüßte und verließ den Ort des Geschehens.<br />
Wie die Geschichte weiter ging, ist nicht überliefert.<br />
Zum Schmunzeln aber regt sie sicherlich an.<br />
Aufgegriffen und erzählt von M.W.<br />
27
Fahrt zum Dümmer See<br />
Besichtigung einer Orchideenzucht<br />
und einer Aalräucherei<br />
Der Dümmer<br />
Der Dümmer, gelegentlich auch Dümmer<br />
See genannt, ist ein flacher See im<br />
Westen des norddeutschen Tieflandes<br />
in Niedersachsen. Er wird von der<br />
Hunte durchflossen.<br />
Mit dem Dümmer See verbinden wir<br />
sofort Ferien, Freizeit Erholung, Segeln,<br />
ganz einfach ein lohnendes Ziel,<br />
das von uns in kurzer Zeit angefahren<br />
werden kann.<br />
Das alles stimmt. Darum boten wir unseren<br />
Mitgliedern auch eine Tagestour<br />
zum Dümmer an, das Interesse war erfreulich<br />
groß.<br />
Es lohnt sich, ein wenig mehr über den<br />
schönen See zu erfahren.<br />
Im Jahre 965 wurde das Wort „diummeri“<br />
erstmalig urkundlich erwähnt.<br />
Vermutlich ist das Wort „Dümmer“<br />
und „Meer“ zusammengesetzt. In<br />
Nordwestdeutschland ist „Meer“ die<br />
Bezeichnung für ein stilles Gewässer,<br />
aus und neben dem sich Moore bilden.<br />
Siehe auch: „ Steinhuder Meer“ und<br />
„Zwischenahner Meer“. „Dummerig“<br />
bedeutet auf Ackerland bezogen, im<br />
Westfälischen „feucht“ und schattig.<br />
Der See hat eine Fläche von 13,5 km,<br />
sein Umfang beträgt etwa 20 qkm, er<br />
hat eine maximale Tiefe von 1,50 m<br />
(2,00 m in den Häfen), die mittlere Tiefe<br />
ist 1,00 m.<br />
Der See ist sehr fischreich; es gibt Funde<br />
von Resten jungsteinzeitlicher Sied-<br />
28
lungen.<br />
Der fischreiche See, der auch Brut- und<br />
Rastplatz für Vögel ist, weist eine vielfältige<br />
Flora und Fauna auf. Deshalb<br />
stehen das West- und das Südufer des<br />
Sees sowie ein Streifen an seinem Westufer<br />
unter Naturschutz.<br />
Der Dümmer bildete sich vor etwas<br />
zwölftausend Jahren und hat eine ähnliche<br />
Entstehungsgeschichte wie das<br />
„Steinhuder Meer“.<br />
Das unmittelbar am Ostufer des Dümmers<br />
liegende Dorf Lembruch gilt heute<br />
als der Hauptort des Dümmer-Tourismus.<br />
Betrieb, am Stenweder Berg mit Sicht<br />
auf den Dümmer See züchtet und kultiviert<br />
auf über 3.600 qm mehrere hunderttausend<br />
Orchideen.<br />
Das war ein schöner Tag<br />
Tagesausflüge erfreuen sich großer Beliebtheit.<br />
Das erfuhr unser Organisator<br />
der diesjährigen Tour, Heiner Trübert.<br />
In nur zwei Tagen war ein großer Bus<br />
mit mehr als sechzig Plätzen restlos<br />
ausgebucht. Auf dem Programm stand<br />
ein Besuch des Dümmer Sees. Wenn<br />
Engel reisen, so könnte man sagen,<br />
denn in einer Schlechtwetterperiode<br />
hatten wir einen strahlend schönen<br />
Frühlingstag.<br />
Gute Stimmung herrschte von Anfang<br />
an an Bord. In nur knapp zwei Stunden<br />
wurde das erste Ziel erreicht: Die<br />
Lemförder Ochchideenzucht. Dieser<br />
29<br />
Das von Erika Reuter im Jahre 1963<br />
gegründete Unternehmen führt die Familie<br />
nun bereits in der 2. Generation.<br />
Der Hausherr selbst ließ es sich nicht<br />
nehmen, in einem Vortrag die Orchideen<br />
vorzustellen. Die Besucher erfuhren<br />
viel über Herkunft, Aufzucht und Pflege<br />
der überaus beliebten Zimmerpflanze.<br />
Auch Fragen wurden ausführlich<br />
beantwortet. Ein Gang durch die Ge-
wächshäuser nahm wohl jeden Orchideenfreund<br />
gefangen. Man konnte nur<br />
staunen über so viel Schönheit.<br />
Die Fahrt ging nun weiter zum Strandhotel.<br />
Hier wartete schon der Mittagstisch<br />
auf uns. Wer hätte das gedacht:<br />
Wir konnten auf der Terrasse speisen.<br />
Noch blieb ein wenig Zeit, bevor unsere<br />
Segeltour auf dem Dümmer begann.<br />
Lust und Laune Kuchen oder Fisch<br />
genießen. Die Geschmäcker sind ja so<br />
verschieden.<br />
Die Rückreise stand bevor, als sich das<br />
Wetter schlagartig änderte und es zu<br />
regnen begann. Das nennt man Glück.<br />
Dem Organisator ein ganz herzliches<br />
Dankeschön.<br />
Wir hatten einen tollen Tag.<br />
Etwas mehr als dreißig Personen können<br />
auf einem Segler Platz nehmen<br />
.Der Wind trieb die Boote zügig voran.<br />
Die Fahrt hatte heute einen ganz besonderen<br />
Höhepunkt. Fliegen stiegen<br />
aus dem Wasser auf und belästigten<br />
die Segler. Vom Schiffsführer erfuhren<br />
wir, dass diese Tierchen nur wenige<br />
Tage zu leben haben; dann ist der Spuk<br />
vorbei.<br />
Die Gruppe erreichte nun die Aalräucherei<br />
Hoffmann. Bei der Führung<br />
erfuhren wir viel über das Leben der<br />
Aale. In einem Schaubecken konnten<br />
wir die Aale beobachten, die dann später<br />
im Rächerofen zu köstlichen Spezialitäten<br />
werden.<br />
Wer wollte, der konnte die „glatten<br />
Gesellen“ auch streicheln. Ulli Müller<br />
hatte schon nach wenigen Minuten seinen<br />
Lieblingsanal gefunden und konnte<br />
sich kaum von ihm trennen.<br />
Im Lokal selbst konnte dann jeder nach<br />
30<br />
Der Aal<br />
Dass der Aal eine köstliche Spezialität<br />
ist, weiß man. Wir hatten Gelegenheit<br />
ihn hier vor Ort zu genießen. So ein<br />
ganz klein wenig, verfolgt uns ja auch<br />
der Aal, manch einer der Exkursionsteilnehmer<br />
konnte sich an unsere Fahrt<br />
zum Zwischenahner Meer erinnern,<br />
als wir im dortigen Spieker leckeren<br />
Aal gegessen haben.<br />
Da ist es doch ganz interessant, sich<br />
nochmals daran zu erinnern, was währende<br />
der eindrucksvollen Führung<br />
erzählt worden ist. Der Aal, ein sehr<br />
interessantes Lebewesen.<br />
Der Europäische Aal, Anguilla, ist<br />
eine Art der Aale und in ganz Europa,<br />
Kleinasien und Nordafrika beheimatet.<br />
Er hat einen schlangenförmigen,<br />
langgestreckten, drehrunden Körper.<br />
Erwachsene Weibchen können bis zu
150 cm lang und 6 kg schwer werden.<br />
Männchen erreichen nur 60 cm Länge.<br />
Solche Größen werden aber extrem selten<br />
erreicht, und schon ein Weibchen<br />
von einem Meter Länge ist ausgesprochen<br />
groß. Vom Amerikanischen Aal<br />
ist der Europäische Aal kaum zu unterscheiden.<br />
Aale gehören zu den sogenannten<br />
„Fettfischen“, denn ihre Körpermasse<br />
kann bis zu dreißig Prozent<br />
aus Fett bestehen.<br />
Uli der Aalfänger<br />
Das erklärt auch, dass einem beim<br />
richtigen Verzehr eines Aales das Fett<br />
rechts und links aus dem Munde trieft!!<br />
Aale schlüpfen im Atlantik, in der Sargassosee,<br />
in der Nähe der Bahamas.<br />
Wegen ihrer Form heißen die Aallarven<br />
Weidenblattlarven. Etwa drei Jahre<br />
brauchen die Larven, um von der<br />
Sargassosee an die europäischen Küsten<br />
zu gelangen. Während man früher<br />
annahm, dass sie sich dabei passiv vom<br />
Golfstrom tragen lassen, weiß man<br />
heute, dass die Larven aktiv schwimmen.<br />
Wenn die Weidenblattlarven in den<br />
europäischen Küstengewässern ankommen,<br />
wandeln sie sich zu den 7 cm<br />
langen Glasaalen. Im Frühjahr schwimmen<br />
sie in zum Teil großen Schwärmen<br />
von den europäischen Küsten abwärts<br />
in die Binnengewässer des Landesinneren.<br />
Während dieser Zeit heißen sie<br />
„Steigaale“, wegen ihrer gelblichen<br />
Bauchfärbung auch „Gelbaale“. In ihren<br />
Heimatgewässern wachsen sie die<br />
nächsten Jahre zur vollen Größe heran.<br />
Weibliche Tiere werden mit zwölf bis<br />
fünfzehn Jahren geschlechtsreif, männliche<br />
bereits in einem Alter von sechs<br />
bis neun Jahren. Zum Ablaichen wandern<br />
die Tiere im September / Oktober<br />
aus den Gewässern des Landesinneren<br />
über die Flüsse dahin zurück, wo sie<br />
geschlüpft waren; in die Sargassosee.<br />
Dabei werden innerhalb eines Jahres<br />
über fünftausend Kilometer ohne Nahrungsaufnahme<br />
gegen den Golfstrom<br />
zurückgelegt. Während der Wanderung<br />
halten sie sich tagsüber in kühlen<br />
Wässern zwischen zweihundert und<br />
tausend Metern Tiefe auf und nachts<br />
im wärmeren Oberflächenbereich.<br />
In der Sagossasee laichen die Tiere ab<br />
und sterben.<br />
Aale sind in der Lage, beachtliche<br />
Strecken über feuchtes Land zurückzulegen,<br />
denn sie können den lebensnotwendigen<br />
Sauerstoff über die Haut<br />
aufnehmen.<br />
Aale können in freier Wildbahn ein Alter<br />
von bis zu fünfzig Jahren erreichen.<br />
In Gefangenschaft können sie sogar<br />
über achtzig Jahre alt werden.<br />
Woher der Verfasser dieses und noch<br />
viel mehr über den Aal weiß? Ganz<br />
einfach: Er hat bei der Führung gut<br />
aufgepasst. Vieles kann man über den<br />
Aal aber auch in „schlauen“ Büchern<br />
nachlesen.<br />
Fazit: Reisen bildet; nehmen Sie immer<br />
wieder an Exkursionen der Tradi teil.<br />
Manfred Wagner<br />
31
Einem geschenkten Gaul schaut man nicht<br />
ins Maul oder<br />
Warum ein T.O. einen Bundeswehr Lastkraftwagen<br />
verschenkt<br />
von Karl Heinz Günther, Wörthsee<br />
Es war irgendwann in den Jahren `95 -<br />
`97. Ein Tac Eval stand ins Haus. Das<br />
Tempo der Vorbereitungen und Vorübungen<br />
stieg, ebenso wie die Nervosität.<br />
Für uns alle wohlbekannt. Zur<br />
Fliegenden Gruppe gehörte auch die<br />
Flugbetriebsstaffel, zuständig und im<br />
weitesten Sinne verantwortlich für die<br />
Aufrechterhaltung des Flugbetriebes.<br />
Für die Technik (Fernmeldewesen, Bodenfunk,<br />
Radar) war ein Technischer<br />
Offizier, Bindeglied und Puffer zwischen<br />
Technik und Einsatz. Um bei<br />
einem Ausfall des Towers – simuliert<br />
oder echt – weiterhin einen Flugbetrieb<br />
durchführen zu können, hatte die Bundeswehr<br />
sogenannte mobile Tower (<br />
MAN-Koffer mit ausfahrbarer Glaskanzel<br />
) in den sechziger Jahren beschafft.<br />
Der des Jagdgeschwaders 72 „Westfalen“<br />
war allerdings schon ausgesondert<br />
und verschrottet.<br />
Irgendeine höhere Dienststelle glaubte<br />
nun, man müsse das Geschwader, gerade<br />
im Hinblick auf Tac Eval wieder<br />
33<br />
mit einem mobTwr versorgen und somit<br />
unterstützen. Das dies keine böse<br />
Absicht war, sondern allenfalls grob<br />
fahrlässige Gedankenlosigkeit, sei unterstellt.<br />
Eines Tages stand das Stück im Flugbetriebsbereich<br />
zur Übernahme bereit.<br />
Der T.O. übernahm den LKW, wunderte<br />
sich aber über die eigenwilligen<br />
Übergabe- / Übernahme-Verfahren.<br />
Der Überbringer der Werft schraubte<br />
das Kfz-Kennzeichen ab und nahm<br />
die Kfz – Papiere an sich. Kommentar:<br />
„Darf außerhalb des Fliegerhorstes<br />
nicht mehr bewegt werden.“ Auf die<br />
Frage des T.O., wo er den Empfang<br />
quittieren solle, kam die Antwort:<br />
Überhaupt nicht, denn offiziell gibt`s<br />
den nicht mehr. Also dann viel Glück<br />
beim Tac Eval,“ waren die letzten Worte<br />
des Werftmitarbeiters.<br />
Löste sich die Bundeswehr schon auf,<br />
oder hatten wir irgendwas nicht mitbekommen?<br />
Also, Bestandsaufnahme, Feststellen<br />
der fehlenden Teile und sofortige Bestellung,<br />
AVS 03. Bei dieser in Friedenszeiten<br />
höchstmöglichen Auslieferungs-<br />
Vorrang Stufe hat man irgendwann<br />
ein Auskunftsrecht, wann mit der<br />
Lieferung der Ersatzteile zu rechnen<br />
ist. Auskunft: Zur Zeit kein Bestand,<br />
in absehbarer Zeit kein Bestand, in<br />
absehbarer Zeit keine Lieferung möglich,<br />
auch langfristig nicht, da keine<br />
Neubeschaffung geplant. Nun wusste
der T.O. von einem ähnlichen Fall in einem<br />
Jagdbombergeschwader, das kurz<br />
vorher mit einer solchen „Krücke“ auf<br />
die Nase gefallen war. Statt der Note 1<br />
gab es, glaube ich, gerade noch eine 3<br />
für die Flugbetriebsstaffel, die gesamte<br />
Fliegende Gruppe musste darunter<br />
leiden.<br />
Was nun? Das Ding musste irgendwie<br />
wieder weg! Aus Gesprächen mit<br />
unserem unvergessenen Wolfgang<br />
Pauliks wusste der T.O., dass der Landeplatz<br />
Eschendorf einen Umbau des<br />
dortigen Towers plante und für diese<br />
Übergangszeit sehr gut unseren (dafür<br />
auch ausreichenden) mobTwr gebrauchen<br />
könnte. So nahm langsam ein<br />
Gedanke Form an. Ein intensives, natürlich<br />
rein informelles Gespräch mit<br />
dem Chef über die drohenden Konsequenzen<br />
führte dazu, dass der dem<br />
T.O. freie Hand ließ. Sollten quälende<br />
Fragen „von oben“ kommen, wusste<br />
er immerhin Bescheid. Ein Gespräch<br />
mit der Kraftfahrzeugstaffel bezüglich<br />
einer Schleppfahrt hatte Erfolg.<br />
Drei Tage später stand der mobTwr in<br />
Eschendorf.<br />
Natürlich hat sich der T.O. häufig Gedanken<br />
über etwaige Nachteile gemacht,<br />
wie etwa Schadenersatz, Disziplinarstrafe<br />
o.ä.. Andererseits war<br />
sicherer Schaden von der Flugbetriebsstaffel<br />
abgewendet, zumindest in diesem<br />
Teilbereich.<br />
Es kam wie es kommen musste. Eines<br />
Tages rief ein Oberstleutnant aus dem<br />
Bereich A3 / A4 der Division beim T.O.<br />
an (merke, Dienstwege erstrecken sich<br />
grundsätzlich von unten nach oben)<br />
und fragte im Hinblick auf den nahen<br />
Tac Eval nach eventuellen Problemen<br />
und bot, wenn möglich Hilfe an. Das<br />
war gelebte und sehr willkommene<br />
Fürsorge. Als das Thema auf den<br />
mobTwr kam, sagte der T.O.: Wir haben<br />
keinen mobilen Tower.“ OTL: Aber<br />
die Werft hat ihnen doch neulich einen<br />
überstellt.“ T.O.: Richtig, aber den habe<br />
ich inzwischen verschenkt.“ Leise zählte<br />
der T.O. die sprachlosen Sekunden.<br />
Nach etwa 29,5 Sekunden die Aufforderung<br />
eines hörbar konsternierten<br />
OTL: „Das müssen sie mir erklären!“<br />
Vorgesetzten sollte man immer ungeschminkt<br />
die volle und ganze Wahrheit<br />
sagen. Na ja, manchmal reichen<br />
auch vielleicht 98%.<br />
Nach dem Gespräch gab es einen fassungslosen<br />
Oberstleutnant an einem<br />
Ende und einen T.O., der dringend<br />
unter die Dusche musste, am anderen<br />
Ende der Leitung.<br />
Die Moral von der Geschichte: Ist man<br />
fest von einer Sache überzeugt, sollte<br />
man sie durchziehen. Dass man vorher<br />
mögliche, persönliche Folgen abschätzt,<br />
das kann nicht schaden. Andererseits,<br />
was sollte schon passieren?<br />
Es gab keinerlei Hinweise schriftlicher<br />
Art.<br />
Ende gut, alles gut. Flugbetriebsstaffel,<br />
Fliegende Gruppe Jagdgeschwader 72<br />
durchgehend mit Note 1 benotet. (So<br />
die Erinnerung).<br />
Die Flugsportgruppe Eschendorf bedankte<br />
sich beim T.O. mit einem Rundflug<br />
über den Kreis Steinfurt; am Knüppel<br />
saß Wolfgang Pauliks.<br />
Der dafür wahrscheinlich fällige und<br />
anzurechnende geldwerte Vorteil wurde<br />
aus reiner Unkenntnis des T.O. nicht<br />
beim Finanzamt angegeben, ist aber<br />
nach weit mehr als zehn Jahren sowieso<br />
verjährt.<br />
34
Phantom - Pharewell<br />
Das war es also; der letzte Flug der F-<strong>4F</strong> der Luftwaffe<br />
beim Jagdgeschwader 71 „Richthofen“ in Wittmund<br />
Mit einem „großen Bahnhof“ verabschiedete<br />
die Luftwaffe die letzten<br />
vier F-<strong>4F</strong> „Phantom“. Mehr als 100 000<br />
Menschen wohnten diesem Ereignis<br />
bei. Natürlich hatten es sich auch viele<br />
Ehemalige des Westfalengeschwaders<br />
nicht nehmen lassen, sich auf den Weg<br />
nach Wittmund zu machen. Eingebettet<br />
in einen Tag der offenen Tür war<br />
letztmalig die Gelegenheit gegeben,<br />
das Flugzeug am Boden und in der<br />
Luft zu sehen.<br />
36<br />
Mehr als vierzig Jahre diente dieser<br />
Flugzeugtyp der Deutschen Luftwaffe<br />
und trug zur Friedenssicherung bei. Da<br />
verwundert es nicht, dass beim Last<br />
Flight auch ein Wenig Wehmut aufkam,<br />
bei den Kameraden, die als Besatzungen,<br />
Techniker oder sonstigem Personal<br />
für das Waffensystem gearbeitet<br />
haben. Eine Wehmut, die die „Westfalen“<br />
schon beim letzten Flug in Hopsten<br />
im Dezember 2005 erlebten.<br />
.Die F-<strong>4F</strong> war ein sehr sicheres Flugzeug.<br />
Doch darf nicht vergessen werden,<br />
dass siebenundzwanzig Flugzeuge<br />
verloren gingen. Dabei fanden<br />
einunddreißig Piloten und Waffensystemoffiziere<br />
den Fliegertod. Sie starben<br />
in Ausübung ihres verantwortungsvollen<br />
Berufes.<br />
Ihnen ein ehrendes Gedenken zu bewahren<br />
muss uns eine hohe Verpflichtung<br />
sein.
Ein Kapitel deutscher Militärfliegerei<br />
ist Vergangenheit. Eine Epoche ging zu<br />
Ende. Die Luftwaffe fliegt als Nachfolgemodell<br />
den Eurofighter. Ihm und seinen<br />
Besatzungen gelten unsere besten<br />
Wünsche: „Hals - und Beinbruch“.<br />
Unser Redaktionsmitglied Manfred<br />
Hupp war vor Ort. Hier sein Bericht:<br />
Eine Aera geht zu Ende<br />
Am 29. Juni <strong>2013</strong> hob zum letzten Mal<br />
eine F-<strong>4F</strong> „Phantom II“ der deutschen<br />
Luftwaffe ab. Das Jagdgeschwader<br />
„Richthofen“ im ostfriesischen Wittmund<br />
war das letzte Luftwaffengeschwader,<br />
welches die Phantom im<br />
Einsatz hatte. 40 Jahre hat die F-<strong>4F</strong><br />
ihren Dienst erfolgreich getan. Die<br />
nächste Generation Flugzeuge steht<br />
aber schon in den Startlöchern. Der Eurofigter<br />
übernimmt die Aufgaben der<br />
Phantom.<br />
Foto: Rapreger<br />
Das Jagdgeschwader „Richthofen“ lud<br />
zum Tag der offenen Tür ein. Am Freitag<br />
den 28.06.<strong>2013</strong> dem „Spotter Day“<br />
hatten sehr viele Luftfahrtinteressierte<br />
die Gelegenheit, noch einmal die Phantom<br />
und andere Militärflugzeuge ausgiebig<br />
zu fotografieren.<br />
Am Samstag, dem Tag der offenen Tür,<br />
strömten 10.000 Besucher aus Nah und<br />
Fern zur Basis. Weil das Wetter nicht<br />
so recht mitspielte, musste das Flugprogramm<br />
am Vormittag zum Teil ausfallen.<br />
Der Himmel riss am Nachmittag<br />
auf, so dass die Jubiläumsphantoms<br />
ihre Abschiedsformationen eindrucksvoll<br />
präsentieren konnten.<br />
Foto: Rapreger<br />
Der Wechsel der Flugzeugmuster wurde<br />
durch die symbolische Abhohlung<br />
von zwei Eurofighter in der Luft vollzogen.<br />
Am Abend nutzten viele die Gelegenheit<br />
beim Hallenfest mit einem Glas<br />
Bier über die „alten Zeiten“ zu fachsimpeln.<br />
Die Gesamtveranstaltung schloss<br />
am Sonntag mit einer Serenade auf<br />
dem Marktplatz in Wittmund ab.<br />
Manfred Hupp<br />
In der <strong>Ausgabe</strong> III/<strong>2013</strong> werden wir ausführlich auf die<br />
außerdienststellung der F-<strong>4F</strong> „Phantom“ in Wort und Bild<br />
berichten.<br />
Außerdem setzen wir die Serie „Taktisches Kennzeichen<br />
37 + 11 F-<strong>4F</strong> „Phantom“ fort.<br />
37
39<br />
Impressum<br />
„Ems-Köppken“ ist die Zeitung der Traditionsgemeinschaft Westfalengeschwader<br />
e.V. Sie wird kostenlos an die Mitglieder des Vereins abgegeben.<br />
Herausgeber:<br />
Traditionsgemeinschaft Westfalengeschwader e.V.<br />
Die Traditionsgemeinschaft Westfalengeschwader e.V. trägt die Verantwortung<br />
für die Herausgabe und Inhalt dieser Zeitschrift. Leserbriefe, Texte sowie Bildbeiträge<br />
geben die Ansicht der Verfasser und nicht notwendigerweise die offizielle<br />
Meinung des BMVg, der Traditionsgemeinschaft oder der Redaktion wieder. Diese<br />
behält sich vor, Kürzungen und Veränderungen vor. Anonyme Briefe werden<br />
nicht veröffentlicht. Die Verfasser nicht namentlich gekennzeichneter Beiträge<br />
sind der Redaktion bekannt.<br />
Erscheinungsweise:<br />
„Ems-Köppken“ erscheint viermal jährlich in einer Auflage von 250 Exemplaren.<br />
Fotos: Archiv Traditionsgemeinschaft Westfalengeschwader und privat.<br />
Seitenanimation und Seitenlayout:<br />
Oberstabsfeldwebel a.D. Heiner Trübert<br />
Um mögliche Irritationen auszuschließen, müssen wir darauf hinweisen, dass<br />
eine eventuelle Inseration keine Auswirkungen auf gegenwärtige oder zukünftige<br />
Geschäftsbeziehungen mit den Mitgliedern der Traditionsgemeinschaft Westfalengeschwader<br />
e.V. hat.<br />
Redaktion:<br />
Vorstand Traditionsgemeinschaft Westfalengeschwader e.V.<br />
Redaktionsmitglieder:<br />
Oberstleutnant a.D. Manfred Hupp<br />
Hauptmann a.D. Manfred Wagner<br />
Stabsfeldwebel a. D. Peter Krenz<br />
Postanschrift:<br />
„Ems-Köppken“<br />
Traditionsgemeinschaft Westfalengeschwader e. V.<br />
Tremsenweg 1<br />
48429 Rheine<br />
Tel.: 05971 / 7629<br />
E-Mail: m.wagner-rheine@t-online.de<br />
www.westfalengeschwader.com<br />
Herstellung: flyeralarm GmbH
40<br />
Wir danken unseren Werbepartnern<br />
für die freundliche Unterstützung