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Psychologie<br />
Kein Vorsprung durch<br />
Erfahrung<br />
Uwe P. Kanning. Erfahrung ist<br />
nicht <strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Faktor.<br />
Professor Uwe P. Kanning<br />
räumt in seiner Kolumne über<br />
Wirtschaftspsychologie auf<br />
www.haufe.<strong>de</strong>/personal mit<br />
<strong>de</strong>m Vorurteil auf, dass Erfahrung<br />
ein Indikator für Leistung<br />
sei. Eine Studie aus <strong>de</strong>n 90er-<br />
Jahren belegte zum Beispiel<br />
dass die Korrelation zwischen<br />
Leistung und Aufgabenvielfalt<br />
mehr als viermal so hoch sei.<br />
Eine neue Studie bestätige gar,<br />
dass erfahrene Führungskräfte<br />
in <strong>de</strong>r Potenzialanalyse geringfügig<br />
schlechter abschnitten als<br />
jüngere, so <strong>de</strong>r Professor.<br />
Kanning erklärt dazu:<br />
• In manchen Berufsfel<strong>de</strong>rn,<br />
in <strong>de</strong>nen es nur einfache Aufgaben<br />
zu erledigen gilt, stellt<br />
sich schon nach recht kurzer<br />
Zeit ein so genannter „Deckeneffekt“<br />
ein. Wer zum Beispiel<br />
drei Jahre lang Schuhe verkauft,<br />
konnte wahrscheinlich<br />
bereits alles lernen, was es hier<br />
zu lernen gibt.<br />
• Lernen setzt voraus, dass<br />
man ein Feedback über die<br />
eigene Leistung erhält. Ein aussagekräftiges<br />
Feedback bleibt<br />
an vielen Arbeitsplätzen aber<br />
aus. So kann man als Führungskraft<br />
jahrein, jahraus schlecht<br />
führen, ohne jemals ein Feedback<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter fürchten<br />
zu müssen. Im Personalwesen<br />
wer<strong>de</strong>n so gut wie nie aussagekräftige<br />
Evaluationen durchgeführt<br />
und daher untaugliche<br />
Trainings o<strong>de</strong>r Auswahlverfahren<br />
als solche oft nicht erkannt.<br />
• Selbst wenn ein negatives<br />
Feedback vorliegt, mangelt<br />
es vielen an <strong>de</strong>r notwendigen<br />
Lernbereitschaft, um hieraus<br />
die notwendigen Konsequenzen<br />
zu ziehen. Generell<br />
neigen Menschen dazu, die<br />
Ursachen für Min<strong>de</strong>rleistung<br />
nicht bei sich selbst, son<strong>de</strong>rn<br />
in ihrer Umwelt zu suchen.<br />
Schuld sind die an<strong>de</strong>ren o<strong>de</strong>r<br />
die Umstän<strong>de</strong>. Geför<strong>de</strong>rt wird<br />
diese lernunfreundliche Grundhaltung<br />
durch das blin<strong>de</strong> Vertrauen<br />
auf die eigene Erfahrung.<br />
Fehler machen im Zweifelsfall<br />
die Grünschnäbel und<br />
Theoretiker, nicht aber man<br />
selbst.<br />
• Das Vertrauen in die Erfahrung<br />
stammt wohl aus einer<br />
längst vergangenen Arbeitswelt<br />
ohne Bücher und Wissenschaft,<br />
in <strong>de</strong>r sich ein Novize<br />
über viele Jahre hinweg durch<br />
Abschauen und Ausprobieren<br />
die Expertise <strong>de</strong>s alten Meisters<br />
aneignen musste. In einer<br />
Arbeitswelt, die zunehmend<br />
auf wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
angewiesen ist, die sich<br />
immer schneller weiterentwickeln,<br />
reichen die praktischen<br />
Erfahrungen <strong>de</strong>s Einzelnen lei<strong>de</strong>r<br />
meist nicht mehr aus, um<br />
alle anstehen<strong>de</strong>n Probleme gut<br />
bewältigen zu können.<br />
Was heißt das in <strong>de</strong>r Praxis?<br />
Kanning plädiert für ein strukturiertes<br />
Feedback-System, das<br />
eine „Eigen-Immunisierung“<br />
verhin<strong>de</strong>re – und dafür, unerfahrenen,<br />
aber gut qualifizierten<br />
Kollegen mehr zuzutrauen.<br />
05_2013 wirtschaft+weiterbildung 11