DER INTERNATIONAL LINEAR COLLIDER
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DER INTERNATIONAL LINEAR COLLIDER
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<strong>DER</strong> <strong>INTERNATIONAL</strong><br />
<strong>LINEAR</strong> COLLI<strong>DER</strong><br />
DAS TOR ZUR TECHNOLOGIE<br />
Wir Menschen wurden schon immer von dem Wunsch geleitet, die Welt,<br />
in der wir leben, zu verstehen. Die von Wissenscha�lern entwickelten<br />
Werkzeuge zur Erweiterung dieses Verständnisses haben wiederum<br />
Anwendungen hervorgebracht, die der Gesellscha� insgesamt zugute<br />
kommen und eine bedeutende Rolle in der Weltwirtscha� spielen.<br />
Die Teilchenphysik ist der Ausgangspunkt zahlreicher Innovationen,<br />
die ursprünglich nicht unbedingt Teil des Strebens nach dem<br />
Verständnis des Universums waren. Viele dieser Innovationen –<br />
medizinische Diagnose- und Therapieverfahren sowie das Internet<br />
sind zwei herausragende Beispiele dafür – haben unsere Art zu leben<br />
und zu arbeiten grundlegend verändert. Teilchenphysiker arbeiten<br />
weiterhin an den großen Fragen, und die Geschichte lehrt uns, dass die<br />
Instrumente der Zukun� zu anderen technologischen Durchbrüchen<br />
führen werden und dabei den Fortschritt in der Industrie vorantreiben<br />
und Beschä�igung in der Zukun� sichern werden. Eines dieser<br />
Instrumente ist ein Teilchenbeschleuniger, der International Linear<br />
Collider oder ILC.<br />
16.000 supraleitende Cavities<br />
beschleunigen die Teilchenstrahlen<br />
des ILC und könnten sich ebenfalls als<br />
Technologiebeschleuniger erweisen.<br />
In dem 31 Kilometer langen ILC mit seiner vollkommen neuartigen<br />
Technologie rasen die Elektronen und ihre Antiteilchen, die Posi-<br />
tronen, fast mit Lichtgeschwindigkeit aufeinander zu und kollidieren<br />
14.000 Mal pro Sekunden mit Rekordenergien von 500 Milliarden<br />
Elektronenvolt. Mit Hilfe des ILC kommen Entdeckungen in Reich weite,<br />
die unsere Vorstellungskra� von neuen Materieformen, Naturgesetzen<br />
und Dimensionen von Raum und Zeit erweitern und Albert Einsteins<br />
Vision einer Weltformel in den Mittelpunkt rücken könnten.<br />
Grundlagenforschung wird nicht mit dem Ziel betrieben, Computer<br />
noch schneller, Chips noch kleiner oder die Medizin noch besser zu<br />
machen. Wir wissen nicht, wohin uns die Erforschung der grundle-<br />
genden Bestandteile der Natur führt und welche nutzbringenden<br />
Innovationen daraus hervorgehen werden. Aufgrund der Erfolge der<br />
Vergangenheit können wir jedoch darauf vertrauen, dass in der einen<br />
oder anderen Form technologische Fortschritte erzielt werden.
<strong>DER</strong> <strong>INTERNATIONAL</strong> <strong>LINEAR</strong> COLLI<strong>DER</strong><br />
Medizin<br />
Computertomographie eines<br />
menschlichen Kopfes.<br />
MÖGLICHE ANWENDUNGEN<br />
<strong>DER</strong> ILC-TECHNOLOGIE<br />
Für den International Linear Collider sind anspruchsvolle Technologien<br />
erforderlich. Die auf der ersten Seite gezeigten supraleitenden Cavities, die mit<br />
Hochfrequenz betrieben werden, beschleunigen die Teilchen auf hohe Energien.<br />
Vollkommen neuartige Detektortechnologien werden die Teilchen aus den<br />
Kollisionen aufzeichnen. Das gesamte ILC-Projekt stellt eine große Herausforderung<br />
in Bezug auf sehr effiziente Teilchenbeschleunigung, die Reduzierung<br />
der Strahlengröße auf wenige Nanometer und die Vermessung von Teilchen<br />
mit beispielloser Präzision dar. Die ILC-Wissenschaftler auf der ganzen Welt<br />
erforschen Wege, um diese Herausforderungen zu meistern, und Industrieunternehmen<br />
bereiten sich darauf vor, High-Tech-Bauteile zu produzieren, von<br />
denen Sie einige in Ihrem täglichen Leben wieder finden werden.<br />
Instrumente der Zukunft<br />
Gammastrahlenbild eines Frachtcontainers.<br />
Foto: Fermilab Visual Media Services<br />
Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), die aus der physikalischen<br />
Erforschung der Antimaterie hervorgegangen ist, hat sich zu einem<br />
wichtigen Diagnoseinstrument entwickelt, da sie bislang nicht erhältliche<br />
Ansichten der chemischen Prozesse innerhalb lebender Organe ermöglicht.<br />
Die Protonentherapie ist eine wirksame Behandlungsmethode, mit der ein<br />
Tumor gezielt mit einer hohen Protonendosis direkt „beschossen“ wird.<br />
Diese Behandlung erfordert allerdings aufwändige und kostspielige Anlagen.<br />
Die neuen supraleitenden Hochfrequenz-Beschleunigungstechnologien<br />
machen es möglich, die Größe der Anlagen und auch ihren Energieverbrauch<br />
zu verringern. Die Strahlentherapie kann gezielter eingesetzt werden,<br />
wodurch gesundes Gewebe weniger zu Schaden kommt, da die Therapie mit<br />
dem Atemrhythmus des Patienten synchronisiert wird. Die supraleitende<br />
Technologie könnte zur Erzeugung monochromatischer Röntgenstrahlen<br />
für medizinische Diagnose- und Behandlungszwecke eingesetzt werden,<br />
wodurch vollkommen neuartige Sonden für biologische Prozesse und<br />
Gewebeproteinstrukturen sowie neue medizinische Techniken entwickelt<br />
werden könnten.<br />
Die Herausforderungen eines<br />
neuen Wissenscha�sprojekts kön-<br />
nen zur Weiterentwicklung vieler<br />
verschiedener Industrieprozesse<br />
führen und auf diese Weise auch<br />
die technologische Entwicklung<br />
und die Wirtscha� vorantreiben.<br />
Die winzigen Teilchenstrahlen des<br />
ILC erfordern zum Beispiel eine<br />
konstante Überwachung und schnelle, präzise Korrekturen. Die zu diesem Zweck entwickelten Instrumente werden<br />
dazu beitragen, Herstellungsverfahren für hochintegrierte elektronische Schaltungen zu entwickeln, die vielen In-<br />
dustrieprozessen und Produkten im Nanometerbereich einen erheblichen Au�rieb verleihen werden. PCs könnten<br />
durch die verbesserten Technologien für Elektronenstrahl-Lithographie kompakter und leichter werden. Techniken,<br />
die ursprünglich dazu dienen, den Beschleunigercavities ihren außergewöhnlichen Glanz zu verleihen, könnten zu<br />
billigeren, besser erarbeiteten Technologien für die Metallverarbeitungsindustrie führen. Das bei der Produktion<br />
von 16.000 supraleitenden Cavities und all ihrer Bestandteile gewonnene Know-how wird wahrscheinlich zur<br />
Verbreitung der supraleitenden Anwendungen im Allgemeinen beitragen. Die für den ILC entwickelten Elektronen-<br />
quellen könnten neue Elektronenmikroskope hervorbringen, die die Magnetplattenindustrie revolutionieren<br />
würden. Sogar der Alltag von Zollbeamten könnte von der Teilchenphysik profitieren, denn mit Hilfe von den für<br />
die Teilchenkollision entwickelten Technologien könnten Frachtcontainer noch effizienter durchleuchtet werden.<br />
Elektronen<br />
nicht maßstabsgerecht<br />
Linearbeschleuniger
Datenverarbeitung<br />
Dämpfungsringe Linearbeschleuniger<br />
ILC-Technologie und andere Wissenschaften<br />
Abbildung: SLAC<br />
Proteinstruktur dargestellt dank<br />
Röntgenstreuung in einem Synchrotron-<br />
Beschleuniger.<br />
Foto: CERN<br />
Ansicht eines Rechenzentrums der<br />
Teilchenphysik.<br />
Schematische Darstellung des<br />
International Linear Collider.<br />
31 km<br />
Länge = 310 Fußballfelder<br />
Positronen<br />
Credit: form one ®<br />
DAS TOR ZUR TECHNOLOGIE<br />
Die Datenübertragungsraten aus Experimenten wie denen des ILC oder des<br />
Large Hadron Collider (dem derzeitigen großen Beschleuniger der Teilchen-<br />
physik) sind enorm – vergleichbar mit dem gesamten Telekommunikations-<br />
verkehr auf der ganzen Welt. Die neuesten Computer- und Kommunikations-<br />
technologien und die fortschrittliche So�ware zum Management des<br />
Datenflusses auf dem Computing-Grid, die von Teilchenphysikern entwickelt<br />
wurden, sind unerlässlich, um die wachsende Nachfrage erfüllen zu<br />
können. Die in europäischen Laboren entwickelte MammoGrid-Datenbank<br />
übermittelt zum Beispiel Mammogramm-Informationen an Ärzte und<br />
Krankenhäuser. Ein Bestand von 30.000 Mammogrammen steht inzwischen<br />
zur Verfügung und trägt dazu bei, Leben zu retten.<br />
Die Supraleitungs-Technologie dür�e dazu beitragen, die Arbeiten an<br />
Energy Recovery Linacs (ERL) voranzutreiben, und auf diese Weise erheb-<br />
liche Größen- und Kosteneinsparungen ermöglichen. Mit ERLs werden die<br />
Studienmöglichkeiten in der Nuklear- und Materialwissenscha�, in der<br />
Chemie und der Strukturbiologie sowie bei Umweltstudien beträchtlich<br />
erweitert. Die ersten Freie-Elektronen-Laser (FEL), die jetzt in den USA, in<br />
Japan und in Deutschland gebaut werden, sind direkt aus den Forschungen<br />
zum Linear Collider hervorgegangen. Die Lichtquellen haben in den letzten<br />
Jahrhunderten in vielen Wissenscha�sbereichen bedeutende Fortschritte<br />
ermöglicht und zur Entwicklung zahlreicher Anwendungen geführt.<br />
Zum Beispiel haben Forscher bei der Advanced Light Source in den USA<br />
die Struktur des Vogelgrippevirus entdeckt und seine Besonderheiten<br />
für menschliche Rezeptoren analysiert. Die ILC-Technologie lässt sich<br />
ebenfalls auf die Protonen- und Kernbeschleunigung anwenden. Protonen-<br />
beschleuniger für intensive Spallations-Neutronenquellen bieten ein<br />
großes Potenzial für die Untersuchung biologischer Eigenscha�en. Weitere<br />
Anwendungen mit direkten Auswirkungen auf das tägliche Leben findet<br />
man in der Materialwissenscha�: medizinische Implantate, Korrosions-<br />
kontrolle, leichtere Flugzeuge und vieles mehr.<br />
Umwelt<br />
Aus der Supraleitungs-Technologie<br />
könnten sehr starke Gamma-<br />
strahlen zur Feststellung der<br />
Zusammensetzung von Atommüll<br />
entwickelt werden. Mit diesem<br />
Wissen könnten Neutronen-<br />
strahlen gezielt eingesetzt werden,<br />
um diesen Atommüll in harmlose<br />
stabile Kerne umzuwandeln. In<br />
Japan arbeitet eine asiatische<br />
Arbeits gruppe daran, dieses Poten-<br />
zial weiterzuentwickeln. ILC-Hoch-<br />
frequenzstromsysteme könnten<br />
eine entfernte chemische Analyse<br />
von Umweltgefahren ermöglichen.<br />
Überwachungstechnologien für<br />
präzise Strahlsteuerung könnten<br />
als Frühwarnsysteme seismischer<br />
Aktivität eingesetzt werden.
Foto: KEK<br />
<strong>DER</strong> <strong>INTERNATIONAL</strong> <strong>LINEAR</strong> COLLI<strong>DER</strong> DAS TOR ZUR TECHNOLOGIE<br />
MENSCHEN<br />
UND<br />
MÖGLICH-<br />
KEITEN<br />
Weitere Informationen im Internet:<br />
http://www.linearcollider.org<br />
Industrieforen zum ILC:<br />
http://www.eifast.eu<br />
http://www.lcfoa.org<br />
http://aaa-sentan.org<br />
In den letzten vier Jahrzehnten haben die Experimente in der<br />
Teilchenphysik eine stets wachsende internationale Dimension<br />
erhalten. Große Forschergruppen von Wissenscha�lern aus der<br />
ganzen Welt kommen zusammen, um ihr Wissen und ihre Daten<br />
miteinander zu teilen. Ein zentraler Vorteil dieser Zusammenarbeit<br />
ist die Entstehung enger kooperativer Arbeitsbeziehungen und eines<br />
gegenseitigen Vertrauens, das die Beziehungen unter den Nationen<br />
langfristig beeinflussen wird, sobald die Wissenscha�ler wichtige<br />
Positionen in ihren Heimatländern innehaben.<br />
Eine sofort spürbare Auswirkung ist bereits die große Anzahl<br />
an hochqualifizierten und innovativen Wissenscha�lern und<br />
Ingenieuren in der Medizin, der Industrie und im Handel, die neue<br />
Ideen und Talente für eine große Palette an Problemen mitbringen.<br />
Diese Broschüre basiert<br />
auf einem Bericht zu den<br />
Technologischen Nutzen, der<br />
von den Funding Agencies<br />
for the Large Collider (FALC)<br />
in Auftrag gegeben wurde.<br />
Den vollständigen Bericht<br />
(englisch) können Sie unter der<br />
nachstehenden Adresse abrufen:<br />
http://www.linearcollider.org/<br />
TechnologyBenefits<br />
Dieser „Technologiertransfer<br />
der Menschen“ hat bedeutende<br />
Auswirkungen auf die gesamte<br />
Gesellscha�.<br />
Die Teilchenphysik hat schon<br />
immer eine bedeutende Rolle<br />
dabei gespielt, das Interesse jun-<br />
ger Leute zu wecken und sie dazu<br />
zu ermutigen, eine berufliche<br />
Lau�ahn in der Wissenscha�<br />
und Technologie anzustreben.<br />
Die Forscher der Zukun�,<br />
die kreativ und ausdauernd<br />
grundlegende und<br />
anspruchsvolle Probleme in<br />
Angriff nehmen und lösen,<br />
werden neue Beschleunigungstechniken und Detektorprototypen<br />
entwickeln. Der ILC spielt eine bedeutende Rolle als Anziehungspunkt<br />
für eine neue Generation von Wissenscha�lern und Ingenieuren, die<br />
die Gesellscha� dringend benötigt.<br />
Vom Studenten bis zum Professor arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure aus der ganzen Welt am ILC.<br />
Kontakt: communicators@linearcollider.org | © ILC Global Design Effort 2009<br />
Mitglieder eines Industrieforums<br />
besichtigen eine Beschleunigertestanlage<br />
In Amerika, Asien und Europa<br />
bereiten Industrieforen die<br />
lokale Industrie auf die großen,<br />
anspruchsvollen und lohnenden<br />
Aufgaben vor, die der ILC mit sich<br />
bringen wird.<br />
design: www.form-one.de<br />
Foto: Fermilab