Reorganisation: Verbessern heißt verändern
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4 // FACHBEITRÄGE // AUSGABE 03-13 //<br />
fachbeiträge<br />
AUFBAUORGANISATION · ABLAUFORGANISATION · STRUKTUREN · PROZESSE<br />
<strong>Reorganisation</strong>: <strong>Verbessern</strong> heißt verändern<br />
Schon Winston Churchill wusste, dass es für Menschen und Organisationen überlebenswichtig ist, sich weiterzuentwickeln<br />
und sich der Umwelt anzupassen. In der aktuellen Dynamik des Gesundheits- und Sozialwesens<br />
bedeutet dies, seine Organisationsstrukturen und -abläufe ständig auf den Prüfstand zu stellen.<br />
<strong>Reorganisation</strong>en (auch Restrukturierungen) sind geplante<br />
und kontrollierte Umgestaltungen von Organisationsstrukturen<br />
und -abläufen. Im Fokus von <strong>Reorganisation</strong>en<br />
steht dabei zumeist die Aufbauorganisation, das Business<br />
Process Reengineering legt hingegen den Schwerpunkt<br />
auf die Neugestaltung der Ablauforganisation. Da Aufbau-<br />
und Ablauforganisation stets ineinandergreifen, ist<br />
diese Unterscheidung nicht stringent möglich. Die Auslöser<br />
für <strong>Reorganisation</strong>en sind vielfältig: wirtschaftliche<br />
oder strategische Krisen, starkes Wachstum, Zusammenlegung<br />
oder Trennung von Unternehmensbereichen,<br />
Zusammenschlüsse und Kooperationen, In-/Outsourcing<br />
oder schlicht Wechsel in Führungs- oder Aufsichtsgremien.<br />
Immer geht es darum, die Effizienz von Organisationen<br />
oder einzelnen Einheiten an aktuelle und zukünftige<br />
Anforderungen anzupassen. Dabei müssen sich gerade<br />
historisch gewachsene oder ineffiziente Strukturen und<br />
Prozesse folgende Fragen gefallen lassen:<br />
• Unterstützt die Organisationsstruktur das Erreichen<br />
der strategischen Ziele und die Umsetzung der<br />
Prozesse im Unternehmen?<br />
• Greifen die Organisationseinheiten und die darin<br />
agierenden Personen effizient ineinander?<br />
• Gibt es eindeutige Verantwortlichkeiten für<br />
Organisationseinheiten und Prozesse?<br />
• Hat das Personal die notwendigen Kompetenzen,<br />
Ressourcen und Anreize?<br />
• Passen Strategie, Struktur, Prozesse und Unternehmenskultur<br />
zueinander?<br />
Im Fokus von <strong>Reorganisation</strong><br />
In der Praxis finden sich unterschiedliche oder häufig<br />
auch miteinander kombinierte Schwerpunkte von Veränderungen<br />
in Organisationen, z. B. die <strong>Reorganisation</strong><br />
von Führungs- und Aufsichtsstrukturen, Geschäfts- und<br />
Tätigkeitsbereichen, gesellschaftsrechtlichen Strukturen,<br />
Verwaltungs- und Unterstützungsprozessen oder Leistungsprozessen.<br />
Anhand der Schwerpunkte ist schnell zu<br />
erkennen: <strong>Reorganisation</strong>en sind Chefsache. Aufgrund<br />
der zumeist hohen Komplexität und Bedeutung für das<br />
Unternehmen können sie nur schwer delegiert werden.<br />
Von der Planung bis zur Umsetzung<br />
<strong>Reorganisation</strong>en sind ein aktiver Prozess, der geplant<br />
und strukturiert gestaltet sein will. Grundsätzlich sollten<br />
dabei systematisch fünf Phasen durchlaufen werden:<br />
Planungsphase, Analysephase, Grobkonzeption, Detailkonzeption<br />
und Umsetzung. Wird ein Baustein gänzlich<br />
SCHWERPUNKTE<br />
<strong>Reorganisation</strong> der Führungsund<br />
Aufsichtsstrukturen<br />
<strong>Reorganisation</strong> von Geschäftsund<br />
Tätigkeitsbereichen<br />
<strong>Reorganisation</strong> der<br />
gesellschaftsrechtlichen Struktur<br />
<strong>Reorganisation</strong> von Verwaltungsund<br />
Unterstützungsprozessen<br />
<strong>Reorganisation</strong> von<br />
Leistungsprozessen<br />
BEISPIELE IN DER PRAXIS<br />
• Erweiterung des Vorstands und der zweiten Führungsebene mit einhergehender Aufgabenneuordnung<br />
• Etablierung zusätzlicher Führungsgremien mit einhergehender Neudefinition der<br />
Kommunikations- und Entscheidungswege<br />
• Zusammenfassung von Einrichtungen mit Gründung von Regionalzentren<br />
• Neusortierung von Dienstleistungen zu einzelnen Geschäftsbereichen<br />
• Umsetzung einer Holding-Struktur mit Tochtergesellschaften<br />
• Rechtsformwechsel aus einer Anstalt öffentlichen Rechts in eine Kapitalgesellschaft<br />
• Zentralisierung und Bündelung von Verwaltungsleistungen<br />
• Insourcing von Reinigungs- und Wäschereileistungen<br />
• Etablierung einer zentralen Notaufnahme mit einem Case Management im Krankenhaus<br />
• Neuordnung der Tourenplanung eines ambulanten Pflegedienstes
AUSGABE 03-13 // FACHBEITRÄGE // 5<br />
// DER ERFOLG JEDES UNTERNEHMENS BEGINNT DAMIT, DASS IRGENDJEMAND<br />
EINE MUTIGE ENTSCHEIDUNG TRIFFT // PETER F. DRUCKER<br />
ausgelassen oder unzureichend bearbeitet, sind häufig<br />
Folgeprobleme insbesondere bei der Umsetzung vorprogrammiert.<br />
Somit ist es unerlässlich, in einer ersten<br />
Planungsphase die Zielsetzung, Vorgehensweise, Verantwortlichkeiten<br />
sowie Zeit- und Terminplanung genau zu<br />
durchdenken und zu beschreiben. Ergebnis ist ein klarer<br />
Auftrag an interne (und gegebenenfalls externe) Beteiligte,<br />
welche Schwerpunkte mit welchen Rahmenbedingungen<br />
zu beachten sind und wann welche (Zwischen-) Ergebnisse<br />
vorzuliegen haben (Projektplan). Sind diese<br />
Vorrausetzungen geklärt, geht es in die Analysephase.<br />
Ob Neuorganisation von Geschäftsbereichen, Veränderungen<br />
in den Führungs- und Aufsichtsstrukturen oder<br />
Optimierung einzelner Verwaltungsbereiche: In jedem<br />
Fall sind Stärken und Schwächen sowie die Anforderungen<br />
an Anpassungen der Ausgangslage genau zu beleuchten.<br />
Diese Erkenntnisse bieten die Grundlage für<br />
alle weiteren Überlegungen und decken in den meisten<br />
Fällen auch bislang vernachlässigte Aspekte auf. So ist<br />
vielfach festzustellen, dass Unklarheiten und Schnittstellenprobleme<br />
in der Führungsorganisation auch mit<br />
Schwächen im Planungs- und Berichtswesen einhergehen.<br />
Auf Basis der Analysen können in einer Grobkonzeption<br />
mögliche Lösungsmodelle erarbeitet und zunächst<br />
grundsätzlich bewertet werden. Bei <strong>Reorganisation</strong> der<br />
Führungs- und Aufsichtsstrukturen ist in dieser Phase beispielsweise<br />
die Frage zu betrachten, ob Aufgaben in<br />
der Unternehmensleitung nach Sparten, nach Dienstleistungsbereichen<br />
oder in einer Mischform verteilt werden<br />
sollen. Zumeist gehen die Analysephase und die Grobkonzeption<br />
zeitlich Hand in Hand. Hat man sich auf<br />
Basis der Vor- und Nachteilsbewertungen möglicher<br />
Gestaltungsoptionen für eine Richtung entschieden, sind<br />
dann (und erst dann) Detailfragen der Umsetzung zu<br />
klären: Wie viele Führungskräfte werden für eine veränderte<br />
Führungsstruktur mit welchen Qualifikationen benötigt,<br />
wie sind Kommunikations- und Entscheidungswege<br />
auszugestalten oder welche formalen Anpassungen sind<br />
in Verträgen und Satzungen vorzunehmen? Häufig ist<br />
der Übergang in die eigentliche Umsetzungsphase aus<br />
der Detailkonzeption fließend, dennoch sind die Arbeitsschritte<br />
in dieser Schlussphase konsequent zu steuern.<br />
<strong>Reorganisation</strong>en richtig machen<br />
Ein gutes Konzept bedeutet eben noch kein gutes Ergebnis.<br />
So bergen <strong>Reorganisation</strong>en bei schon vorhandener<br />
Grundkomplexität eine Reihe von Stolpersteinen, weshalb<br />
Folgendes zu beachten ist:<br />
• Keine Musterlösungen überstülpen oder<br />
Wettbewerber pauschal kopieren<br />
• Realistische Planung und Steuerung des<br />
Gesamtprozesses<br />
• Frühzeitige Einbindung von Führungskräften und<br />
Schlüsselpersonen<br />
• Geplante und transparente Information der<br />
Mitarbeitenden<br />
• Angemessene Balance zwischen Formalisierung<br />
und Pragmatismus<br />
Auch wenn <strong>Reorganisation</strong>en es erfordern, aus der<br />
Vogelperspektive auf die Organisation oder einzelne<br />
Einheiten zu schauen, darf dabei das Tagesgeschäft<br />
nicht aus den Augen verloren werden. Die Verantwortlichen<br />
müssen sich über ihre eigenen Möglichkeiten und<br />
Grenzen in dieser wichtigen Phase im Klaren sein und<br />
die beteiligten Ressourcen entsprechend aufstellen. //<br />
FAZIT Mehr als drei Viertel aller <strong>Reorganisation</strong>sprozesse<br />
entstehen aus einer wirtschaftlichen, strategischen oder personellen<br />
Drucksituation – und nicht aus überlegter Entspannung<br />
– heraus. Dieses muss nicht schädlich sein, werden<br />
doch manchmal erst dadurch neue Gedanken oder Veränderungsbereitschaft<br />
ausgelöst. Diese sind für jede Organisation<br />
zwingend notwendig, um sich den internen und<br />
externen Rahmenbedingungen gut anpassen zu können.<br />
Matthias Borchers<br />
matthias.borchers@curacon.de