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Prof. Dr. K. Kassner Dr. V. Becker Theoretische Physik VI ...

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<strong>Prof</strong>.<strong>Dr</strong>.K.<strong>Kassner</strong><br />

<strong>Dr</strong>.V.<strong>Becker</strong><br />

<strong>Theoretische</strong><strong>Physik</strong><strong>VI</strong>:Kosmologie<br />

Blatt3<br />

SS2013<br />

25.04.2013<br />

3. Cepheiden 5Pkt.<br />

(a)<br />

Die Abbildung zeigt die Lichtkurven verschiedener etwa gleich weit von uns entfernten<br />

Cepheiden. Messen Sie die Länge der Perioden und tragen die Maxima und<br />

MinimaderHelligkeitgegendieseauf.Zeigtsicheine Regelmäßigkeit?<br />

(2Pkt.)<br />

(b)<br />

(c)<br />

WarumwäreHenriettaLeavittsEntdeckungderPerioden-Leuchtkraft-Beziehungmit<br />

Cepheidenaus derMilchstraßenicht ohne Weiteresmöglichgewesen?<br />

Mit dem Hubble-Weltraumteleskop kann man Sterne bis herab zu einer scheinbaren<br />

Helligkeit von m = 30mag erkennen. Welches ist die maximale Entfernung, die man<br />

mitderCepheiden-Methodenochbestimmenkann,wenndieabsoluteHelligkeitder<br />

leuchtkräftigstenCepheidenetwaum M = −5mag schwankt?<br />

(1Pkt.)<br />

(2Pkt.)<br />

4. Dipol-AnisotropiederkosmischenHintergrundstrahlung 6Pkt.<br />

Die kosmische Hintergrundstrahlung ist sehr homogen. Die größten Abweichungen von<br />

der Homogenität (≈ 0.1%) sind richtungsabhängig und entstehen durch die Bewegung<br />

derErderelativzurHintergrundstrahlung.WeitereAbweichungen(≈ 10 −3 %)entstanden<br />

durchDichteschwankungenunddamitverbundeneSchwankungenderRaumkrümmung<br />

zumZeitpunkt, als Photonen und Materieentkoppelten.<br />

(a)<br />

ZeigenSie,dasseinBeobachter,dersichrelativzurkosmischenHintergrundstrahlung<br />

miteinerGeschwindigkeit v bewegtundBeobachtungenineinerdurcheinenWinkel<br />

ϑ ′ zu seiner Bewegungsrichtung gegebenen Richtung durchführt, 1 deren Schwarzkörper-Spektrum,<br />

das im Ruhesystem die Temperatur T hat, als ein Schwarzkörper-<br />

(4Pkt.)<br />

1 WegenderAberrationbedeutetdies,dassdieStrahlungausSichtderQuelleuntereinemWinkel ϑausgesandt<br />

wurde,wobei cos ϑ ′ = (cos ϑ+v/c)/(1+(v/c)cos ϑ)<br />

Vorrechnen: 17.05.2013 1


<strong>Theoretische</strong><strong>Physik</strong> <strong>VI</strong>:Kosmologie<br />

SS2013<br />

Spektrum mitderTemperatur T ′ wahrnimmt, wobei<br />

T ′ =<br />

T<br />

γ(1− βcos ϑ ′ )<br />

[<br />

γ =<br />

) −1/2<br />

]<br />

(1− v2<br />

c 2 , β = v . (1)<br />

c<br />

(b)<br />

Hinweis: Es ist nützlich, sich vorzustellen, dass die Strahlung senkrecht auf einen Detektor<br />

mit gegebener Fläche einfällt, und dann zu berechnen, wie groß eine Fläche<br />

senkrecht zur Bewegungsrichtung des Beobachters sein muss, auf die dieselben Photonen<br />

(nun schräg) fallen. Diese senkrechte Fläche ist im Bezugssystem des Beobachters<br />

und dem der Strahlung 2 gleich groß, weil für sie die Längenkontraktion keine<br />

Rolle spielt. Dann ist es sinnvoll, sich zu überlegen, wieviele aus einem Raumwinkelelement<br />

kommende Photonen der Detektor pro Zeitintervall dt ′ empfängt. Dieselbe<br />

Photonenzahl muss ein relativ zur Strahlung ruhender Beobachter sehen, aber<br />

er drückt sie mithilfe der spektralen Photonendichte in seinem Bezugssystem aus.<br />

Gleichsetzung und Verwendung von aus den Lorentztransformationen (und/oder<br />

der Aberrationsformel) folgenden Beziehungen liefert eine Beziehung zwischen den<br />

PhotonendichtenindenbeidenBezugssystemen,diesichineinefürdiebeobachteten<br />

Temperaturen umrechnen lässt. Die üblicherweise betrachtete spektrale Energiedichte<br />

unterscheidet sich von der Photonendichte im Wesentlichen durch einen Faktor hν<br />

(alswenigerwesentlicheFaktorenkommennoch4π vomRaumwinkelund2vonder<br />

Anzahl derPolarisationenhinzu).<br />

Biszur erstenOrdnung in β entspricht diesderDipol-Anisotropie<br />

T(ϑ) = T 0 (1+ βcos ϑ). (2)<br />

(2Pkt.)<br />

Die Dipol-Anisotropie wird mit maximal 1.2·10 −3 T 0 gemessen. Bestimmen Sie die<br />

Geschwindigkeit der Erde relativ zum Ruhsystem des kosmischen Mikrowellenhintergrunds.<br />

Lösung:<br />

(a) Wir betrachten zwei Beobachter O und O ′ . Beobachter O sieht isotrope Schwarzkörperstrahlung<br />

und befindet sich relativ zur Strahlung in Ruhe. Beobachter O ′<br />

bewegtsichrelativzuO mitGeschwindigkeit v entlang der x-Achse.<br />

Der bewegte Beobachter führt einen Detektor mit sich. Dieser Detektor hat die<br />

Fläche A ′ , deren Flächennormale um den Winkel ϑ ′ gegen seine Bewegungsrichtung<br />

geneigtist.<br />

Der Detektor detektiert Strahlung aus einem Raumwinkelbereich dΩ ′ , die senkrechtzuseinerOberflächeeinfällt.AllePhotonen,diedieFläche<br />

A ′ treffen,müssen<br />

eine senkrecht zur Bewegungsrichtung von O ′ liegende Fläche der Größe A 0 =<br />

A ′ /|cos ϑ ′ | passieren, um zu A ′ zu gelangen (Skizze?). Diese Fläche einzuführen<br />

ist bequem, weil sie für beide Beobachter dieselbe Orientierung und Größe hat<br />

(das gilt nicht für A ′ , eine Fläche, die in Bewegungsrichtung der Längenkontraktion<br />

unterworfen ist und deren Winkel relativ zur Bewegungsrichtung für beide<br />

Beobachter aufgrundderLorentztransformationenverschiedenist).<br />

2 Also demBezugssystem eines Beobachters,fürden dieStrahlungisotrop ist.<br />

Vorrechnen: 17.05.2013 2


<strong>Theoretische</strong><strong>Physik</strong> <strong>VI</strong>:Kosmologie<br />

SS2013<br />

Sei n ′ (ν ′ , ϑ ′ ) die spektrale Photonendichte (Zahl von Photonen pro Volumenelement,<br />

Frequenzintervall und Raumwinkelelement), die vom Beobachter O ′ gesehen<br />

wird.Im Zeitintervalldt detektiertderDetektordann dN Photonen.<br />

dN = n ′ (ν ′ , ϑ ′ )dν ′ dΩ ′ A 0<br />

∣ ∣ cos ϑ ′∣ ∣cdt ′ (3)<br />

(Die Photonen kommen aus einem Volumen der Größe A 0 |cos ϑ ′ |cdt ′ , da wegen<br />

des schrägenEinfallseinSchiefzylinderderHöhe |cos ϑ ′ |cdt ′ durchlaufenwird.)<br />

ImkorrespondierendenZeitintervalldtsiehtBeobachterOdieselbeZahlanPhotonenaufdemDetektorvonO<br />

′ eintreffen,drücktdieseaberindenGrößenseines<br />

Bezugssystemaus.<br />

dN = n(ν)dνdΩA 0 |v+ccos ϑ|dt (4)<br />

(Hier kommen alle Photonen an, die im Volumen A 0 |v+ccos ϑ|dt liegen – O ′<br />

würde aufgrund seiner Bewegung auch dann Photonen einsammeln, wenn die<br />

in Ruhe wären. DaO isotrope Hintergrundstrahlung sieht, hängt n(ν) nicht noch<br />

voneinemWinkel ab.)<br />

Die TransformationenzwischendenbeidenBezugssystemenlauten<br />

dt ′ = dt<br />

γ<br />

cos ϑ ′ cos ϑ+β<br />

=<br />

1+ βcos ϑ<br />

dΩ ′ = dϕ dcos ϑ ′ =<br />

dΩ<br />

γ 2 (1+ βcos ϑ) 2 (7)<br />

ν ′ = νγ(1+ βcos ϑ). (8)<br />

Damit lassensichdiebeidenPhotonendichten ineinanderumrechnen.<br />

( ν<br />

n ′ (ν ′ , ϑ ′ ′) 2<br />

) = n(ν)<br />

(9)<br />

ν<br />

Mitderplanckschen StrahlungsformellässtsichdieTransformationderFrequenzen<br />

ineineTransformationvonTemperaturenum rechnen.<br />

n ′ (ν ′ , ϑ ′ 2ν<br />

) =<br />

′ 2<br />

( )<br />

c 3 e hν′<br />

kT ′ −1<br />

[<br />

aus U = 8πhν′ 3<br />

c 3 1<br />

e hν′<br />

kT ′ −1<br />

Setzten wir diesen Zusammenhang und den analogen Zusammenhang für n(ϑ)<br />

in Gleichung9ein,so erhaltenwir<br />

]<br />

(5)<br />

(6)<br />

(10)<br />

ν‘<br />

T ′ = ν T<br />

(11)<br />

bzw.<br />

T ′ (ϑ) =<br />

T<br />

γ(1− βcos ϑ ′ )<br />

(12)<br />

Vorrechnen: 17.05.2013 3


<strong>Theoretische</strong><strong>Physik</strong> <strong>VI</strong>:Kosmologie<br />

SS2013<br />

(b) EntwickelnwirGleichung (12) bis zurerstenOrdnung in β, so ergibtsich:<br />

T ′ ≈ T(1+ βcos ϑ) (13)<br />

Die maximale gemessene Anisotropie beträgt ca. 1.2·10 −3 . Mit ϑ = 0 ergibt sich<br />

dann<br />

1.2·10 −3 = T′ max<br />

T<br />

−1 = β (14)<br />

und somit v ≈ 360 km s<br />

. Abzüglich der bekannten Bewegungen der Sonne und der<br />

Milchstraße ergibtsich darauseine v ≈ 600 km s .<br />

5. Uran-Blei-Datierung 7Pkt.<br />

IndieserAufgabewollenwireinigeÜberlegungenanstellen,wiemanmithilfederbekannten<br />

Gesetzmäßigkeiten des radioaktiven Zerfalls aus dem gemessenen Gehalt bestimmter<br />

Isotope in GesteinenderenAlter bestimmenkann.<br />

Für diese Altersbestimmung interessant sind, wie wir im Einzelnen sehen werden, die<br />

ZerfallsreihenderbeidenUran-Isotope 235 Uund 238 U<br />

• Uran-Actinium-Reihe: 235 U → 207 Pb;Halbwertszeit: τ 235 = 7.04×10 8 a<br />

• Uran-Radium-Reihe: 238 U → 206 Pb;Halbwertszeit: τ 238 = 4.47×10 9 a<br />

Das stabilste und häufigste Blei-Isotop ist 208 Pb (es hat einen doppelt magischen Kern),<br />

aber auch 206 Pb und 207 Pb sind stabil.<br />

FolgendeErkenntnissedienenals Richtschnur beiderEntwicklung einerMethode:<br />

• Die Isotopenverhältnisse eines festen Elements in einer Probe können viel genauer<br />

bestimmtwerdenals Isotopenverhältnisse verschiedenerElemente.<br />

• DasUranimSonnensystemstammtmitAusnahmedesinderNeuzeitvonMenschen<br />

erzeugtenausderZeitvorderEntstehungdesPlanetensystems.Wenigstensgiltdies<br />

für die zwei betrachteten Isotope 235 U und 238 U. Sie wurden ursprünglich in einer<br />

Supernova (oder mehreren) erzeugt. Natürliche Prozesse produzieren seit der Entstehung<br />

der Sonne diese Isotope praktisch nicht mehr, weil die Halbwertszeit aller<br />

nochschwererenElemente(wiePlutonium),dieindiebetreffendenIsotopezerfallen<br />

könnten, so kurz sind, dass es sie nach ein paar Millionen Jahren nicht mehr in substanzieller<br />

Menge gab. (Einzig das Isotop 234 U wurde und wird weiter produziert,<br />

weilesdurch Zerfallvon 238 Uentsteht.)<br />

• Die Häufigkeit der beiden Uranisotope ist in verschiedenen Gegenden der Erde verschieden,<br />

sie kommen natürlich in Uranerz häufiger vor als in anderen Gesteinen.<br />

Aber das Verhältnis ihrer Häufigkeiten ist auf der Erde (und im ganzen Sonnensystem)<br />

homogen; dies ist das aktuelle Isotopenverhältnis in allen Gesteinsarten auf der<br />

Erde! Bei einem durch die Gegebenheiten im solaren Urnebel bestimmten anfänglichen<br />

Isotopenverhältnis ist das später vorliegende Häufigkeitsverhältnis nur eine<br />

Funktion der seither verstrichenen Zeit, solange weder Prozesse auftreten, die neues<br />

Uran erzeugen, noch solche, die die beiden Isotope voneinander trennen (was chemische<br />

Prozesse gar nicht und physikalische nur sehr ineffizient tun). Es folgt dann<br />

alleinausdenHalbwertszeitenderIsotope,derverstrichenenZeitunddemAnfangsquotienten.DasIsotopenverhältnis<br />

238 U/ 235 UistunsereUhr,mitderwirZeitenmessen<br />

können. Darauf basiert die ganze Datierungsmethode, mit der Eigentümlichkeit,<br />

Vorrechnen: 17.05.2013 4


<strong>Theoretische</strong><strong>Physik</strong> <strong>VI</strong>:Kosmologie<br />

SS2013<br />

dasswirdengegenwärtigenZeigerstandderUhrkennen,nichtaberdendesfrüheren<br />

Zeitpunkts, denwir ermittelnwollen.<br />

• Für die Verhältnisse stabiler Isotope bei niedrigeren Ordnungszahlen gelten etwas andereGesetzmäßigkeiten.SindbeideIsotopenichtTeil(alsoEndpunkt)einerradioaktiven<br />

Zerfallsreihe, so entstehen sie nicht neu, ihr Verhältnis bleibt also über die Zeit<br />

konstant. Das gilt zumindest für diejenigen Isotopenpaare, deren relativer Massenunterschied<br />

klein ist. Chemisch unterscheiden sich Isotope nicht, also müssen trennende<br />

Prozesse physikalischer Natur sein. Der relevante physikalische Unterschied<br />

ist aber der Massenunterschied der Atome. Beim Wasserstoff ist der groß; schweres<br />

Wasser hat eine Dichte von 1.105 g/cm 3 , könnte sich also in natürlichen Strömungen<br />

gegenüber normalem Wasser ab- oder anreichern. Aber bei Massenzahlen jenseitsvon100sinddiephysikalischeProzesse,dieIsotopetrennen,rarundineffizient,<br />

wie oben schon bemerkt. Kann mindestens eines von zwei stabilen Isotopen durch<br />

radioaktiven Zerfall entstehen, dann ist das Isotopenverhältnis prinzipiell variabel. Es<br />

hängt aber anders als das Verhältnis nicht nachgebildeter zerfallender Isotope nicht<br />

nur von der Zeit ab. Nehmen wir zur Vereinfachung der Diskussion an, dass beide<br />

Isotope aus Zerfallsreihen entstehen, wie es in unserer Aufgabe für 207 Pb und 206 Pb<br />

ja der Fall ist. Dann sind an der Bildung von beiden normalerweise verschiedene chemische<br />

Elemente beteiligt. Die Bildungsraten hängen davon ab, in welcher Menge<br />

diese Elemente zur Verfügung gestellt werden, und da können chemische Prozesse<br />

Einfluss nehmen. Nun ist das Anfangselement der Zerfallsreihe zwar hier in beiden<br />

FällenUran,aberdieReihegehtübermehrereZwischenstufen,dienichtdergleichen<br />

Elementsequenz entsprechen. Das deuten auch die Namen Uran-Actinium-Reihe für<br />

235 U → 207 Pb und Uran-Radium-Reihe für 238 U → 206 Pb an. Dass wir trotz vieler<br />

Zwischenschritte mit einer einzigen Halbwertszeit rechnen dürfen, liegt daran, dass<br />

dieHalbwertszeitdeserstenZerfallsinbeidenReihendieGesamtzeitdominiert.<br />

• Die Isotopenverhältnisse, wie sie bei der Entstehung alter Gesteine herrschten, sind<br />

nicht unbedingt bekannt. Aber siesind fürstabile Isotope bei gleicherEntstehungsart<br />

(z.B.MeteoritengesteinimsolarenUrnebel)gleich–dasisteineHomogenitätsannahme.<br />

(Für die Uranisotopne kann sie natürlich nicht gemacht werden, denn da ist das<br />

Isotopenverhältnis jaeine FunktionderZeit.)<br />

Bezeichnen wir die gegenwärtige Zeit mit t g , die Bildungszeit des zu untersuchenden Gesteins<br />

mit t 0 und setzen ∆t = t g − t 0 , so gilt, wenn wir Häufigkeiten eines Isotops mit<br />

dessenNamen und einerZeitkennzeichnung darstellen,offensichtlich:<br />

235 U ≡ 235 U(t g ) = 235 U 0 ×2 −∆t/τ 235<br />

( )<br />

∆ 207 Pb = 235 U 0 − 235 U = 235 U 2 ∆t/τ 235<br />

−1<br />

R 1 ≡ 207 Pb<br />

204 Pb = 207 Pb 0<br />

204 Pb + ∆ 207 Pb<br />

204 Pb<br />

Eine Häufigkeit ohne Index bezieht sich also auf die Gegenwart, eine mit Index 0 auf die<br />

Bildungszeit. ∆ 207 Pb ist die Differenz zwischen der gegenwärtigen und der zur Zeit t 0<br />

existierenden Menge an 207 Pb. Analoge Beziehungen gelten für den Zerfall von 238 U, und<br />

dieentsprechende relativeHäufigkeitvon 206 Pbbezeichnen wirmit R 2 .<br />

204 Pb, dessen Häufigkeit im Nenner steht, ist zwar kein stabiles Bleiisotop. Aber seine<br />

Halbwertszeitistgrößerals1.4×10 17 a,d.h.,eszerfälltmehrals10 7 mallangsameralsdie<br />

beiden Uranisotope. Auf der Zeitskala der gegenwärtigen Lebensdauer des Universums<br />

kann die in einer Probe durch Zerfall abhanden kommende Menge an 204 Pb guten Gewissensvernachlässigtwerden,esistalso<br />

”<br />

nahezu“ stabil.ZumanderengibteskeineZerfallsreihe,die<br />

204 Pbliefert.DamitnimmtdieHäufigkeitvon 204 PbineinemGesteinnachdessen<br />

Vorrechnen: 17.05.2013 5


<strong>Theoretische</strong><strong>Physik</strong> <strong>VI</strong>:Kosmologie<br />

SS2013<br />

Entstehungauchnichtmehrzu.EsgiltalsoinextremguterNäherung 204 Pb = 204 Pb 0 .HingegengibteseineZerfallsreihe,dieauf<br />

208 Pbführt( 232 Th→ 208 PbmiteinerHalbwertszeit<br />

von 1.405×10 10 a). Deshalb ist es nicht günstig, in der Definition von R 1 und R 2 in den<br />

Nenner dieMenge an 208 Pbzu schreiben.<br />

Messen können wir im Prinzip alle gegenwärtigen Größen, unbekannt sind alle Größen<br />

mit Index 0, also 235 U 0 und 238 U 0 , aber auch die zur Gesteinsbildungszeit bereits vorhandenenHäufigkeitenderstabilenIsotope<br />

206 Pb 0 und 207 Pb 0 .<br />

Misst man jedoch R i (A) und R i (B), i = 1,2 für zwei vor verschiedenen Zeiten ∆t A und<br />

∆t B entstandene Gesteine derselben Art, so kann man 206 Pb 0 und 207 Pb 0 eliminieren (die<br />

sind fürbeideGesteinssortengemäß derobigenHomogenitätsannahme dieselben).<br />

(a)<br />

(b)<br />

(c)<br />

FührenSie dieseEliminationdurch,d.h.entwickelnSie eineFormelfür<br />

q AB ≡ (R 1 (A)−R 1 (B))/(R 2 (A)−R 2 (B)).<br />

GrundsätzlichbräuchtenwirdenNenner 204 PbinderDefinitionvon R 1/2 nicht,denn<br />

wir interessieren uns nur für das Verhältnis q AB , aus dem wir (bei nicht zu unterschiedlichenZeiten<br />

∆t A und ∆t B )aufdasVerhältnisderUranisotopezurEntstehungszeit<br />

der Gesteine schließen können. Da wir jedoch dieses Verhältnis nicht in einer Gesteinsprobe<br />

messen können, müssten wir ohne ein drittes Bleiisotop zur Ermittlung<br />

der Differenzen R 1 (A)−R 1 (B) bzw. R 2 (A)−R 2 (B) die Absolutwerte von 207 Pb und<br />

206 Pb in beiden Proben messen, was sehr viel ungenauer ist als die Messung von Isotopenverhältnissenper<br />

Massenspektrometrie.<br />

Nehmen Sie im Weiteren explizit an, dass |∆t A − ∆t B | ≪ τ 235 , τ 238 und lösen Sie nach<br />

∆t A (oder ∆t B ) auf.<br />

Berechnen Sie das ungefähre Alter zweier Gesteinsproben, in denen die gemessenen<br />

relativenHäufigkeitenvon 207 Pbund 206 PbdieWerteR 1 (A) = 0.4205,R 2 (A) = 0.4590<br />

sowie R 1 (B) = 0.4197, R 2 (B) = 0.4586 haben. Außerdem ist bekannt, dass das gegenwärtigeVerhältnis<br />

derbeidenUran-Isotope 238 U/ 235 U=137.88ist.<br />

(2Pkt.)<br />

(3Pkt.)<br />

(2Pkt.)<br />

Lösung: Die Häufigkeiten, um die es hier geht, ergeben sich einerseits aus den primordialenAnfangsanteilenvon<br />

207 Pbund 206 Pb,d.h.denAnteilen,dienichtdurchden<br />

Zerfall instabiler Isotope anderer Atome entstanden sind, und andererseits aus den<br />

durch radioaktiven Zerfall entstandenen Anteilen. Das primordiale Isotopenverhältnis<br />

207 Pb 0 / 206 Pb 0 ist homogen. Sind die chemischen und dynamischen Verhältnisse<br />

bei der Entstehung gleichartiger Gesteine gleich, dann sollten die Absolutanteile an<br />

Blei gleich sein und damit auch die primordialen Anteile an Bleiisotopen. Die nicht<br />

primordialenAnteilesolltenauchgleichsein,wenndieChemiedieinsiezerfallenden<br />

Elemente während des Entstehungsprozesses der Gesteine in gleichen Mengen zur<br />

Verfügung stellt oder entzieht (ein chemischer Prozess könnte z.B. eine lösliche Radiumverbindung<br />

produzieren, die im Verlauf der Gesteinsentstehung ausgewaschen<br />

wird).So etwalässtsich dieHomogenitätsannahme rechtfertigen.<br />

(a) Für dieDifferenzvon R 1 erhaltenwir<br />

R 1 (A)−R 1 (B) = 207 Pb 0<br />

204 Pb + ∆ 207 Pb(∆t A )<br />

204 − 207 Pb 0<br />

Pb 204 Pb − ∆ 207 Pb(∆t B )<br />

204 Pb<br />

= 207 Pb(∆t A )− 207 Pb(∆t B )<br />

204 Pb<br />

Vorrechnen: 17.05.2013 6


<strong>Theoretische</strong><strong>Physik</strong> <strong>VI</strong>:Kosmologie<br />

SS2013<br />

sowie<br />

also<br />

R 2 (A)−R 2 (B) = 206 Pb(∆t A )− 206 Pb(∆t B )<br />

204 Pb<br />

q AB = 207 Pb(∆t A )− 207 Pb(∆t B )<br />

206 Pb(∆t A )− 206 Pb(∆t B )<br />

und können vonhier aballeBleiisotopeaußer 207 Pb und 206 Pb außerAcht lassen.<br />

MitdenGleichungenderAufgabenstellung lässtsich q AB wie folgtumformen<br />

235 U ( 2 ∆t A/τ 235<br />

−1 ) − 235 U ( 2 ∆t B/τ 235<br />

−1 )<br />

q AB =<br />

238 U(2 ∆t A/τ 238 −1)− 238 U(2 ∆t B/τ 238 −1)<br />

und wir erhalten:<br />

q AB = 235 U 2 ∆t A/τ 235<br />

−2 ∆t B/τ 235<br />

238 U 2 ∆t . (15)<br />

A/τ 238 −2 ∆t B /τ 238<br />

(b) Es ist klar, dass eine einzige Gleichung wie (15) nicht ausreichen kann, die zwei<br />

Zeiten ∆t A und ∆t B zu bestimmen. Nimmt man die beiden Zeiten jedoch als nahezu<br />

gleich an, so kann man eine von beiden (oder ihren Mittelwert) näherungsweise.berechnen<br />

q AB = 235 U<br />

238 U 2∆t A<br />

= 235 U<br />

238 U 2∆t A<br />

( ) 1<br />

τ<br />

− 1<br />

235 τ 1−2<br />

(∆t B −∆t A )/τ 235<br />

238<br />

1−2 (∆t B−∆t A )/τ 238<br />

( 1<br />

τ 235<br />

− 1<br />

τ 238<br />

)<br />

1−1−ln2(∆tB − ∆t A )/τ 235<br />

+O ( (∆t B − ∆t<br />

1−1−ln2(∆t B − A ) 2)<br />

∆t A )/τ 238<br />

= 235 ( )<br />

U 1<br />

238 U 2∆t A τ<br />

− 1<br />

235 τ τ238 238 +O ( (∆t B − ∆t A ) 2) ,<br />

τ 235<br />

wowirgemäß2 x = e ln2x = 1+ln2x+O ( x 2) entwickelthaben.DurchLogarithmierenerhaltenwir:<br />

lnq AB = 235 (<br />

U 1<br />

ln<br />

238 U +ln2∆t A − 1 )<br />

+ln τ 238<br />

,<br />

τ 235 τ 238 τ 235<br />

was sich leichtnach ∆t A auflösenlässt:<br />

,<br />

∆t A =<br />

ln τ 235<br />

238 U<br />

+ln<br />

τ 235 238 U +ln R 1(A)−R 1 (B)<br />

R 2 (A)−R 2 (B)<br />

( 1<br />

ln2 − 1 ) . (16)<br />

τ 235 τ 238<br />

Für ∆t B erhältman imRahmendieserNäherung dasselbeErgebnis.<br />

(c) Zwischenergebnisse:<br />

ln τ 235<br />

= ln 7.04<br />

τ 238 44.7 = −1.84837<br />

238 U<br />

ln<br />

235 = ln137.88 = 4.92638<br />

U<br />

q AB = 0.4205−0.4197<br />

0.4590−0.4586 = 2.0<br />

1<br />

− 1 = 1.1967×10 −9 a −1<br />

τ 235 τ 238<br />

Vorrechnen: 17.05.2013 7


<strong>Theoretische</strong><strong>Physik</strong> <strong>VI</strong>:Kosmologie<br />

SS2013<br />

Endergebnis:<br />

∆t A = 4.55×10 9 a.<br />

Es sind insgesamt 18 Punkte zu erreichen. Die Aufgaben sind zum unten genannten Termin<br />

vorzurechnen.<br />

Vorrechnen: 17.05.2013 8

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