Altpapier: Preisentwicklungen und Preisindizes - HWWI
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<strong>Altpapier</strong>:<br />
<strong>Preisentwicklungen</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Preisindizes</strong><br />
Michael Bräuninger, Arno Hantzsche, Friso Schlitte,<br />
Sven Schulze<br />
<strong>HWWI</strong> Policy<br />
Paper 76<br />
© Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (<strong>HWWI</strong>) | 2013<br />
ISSN 1862-4960
Ansprechpartner:<br />
Prof. Dr. Michael Bräuninger<br />
Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (<strong>HWWI</strong>)<br />
Heimhuder Straße 71 | 20148 Hamburg<br />
Tel +49 (0)40 34 05 76 - 330 | Fax +49 (0)40 34 05 76 - 776<br />
braeuninger@hwwi.org<br />
Dr. Sven Schulze<br />
Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (<strong>HWWI</strong>)<br />
Heimhuder Straße 71 | 20148 Hamburg<br />
Tel +49 (0)40 34 05 76 - 355 | Fax +49 (0)40 34 05 76 - 776<br />
s-schulze@hwwi.org<br />
<strong>HWWI</strong> Policy Paper<br />
Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (<strong>HWWI</strong>)<br />
Heimhuder Straße 71 | 20148 Hamburg<br />
Tel +49 (0)40 34 05 76 - 0 | Fax +49 (0)40 34 05 76 - 776<br />
info@hwwi.org | www.hwwi.org<br />
ISSN 1862-4960<br />
Redaktionsleitung:<br />
Prof. Dr. Thomas Straubhaar (Vorsitz)<br />
Prof. Dr. Michael Bräuninger<br />
Dr. Christina Boll<br />
© Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (<strong>HWWI</strong>) | April 2013<br />
Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes oder seiner Teile ist ohne<br />
Zustimmung des <strong>HWWI</strong> nicht gestattet. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,<br />
Mikroverfilmung, Einspeicherung <strong>und</strong> Verarbeitung in elektronischen Systemen.
<strong>HWWI</strong> Policy Paper Nr. 76<br />
<strong>Altpapier</strong>:<br />
<strong>Preisentwicklungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Preisindizes</strong><br />
Michael Bräuninger, Arno Hantzsche, Friso Schlitte,<br />
Sven Schulze<br />
Studie der <strong>HWWI</strong> Consult GmbH im Auftrag der Stadtreinigung Hamburg (AöR)<br />
© Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (<strong>HWWI</strong>) | 2013
Inhaltsverzeichnis<br />
1 | Problemstellung 4<br />
2 | <strong>Altpapier</strong>märkte 5<br />
2.1 | Globaler <strong>Altpapier</strong>handel <strong>und</strong> seine Grenzen 5<br />
2.2 | <strong>Altpapier</strong>recycling <strong>und</strong> -verbrauch in Deutschland 6<br />
2.3 | <strong>Altpapier</strong>sorten 7<br />
2.4 | Erfassungssysteme 8<br />
3 | Zur Ermittlung der wichtigsten <strong>Altpapier</strong>indizes 9<br />
3.1 | Wirtschaftsinformationsdienste 9<br />
3.2 | Statistikbehörden 10<br />
3.3 | Papierbörsen 11<br />
4 | Deskriptive <strong>und</strong> ökonometrische Analyse 12<br />
4.1 | Entwicklung von <strong>Preisindizes</strong> im Vergleich 12<br />
4.2 | Ökonometrische Analyse eines Strukturbruchs beim mittleren EUWID 15<br />
4.3 | Robustheit der Ergebnisse 17<br />
4.4 | Fazit der Analyse 19<br />
5 | Schlussfolgerungen 21<br />
6 | Literaturverzeichnis 22<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
3
1 | Problemstellung<br />
<strong>Altpapier</strong> ist bereits seit Längerem ein gefragter Sek<strong>und</strong>ärrohstoff. In der<br />
Papierproduktion kommt er in großem Umfang zum Einsatz <strong>und</strong> wird zugleich mittels<br />
etablierter Erfassungssysteme in Deutschland in hohem Maße getrennt von anderen<br />
Fraktionen zurückgeholt. Zwar unterliegen die Preise für die verschiedenen <strong>Altpapier</strong>sorten<br />
im Zeitablauf merklichen Schwankungen. Jedoch hat dies in der Vergangenheit<br />
der Rückholung <strong>und</strong> dem Recycling von <strong>Altpapier</strong> keinen Abbruch getan.<br />
Gegenstand der folgenden Untersuchung sind die <strong>Preisentwicklungen</strong> ausgewählter<br />
<strong>Altpapier</strong>sorten <strong>und</strong> deren Abbildung in <strong>Preisindizes</strong>. Die Fragestellungen sind dabei,<br />
inwieweit diese Indizes die <strong>Preisentwicklungen</strong> gut abbilden, ob ihnen dies gleichermaßen<br />
gelingt oder ob es beobachtbare <strong>und</strong> im Laufe der Zeit veränderliche Abweichungen gibt.<br />
Zu diesem Zweck erfolgt zunächst eine kurze Beschreibung der <strong>Altpapier</strong>märkte im<br />
globalen vor allem aber im europäischen <strong>und</strong> deutschen Kontext. Anschließend werden<br />
die gängigen Vorgehensweisen zur Ermittlung von <strong>Altpapier</strong>preisindizes dargestellt.<br />
Daraufhin analysiert das zentrale Kapitel die Zusammenhänge ausgewählter <strong>Altpapier</strong>preisindizes<br />
mit Hilfe deskriptiver <strong>und</strong> ökonometrischer Analysen. Einige Schlussfolgerungen<br />
r<strong>und</strong>en die Studie ab.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
4
2 | <strong>Altpapier</strong>märkte<br />
2.1 | Globaler <strong>Altpapier</strong>handel <strong>und</strong> seine Grenzen<br />
Papier ist das Produkt, das in Europa am meisten wiederverwertet wird. Gründe<br />
liegen einerseits im gestiegenen ökologischen Bewusstsein <strong>und</strong> immer strengeren<br />
rechtlichen Rahmen. 1 Andererseits wird <strong>Altpapier</strong> als Produktionsfaktor zunehmend<br />
bedeutender. So liegt der Anteil von <strong>Altpapier</strong> bei der Produktion von Papier <strong>und</strong> Pappe<br />
im europäi-schen Durchschnitt bei 54 %. Mit einer Recycling-Quote von 72 % wird in<br />
Europa so viel <strong>Altpapier</strong> für den Produktionsprozess zurückgeholt wie nirgendwo sonst<br />
auf der Welt.2 Insbesondere in Asien stehen relativ hohen Einsatzquoten von <strong>Altpapier</strong><br />
in der Produktion, weil vornehmlich niedrige Papierqualitäten hergestellt werden, sehr<br />
niedrige Rückholquoten gegenüber, da Mülltrenn- <strong>und</strong> Müllaufbereitungssysteme noch<br />
nicht ausreichend entwickelt sind. Infolge zunehmender Papierproduktion <strong>und</strong><br />
steigender Einsatzquoten haben sich in den letzten zehn Jahren die Exportmengen von<br />
<strong>Altpapier</strong> aus Europa verdreifacht, <strong>und</strong> zwar auf netto 8,9 Mio. Tonnen im Jahr 2011.<br />
Es hat sich ein globaler Handel mit <strong>Altpapier</strong> entwickelt (siehe Abbildung 1), wobei<br />
über 95 % der europäischen Exporte nach Asien gingen.3<br />
Abbildung 1<br />
1 Vgl. bspw. EU-Richtlinie 94/62/EG <strong>und</strong> Nachfolger: ec.europa.eu/environment/waste/packaging_index.htm.<br />
2 CEPI (2011).<br />
3 Vgl. CEPI (2011); Website European Recovered Paper Council (www.paperforrecycling.eu).<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
5
Das niedrige Preis-Mengen-Verhältnis <strong>und</strong> hohe Transportkosten relativ zum transportierten<br />
Wert setzen dem weltweiten Handel mit <strong>Altpapier</strong> aber Grenzen. Die Papierindustrie<br />
greift daher mehr als dreimal so häufig auf heimische Input-Faktoren<br />
zurück als die europäische Industrie im Durchschnitt (80 % vs. 25 % als Anteil heimischer<br />
Produktionsfaktoren im Vergleich zu importierten Faktoren).4 Den 8,9 Mio. Tonnen<br />
Nettoexporten stehen etwa 50 Mio. Tonnen an eingesetztem <strong>Altpapier</strong> in Europa<br />
gegenüber.<br />
So ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass der innereuropäische Handel einen viel größeren<br />
Stellenwert einnimmt. Mit 33,2 % der insgesamt in Europa recycelten Menge besitzt<br />
Deutschland dabei den bedeutendsten <strong>Altpapier</strong>markt des Kontinents, gefolgt von<br />
Frankreich <strong>und</strong> Spanien (je 10,5 %) sowie Italien (10,4 %).5 Bei einem Nettoimport von<br />
nur 0,9 Mio. Tonnen im Jahr 2010 standen 3,9 Mio. Tonnen <strong>Altpapier</strong>importen 3 Mio.<br />
Tonnen an Exporten gegenüber. Damit stammen dennoch etwa 24 % des von der Papierindustrie<br />
verbrauchten <strong>Altpapier</strong>s aus dem Ausland.6 Im Gegensatz zu deutschen<br />
Exporten, die zu 20 % ins nicht-europäische, hauptsächlich asiatische Ausland fließen,<br />
ist der Anteil nicht-europäischer Importe verschwindend gering. Größter Handelspartner<br />
Deutschlands sind die Niederlande (1 Mio. Tonnen Importe, 1,3 Mio. Exporte)<br />
gefolgt von den anderen direkten angrenzenden Nachbarländern sowie Großbritannien<br />
<strong>und</strong> Italien. Dieses Muster kurzer Handelswege, in dem sich die Signifikanz hoher<br />
Transportkosten relativ zu Mengenpreisen für <strong>Altpapier</strong> sehr gut niederschlägt, lässt<br />
zudem erwarten, dass <strong>Altpapier</strong>preise in diesen Nachbarstaaten eng korreliert mit<br />
deutschen Preisen sind.7<br />
2.2 | <strong>Altpapier</strong>recycling <strong>und</strong> -verbrauch in Deutschland<br />
Mit Rücklaufquoten nahe 80 % wird in Deutschland fast das gesamte Recyclingpotential<br />
ausgenutzt, da man davon ausgeht, dass 19 % der produzierten Papier- <strong>und</strong><br />
Pappemengen dauerhaft in Archiven <strong>und</strong> Bibliotheken sowie sanitär verschwinden.8<br />
Abbildung 2 zeigt, dass Rücklauf- <strong>und</strong> Einsatzquoten in Deutschland kontinuierlich<br />
gestiegen sind, insbesondere in den 1990er Jahren. Seit 2000 verharren die Quoten fast<br />
am oberen Limit, da die <strong>Altpapier</strong>-Einsatzquoten (2010: 70,3 %; 2012: 73,4 %9) aufgr<strong>und</strong><br />
eines zudem mit der Papierqualität variierenden Mindestanteils an notwendigen<br />
4 Vgl. ERPC (2011).<br />
5 Vgl. CEPI (2011).<br />
6 VDP (2011); Berechnungen <strong>HWWI</strong>.<br />
7 Vgl. auch Andrade/Thomas (2001), S. 43ff.<br />
8 Vgl. VDP (2011); Website ERPC.<br />
9 Vgl. VDP (2011/2013); Berechnungen <strong>HWWI</strong>.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
6
Frischfasern in der Papierproduktion ebenfalls begrenzt sind. Da beide Quoten also in<br />
der letzten Dekade relativ konstant, weil technisch limitiert, blieben <strong>und</strong> sich das <strong>Altpapier</strong>angebot<br />
zudem sehr preisinelastisch verhält (siehe unten), dürfte insbesondere<br />
die Produktion von Papier/Pappe/Karton (PPK) für im Folgenden zu untersuchende<br />
<strong>Preisentwicklungen</strong> relevant sein. PPK-Produktion <strong>und</strong> auch PPK-Verbrauch stiegen in<br />
Deutschland bis 2000 an <strong>und</strong> stabilisierten sich dann bei über 20 Mio. Tonnen, wobei der<br />
Konjunktureinbruch von 2008/09 zu einem deutlichen temporären Absinken führte.<br />
Abbildung 2<br />
Entwicklung verschiedener Kennzahlen im Papierbereich in Deutschland<br />
Tsd. t %<br />
25.000<br />
100<br />
20.000<br />
15.000<br />
10.000<br />
5.000<br />
0<br />
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Quellen: VDP (2011); <strong>HWWI</strong>.<br />
Einsatzquote Rücklaufquote PPK-Produktion<br />
AP-Verbrauch PPK-Verbrauch AP-Aufkommen<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
2.3 | <strong>Altpapier</strong>sorten<br />
<strong>Altpapier</strong> wird in zahlreichen verschiedenen Qualitätsstufen gehandelt, die ab 2013<br />
in einer revidierten Liste europäischer Standardgüteklassen (EN 643) festgehalten werden.<br />
Laut Dachverband der europäischen Papierindustrie CEPI (2011) machen Wellpappe<br />
(Sorte 1.05) <strong>und</strong> Kaufhausaltpapier (1.04) mit 44,3 % den größten Anteil zur Papierproduktion<br />
eingesetzten <strong>Altpapier</strong>s aus, gefolgt von Zeitungen/Zeitschriften<br />
(26 %). Im Folgenden soll der Fokus auf der Klasse „gemischtes <strong>Altpapier</strong>“ liegen, das<br />
einen Anteil von 19,1 % an der europäischen Gesamtproduktion besitzt <strong>und</strong> das die<br />
Sorte gemischtes sortiertes <strong>Altpapier</strong> (1.02) einschließt. Die Sorte 1.02 darf maximal zu<br />
40 % aus Zeitungen bestehen <strong>und</strong> enthält damit einen hohen Anteil an Verkaufsverpackungen<br />
aus Abfällen privater Haushalte. Höherwertiges <strong>Altpapier</strong> besitzt einen Anteil<br />
von 10,5 % am <strong>Altpapier</strong>verbrauch der Papierindustrie.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
7
Betrachtet man die Verwendungsseite, zeigt sich, dass gemischtes <strong>Altpapier</strong> zu<br />
87,6 % wieder für die Herstellung von Verpackungen genutzt wird. Zu 7,6 % landet es<br />
in der Produktion von Zeitungen <strong>und</strong> grafischen Papieren. Der Rest verteilt sich auf<br />
Haushalts- <strong>und</strong> Sanitärprodukte sowie anderes.<br />
2.4 | Erfassungssysteme<br />
Unterschiedliche Erfassungsorte <strong>und</strong> Systeme gehen mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten<br />
bei der Rückholung von <strong>Altpapier</strong> einher. Für die Sorte gemischtes <strong>Altpapier</strong><br />
1.02 ist die haushaltsnahe Erfassung die relevanteste. Diese trug im Jahr 2008<br />
mit einem Anteil von 39 % zum gesamten <strong>Altpapier</strong>aufkommen bei.10 Von der haushaltsnahen<br />
Erfassung zu unterscheiden ist die gewerbliche Erfassung (50 %) sowie die<br />
Erfassung <strong>und</strong> umgehende Wiederverwertung von Ausschuss <strong>und</strong> nicht verkaufter<br />
Ware direkt am Produktions- oder Verarbeitungsstandort (11 %).<br />
Während die gewerbliche <strong>Altpapier</strong>erfassung nach wie vor stetig zunimmt (2009: 7,7<br />
Mio. Tonnen), liegt die Menge haushaltsnah erfassten <strong>Altpapier</strong>s seit Ende der 1990er<br />
Jahre bei knapp über 6 Mio. Tonnen b<strong>und</strong>esweit. Die Abholung des <strong>Altpapier</strong>s wird in<br />
der Regel von kommunalen Entsorgern oder durch von Kommunen beauftragte Private<br />
übernommen. Die Erfassung erfolgt durch verschiedene Sammelsysteme, von<br />
denen die Monotonne („Blaue Tonne“) mit r<strong>und</strong> 66 % mittlerweile (2009) den größten<br />
Anteil <strong>Altpapier</strong> erfasst, gefolgt von Depotcontainern (16,5 %), Bündelsammlungen<br />
(4 %) <strong>und</strong> sonstigen Systemen (13,5 %). Dank des verstärkten Einsatzes der Monotonne<br />
konnte bei steigender absolut verbrauchter Papiermenge die Menge nicht erfassten<br />
<strong>Altpapier</strong>s zwischen 1990 <strong>und</strong> 2009 auf r<strong>und</strong> 2,6 Tonnen halbiert werden.11 Vor allem<br />
durch die Monotonne <strong>und</strong> Depotcontainer führen private Endverbraucher preisunabhängig<br />
konstant <strong>Altpapier</strong> zurück. Darüber hinaus ist das nicht gewerblich bereitgestellte<br />
<strong>Altpapier</strong>angebot relativ preisinelastisch, weil erstens Verpackungsaltpapiere,<br />
deren Anteil an haushaltsnah erfassten <strong>Altpapier</strong>en etwa 20 % beträgt, laut Verpackungsverordnung<br />
zu mindestens 70 % recycelt werden müssen. Zweitens unterliegen<br />
grafische <strong>Altpapier</strong>e einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Hersteller grafischer<br />
Papiere (vertreten durch die AGRAPA – Arbeitsgemeinschaft Grafische Papiere), nach<br />
der diese zu mindestens 80 % (±3 %) recycelt werden. An der Preisinelastizität ändern<br />
bei <strong>Altpapier</strong>preisen auf derzeitigem Niveau auch private Sammelstellen wenig, die<br />
(vor allem das Vorsortieren von) <strong>Altpapier</strong> geringfügig vergüten.<br />
10 Vgl. Bilitewski/Kügler (2010).<br />
11 Vgl. Bilitewski/Wagner (2010); VDP (2011).<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
8
3 | Zur Ermittlung der wichtigsten <strong>Altpapier</strong>indizes<br />
Preise <strong>und</strong> Preisindizies für gehandeltes <strong>Altpapier</strong> werden von drei Anbietertypen<br />
erfasst <strong>und</strong> berechnet. Die Daten privater Wirtschaftsinformationsdienste <strong>und</strong> öffentlicher<br />
Statistikbehörden basieren auf Umfragen zu in der Regel mittel- bis langfristigen<br />
Liefervereinbarungen. Kurzfristige Spotpreisentwicklungen werden auf Wertstoffbörsen<br />
erfasst.<br />
3.1 | Wirtschaftsinformationsdienste<br />
Für den deutschen <strong>Altpapier</strong>markt wichtigster Anbieter aktueller Preisinformationen<br />
ist der Europäische Wirtschaftsdienst (EUWID). Auf Gr<strong>und</strong>lage „eigenhändiger<br />
<strong>und</strong> unabhängiger“ Recherche sowohl bei Lieferanten als auch bei Nachfragern übermittelt<br />
dieser 1926 gegründete Wirtschaftsinformationsdienst, der u.a. auch in den<br />
Branchen Wasser, Holz, Möbel <strong>und</strong> neue Energien tätig ist, mehrmals im Monat Maximal-<br />
<strong>und</strong> Minimalpreise verschiedener Arten <strong>Altpapier</strong> (einschließlich gemischte<br />
Ballen, Kaufhausaltpapier, Deinkingware, etc. siehe Abbildung 3) an zahlende Abonnenten.12<br />
Diese Preise basieren in der Regel auf Monatsabschlüssen <strong>und</strong> werden „frei<br />
Werk“ inklusive Mautkosten angegeben. Neben Preisen zum deutschen <strong>Altpapier</strong>markt<br />
sind auch Daten zu französischen, italienischen, britischen <strong>und</strong> seit 2011 auch<br />
polnischen Märkten verfügbar. Von EUWID veröffentlichte Preise dienen häufig als<br />
Referenzwert beim Abschluss von Lieferverträgen. Ein weiterer privater Anbieter von<br />
europäischen <strong>Altpapier</strong>-<strong>Preisindizes</strong> ist FOEX Indexes, ein Unternehmen mit Sitz in<br />
Finnland, das monatlich <strong>und</strong> wöchentlich konsolidierte Preisdaten zur Verfügung<br />
stellt. Da <strong>Altpapier</strong>märkte nicht öffentlich <strong>und</strong> Anbieterdaten privat sind, bleibt die<br />
Erhebungsmethode intransparent.13<br />
12 Vgl. www.euwid-papier.de.<br />
13 Vgl. für eine Einschätzung Büsch (2011), S. 101f.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
9
Abbildung 3<br />
Händlerpreise* für <strong>Altpapier</strong> in Deutschland<br />
EUR/t<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Apr 2009 Jul 2009 Okt 2009 Jan 2010 Apr 2010 Jul 2010 Okt 2010 Jan 2011 Apr 2011<br />
Gemischte Ballen (1.02) Kaufhausaltpapier (1.04)<br />
Wellpappen-ll-Abfälle (4.03) Alte Zeitungen (2.01)<br />
Deinkingware /1.11) Bunte Akten (2.06)<br />
Multidruck (3.10) Weiße Rotationsabfälle (3.14/3.15)<br />
Weiße Kuvertspäne (3.18.01)<br />
*Preise basierend auf Monatsverträgen.<br />
Quellen: EUWID (2011); <strong>HWWI</strong>.<br />
3.2 | Statistikbehörden<br />
Ex post – das heißt r<strong>und</strong> vier Wochen nach Erhebung – werden <strong>Altpapier</strong>-<br />
<strong>Preisentwicklungen</strong> als lange Indexreihen vom Statistischen B<strong>und</strong>esamt für die Öffentlichkeit<br />
verfügbar gemacht. <strong>Altpapier</strong> (einschließlich der Sorten gemischt [Destatis<br />
1.02] <strong>und</strong> Kaufhausaltpapier [Destatis 1.04], siehe Abbildung 4) gehört dabei zu den<br />
406 Warenarten der Großhandelsverkaufspreis-Statistik, für die b<strong>und</strong>esweit monatlich<br />
über 1000 Händler zur Übermittlung aktueller Preise verpflichtet werden. Die Auswahl<br />
der Berichtsstellen erfolgt gezielt anhand des Handelsumsatzes, um Repräsentativität<br />
zu gewährleisten. Preise sind nicht saisonbereingt, enthalten Verbrauchssteuern,<br />
nicht jedoch die Umsatzsteuer <strong>und</strong> beziehen sich auf Vertragsabschlüsse am Stichtag<br />
(5. des Berichtsmonats), beziehungsweise kurz davor oder danach. Um die Vergleichbarkeit<br />
der Preise zu sichern, müssen Berichtsstellen zusätzlich Angaben zu Warenqualität,<br />
Liefermenge, Versandart, Käufertyp <strong>und</strong> Rabatten machen sowie gegebenenfalls<br />
vergleichbare Vormonatspreise melden.14 Für die EU-27 liegen Preisindikatoren<br />
14 Vgl. Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2012).<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
10
für <strong>Altpapier</strong> in der Eurostat-Handelsstatistik Comext vor. Die <strong>Preisindizes</strong> der Statistikbehörden<br />
dienen hauptsächlich zur Prognose zukünftiger Inflationstendenzen.<br />
Abbildung 4<br />
<strong>Preisindizes</strong> verschiedener <strong>Altpapier</strong>sorten<br />
Index, 2010=100<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Jan<br />
2001<br />
Nov<br />
2001<br />
Sep<br />
2002<br />
Jul<br />
2003<br />
Mai<br />
2004<br />
Mrz<br />
2005<br />
Jan<br />
2006<br />
Nov<br />
2006<br />
Gemischtes <strong>Altpapier</strong> (B 12–1.02), Gewicht 100 %<br />
Sep<br />
2007<br />
Jul<br />
2008<br />
Mai<br />
2009<br />
Mrz<br />
2010<br />
Jan<br />
2011<br />
Nov<br />
2011<br />
Sep<br />
2012<br />
Papier- <strong>und</strong> Pappereststoffe zur Papier- <strong>und</strong> Pappeherstellung (ohne gem. <strong>Altpapier</strong>), Gewicht 100 %<br />
Zeitungen <strong>und</strong> Illustrierte (D 31–1.08+1.09) sowie Deinkingware ( D39–1.11), Gewicht 33,5 %<br />
Tageszeitungen (E 12–2.01), Gewicht 8,6 %<br />
Kaufhausaltpapier (B 19–1.04), Gewicht 47,8 %<br />
Gebrauchte Wellpappe (W52–4.03), Gewicht 10,1 %<br />
Quellen: Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2013); <strong>HWWI</strong>.<br />
3.3 | Papierbörsen<br />
Mit zunehmendem <strong>Altpapier</strong>angebot <strong>und</strong> steigenden Wiederverwertungsquoten ist<br />
in den letzten Jahren die Bedeutung von <strong>Altpapier</strong>börsen gestiegen. Auf diesen Spotmärkten<br />
werden in der kurzen Frist hauptsächlich jene <strong>Altpapier</strong>mengen veräußert,<br />
deren Handel nicht durch längerfristige Verträge (Terminmarkt) abgedeckt ist. Volatilere<br />
Spotmarktpreise können kurzfristige Angebots- <strong>und</strong> Nachfrageänderungen abbilden,<br />
liegen allerdings – ebenso wie Daten von Informationsdiensten – nicht öffentlich,<br />
also nur registrierten Händlern vor. Mitgliederbasierte Online-Handelsplätze, wie die<br />
Inter-kontinentale Papierbörse (Inter-Continental Paper Exchange, paperfiber.com)<br />
sowie die European Recycler’s Exchange (euro.recycle.net), sind Beispiele solcher <strong>Altpapier</strong>börsen.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
11
4 | Deskriptive <strong>und</strong> ökonometrische Analyse<br />
Die vorherigen Kapitel haben gezeigt, dass <strong>Altpapier</strong> ein bedeutsamer Sek<strong>und</strong>ärrohstoff<br />
ist, dessen Preise größeren Schwankungen ausgesetzt sind. Dies lässt sich nicht<br />
nur an den reinen Preiszeitreihen sondern auch an aggregierten Indizes ablesen. Diese<br />
werden wiederum auf unterschiedliche Weise ermittelt. Trotzdem steht gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
zu erwarten, dass diese in enger Korrelation zueinander <strong>und</strong> zu den <strong>Preisentwicklungen</strong><br />
stehen. Sofern das im Zeitablauf nicht der Fall ist, spräche dies für Änderungen in<br />
der Erhebungs- oder Berechnungsmethode, die sich in einem sogenannten Strukturbruch<br />
widerspiegelten. Um Aufschlüsse über die Konsistenz verschiedener <strong>Preisindizes</strong><br />
im Allgemeinen <strong>und</strong> einen Strukturbruch bei der Entwicklung des EUWID-<br />
Preisindex „gemischte Ballen“ <strong>Altpapier</strong> im Speziellen zu erhalten, wird wie folgt vorgegangen:<br />
Zuerst wird deskriptiv dargestellt, wie sich der mittlere EUWID-Index, als<br />
Mittelwert zwischen berichteten Minimal- <strong>und</strong> Maximalpreisen, im Beobachtungszeitraum<br />
Januar 2001 bis Januar 2013 im Vergleich zu anderen nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />
Indizes für <strong>Altpapier</strong> verhielt. Die anschließende ökonometrische Analyse soll<br />
dazu dienen, Änderungen im relativen Verhalten zu ergründen.<br />
4.1 | Entwicklung von <strong>Preisindizes</strong> im Vergleich<br />
Hinsichtlich erfasster Preise ist am besten der Indikator 1.02 des Statistischen B<strong>und</strong>es-amtes,<br />
der monatliche Änderungen von Großhandelsverkaufspreisen für gemischtes<br />
<strong>Altpapier</strong> erfasst, mit dem mittleren EUWID-Index für gemischte Ballen zu vergleichen.<br />
Betrachtet man die Wertentwicklung seit Januar 2001 (=100 %), so zeigt sich<br />
tatsächlich ein relativ eng verb<strong>und</strong>ener Verlauf beider Indizes (Abbildung 5). Dieser<br />
Verlauf ist durch hohe Volatilität gekennzeichnet, welche wiederum die konjunkturelle<br />
Lage sehr gut abbildet. So führte die globale Wirtschaftskrise 2008/09 zu einem starken<br />
Verfall von <strong>Altpapier</strong>preisen. Nach einer überproportionalen Erholung 2010/11 liegen<br />
die Preise im Durchschnitt heute wieder auf dem mittleren Vorkrisen-Niveau.<br />
Der Indexvergleich in Abbildung 5 weist aber auch darauf hin, dass im Jahr 2008 ein<br />
Strukturbruch stattfand, der im nächsten Abschnitt ökonometrisch analysiert wird: Vor<br />
diesem Bruch lag der mittlere EUWID leicht über dem Destatis 1.02-Index, nach 2008<br />
aber deutlich darunter. Zudem nahm die Differenz in der Wertentwicklung beider Indizes<br />
seit 2008 signifikant zu.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
12
Abbildung 5<br />
Wertentwicklung<br />
Index, 01.2001=100%<br />
500%<br />
400%<br />
300%<br />
200%<br />
100%<br />
0%<br />
-100%<br />
Jan<br />
2001<br />
Nov<br />
2001<br />
Differenz Destatis 1.02 Mittlerer EUWID<br />
Sep<br />
2002<br />
Jul<br />
2003<br />
Mai<br />
2004<br />
Mrz<br />
2005<br />
Quellen: EUWID (2013); Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2013); <strong>HWWI</strong>.<br />
Jan<br />
2006<br />
Nov<br />
2006<br />
Sep<br />
2007<br />
Jul<br />
2008<br />
Mai<br />
2009<br />
Mrz<br />
2010<br />
Jan<br />
2011<br />
Nov<br />
2011<br />
Sep<br />
2012<br />
Vergleicht man die Indexentwicklung (Basisjahr 2010) mit denjenigen von SRHH-<br />
Recyclinghof-Ausschreibungen, Großhandelsverkaufspreisen für Kaufhausaltpapier<br />
(Destatis 1.04) sowie der Entwicklung von Zellstoffpreisen, so zeigt sich das gleiche<br />
Phänomen: In den letzten Jahren lag der mittlere EUWID auf einem vergleichsweise<br />
niedrigen Niveau (Abbildung 6).<br />
Abbildung 6<br />
<strong>Preisindizes</strong> für <strong>Altpapier</strong> im Vergleich<br />
Index, 2010=100<br />
180<br />
Destatis 1.02<br />
160 Destatis 1.04 (Kaufhausaltpapier)<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Jan<br />
2001<br />
Nov<br />
2001<br />
Sep<br />
2002<br />
Jul<br />
2003<br />
Mai<br />
2004<br />
Mrz<br />
2005<br />
Jan<br />
2006<br />
Quellen: EUWID (2013); Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2013); <strong>HWWI</strong>.<br />
Nov<br />
2006<br />
Mittlerer EUWID<br />
<strong>HWWI</strong>-Zellstoffpreis-Index<br />
Sep<br />
2007<br />
Jul<br />
2008<br />
Mai<br />
2009<br />
Mrz<br />
2010<br />
Jan<br />
2011<br />
Nov<br />
2011<br />
Sep<br />
2012<br />
Vom Europäischen Wirtschaftsdienst zur Verfügung gestellte Preisdaten anderer europäischer<br />
Länder können außerdem zum Vergleich dienen, da zu erwarten ist, dass<br />
Alt-papierpreise über Ländergrenzen hinweg eng korreliert sind. So wurden aus Auslands-daten<br />
ebenfalls mittlere Preisreihen berechnet, um zu analysieren, ob Struktur-<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
13
üche auch für sie gelten <strong>und</strong> damit beispielsweise in einer Änderung der Erhebungstechnik<br />
durch EUWID begründet sein könnten. Bereits der Blick auf die Daten spricht<br />
gegen diese Hypothese. Auch im europäischen Vergleich verlief der deutsche EUWID<br />
bis 2008 leicht überdurchschnittlich, danach deutlich unterdurchschnittlich (Abbildung<br />
7). Für die relative Wertentwicklung gilt dies genauso wie für absolute Preise. Ein Absinken<br />
der deutschen Preise ist umso weniger erklärlich als sich diese EUWID-Preise<br />
„frei Werk“ verstehen, das heißt inklusive Lieferkosten (<strong>und</strong> seit 2005/06 einschließlich<br />
Lkw-Maut), während die Preisreihen für Frankreich, Italien <strong>und</strong> Großbritannien von<br />
EUWID „ab Werk“ angegeben werden, das heißt Transportkosten zahlt der Empfänger.<br />
Abbildung 7<br />
Der mittlere EUWID im europäischen Vergleich<br />
EUR/t<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
Jan<br />
2001<br />
Dass strukturelle Änderungen des <strong>Altpapier</strong>marktes, beispielsweise durch den Zutritt<br />
von Billiganbietern, zu Verzerrungen des mittleren EUWID geführt haben, kann<br />
ausgeschlossen werden. Die Preisspanne zwischen Minimal- <strong>und</strong> Maximalpreis blieb<br />
seit 2003 relativ konstant zwischen 5 <strong>und</strong> 15 Euro (Abbildung 8).<br />
Abbildung 8<br />
Nov<br />
2001<br />
Sep<br />
2002<br />
Quellen: EUWID (2013); <strong>HWWI</strong>.<br />
EUR<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Jan<br />
2001<br />
Nov<br />
2001<br />
Mittlerer EUWID DE<br />
Mittlerer EUWID GB<br />
Sep<br />
2002<br />
Jul<br />
2003<br />
Jul<br />
2003<br />
Mai<br />
2004<br />
Mai<br />
2004<br />
Mrz<br />
2005<br />
Mrz<br />
2005<br />
Mittlerer EUWID FR<br />
Mittlerer EUWID IT<br />
Jan<br />
2006<br />
Jan<br />
2006<br />
Nov<br />
2006<br />
Nov<br />
2006<br />
Sep<br />
2007<br />
Sep<br />
2007<br />
Jul<br />
2008<br />
Jul<br />
2008<br />
Mai<br />
2009<br />
Mai<br />
2009<br />
Mrz<br />
2010<br />
Mrz<br />
2010<br />
Jan<br />
2011<br />
Jan<br />
2011<br />
Nov<br />
2011<br />
Nov<br />
2011<br />
Sep<br />
2012<br />
Preisspanne EUWID als Differenz zwischen Berichtspreismaximum <strong>und</strong> -minimum<br />
Quellen: EUWID (2013); <strong>HWWI</strong>.<br />
Sep<br />
2012<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
14
Aufschlussreich ist ebenfalls, dass ein Strukturbruch nicht nur beim deutschen EU-<br />
WID-Index für gemischte Ballen sondern (etwas später) auch beim EUWID-Index für<br />
die Zweitmengenvergütung festzustellen ist (Abbildung 9). Preise aus der Zweitmengenveräußerung<br />
als Spotmarktpreise liegen über denen für gemischte Ballen, welche<br />
meist auf Langfristverträgen basieren. Zwar hat die Differenz zwischen beiden EU-<br />
WID-Indizes kontinuierlich zugenommen. Allerdings nicht in einem Maße, dass ein<br />
Preisverfall des Index für gemischte Ballen ausgeglichen werden würde. Tatsächlich<br />
sank auch der Zweitmengenindex ab 2011 deutlich ab, verglichen mit dem Ausschreibungsindex<br />
der Stadtreinigung Hamburg – ebenfalls ein Spotmarktindex –, mit dem er<br />
im Jahr 2010 noch etwa gleich verlief.<br />
Abbildung 9<br />
Spotpreise für <strong>Altpapier</strong><br />
EUR/t<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Jan<br />
2007<br />
Differenz EUWID<br />
EUWID Zweitmengenvergütung<br />
Jun<br />
2007<br />
Nov<br />
2007<br />
Apr<br />
2008<br />
Sep<br />
2008<br />
Feb<br />
2009<br />
Quellen: EUWID (2013); Stadtreinigung HH (2013); <strong>HWWI</strong>.<br />
Jul<br />
2009<br />
EUWID<br />
Ausschreibung SRHH<br />
Dez<br />
2009<br />
Mai<br />
2010<br />
Okt<br />
2010<br />
Mrz<br />
2011<br />
Aug<br />
2011<br />
Jan<br />
2012<br />
Jun<br />
2012<br />
Nov<br />
2012<br />
4.2 | Ökonometrische Analyse eines Strukturbruchs beim mittleren EUWID<br />
Um der Hypothese eines Strukturbruchs beim mittleren EUWID für Deutschland im<br />
Jahr 2008 auf den Gr<strong>und</strong> zu gehen, wird in einem einfachen linearen Regressionsmodell<br />
dieser Index zuerst auf den Destatis-Index 1.02 regressiert.<br />
Wie erwartet, kann der Destatis-Index den mittleren EUWID gut erklären (R²=0,74).<br />
Um im Modell eine Änderung im Zusammenhang zwischen beiden Indizes zu berücksichtigen,<br />
bieten sich aus statistischer Sicht zwei Möglichkeiten: Die Aufnahme eines<br />
Jahresdummys, der vor Strukturbruch 2008 null, danach eins ist, sowie eines linearen<br />
Trends. Tabelle 1 zeigt, dass die Vorhersagekraft eines Modells sowohl mit Dummys<br />
<strong>und</strong> als auch Trend mit R²=0,95 die höchste ist (Modell IV).<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
15
Der negative Trend-Koeffizient bestätigt, dass die Differenz zwischen beiden Indizes<br />
im Zeitablauf größer wird. Der signifikante Jahresdummy wiederum unterstützt die<br />
Strukturbruch-Hypothese: Ab 2008 liegt der mittlere EUWID im Schnitt 13 Euro niedriger<br />
als es bei einer Fortschreibung der Entwicklung vor 2008 der Fall wäre.<br />
Tabelle 1<br />
Regressionsanalyse: mittlerer EUWID - Destatis 1.02<br />
Abhängige Variable: mittlerer EUWID (absolut in EUR)<br />
Zeitraum: 01.2001-12.2012<br />
Methode: Kleinste Quadrate<br />
Regressions-Gleichung: EUWID t = β 1 Destatis t + c + β 2 Dummy + β 3 t + ε t<br />
I II III IV<br />
Destatis 1.02 0,851 0,707 0,833 0,877<br />
(absolut in €) [62,61] [22,38] [48,69] [50,26]<br />
Konstante 10,473 9,629 11,981<br />
[5,00] [9,09] [11,38]<br />
Jahresdummys -19,297 -12,803<br />
ab 2008 [- 20,39] [-8,80]<br />
Trend -0,102<br />
[-5,54]<br />
R² 0,740 0,779 0,944 0,954<br />
1 % Signifikanzniveau; t-Statistiken in eckigen Klammern<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong>.<br />
Für einen Strukturbruch lässt sich zudem formal testen. Eine Möglichkeit besteht darin,<br />
die Stichprobe am Zeitpunkt des erwarteten Strukturbruchs zu teilen <strong>und</strong> zu testen,<br />
ob die Koeffizienten der Regressionen beider Teilstichproben gleich sind (Chow-<br />
Strukturbruch-Test). Führt man eine Reihe solcher Tests entlang der Zeitachse durch<br />
(Quandt-Andrews-Test), zeigt sich, dass die Null-Hypothese „Kein Strukturbruch“<br />
insbesondere für den Zeitpunkt Oktober 2008 klar abgelehnt werden muss (siehe Tab.<br />
2 <strong>und</strong> Abbildung 11 unten). In einer zweiten Testvariante werden Koeffizienten eines<br />
Regressionsmodells mit Teilstichproben ermittelt, die bis zum Strukturbruch reichen.<br />
Mithilfe dieser Koeffizienten wird versucht, den Verlauf der EUWID-Reihe nach Strukturbruch<br />
zu prognostizieren (Chow-Prognose-Test). Da die Prognose stark vom tatsächlichen<br />
Verlauf des mittleren EUWID abweicht, spricht sich auch dieser Test klar<br />
für einen Strukturbruch aus. 15<br />
15 Die Null-Hypothese „Kein Strukturbruch“ zum Zeitpunkt 10.2008 muss mit einem p-Wert=0,0000 (F-Statistik= 19,95) abgelehnt werden,<br />
siehe Tabelle 2 unten.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
16
Um zu verdeutlichen, wie der Verlauf des mittleren EUWID ohne Strukturbruch hätte<br />
aussehen können, wird das erklärungsstärkste Modell einer Regression des EUWID<br />
auf die Destatis-Reihe (mit Konstante <strong>und</strong> Trend) im Zeitraum 01.2001-09.2008 benutzt,<br />
um den Verlauf im Zeitraum 10.2008-12.2012 zu prognostizieren. Abbildung 10 zeigt,<br />
dass ohne die Verzerrung seit 2008 der mittlere EUWID heute zwar knapp unter der<br />
Benchmark-Reihe des Statistischen B<strong>und</strong>esamtes läge, aber nicht in einem Maße von<br />
dieser abweicht, wie es beim tatsächlichen mittleren EUWID der Fall ist.<br />
Abbildung 10<br />
Prognostizierter EUWID-Verlauf ohne Strukturbruch<br />
EUR/t<br />
160<br />
140<br />
Strukturbruch 10.2008<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Jan<br />
2001<br />
Nov<br />
2001<br />
Sep<br />
2002<br />
Jul<br />
2003<br />
Mai<br />
2004<br />
Mrz<br />
2005<br />
Jan<br />
2006<br />
Nov<br />
2006<br />
Sep<br />
2007<br />
Jul<br />
2008<br />
Mai<br />
2009<br />
Mrz<br />
2010<br />
Jan<br />
2011<br />
Mittlerer EUWID Destatis 1.02 Prognostizierter EUWID ohne Bruch<br />
Quellen: EUWID, 2013, Statistisches B<strong>und</strong>esamt, 2013; Berechnungen <strong>HWWI</strong>.<br />
Nov<br />
2011<br />
Sep<br />
2012<br />
4.3 | Robustheit der Ergebnisse<br />
Um die Robustheit des Strukturbruchs zu prüfen, wird das Regressionsmodell in einem<br />
ersten Schritt wie folgt geändert: Als Alternative zu Destatis 1.02 sollen nun die<br />
EUWID-Indizes aus Frankreich <strong>und</strong> Italien dazu dienen, den deutschen mittleren EU-<br />
WID zu er-klären. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 aufgeführt.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
17
Tabelle 2<br />
Regressionsanalysen 2<br />
Methode: Kleinste Quadrate<br />
Variablen als absolute Preise in EUR (Destatis 1.02 als Preis: Anfangswert zum 01.2001 = mittlerer EUWID)<br />
Abhängige<br />
Variable<br />
Erklärende<br />
Variable<br />
Steigungskoeffizient<br />
(gesamt)<br />
Bestimmtheitsmaß<br />
R²<br />
Steigungskoeffizient<br />
Andrews-Test:<br />
Quandt-<br />
(Teilstichprobe Zeitpunkt<br />
ab Bruch) Bruch<br />
QA-Test: F-<br />
Statistik,<br />
p-Wert<br />
EUWID DE Destatis 1.02 0,851 0,740 0,722 10.2008 361,3/0,0000<br />
EUWID DE EUWID FR 0,918 0,242 0,743 06.2008 205,4/0,0000<br />
EUWID DE EUWID IT 0,890 0,389 0,732 04.2008 243,7/0,0000<br />
EUWID DE<br />
EUWID GB<br />
(ab 07.2007)<br />
0,816 0,677 -- -- --<br />
EUWID FR Destatis 1.02 0,882 0,89 -- 05.2006 222,4/0,0000<br />
EUWID IT Destatis 1.02 0,922 0,923 -- 03.2007 106,7/0,0000<br />
EUWID GB<br />
(ab 07.2007)<br />
EUWID DE<br />
EUWID DE,<br />
Zweitmengenverg.<br />
Destatis 1.02<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong>.<br />
Destatis 1.02 0,916 0,875 -- 06.2011 14,7/0,0029<br />
SRHH-Ausschr.<br />
(ab 04.2010)<br />
SRHH-Ausschr.<br />
(ab 04.2010)<br />
SRHH-Ausschr.<br />
(ab 04.2010)<br />
0,584 0,219 -- -- --<br />
0,785 0,264 -- -- --<br />
0,829 0,405 -- -- --<br />
Es wird deutlich, dass der Index Destatis 1.02 den deutschen mittleren EUWID am<br />
besten erklären kann. Bemerkenswert ist aber auch, dass bei der Verwendung ausländischer<br />
EUWID-Indizes als Erklärungsvariablen das Merkmal des Strukturbruchs im Jahr<br />
2008 signifikant fortbesteht (französischer EUWID: Juni, italienischer EUWID: April).<br />
Um noch deutlicher zu zeigen, dass ein Bruch 2008 nur beim deutschen EUWID-<br />
Index stattfand, wird in einem zweiten Schritt der Index Destatis 1.02 verwendet, um<br />
neben dem deutschen auch den französischen, italienischen <strong>und</strong> (ab 2007) britischen<br />
EUWID-Index zu erklären. Überraschenderweise liegt das Bestimmtheitsmaß jeder<br />
dieser drei Regressionen höher als bei einer Regression des deutschen Index – ein Zeichen<br />
für Verzerrungen bei Letzterem. Tests zeigen signifikante Strukturbrüche auch<br />
bei Regressionen ausländischer Indizes auf Destatis 1.02 an. Allerdings sind vergleichbare<br />
Teststatistiken durchgehend niedriger, was für eine geringere relative Signifikanz von<br />
Strukturbrüchen spricht. Auch unterscheiden sich die Zeitpunkte, für die Strukturbrüche<br />
des französischen, italienischen <strong>und</strong> britischen Index am signifikantesten sind, stark vom<br />
Zeitpunkt 10.2008 eines Strukturbruchs beim deutschen EUWID (vgl. Abbildung 11).<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
18
Abbildung 11<br />
Größe der Strukturbruch-Teststatistik<br />
Likelihood Ratio F-Statistik, Quandt-Andrews-Test*<br />
400<br />
350<br />
Mittlerer EUWID DE<br />
300<br />
Mittlerer EUWID FR<br />
250<br />
Mittlerer EUWID IT<br />
200<br />
Mittlerer EUWID GB<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Jan<br />
2001<br />
Dez<br />
2001<br />
Nov<br />
2002<br />
Okt<br />
2003<br />
Sep<br />
2004<br />
Aug<br />
2005<br />
Jul<br />
2006<br />
*Regression auf Destatis 1.02.<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong>.<br />
Kein Zusammenhang konnte hingegen zwischen Zellstoff- <strong>und</strong> <strong>Altpapier</strong>preisen gef<strong>und</strong>en<br />
werden.16<br />
Jun<br />
2007<br />
Mai<br />
2008<br />
Apr<br />
2009<br />
Mrz<br />
2010<br />
Feb<br />
2011<br />
Jan<br />
2012<br />
Dez<br />
2012<br />
Schließlich wurde noch der Preisindex für Recyclinghof-Ausschreibungen der Stadtreinigung<br />
Hamburg auf seine Korrelation mit vergleichbaren Indizes hin getestet. Wie<br />
er-wartet, ist der Zusammenhang zwischen den SRHH-Preisen <strong>und</strong> Preisen der EU-<br />
WID Zweitmengenvergütung etwas stärker als zwischen SRHH-Preisen <strong>und</strong> dem mittleren<br />
EUWID für gemischte Ballen (R²=0,26 vs. R²=0,22). Deutlich stärker ist er jedoch<br />
zwischen SRHH-Preisen <strong>und</strong> Destatis-Preisen (R²=0,41). Dies kann als weiteres Zeichen<br />
für Verzerrungen des deutschen EUWID interpretiert werden.<br />
4.4 | Fazit der Analyse<br />
Die ökonometrische Analyse zeigt, was ein Blick auf die Datenreihen bereits suggeriert:<br />
Bei den durch EUWID veröffentlichten deutschen <strong>Altpapier</strong>preisen fand im Jahr<br />
2008 ein Strukturbruch statt. Bewegte sich der mittlere EUWID-Index vor dem Bruch<br />
eng mit vergleichbaren nationalen wie europäischen Indizes, sanken relative Preise<br />
nach 2008 deutlich ab. Dieses Phänomen ist unabhängig von strukturellen Änderungen<br />
im deutschen <strong>Altpapier</strong>markt. Auch trifft es nur auf den mittleren deutschen EUWID<br />
(<strong>und</strong> hiesige EUWID-Preise zur Zweitmengenvergütung) zu, weshalb Anpassungen<br />
der generellen Erhebungstechnik des Europäischen Wirtschaftsdienstes als unwahrscheinlich<br />
angesehen werden können. Aufschluss über die Gründe der Verzerrung<br />
16 Die einfache Regressionsanalyse, in der der <strong>HWWI</strong>-Holz- <strong>und</strong> Zellstoffpreisindex als erklärende Variable Verwendung findet, deutet weder auf<br />
einen Zusammenhang mit EUWID (R²=0,19) noch mit Destatis 1.02 (R²=0,21) hin. Damit werden die Ergebnisse von Angus et al. (2012) bestätigt.<br />
Andrade <strong>und</strong> Thomas (2001, S. 43ff.) hingegen fanden einen positiven Zusammenhang zwischen <strong>Altpapier</strong>- <strong>und</strong> Zellstoffpreisen (lags).<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
19
<strong>und</strong> Aussagen zu ihrer Korrektur könnte eine umfassende ökonometrische Analyse<br />
der Bestimmungsfaktoren von <strong>Altpapier</strong>preisen liefern.<br />
Die einfache Modellierung eines korrigierten EUWID-Index ohne die Eigenschaft eines<br />
Strukturbruchs zeigt, dass auf tatsächliche mittlere Preise etwa 25 Euro aufgeschlagen<br />
werden müssen, um Verzerrungen auszugleichen (Abbildung 12) – Tendenz steigend.<br />
Abbildung 12<br />
Korrekturaufschlag auf mittleren EUWID<br />
Differenz zwischen <strong>HWWI</strong>-Prognose ohne Strukturbruch <strong>und</strong> tatsächlichem EUWID<br />
EU/t<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
Jan<br />
2001<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong>.<br />
Dez<br />
2001<br />
Nov<br />
2002<br />
Okt<br />
2003<br />
Sep<br />
2004<br />
Aug<br />
2005<br />
Jul<br />
2006<br />
Jun<br />
2007<br />
Mai<br />
2008<br />
Apr<br />
2009<br />
Mrz<br />
2010<br />
Feb<br />
2011<br />
Jan<br />
2012<br />
Dez<br />
2012<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
20
5 | Schlussfolgerungen<br />
Ziel der Studie war eine Untersuchung der Entwicklung von <strong>Altpapier</strong>preisen <strong>und</strong><br />
deren Abbildung in Preisindices. Im Mittelpunkt stand dabei die Überprüfung ihrer<br />
Konsistenz sowie ihrer Fähigkeit, <strong>Preisentwicklungen</strong> gut wiederzugeben. Folgende<br />
Ergebnisse lassen sich festhalten.<br />
Das Marktgeschehen wird überwiegend durch die Mengen in Deutschland <strong>und</strong><br />
seinen europäischen Nachbarländern bestimmt, obgleich die Bedeutung des<br />
asiatischen Wirt-schaftsraumes vor allem als Exportmarkt stetig zunimmt. Im<br />
europäischen Kontext kann mithin ein weitgehender Gleichlauf der Preise erwartet<br />
werden. Sowohl ein für die Papierproduktion bedeutsamer Bedarf an <strong>Altpapier</strong> als<br />
auch Regelungen zum <strong>Altpapier</strong>recycling führen zu umfangreichen Mengenströmen<br />
dieses Sek<strong>und</strong>ärrohstoffes. Diese sind relativ preisinelastisch.<br />
Im Zeitablauf sind die Preise für alle <strong>Altpapier</strong>sorten sehr volatil. Die<br />
Preisentwicklung der einzelnen Sorten verläuft hierbei weitgehend parallel. Diese<br />
Preise werden von Wirtschaftsinformationsdiensten, Statistikbehörden <strong>und</strong> auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage von Daten von Papierbörsen erfasst, welche sich wiederum in<br />
sortenspezifische Preisreihen <strong>und</strong> -indizes überführen lassen. Da es sich bei<br />
befragungsbasierten Preiserhebungen meist um nicht öffentliche Informationen<br />
hinsichtlich Methode, Befragten usw. handelt, konn-ten hierzu keine näheren<br />
Aussagen getroffen werden.<br />
Die Untersuchung der dazu gehörigen Zeitreihen zeigt erstens, dass der mittlere<br />
EUWID-Preisindex für gemischte Ballen im Oktober 2008 einem Strukturbruch<br />
unterlag, denn während er bis dahin parallel oberhalb des Index Destatis 1.02 für<br />
gemischte Ballen lag, verlief er danach dauerhaft darunter. Zweitens gilt dieselbe<br />
Beobachtung für den deutschen Index im Vergleich zu denjenigen der europäischen<br />
Nachbarländer Großbritannien, Frankreich <strong>und</strong> Italien – gemessen an den jeweiligen<br />
mittleren EUWID-Preisen. Drittens fand der Strukturbruch zeitverzögert auch im<br />
EUWID-Index der Zweitmengenvergütung statt. Viertens wurde berechnet, dass der<br />
mittlere EUWID seit dem Strukturbruch im Mittel um 13 Euro höher liegen müsste;<br />
zudem ist der Korrekturaufschlag seit dem Strukturbruch größer geworden, so dass er<br />
am aktuellen Rand bei etwa 25 Euro liegt.<br />
In späteren Untersuchungen bietet es sich aufbauend auf diesen Ergebnissen an,<br />
zum einen systematisch die Einflussfaktoren der <strong>Altpapier</strong>preise zu identifizieren.<br />
Zum anderen sollten sich daraus Rückschlüsse für Preisindices ergeben.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
21
6 | Literaturverzeichnis<br />
Andrade, I./Thomas, S. (2001): An Econometric Analysis of Recovered Waste Paper Prices.<br />
In: Dhir/Limbachiya/Newlands (Hrsg.): Recovery and Recycling of Waste Paper.<br />
Telford, London.<br />
Angus, A./Rivas Casado, M./Fitzsimons, D. (2012): Exploring the usefulness of a simple<br />
linear regression model for <strong>und</strong>erstanding price movements of selected recycled materials<br />
in the UK. In: Conservation and Recycling, Vol. 60, S. 10-19.<br />
Bilitewski, B./Kügler, T. (2010): Grenzen des <strong>Altpapier</strong>recyclings. In: Tagungsband zum<br />
3. Nordhäuser Sek<strong>und</strong>ärrohstoff-Workshop am 21.-22. Oktober 2010.<br />
Bilitewski, B./Wagner, J. (2010): Gutachten zu Kosten-Erlös-Strukturen der haushaltsnahen<br />
<strong>Altpapier</strong>-Sammlung für Wirtschaftsverbände Papierverarbeitung.<br />
Büsch, M. (2011): Praxishandbuch Strategischer Einkauf. Methoden, Verfahren, Arbeitsblätter<br />
für professionelles Beschaffungsmanagement. 2. Auflage. Gabler/Springer,<br />
Wiesbaden.<br />
Confederation of European Papier Industries (CEPI) (2011): Key Statistics 2011 – Euro-pean<br />
Pulp and Paper Industry.<br />
Europäischer Wirtschaftsdienst (2011, 2013): Rubrik Recycling <strong>und</strong> Entsorgung. Unter:<br />
www.euwid-recycling.de, abgerufen am 15.08.2011 bzw. 07.02.2013.<br />
European Recovered Paper Council (ERPC) (2011): Monitoring Report 2011.<br />
Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (<strong>HWWI</strong>) (2013): <strong>HWWI</strong>-Rohstoffpreisindex, Teilindex<br />
Holz- <strong>und</strong> Zellstoffpreise. Unter: www.hwwi-rohindex.de.<br />
Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2012): Qualitätsbericht - Index der Großhandelsverkaufsprei-se.<br />
Wiesbaden.<br />
Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2013): Preise. Index der Großhandelsverkaufspreise - Altpa-pier<br />
<strong>und</strong> Altmetalle, Januar 2013. Wiesbaden.<br />
Verband Deutscher Papierfabriken (VDP) (2011): Papier 2011 – Ein Leistungsbericht.<br />
Verband Deutscher Papierfabriken (VDP) (2013): Kennzahlen deutscher Zellstoff- <strong>und</strong><br />
Papierfabriken.<br />
<strong>HWWI</strong> Policy | Paper Nr.76<br />
22
<strong>HWWI</strong> Policy Papers<br />
seit 2012<br />
75 Unterwertige Beschäftigung von Akademikerinnen <strong>und</strong> Akademikern – Umfang, Ursachen, Einkommenseffekte<br />
<strong>und</strong> Beitrag zur geschlechtsspezifischen Lohnlücke<br />
Christina Boll, Julian Leppin<br />
März 2013<br />
74 Mit einer Agenda 2020 ist Vollbeschäftigung möglich!<br />
Thomas Straubhaar<br />
März 2013<br />
73 10 Jahre Hartz-Reformen<br />
Michael Bräuninger, Jochen Michaelis, Madlen Sode<br />
März 2013<br />
72 Öffentlicher <strong>und</strong> intermediärer Kultursektor in Deutschland – eine quantitative Analyse der bewegten<br />
Finanzmittel <strong>und</strong> der Erwerbstätigkeit<br />
Dörte Nitt-Drießelmann<br />
November 2012<br />
71 Cloud Computing als Instrument für effiziente IT-Lösungen<br />
Michael Bräuninger, Justus Haucap, Katharina Stepping, Torben Stühmeier<br />
September 2012<br />
70 Europa in der Welt von heute: Wilhelm Röpke <strong>und</strong> die Zukunft der Europäischen Währungsunion<br />
Lars P. Feld<br />
August 2011<br />
69 Perspektiven Russlands in der Welthandelsorganisation (WTO)<br />
Georg Koopmann<br />
Mai 2012<br />
68 Kultur- <strong>und</strong> Kreativwirtschaft in Hamburg: privat er, öffentlicher <strong>und</strong> intermediärer Sektor in Zahlen<br />
Dörte Nitt-Drießelmann, Silvia Stiller, Jan Wedemeier<br />
Oktober 2012<br />
67 Liberalisierungspotenziale bei der Entsorgung gebrauchter Verpackungen aus Papier, Pappe <strong>und</strong> Karton<br />
Friso Schlitte, Sven Schulze, Thomas Straubhaar<br />
Mai 2012<br />
66 Erneuerbare Energien als Hoffnungsträger<br />
Michael Bräuninger, Lars Wenzel, Eckhardt Wohlers<br />
April 2012<br />
65 Strategien der Internationalisierung von KMU<br />
Gunnar Geyer, Amrisha Uriep<br />
Mai 2012<br />
64 Auswirkungen der Abfallgesetzgebung auf das Abfallaufkommen <strong>und</strong> die Behandlungskapazitäten bis 2020<br />
Sven Schulze, Friso Schlitte<br />
März 2012
Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut gemeinnützige GmbH (<strong>HWWI</strong>) ist eine unabhängige Beratungs- <strong>und</strong><br />
Forschungseinrichtung, die wirtschaftspolitisch relevante ökonomische <strong>und</strong> sozio-ökonomische Trends analysiert.<br />
Für seine praxisnahe Beratung stützt sich das <strong>HWWI</strong> auf Gr<strong>und</strong>lagenforschung <strong>und</strong> methodische Expertise.<br />
Auftrag- <strong>und</strong> Projektgeber des <strong>HWWI</strong> sind Unternehmen, Verbände, Ministerien, die EU-Kommission, Stiftungen<br />
<strong>und</strong> Einrichtungen der Forschungsförderung. Darüber hinaus engagiert sich das Institut in der wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Lehre sowie in der Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses.<br />
Neben dem Hauptsitz in Hamburg ist das <strong>HWWI</strong> mit Zweigniederlassungen in Bremen <strong>und</strong> Erfurt präsent.<br />
Die Themenfelder des <strong>HWWI</strong> sind:<br />
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Konjunktur <strong>und</strong> globale Märkte<br />
Regionalökonomie <strong>und</strong> Stadtentwicklung<br />
Sektoraler Wandel: Maritime Wirtschaft <strong>und</strong> Luftfahrt (<strong>HWWI</strong> in Bremen)<br />
Ordnungsökonomik <strong>und</strong> institutioneller Wandel (<strong>HWWI</strong> in Erfurt)<br />
Energie <strong>und</strong> Rohstoffmärkte<br />
Umwelt <strong>und</strong> Klima<br />
Demografie, Migration <strong>und</strong> Integration<br />
Erwerbstätigkeit <strong>und</strong> Familie<br />
Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sportökonomik<br />
Familienunternehmen<br />
Immobilien- <strong>und</strong> Vermögensmärkte.<br />
Das <strong>HWWI</strong> hat die private Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH. Gesellschafter des Instituts sind die Universität<br />
Hamburg <strong>und</strong> die Handelskammer Hamburg.
Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (<strong>HWWI</strong>)<br />
Heimhuder Straße 71 | 20148 Hamburg<br />
Tel +49 (0)40 34 05 76 - 0 | Fax +49 (0)40 34 05 76 - 776<br />
info@hwwi.org | www.hwwi.org