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1089_Loesung

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Assessorkurs Bayern<br />

Klausur Nr. <strong>1089</strong> / Lösung S. 6<br />

32<br />

33<br />

34<br />

35<br />

Entscheidend für die Vergleichsbetrachtung ist die<br />

Prognose des Schadensgutachtens; unerwartete Verteuerungen<br />

der Reparatur spielen hierfür keine Rolle:<br />

das Prognoserisiko trägt der Schädiger! 32 Umgekehrt:<br />

Führt erst ein nachträglich gewährter Rabatt<br />

der Werkstatt dazu, dass die 130%-Grenze unterschritten<br />

wird, so ist kein Zuschlag zu gewähren.<br />

Grund: Die Prognose des Gutachters, nach der die<br />

Reparatur in solch einem Fall unvernünftig war, ist<br />

dann gar nicht widerlegt. 33<br />

Neben der Notwendigkeit einer tatsächlich im Umfang<br />

der Schätzungen des Gutachtens durchgeführten<br />

und letztlich „fachmännischen“ Reparatur 34 ist<br />

weitere Voraussetzung für die Gewährung des Integritätszuschlags,<br />

dass der Geschädigte das Fahrzeug<br />

nach der Reparatur „für einen längeren Zeitraum“<br />

weiter nutzt („Haltefrist“). Im Regelfall wird hierfür<br />

ein Zeitraum von sechs Monaten anzunehmen sein,<br />

wenn nicht besondere Umstände eine andere Beurteilung<br />

rechtfertigen. 35<br />

Diese „Haltefrist“ folgt aus dem Zweck des Integritätszuschlags.<br />

Dieser wird deswegen gewährt, weil<br />

der Geschädigte besonderen Wert auf das ihm vertraute<br />

Fahrzeug legt, was den subjektiv-materiellen<br />

Wert des Wagens erhöht. Im Falle einer zügigen<br />

Veräußerung des Fahrzeugs nach der Reparatur fehlt<br />

es aber gerade an einer ausreichenden Dokumentati-<br />

Vgl. Pal./Grüneberg § 249, RN 25.<br />

Vgl. BGH NJW 2011, 1435 = Life & Law 2011, 392;<br />

Pal./Grüneberg § 249, RN 25 a.E.<br />

Der Zweck des Integritätszuschlags, dass der Geschädigte<br />

besonderen Wert auf das ihm vertraute Fahrzeug lege, verliert<br />

bei einer unvollständigen und vor allem nicht fachgerechten<br />

Reparatur eines total beschädigten Fahrzeugs in<br />

entscheidendem Maß an Bedeutung. Dass der Geschädigte<br />

Schadensersatz erhält, der den Wiederbeschaffungswert<br />

übersteigt, ist mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und Bereicherungsverbot<br />

nur dann zu vereinbaren, wenn er den<br />

Zustand des ihm vertrauten Fahrzeugs wie vor dem Unfall<br />

wiederherstellt (BGH NJW 2005, 1108 [1109 f.]).<br />

Vgl. BGH NJW 2008, 2183 [2184]; NJW 2009, 910 [911];<br />

NJW 2011, 667; Pal./Grüneberg § 249, RN 25. Dies ist<br />

aber keine Verschiebung der Fälligkeit eines Teils des<br />

Forderung (vgl. BGH NJW 2009, 910 [911]). Stattdessen<br />

geht es um ein reines Beweisproblem: Der auch für die<br />

Schadenshöhe darlegungs- und beweispflichtige Geschädigte<br />

muss nachweisen, dass er bei Erteilung des Reparaturauftrags<br />

die Absicht hatte, den Wagen danach weiter zu<br />

nutzen. Diesen Nutzungswillen, für den nach BGH das<br />

Beweismaß des § 287 ZPO gilt, kann er regelmäßig dann<br />

über die tatsächliche Weiternutzung nachweisen (vgl.<br />

BGH NJW 2008, 437 [438]). Der Anspruch war dann aber<br />

von Anfang an begründet! Die Versicherung muss also,<br />

wenn sie einen Verzug vermeiden will, vor Ablauf der<br />

Sechs-Monats-Frist zahlen, um ggf. im Falle der vorzeitigen<br />

Weiterveräußerung zu kondizieren.<br />

36<br />

37<br />

© RA Ingo Gold / Juli 2013<br />

on der besonderen Wertschätzung speziell an diesem<br />

konkreten Fahrzeug.<br />

Vorliegend sind diese Voraussetzungen des Integritätszuschlags<br />

nach dem Parteivortrag nicht gegeben,<br />

da der Kläger den Wagen bereits etwas mehr als<br />

zwei Monate nach dem Unfall veräußerte. Besondere<br />

Umstände, nach denen man eine „Haltefrist“ von<br />

nur etwa zwei Monaten als ausreichend ansehen<br />

könnte, hat der Kläger nicht konkret vorgetragen,<br />

sondern allenfalls pauschal behauptet.<br />

Unter diesen Umständen steht dem Kläger kein höherer<br />

Betrag zu, insbesondere kann er nur 100 % des<br />

Wiederbeschaffungsaufwands, also nicht des Wiederbeschaffungswerts<br />

fordern. Daher ergibt sich ein<br />

ersatzfähiger Sachschaden in Höhe von (netto)<br />

8.000 €.<br />

Exkurs: Hätte der Kläger nicht die Umsatzsteuer<br />

aus seiner Forderung ausgeklammert, hätte sich ein<br />

größeres Problem gestellt: Eine Umsatzsteuer für die<br />

Ersatzbeschaffung ist nämlich gar nicht angefallen.<br />

Man könnte überlegen, ihm insoweit die für die Reparatur<br />

gezahlte Umsatzsteuer zu erstatten. Das<br />

Problem besteht darin, dass er bei den hier gegebenen<br />

Zahlen gerade nicht auf der Reparaturkostenbasis<br />

abrechnen darf! Der BGH verneint die Ersatzfähigkeit<br />

der Umsatzsteuer in einem Fall der nicht<br />

vollständigen Selbstreparatur, bei der der Geschädigte<br />

nur den fiktiven Wiederbeschaffungsaufwand<br />

(ohne Umsatzsteuer) ersetzt bekommt; auch die tatsächlich<br />

(wohl z.B. für die Ersatzteile) gezahlte Umsatzsteuer<br />

sei dann nicht zu ersetzen! 36<br />

Aber: Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung,<br />

obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot<br />

nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten<br />

besteht, und rechnet er den Schaden konkret auf der<br />

Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs<br />

ab, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer<br />

zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich<br />

Umsatzsteuer angefallen ist. Der Anspruch ist<br />

dann auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei<br />

Durchführung der notwendigen Reparatur angefallen<br />

wäre. 37 Es handele sich hier – anders als im erstgenannten<br />

Fall – nicht um eine fiktive Schadensabrechnung,<br />

sondern um eine konkrete Schadensabrechnung<br />

auf der Grundlage der Beschaffung eines<br />

Ersatzfahrzeugs (die nur im Ergebnis in der Höhe<br />

dann nicht voll begründet ist).<br />

Vgl. BGH NJW 2005, 1110 [1111].<br />

Vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013, Az.: VI ZR<br />

363/11.

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