220 Tage im Jahr im Ausland unterwegs - gossauer-info
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PORTRÄT<br />
<strong>220</strong> <strong>Tage</strong> <strong>im</strong> <strong>Jahr</strong> <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong> <strong>unterwegs</strong><br />
Seit beinahe 40 <strong>Jahr</strong>en ist Robert Zwahlen für die Pöyry Energy AG, ehemals Elektrowatt<br />
Ingenieurunternehmung, für Projekte <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong> <strong>unterwegs</strong> – vor allem <strong>im</strong> Bereich Wasserkraft.<br />
Dank seiner langjährigen Erfahrung ist er ein gefragter internationaler Experte für die<br />
Weltbank, und seine Gutachten haben weitreichende Folgen.<br />
Text: Rita Gröbli; Fotos: zvg<br />
Der grossgewachsene Robert Zwahlen<br />
ist ein ruhiger und bedächtiger<br />
Mann, so schnell kann ihn wohl<br />
nichts aus der Ruhe bringen. Er empfängt<br />
mich in seiner Wohnung in<br />
Gossau, wo er seit 35 <strong>Jahr</strong>en wohnt.<br />
Die erwachsenen Kinder sind längst<br />
ausgeflogen, seine Frau Annerös<br />
hält die Stellung, wenn er wieder<br />
mal <strong>unterwegs</strong> ist. Und das ist sehr<br />
oft der Fall. Im letzten <strong>Jahr</strong> verbrachte<br />
er <strong>220</strong> <strong>Tage</strong> <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong>. Die Destinationen<br />
sind vielfältig. Nebst Projekten<br />
in Afrika, Südamerika und<br />
Südostasien betreut er zurzeit ein<br />
aufwendiges und komplexes Projekt<br />
in Tajikistan, von dem er gerade zurückgekehrt<br />
ist. Das rohstoffarme<br />
Land setzt auf Wasserkraftenergie,<br />
um die notorische Stromknappheit<br />
des Landes zu beenden, aber auch<br />
Robert Zwahlen in Diskussion mit kirgisischen Bauern bei der Heuernte<br />
auf der Pamir-Hochebene auf fast 4000 m ü. M. Tajikistan, Pamir, 2003.<br />
Hier, in der Verengung des Tales <strong>im</strong> Hintergrund, ist der mit 335 m höchste<br />
Staudamm der Welt <strong>im</strong> Bau. Tajikistan, Rogun, 2011.<br />
um später die Überschüsse zu exportieren.<br />
Dazu muss aber erst der<br />
höchste Staudamm der Welt (335<br />
Meter) fertiggebaut werden. Der Bau<br />
hat in den Achtzigerjahren, noch in<br />
der Sowjetunion, angefangen und<br />
wurde dann durch Unabhängigkeit<br />
und Bürgerkrieg gestoppt. Nun untern<strong>im</strong>mt<br />
Tajikistan Anstrengungen,<br />
die Arbeiten wieder aufzunehmen<br />
und das Projekt zu Ende zu führen.<br />
Im Moment sind bloss Unterhaltsund<br />
Instandstellungsarbeiten <strong>im</strong><br />
Gang, um zu verhindern, dass die<br />
bereits gebauten Teile der Anlage<br />
weiter Schaden nehmen. In die Umweltverträglichkeitsstudie,<br />
mit Ein-<br />
Gossauer Info 113/Juni 2013 73
PORTRÄT<br />
ROBERT ZWAHLEN<br />
Robert und Annerös Zwahlen mit Gastgebern in Bulunkul, einem kleinen<br />
Dorf <strong>im</strong> Pamir auf 3800 m ü. M. Tajikistan, Pamir, 2003.<br />
bezug von Umsiedlungen der Bevölkerung,<br />
aber auch der Widerstand<br />
des Nachbarlandes Usbekistan, das<br />
seine Landwirtschaft bedroht sieht,<br />
muss in seine Empfehlung an die<br />
Weltbank einfliessen. Bevor Gelder<br />
für das Projekt freigegeben<br />
werden, stützt sich die Weltbank<br />
auf verschiedene Expertisen, unter<br />
anderem auch auf die von Robert<br />
Zwahlen. Denn ohne das OK der<br />
Weltbank wird es unmöglich, für so<br />
ein gigantisches Projekt Investoren<br />
zu finden. Bis zum Herbst sollte die<br />
Studie abgeschlossen sein, und Robert<br />
Zwahlen ist sich bewusst, dass<br />
viel davon abhängt. Das Projekt bietet<br />
nebst dem Umweltbereich auch<br />
politischen Zündstoff zwischen den<br />
beiden Ländern Tajikistan und Usbekistan.<br />
In über 30 Ländern gearbeitet<br />
Zwahlen ist sich gewohnt, ungewöhnliche<br />
Projekte über mehrere<br />
<strong>Jahr</strong>e zu begleiten. So erinnert er<br />
sich an Sierre Leone, wo nach dem<br />
Bau des Staudammes Umsiedlun-<br />
Eine Frau vom Volk der Bakhtiari,<br />
vor ihrem Winterhaus. Ethnische<br />
Minderheiten sind oft benachteiligt<br />
und brauchen besonderen Schutz,<br />
wenn ihre Siedlungen von einem<br />
Projekt betroffen sind. Iran, 2005.<br />
Kinder amüsieren sich über die<br />
merkwürdigen Besucher. Laos, 2012.<br />
gen vorgenommen werden mussten.<br />
Für die überschwemmten «Heiligen<br />
Plätze» gab es eine Liste von Dingen,<br />
die es brauchte, um sich nach afrikanischer<br />
Mythologie von diesen Plätzen<br />
zu verabschieden. So brauchte es<br />
z. B. 20 weisse Ziegen, 10 Hühner, einen<br />
Sack Reis, einen Sack Salz, einen<br />
Kanister Öl und interessanterweise<br />
<strong>im</strong>mer Maggi-Würfel! «Wieso und<br />
warum, das habe ich nie herausgefunden,<br />
aber diese Würfel mussten<br />
<strong>im</strong>mer dabei sein», lacht Zwahlen.<br />
1978–1979 führte er eine Machbarkeitsstudie<br />
für ein Wasserkraftwerk<br />
in Uganda durch. Durch die<br />
Kriegswirren unter Idi Amin verzögerte<br />
sich alles, und seine damalige<br />
Empfehlung, das Kraftwerk nicht an<br />
diesem Standort zu bauen, weil es in<br />
den grössten Nationalpark zu stehen<br />
gekommen wäre, sieht er rückblickend<br />
als grossen Gewinn für die<br />
dortige Umwelt.<br />
Nach über 10 <strong>Jahr</strong>en Ungewissheit<br />
konnte Robert Zwahlen diesen Leuten<br />
schliesslich bestätigen, dass ihr<br />
Dorf vom Stausee nicht unter Wasser<br />
gesetzt werden würde. Die Frauen<br />
fingen spontan an zu tanzen.<br />
Sierra Leone, 2004.<br />
74 Gossauer Info 113/Juni 2013
PORTRÄT<br />
ROBERT ZWAHLEN<br />
Grossbaustelle Bujagali-Damm. Be<strong>im</strong> Bau eines Kraftwerkes muss unter anderem auch darauf geachtet werden,<br />
dass die Bedingungen hinsichtlich Umweltschutz und Arbeitssicherheit beachtet werden. Uganda, 2010.<br />
Durch seine Tätigkeit kommt Robert<br />
Zwahlen meistens in sehr<br />
abgelegene Gegenden, und die<br />
Komponente des sozialen Kontaktes<br />
mit den dortigen Bewohnern<br />
schätzt er sehr. Dass dabei auch oft<br />
exotisches Essen wie frittierte Heugümper<br />
auf den Tisch kommt, stört<br />
ihn nicht. «Wenn es jemand essen<br />
kann, so kann ich es auch», meint er<br />
schmunzelnd. Jedenfalls war er in all<br />
den <strong>Jahr</strong>en niemals krank, und die<br />
Malaria-Vorsorge lässt er heutzutage<br />
ganz beiseite. Der Einblick in das<br />
ursprüngliche afrikanische oder asiatische<br />
Leben fasziniert ihn. «Armut<br />
ist relativ. Dörfer in Laos zum Beispiel<br />
können sich gut ernähren, hier<br />
hapert es an der Schulbildung und<br />
an der medizinischen Versorgung.<br />
Ein Dorf in Tajikistan auf 4000<br />
Meter Höhe hat da eher Probleme,<br />
seine Bevölkerung und seine Tiere<br />
zu ernähren. Verslumung in afrikanischen<br />
Städten führt zu grossen<br />
Armutsproblemen, weil junge Dorfbewohner<br />
in die Städte wandern und<br />
keine geregelte Arbeit finden. Meiner<br />
Meinung nach ist hier das Bildungssystem<br />
falsch. So wurden kürzlich in<br />
Monrovia (Liberia) per Dekret der<br />
Präsidentin 9000 zusätzliche Studenten<br />
an der Uni aufgenommen, weil<br />
man Schulabgänger nicht auf die<br />
Strasse schicken wollte. Aber es gibt<br />
nicht mehr Dozenten und so bleibt<br />
die Bildung auf tiefem Niveau. Viel<br />
gescheiter wäre eine gute handwerkliche<br />
Ausbildung, damit nicht mehr<br />
so viel Pfuscharbeit verrichtet würde,<br />
und die Leute Stolz für ihre gut ausgeführte<br />
Arbeit entwickeln.<br />
Mit 66 <strong>Jahr</strong>en, da fängt<br />
das Leben an …<br />
Obschon er eigentlich bereits <strong>im</strong><br />
Pensionsalter ist, arbeitet Robert<br />
Zwahlen weiter. «Die Projekte, in die<br />
ich <strong>im</strong> Moment involviert bin (neben<br />
Rogun) sind ein Wasserkraftwerk in<br />
Liberia (Baubeginn vorgesehen für<br />
Ende dieses <strong>Jahr</strong>) und ein Projekt<br />
zur Verbesserung der Wohnsituation<br />
in den Slums von drei Städten in<br />
Kenia. Ausserdem bin ich Mitglied<br />
in drei Expertenkommissionen für<br />
Wasserkraftwerke in Guyana, Ruanda<br />
und Kamerun, zwei in Planung,<br />
eines <strong>im</strong> Bau. Alle Projekte bedingen<br />
eine lange Planungsphase, und<br />
es braucht Geduld und ist oft frustrierend,<br />
denn obschon die Finanzierung<br />
gesichert ist, passiert nichts<br />
– wegen der gesetzlichen Vorgaben<br />
Gossauer Info 113/Juni 2013 75
PORTRÄT<br />
ROBERT ZWAHLEN<br />
le bei der Elektrowatt entschied, die<br />
einen Zoologen mit Felderfahrung<br />
für ihre Abteilung Ökologie suchte.<br />
In seiner Berufslaufbahn gab es einmal<br />
eine Option, nach Chile auszuwandern,<br />
doch leider wurde nichts<br />
daraus. Chile ist aber nach wie vor<br />
eines seiner Lieblingsländer.<br />
Robert Zwahlen ist glücklich, dass er<br />
in der Schweiz geboren wurde. «Bei<br />
uns will jeder gute Arbeit leisten<br />
und setzt sich dementsprechend ein.<br />
Wir haben wirklich keine dramatischen<br />
Probleme und klagen auf sehr<br />
hohem Niveau!»<br />
Für Hobbys reicht die Zeit kaum aus.<br />
Auf seinen Reisen fotografiert er gerund<br />
Best<strong>im</strong>mungen, oder weil viel<br />
mehr Leute mitreden.»<br />
Am liebsten Zoodirektor<br />
Geboren ist Robert Zwahlen in<br />
Saanen <strong>im</strong> Berner Oberland, aufgewachsen<br />
aber in Biel, wo er das<br />
Gymnasium mit der Matura abschloss.<br />
Als Erster der Familie hat<br />
er eine akademische Laufbahn eingeschlagen<br />
und Biologie studiert.<br />
Eine Gruppe von Studenten nahm<br />
sich der Feldarbeit mit freilebenden<br />
Tieren an. Sie untersuchten das Leben<br />
der Eichhörnchen, von denen<br />
man erstaunlicherweise nicht sehr<br />
viel wusste. 1974 schrieb er seine<br />
Doktorarbeit über diese putzigen<br />
Tierchen. Während des Studiums<br />
unterrichtete er am Gymnasium<br />
Biologie, um das Studium zu finanzieren.<br />
In dieser Zeit bearbeitete er<br />
mit einem Kollegen eine Neuauflage<br />
des Zoologiebuches. Obschon er<br />
während 10 <strong>Jahr</strong>en eine Hilfslehrerstelle<br />
inne hatte, Lehrer wollte er nie<br />
werden. Er liebäugelte mit einem<br />
Job in einem Zoo und bewarb sich<br />
in den USA. «Natürlich wäre ich<br />
am liebsten Zoodirektor geworden»,<br />
meint er lachend. Er bewarb sich<br />
auch als Redaktor bei der Zeitschrift<br />
«Das Tier». Der Zufall wollte es<br />
dann, dass er zwischen zwei Stellen<br />
wählen konnte und sich für die Stel-<br />
Mit den Kindern Amanda und Martin auf einer Wanderung <strong>im</strong> Tösstal.<br />
ne und interessiert sich für Linguistik.<br />
Das Ferienhaus <strong>im</strong> S<strong>im</strong>mental<br />
soll in Zukunft wieder mehr besucht<br />
werden, doch momentan ist keine<br />
Reduktion seiner Arbeitsbelastung<br />
in Sicht. «Meine Arbeit ist einfach<br />
so interessant und spannend!»<br />
Mit seiner Frau untern<strong>im</strong>mt er <strong>im</strong><br />
Herbst eine Reise in die Mongolei<br />
und will die Wüste Gobi durchqueren.<br />
Am 17. Oktober 2012 wurde <strong>im</strong><br />
Schweizer Fernsehen «Rundschau»<br />
der Beitrag «Kampf ums Wasser»<br />
von Christof Franzen über Robert<br />
Zwahlen ausgestrahlt.<br />
Wirtschaft fördern<br />
Steuern gerecht erheben<br />
und nicht:<br />
Wer hat, dem wird gegeben<br />
ERICH SCHMALZ<br />
Keramische Wand- und<br />
Bodenbeläge, Natursteine<br />
Kittfugen<br />
Telefon 079 291 27 18<br />
Fax 043 540 62 27<br />
E-Mail schmalz-keramik@gmx.ch<br />
Grünaustrasse 9, 8624 Grüt ZH<br />
76 Gossauer Info 113/Juni 2013