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Vollständiges Gutachten vom 7. August 2013 im PDF-Format

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seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit best<strong>im</strong>men kann. In dieser<br />

handelsrechtlichen Abgrenzung zwischen selbständigem Handelsvertreter und abhängig<br />

beschäftigten kaufmännischen Angestellten ist über den direkten Anwendungsbereich<br />

hinweg eine allgemeine gesetzgeberische Wertung anzuerkennen. 15 § 7 Absatz 1 SGB IV<br />

gibt ebenfalls Hinweise auf die Unterscheidung zwischen abhängiger Beschäftigung und<br />

Selbständigkeit: „Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem<br />

Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach<br />

Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.“ Diese<br />

Anhaltspunkte zugrunde gelegt, setzt nach ständiger Rechtsprechung eine unselbständige<br />

Beschäftigung eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers <strong>vom</strong> Arbeitgeber voraus.<br />

Arbeitnehmer ist demnach, wer aufgrund eines Vertrages <strong>im</strong> Dienste eines anderen zur<br />

Leistung weisungsgebundener, fremdbest<strong>im</strong>mter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit<br />

verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der<br />

Tätigkeit betreffen. 16 Eine selbständige Tätigkeit hingegen ist überwiegend durch das<br />

eigene Unternehmerrisiko 17 , das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die<br />

Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die <strong>im</strong> Wesentlichen frei gestaltete<br />

Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. 18 Darüber hinaus können Kriterien der<br />

wirtschaftlichen Unabhängigkeit ergänzend herangezogen werden. 19 Wie das<br />

Vertragsverhältnis einzuordnen ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Dabei<br />

sind alle Umstände des Falls in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu<br />

würdigen. Die Vertragstypenwahl ist bei der Gesamtabwägung auch zu berücksichtigen<br />

und nicht gänzlich bedeutungslos. Maßgebend ist aber stets das Gesamtbild der<br />

Arbeitsleistung. 20 Ob es sich um ein Arbeitsverhältnis oder um eine selbständige Tätigkeit<br />

handelt, ist somit <strong>im</strong> Einzelfall nach den tatsächlichen Verhältnissen zu beurteilen. Der<br />

jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt und der tatsächlichen<br />

Durchführung, unabhängig von der formalvertraglichen Ausgestaltung. 21<br />

6. In dem <strong>Gutachten</strong> können zur Beurteilung, ob eine selbständige oder unselbständige<br />

Tätigkeit vorliegt, lediglich die formalen Kriterien, die in der Regel in den Vereinbarungen<br />

zwischen Kindertagespflegeperson und örtlichem Träger der öffentlichen Jugendhilfe Inhalt<br />

sind, herangezogen werden. Grundsätzlich spricht für eine selbständige Tätigkeit, dass<br />

<strong>vom</strong> Gesetzgeber diese Form für die Kindertagespflege vorgesehen ist. 22 Entscheidend ist<br />

dann jedoch neben den formalen Vereinbarungen die tatsächliche Ausgestaltung.<br />

Ausgehend von den Formalien sprechen folgende Gesichtspunkte für eine selbständige<br />

Tätigkeit: Die Kindertagespflegeperson hat in der Regel keinen zugewiesenen<br />

Arbeitsplatz, sondern üblicherweise eine eigene Betriebsstätte (ihre private Wohnung).<br />

Die Tatsache, dass dieser Ort der Kontrolle des Jugendamts <strong>im</strong> Rahmen der Prüfung der<br />

Geeignetheit für die Pflegeerlaubnis gemäß § 43 SGB VIII unterliegt, bedeutet nicht, dass<br />

15 Langer, in: Grobys/Panzer-Heemeier, Arbeitsrecht Stichwortkommentar, S. 937; BAG, Urt. v. 19.1.2000 – 5<br />

AZR 644/98, NZA 2000, S. 1102 ff. (1104).<br />

16 BAG, Urt. v. 19.1.2000 – 5 AZR 644/98, NZA 2000, S. 1102 ff. (1103); BAG, Urt. v. 13.3.2008 – 2 AZR<br />

1037/06, NZA 2008, S. 878 ff. (879).<br />

17 Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, <strong>2013</strong>, 13. Auflage, § 230, Rn. 55.<br />

18 Struck, in: Wiesner, SGB VIII Kommentar, 2011, 4. Auflage, § 23, Rn. 42 ff.<br />

19 BAG, Urt. v. 13.3.2008 – 2 AZR 1037/06, NZA 2008, S. 878 ff. (879).<br />

20 SG Berlin, Urt. v. 26.10.2012, S 81 KR 2081/10, AuR <strong>2013</strong>, S. 92 ff. (92); BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR<br />

332/09, NZA 2010, S. 877 ff. (879).<br />

21 Langer, in: Grobys/Panzer-Heemeier, Arbeitsrecht Stichwortkommentar, S. 938; Preis, in: Erfurter<br />

Kommentar zum Arbeitsrecht, <strong>2013</strong>, 13. Auflage, § 230, Rn. 47; Hergenröder, in: Henssler/Willemsen/Kalb,<br />

Arbeitsrecht Kommentar, 5. Aufl., Art. 12 GG, Rn. 7<strong>7.</strong><br />

22 BT-Drucks. 16/9299.<br />

Deutscher Verein •Michaelkirchstraße 17/18 •D-10179 Berlin-Mitte Seite 4 von 8<br />

www.deutscher-verein.de

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