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Unabhängigkeit medizinischer Entscheidung muss gewahrt sein

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Position des Kammerausschusses „Medizin &<br />

Ökonomie“<br />

Mengenbezogene Zielvereinbarungen von Einzelleistungen<br />

können eine völlig falsche Steuerungswirkung<br />

zulasten der Patienten entfalten.<br />

Sie dürfen daher nicht mehr Bestandteil von Zielvereinbarungen<br />

<strong>sein</strong>!<br />

Der Ausschuss „Medizin & Ökonomie“ ist sich grundsätzlich<br />

darin einig, dass jede Zielvereinbarung zwingend<br />

den folgenden Kriterien genügen <strong>muss</strong>:<br />

1. Die <strong>Unabhängigkeit</strong> der medizinischen <strong>Entscheidung</strong><br />

ist gewährleistet.<br />

2. Mengenvorgaben dürfen weder eine Ausweitung<br />

von nicht medizinisch indizierten Leistungen<br />

noch eine Einschränkung medizinisch indizierter<br />

Einzelleistungen beinhalten.<br />

Originäre Verpflichtung einer jeden Ärztin und eines<br />

jeden Arztes ist das Gewährleisten einer medizinisch<br />

hochwertigen Patientenversorgung. Daneben<br />

übernehmen ärztliche Führungskräfte auch Verantwortung<br />

für Entwicklung und Ergebnisse anderer<br />

Prozessbereiche des „Unternehmens Krankenhaus“,<br />

darunter zum Beispiel das Qualitäts- und Risikomanagement.<br />

Sie stehen damit in der Mitverantwortung<br />

für das betriebswirtschaftliche Ergebnis der Abteilung/Klinik<br />

oder des gesamten Krankenhauses.<br />

Der Ausschuss hat die nachfolgend aufgeführten<br />

„Verantwortungsbereiche“ ärztlicher Führungskräfte<br />

im Krankenhaus analysiert und als Diskussionsgrundlage<br />

einzelne Empfehlungen für Zielvereinbarungen<br />

erarbeitet:<br />

1. Wirtschaftlichkeit von Abteilung/Klinik/Krankenhaus<br />

2. Medizinische Ergebnisqualität<br />

3. Personalmanagement<br />

4. Organisationsentwicklung<br />

5. Medizinische/technische Innovationen<br />

6. Risikomanagement<br />

7. Öffentlichkeitsarbeit/Marketing<br />

1. Wirtschaftlichkeit der Abteilung, der Klinik, des<br />

Krankenhauses<br />

Der gesetzliche Handlungsrahmen für alle an der<br />

Versorgung von Patienten Beteiligten ergibt sich aus<br />

dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V:<br />

Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig<br />

und wirtschaftlich <strong>sein</strong>; sie dürfen das Maß des Notwendigen<br />

nicht überschreiten. Leistungen, die nicht<br />

notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte<br />

nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer<br />

nicht bewirken und die Krankenkassen nicht<br />

bewilligen.<br />

Im Zusammenhang mit ökonomisch induzierten<br />

Zielvereinbarungen ist der Passus „Leistungen, die<br />

nicht notwendig (...) sind (...) dürfen die Leistungserbringer<br />

nicht bewirken(...)“ wegweisend. „Nicht<br />

notwendige Leistungen zu bewirken“ ist jedoch genau<br />

das Risiko, das mengenbezogenen Zielvereinbarungen<br />

immanent ist.<br />

Eine ausschließliche „Zuwachsbetrachtung“ greift<br />

allerdings zu kurz. Das grundsätzliche Problem ist<br />

die ökonomisch induzierte Mengenplanung im Allgemeinen.<br />

Eine Ausweitung von Einzelleistungen<br />

zur Gewinnoptimierung („rechnet sich“) ist ebenso<br />

abzulehnen wie die Einschränkung von Einzelleistungen<br />

zur Verlustbegrenzung („rechnet sich<br />

nicht“). Gerade der Mengeneinschränkung haftet<br />

der Makel einer unzulässigen Rationierung an.<br />

Um jeden diesbezüglichen Verdacht auszuschließen,<br />

müssen Zielvereinbarungen mit mengenorientierten<br />

Bonuszahlungen kategorisch<br />

ausgeschlossen werden. Nur so lässt sich der<br />

Grundsatz „primum nihil nocere“ als die ultimative<br />

Handlungsmaxime ärztlichen Handelns auch künftig<br />

authentisch aufrechterhalten.<br />

Entscheidend ist nun die Frage, ob und wenn ja,<br />

wie ärztliche Führungskräfte in die wirtschaftliche<br />

Verantwortung für ihre Zuständigkeitsbereiche eingebunden<br />

werden können.<br />

Die Bundesärztekammer (BÄK) hat bereits 2003<br />

Bonusregelungen, die an das Erreichen ausschließlich<br />

betriebswirtschaftlicher Ziele gekoppelt sind,<br />

kategorisch abgelehnt. In der aktuellen Diskussion<br />

hat die BÄK ihre Position ausdrücklich bestätigt.<br />

Der Ausschuss „Medizin & Ökonomie“ der Ärztekammer<br />

Schleswig-Holstein folgt prinzipiell dieser<br />

Auffassung, die sich an der Frage ausrichtet, welche<br />

Rahmenbedingungen nötig sind, damit ärztliche<br />

Führungskräfte qualitativ gute Medizin machen<br />

können und trotz wirtschaftlicher Zwänge keine Abstriche<br />

bei ihrem ärztlichen Anspruch machen müssen.<br />

Ein Teil der Ausschussmitglieder ist jedoch der<br />

Auffassung, dass sich ärztliche Führungskräfte<br />

durchaus offensiv den betriebswirtschaftlichen Herausforderungen<br />

in ihren Verantwortungsbereichen<br />

stellen müssen.<br />

Ausgabe 3 | März 2013 29

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