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Aquakultur Hintergrund - BUND

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nötig, um Aggressionen durch Territorialverhalten<br />

zu unterdrücken. Doch gerade solche Arten sind<br />

für <strong>Aquakultur</strong>en ungeeignet. Sie sollten überhaupt<br />

nicht auf engstem Raum gezüchtet werden,<br />

da selbst niedrige Besatzdichten noch ihrer Natur<br />

widersprechen.<br />

Die Besatzdichten sollten den Bedürfnissen der<br />

jeweiligen Art angepasst sein. Als Grundlage sollten<br />

die strengen Richtlinien von Naturland dienen, die<br />

über die Anforderungen des EU-Ökosiegels weit hinausgehen.<br />

Der beengte Lebensraum in Zuchtanlagen stellt<br />

vor allem für wandernde Arten wie Lachs, Forelle,<br />

Aal oder Thunfisch eine starke Einschränkung ihrer<br />

natürlichen Bedürfnisse dar. Thunfische legen<br />

beispielsweise in der Wildbahn große Strecken mit<br />

hohen Geschwindigkeiten zurück.<br />

Umso wichtiger ist es, das Tierwohl in anderen<br />

Bereichen sicherzustellen. Dafür sollte eine Strukturierung<br />

des Lebensraumes vorgenommen werden,<br />

wie Rückzugsmöglichkeiten oder verschiedene<br />

Strömungsintensitäten für Forellen. Werden diese<br />

Faktoren nicht beachtet, kann es neben Aggressivität<br />

zu weiteren Verhaltensauffälligkeiten kommen.<br />

Beispielsweise zeigt der Heilbutt, ein Bodenlebewesen,<br />

in <strong>Aquakultur</strong>en die Tendenz zu senkrechtem<br />

Schwimmen.<br />

In der Fischzucht kann das sogenannte Handling,<br />

also die direkte Handhabung der Tiere, kaum<br />

vermieden werden. Die einzelnen Individuen werden<br />

bei Produktionsschritten wie bei der Größensortierung,<br />

für den Transport, für die Überprüfung<br />

der sexuellen Reife oder für die Entnahme von Geschlechtsprodukten<br />

dem Wasser entnommen. Dies<br />

löst bei den Tieren Stress aus, was auch am Level<br />

der Stresshormone nachweisbar ist und birgt für die<br />

Tiere eine Verletzungsgefahr. Die empfindliche Haut<br />

über den Schuppen kann leicht verletzt werden.<br />

Dies beeinträchtigt die Fortbewegungsfähigkeit der<br />

Tiere sowie die Regulierung des Salzhaushaltes und<br />

beeinträchtigt die wichtige Schutzbarriere gegen<br />

Infektionen und Chemikalien.<br />

Besonders kritisch ist die Entnahme von Geschlechtsprodukten<br />

für die Gewinnung von Satzfischen.<br />

Bei der Methode des Abstreifens wird mit<br />

starkem Druck über den Bauch gestreift. Andere<br />

Möglichkeiten sind die Injektion von Druckluft mit<br />

einer Nadel, das Töten der Elterntiere oder der Einsatz<br />

von Hormonen. Welche Methode auch immer<br />

angewandt wird, sie bedeutet für die Tiere erheblichen<br />

Stress. Da Hochleistungsfische kaum mehr zur<br />

selbständigen Reproduktion fähig sind, beziehungsweise<br />

diese nicht gewünscht ist, wird Nachwuchs<br />

hauptsächlich über eine künstliche Reproduktion<br />

gewonnen. Um den Tieren den Vorgang zu erleichtern,<br />

sollte für diese Prozedur eine Betäubung vorgeschrieben<br />

werden.<br />

Am Ende der Produktion steht letztendlich die<br />

Tötung der marktreifen Fische. Seit dem 01.01.2013<br />

gilt eine neue EU-Verordnung (EG Nr. 1099/2009)<br />

über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der<br />

Tötung. Diese schreibt vor, dass „die Tiere von jedem<br />

vermeidbaren Schmerz, Stress und Leiden verschont“<br />

werden sollen, jedoch gibt es keine konkreten<br />

Vorschriften für Fische. Für die Umsetzung gilt<br />

in Deutschland die Tierschutz-Schlachtverordnung,<br />

nach der Tiere nur unter Betäubung und unter Vermeidung<br />

von Schmerzen getötet werden dürfen.<br />

Leider fehlen näher definierte Parameter wie bei<br />

der elektrischen Durchströmung empfohlene Stromstärken<br />

und Einwirkdauer. Diese sollten dringend<br />

gesetzlich vorgegeben werden, die Betäubung mit<br />

Kohlendioxid bei Lachsartigen muss untersagt werden<br />

(siehe Box „Der Tod kommt schnell?“).<br />

Oft müssen die Tiere vor der Tötung drei Tage,<br />

manchmal sogar eine bis zwei Wochen hungern,<br />

um eine Entleerung ihres Verdauungstraktes zu erreichen.<br />

Vor der Tötung bleiben die Fische zudem<br />

Stunden bis Tage auf engstem Raum (bis zu 250 kg/<br />

m 3 ) zusammengedrängt, ohne jede Möglichkeit sich<br />

fortzubewegen. Dies bedeutet für die Tiere endlose<br />

Qualen bis zur Erlösung. Zum Wohl der Tiere sollte<br />

eine so enge Haltung verboten werden.<br />

Abbildung 16: Toter Karpfen © Manfred Schimmel/pixelio.de<br />

<strong>Aquakultur</strong> - Fisch für alle?<br />

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