bioaktuell 9/13 - vollständige Version - Bioaktuell.ch
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■ PFLANZENBAU<br />
Die biodynamis<strong>ch</strong>e Apfelzü<strong>ch</strong>tung<br />
trägt erste Frü<strong>ch</strong>te<br />
Der Bioobstanbau stellt besonders hohe Ansprü<strong>ch</strong>e an die Apfelsorten. Umso erstaunli<strong>ch</strong>er ist es,<br />
dass bislang keine speziell dafür gezü<strong>ch</strong>teten Sorten zur Verfügung stehen. Erste Sortenkandidaten aus<br />
biodynamis<strong>ch</strong>er Zü<strong>ch</strong>tung sind nun aber bereit für den Testanbau.<br />
S<strong>ch</strong>orf, Mehltau, Regenflecken, Gloeosporium,<br />
Marssonina, Fru<strong>ch</strong>tausdünnung<br />
– dies alles sind Probleme, die den<br />
Bioapfelproduzenten Kopfs<strong>ch</strong>merzen<br />
bereiten, während ihre konventionel<br />
produzierenden Kollegen auf mehr oder<br />
weniger wirksame Chemikalien zurückgreifen<br />
können. «Im Bioobstbau müssen<br />
wir diese Probleme zu einem grossen Teil<br />
über die Sorte lösen», sagt Franco Weibel,<br />
Leiter der Gruppe Obstbau am FiBL.<br />
«Die Sorteneignung ma<strong>ch</strong>t wohl rund 80<br />
Prozent vom Anbauerfolg aus.» Auf den<br />
ersten Blick mag es deshalb erstaunen,<br />
dass es bisher keine Apfelsorten gibt, wel<strong>ch</strong>e<br />
unter und für Biobedingungen gezü<strong>ch</strong>tet<br />
wurden. Lange Zeit ri<strong>ch</strong>tete si<strong>ch</strong><br />
das Sortenspektrum im Bioapfelhandel<br />
Niklaus Bolliger legt bei der Apfelzü<strong>ch</strong>tung<br />
Wert auf eine ganzheitli<strong>ch</strong>e Betra<strong>ch</strong>tung.<br />
vor allem na<strong>ch</strong> dem konventionellen Sortiment.<br />
Au<strong>ch</strong> heute no<strong>ch</strong> produzieren die<br />
Bioobstproduzenten in Europa auf Biegen<br />
und Bre<strong>ch</strong>en vor allem bioungeeignete<br />
Welthandelssorten wie Gala, Elstar<br />
oder Jonagold.<br />
Vor zehn Jahren gestartet<br />
«In der S<strong>ch</strong>weiz ist Topaz na<strong>ch</strong> Gala immerhin<br />
die zweitwi<strong>ch</strong>tigste Sorte», so<br />
Weibel. Dank des sogenannten V f<br />
-Resistenzgens<br />
gegen S<strong>ch</strong>orf entspri<strong>ch</strong>t Topaz<br />
wesentli<strong>ch</strong> besser den Bioanforderungen.<br />
Mindestens seit dem letzten örtli<strong>ch</strong>en<br />
Resistenzdur<strong>ch</strong>brü<strong>ch</strong>en in den letzten<br />
zwei Jahren, kann man aber mittelfristig<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr auf die V f<br />
-Resistenz zählen.<br />
Alternativen mit einer genetis<strong>ch</strong> breiter<br />
Diese Braeburn×Ariwa-Kreuzung besti<strong>ch</strong>t<br />
mit einer guten Fru<strong>ch</strong>tqualität.<br />
abgestützten S<strong>ch</strong>orfabwehr sind gesu<strong>ch</strong>t.<br />
In diesem Berei<strong>ch</strong> wird in der konventionellen<br />
Zü<strong>ch</strong>tung intensiv gearbeitet.<br />
Biospezifis<strong>ch</strong>ere Anbauprobleme sind<br />
jedo<strong>ch</strong> kaum ein Thema. Diese Lücke hat<br />
der Demeterlandwirt und ETH-Agronom<br />
Niklaus Bolliger vor zehn Jahren<br />
erkannt und auf seinem Betrieb in Hessigkofen<br />
SO ein biodynamis<strong>ch</strong>es Apfelzü<strong>ch</strong>tungsprogramm<br />
gestartet. Mittlerweile<br />
ist das Projekt gewa<strong>ch</strong>sen und wird<br />
vom eigens dafür gegründeten Verein<br />
Poma Culta finanziell getragen. Mit dessen<br />
Hilfe konnte Bolliger auf drei Hektaren<br />
einen biodynamis<strong>ch</strong>en Zu<strong>ch</strong>tgarten<br />
mit Ökoelementen, Ho<strong>ch</strong>stammbäumen<br />
und einer Niederstammanlage erstellen.<br />
Letztere dient hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> der Direktvermarktung.<br />
«Mir ist wi<strong>ch</strong>tig, dass die<br />
Zü<strong>ch</strong>tung in einem funktionierenden<br />
Hoforganismus erfolgt», betont Bolliger.<br />
Bis 3000 Sämlinge pro Jahr<br />
Als Ausgangsmaterial finden sowohl<br />
alte als au<strong>ch</strong> moderne Sorten und zunehmend<br />
au<strong>ch</strong> eigene Zu<strong>ch</strong>tlinien Verwendung.<br />
Mittlerweile ma<strong>ch</strong>t Bolliger<br />
jährli<strong>ch</strong> rund 10 bis 20 vers<strong>ch</strong>iedene<br />
Kreuzungskombinationen, woraus insgesamt<br />
jeweils zwis<strong>ch</strong>en 2000 und 3000<br />
Apfelsamen resultieren. Na<strong>ch</strong> der Anzu<strong>ch</strong>t<br />
im Gewä<strong>ch</strong>shaus setzt er die jungen<br />
Pflanzen im Mai ins Freiland. In den<br />
ersten Entwicklungsjahren sind S<strong>ch</strong>orf-,<br />
Mehltau- und Marssoninaanfälligkeit sowie<br />
die allgemeinen Wu<strong>ch</strong>seigens<strong>ch</strong>aften<br />
und die Vitalität die zentralen Selektionskriterien.<br />
«Für die Feuerbrandtestung<br />
bin i<strong>ch</strong> auf die Zusammenarbeit mit spezialisierten<br />
Instituten angewiesen», so<br />
Bolliger. Dies ges<strong>ch</strong>ieht am Julius-Kühn-<br />
Institut in Quedlinburg D.<br />
In Hessigkofen wa<strong>ch</strong>sen die Pflanzen<br />
unter biodynamis<strong>ch</strong>en Bedingungen<br />
heran. So erleben sie von klein auf die<br />
Wirkung biodynamis<strong>ch</strong>er Präparate und<br />
Massnahmen. Zudem kommt bei der Selektion<br />
und der Auswahl der Kreuzungspartner<br />
eine in der Bildekräftefors<strong>ch</strong>ung<br />
von Dorian S<strong>ch</strong>midt entwickelte Metho-<br />
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