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Vortrag Borderline – Leben an der Grenze 26. März 2013 

Borderline – Leben an der Grenze 

Vortrag Borderline Gian Franco Josef Arnold, Leitender Psychologe 1 

KOMPETENT UND GEMEINSAM FÜR LEBENSQUALITÄT 

Vorstellung 

Dr. phil. Franco Arnold-Keller 

- Leitender Psychologe der Psychotherapeutischen 

Tagesklinik, Chur 


Versetzen Sie sich für einen kurzen Moment in 

folgende Lage … 

Ihr Arbeitgeber ruft an und erkundigt sich, ob sie heute abend eine 

Stunde länger arbeiten können. Da sie sich allerdings bereits für heute 

abend verabredet haben, müssen sie absagen … 

Sie sind im Zwiespalt … 

- Sie werden nervös, Ihre Anspannung steigt … 

- Sie wissen nicht, wie sie sich fühlen … 

- Denken Sie gleichzeitig Folgendes: „Es ist gefährlich, Gefühle zu 

zeigen …“ / „Ich versage immer“ / „Wenn ich sage, was ich mir 

wünsche, werde ich nicht mehr gemocht“ … 

- Ihre Anspannung steigt weiter … 

… wie geht es Ihnen damit? 


Dr. phil. Franco Arnold, Leitender Psychologe 1


Wenn die Gefühle Überhand nehmen – 

die Borderline-Persönlichkeit 


Wir befassen uns mit einer 

Persönlichkeitsstörung, die … 

• Häufigkeit: 1.2 % - 2.5 % in der Allgemeinbevölkerung 

• Geschlechterverhältnis: 7 : 3 (w : m) (allerdings: viele bleiben 

unerkannt!) 

• Suizidrate: bis 10 %. 

• Mittlere Aufenthaltsdauer in der Klinik: 77 Tage. 

• Risikofaktoren: weibliches Geschlecht, frühe sexuelle Gewalt, 

Gewalterfahrungen im Erwachsenenalter, fehlende 

Bezugspersonen. 

… trotzdem: Die Diagnose Borderline-Persönlichkeits-Störung 

wird in vielen Fällen zu spät oder gar nicht gestellt. 


… dies liegt möglicherweise an den vielen 

zusätzlichen Erkrankungen (Komorbidität) … 

• Affektive Störungen, z.B. Depressionen (ca. 95 %). 

• Angststörungen (ca. 85 %). 

• Ess-Störungen (mehr als 60 % der Frauen). 

• Drogen-Missbrauch und Abhängigkeit (ca. 65 %). 

• Posttraumatische Belastungsstörung. 

• Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom ADHS. 

• Weitere Persönlichkeitsstörungen, z.B. antisoziale Persönlichkeit. 




… und so zeigt sich die Borderline- 

Persönlichkeitsstörung … 


Diagnostische Kriterien der BPS I 

1. „Wenn jemand fünf Minuten zu spät erscheint, habe ich 

das Gefühl, verlassen zu werden und gerate in Panik!“ 

Sieht Verspätungen, Änderungen im Plan, Urlaube, Abwesenheiten als 

Verlassenwerden und Zurückweisung an („Ich mache alles, was Du willst! 

Wenn Du mich verlässt, bedeutet dies, dass ich ein schlechter Mensch bin.“). 

2. „Ich bin hin und her gerissen zwischen starker Liebe und 

starkem Hass gegenüber denjenigen, die mir am 

nächsten stehen!“ 

Ihre Beziehungen sind geprägt durch einen Wechsel zwischen extremer 

Idealisierung („Du bist die beste Person auf der Welt!“) und extremer 

Abwertung („Komm mir nicht mehr unter die Augen, du A…“). Im Gegenzug 

zum Mitgefühl wird Präsenz gefordert. 


Diagnostische Kriterien II 

3. „Ich gebe mir stets Mühe, egal was ich tue – aber dann 

schmeiße ich alles plötzlich wieder hin!“ 

Identitätsstörung als ausgeprägte und andauende Instabilität des 

Selbstbildes oder des Gefühls für sich selbst. Plötzliche Änderung der 

Meinungen, Werte, Art der Freunde – kurz bevor das Ziel erreicht ist: Das 

‚Selbst‘ wird untergraben! 

4. „Ich mache Sachen, von denen ich eigentlich weiss, dass 

ich dadurch in Schwierigkeiten gerate!“ 

Verlust der Selbstkontrolle („innerer Zwang“) in mindestens zwei potentiell 

selbstschädigenden Bereichen (z.B. Geldausgeben, Sex, Drogenkonsum, 

rücksichtsloses Fahren, Essanfälle). Wirkt sich zunächst befriedigend aus, 

vernachlässigt aber auch gleichzeitig die tiefsten Interessen der Person. 




Diagnostische Kriterien III 

5. „Ich möchte den Menschen nahe sein. Doch wenn ich 

das Gefühl habe, verstossen zu werden, verletze ich 

mich oder bringe mich gar um … dann fühle ich mich 

besser!“ 

Wiederkehrende Suizidalität mit Suizidgedanken, -andeutungen oder 

-versuchen und / oder Verhalten bei auftretendem Gefühl, verlassen zu 

werden. Starke Abwertung des Selbst und des verlassenden Anderen und 

sozialer Rückzug. 

6. „Ich kann plötzlich sehr ängstlich oder depressiv werden 

und grundlos wieder normal sein!“ 

Plötzliches Gefühl der Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit oder Ängstlichkeit. 

Dauer: wenige Stunden bis (selten) Tage. ‚Hineintauchen‘ in die aktuelle 

Stimmung. Unabhängig von zwischenmenschlichen Beziehungen. 


Diagnostische Kriterien IV 

7. „Wenn es für mich gut läuft, braucht es nicht viel, dass ich 

mich gelangweilt und leer fühle!“ 

Rasch aufkommendes Gefühl der Langeweile und Leeregefühl. Ständig auf 

der Suche nach etwas Interessantem – Ruhe und Ordnung ist unerträglich, 

Katastrophen prägen die Normalität. 

8. „Man, bin ich wütend geworden!“ 

Unangemessene, starke Wut oder Schwierigkeiten, Wut oder Ärger zu 

kontrollieren (z.B. häufige Wutausbrüche, andauernder Ärger, 

wiederkehrende Prügeleien) dann, wenn das Gefühl auftritt, vernachlässigt 

zu werden. Dient der Sicherstellung der gewünschten Aufmerksamkeit durch 

diese Person. 


Diagnostische Kriterien V 

9. „Es gibt Zeiten, wo ich nicht sagen kann, was real ist 

… sogar nicht, ob ich überhaupt real bin!“ 

Vorübergehende, stressabhängige paranoide Vorstellungen oder 

schwere dissoziative Symptome. Nicht interpersonell abhängig. 




Entstehungsmodell einer 

Borderline – Persönlichkeit 

(interpersonelle Theorie) 


Interpersonelle 

Zusammenfassung I 

1. Chaotischer, seifenoper-ähnlicher Lebensstil 

‚Routinemässige‘ Krisen wie schlimme Streitigkeiten, Untreue… 

ohne diese Drama war das Leben hohl, leer, langweilig. 

Patientin ist Mittelpunkt, ist Sündenbock, trägt Verantwortung für 

aufbrausenden Elternteil, evtl. Mittelpunkt durch Missbrauch der 

Familienmitglieder. 

Wird von Schwierigkeiten angezogen keine Konstanz, Instabilität der 

Stimmung, zwischenmenschliche Beziehung und Selbstbild. Wechsel 

zwischen Idealisierung und Entwertung. 



Zusammenfassung II 

2. Traumatische Verlassenheitserfahrungen 

Erfahrungen von Verlassenwerden für Stunden oder Tage ohne 

angemessenen Schutz, Gesellschaft, Zeit ist langweilig z.B. eingesperrt 

sein. 

Gefühl der Isolation, evtl. in diesem Rahmen Missbrauch, 

Selbstentwertung. Konflikterleben zwischen liebevoller Zuwendung der 

Person und gleichzeitigem Missbrauch, Verbot einer angemessenen 

Realitätsprüfung Desorientierung der Patientin. 

Selbstverletzung erotisierend bis „kein Gefühl“. 





Zusammenfassung II 

3. Selbstdefinition 

Psychischer, körperlicher oder sexueller Missbrauch allein und 

ungeschützt, vermittelt das Gefühl, das Autonomie schlecht ist und 

Abhängigkeit und Mitgefühl für die Familie gut sind „Sei loyal zur 

Familie!“ Jeder Schritt in Richtung Gesundheit ist schlecht und wird mit 

Selbstverletzung zunichte gemacht. 

(a) Wiederholung der ursprünglichen Erfahrung 

(1) Geschenk der Liebe 

(2) Selbstverletzung als Selbstbetätigung „Verletzung ist real“. 

(b) Besserung wird interpretiert als ‚Verlassenwerden‘ 

Selbstsabotage! 



Zusammenfassung III 

4. Patientin lernt, dass Elend, Krankheit und Schwächung 

Liebe und Sorge zur Folge haben 

Trotz Bedrohung durch Verlassenwerden, wird elterliche Fürsorge 

angeboten. „Meine Mutter war nur dann nett zu mir, wenn ich völlig am 

Boden lag“ ‚Mein Elend sei Dir Befehl‘ 


… und die Behandlung? … 




Grundannahmen 

für eine Behandlung 

1. Jedes Verhalten der Patientinnen macht im subjektiven 

Kontext Sinn. Sie versuchen, das Beste aus ihren 

gegenwärtig verheerenden Situationen zu machen. Es 

liegt daher in der Aufgabe des Therapeuten, die 

jeweiligen Auslöser, immer wiederkehrende Schemata 

und Konsequenzen herauszuarbeiten. 

2. Borderline Patientinnen wollen sich verbessern. 

3. Borderline Patientinnen müssen sich stärker anstregen, 

härter arbeiten und stärker motiviert sein, um sich zu 

verändern, dies ist ungerecht. 


Grundannahmen II 

4. Borderline Patientinnen haben in der Regel nicht alle 

ihre Probleme selbst verursacht, sie müssen sie aber 

selber lösen. 

5. Das Leben suizidaler Borderline Patientinnen ist so, wie 

es gegenwärtig gelebt wird, in der Regel unerträglich. 

6. Borderline Patientinnen müssen in fast allen relevanten 

Dimensionen neues Verhalten erlernen. 

7. Patientinnen können in der Therapie nicht versagen. 

8. Therapeuten, die mit Borderline-Patientinnen arbeiten, 

brauchen Unterstützung. 





‘Stages of Disorder’ 

• Stadium I: 

– Störungen der Verhaltenskontrolle 

• Stadium II: 

– Störungen des emotionalen Erlebens 

• Stadium III: 

– Störungen der Lebensverwirklichung 


Stage I 

ZIEL: Kontrolle über schwere Störungen des Verhaltens 

(problemorientiert): 

– Lebensbedrohliches Verhalten 

– Therapie zerstörendes Verhalten 

– Krisen generierendes Verhalten 

– Verhalten, das den Therapiefortschritt behindert 

(stark beeinträchtigte Lernkapazität) 


Wenn Ihr Haus brennt, … 




… fragen Sie nicht danach, wer 

der Architekt des Hauses war! 


Stage I: 

Krisen generierendes Verhalten 

• Schwerwiegende familiäre Probleme (z.B. Jugendamt) 

• Fatale Partnerschaften 

• Anhaltende Bedrohung von oder sexuelle Kontakte mit 

Tätern 

• Ungeplante psych. Notaufnahmen 

• Rezidivierende schwerwiegende Selbstverletzungen 

oder Vergiftungen 


Standardbausteine der Therapie 

• ambulante Einzel-Psychotherapie 

• ambulantes Skills-Training 

• ergänzende Behandlungen 

(z.B. Pharmakotherapie, stationäre Therapie) 




Einzeltherapie 


Strategien 

Akzeptanz 

Veränderung 


Einzelpsychotherapie 

• Therapieplanung 

• Hierarchisierung der Behandlungsziele 

• Verbesserung der Motivation 

• Wochenprotokoll 

• Verhaltens- und Lösungsanalyse 

• Üben und Festigen von Fertigkeiten 

• Generalisieren der Fertigkeiten in sämtlichen 

Lebensbereichen 




What the hell are ‚Skills‘? 


Skills-Training: Settings 

• 3 Stunden / Woche 

• Betroffene PatientInnen 

• TrainerIn und Co-TrainerIn 

• Geschlossene Gruppe 

• Im Wechsel insgesamt fünf Module, mit jeweils 

Achtsamkeitsübungen 




Fertigkeiten-Trainingsgruppe 

Achtsamkeit 

Selbstwert 

Achtsamkeit 

Achtsamkeit 

Zwischenmenschliche 

Fertigkeiten 

Stresstoleranz 

Stress- 

Emotionsregulation 

Achtsamkeit 

Herzlichen Dank für Ihre 

Aufmerksamkeit!!

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