September 2013 - Sächsischer Bergsteigerbund
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Aus dem Antiquariat<br />
Götzingers literarisches Debüt<br />
Betrachten wir das Wirken des Neustädter Pfarrers Wilhelm Leberecht Götzinger (1758<br />
–1818), so denken wir zuerst – und das zu Recht - an sein Hauptwerk „Schandau und seine<br />
Umgebungen oder die Beschreibung der sogenannten Sächsischen Schweiz“ (1804 und<br />
1812 in stark erweiterter 2. Auflage). Nur die Historiker kennen seinen literarischen Erstling<br />
„Geschichte und Beschreibung des Chursächsischen Amts Hohnstein mit Lohmen, insbesondere<br />
der unter dieses Amt gehörigen Stadt Sebniz“, erschienen 1786 im Verlag Carl Craz in<br />
Freiberg. Dieser Umstand ist auch nicht verwunderlich, denn bis auf einen Auszug ist dieses<br />
Buch nie wieder verlegt worden.<br />
Nach Götzingers Studium in Wittenberg (Magister der Philosophie) konnte er in Ermanglung<br />
einer freien Pfarrerstelle in seiner Heimat nur Vertretungen in kirchlichen Ämtern ausüben.<br />
Später unterrichtete er als Hauslehrer in Hohnstein. Dort erhielt er wichtige Einblicke in die<br />
teilweise fragwürdige Arbeitsweise der Beamten dieser Zeit. Diese Erkenntnisse und sein fleißiges<br />
Studium in Archiven bildeten die Grundlage für sein literarisches Debüt. In dem Kapitel<br />
„Lage, Grenzen, Größe, Beschaffenheit und Eintheilung des Amtes Hohnstein mit Lohmen und<br />
Sebniz“ treffen der Statistiker und der Historiker Götzinger aufeinander. In den Städten und<br />
kleineren Ortschaften des Amtes verglich er (1771/72) die Zahl der Häuser und Einwohner<br />
(Sebnitz 1684, Neustadt 1262, Schandau 691, Hohnstein 421). Vor dem Dreißigjährigen<br />
Krieg galt Neustadt als die bevölkerungsreichste Stadt des Amtes. Die menschlichen Verluste<br />
waren dort aber besonders groß, sodass sich Sebnitz immer mehr zum Zentrum des Amtes<br />
entwickelte. Götzinger analysierte auch die unterschiedlichen Fruchtbarkeitswerte der Böden,<br />
schrieb über den Bestand an Wald und Gehölzen im Einzugsbereich.<br />
Aufschlussreich sind seine Bemerkungen über Charakter, Sitten und Gewohnheiten der Sebnitzer.<br />
Ihr „Haupt-Temperament (sei) das cholerische. Alle ihre Handlungen verrichten sie mit<br />
einer gewissen Stetigkeit und anhaltendem Eifer“. Um die Eigenernährung der Stadt zu sichern,<br />
konzentrierten sich die Einheimischen auf den Flachsanbau. Daraus entwickelte sich das<br />
„Leinewandwesen“ (später sogar mit verschiedenen Mustern aus Seide), sodass bereits 1617<br />
in Sebnitz 51 Meister produzierten und exportierten. Im Abschnitt „Nachrichten von der Stadt<br />
Schandau“ wird seine Vorliebe für diese Stadt und deren Umfeld, die „Heide“ (Hintere Sächsische<br />
Schweiz), deutlich sichtbar. Den vielen Meinungen zur ursprünglichen Namensgebung<br />
von Schandau (Schönau, Sandau, Scandana) fügte er seine eigene Deutung hinzu. Sollte der<br />
Name nicht von „Zand“ oder „Tschand“ (Zschand) abgeleitet sein „und so viel als die Aue am<br />
oder unterm Tschande heißen?“. Götzinger hegte auch große Sympathien für Hohnstein, das<br />
„Schlos“, den Hockstein und das Polenztal. Das abwechslungsreiche landschaftliche Umfeld<br />
der Stadt gefiel ihm besonders; er preist diese Gegend als seinen „Tempel der Natur“.<br />
Natürlich unternahm Götzinger auch zu dieser Zeit schon eine Vielzahl von Wanderungen, besonders<br />
durch die „Heide“. Vom Zeughaus zum Großen Winterberg (er schwärmt vom Ausblick<br />
bis nach Dresden) und dann weiter zum Kuhstall ist er gelaufen. In euphorischer Stimmung<br />
schwärmt er u. a. vom Arnstein, Teichstein und Goldstein („ein großer hoher ... Fels, auf den<br />
nicht zu kommen ist, da er von allen Seiten eine unzugängliche Höhe hat“).<br />
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Götzinger sich mit diesem Buch und den vielen folgenden<br />
Wanderungen die geistigen Voraussetzungen für sein Hauptwerk „Schandau und seine Umgebungen<br />
...„ schuf. Dieses, sein späteres Hauptwerk, wird dann zu Recht in Zusammenhang<br />
mit dem Beginn der touristischen Erschließung der Sächsischen Schweiz gebracht.<br />
Wilhelm Leberecht Götzinger: Geschichte und Beschreibung des Chursächsischen Amts<br />
Hohnstein mit Lohmen, insbesondere der unter dieses Amt gehörigen Stadt Sebniz.<br />
Verlag Carl Graz Freiberg, 1786. Bearbeiteter Auszug: Sebnitz, 1987 (Vorwort Manfred Schober)<br />
Rezensionen: Hans-Rainer Arnold<br />
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