September 2013 - Sächsischer Bergsteigerbund
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Wandern in Böhmen<br />
zu bewundern sind, fällt er auf durch seine<br />
Größe und durch seine schöne ebenmäßige<br />
Gestalt. Wie oft habe ich diesen Berg von<br />
Aussichten der Sächsischen Schweiz aus am<br />
Horizont bewundert! Am stärksten wirkt er<br />
vom Rauenstein, da scheint er mittig zwischen<br />
Zirkelstein und Kaiserkrone empor zu wachsen.<br />
Manchmal äußerte mein längst verstorbener<br />
Vater den Wunsch, einmal da hinauf zu<br />
wandern. Jetzt besteige ich den Rosenberg in<br />
seinem und in meinem Namen. Der Aufstieg<br />
ist bestens ausgeschildert und problemlos zu<br />
gehen. Geduld freilich ist schon vonnöten,<br />
ehe nach steilen Wiesenpfaden und langen<br />
Waldserpentinen das schlichte Holzkreuz<br />
auf 619 m erreicht ist, höchster Punkt der<br />
näheren Umgebung, geschmückt mit den<br />
kümmerlichen Mauerresten eines längst<br />
nicht mehr vorhandenen Aussichtsturmes.<br />
Leichter Nieselregen macht Wolkenlöchern<br />
Platz, unter dem Blätterdach der Buchen<br />
kam ohnehin nur eine kleine Erfrischung<br />
an. Während ich äußerst vorsichtig auf der<br />
Gegenseite hinabsteige, gibt es überraschenderweise<br />
ein paar kurze Fernblicke zwischen<br />
den Baumkronen – spannend, die Berge der<br />
Sächsischen Schweiz aus einer völlig anderen<br />
Perspektive anzuschauen!<br />
Bis nach Růžová (Rosendorf) ist es selbst im<br />
Schleichgang nicht mehr weit. „Přenocovat“<br />
lautet das Zauberwort, das ich nun endlich<br />
behalten habe, zu deutsch Übernachtung.<br />
Diesmal habe ich damit mehr Glück. Es ist<br />
genügend Auswahl an Gaststätten und Pensionen<br />
mit freien Betten vorhanden.<br />
Strahlend blauer Himmel verspricht einen<br />
heißen Donnerstag. Ich bin ohne jede Eile<br />
in der Morgenkühle unterwegs, genieße die<br />
angenehmen Waldwege, beobachte einen<br />
Grauspecht, überquere versehentlich einen<br />
Golfplatz und freue mich, wieder ein paar<br />
einzelne Blicke zu erhaschen, hinüber zu den<br />
mir bekannten Tafelbergen, zwischen denen<br />
jetzt Schwaden aus leuchtend weißem Morgennebel<br />
aufsteigen. Etwas zieht der Forstweg<br />
sich noch hin, zunächst Betonplatten, dann<br />
endlich wieder Erdboden. Ehe es erneut behutsam<br />
abzusteigen gilt, rückt das Elbtal bei<br />
Hřensko beeindruckend ins Bild. Zu meiner<br />
Freude verkehrt hier seit einiger Zeit eine<br />
länderübergreifende Fährverbindung.<br />
So kann ich am Vormittag meine Mutter in<br />
Königstein mit einem Kurzbesuch und noch<br />
am gleichen Abend meine Frau mit meiner<br />
etwas vorzeitigen Heimkehr überraschen,<br />
denn eigentlich hätte ich bis morgen Abend<br />
Zeit gehabt.<br />
Dass diese Wanderung möglich war, wenn<br />
auch mit einigen Beschwerden und ohne<br />
weitere Zusätze, erfüllt mich mit Dankbarkeit.<br />
Die Bilder von dieser wundervollen Gegend<br />
werden mich noch lange beschäftigen. Dafür<br />
sind die Schmerzen, vom normalen Muskelkater<br />
einmal abgesehen, am nächsten Tag<br />
nahezu verschwunden. Vielleicht wäre ein ruhiges<br />
Tempo von Anfang an sinnvoll gewesen,<br />
oder das Knie hatte einfach nur Heimweh.<br />
Matthias Spindler<br />
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