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Ausgabe 02/2013 - Deutsche Flugsicherung GmbH

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Als am 11. Mai 2009 das<br />

Spaceshuttle Atlantis abhebt,<br />

um für dringende Reparaturund<br />

Wartungsarbeiten zum Weltraumteleskop<br />

Hubble zu fliegen, ist das ein<br />

gewagtes Abenteuer. Die Risikoanalyse<br />

der NASA hat ergeben, dass die<br />

Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts<br />

der Weltraumfähre bei 1 zu 185 liegt.<br />

Weil die US-Raumfahrtbehörde ein<br />

höheres Risiko als 1 zu 200 verbietet,<br />

kann Atlantis mir ihrer siebenköpfigen<br />

Crew nur mit einer Sondergenehmigung<br />

des US-Kongresses starten. Die<br />

Politiker nehmen das hohe Risiko in<br />

Kauf, weil es eine Mission im Dienste<br />

der Wissenschaften ist. Astrophysiker,<br />

darunter auch Atlantis-Crewmitglied<br />

John Grunsfeld, hatten jahrelang darauf<br />

gedrängt, Hubble endlich zu reparieren.<br />

Würde die Zivilluftfahrt Risiken wie<br />

die NASA mit ihrem Spaceshuttle-<br />

Programm in Kauf nehmen, gäbe es<br />

wöchentlich schwere Unfälle. Tatsächlich<br />

liegt das Unfallrisiko von Verkehrsflugzeugen<br />

in der westlichen Welt bei<br />

eins zu zehn Millionen – und zwar in<br />

der Summe aller Risiken. Um das hohe<br />

Sicherheitsniveau zu halten, müssen<br />

die voneinander unabhängigen Einzelrisiken,<br />

beispielsweise Kollisionen am<br />

Boden oder in der Luft oder die Vereisung<br />

von Tragflächen und ein damit<br />

verbundener Strömungsabriss, deutlich<br />

unter eins zu zehn Millionen liegen.<br />

Absolute Sicherheit gibt es nicht,<br />

weder in der Luftfahrt noch in anderen<br />

Bereichen des Lebens. Beim<br />

Thema Sicherheit geht es also immer<br />

um Wahrscheinlichkeiten, um Statistik.<br />

Selbst bei einem Risiko von eins<br />

zu zehn Millionen ist ein Unfall nicht<br />

auszuschließen, aber er ist eben auch<br />

nicht sehr wahrscheinlich. Doch da die<br />

Verkehrszahlen weiter steigen, steht<br />

die Luftfahrtbranche vor der besonderen<br />

Herausforderung, die Sicherheit<br />

sogar noch weiter zu erhöhen: Nur so<br />

werden schwere Unfälle seltene Ereignisse<br />

bleiben.<br />

Erreicht wird dieses sehr hohe<br />

Sicherheitsniveau dadurch, dass alle<br />

Risiken analysiert und bewertet werden<br />

und sich alle Beteiligten an Normen<br />

und Regeln halten – und zwar<br />

immer, ohne Ausnahme. Denn jede<br />

noch so geringe Abweichung von einer<br />

vermeintlich übertrieben vorsichtigen<br />

Regel kann das Risiko deutlich erhöhen.<br />

Plötzlich liegt es dann nicht mehr<br />

bei eins zu zehn Millionen, sondern bei<br />

vielleicht eins zu 100.000 – und ist<br />

damit nicht mehr akzeptabel.<br />

Die <strong>Flugsicherung</strong> und allen voran<br />

die Fluglotsen spielen für die Sicherheit<br />

in der Luftfahrt eine entscheidende<br />

Rolle. Die Air Traffic Controller<br />

sind dafür verantwortlich, dass sich<br />

die Flugzeuge in der Luft sowie auf<br />

den Rollwegen und den Pisten der<br />

Flughäfen nicht zu nahe kommen. Die<br />

Fluglotsen sind aber auch wichtige<br />

Partner der Flugzeugführer in besonderen<br />

Situationen, etwa wenn nach<br />

Ausweichflugplätzen gesucht wird<br />

oder wenn Gewitter umflogen werden.<br />

Wie weit Flugzeuge voneinander<br />

Abstand halten müssen, ist genau<br />

geregelt, je nachdem in welcher Flugphase<br />

sie sich befinden und welche<br />

Bedingungen herrschen. Im Endanflug<br />

auf den Flughafen Frankfurt beispielsweise<br />

beträgt die horizontale Staffelung<br />

bei guter Sicht zweieinhalb nautische<br />

Meilen. Im Reiseflug liegt die<br />

vertikale Staffelung bei mindestens<br />

1.000 Fuß, die horizontale Staffelung<br />

in der Regel bei fünf nautischen Meilen.<br />

Das Einhalten der korrekten Staffelung<br />

in der Luft sowie die Vermeidung<br />

von Annäherungen oder gar<br />

Kollisionen am Boden, so genannten<br />

Runway Incursions, ist die Messlatte<br />

für Sicherheit in der <strong>Flugsicherung</strong>.<br />

Wird der vorgeschriebene Mindestabstand<br />

nicht eingehalten, spricht man<br />

von einer Staffelungsunterschreitung.<br />

Jede einzelne Staffelungsunterschreitung<br />

und jede Runway Incursion analysiert<br />

und bewertet das Sicherheitsmanagement<br />

der DFS – unabhängig<br />

davon, ob die Sicherheit tatsächlich<br />

gefährdet war oder nicht.<br />

Neben der internen Messgröße<br />

Staffelungsunterschreitung spielen so<br />

genannte Luftfahrzeugannäherungen<br />

für die Bewertung der Sicherheit eine<br />

wichtige Rolle. Melden Piloten oder<br />

Fluglotsen einen sicherheitsrelevanten<br />

Vorfall, tritt die Aircraft Proximity<br />

Evaluation Group (APEG) in Aktion:<br />

Eine unabhängige Expertengruppe,<br />

die dem Bundesaufsichtsamt für <strong>Flugsicherung</strong><br />

untersteht. Sie untersucht<br />

und bewertet diese Luftfahrzeugannäherungen.<br />

Das Erfreuliche für die DFS: Die<br />

Zahl der gefährlichen Annäherungen<br />

in der Luft sowie die der signifikanten<br />

Staffelungsunterschreitungen sind seit<br />

einigen Jahren konstant niedrig. Auch<br />

Runway Incursions kommen relativ selten<br />

vor.<br />

Ausruhen auf diesen Erfolgen wird<br />

sich die DFS nicht. Ein Risiko von eins<br />

zu zehn Millionen – damit lässt es sich<br />

in der Luftfahrt zwar zurzeit gut leben.<br />

Doch Ziel ist es, Unfälle künftig noch<br />

unwahrscheinlicher zu machen. Ein<br />

statistisches Risiko wie es die NASA<br />

in Kauf nimmt ist jedenfalls undenkbar.<br />

Doch auch in der Raumfahrt gehen die<br />

meisten Flüge gut aus: Die Raumfähre<br />

Atlantis und ihre Crew kehrte am 24.<br />

Mai 2009 wohlbehalten auf die Erde<br />

zurück.<br />

Sandra Ciupka<br />

transmission 2 – <strong>2013</strong> 5

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