Ausgabe 02/2013 - Deutsche Flugsicherung GmbH
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Ein ideales Betätigungsfeld für<br />
Experten wie Heidelmeyer, für die die<br />
Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten<br />
eine äußerst spannende Materie<br />
ist. „Ganz klar: Wir bewegen uns hier<br />
in einer Modellwelt. Statistikmodelle<br />
werden mit Simulationsergebnissen<br />
gekoppelt und mit Expertenschätzungen<br />
verknüpft“, beschreibt er die drei<br />
Phasen einer Sicherheits bewertung:<br />
die funktionale Bedrohungs analyse<br />
(Wie sicher muss ein System sein?),<br />
die Ermittlung von Sicherheitsanforderungen<br />
(Welche Vorkeh rungen<br />
sind zu treffen?) und die Sicherheitsanalyse<br />
(Wie sicher ist das System?).<br />
Ziel der Bewertung ist es, den identifizierten<br />
Bedrohungen einen der fünf<br />
Schweregrade zuzuweisen („keine“<br />
bis „katastrophale“ Auswirkung).<br />
Typische Auswirkungen können etwa<br />
sein: Unterschreitung von Mindestabständen,<br />
Kollision von Flugzeugen am<br />
Boden oder in der Luft, schlimmstenfalls<br />
der Tod von Insassen. Am Ende<br />
steht die Bestimmung von Eintrittshäufigkeiten<br />
und Risikoklassen, aber auch<br />
die Definition zusätzlicher Maßnahmen<br />
zur Risikoreduzierung. „Nehmen<br />
wir Technik ersatzlos außer Betrieb,<br />
kann dies mit höheren Risiken verbunden<br />
sein als Inbetriebnahmen“, sagt<br />
Heidelmeyer. Für den damaligen Vorschlag,<br />
die NSE abzuschalten, hatte<br />
das operative Safetymanagement des<br />
Center-Bereichs beispielsweise zwei<br />
zusätzliche Risiken ausgemacht – inakzeptabel<br />
für Robert Schickling, heute<br />
Geschäftsführer Betrieb und damals<br />
Leiter Geschäftsbereich Center: „Das<br />
heutige Sicherheitsniveau hat Vorrang<br />
vor den dargestellten Kosteneinsparungen“,<br />
begründete er die Entscheidung,<br />
die NSE beizubehalten.<br />
Den Anteil der <strong>Flugsicherung</strong> am<br />
Risiko eines Unfalls so gering wie möglich<br />
zu halten. Als „Hüter der Sicherheit“<br />
unterliege sein Bereich zudem<br />
keiner operativen Verantwortung,<br />
sondern sei als unabhängige Instanz<br />
von operativ-wirtschaftlichen Zielen<br />
entkoppelt, weist Heidelmeyer auch<br />
auf den organisatorischen Aspekt hin<br />
und gibt zu bedenken: „Methodik und<br />
Dokumentation müssen sauber sein.<br />
Denn auch Aufsichts- oder Unfallbehörden<br />
lesen unsere Dokumente.“<br />
Die DFS will höchstens<br />
alle 30 Jahre mit einem<br />
Unfall in Verbindung<br />
gebracht werden<br />
Deshalb ist es sein Bereich, der<br />
allen Sicherheits bewertungen schließlich<br />
die Freigabe erteilen muss. Dennoch<br />
obliegt es in letzter Instanz<br />
dem jeweiligen Auftraggeber, eine<br />
Entscheidung für oder gegen eine<br />
Veränderung zu treffen – für die er<br />
dann auch die Verantwortung trägt.<br />
In den seltensten Fällen weicht diese<br />
aber vom Ergebnis der Sicherheitsbewertung<br />
ab. Wie auch im Falle der<br />
Überlegung, die NSE abzuschalten:<br />
Statt eine siebenstellige Summe einzusparen<br />
bedeutete sie in der Konsequenz<br />
nicht nur, ein Erneuerungsprojekt<br />
für das 20 Jahre alte System<br />
aufzulegen. Auch die Betriebskosten<br />
werden höher ausfallen als bislang,<br />
stellte sich dabei heraus. Weil die<br />
Telekommuni kations anbieter keine<br />
unabhängige ISDN-Infra struktur mehr<br />
für die Übertragung bereitstellen wollen,<br />
muss die DFS auf deutlich teurere<br />
Daten-Festverbindungen ausweichen.<br />
Die laufenden Kosten erhöhen sich<br />
dadurch um glatt die Hälfte. „Unsere<br />
NSE-Systeme sind ähnlich einem Airbag“,<br />
zieht Produktmanager Ahmad<br />
Hakimi den Vergleich. Alle Fahrzeuge<br />
müssten zwar damit ausgerüstet sein,<br />
benötigt würde er jedoch nur im Falle<br />
eines Unfalles. „Sicherheit kostet eben<br />
immer Geld.“<br />
Rüdiger Mandry<br />
Zur Seite stehen den operativen<br />
Safetymanagements in den<br />
vier Geschäfts bereichen die Fachleute<br />
des Unternehmens sicherheitsmanagements.<br />
Das Bestreben aller:<br />
Nicht auf Kosten der Sicherheit – auch wenn dann manche Entscheidung zulasten der<br />
Kosten geht. Sicherheitsbewertungen nehmen eine präzise Risikoanalyse vor: von<br />
jeder Veränderung, die sich auf das funktionale ATM-System auswirken könnte.<br />
transmission 2 – <strong>2013</strong> 25