Herunterladen - tessiner zeitung
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26. Juli 2013<br />
3<br />
Thema<br />
von Rolf Amgarten<br />
Wenn Sie den Kandidaten für<br />
den zweiten Nationalpark anschauen<br />
möchten, müssen Sie im<br />
Centro Pro Natura Lucomagno<br />
in Acquacalda etwas essen. Dort<br />
besteht er nämlich schon: als<br />
Tischset mit den schönsten Ausflugszielen.<br />
Das einstige Centro<br />
UomoNatura ist jung und licht<br />
geworden. In der architektonischen<br />
Innengestaltung gleicht es<br />
den modernen Jugendherbergen,<br />
wie der von St. Moritz. Mehr<br />
Fenster, mehr Aussicht und funktionale<br />
Einrichtung mit Naturmaterialien.<br />
Energiesparende<br />
Beleuchtungslösungen, die dennoch<br />
heutigen Ansprüchen bestens<br />
entsprechen. Aber auch der<br />
Campingplatz, seine Umgebung,<br />
das Naturetum mit Biotop, Bächlein<br />
und verbuschten Föhren<br />
empfängt den Gast freundlich<br />
und offen. „Des Abends können<br />
die Gäste die Hirsche beobachten,<br />
die aus dem Wald bis fast<br />
hinunter kommen.“ Das Jagdbanngebiet<br />
scheint nicht nur dem<br />
Pro-Natura-Mitarbeiter und Leiter<br />
des Pro Natura-Zentrums,<br />
Christian Bernasconi, sondern<br />
auch dem Wild zu gefallen. Er<br />
leitet zusammen mit seiner Frau<br />
Lorenza das Centro, das der Umweltverband<br />
nebst den beiden<br />
nationalen Naturschutzzentren<br />
beim Aletschgletscher und am<br />
Neuenburgersee nun auch im<br />
Südgebirge der Schweiz als eines<br />
von zehn regionalen Zentren<br />
betreibt. Bis es endlich vor einigen<br />
Wochen definitiv geöffnet<br />
werden konnte, mussten einige<br />
Altlasten beseitigt, einige Sanierungen<br />
vorgenommen und einige<br />
Kantonsnormen eingehalten<br />
werden. „Die Mauer zur Strasse<br />
hin musste lawinensicher verstärkt<br />
werden. In den 50er-Jahren<br />
hatte eine Lawine einen Teil<br />
der damals bestehenden Struktur<br />
zerstört“, erklärt Bernasconi. Absichtlich<br />
steht gegenüber, auf der<br />
anderen Strassenseite, ein riesiges<br />
Plakat, welches das damals<br />
in den 60er-Jahren erstellte Gebäude<br />
zeigt. „Wir wollten uns bei<br />
der Sanierung möglichst an die<br />
damals vom bekannten Tessiner<br />
Architekten Rino Tami vorgegebene<br />
Grundform halten. Sie<br />
nicht verändern.“ Veränderungen<br />
sind andere vorgesehen. Vor allem<br />
den energetischen Bereich<br />
Vom südlichen Tor im Bleniotal zu einem künftigen zweiten Nationalpark der zwei<br />
Bergkantone Tessin und Graubünden ist es bloss ein Katzensprung über den Lukmanier<br />
Beim Umbau hat man sich möglichst an die Vergangenheit gehalten<br />
WO SELBST DIE HIRSCHE<br />
GERNE ZU BESUCH KOMMEN<br />
möchten die Pronaturer schrittweise<br />
erneuern. Die Warmwasserkollektoren<br />
sind mittlerweile<br />
20 Jahr alt. Der Standort ist ungünstig,<br />
weil er gut nutzbaren<br />
Platz wegnimmt. Mit dem kantonalen<br />
Elektrizitätsunternehmen<br />
AET ist man wegen einer möglichen<br />
Sonnenstromnutzung im<br />
Gespräch. Für die Thermosolar-<br />
Anlage hofft man auf Hilfe. „Wir<br />
wären nicht unglücklich, wenn<br />
sich vielleicht Gönner oder<br />
Sponsoren bei uns melden würden,<br />
welche im Energiesektor tätig<br />
sind. Denn solche Sanierungen<br />
kosten Geld.“ Und Geld hat<br />
man bisher einiges für die Reno-<br />
vation ausgegeben, was ohne<br />
grosszügige Gönnerantworten<br />
und Hilfe aus der Region, von<br />
Subventionsgebern und der Gemeinde<br />
Blenio sowie Bankkrediten<br />
wohl nicht möglich geworden<br />
wäre. Immerhin hat die Sache<br />
eine sechsstellige Grösse angenommen.<br />
Rund 3,37 Mio. haben<br />
Kauf und Sanierung gekostet.<br />
„Ja, der Betrieb läuft gut“,<br />
bestätigt Bernasconi genau das,<br />
was man sieht. „Wir haben spät<br />
mit der Saison anfangen können,<br />
deshalb tut uns der Gästezulauf<br />
gut.“ Obwohl viele Gäste von<br />
ausserhalb kommen, finden immer<br />
wieder auch Einheimische<br />
den Weg. Gerade diese Woche<br />
wird das Altersheim von Olivone<br />
den Zvieri im Centro Acquacalda<br />
zu sich nehmen. Dabei dürften<br />
sich die rollstuhlgängige Rampe<br />
zur Terrasse und das entsprechend<br />
erreichbare WC als nützlich<br />
erweisen.<br />
Enttäuscht werden im Naturzentrum<br />
lediglich Leute, welche eine<br />
Art von Sammelsurium von<br />
aufgespiessten Käfern und anderen<br />
heimischen Tieren erwarten.<br />
„Diese Sammlung haben wir<br />
dem naturhistorischen Museum<br />
übergeben. Das entspricht nicht<br />
dem Credo von Pro Natura. Wir<br />
wollen die lebende Natur zeigen<br />
So sah das Centro in den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts aus<br />
und erforschen.“ Wenn Ausstellungen<br />
in der Nähe stattfinden,<br />
machen wir darauf aufmerksam.<br />
Auch auf die „Zwischenlagerung“<br />
von Forellen in engen<br />
Aquarien verzichtet der Umweltverband<br />
aus ethischen Gründen.<br />
Vom Verein gegen Tierfabriken<br />
wurden die vorherigen Betreiber<br />
arg kritisiert. Heute findet sich<br />
auf der VgT-Seite ein Verweis,<br />
dass das nicht mehr praktiziert<br />
wird. „Lieber wäre uns, Herr<br />
Kessler würde diese Seite ganz<br />
von seiner Internetseite löschen“,<br />
meint der junge Betriebsleiter.<br />
Gibt man beispielsweise Centro<br />
Uomonatura ein, erscheinen auf<br />
dem weltweiten Netz noch immer<br />
Seiten von einstigen Betreibern.<br />
„Wir haben sie schon<br />
mehrmals gebeten, doch ihre alte,<br />
nicht mehr aktuelle Seite zu<br />
löschen. Wir haben dazu kein<br />
Recht und hoffen, dass sie es<br />
endlich machen.“ Die korrekte<br />
Seite heisst www.pronatura-lucomagno.ch.<br />
Dort findet sich<br />
auch das Veranstaltungsprogramm.<br />
Samstag, 27. Juli um 17.30 findet<br />
ein Vortrag von Marco Cagnotti<br />
zum Thema “L’universo<br />
come opera d’arte” (Universum<br />
als Kunstwerk) statt.<br />
Wie die alten Römer über Pässe steigen, bloss mit besserem Outfit und der Aussicht auf einen zweiten Nationalpark<br />
Geschichte des Lukmaniers erwandern<br />
Gemeindevorsteher, Direktor und Touristiker vor Berglandschaft<br />
Ti-Press<br />
“Buon Giorno, Bien Di, guten Tag”, wurden<br />
die Medienschaffenden vom Leiter des<br />
Kandidaten für einen zweiten Nationalpark<br />
in drei Landessprachen begrüsst und nach<br />
dem Infoanlass mit “Besten Dank, Engraziel<br />
und Grazie“ wieder verabschiedet.<br />
Nach dem Medientermin kommt das Fotoshoting:<br />
Gemeindepräsident Marino Truaisch<br />
von Blenio im Barchethemd, sein Kollege<br />
Peter Binz aus dem bündnerischen<br />
Medel im Blazer, Parc Adula-Direktor Stefano<br />
Quarenghi und der Tourismusverantwortliche<br />
des Bleniotals Marco Scossa<br />
üben schon mal vor Berglandschaft. Kommenden<br />
Sonntag gilt es dann ernst. Dann<br />
wird die ViaLucmagn offiziell eröffnet. Ein<br />
historischer Nord-Süd-Wanderweg vergleichbar<br />
mit der ViaSpluga. Was denn das<br />
für die von Abwanderung und Überalterung<br />
betroffenen Talschaften (wie Gemeindepräsident<br />
Binz erklärte) bedeute, wollte<br />
ein Medienschaffender im Saal des Hospiz’<br />
auf der Lukmanierpasshöhe wissen.<br />
“Mittlerweile bringt der Sommertourismus<br />
der Splügenregion mehr als der im Winter.<br />
Mit der ViaSpluga konnten im Jahr rund 1<br />
Mio. Franken erwirtschaftet werden”, erklärten<br />
Quarenghis Mitarbeiter Rico Tuor<br />
auf Deutsch und Mauro Ryser auf Italienisch.<br />
Es zeige sich, dass der heutige Tourist<br />
sich sehr stark von Tradition, Originalität<br />
und Identischem sowie naturbelassenen<br />
Landschaften angezogen fühle. Genau dies<br />
wolle man bieten. Ryser und Tuor erarbeiten<br />
mit der Adulapark-Leitung ein Konzept<br />
für die Vernetzung weiterer historischer<br />
Wege und neuer touristischer Projekte,<br />
welche die Surselva und das Bleniotal näher<br />
zueinander bringen. Und auch die Realisierung<br />
eines zweiten Nationalparks.<br />
“Obwohl die Viastorica-Projekte durchaus<br />
unabhängig von einem Nationalpark bestehen<br />
können“, ergänzte Quarenghi. Zur Frage,<br />
wie denn die Stimmung in der Bevölkerung<br />
bezüglich des geplanten Nationalparks<br />
sei, über den im Jahr 2015 abgestimmt<br />
werden wird, meinten die Parkmitarbeiter,<br />
dass bei den Menschen die Abwehr<br />
dem Interesse weiche. “Es wird heute<br />
weniger gefragt, was man denn nicht dürfe,<br />
sondern was der Park den Menschen konkret<br />
bringen könnte und wo sie ihren Platz<br />
darin mit eigenen Aktivitäten finden könnten”,<br />
erklärten Tuor und Ryser. Ein Mentalitätswandel<br />
zum Positiven hin sei feststellbar,<br />
ergänzte Direktor Quarenghi.<br />
Die Eröffnungszeremonie für die ViaLucmagn<br />
findet am Sonntag, 28. Juli ab 11.45<br />
auf der Passhöhe nahe der weissen Kapelle<br />
statt. Nebst Reden, Musik und Apero<br />
mit regionalen Spezialitäten ist für die<br />
Kleinen ab 14 Uhr ein Ziegentrekking<br />
eingeplant.<br />
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