S.084-085_Geld und Recht_Serie Windenergie ...
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84 <strong>Geld</strong> <strong>und</strong> <strong>Recht</strong> LAND & Forst • Nr. 32 • 8. August 2013<br />
Viel Wind um Potenzialflächen<br />
Raumplanung Was die Ausweisung von <strong>Windenergie</strong>gebieten betrifft, herrscht<br />
unter den betroffenen Flächeneigentümern eine Menge Halbwissen. Ob „Windeignungsgebiet“<br />
oder „Windvorranggebiet“ – häufig werden Bezeichnungen<br />
durcheinander geworfen. Viele wissen auch nicht, welche rechtliche Bedeutung<br />
sich dahinter verbirgt. <strong>Recht</strong>sanwalt Thorsten Giehsler erklärt im letzten Teil der<br />
<strong>Serie</strong> die wichtigsten Begriffe <strong>und</strong> die <strong>Recht</strong>sfolgen, die sich aus ihnen ergeben.<br />
Bestehende Windparks weiterzuentwickeln, hat in der Regel höchste Priorität.<br />
Ihre Ansprechpartnerin<br />
für <strong>Geld</strong> <strong>und</strong> <strong>Recht</strong>:<br />
Cornelia Bley<br />
Tel. 0511-67806-122<br />
Fax 0511-67806-110<br />
E-Mail: cornelia.bley@dlv.de<br />
Einige Landwirte denken<br />
bereits bei der Benennung<br />
von sogenannten<br />
Potenzialflächen, sie hätten<br />
eine gesicherte <strong>Recht</strong>sposition<br />
<strong>und</strong> könnten mit „Sicherheit“<br />
auf diesen Flächen <strong>Windenergie</strong>anlagen<br />
errichten. Das ist<br />
aber nicht richtig. Der Begriff<br />
„Potenzialfläche“ kommt aus<br />
der Raumordnung <strong>und</strong> wird im<br />
Zusammenhang mit Raumordnungsverfahren<br />
verwendet.<br />
Regionale Raumordnungsverfahren<br />
sind behördeninterne<br />
Verfahren, die eine<br />
Zwischenstufe zwischen den<br />
Landesraumordnungsprogrammen<br />
<strong>und</strong> den Flächennutzungsplänen<br />
der Städte<br />
<strong>und</strong> Gemeinden darstellen.<br />
Die Leitvorstellung der Raumentwicklung<br />
ist es, die sozialen<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlichen Ansprüche<br />
an den Raum mit seinen<br />
ökologischen Funktionen in<br />
Einklang zu bringen <strong>und</strong> zu<br />
einer dauerhaften, großräumig<br />
ausgewogenen Ordnung mit<br />
gleichwertigen Lebensverhältnissen<br />
zu führen.<br />
Nur eine Planungsfläche<br />
Der Begriff Potenzialfläche<br />
bezeichnet dabei nur eine<br />
Planungsfläche, auf der eine<br />
<strong>Windenergie</strong>nutzung zumindest<br />
denkbar ist, also<br />
zum Beispiel Ackerland oder<br />
Grünland; in anderen B<strong>und</strong>esländern<br />
ist das auch in<br />
Waldgebieten denkbar. Von<br />
diesen Flächen werden dann<br />
durch einen Ausschlusskatalog<br />
wieder Flächen „abgezogen“,<br />
so sind zum Beispiel<br />
bestimmte Entfernungen zu<br />
Ortslagen einzuhalten. Auch<br />
Landschafts- <strong>und</strong> Vogelschutzgebiete<br />
sind „auszuklammern“.<br />
Durch dieses Ausschlussprinzip<br />
bleiben dann jene Gebiete<br />
übrig, die tatsächlich für <strong>Windenergie</strong>nutzung<br />
denkbar sind.<br />
Die Darstellungen im Regionalen<br />
Raumordnungsprogramm<br />
(RROP) sind auch<br />
nicht „parzellenscharf“, so<br />
dass von den Darstellungen<br />
im RROP nicht auf die tatsächlichen<br />
Grenzen vor Ort<br />
geschlossen werden kann.<br />
Außerdem dienen die Darstellungen<br />
des RROP nur dazu,<br />
bestimmte Flächen für bestimmte<br />
Nutzungsmöglichkeiten<br />
zu sichern.<br />
Die Potenzialfläche bezeichnet<br />
also ein Stadium<br />
der Planung. Eine gesicherte<br />
<strong>Recht</strong>sposition entsteht dabei<br />
noch nicht. Für den Fall, dass<br />
tatsächlich ein Windpark errichtet<br />
werden soll, sind noch<br />
weitere Schritte erforderlich,<br />
nämlich entsprechende Genehmigungen,<br />
Bauleitplanungen<br />
der Gemeinden, Planfeststellungen<br />
oder sonstige<br />
behördliche Entscheidungen.<br />
Soweit in einem Regionalplan<br />
ein Windeignungsgebiet,<br />
Windvorranggebiet oder<br />
Windvorbehaltsgebiet ausgewiesen<br />
ist, so sagt das nur<br />
etwas darüber aus, welche<br />
Priorität die planerische Umsetzung<br />
hat.<br />
„Windeignungsgebiet“ bedeutet:<br />
Das Gebiet ist für die<br />
<strong>Windenergie</strong>nutzung besonders<br />
geeignet; andere Nutzungen<br />
<strong>und</strong> Belange stehen dem<br />
nicht entgegen <strong>und</strong> in anderen<br />
Gebieten wird die <strong>Windenergie</strong>nutzung<br />
ausgeschlossen.<br />
„Windvorranggebiet“ heißt:<br />
Die <strong>Windenergie</strong>nutzung ist<br />
vorrangig; gegenläufiger Nutzungen<br />
werden in diesem Gebiet<br />
ausgeschlossen.<br />
<br />
In einem „Windvorbehaltsgebiet“<br />
hat die <strong>Windenergie</strong>nutzung<br />
bei der Abwägung<br />
konkurrierender Nutzung besonderes<br />
Gewicht, so dass das<br />
Interesse daran meist überwiegt.<br />
Foto: landpixel/Mühlhausen<br />
Weiterentwicklung zuerst<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich hat aber die<br />
Weiterentwicklung schon bestehender<br />
Gebiete die höchste<br />
Priorität. Daraus folgt jedoch<br />
auch: Sind in einem Regionalplan<br />
Vorrang- oder auch<br />
Eignungsgebiete festgelegt,<br />
sind raumbedeutsame <strong>Windenergie</strong>anlagen<br />
nur in diesen<br />
Gebieten zulässig, alle anderen<br />
Flächen sind dann ausgeschlossen.<br />
Das liegt daran,<br />
dass regionale Raumordnungspläne<br />
die <strong>Windenergie</strong>nutzung<br />
für alle Bereiche außerhalb der<br />
Windvorrang- <strong>und</strong> Windeignungsgebiete<br />
sperren.<br />
Ebenso verhält es sich bei<br />
den Flächennutzungsplänen<br />
der Gemeinden. Durch das Instrument<br />
der Windvorrangflächen<br />
hat der Gesetzgeber den<br />
Kommunen die Möglichkeit<br />
gegeben, die <strong>Windenergie</strong> auf<br />
bestimmte Gebiete zu konzentrieren.<br />
Wenn Städte <strong>und</strong> Gemeinden<br />
solche Flächen festlegen,<br />
fällt die Privilegierung der<br />
<strong>Windenergie</strong> weg. Allerdings<br />
darf es sich bei der Ausweisung<br />
nicht um eine sogenannte Verhinderungsplanung<br />
handeln.<br />
Die Handhabe der Gemeinden<br />
steht teilweise im Wider-
LAND & Forst • Nr. 32 • 8. August 2013 <strong>Geld</strong> <strong>und</strong> <strong>Recht</strong> 85<br />
spruch zur aktuellen <strong>Recht</strong>slage<br />
auf B<strong>und</strong>esebene, denn<br />
im Baugesetzbuch ist eine<br />
Erleichterung der Errichtung<br />
von <strong>Windenergie</strong>anlagen vorgesehen<br />
(§ 35 BauGB). Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
sind nämlich <strong>Windenergie</strong>anlagen<br />
außerhalb von<br />
geschlossenen Ortschaften<br />
privilegiert. Sie können überall<br />
dort errichtet werden, wo die<br />
Vorschriften des Baurechts, wie<br />
zum Beispiel Abstandsregelungen,<br />
eingehalten werden. In der<br />
Praxis dagegen wird diese Privilegierung<br />
häufig eingeschränkt.<br />
Kein <strong>Recht</strong>sanspruch<br />
Aus der Tatsache, dass es sich<br />
bei der Regionalplanung um<br />
ein behördeninternes Verfahren<br />
handelt, folgt, dass es<br />
keinen rechtlichen Anspruch<br />
auf Ausweisung eines Windvorranggebietes<br />
im Wege des<br />
regionalen Raumordnungsverfahrens<br />
gibt. Das Ergebnis<br />
des Raumordnungsverfahrens<br />
selbst entfaltet keine unmittelbare<br />
<strong>Recht</strong>swirkung, weder<br />
gegenüber einem Anlagenbetreiber<br />
noch gegenüber den<br />
einzelnen Flächeneigentümern.<br />
Es ersetzt insbesondere<br />
auch keine Genehmigungen<br />
für ein konkretes Vorhaben.<br />
Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens<br />
ist aber in den<br />
nachfolgenden Zulassungsverfahren<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich zu berücksichtigen.<br />
Das RROP <strong>und</strong><br />
dessen Fortschreibung sind<br />
dabei keine Planfeststellungsverfahren.<br />
Allerdings ist in der<br />
Änderung (auch: „Teilfortschreibung“)<br />
des RROP eine<br />
Beteiligung der Öffentlichkeit<br />
vorgesehen, so dass sich jeder<br />
im Zuge des Beteiligungsverfahrens<br />
zumindest äußern<br />
kann. Diese Stellungnahmen<br />
fließen dann nach dem Ermessen<br />
der Behörde, je nach Abwägungsergebnis,<br />
in die Regionalplanung<br />
ein.<br />
Klage nicht möglich<br />
LAND & Forst-<strong>Serie</strong><br />
<strong>Windenergie</strong><br />
<strong>Recht</strong><br />
Eigene Flächen für <strong>Windenergie</strong><br />
zu vermarkten, ist<br />
attraktiv. Landeigentümer<br />
handeln jedoch häufig vorschnell<br />
<strong>und</strong> übersehen dabei<br />
die Risiken. Die <strong>Serie</strong> greift<br />
daher aktuelle <strong>Recht</strong>sprobleme<br />
auf <strong>und</strong> gibt Tipps fürs<br />
professionelle Auftreten gegenüber<br />
Projektplanern.<br />
ThemaAusgabe<br />
Vertragsgr<strong>und</strong>lagen 28<br />
Flächenpool29<br />
Repowering30<br />
Flurbereinigung31<br />
Windvorranggebiete<br />
32<br />
Wegen des behördeninternen<br />
<strong>und</strong> behördenverbindlichen<br />
Charakters <strong>und</strong> weil eine unmittelbare<br />
<strong>Recht</strong>swirkung fehlt,<br />
kann das Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens<br />
kaum mit<br />
einem <strong>Recht</strong>smittel angegriffen<br />
werden. Eine Klage, die<br />
sich nur darauf stützt, dass ein<br />
RROP Widersprüche enthält,<br />
ist nicht möglich. Eine Klage –<br />
in welcher Form auch immer<br />
– ist immer nur dann denkbar,<br />
wenn der Betroffene, vereinfacht<br />
dargestellt, persönlich<br />
von einer hoheitlichen Maßnahme<br />
betroffen ist. Landwirte<br />
können also keinen Anspruch<br />
daraus ableiten, dass ihre Fläche<br />
als Windvorranggebiet<br />
ausgewiesen wird. Es besteht<br />
daher auch kein Anspruch auf<br />
die Genehmigung zum Bau einer<br />
<strong>Windenergie</strong>anlage, wenn<br />
die Planung der Gemeinde<br />
woanders Windvorrangflächen<br />
vorsieht.<br />
<strong>Recht</strong>smittel beschränkt<br />
Unter bestimmten Umständen<br />
bestehen, je nach Einzelfall,<br />
folgende rechtliche Möglichkeiten:<br />
<br />
Werden die eigenen Flächen<br />
im regionalen Raumordnungsplan<br />
nicht als <strong>Windenergie</strong>standort<br />
ausgewiesen, kommt<br />
eventuell ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren<br />
in Frage.<br />
Wie der Name schon sagt,<br />
ermöglicht ein solches Verfahren,<br />
unter besonderen Voraussetzungen<br />
von einem oder<br />
mehreren Zielen der Raumordnung<br />
abzuweichen. Sind<br />
die Bedingungen erfüllt, kann<br />
sogar eine Privatperson per<br />
Antrag ein Verfahren einleiten.<br />
<br />
Denkbar ist außerdem, einen<br />
Antrag darauf zu stellen,<br />
dass die eigene Fläche bei der<br />
der Fortschreibung der Regionalpläne<br />
als künftiges Windvorranggebiet<br />
ausgewiesen<br />
wird. Das ist vor allem für eine<br />
langfristige Planung interessant,<br />
weil die Regionalpläne<br />
ebenfalls langfristig fortgeschrieben<br />
werden.<br />
Zusatzversorgung für Arbeitnehmer<br />
<br />
Was die Fortschreibung<br />
der Regionalpläne angeht, so<br />
kann sich jeder im Rahmen<br />
der Beteiligung der Öffentlichkeit<br />
einbringen. Allerdings<br />
ist damit auch keine <strong>Recht</strong>sfolge<br />
verb<strong>und</strong>en, die Beteiligung<br />
hat nur informativen<br />
Charakter.<br />
<br />
Ein richtiges <strong>Recht</strong>smittel<br />
dagegen ist die kommunale<br />
Verfassungsbeschwerde: In<br />
dieser Form kann eine Kommune<br />
gegen einen Raumordnungsplan<br />
vorgehen <strong>und</strong> geltend<br />
machen, in ihrem <strong>Recht</strong><br />
auf Selbstverwaltung verletzt<br />
zu sein oder weil sonstige Vorschriften<br />
des Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />
nicht eingehalten sind. Privatpersonen<br />
steht dieses <strong>Recht</strong>smittel<br />
allerdings nicht zu.<br />
<br />
Was Privatpersonen<br />
hingegen tun können, ist<br />
gegebenenfalls ein verwaltungsrechtliches<br />
Normenkontrollverfahren<br />
anzustrengen<br />
<strong>und</strong> damit den<br />
Flächennutzungsplan der Gemeinden<br />
überprüfen lassen.<br />
Im Ergebnis gibt es also<br />
durchaus rechtliche Möglichkeiten.<br />
Die <strong>Recht</strong>sprechung<br />
tendiert dazu, auch Privatpersonen<br />
bestimmte <strong>Recht</strong>smittel<br />
zuzubilligen <strong>und</strong> ihre rechtlichen<br />
Möglichkeiten zu erweitern.<br />
Die Voraussetzungen<br />
sind aber eng gefasst <strong>und</strong> einzelfallabhängig.<br />
<strong>Recht</strong>sanwalt<br />
Thorsten Giehsler, Helmstedt<br />
Arbeitnehmer, die rentenversicherungspflichtig<br />
in der Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft<br />
tätig waren, können eine Ausgleichsleistung<br />
bzw. Beihilfe beantragen, darauf macht die Zusatzversorgungskasse<br />
für Arbeitnehmer in der<br />
Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft aufmerksam.<br />
Um die Anspruchsvoraussetzungen für die<br />
Leistungen zu erfüllen, müssen die Antragsteller<br />
auch eine Rente aus der gesetzlichen<br />
Rentenversicherung beziehen <strong>und</strong> am 1. Juli<br />
2010 das 50. Lebensjahr vollendet haben. Außerdem<br />
ist für die letzten 25 Jahre vor Rentenbeginn<br />
eine rentenversicherungspflichtige<br />
Beschäftigungszeit von 180 Kalendermonaten<br />
(15 Jahren) in der Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft<br />
nachzuweisen.<br />
Antragsteller aus den neuen B<strong>und</strong>esländern<br />
müssen nach dem 31. Dezember 1994 noch<br />
mindestens sechs Monate in einem land- oder<br />
forstwirtschaftlichen Betrieb rentenversicherungspflichtig<br />
gearbeitet haben. Auch ehemalige<br />
Arbeitnehmer, die keinen Anspruch mehr<br />
auf die tarifvertragliche Beihilfe des Zusatzversorgungswerkes<br />
haben, können einen Antrag<br />
auf Ausgleichsleistung stellen. Die maximale<br />
Leistungshöhe beträgt zurzeit monatlich 80<br />
Euro für verheiratete <strong>und</strong> 48 Euro für ledige<br />
Berechtigte.<br />
Anträge auf Gewährung einer Ausgleichsleistung<br />
sind bis zum 30. September 2013 zu<br />
stellen. Dies ist aber nur dann maßgebend,<br />
wenn der Antragsteller bereits eine gesetzliche<br />
Rente vor dem 1. Juli 2013 bezogen hat. Wird<br />
der Antrag später gestellt, gehen nur die Leistungsansprüche<br />
vor dem 1. Juli 2013 verloren.<br />
Rückfragen können an die Zusatzversorgungskasse<br />
für Arbeitnehmer in der Land<br />
<strong>und</strong> Forstwirtschaft in Kassel gerichtet werden.<br />
Telefon: 0561-93279-0, Fax: -70, E-Mail:<br />
info@zla.de