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Disruptive Behaviour, NDB, BPSD, Challenging Behaviour

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<strong>Disruptive</strong> <strong>Behaviour</strong>, <strong>NDB</strong>,<br />

<strong>BPSD</strong>, <strong>Challenging</strong> <strong>Behaviour</strong><br />

C.Müller-Hergl


Inhalte<br />

1. Definitionen<br />

2. <strong>BPSD</strong><br />

3. <strong>Disruptive</strong> <strong>Behaviour</strong>s(Aggression):<br />

Clusterungen<br />

4. Erklärungsansätze<br />

5. Rahmenmodell: Need driven compromised<br />

behaviour<br />

6. Aggressivität<br />

7. Wandern<br />

C.Müller-Hergl


Inhalte<br />

8. Passivität<br />

9. Vokal <strong>Disruptive</strong>s Verhalten (VDB)<br />

10. Repetitives Verhalten<br />

11. Sexualität<br />

12. Interventionen<br />

13. Management<br />

14. Entwicklung und Verlauf<br />

C.Müller-Hergl


C.Müller-Hergl


1. Definition: <strong>Disruptive</strong><br />

Verhalten als eine beobachtbare Aktivität, die<br />

entweder das Potenzial hat für oder von den<br />

Pflegenden wahrgenommen wird als:<br />

• Gefährdung des Betroffenen oder der<br />

anderen<br />

• Stressvoll, beängstigend oder frustrierend für<br />

den Betroffenen oder andere<br />

• Sozial nicht akzeptabel oder zur Isolation<br />

führend.<br />

C.Müller-Hergl


Definition: „Herausfordernd“<br />

• Begriff aus der Behindertenarbeit(Emerson 1995)<br />

• Verhalten ist Resultante extrinsischer und<br />

intrinischer Faktoren<br />

• Kein unumkehrbares Ergebnis des<br />

Krankheitsprozesses<br />

• Intensität, Dauer und Frequenz bedroht die eigene<br />

Sicherheit oder die anderer und verhindert Zugang<br />

zu öffentlichen Bereichen<br />

C.Müller-Hergl


Unterscheidung<br />

• Verhaltensproblematik: Verhalten in<br />

Krisensituationen, bei störenden<br />

Umgebungsreizen, in Konflikten<br />

• Verhaltensauffälligkeit: dauerhaft,<br />

wiederholt/end, lebensgeschichtlicher<br />

Hintergrund, kaum beeinflussbar<br />

C.Müller-Hergl


2. <strong>BPSD</strong><br />

• 1996 wurde der Begriff <strong>BPSD</strong> im Rahmen<br />

einer Konsensuskonferenz durch 660<br />

Experten der International Psychogeriatric<br />

Association (IPA) definiert: „The term<br />

behavioral disturbances should be replaced<br />

by the term behavioral and psychological<br />

symptoms of dementia (<strong>BPSD</strong>), defined as:<br />

Symptoms of disturbed perception, thought<br />

content, mood or behavior that frequently<br />

occur in patients with dementia” (International<br />

Psychogeriatric Association (IPA) 1998 )<br />

C.Müller-Hergl


Verhaltensbezogene Symptome:<br />

Am Patienten beobachtbare Symptome wie Aggression,<br />

Schreien, Rastlosigkeit, Agitation, Wandern, kulturell<br />

unangemessenes Verhalten, sexuelle Enthemmung,<br />

Horten, Fluchen , Verfolgen<br />

Psychologische Symptome<br />

Einschätzbar aus den Gesprächen mit Patienten und den<br />

Angehörigen wie Angst, depressive Verstimmung,<br />

Halluzinationen<br />

und Wahnvorstellungen<br />

C.Müller-Hergl


<strong>Behaviour</strong>al and psychological symptoms of<br />

dementia (<strong>BPSD</strong>) (International Psychogeriatric<br />

Association 1996)<br />

1. Erregung (agitation): Angst, Irritierbarkeit,<br />

motorische Unruhe, Wandern<br />

2. Psychotische Symptome: Halluzinationen<br />

(visuell), Wahn (Bestehlung), wahnhafte<br />

Fehlerkennung (Capgras: Überzeugung, Person<br />

oder Objekt sei ausgetauscht worden; Figuren aus<br />

Fernsehen oder Fotos werden für existent<br />

gehalten; Fehlidentifikation des eigenen<br />

Spiegelbildes; phantom boarder: Fremde leben im<br />

eigenen Haus)<br />

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3. Veränderte Stimmung und Gemütslage<br />

(Depression, Angst)<br />

4. Andere: Sexuelle Enthemmung,<br />

Essprobleme, abnormale Vokalisationen<br />

(VDB)<br />

Standardassessments: NPI, BEHAVE-AD,<br />

CMAI, CBS, Kingston<br />

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3. Clusterungen<br />

3.1. Cohen-Mansfield<br />

1. Aggressive(z.B. Gewalt): männlich, kognitiv<br />

beeinträchtigt, schlechte Sozialbeziehungen,<br />

Schlafprobleme<br />

2. Physisch nichtagressiv(z.B. Wandern): kognitiv<br />

beeinträchtigt, hohe ADL-Abhängigkeit,<br />

Schlafprobleme, früherer Stress, relativ gute<br />

Gesundheit<br />

3. Verbal erregt(z.B. Rufen): weiblich, depressiv,<br />

schlechte Gesundheit und Schmerzen, kognitiv<br />

relativ intakt, schlechte Sozialbeziehungen,<br />

Schlafprobleme C.Müller-Hergl


Def. C-M<br />

Erregtes(agitated) Verhalten = unangemessene<br />

verbale, vokale oder motorische Aktivität, die von<br />

einem Beobachter nicht in einen unmittelbaren<br />

kausalen Zusammenhang mit Bedürfnissen oder<br />

deliranten Zuständen gebracht werden können.<br />

„Picking behaviour“: Verstecken, verschieben,<br />

repetitives Verhalten<br />

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Verbal/vokal<br />

Sich beschweren<br />

Negativ sein<br />

Wiederholen<br />

Beständige Nachfragen<br />

Fluchen, verbal aggressiv<br />

Seltsame Geräusche machen<br />

Verbale sex. Belästigungen<br />

Schreien<br />

nichtaggressiv<br />

Repetitive Mannerismen<br />

Unangemessenes Entkleiden<br />

Unangemess. Substanzen essen<br />

Dinge unangemessen behandeln<br />

Sich woanders hinbewegen<br />

Zielloses Wandern<br />

Absichtliches Fallen<br />

Rastlosigkeit<br />

Horten, Sammeln<br />

Verstecken<br />

physisch<br />

C.Müller-Hergl<br />

Physisch sex. Annäherung<br />

Sich oder andere verletzen<br />

Dinge werfen<br />

Dinge zerreissen<br />

Kratzen<br />

Feste zupacken<br />

Stossen, Spucken<br />

Treten, Beissen, Schlagen<br />

Physisch aggress,


Dahinterliegende Ursachen<br />

• <strong>Disruptive</strong>s Verhalten zumeist bei: Zwang und<br />

Fixierung, Inaktivität, Alleinsein, Isolierung,<br />

geringe Personalbesetzung, Kälte<br />

• Verringern sich bei: Strukturierten Aktivitäten,<br />

Musik, soziale Interaktion<br />

• Häufigste Ursache: unbefriedigte Bedürfnisse,<br />

fehlende soziale und physische Stimulation,<br />

Monotonie der Versorgung<br />

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Ursachendifferenzierung<br />

1. Schmerzen und Unbehagen<br />

2. Anpassungsverhalten (Wandern)<br />

3. Versuche zu kommunizieren und<br />

Bedürfnisse mitzuteilen<br />

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3.2.Kolanowski<br />

1. Aggressives motorisches Verhalten<br />

2. Nichtaggressives psychomotorisches<br />

Verhalten<br />

3. Verbal aggressives Verhalten<br />

4. Funktional behindertes Verhalten<br />

5. Passives Verhalten<br />

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3.3.Kategorisierung nach NCBT<br />

CB-Typ<br />

Gefühle und<br />

Überzeugungen<br />

Kommentar<br />

Beispiele Überzeugungen<br />

Mangel an<br />

Motivation<br />

und Initiative<br />

(nicht aktiv)<br />

Apathie,<br />

Depressivität,<br />

Hilf- und<br />

Wertlosigkeit<br />

Unterscheidung Apathie<br />

und Depressivität; oft<br />

wenig beachtet weil wenig<br />

störend<br />

Ich bin wertlos, nichts ändert<br />

sich, keiner hört zu<br />

Angst (aktiv)<br />

Angst und<br />

Ärger: Ärger als<br />

Antwort auf das<br />

Angstgefühl.<br />

Verwundbarkeit<br />

Ärger: Rechte<br />

werden verletzt<br />

und man muss<br />

sich wehren<br />

Handlungen als Reaktion<br />

auf emotionale Zustände<br />

(aufgrund von<br />

Interaktionen oder<br />

Psychosen). Person<br />

versucht, sich zu schützen,<br />

wehren, Sicherheit zu<br />

suchen, Selbstachtung zu<br />

wahren<br />

Ich habe Angst, weiß nicht<br />

wo ich bin, ich muss mich<br />

wehren, man begegnet mir<br />

nicht mit Respekt, ich lass‘<br />

mir dies nicht gefallen<br />

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CB-Typ<br />

Suche<br />

nach<br />

Informati<br />

onen und<br />

Lösungen<br />

(aktiv)<br />

Versagen<br />

der<br />

Kontrolle<br />

(aktiv)<br />

Fehlende<br />

Umweltan<br />

passung<br />

(aktiv)<br />

Gefühle und<br />

Überzeugungen<br />

Neugierde und<br />

problemlösendes Verhalten:<br />

erschwert durch<br />

Erinnerungslücken,<br />

Verwirrtheit, Langeweile<br />

Verbunden mit der Suche<br />

nach etwas oder jemanden,<br />

um die Situation sinnvoll zu<br />

erfahren<br />

Sexuelle Enthemmung,<br />

repetitives Vokalisieren,<br />

Überzeugungen zusammen<br />

mit impulsiven Aktionen,<br />

egozentrische Überzeugungen<br />

Ablehnung der Umgebung,<br />

verbunden mit der<br />

Überzeugung, diese verlassen<br />

zu müssen<br />

Kommentar<br />

Menschen versuchen sich<br />

anzupassen und Probleme<br />

zu lösen. Fühlt die PmD sich<br />

unwohl, fragt sie und<br />

unternimmt<br />

Verbesserungsversuche,<br />

eignet sich Dinge an, nimmt<br />

etwas auseinander...<br />

Reduzierte frontaltemporale<br />

Strukturen<br />

Die Umgebung nicht mehr<br />

richtig deuten können, nicht<br />

wissen warum man hier ist,<br />

Erfahrung von<br />

Einschränkungen bis zur<br />

Fixierung<br />

C.Müller-Hergl<br />

Beispiel<br />

Überzeugungen<br />

Lass mich mal<br />

nachsehen, wenn<br />

ich..., dann<br />

komme ich hier<br />

heraus, ich frage<br />

mal nach, was/<br />

wo /wer<br />

Ich will es sofort,<br />

die da hat aber<br />

schöne B..., ich<br />

will das jetzt<br />

haben, essen<br />

Ich möchte nicht<br />

mehr hier sein,<br />

ich gehöre nicht<br />

hierher, das sind<br />

aber komische<br />

Leute hier


Mögliche Ursachen<br />

1. Kognitiv und neurologisch (Amygdala, FTD), Metabolisch<br />

2. Prämorbide Persönlichkeit, Physische Probleme (fraility,<br />

fatique, pain, discomfort)<br />

3. Wahrnehmungsstörungen: Visuell, auditorisch, olfaktorisch<br />

4. Psychisch: Ängste, Wahn, Halluzinationen<br />

5. Medikamente /Drogen: Wechsel- und Nebenwirkungen<br />

6. Sozial: Kontaktverarmung, Isolation, dysf. Familien & Gewalt<br />

7. Überzeugungen: „Ich muss meine Kinder versorgen“<br />

Sichtbar ist nur das Verhalten, die Oberfläche<br />

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Ursachen Rufen/Vokalisieren<br />

• Biologisch: Schmerzen, Verstopfung, FTD, Halluz., Drogen,<br />

Infektionen, Alkohol, Hunger/Durst, Müdigkeit und Irritation<br />

• Sozial und Umweltbezogen: Ignorierte Nachfragen/Bitten, KO-<br />

Probleme, Jemanden nicht mögen, Pflege verweigern,<br />

Geräusche/Töne, Umgebungsveränderungen, Immobilität und<br />

Positionierung<br />

• Psychologisch: Angst, Ärger und Frustration, Einsamkeit,<br />

Langeweile, Selbststimulation bei Taubheit, Über/<br />

Unterstimulation<br />

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Ursachen/ Enthemmung<br />

• Biologisch: FTD, parkinsonbedingte Hypersexualisierung,<br />

Alkohol,<br />

• Sozial: attraktive Frauen/Männer in unmittelbarer<br />

Umgebung (Kontext Pflege), andere Klienten die<br />

Annäherungsversuche unternehmen, nach Gemeinschaft<br />

und Trost suchen, Menschen in Schlafanzügen...<br />

• Psychologisch: gelangweilt, rastlos, Fehlidentifizierungen,<br />

Glauben man sei jung, Fehldeutung pflegerischer<br />

Absichten, Form Stress abzubauen, eine Möglichkeit aus<br />

einer unerwünschten Situation entfernt zu werden<br />

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Ursachen/Aggression<br />

• Biologisch: FTD, Kopfverletzung, Drogen, Infektionen, Alkohol,<br />

Paranoia (Wahn), Halluzinationen (bedrohlich), Schmerz und<br />

Agitiertheit, Kontakt wg Schmerzen abwehren, Sensorische<br />

(auditive) Defizite<br />

• Sozial: Kultur, Fehlidentifikationen und Fehldeutungen von<br />

Menschen und Situationen, Überstimulation(Licht, Geräusche),<br />

Ablehnung einer Pflegenden, Berührungsängste, Verbote,<br />

Inkompetenzgefühle, Temperatur<br />

• Psychologisch: Rastlosigkeit, Frustrationen (über misslingende<br />

Kommunikation), nicht verstanden werden, Rechte und Werte<br />

werden nicht beachtet, Infantilisierung, Tempo zu hoch: sich<br />

gehetzt fühlen, keiner hört zu, sich beschämt fühlen, persönlicher<br />

Raum wird überschritten, verbleibende Fähigkeiten werden nicht<br />

erkannt<br />

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3.4. Entwicklung und Verlauf<br />

nach Aalten<br />

Clustering der Symptome in Subsyndrome<br />

1. Apathie: Depression, Apathie, verändertes<br />

Schlafverhalten, Esstörungen<br />

2. Hyperaktivität: Agitation, Euphorie,<br />

Irritierbarkeit, Enthemmung,<br />

abweichendes motorisches Verhalten<br />

3. Psychose: Halluzination, Wahn<br />

4. Angst<br />

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Apathie & Depression<br />

• Häufigkeit: Apathie(40), Depression(35), abw.<br />

Motor.Verhalten (25), Irritierbarkeit(23),<br />

Esstörungen(22), Wahn (21), Angst(21)<br />

• Apathie/Depression hat höchste Prävalenz:<br />

Apathie nimmt zu und besteht im<br />

Krankeitsverlauf fort; Depression weniger<br />

anhaltend, nimmt mit Schwere der Demenz<br />

eher ab(Verschiebung von Depression zur<br />

Apathie im Krankheitsverlauf)<br />

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Hyperaktivität/Psychose<br />

• Nimmt im Verlauf der Krankheit bezüglich<br />

Frequenz und Schwere(NPI) zu, zumeist in<br />

Form von abw.motor.Verhalten<br />

• Wahn zumeist in mittlerer Krankheitsphase,<br />

dauert nicht beständig an, ist in der Regel<br />

erklärbar (keine blühende, komplexe<br />

Konstrukte)<br />

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Verlaufsbeobachtungen<br />

• Haben Klienten neuropsych. Symptom, dann<br />

haben sie mit hoher Wahrscheinlichkeit immer<br />

wieder Symptome, aber<br />

• Nur eine Minderheit hat dasselbe Symptom<br />

durchgängig<br />

• Am durchgängigsten sind: Apathie und abw.<br />

motor. Verhalten<br />

• am wenigsten durchgängig: Halluzinationen,<br />

Euphorie, Enthemmung<br />

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• Schwere der Symptome und Totalwert NPI<br />

nimmt nicht notwendigerweise zu mit der<br />

Krankheitsprogression<br />

• Symptome haben ihre eigene Prävalenz und<br />

Verlauf im Krankheitsgeschehen, sind aber<br />

fast immer präsent, daher „Chronic<br />

treatment“ (Bedeutsamkeit präventiver<br />

Strategien)<br />

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Zusammenfassung nach Aalten<br />

• Milde D: neuropsy. Symptome nehmen zu<br />

• Schwere D: np Symptome nehmen ab<br />

• Zunehmende kognitive Beeinträchtigung<br />

geht einher mit Wahn<br />

• Psychose und Hyperaktivität kommen oft<br />

gemeinsam vor, wobei die Psychose aus der<br />

Hyperaktivität hervorgeht<br />

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Verlaufsbeobachtungen nach<br />

Wetzels 2010<br />

• Aberrantes motorisches Verhalten, Depression,<br />

Angst und Euphorie gehen mit der Zeit eher zurück<br />

• Psychotische Phänomene bleiben recht konstant<br />

• Apathie, Agitiertheit, Irritierbarkeit und<br />

Enthemmung nehmen mit der Zeit eher zu<br />

• Alle Symptome intermittieren, d.h. kommen und<br />

gehen, Agitiertheit hat besonders hohe Prävalenz<br />

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Erstes Resümee<br />

• Unterschiedliche Ansätze zur Beschreibung und<br />

Erklärung<br />

• Kognitive und nicht-kognitive Defizite überlappen<br />

sich: vielfältige Ursachen<br />

• Alle Aspekte können in verschiedensten<br />

Kombinationen vorkommen (Heterogenität)<br />

• Aufgabe des „one-syndrome one-treatment“<br />

Modells: multifaktorieller Ansatz<br />

• Jeder Fall ist ein Einzelfall bez. Ursachenfindung<br />

• <strong>BPSD</strong> führen zu frühzeitiger Institutionalisierung,<br />

höheren Ausgaben, Beeinträchtigung der<br />

Lebensqualität aller, sind bester prognostischer<br />

Indikator für Stress bei Pflegenden<br />

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• Leidensdruck der Pflegenden ist entscheidend<br />

(z.B. bei Verweigerung): Interventionen werden<br />

abgelehnt, wenn sie nicht schnell Erfolg haben<br />

• Gefühle der „schlechten Mutter“<br />

• Besonders schwierig: Unterbrechung der<br />

Pflegeabläufe, Agitiertheit-Unruhe, Aggressivität<br />

• Differenz: Verhalten, an das man sich gewöhnen/<br />

anpassen kann(z.B. entkleiden), Verhalten das<br />

kulturübergreifend Alarm auslöst (schreien,<br />

beissen, Selbstverletzungen)<br />

• Belastungen der Pflegenden und Verhalten der<br />

Person stehen gleichgewichtig im Mittelpunkt der<br />

Aufmerksamkeit<br />

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• Wann etwas als „herausfordernd“ wahrgenommen wird<br />

hängt von sozialen Toleranzen ab: soziales Konstrukt<br />

• idR muss eine „Schwelle“ überschritten werden, die als<br />

unerträglich gilt<br />

• Verhaltensweisen spiegeln ein (unerkanntes) Bedürfnis<br />

wieder, das in Form einer drängenden „Auffassung/<br />

Überzeugung“ auftaucht (Mutter, Nach Hause...)<br />

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4. Erklärungsansätze<br />

• Kombination von: kognitiven Einschränkungen,<br />

Verluste, Umgebungseinschränkungen,<br />

neurobiologische Veränderungen<br />

• Kein gesicherter Zusammehang zwischen<br />

Verhalten und Alter, Geschlecht (Männer sind idR<br />

aggressiver) und kognitiver Einschränkung, wohl<br />

aber mit prämorbider Persönlichkeit<br />

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Erklärungsansätze<br />

a. „unmet needs“ Modell<br />

b. Verhaltens-/Lernmodell<br />

c. Umgebungsmodell (environmental<br />

vulnerability/reduced stress-threshold<br />

model).<br />

d. Neurologisches Modell<br />

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a. Unmet Need(=5)<br />

Ungleichgewicht zwischen lebenslangen<br />

Gewohnheiten, Persönlichkeit, aktuellem<br />

mentalen und körperlichen Zustand und Umwelt<br />

Unbefriedigten Bedürfnissen, die sich im Verhalten<br />

zeigen (um Bedürfnisse zu befriedigen, zu<br />

kommunizieren, Unwohlsein anzuzeigen)<br />

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. Verhaltensmodell<br />

Das Verhaltensmodell nimmt an, dass eine<br />

Verbindung zwischen der Vorgeschichte<br />

(antecedent), dem Verhalten und der<br />

Verstärkung (reinforcement) erlernt worden<br />

ist und dass ein differenzierter Lernprozess<br />

notwendig ist, um diese Verbindungen bzw.<br />

ihre Richtung zu verändern. Viele der<br />

problematischen Verhaltensformen wurden<br />

durch Pflegende verstärkt z.B. erst<br />

intervenieren, wenn ein Verhalten auftritt. Hier<br />

sind Interventionen, die die Modifikation der<br />

Verstärkung herbeiführen, notwendig (Cohen-<br />

Mansfield Jiska 2001)<br />

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• Verhalten in der Hoffnung, dadurch etwas zu<br />

erhalten/zu erfahren: Alternativen anbieten mit<br />

ähnlich positiven Gefühlen<br />

• Zuwendung gerade dann, wenn Klient nicht ruft<br />

• Übertragung von Emotionen auf die Gegenwart im<br />

Kontext eines Auslösers in der aktuellen Situation:<br />

gestufte Annäherung (positive Situation schaffen<br />

und in dieser Situation sukzessive an den Reiz<br />

heranführen, z.B. Waschen, Duschen); Aktion<br />

abbrechen, wenn negative Reaktion auftritt<br />

• Nicht immer Retraumatisierungen/<br />

Traumareaktivierungen, sondern Schwellenängste<br />

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c. Umgebungsmodell<br />

Ungünstige Umgebung/reduziertes Stress<br />

Reizschwelle Modell basiert auf der Annahme, dass<br />

der Demenzprozess zur höheren Vulnerabiltät<br />

gegenüber der Umgebung und niedrigeren<br />

Reizlevel führt, was im Endeffekt bestimmtes<br />

Verhalten provoziert. So z. B. kann ein Stimulus<br />

sehr positiv auf eine kognitiv gesunde Person<br />

wirken und bei kognitiv eingeschränkten Menschen<br />

eher das Gegenteil bewirken. Menschen mit<br />

Demenz verlieren im Laufe der Erkrankung ihre<br />

Copingfähigkeiten und erfahren dadurch ihre<br />

Umgebung häufig als zunehmend stressvoll. Hier<br />

werden Maßnahmen empfohlen, die die<br />

Stimulationslevel reduzieren und entspannend<br />

wirken wie z. B. Massagen (Cohen-Mansfield Jiska<br />

C.Müller-Hergl<br />

2001, ETTEMA/DROES: Stress-coping-adaption).


5. Need-driven compromised behaviour(Rahmenmodell)<br />

Hintergrundfaktoren<br />

• Neurologie<br />

• Kognitive Fähigkeiten<br />

• Gesundheit<br />

• Psychosoziales<br />

Kontextfaktoren<br />

(proximal)<br />

• Physiologische Bedürfnisse<br />

• Psychologische Bedürfnisse<br />

• Umgebung/Umwelt<br />

• Soziale Umwelt<br />

<strong>NDB</strong>s<br />

• Physisch nicht aggressiv<br />

• Physisch aggressiv<br />

• Problemat. Vokalisationen<br />

• Problematische Passivität<br />

C.Müller-Hergl


Hintergrundfaktoren (distal)<br />

• Neurologischer Status: Tag/Nacht Rhythmus,<br />

motorische Fähigkeiten, Gedächtnis/Merkfähigkeit,<br />

Sprache, Sensorik<br />

• Gesundheitsstatus: Allgemeinzustand,<br />

Funktionsfähigkeit (ADL, IADL), Stimmung,<br />

Geschlecht, Ethnie, Familienstand, Schulbildung,<br />

Beruf<br />

• Psychosoziales: Persönlichkeit, Reaktionsmuster auf<br />

Stress<br />

C.Müller-Hergl


Proximale (nahe) Faktoren<br />

• Physiologische Bedürfnisse: Hunger, Durst,<br />

Ausscheidung, Schmerz, Unwohlsein,<br />

Schlafstörungen<br />

• Psychosoziale Bedürfnisse: Affekt, Emotionen<br />

(Angst, Langeweile), Beziehungsbezogene<br />

Probleme<br />

• Physische Umgebung: Licht, Geräusche, Wärme,<br />

Gerüche etc<br />

• Soziale Umgebung: Personalausstattung, andere<br />

Klienten<br />

C.Müller-Hergl


<strong>NDB</strong><br />

• Beide Faktoren interagieren und produzieren<br />

<strong>NDB</strong>, verstanden als die angemessenste Antwort<br />

eines MmD unter den Begrenzungen der<br />

Erkrankung<br />

• <strong>NDB</strong>s: das Verhalten ist aktiv und ist Ausdruck<br />

von Bedürfnissen<br />

• Eher abstraktes Modell, das mehrere Theorien und<br />

Erklärungsmöglichkeiten zulässt<br />

C.Müller-Hergl


<strong>NDB</strong><br />

• Oft Reaktion auf soziales Umfeld<br />

• Wird durch Umstehende definiert (soziales<br />

Konstrukt)<br />

• Hängt mit sozialen Erwartungen zusammen<br />

• MmD fühlen sich in vertrauter Umgebung<br />

behaglich, reagieren auf Veränderungen in<br />

Tagesverläufen besonders empfindlich<br />

• Verhalten entspricht oft lebensgeschichtlich<br />

gewachsenen Coping-Strategien<br />

C.Müller-Hergl


<strong>NDB</strong>: Persönlichkeit und<br />

Aktivität<br />

• Versuch, Aktivitäten an Funktionsprofil und<br />

Persönlichkeitsstatus anzupassen<br />

• Mainstream consumers, creative interactors,<br />

homebodies, introspectors<br />

• Persönlichkeitszüge gehen mit globalen<br />

Tätigkeitsmustern einher<br />

• Aktivitätsprofil sollte aus Bedürfnissen (proximal)<br />

und Persönlichkeit (distal) abgeleitet werden, sonst<br />

<strong>BPSD</strong>s<br />

C.Müller-Hergl


C.Müller-Hergl<br />

Theory-derived activities


C.Müller-Hergl


Demenz und Persönlichkeit<br />

„Illness trajectory“<br />

• Korrelation von prämorbidem Neurotizismus mit<br />

<strong>BPSD</strong> und Ängsten<br />

• Prämorbide Feindlichkeit korreliert mit<br />

vermehrtem negativem Affekt<br />

• Abhängigkeit und Schüchternheit korreliert mit<br />

Apathie und Irritierbarkeit<br />

• Die jeweilige „Rate“ an Neurotizismus bleibt<br />

konstant: je neurotischer prämorbid, desto<br />

neurotischer innerhalb der Demenz


Korrelation zu CM<br />

(Heterogenität)<br />

• Prädisposition (genetisch): gibt es für<br />

Aggression und Geschlecht<br />

• Lebenslange Ereignisse: traumatischer<br />

Stress, prämorbide Persönlichkeit<br />

• Aktueller Zustand: Erschöpfung, Schmerz,<br />

Umgebungsreize<br />

• Interaktion zwischen diesen Faktoren lassen<br />

<strong>NDB</strong> entstehen<br />

C.Müller-Hergl


6. Thema: Aggression<br />

• Hohe Verbreitung: 18-65%<br />

• Männlich, mittlere bis schwere Demenz, korreliert<br />

mässig mit Schweregrad: bei leichter Demenz<br />

Korrelation mit Angst, bei schwerer mit<br />

Halluzinationen und Wahn<br />

• Intimpflege löst die meisten aggressiven<br />

Verhaltensweisen aus<br />

• Korrelation mit mangelnder Beschäftigung,<br />

Unabhängigkeit in ADL, schlechter Bezug zu<br />

Pflegenden<br />

• Stabile Korrelation zw. Aggression und<br />

Depression: niedergedrückte Stimmung geht<br />

Aggression voraus, Verfolgungswahn geht<br />

Hypermotoraktivität voraus<br />

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• Störung der Steuerung Aggression-<br />

Aggressionshemmung durch nachlassende<br />

Impulskontrolle<br />

• Frustrations-Aggressionstheorie<br />

• Lerntheorie: Nachahmung von Vorbildern<br />

• Aggressionsauslöser: Angst, Person/<br />

Betreuungskraft, Milieufaktoren, Zeitdruck,<br />

wenig Spielraum durch starke Reglementierung<br />

C.Müller-Hergl


• Akutes Delir<br />

• Körperliche Erkrankung<br />

• Schmerzen<br />

• Akathisie (Sitzunruhe) durch Antipsychotika<br />

• Schwierig: wer zeitlebens mit Aggressivität<br />

sich behauptet hat, wird dies bei<br />

abnehmender Impulskontrolle vermehrt<br />

einsetzen und auf Medikamente kaum<br />

reagieren<br />

C.Müller-Hergl


Aggression & Schmerz<br />

• Für alle Schweregrade der Demenez: Schmerz assoziiert<br />

mit Anhedonie, Depressivität, Rückzug, geringe Aktivität,<br />

Gewichtsverlust<br />

• Bei schwerer Demenz: mehr dysfunktionales Verhalten,<br />

Aggressivität, Repetition, Wahn, sozial disruptiv, unsicher<br />

impulsiv<br />

• Schmerz bewirkt herausf. Verhalten /Depressivität, das<br />

wiederum ADL beeinflusst<br />

• M m moderater Demenz und Schmerzen: mehr intensive,<br />

häufige, länger andauernde und unrealistische Forderungen<br />

C.Müller-Hergl


SIB<br />

(Self-Injurious <strong>Behaviour</strong>)<br />

• Selbstverletzendes Verhalten häufiger, wenn<br />

Klienten immobil und fixiert sind und viele<br />

psychotrope Substanzen zu sich nehmen (Kratzen,<br />

Kopfschlagen, mit Faust auf Objekte, eigene<br />

Haare ausreißen)<br />

• Signifikante Beziehungen bestehen zu ziellos<br />

repetitiven und aggressiven Verhalten<br />

• Keine Korrelation zu Apathie, keine zur Schwere<br />

der Demenz<br />

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Persönlichkeitsstörungen#<br />

• PS mit affektiven Symp (antisozial, borderline, histrionisch,<br />

narzisstisch, vermeidend) im Alter besser, PS mit Aspekten<br />

der Kontrolle (zwanghaft, paranoid, schizoid: C und A) im<br />

Alter eher gleich oder schlechter mit Rigidität und Misstrauen<br />

• Drei Cluster: A-exzentrisch, paranoid, schizoid> sonderbar,<br />

exzentrisch; B- antisozial, borderline, histrionisch,<br />

narzisstisch> dramatisch, emotional, launisch; C-ängstlich,<br />

vermeidend, abhängig, zwanghaft: A & C bleiben im Alter<br />

stabil, Risikofaktor!, B nimmt im Alter ab (versterben)<br />

• Kumulation lebensgeschichtlicher Erfahrungen und<br />

Verletzungen & aktuelle Konflikte durch Alterungsprozess<br />

(Kontext): Belastungen, die nicht mehr auf ausreichend<br />

adaptive und flexible Strukturen und Verhaltensweisen treffen<br />

• „Alterszuspitzung“<br />

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• Innere Konflikte, ausgelöst durch Kontrollverlust, werden<br />

durch projektive Identifikation mit den Tendenzen der<br />

Idealisierung und Entwertung (auf Therapeut, Pfleger) agiert<br />

• Paranoide Übertragungsmuster: andere, die mit helfen<br />

wollen, werden als verfolgend, vernachlässigend,<br />

entwertend, schädigend erlebt> Zunahme interpersoneller<br />

Konflikte, da projektive Identifikation zu Angriffen auf die<br />

pflegende Umgebung führt<br />

• Führt zu intensiven negativen Gegenübertragungsgefühlen,<br />

löst Schuld- und Wiedergutmachungsgefühle aus,<br />

Querulanten werden auf der Toilette vergessen, lieblosgewalthafte<br />

Pflege, Resignation der PP ob der nicht enden<br />

wollenden Bedürftigkeit<br />

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Selbstpflege<br />

• Selbstpflege wieder an vor-dementielle<br />

Praktiken angleichen<br />

• Zeigen mehr Engagement + positive<br />

Reaktionen<br />

• Agitiertheit ändert sich nicht<br />

• Gilt auch für Personen mit schwerer<br />

Demenz<br />

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Körperpflege<br />

• 43-86% aller MmD wehren sich gegen Körperpflege durch andere<br />

(Widerstand, Vokalisierung, Aggression)<br />

• Ursachen: wie die Person die Situation versteht, z.B. Bedrohung,<br />

Übergriff, Ausgeliefertsein – Versuch die Kontrolle zu erhalten, zu<br />

erlangen > Schutzhandlung<br />

• Vorboten, Auslöser: Überschreiten einer persönlichen Grenze,<br />

gefühlter Verlust von Kontrolle, Schmerzen oder<br />

Schmerzerwartungen, Frustration über Abhängigkeit, Bedürfnisse<br />

nicht kommunizieren können, Rolle der helfenden Person<br />

verkennen, unpersönlich-kaltes Verhalten der Pflegenden<br />

• Folgen: Habitualisierung schlechter Körpererinnerungen in Form<br />

von Verkrampfung, Apathie, Depression, Alarmstimmung bei<br />

Annäherung<br />

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Körperpflege Möglichkeiten<br />

• Ursachen nachgehen, step by step ausprobieren (STI)<br />

• Kommunikationsstil, gute Beziehung übertragen in die<br />

Pflegesituation, langsam vorgehen<br />

• Baden/Duschen verhandeln, ankündigen, verschieben>Freiräume<br />

gewähren<br />

• Wasser vermeiden, mit feuchten Tüchern arbeiten<br />

• Ablenken, Singen (Arbeitsgedächntis)<br />

• Schmerzen vermeiden, Bewegungen und Transfers minimieren<br />

• Weiche und warme Utensilien, eher tupfen als trocken reiben<br />

• Kreative Lösungen erfordern Zeit, Ausprobieren, Geduld, 3-4<br />

Wochen, komplettes Setting und Ritual entwickeln<br />

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Einschub: FTD-Symptome<br />

Herausforderungen<br />

Perseveration<br />

Kontrollverlust<br />

Beleidigungen<br />

Impulsive Aktionen<br />

Schlechtes<br />

Arbeitsgedächtnis<br />

Fixierungen<br />

Apraxie<br />

Entscheidungsschwach<br />

Exekutivfunktionen<br />

Beschreibung<br />

Handlungen, Äußerungen beständig wiederholen<br />

Aggressive oder sexuelle Impulse können nicht gestoppt<br />

werden<br />

Pflegende oder Klienten beleidigen, beschimpfen, kränken<br />

Ohne erkennbaren Grund oder Ankündigung Dinge tun, die für<br />

sich oder andere gefährlich sind<br />

Sich an Dinge wie Frühstück, Aktivitäten von heute nicht<br />

erinnern können<br />

Beständig über bestimmte Dinge/Personen reden, sie berühren,<br />

auf sie achten, einhergehend mit repetitiven Handlungen<br />

Wissen, was das ist ohne zu wissen, was man damit macht<br />

Nicht wählen, entscheiden können, nicht wissen, was man als<br />

nächstes tun soll<br />

Nicht wissen wie man zurechtkommen soll, nicht planen oder<br />

beenden können (z.B. Tisch abräumen und neu eindecken)<br />

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Herausforderungen<br />

Sequenzialisieren<br />

Konkretismus<br />

Konfabulation<br />

Anosognosia<br />

Aufmerksamkeitsdefizit<br />

Apathie<br />

Euphorie<br />

Beschreibungen<br />

Kann Aufgaben nicht in logisch sinnvoller Weise nacheinander<br />

aufbauend planen und durchführen<br />

Kein Verständnis für Metapher, Wortspiele, Redewendungen<br />

Geschichten erfinden um Lücken zu schließen<br />

Fehlende Einsicht in Krankheit, Grenzen, Risiken, Hilfebedarf<br />

Kann nicht bei einer Sache bleiben, beständiger Fokuswechsel,<br />

leicht ablenkbar, schneller Interessensverlust<br />

Resonanzlosigkeit, Antriebsarmut,<br />

Übermäßig enthusiastisch (eher selten)<br />

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7. Wandern: Dimensionen des<br />

Wanderns nach Algase<br />

• Umfang: starke Häufigkeit des Auftretens<br />

(Frequenz, Rate, Anzahl, Dauer)<br />

• Qualität: erscheint ziellos, zufällige Muster<br />

(Richtung, Ziel)<br />

• Überschreiten, Übertreten von Beschränkungen<br />

wie gefährliche verbotene Zonen<br />

• zeigt Orientierungsdefizite wie z. B. verliert sich,<br />

hat Probleme mit der Wegfindung oder folgt<br />

dauernd anderen (es hat viel mit kognitiven<br />

Fähigkeiten zu tun, ein häufig verwendetes<br />

Konzept, ungenügend definiert)<br />

• Zeit des Auftretens: tagsüber oder nachts<br />

(Temporale Aspekte).<br />

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Häufigste Formen des Wanderns<br />

• Aufsuchen/Kontrollieren: das wiederholte Aufsuchen des<br />

Aufenthaltsortes der Betreuer<br />

• Nachlaufen: eine extreme Form der Aufsuchens, das permanente<br />

Verfolgen der Betreuer<br />

• Herumwerkeln: uneffektives Ausüben von Tätigkeiten/Aufgaben,<br />

die man sich selbst gestellt hat (z. B. um das Haus herumlaufen)<br />

• Zielloses Gehen<br />

• Gehen/Wandern mit einem unangemessenem Ziel<br />

• Exzessive Aktivität/Wandern (unangemessene Häufigkeit mit<br />

einem angemessenem Ziel)<br />

• Nächtliches Gehen<br />

• Bedarf nach Hause gebracht zu werden<br />

• Versuche das Haus zu verlassen, „Weglaufen“<br />

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„Wandern“ und<br />

Speiseversorgung<br />

• Wandern bedingt zusätzlichen Gewichtsverlust<br />

• „Wanderer“ sind prämorbid sehr soziale Personen<br />

• Erhalten sich recht lange soziale „Fassade“<br />

• Je mehr sprachliche Fähigkeiten abnehmen, desto<br />

ausgeprägter das Wandern<br />

• Dennoch bleiben sie sozial orientiert, Wandern hat<br />

primär mit Selbststimulation zu tun<br />

• Halten sich gerne im Korridor oder in der Nähe<br />

des Dienstzimmers auf<br />

• Erzeugen einer positiven sozialen Umgebung<br />

während des Essens verbessert die Einnahme von<br />

Nahrung<br />

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Wandern/Ursachen<br />

• Korrelation von Überaktivität mit Wahn,<br />

Depression und Schlaflosigkeit<br />

• Nimmt mit Schwere der Demenz zu: Korrelation<br />

mit der Ausprägung kognitiver Beeinträchtigung<br />

• Männer wandern eher, Frauen neigen zum<br />

weglaufen<br />

• Geht eher einher mit dem Mangel an sinnvoller<br />

Beschäftigung (Ploeg 2010)<br />

• Medikamente steigern Unruhe (extrapyramidale<br />

Nebenwirkungen)<br />

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Ursachen<br />

• Neuropsychologische Faktoren:<br />

das Fehlen bestimmter Stoffe und die Zerstörung<br />

der Hirnmasse resultiert in Hyperaktivität.<br />

Wandern wird auch als die motorische<br />

Dysfunktion angesehen, begleitet von Störung in<br />

self-monitioring (bew. Steuerung der Motorik).<br />

• Psychosoziale Faktoren:<br />

d. h. Wandern als Ausdruck von Bedürfnissen, im<br />

besonderen als Ergebnis der Suche nach Sicherheit<br />

und Vertrautem<br />

• Umwelt/Umgebungseinflusse:<br />

Menschen mit Demenz reagieren sehr sensibel auf<br />

Umweltfaktoren.<br />

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Ursachen<br />

• Wahnvorstellungen(das eigene Daheim ist nicht mehr<br />

das Zuhause)<br />

• Störung des Melantonin-Rhythmus, Nachtwandern<br />

• Korrelation mit prämorbidem Lebensstil (Wandern)<br />

nicht gegeben, milde Korrelation mit Persönlichkeit<br />

(sozial, extrovertiert)<br />

• Trennungsangt (Attachment-Theorie)<br />

• Isolation, Langeweile, kein vertraute Umgebung<br />

• Bewegung und Wandern reduziert aggressives<br />

Verhalten um ca 30 %<br />

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• Wandern wird von Angehörigen schlecht toleriert<br />

• Wichtiger Grund für Heimeinweisungen<br />

• Tritt häufig bei Alzheimer auf<br />

• Unterschieden wird (nach Fairbanks, Hope): Der Pflegeperson<br />

folgen, „pottering“(kramen und diverse Dinge in Angriff nehmen),<br />

zielloses Wandern, Wandern mit unangemessenem Zweck(zur<br />

Mutter gehen wollen), Wandern mit angemessenem Zweck aber<br />

zu häufig (6x am Tag zum Bäcker), Exzessives Wandern (kaum<br />

sitzen können), Nachtwandern, sich entfernen (Weg zurück wird<br />

nicht gefunden), Weglaufen<br />

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Intervention/Wandern<br />

• Körperliche Übungen, Spazierengehen<br />

• Multisensorische Umgebung, Ablenkung<br />

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8. Passivität<br />

• 61-88% aller HB mit D betroffen: stille<br />

Mehrheit der MmD: Reduktion von<br />

Energie, Antrieb und Initiative<br />

• Phänomen: Verringerung mentaler<br />

Prozesse, Abnahme im Ausdruck von oder<br />

Reaktion auf Emotionen, weniger<br />

Interaktionen mit anderen & Umgebung,<br />

Abnahme der motorischen Aktivität<br />

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Taxonomie der Passivität<br />

(Collig)<br />

Abnahme der kognitiven Fähigkeiten<br />

Abnahme der psychomotorischen<br />

Aktivität<br />

Abnahme emotionalen Spürens<br />

Abnahme der Reaktion auf Emotionen<br />

Abnahme der Interaktion mit Menschen<br />

Abnahme der Interaktion mit dem<br />

Umfeld, der Umgebung.<br />

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C.Müller-Hergl


• Nicht identisch mit Depression, nehmen im<br />

Krankheitsverlauf zu mit den Folgen von<br />

excess disability, funktionalem Abbau,<br />

geringer Lebensqualität<br />

• Passive Verhaltensweisen finden weniger<br />

Resonanz (Bedürfnisse werden weniger<br />

gesehen)<br />

• Pflegende Angehörige erleben Passivität als<br />

sehr belastend<br />

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Zwei Theorien<br />

1. Passives Verhalten ist ausschließlich Ergebnis des<br />

pathologischen Prozesses<br />

2. Passives Verhalten hängt mit Unter-oder Überstimulation<br />

zusammen<br />

Gesichert:<br />

• Abnehmende kognitive Fähigkeiten gehen mit vermehrter<br />

Passivität, zusammen mit agitierten und selbstzentrierten<br />

Aktivitäten, einher<br />

• Passivität nimmt zu bei Verlust von Sprache, der Fähigkeiten<br />

zur Interaktion und zu Tätigkeiten<br />

• Bei Männern ist Passivität mehr ausgeprägt als bei Frauen<br />

• Einfluss sozialpsychologischer Faktoren nicht erforscht<br />

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Korrelate Apathie<br />

• Fronto-temporale Veränderungen<br />

• Persönlichkeitsveränderungen<br />

• Niedergang exekutiver Funktionen<br />

• Prädiziert funktionalen Niedergang<br />

• Zunehmende Prävalenz verbaler Aggressionen<br />

• Nimmt mit kognitiver Beeinträchtigung zu<br />

• Wirkt sich sehr schlecht auf Ehebeziehungen aus<br />

• 59-72% weisen gemischtes Verhalten auf (Agitiertheit und<br />

Apathie)<br />

• Apathie in der Erstuntersuchung sagt Depression bei der<br />

Zweituntersuchung voraus; geht mit schnellerem kognitivem und<br />

funktionalem Untergang einher (Starkstein 2006)<br />

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• 28% mittlere Demenz, 39% schwere<br />

Demenz, schwere Demenz geht nicht<br />

notwendigerweise mit Apathie einher<br />

• 23% haben Apathie und keine Depression,<br />

45% der Personen mit Depressionen haben<br />

keine Apathie<br />

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Folgen<br />

• Vermehrte Medikalisierung<br />

• Zunehmende Abhängigkeit von anderen<br />

• Zunehmender Verlust von ADL-Funktionen<br />

• Zunehmende Verhaltensprobleme<br />

Individualisierender Ansatz mit wechselweise<br />

beruhigenden und anregenden Tätigkeiten bei<br />

mixed behaviours, zentrale Wichtigkeit<br />

physischer, sensorischer, kognitiver Stimulation<br />

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Apathie und Lebensqualität<br />

• Depression ist nicht korreliert mit Apathie, wohl<br />

aber kognitive Funktion<br />

• Bei leichter Demenz geht Apathie mit schlechtem,<br />

bei fortgeschrittener Demenz eher mit positivem<br />

Wohlbefinden einher<br />

• Es sind uU eher Angehörige und Professionelle,<br />

die Apathie problematisch finden<br />

• Apathie kann protektive Funktion haben(mit den<br />

eigenen Einschränkungen leben und emotionale<br />

Balance erzielen, Insuffizienzgefühlen<br />

entgegenwirken)<br />

C.Müller-Hergl


Erfahrungen im Umgang mit<br />

Passivität<br />

Positiv<br />

• Assistieren, Aufgaben beginnen, Hinweise geben und<br />

„führen“, Kontakt und „checken“<br />

• Aktivitäten die Freude machen<br />

• Familie, Freunde, Humor<br />

• Nutzen intuitiven Wissens aus der Familiengeschichte<br />

Negativ<br />

• Korrigieren<br />

• Unter Druck setzen<br />

• Überstimulation, z.B. zu viele Personen im Raum<br />

Passives Verhalten spiegelt Bedürfnisse wieder, die mit<br />

Kontrollverlust und Hilflosigkeitsgefühlen<br />

zusammenhängen.<br />

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9. Vokal disruptives Verhalten<br />

(Vocally disruptive behaviour:VDB)<br />

• Schreien, Schimpfen, Klagen, Perseverationen,<br />

repetitives Fragen<br />

• 11-30 %: wird als sehr herausfordernd und<br />

belastend erlebt mit Gefühlen der Machtlosigkeit,<br />

Frustration, Angst und Ärger, Distanzierung<br />

• Belastend sowohl für MA als auch für<br />

MitbewohnerInnen, löst Angst und erregte Unruhe<br />

aus<br />

• Ist häufiger Einweisungsgrund in Kliniken und ins<br />

Heim<br />

• Geht eher einher mit negativer Stimmung (Ploeg<br />

2010)<br />

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Beschreibung<br />

(Cohen-Mansfield)<br />

Typologie der Vokalisation/vier Dimensionen<br />

• Art des Tones(lautes Sprechen, Singen, vor sich hin brummen,<br />

spitze Schreie, Knirschen, Heulen, Stöhnen)<br />

• Bedeutung/Grund/Inhalt(Schmerzen, Beschwerden, Verlangen<br />

nach Aufmerksamkeit, Halluzinationen, ADL-Bedürfnisse,<br />

umweltbezogene Anliegen, Selbststimulation, keine erkennbare<br />

Bedeutung, Aggression)<br />

• Rhythmus (beständig, willkürlich, erkennbares Muster)<br />

• Schweregradausprägung (Level of disruptiveness)<br />

Unterscheidung zw: nichtaggressiv (beständig sprechen, beschweren,<br />

klagen), aggressiv (Schreien und Beschimpfen)<br />

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Einschätzung der Ursachen/<br />

Ätiologie<br />

Gibt es Hinweise auf Depression?(Laß mich<br />

sterben)<br />

Gibt es Hinweise auf eine Angsterkrankung?(Oh<br />

Gott, nein)<br />

Gibt es psychotische Anteile (Halluzinationen,<br />

Wahn)?<br />

Gibt es eine psychiatrischeVorgeschichte?<br />

(Geschichte der Traumata, Verluste, Missbrauch,<br />

chronischer Stress)<br />

Physische Untersuchung (Schmerzen, Krämpfe,<br />

Verstopfung, Harnverhaltung)<br />

C.Müller-Hergl


Nelson (1995)<br />

1. Umweltbezogene Stimulationen überschreiten<br />

die individuelle Stressschwelle<br />

2. Unerfüllte Basisbedürfnisse treffen auf geringe<br />

Toleranzschwelle<br />

3. Psychologische Reaktion auf wahrgenommene/<br />

empfundene Gefahr (Deutung)<br />

Alles drei zusammen führt zu VDB<br />

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Spezifische Interventionen für<br />

spezifische Ätiologien<br />

a) Neurologische Veränderungen (frontale Bereiche:<br />

Enthemmung und automatisiertes Verhalten)<br />

b) Sensorische Deprivation und soziale Isolation<br />

c) Physisches, geistiges, seelisches, emotionales Leiden<br />

d) Operantes Lernen<br />

Alle vier Ebenen wirken zusammen: VDBs entwickeln sich,<br />

wenn sensorische Deprivationen mit anderen Faktoren<br />

(Persönlichkeit, Schweregrad, Abhängigkeit)<br />

zusammenwirken: multiple Ursachen<br />

Korrelation mit: schwere kog. Beeinträchtigung,<br />

Immobilität, Inkontinenz, ADL-Abhängigkeit<br />

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a. Neurologische Veränderungen<br />

• VDB nimmt im Laufe der Demenz zu<br />

• Psychotische Begleitsymptome und physische<br />

Abhängigkeit korrelieren<br />

1. Ursachen akuter Delirien behandeln<br />

2. Nebenwirkungen von Medik. berücksichtigen<br />

3. Medikationen: start slow, go slow; regulär, nicht bei<br />

Bedarf; Risperidone(Risperdal, geringe<br />

extrapyramidale Nebenwirkungen(Akithesie,<br />

Parkinson), aber erhöhtes Schlaganfallrisiko),<br />

Antidepressiva & angstlösende Medik. einsetzen,<br />

Benzodiazipine vermeiden (Abhängigkeit)<br />

4. Medikamente sind idR wenig wirksam<br />

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. Sensorische Deprivation &<br />

soziale Isolation<br />

• Besonders bei abhängigeren Klienten und bei<br />

Verlust der Sprache (sogenannte Aphasie)<br />

• VDB korreliert mit: alleingelassen werden,<br />

schlechten sozialen Netzwerken,<br />

Wahrnehmungseinschränkungen, geringe<br />

Teilnahme an Aktivitäten<br />

• werden weniger zu Aktivitäten geholt und erhalten<br />

wenig gezielte Förderung, werden sich selbst<br />

überlassen<br />

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• Soziale Kontakte sichern,(notfalls Familienvideos,<br />

Tonbandaufnahmen), mit Familienmitgliedern Reduktion<br />

von VDBs um 56%<br />

Mit Familienstimmen, Musik<br />

• Sinnvolle Aktivität ermöglichen (Montessori),<br />

erleichtern<br />

• Minimiere sensorische Einschränkung, besonders<br />

Schwerhörigkeit, u.U. Hörgerät einsetzen, um Lautstärke<br />

bewußt zu machen<br />

• Benutze Dialekte, Muttersprache<br />

• Sorge für Orientierungshinweise in der unmittelbaren<br />

Umgebung<br />

• Kontrolliere Geräusche, Temperatur, Über/<br />

Unterstimulation, Korrelation mit Pflegemaßnahmen<br />

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c. Physisches und seelisches<br />

Leiden<br />

• VDB korreliert mit dem Verlangen nach jemandem, der<br />

eigenen Inkompetenz (Frustration), Empörung, Angst,<br />

Panik<br />

• Beschwerden und Schmerzen ausdruckseingeschränkter<br />

Menschen werden häufiger nicht beachtet#<br />

• Korrelation mit Depressivität und Fixierung, schlechtem<br />

Schlaf und Schmerzen: Depression ist wichtigster<br />

Hintergrundfaktor für agitiertes Verhalten*<br />

• Agitiertes Verhalten geht in der Regel mit Leiden einher +<br />

• Neues Konzept: zwischen zwei Welten leben (Schreien als<br />

eine Form des Rückzugs und Schutzes: Monitor 12,6)<br />

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• Depression behandeln<br />

• Beruhigende Therapien einsetzen (Aroma, Berührung, Musik)<br />

• Physische Unbequemlichkeit beseitigen: Sitzposition, Toilette<br />

Mobilität, Essen und Trinken<br />

• Schmerztherapie<br />

• Ermüdungserscheinungen entgegenwirken (Schlafhygiene)<br />

• Fixierungen vermeiden<br />

• Irritationen minimieren (Radio, offene Türen, Kälte, Geräusche)<br />

• Ausdruck von Gefühlen erleichtern (Trauer, Frustration, Wut)<br />

• Wahrgenommene/empfundene Gefahrenquellen minimieren<br />

(enger Raum, Bewegungseinschränkungen, Gerüche, Eindringen<br />

Anderer)<br />

• Vertraute Personen lösen weniger Vokalisierungen aus<br />

• Beteiligung, Teilhabe verringert Vokalisierungen<br />

• Hohe Arbeitslast der Pflegenden verstärkt Vokalisierung (Monitor<br />

12,6)<br />

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d. Operantes Lernen<br />

• Aufmerksamkeit erhalten verstärkt VDB,<br />

wobei vergangene Erfahrungen, prämorbide<br />

Persönlichkeit wichtige Hauptfaktoren<br />

bilden<br />

• VDB wird verstärkt, wenn Kontakt dann<br />

und immer nur dann angeboten wird, wenn<br />

VDB auftritt<br />

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• Vermeide übermässige Aufmerksamkeit bei<br />

und für VDBs<br />

• Verstärke, belohne angemessenes, ruhiges<br />

Verhalten<br />

• Verhaltenstherapeutischer Ansatz muss von<br />

allen Beteiligten mitgetragen werden<br />

• Effektivität gering auf längere Zeit besehen<br />

(funktioniert in 30-40% der Fälle ein wenig)<br />

• Bei MA falsche Attributionen vermeiden<br />

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Interventionen<br />

• Verhalte dich ruhig und langsam<br />

• Verwende tiefe, warme, freundliche Stimme<br />

• Suche den Augenkontakt, achte auf Non-Verbales<br />

• Erkläre alles, mach differenzierte Aussagen<br />

• Vermeide (ver)urteilende Sprache<br />

• Reduziere störende Umweltfaktoren(Radio)<br />

• Beseitige unmittelbar evidente<br />

Unbequemlichkeiten<br />

• Verhalte dich orientierend<br />

• Biete sinnvolle Tätigkeit/Beschäftigung an<br />

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Behandlung/Umgang<br />

• Es gibt keinen Königsweg, die meisten<br />

Behandlungen haben nur geringe Effekte<br />

• Wann was einen Effekt erzielt, ist nicht<br />

generalisierbar (Individualität)<br />

• Medikamente (ausser Risperdal) haben wenig<br />

Wirkung<br />

• VDBs verringern sich bei bewusster, stringenter<br />

Planung des Kontaktes<br />

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Vorgehen nach Bidwell 2011<br />

• Schritt: Identifiziere, ob viele andere Klienten auch agitiert reagieren. Dies legt eine<br />

Intervention auf der Ebene der Gesamteinrichtung nahe (Milieu, Haltung und Wissen<br />

der Mitarbeiter).<br />

• Schritt: betrifft es nur einen Klienten, identifiziere mögliche physischen Ursachen<br />

(z.B.Schmerzmanagement).<br />

• Schritt: Identifiziere und verändere Aspekte des den Klienten umgebenden Milieus,<br />

z.B. Sitzplatzänderung, weniger irritierende Geräusche, zu hohe Anforderungen.<br />

• Schritt: Gelegenheiten schaffen für sinnvolle Tätigkeit und bedeutsame soziale<br />

Interaktion – insgesamt eher auf der Gruppenebene (positive Intervention, präventiv<br />

und kurativ).<br />

• Schritt: Hält das Verhalten an, dann sollte überlegt werden, ob es dem Klienten,<br />

anderen Mitbewohnern schadet bzw. die Abläufe der Institution nachhaltig stört.<br />

Wenn nicht, Verhalten tolerieren. Wenn ja, dann<br />

C.Müller-Hergl


• Schritt: versuche mehr individuelle Angebote zu unterbreiten. Unter<br />

Umständen benötigt die Person aufwändige 1:1 Betreuung weit über das<br />

erwartbare Maß hinaus. Dieser Schritt muss sorgfältig überlegt werden, da er<br />

mit erheblichen Kosten verbunden sein kann. Zeitigt auch dies keine Wirkung,<br />

dann<br />

• Schritt: sollten als letztes Mittel negative Interventionen zur Anwendung<br />

kommen wie Psychopharmaka oder auch physische Fixierung. Negative<br />

Interventionen sollten selten, eher zögerlich und widerwillig, individuell,<br />

zeitlich begrenzt und unter strenger Aufsicht erfolgen, niemals routinisiert,<br />

präventiv, bestrafend oder als Ersatz für fehlende positive Ansätze (z.B. aus<br />

Zeitmangel).<br />

• Dieses Vorgehen sollte nicht ad hoc, sondern geplant und systematisch<br />

erfolgen. Verhalten und Auswirkungen der Interventionen bedürfen einer<br />

beständigen Beobachtung und Beaufsichtigung<br />

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Pflegende<br />

• Belastung der Pflegenden verändert sich durch Bearbeitung der<br />

leitenden Annahmen und Deutungen (Attributionen) über<br />

Klienten (Emotions-fokussierte Strategien anstatt problemfokussierte<br />

Strategien)<br />

• Sich der Interpretation und Subjektivität in der Bewertung<br />

bewußt werden (selbsterfüllende Prophezeiung: je belastender für<br />

den Pflegenden, desto eindringlicher das Rufen)<br />

• Die meisten Menschen beginnen erst im Heim zu schreien<br />

(Überstimulierung, Fremdheit, Fortschreiten der Erkrankung)<br />

• Distanz nehmen zum „in den Griff bekommen“, zum Beenden<br />

des Symptoms<br />

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10.Repetitives Verhalten<br />

• idR subsumiert unter „Agitation“ oder<br />

„abnormales motorisches Verhalten“,<br />

Perseveration<br />

• Fragen, Sätze oder Geschichten beständig<br />

wiederholen, suchen, ins Gesicht fassen, murmeln,<br />

reiben, insb. Körperteile etc<br />

• Hohe Prävalenz(87% insgesamt, 50% motorisch)<br />

• Perseveration und Stereotypien typisch für<br />

frontotemporale Veränderungen, geht einher mit<br />

Dysexekution<br />

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• U.U. spielt Angst eine wichtige Rolle oder auch,<br />

etwas Sinnvolles tun zu wollen, z.B. hauswirt.<br />

Tätigkeit (Hallberg)<br />

• Repetitives Fragen(häufig): korreliert mit höherem<br />

MMSE, weiblich; Probleme, Infos zu behalten<br />

• Repetitive Sätze: hohe Dysexekution, jüngeres<br />

Alter<br />

• Repetitive Handlungen: Depression,<br />

Dysexekution, längere Krankheitsdauer<br />

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11.Sexualität<br />

• Sexualität und Demenz radikalisiert das<br />

Thema Sexualität und Alter<br />

• Sexualität ist kein Thema bei der Aufnahme<br />

• Sexualität als Kontaktbegabung (für Männer<br />

ist Intimität und Zuwendung einseitig<br />

sexualisiert)<br />

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Stop, Look, Listen<br />

• Vier Schritte: Beschreibung des Verhaltens,<br />

gibt es ein Problem?, für wen?,<br />

Handlungsoptionen<br />

• Fünf Perspektiven: die Organisation/<br />

Umgebung, die MitarbeiterInnen, die<br />

Angehörigen, die Person mit Demenz, die<br />

MitbewohnerInnen<br />

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Organisation/Umgebung<br />

• Welcher Ausdruck gilt als „legitim“?<br />

• Ist es zu langweilig? (Masturbation als einzige<br />

Lustquelle)<br />

• Mangelt es an Privatheit?<br />

• Muss die Person zur Toilette? Hinweise?<br />

Bsp: eine Frau mit Demenz geht in die Betten ihrer<br />

männlichen Mitbewohner. In der Fallarbeit stellt<br />

sich heraus: Mitarbeiterinnen sind geschockt, dass<br />

dies eine Frau tut.<br />

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MitarbeiterInnen<br />

• Haltungen (Homosexualität, männlicher Ausdruck<br />

von Sexualität, Agism...)<br />

• Sexuelle Übergriffe: werden die thematisiert?<br />

Hinnahme? Schutz?<br />

• Überbordendes Verantwortungsgefühl?<br />

• „Darf“ ich hier unterstützend wirken und wie werde<br />

ich zur Verantwortung gezogen?<br />

• Missbrauchserfahrungen der Mitarbeitenden?<br />

Bsp: Heimaufnahme eines Mannes, der seine<br />

Enkeltochter missbraucht hat; aufnehmende MA hat<br />

C.Müller-Hergl<br />

als Kind Ähnliches erfahren.


Angehörige<br />

• Schuldgefühle, PMD auszunutzen, sich<br />

einen anderen Partner zu suchen...<br />

• Eifersuchtsgefühle<br />

• Fremdheitsgefühle<br />

• Mit der Sexualität der Eltern<br />

zurechtkommen<br />

C.Müller-Hergl


Die Person mit Demenz<br />

• Sexueller Selbstausdruck drückt legitimes<br />

Bedürfnis aus...<br />

• FT Mitverursachung?<br />

• Verkennungen von MitarbeiterInnen?<br />

• Fehldeutung des Verhaltens?<br />

• Kontaktbedürfnis...<br />

• Form männlicher/weiblicher<br />

Selbstbehauptung C.Müller-Hergl


Organisation<br />

• Sexueller Selbstausdruck ist legitim, sofern<br />

Zustimmung besteht!, aber<br />

• Schutz/Fürsorgepflicht: Risiken?<br />

Missbrauch? Nötigung? Lebensqualität?<br />

• Stellvertretung? Advocacy-Betreuer?<br />

• Kulturelle, soziale, religiöse Aspekte?<br />

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Mitarbeitende<br />

• Kann Berührung misdeutet werden als Einladung zur<br />

Intimität?<br />

• Kann Humor eher dazu beitragen, Intimität zu forcieren?<br />

• Lehnen sich Frauen zu sehr über Männer?<br />

Bekleidungsfragen...<br />

• Wird man mit Ehefrau, Partner verwechselt?<br />

• Bekommt Klient zu wenig Zuwendung, so dass er sich die<br />

Zuwendung anders besorgt?<br />

• Genügend darauf hingewiesen, dass man verheiratet ist,<br />

Kinder hat? Grenzen deutlich und frühzeitig gesetzt?<br />

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Angehörige<br />

• Gespräche anbieten: Ich gebe zu, es ist<br />

schwierig darüber zu reden...man sagt, dass<br />

Demenz die Sexualität eines Menschen<br />

verändern kann...<br />

• Informationen über Verkennungen,<br />

Halluzinationen, Illusionen, Verhalten als<br />

Konsequenz der Krankheit...<br />

• Bei häufiger Inanspruchnahme: Wandeln in<br />

Berührung, Massage, Umarmung..<br />

• Geschichte erfagen C.Müller-Hergl


Person mit Demenz<br />

1. Schön machen statt sauber: Farben ,<br />

Schminken, Anzug, bunte Krawatten..<br />

2. Musik, Tanzen, Berührung, festliche dinner<br />

party<br />

3. Demenz und Berührungshunger...<br />

4. Paaren Raum geben...<br />

5. Dem individuellen Leben Raum geben; damit<br />

passives, kindisches, enthemmtes Verhalten<br />

eindämmen; andere Ebenen der<br />

Selbstbehauptung erproben<br />

C.Müller-Hergl


12. Interventionen nach C-M/total<br />

1. sensorische Interventionen (Stimulation/ Entspannung) wie<br />

Musik, Massage, Berührung, weißes Rauschen, Sensorische<br />

Stimulation<br />

2. soziale Kontakte (reelle oder simulierte) wie eins zu eins<br />

Interaktion, Tiere, Simulierte Präsenztherapie mit Video<br />

3. Verhaltenstherapie wie differenzierte Verstärkung, kognitive<br />

Maßnahmen, Stimuluskontrolle<br />

4. Personalschulung<br />

5. Aktivitäten wie strukturierte Aktivitäten<br />

(Beschäftigungstherapien), Spaziergänge, körperliche<br />

Aktivitäten<br />

6. Interventionen bezüglich der Umgebung wie wandering<br />

Bereiche, Naturähnliche Gestaltung, Umgebung mit reduzierter<br />

Stimulation<br />

7. Medizinische bzw. pflegerische Interventionen wie Licht- und<br />

Schlaftherapie, Schmerzmanagement, Hörhilfen und removal of<br />

restraints,<br />

8. kombinierte Therapien incl. individual- oder Gruppentherapien,<br />

medikamentöse Therapien.<br />

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Psychosoziale Interventionen<br />

idR eher Prävention als Intervention<br />

1. Emotions-orientierter Zugang:<br />

Supportive Psychotherapie,Validationstherapie<br />

Sensory Integration,Simulated presence Therapy<br />

Reminszenz, ROT<br />

2. Verhaltensorientierter Zugang(Verhaltentherapie)<br />

3. Kognitions-orientierter Zugang<br />

ROT, Skills training<br />

4. Stimulations-orientierter Zugang<br />

Beschäftigung, Spiele, Tiere, Handwerk<br />

C.Müller-Hergl<br />

Kunsttherapie (Musik, Tanz, Kunst)


• Sind idR pharmakologischen Interventionen vorzuziehen<br />

• Erfordern viel Erfahrung und Auseinandersetzung mit sich selbst<br />

und der eigenen Person (des Pflegenden)<br />

• Erfolg hängt davon ab, umfassendes Fallverstehen zuvor zu<br />

praktizieren (Hypothese, ‚formulation-led strategies‘)<br />

• Hypothesen oft komplex, Hilfen/Interventionen oft sehr einfach<br />

(z.B. Toilette kennzeichnen, Essenszeiten anpassen, im Garten<br />

laufen lassen)<br />

• Oft ist das Zulassen und Nicht-Intervenieren wichtiger als das<br />

Intervenieren<br />

• Oft ist das Wissen vereinzelt da, aber nicht im Team<br />

kommuniziert und verbreitet<br />

C.Müller-Hergl


• Contra-intuitive Strategien sind kaum umsetzbar<br />

• Ziel: weniger Verhaltenskontrolle als Wohlbefinden<br />

aller Beteiligter<br />

• Die meisten Präventionen und Interventionen sind<br />

zugleich fokussiert auf die PmD und den Pflegenden:<br />

‚carer-centred person-focused approach‘ (I.James<br />

2011) LISTEN-CLARIFY-AGREE-PLAN-SUPPORT<br />

(LCAPS)<br />

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Höwler (2010): Erleben von PP<br />

• Dominanz emotionsfokussierter Strategien bei PP<br />

• Bedürfniskonflikte (zw. MmD & PP) Resultat emotionaler<br />

Verstrickung in ausweglosen Kontextbedingungen (u.a.<br />

mangelnde psychosoziale Kompetenzen und restriktive<br />

Rahmenbedingungen), moralischer Stress<br />

• Hypothese: je geringer die (erlebte) Kontrolle, desto höher der<br />

emotionale Stress; je geringer auch die Motivation zu helfen<br />

• Je höher die (erlebte) Kontrolle, desto höher die Motivation,<br />

personzentrierte Interventionen einzusetzen (self-efficiacy,<br />

mastery-Hypothese)<br />

• Anforderungen an Persönlichkeitsbildung und<br />

Fachweiterbildung<br />

C.Müller-Hergl


Bei allen <strong>NDB</strong> erschwerend...<br />

• Mangelnde Behaglichkeit<br />

• Verschlossene Türen und lange Gänge<br />

• Fehlende Orientierungshinweise<br />

• Keine Beschäftigung, wenig Kontakt, wenig Anregung,<br />

nichts Schönes<br />

• Grosse und laute Aufenthaltsbereiche, crowding<br />

• Überstimulation, Unterstimulation<br />

• Keine persönlichen Sachen (besonders in Greifnähe,<br />

Tischmilieu)<br />

• Hektik, rigide Abläufe, Aufgabenorientierung<br />

C.Müller-Hergl


Bei allen <strong>NDB</strong> hilfreich...<br />

• Zunächst: körperlich- Vitalfunktionen,<br />

Obstipation, Harnverschluß, Blutzucker,<br />

ärztliche Untersuchung, Überprüfung<br />

Medikamente<br />

• ABC: Auslöser ausschalten, Muster<br />

erkennen, Vorbeugen<br />

• Entspannte, freundliche Umgangsweise<br />

• Ruhig bleiben, entspannte Haltung<br />

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• Schnelle Bewegungen vermeiden, nicht<br />

hineinstürzen<br />

• Sich immer vorstellen, mit Namen ansprechen,<br />

nicht von vorne oder von hinten<br />

• Keine Dominanz- oder Imponiergesten<br />

• Kein bedrohlicher, aber fester Augenkontakt<br />

• Erklären, was man tut<br />

• Wahlmöglichkeiten schaffen, nicht (immer)<br />

insistieren<br />

• Nicht antreiben, drängeln, drängen<br />

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• Bei Verweigerung der Person Zeit geben<br />

• Nach Alternativen im Zugang suchen<br />

• Positive Reaktionen sammeln, festhalten,<br />

wiederholen<br />

• Routinen flexibilisieren<br />

• Bewegungsraum bereitstellen<br />

• Was zum Essen bereithalten (Schokolade)<br />

• De-Eskalation: ablenken, berühren,<br />

Auslöser entfernen, was stimmt nicht?,<br />

zuhören, Gefährdete andere entfernen<br />

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13. Haltungen, Techniken,<br />

Management<br />

Haltung/Rollen nach Rader<br />

1. Magiker: die Welt aus den Augen des<br />

Kranken als sinnvoll verstehen<br />

2. Detektiv: Unerfüllte Bedürfnisse<br />

erkunden, Ursachen finden<br />

3. Schreiner: eine Werkzeugkiste mit<br />

verschiedenen Möglichkeiten wird erprobt<br />

4. Spaßmacher: den Humor niemals außer<br />

acht lassen


Schritte zur Einschätzung<br />

1. Die Geschichte des Klienten erfahren<br />

2. Das Verhalten so präzise wie möglich<br />

beschreiben<br />

3. Frequenz, Dauer, Auslöser, Muster<br />

4. Was ging dem Verhalten voraus?<br />

5. Wie wirkt sich das Verhalten auf andere und die<br />

weitere Umgebung aus?<br />

6. Primäre medizinische Ursachen ausschließen<br />

C.Müller-Hergl


Mehrdimensionale Analyse<br />

1. Kognitiver Status, Schweregrad<br />

2. Persönlichkeit<br />

3. Geschichte, Biographie (Beziehungen, Rollen,<br />

Traumata)<br />

4. Gesundheitsstatus<br />

5. Psychiatrischer Status<br />

6. Umweltstatus (Angehörige, Mitarbeiter, Milieu)<br />

Dann: Versetze dich in die Situation der Person<br />

Verdichtete, individuelle Problemformulierung<br />

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ABC<br />

1. Antecedent: Was ging dem Verhalten voraus?<br />

(Kontext)<br />

2. <strong>Behaviour</strong>: Das Verhalten beschreiben (wann, wie<br />

häufig, Kontext, wer war dabei, was hat die Person<br />

gesagt, wie erschien die Person während des<br />

Vorkommnis: ärgerlich, ängstlich, gelangweilt,<br />

zufrieden, deprimiert, verzweifelt, frustriert, irritiert,<br />

glücklich. Körperlich unwohl, rastlos, traurig,<br />

besorgt...)<br />

3. Consequences: Was waren die Konsequenzen des<br />

Verhaltens für die Person selbst, Umstehende, die<br />

C.Müller-Hergl<br />

Pflegenden...


Funktionale Analyse<br />

• Erweiterung des ABC-Ansatzes: Verhalten ist nicht immer<br />

lineare Konsequenz von Antecedensbedingungen, z.B.<br />

• MA-Ängste können zugleich Konsequenz von HV als auch<br />

Antecedensbedingungen von HV sein, oder<br />

• Eine bizarre Überzeugung ist A für aggressives Verhalten (B),<br />

führt zu psychotropen Drogen (C), das erneut zur vermehrter<br />

Abhängigkeit (A‘), vermehrten Eingriffen der Pflegenden (A‘)<br />

führt, was aggressives Verhalten verstärket (B‘)<br />

• Verhalten hat verschiedene Funktionen für verschiedene<br />

Personen, ein bestimmtes Verhalten kann verschiedene<br />

Funktionen für ein- und dieselbe Person haben, mag aus Grund<br />

A entstanden sein und aus Grund A‘ beibehalten werden<br />

C.Müller-Hergl


• Anstelle von einzelnen beobachtbaren Antecedenzbedingungen<br />

treten komplexe Entstehungsbedingungen, deren<br />

Ineinanderwirken durch eine Formulierung oder eine Gruppe<br />

von Hypothesen erklärt werden<br />

• Insgesamt geht es um die jeweilige Funktion/Bedeutung/Sinn<br />

eines Verhaltens eines Menschen in einer bestimmten Situation<br />

• Gesichert: FA reduziert die Häufigkeit, nicht aber das<br />

Auftreten von HV und verbessert die Reaktionsweisen<br />

Pflegender auf HV<br />

C.Müller-Hergl


Konzeptualisierung der Demenz (CoD, James<br />

2010)<br />

Wahrnehm<br />

ung des<br />

Selbst 1<br />

<br />

Ereig<br />

nisse<br />

2<br />

Konse<br />

Reakt<br />

quenzz<br />

ion 3 <br />

en 4<br />

Konse<br />

quenz<br />

5<br />

Bedürfnisse<br />

Risiken, Störungen und Verletzung sozialer<br />

Regeln bestimmen das Label<br />

„Herausfordernd“<br />

C.Müller-Hergl


Psychis<br />

che G<br />

Hypothese/Formulierung<br />

Biographie<br />

Soziales<br />

Persönli<br />

chkeit<br />

Körperli<br />

che G<br />

Erschei<br />

nung<br />

Auslöser<br />

Verhalten<br />

Bedürfnisse<br />

Gedanken<br />

Überzeugungen<br />

C.Müller-Hergl<br />

Kognitiver<br />

Status<br />

Medikation<br />

Konversation<br />

Vokalisierung


Kognitive Triaden: Ich, Welt, Zukunft<br />

Verhalten:<br />

(beständig nach Hilfe fragen)<br />

Gefühl: Angst<br />

Physische<br />

Empfindungen<br />

(Herzklopfen)<br />

C.Müller-Hergl<br />

Gedanken<br />

Ich kann nichts<br />

Alleine machen


Kognitive Themen<br />

Erscheinung<br />

Deprimiert<br />

Ängstlich<br />

Ärgerlich<br />

Kognitive Themen<br />

Ich bin wertlos; Welt feindlich und kümmert sich nicht; Zukunft<br />

ist ohne Hoffnung<br />

Bin verletzlich; Umgebung/Kontext ist chaotisch, Zukunft<br />

unvorhersehbar<br />

Empfinde mich ungerecht behandelt; Umgebung/Kontext ist<br />

feindlich; muss sofort etwas machen, um Selbstachtung zu<br />

wahren und zukünftige Eingriffe zu verhindern<br />

Methode: ansetzen bei den äußeren Aspekten (Verhalten,<br />

physische Begleiterscheinungen, Gedanken) um die Gefühle<br />

Zu verändern<br />

C.Müller-Hergl


Wichtige Kontextfaktoren<br />

• Individualisierung, keine Generalisierung:<br />

individuelles Profil ermöglicht Verstehen<br />

• Ausrichtung der QE an der Kommunikation und<br />

Interaktion<br />

• Fallbesprechung, Fortbildung, Supervision<br />

• Hohe Pflegequalität und Lebensqualität hängen<br />

von der Kommunikation im Team ab<br />

• Gut ausgerichtete Umgebungen: Platz zum Gehen,<br />

Gemeinschaftsräume, Licht, kleine Gruppen...<br />

• Psychiatrischer Konsiliardienst<br />

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Management<br />

• Ablauf- und Aufbaustrukturen<br />

• Kommunikationsprozesse<br />

• Interne Teamcoaches<br />

• Basisfortbildung<br />

• Grenzen der Zumutbarkeit erkennen und<br />

bearbeiten, konsequent handeln<br />

• „Meldesystem“: kritisches Vorkommnis<br />

• MitarbeiterInnen nicht allein lassen<br />

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Fallspezifischer Ansatz<br />

• Ansatz: jeder Fall ist in seiner Ätiologie anders,<br />

Kontextfaktoren & Ätiologie werden bei generalisierenden<br />

Ansätzen zu wenig berücksichtigt<br />

• Multidimensionales biopsychosoziales Assessment: Stress der<br />

Angehörigen, die Person mit Demenz verstehen (Kontext),<br />

Veränderungsbereitschaft der Angehörigen, Brainstorming,<br />

Assessment von Wissen und Haltung, emotionale und<br />

praktische Ressourcen, Reduktion der Lösungserwartungen<br />

(quick fix)<br />

• Generierung einer Verstehenshypothese im Spezialistenteam,<br />

Rückmeldung an die Mitarbeiter/Angehörige<br />

C.Müller-Hergl


Ergebnisse: die Natur des Verhaltens spielt eine geringe Rolle<br />

(e.g. Agitiertheit), Medikamente marginal, eher: physische<br />

und medizinische Maßnahmen, Änderung der Pflege/<br />

Versorgungspraxis, der sozialen und physischen<br />

Umgebung, mehr Unterstützung und Schulung, um mehr<br />

auf die Person und weniger auf das Verhalten zu sehen<br />

42% Reduktion des Verhaltens, Reduktion des Stresses der<br />

Pflegenden, 66% aller Interventionen klinisch erfolgreich,<br />

Umfang: anfangs 7, dann 5,5 Stunden Intervention (etwa<br />

gleich für medikamentöse Behandlung), Menschen in<br />

ambulanter Pflege erfordern höheren Aufwand<br />

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• Begriffe wie „Agitiertheit“ sind wenig hilfreich und<br />

verdecken eher die Vielfalt (Bsp: vokale Disruption)<br />

• Wichtig dagegen: Ausmaß und Umfang von carer<br />

stress, Ursachen des Verhaltens, Kontext, was<br />

praktisch möglich ist<br />

• Heterogenität der Ätiologie erklärt den geringen<br />

Erfolg standardisierter Vorgehensweisen<br />

• Psychosoziale Maßnahmen am häufigsten und am<br />

erfolgreichsten<br />

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In DemA<br />

• Einführung hausärztliche Leitlinie Demenz und<br />

Rahmenempfehlungen<br />

• Fortbildung Pflegende, Fallbesprechungen<br />

• 15 Heime, 151 Pflegende, 163 MmD, 73 Hausärzte<br />

• Ergebnis: Reduktion von Psychopharmaka von 75 auf<br />

65 %<br />

• Reduktion herausf. Verhaltens von 89 auf 77%<br />

• Besonders Verbesserung von Reizbarkeit (- 28%),<br />

Angst (-22%) und depressive Stimmung (-23%):<br />

hyperaktive und ängstliche Verhaltensweisen gingen<br />

zurück<br />

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• Männer: eher apathisch, enthemmt, erregt, reizbar<br />

• Frauen: eher bewegungsaktiv, ängstlich,<br />

depressiv, psychotisch<br />

• Apathie insgesamt nicht reduziert<br />

• QOL nach Qualidem: Reduktion von negativen<br />

Affekten, ruhelosem Verhalten, sozialer Isolation;<br />

aber auch weniger positive Affekte und<br />

schlechtere soziale Beziehungen,<br />

Verschlechterung von „Tätigsein“<br />

• Beschäftigung scheint grösste Schwierigkeit<br />

darzustellen<br />

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STI: Serial Trial Intervention<br />

• Erkennen von HV, Assessments, Interventionen<br />

• Multidimensionale, komplexe Vorgehensweise<br />

1. Körperliches Assessment, bes. Schmerzen<br />

2. Affektives Assessment: Umgebungsfaktoren,<br />

sensorische Über/Unterstimulation, fehlende<br />

Kontakte<br />

3. Nichtmedikamentöse Massnahmen<br />

4. Schmerzmedikation überprüfen<br />

5. Psychopharmaka<br />

C.Müller-Hergl


C.Müller-Hergl


• bei jedem Schritt: auf unbefriedigtes Bedürfnis<br />

erfolgt Intervention (bei weniger als 50% Erfolg<br />

geht es einen Schritt weiter)<br />

• Nach Einführung von STI: geringeres Unwohlsein<br />

nach 4 Wochen, weniger gesundheitliche<br />

Beschweden, mehr Analgeticagabe, keine<br />

Veränderung bei psychosozialen Maßnahmen<br />

• Vorteil: Inhaltliche Strukturierung des<br />

Pflegeprozesses; Nachteil: Überbewertung der<br />

Schmerzthematik, mangelnde Berücksichtigung<br />

psychologischen Unbehagens, mangelnde<br />

Unterstützung sozialpsychologischer Interventionen,<br />

umständlich-formalistisch und nicht förderlich für<br />

Förderung von pflegerischer C.Müller-Hergl Intuition

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