Schottroff_Wacker-Fe..

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aUS!egElben von Schottroff und Theres Wacker KOMPENDIUM Feministische ibelauslegung 2. korrigierte Auflage

aUS!egElben von<br />

<strong>Schottroff</strong> und<br />

Theres <strong>Wacker</strong><br />

KOMPENDIUM<br />

<strong>Fe</strong>ministische<br />

ibelauslegung<br />

2. korrigierte Auflage


Die Königsbücher<br />

! '3'<br />

I Vorbemerkungen<br />

Kyung Sook Lee<br />

Die Königsbücher<br />

Frauen-Bilder ohne Frauen-Wirklichkeit<br />

Eine Lektüre der Königsbücher aus feministischer<br />

Perspektive liefert zunächst einige<br />

grundsätzliche Beobachtungen. Die<br />

deuteronomistischen (dtr) Redaktoren, die<br />

den Königsbüchern ihre jetzige Form gegeben<br />

haben (Smend 1978, 111-125), berichten<br />

über Frauen nur sehr wenig - der<br />

Unterschied zu den Väter- (oder ))Erzeltem«-)<br />

und Davidsgeschichten ist kraß. Will<br />

man aus den Königsbüchern die Situation<br />

von Frauen in der Königszeit erschließen,<br />

wird man daher enttäuscht sein. Wenn die<br />

dtr Redaktoren doch einmal über Frauen<br />

berichten, haben sie meist - fern von jeder<br />

objektiven Darstellung - nur zwei Typen<br />

im Kopf: sehr arme und hilflose Frauen oder<br />

extrem grausame und rachsüchtige. Lediglich<br />

die Mütter der Könige werden hoch<br />

geachtet und mit Namen und Herkunft<br />

vorgestellt. Bezeichnend ist jedoch schon<br />

wieder, daß dies nur für die Mütter der judäischen<br />

Könige gilt, während die der israelitischen<br />

Könige ignoriert werden. Das<br />

und die Tatsache, daß sie die Könige des<br />

Nordreiches Israel sämtlich negativ beurteilen,<br />

beweist, daß sie Parteigänger des<br />

Südreiches Juda waren.<br />

Weiter läßt sich feststellen, daß die Deuteronomisten<br />

theologisch gesehen JHWHgläubig<br />

und kultisch gesehen Jerusalemzentriert<br />

sind. Ihr Hauptinteresse ist es, ob<br />

der jeweilige König oder sein VolkJHWH<br />

verehrt oder nicht. Ob der König wirtschaftlich<br />

oder politisch etwas Positives<br />

geleistet hat oder nicht, ist für sie von<br />

untergeordneter Bedeutung. Die Treue zu<br />

JHWH und die Treue zum Jerusalemer<br />

Tempel ist Maßstab ihres Urteils. So fallt<br />

es ihnen leicht, die Könige des Nordreiches<br />

zu verurteilen. Weil König Jerobeam<br />

Ende des 10. Jh.s v.ehr. außerhalb von<br />

Jerusalem, nämlich in Betel und Dan, zwei<br />

offizielle Staatsaltäre bauen ließ und er<br />

und die Könige des Nordreiches nach ihm<br />

ihre Opfer dort darbrachten, werden sie<br />

alle negativ beurteilt. Man wird Jerobeam<br />

historisch jedoch nicht gerecht wenn man<br />

ihn mit dem anachronistischen Argument<br />

kritisiert, daß er außerhalb Jemsalems<br />

Altäre errichtet hat. Er ließ ja die Tempel<br />

für JHWH erbauen, und zwar mit einem<br />

Stierbild wohl als Postament für die Gottheit<br />

Es ist daher historisch falsch zu behaupten,<br />

daß er nicht JHWH, sondern einen<br />

goldenen Stier als Idol verehrt habe.<br />

Trotzdem urteilt die dtr Redaktion so, als<br />

sei die gesamte Königszeit vom Gedanken<br />

der Kultzentralisation in Jerusalem<br />

und des Bilderverbots bestimmt gewesen,<br />

der im Nordreich Israel böswillig und von<br />

Anfang an verletzt worden sei (1 Kön<br />

12,27-30).<br />

Von allen israelitischen Königen wird König<br />

Ahab am stärksten kritisiert. Er war<br />

mit der tyrischen Prinzessin Isebel verheiratet,<br />

durch die die Baalsverehrung in<br />

Israel Eingang gefunden haben soll. Demzufolge<br />

ist Isebel eine der übelsten Figuren<br />

des Alten Testaments - sie stürzte Israel<br />

ins Unglück (1 Kön 18-21). Weiter wird<br />

die Königinmutter Atalja, eine Enkelin<br />

oder Tochter Omris (2 Kön 8,261], als extrem<br />

grausame Frau kritisiert: Um selbst<br />

zu herrschen, habe sie ihre gesamte Familie<br />

umgebrcht (2 Kön 11,11]. Eine genaue<br />

Analys,e der tendenziösen Ge­<br />

SChichtsschreibung der dtr Redaktoren<br />

beweist jedocl). auch hier, daß der historische<br />

Verlauf nders war, als die Königsbücher<br />

berichen. So bleibt eiuleitend festzustelien,<br />

daßl die dtr Redaktoren sich für<br />

eine objektive parsteliung historischer Tatsachen<br />

wenig interessierten und Frauen<br />

gegenüber bdonders unfreundlich gesonnen<br />

waren. i<br />

Die Redaktorn der Königsbücher haben<br />

unterschiedlihe Quellen als Grundlage<br />

benutzt, die .T. namentlich angeführt<br />

werden: 1. das Buch der Geschichte Salomos;<br />

2. Annc4en der Könige von Israel; 3.<br />

Annalen der Könige von Juda; dazu kommen<br />

4. selbsändige Prophetenerzählungen.<br />

Ob das B),ch der Geschichte Salomos<br />

ein einheitlices Werk war, ist umstritten.<br />

Es dürfte sichi dabei um ein allgemein zugängliches,<br />

mit den amtlichen, am Königshof<br />

geführterl Annalen nicht identisches<br />

Werk handelq, das sich zwar auf offizielle<br />

Aufzeichnungen stützt, aber auch andere<br />

Traditionen ufgenommen hat. Die Annalen<br />

der Könige von Israel und Juda dürften<br />

an den Hqfen amtlich geführt worden<br />

sein. In ihneh wurden nur offizielle Ereignisse,<br />

z.B. )illegszüge, die Thronbesteigung,<br />

die Regierungsdauer oder Regentschaftsjahre<br />

fusw. protokOlliert. Es sind<br />

daher nur sehr wenige Berichte über Frauen<br />

zu eIWartn. Immerhin aber tauchen<br />

in den Propl)etenerzählungen über Elija<br />

und Elischa einige Frauenfiguren auf. Die<br />

dtr RedaktorJn haben diese Quellen nach<br />

ihren theologischen Kriterien neu miteinander<br />

kombi1iert. Deshalb sind die Königsbücher<br />

h).sgesamt nicht leicht zu verfolgen.<br />

BesoMers die Prophetenerzählungen<br />

sind in n,lehrere Teile zerrissen, deren<br />

(ursprüngliche) chronologische Reihenfolge<br />

nur noch !schwer zu ermitteln ist. Das<br />

ist für eine feministische Lektüre besonders<br />

nachteil1g, weil die Prophetenerzählungen<br />

immerhin einige Rückschlüsse auf<br />

die Lage vo Frauen zulassen.<br />

Die uns vorliegenden Königsbücher erhalten<br />

ihr Gepräge durch den dtr Rahmen,<br />

der die exzerpierten Stoffe über die einzelnen<br />

Herrscher zusammenhält. Dieser<br />

Rahmen besteht aus fünfgliedrigen Einleitungsbemerkungen<br />

und viergliedrigen<br />

Schlußbemerkungen. Die fünf Elemente<br />

der Einleitung sind 1. eine Datierung des<br />

Regierungsantritts (in der die Daten aus<br />

Nord- und Südreich jeweils synchronisiert<br />

sind), 2. die Angabe des Alters bei der<br />

Thronbesteigung (nur bei den judäischen<br />

Königen), 3. die <strong>Fe</strong>ststellung der Regierungsdauer,<br />

4. der Name der Königinmutter<br />

(nur bei den judäischen Königen) und<br />

5. ein Urteil über die Frömmigkeit des<br />

Königs. Die Schlußbemerkungen enthalten<br />

1. einen Hinweis auf ausführlichere<br />

Quellen, 2. eine Nachricht über den Tod<br />

des Königs, 3. eine Notiz über die Beisetzung<br />

bei seinen Vätern (nur bei den judäischen<br />

Königen) und 4. die Nennung des<br />

Nachfolgers.<br />

I Zum Inhalt der Königsbücher<br />

Batseba als Königsmacherin?<br />

Das erste Königsbuch (1 Kön) beginnt mit<br />

einer Geschichte, die gewiß nicht aus den<br />

offiziellen Annalen des Königs Salomo<br />

stammt. Sie erzählt, wie kompliziert die<br />

Thronbesteigung Salomos war und warum<br />

sein Bruder und Konkurrent Adonija<br />

sterben mußte. Weil diese Erzählung eine<br />

antisalomonische Tendenz besitzt, liegt es<br />

nahe anzunehmen, daß sie von der Hand<br />

eines prophetisch beeinflußten Redaktors<br />

stammt (Würthwein 1977, 111]. Vermutlich<br />

hat dieser Bearbeiter alte Berichte<br />

übernommen und daraus ein selbständiges<br />

Werk geschaffen, das die Abneigung<br />

gegen Salomo und dessen Sympathisanten<br />

widerspiegelt. In diesem prophetischen<br />

Erzählkranz tauchen viele zeitgenössische<br />

Personen auf - neben Salomo z.B. Adonija,<br />

Abischag, Batseba und Natan. Äußer-


132 I Die Königsbücher<br />

:1<br />

Die Königsbücher I 133<br />

lieh gesehen ist die Hauptflgur dieser Erzählungen<br />

Batseba, doch ist Natan der eigentliche<br />

Protagonist. Er ist es, der Batseba<br />

aufsucht und ihr deutlich macht, daß<br />

die Inthronisation Adonijas ohne Wissen<br />

Davids geschah und daß durch diese<br />

Thronbesteigung ihr Leben und das ihres<br />

Sohnes Salomo in größte Gefahr gerate.<br />

Zwar sagt er nicht, daß dadurch auch sein<br />

Leben bedroht ist, doch ist klar, daß er<br />

sich nicht nur um Batseba und Salomo,<br />

sondern auch um sich selbst Sorgen macht.<br />

Er möchte, daß Batseba zu David geht und<br />

ihn an sein Versprechen erinnert, daß er<br />

ihren Sohn Salomo zu seinem Nachfolger<br />

machen wollte. Ob es, historisch gesprochen,<br />

ein solches Versprechen Davids an<br />

Batseba je gegeben hat und, wenn ja, wie<br />

Natan etwas davon hat wissen können,<br />

ist unbekannt. Viele Kommentatoren neigen<br />

dazu, ein solches Versprechen Davids<br />

für unhlstorisch zu halten. Jedenfalls kann<br />

man sagen, daß Natan der eigentliche JJKönigsmacher


134 I Die Königsbücher<br />

!<br />

I<br />

Die Königsbücher I 135<br />

ihren Erzählungen auftreten lassen, um die<br />

dramatischen Effekte zu erhöhen und ihre<br />

Frauenverachtung zum Ausdruck zu brin­<br />

lomo huldigen und loben lassen. Nach V.8<br />

soll die Königin gesagt haben: »Glücklich<br />

sind deine Frauen (so die alten Überset­<br />

richtet wurde (Lang 1981, 55). Auf einer<br />

Höhe bei Jeru*alem lagen Heiligtümer des<br />

moabitischen f.amosch und des ammoniti­<br />

(12,26-33). Weil bis dahln nur in Jerusalem<br />

ein staatlicher Tempel existierte, mußtenjetzt<br />

auch im Nordreich offizielle Kult­<br />

gen. In vielen Erzählungen, die sie bearbeitet<br />

haben, tauchen arme Witwen, Dirnen<br />

oder gedemütigte kinderlose Frauen<br />

auf. Die Existenz ))normalen( Ehefrauen<br />

zungen - nicht ))Männefl wie der hebräische<br />

Text liest), glücklich sind diese deine<br />

Diener, die beständig vor dir stehen und<br />

deine<br />

Weisheit hören{{. Aus dem Mund<br />

schen Milkomj(nicht ))Moloch(l, wie es verächtlich<br />

hn hbräischen Text 11,7 heißt).<br />

Sie wurden vpn ausländischen Priestern<br />

bedient und b.;treut. Auch gab Salomo sei­<br />

stätten eingerichtet werden. Der Begriff<br />

»Sünde Jerobeams« (vgl. 12,30; 15,26;<br />

16,2.31 u.ö.) ist deshalb nur vom späteren<br />

Standpunkt der Jerusalemer Kultzentrali­<br />

wird dadurch verschleiert und ein extrem<br />

einer Frau klingt das ziemlich erotisch;<br />

nen ausländisshen Frauen Gelegenheit, ih­<br />

sation aus möglich (Debus 1967, 41). Wie<br />

negatives Frauenbild vermittelt.<br />

wahrscheinlich also soll dieses Lob eine<br />

fen Göttern und Heiligtümern zu räuchern<br />

schon erwähnt, dienten die Jungstierbil­<br />

erotische Neigung der Königin zu Salomo<br />

und zu opfem All diese Phänomene spre­<br />

der in Betel und Dan, die die Deuterono­<br />

Der Tempelbau und die Königin von Saba<br />

andeuten (vgl. V.13). Kaum zufallig hat<br />

diese Episode zahllose Geschichten um<br />

chen dafür, d:/.ß der Synkretismus der damaligen<br />

Zeit ,*,d seine offizielle Förderung<br />

misten so heftig kritisieren, wohl als Postamente<br />

für den unsichtbar gegenwärtig<br />

Die dtr Redaktoren beschreiben als her­<br />

König Salomo und die Köulgin von Saba<br />

durch Salomo: in Israel ohne Widerspruch<br />

geglaubten Gott JHWH; sie waren Kult­<br />

vorragendstes Werk Salomos den Bau des<br />

Jerusalemer JHWH-Tempels ausführlich in<br />

1 Kön 5-9. Es hat Salomo zwanzig Jalne<br />

in der jüdischen, arabischen und afrikanischen<br />

Literatur angeregt.<br />

hingenommen wurde. Die dtr Redaktoren<br />

messen diese lte Zeit mit dem Maß ihrer<br />

JHWH-zentrlrten Vorstellungen. Daß sie<br />

gegenstände wie die Keruben und die Lade<br />

in Jerusalem (Stolz 1996, 114-119). So<br />

gesehen war der JerusalemerTempel nicht<br />

und enorme Summen gekostet, um den<br />

prunkvollen Bau zu vollenden; sogar der<br />

Hilfe seines Nachbarn. König Hiram von<br />

Tyros, mußte er sich versichern. Nach <strong>Fe</strong>r­<br />

Ausländische Frauen am Königshof<br />

1 Kön 11 berichtet über die ausländischen<br />

Frauen Salomos, und zwar in höchst nega­<br />

ausländische :Frauen für die angeblichen<br />

<strong>Fe</strong>hler der Vergangeuheit mitverantwortlich<br />

machen, zeigt ihre Abneigung gegenüber<br />

Frauen ganz eutlich - diese wurden, wie<br />

weniger synkretistisch, als es die Tempel<br />

von Betel und Dan waren.<br />

Kap. 13 erzählt die Geschichten von zwei<br />

namenlosen Propheten, in denen es um<br />

tigstellung des Tempels hat 11m die Köni­<br />

tiver Weise. Salomo soll 700 Hauptfrauen<br />

so oft, zu Südenböcken.<br />

die Fragen geht, wer ein wahrer und wer<br />

gin von Saba besucht (1 Kön 10,1-13). Sie<br />

war eine äußerst kluge Frau und wollte<br />

Salomo mit Rätselfragen auf die Probe<br />

und 300 Konkubinen gehabt und Kulthöhen<br />

für Kamosch, den Gott Moabs, und für<br />

Milkom, den Gott Ammons, errichtet ha­<br />

,<br />

Die AbtrennJng des Nordreichs<br />

!<br />

ein falscher Prophet ist und worin das<br />

Prophetentum eigentlich besteht. Die Vielzahl<br />

der Erzählungen deutet an, wie ernst­<br />

stellen. Natürlich war sie zutiefst beein­<br />

ben. Ursprünglich waren die Traditionen<br />

Der ursprüngliche Grund für die Trennung<br />

haft damals über diese Probleme nachge­<br />

druckt von seiner Weisheit und seinem<br />

von der großen Zahl der Frauen und der<br />

des Nordreics von der davidischen Dy­<br />

dacht wurde. Eine klare Definition von<br />

Reichtum. Die Erzählung will zeigen, wie<br />

Errichtung der Höhen wohl Ausdruck des<br />

nastie Judas iwird in 1 Kön 12,1-24 be­<br />

Prophetie geben sie jedoch nicht. Aller­<br />

weit Salomos Berühmtheit reichte, und<br />

steht im Dienst seiner Verherrlichung. Hi­<br />

Reichtums und der glanzvollen Macht König<br />

Salomos und seiner Hauptstadt Jerusa­<br />

richtet. Diese 1ilteste Geschlchtsschreibung<br />

nennt Rehabams Maßlosigkeit bei seinem<br />

dings weist die Bezeichnung J)Gottesmamh{<br />

darauf hin, daB als Prophet deIjenige gilt,<br />

storisch ist zu fragen, ob die Königin von<br />

lem (Würthwein 1977, 131). Die dtrRedak­<br />

Auftritt vor 4en Israeliten in Sichem als<br />

welcher die Worte Gottes vermittelt und<br />

Saba Salomo tatsächlich besucht hat und,<br />

toren interpretierten dies jedoch ganz an­<br />

Auslöser detr Sezession. Rehabeam, der<br />

durch Gottes Hilfe übernatürliche Kräfte<br />

wenn ja, was sie mit diesem Staatsbesuch<br />

ders: »Seine Frauen lenkten sein Herz zu<br />

Sohn Salom0s, hörte nicbt auf den Rat<br />

besitzt<br />

bezweckte. Ein diplomatischer Grund wird<br />

anderen Göttern hin, so daß sein Herz nicht<br />

der Alten, sndem auf den der Jungen,<br />

nicht recht deutlich, und daB sie den König<br />

nur mit Rätselfragen auf die Probe stellen<br />

wollte, ist kaum zu glauben. Entwe­<br />

mehr ungeteilt bei JHWH war wie das Herz<br />

seines Vaters David« (11,4; vgl. V.2). Auf<br />

diese Weise machten die dtr Redaktoren die<br />

die ihm die tiIarkige Parole einflüsterten:<br />

))Hat mein VAter euch ein schweres Joch<br />

,<br />

auferlegt, sq will ich euer Joch noch<br />

Die Königinmutter (g'bfräh)<br />

In 1 Kön 14,21-31 berichtet der Redaktor<br />

der ist die Geschichte erfunden oder sie<br />

besitzt eine komplizierte, kaum noch auf­<br />

ausländischen Frauen dafür verantwortlich,<br />

daß Salomo fremde Götter verehrte und<br />

schwerer madhen. Hat mein Vater euch mit<br />

Peitschen geZüchtigt, so will ich euch mit<br />

erneut von der Inthronisation Rehabeams<br />

(vgl. 11,43) und gibt auch den Namen sei­<br />

zuhellende Traditionsgeschichte. Die Existenz<br />

einer Königin im südarabischen Saba<br />

durch diese Schuld auch die Trennung der<br />

Nordstämme von der davidischen Dynastie<br />

Geißeln zücljtigen« (12,14). Wer »die Alten({<br />

und ))dl,e Jungen(( waren, ist nicht<br />

nef Mutter an: Sie hieß Naama und war<br />

eine Ammoniterin. Offenbar brauchte eine<br />

zur Zeit Salomos ist jedenfalls ganz un­<br />

verursachte (1I,1I.32f). Diese Anschuldi­<br />

ganz klar. vermutlich handelt es sich um<br />

Königinmutter (g'biräh) nicht mit der<br />

wahrscheinlich, allerdings sind Königin­<br />

gung gegen seine Frauen ist aber eine ana­<br />

zwei Beraterruppen des Königs von(un­<br />

Hauptgemahlin des königlichen Vaters<br />

nen nordarabischer Staaten in Texten aus<br />

dem 8. Jh. v.ehr. bezeugt (Würthwein<br />

1977, 121). <strong>Fe</strong>ministisch gelesen ist es<br />

nicht belanglos, daB die Redaktoren die<br />

Königin von Saba als Königin der Weisheit<br />

charakterisieren und sie am Ende Sa-<br />

chronistische und maßlose Übertreibung.<br />

Als Salomo sein Staatssystem in Israel und<br />

Judäa etablierte, war JHWH der nationale<br />

Gott. Trotzdem konnten auswärtige Gottheiten<br />

im Jerusalemer Tempel Gastrecht<br />

erhalten, wo ihre Statuen und Altäre er-<br />

terschiediichm Lebensalter. Nachdem der<br />

Ephrahniter erobeam nach dem Willen<br />

der Bevölke*,ng des Nordreichs die Königswürde<br />

angenommen und die Trennung<br />

von Jda vollzogen hatte, errichtete<br />

er in Bete). und Dan kultische Zentren<br />

identisch zu sein, auch wenn das wohl die<br />

Regel war. Salomos Hauptfrau war eine<br />

Pharaonentocbter (1 Kön 3,1; 7,8; 9,16.24).<br />

Nach 15,9-13 entfernte König Asa von Juda<br />

seine Mutter Maacha aus der Würde einer<br />

g'birah. Schwierigkeiten bereitet, daB die


136 I Die Kön!gsbücher<br />

g'biriih des Königs Asa den gleichen Namen<br />

trägt wie die des Königs Abija, nämlich<br />

Maacha (15,2). War also Asa ein Bruder<br />

Abijas oder seine g'biräh in Wahrheit<br />

seine Großmutter? Vielleicht auch bezeichnet<br />

g'biräh nicht in allen Fällen die<br />

leibliche Mutter des betreffenden Königs,<br />

sondern die Inhaberin eines bestimmten<br />

Amtes. Es ist anzunehmen, daß die g'biräh<br />

mindestens im dynastisch gebundenen<br />

Juda eine wichtige und einflußreiche Position<br />

mit bedeutenden politischen und<br />

hofzeremoniellen Rechten besaß (vgl.<br />

Donner 1959, 107). Auch 1 Kön 15,13<br />

spricht dafür, daß g'biräh eine Würde mit<br />

Amtscharakter bezeichnet, die unbeschadet<br />

der fortdauernden Rolle als Mutter des<br />

Königs entzogen werden konnte. Da die<br />

dtr Redaktoren kaum ausföhrlicher von der<br />

g'biriih sprechen und der Titel wohl nur am<br />

judäischen Königshof gebraucht wurde, läßt<br />

sich leider kein detailliertes Bild von diesem<br />

Amt gewinnen (zur Diskussion vgI.<br />

Donner 1994; Andreasen 1983; Ackerman<br />

1993). Die Frage, ob das Südreich Juda stärker<br />

dynastisch ortentiert war und deshalb<br />

die Institution der gebirlih übernahm oder<br />

ob die dem Nordreich feindlich gesonnenen<br />

dtr Redaktoren Berichte über ein dortiges<br />

entsprechendes Amt absichtlich unterdrückt<br />

haben, läßt sich nicht sicher beantworten.<br />

Allerdings ist einzuräumen, daß<br />

das Nordreich große Vorbehalte gegen eine<br />

Dynastiebildung und die damit verbundenen<br />

institutionen gehabt hat, wie die häuflgen<br />

blutigen Verschwörungen belegen. So<br />

bleibt vorläufig nur festzuhalten, daß die<br />

Königinmutter am judäischen Königshof<br />

eine zentrale Funktion besessen hat, auch<br />

wenn die Deuteronomisten das nur am Rande<br />

notieren. Für sie war die Geschichte der<br />

Männer (»his-story«) viel wichtiger.<br />

Aschera und die Ascheren<br />

Der König Asa soll nach 1 Kön 15,13 die<br />

g'biriih Maacha aus ihrem Amt entfernt<br />

haben, weil sie nder Aschera ein Schandbild<br />

errichtet hat((. Der Name »Aschera({<br />

scheint hier eine weibliche Gottheit zu<br />

bezeichnen; die dtr Redaktoren hätten das<br />

Vergehen der Maacha also darin gesehen,<br />

einer anderen Gottheit außer JHWH allein<br />

Ehre erwiesen zu haben. Wenn hier<br />

eine historische Erinnerung verarbeitet ist,<br />

dann kann angenommen werden, daß<br />

Maacha ihren kultischen Aufgaben als<br />

g'biräh nachgekommen ist (vgl. Ackerman<br />

1993) oder einen Akt persönlicher Frömmigkeit<br />

vollzogen hat und daß dies den<br />

dtr Redaktoren im nachhinein als Verstoß<br />

gegen die Alleinverehrung JHWHs<br />

erschlen. lndirekt wäre dann 1 Kön 15,13<br />

als Beweis für die Verehrung der Göttin<br />

Aschera im Jerusalem der Königszeit zu<br />

werten. Ansonsten wird die Bezeichnung<br />

»Aschera{( in den Königsbüchem zumeist<br />

benutzt für hölzerne Pfähle, die aber<br />

selbst als Kultpfahle der Göttin Aschera<br />

gedeutet werden können. Wie verbreitet<br />

die Verehrung der Aschera im Israel der<br />

Königszeit war, ist in der Forschung heftig<br />

umstritten (vgl. nur Keel/Uehlinger<br />

1992; Braulik 1991; <strong>Wacker</strong> 1991; Frevel<br />

1995). Die Zusammenstellung der Aschera<br />

(oder der Ascheren) mit Baal (oder den<br />

Baalen) im deuteronomistischen Geschichtswerk<br />

dürfte jedenfalls eher die<br />

polemische Sichtweise dtr Redaktoren<br />

wiedergeben als die historische Realität;<br />

der Gott Baal und die Göttin Aschera sind<br />

kein göttliches Paar (Olyan 1988). Wohl<br />

aber scheint die Aschera in Israel zeitweise<br />

neben JHWH verehrt worden zu<br />

sein und ist als Partnerin JHWHs sicher<br />

auch nicht auf die »)Volksreligion{( zu beschränken<br />

(Albertz 1992, 131-135) - war<br />

die g'biräh Maacha womöglich eine Vertreterin<br />

dieses Konzepts? Deutlich ist auf<br />

der anderen Seite, daß die dtr Redaktoren<br />

die Ascheren und die Aschera immer<br />

dann erwähnen, wenn sie die Könige des<br />

Nord- oder Südreiches für ihren Götzendienst<br />

kritisieren wollen und den Untergang<br />

der beiden Reiche auf solchen Götzendienst<br />

zurückführen. Bei aller erkenni<br />

I<br />

baren Frauenterachtung haben sie jedenfalls<br />

nicht eiI}seitig nur Frauen mit dem<br />

Götzendienst :einer Göttin belastet.<br />

Die Omriden I


138 I Die Königsbücher<br />

feindlichen Königin und ihrem JHWHfürchtigen<br />

Minister Obadja zu vergrößern,<br />

den DtrP (vgl. Würthwein 1984, 496-98)<br />

in den V.4.13.16 aufs höchste lobt<br />

(Würthwein 1984, 2211). Warum die dtr<br />

Redaktoren !sebel als Übeltäterin, nämlich<br />

als <strong>Fe</strong>indin JHWHs abstempelten, läßt sich<br />

immerhin vermuten. Wahrscheinlich kam<br />

!sebel in Begleitung einer lyrischen Gefolgschaft<br />

nach Israel, die - wie sie selbst<br />

- den Baal verehrte. Bekanntlich hatte<br />

schon Salomo Kultstätten für seine ausländischen<br />

Frauen gebaut. Aber die dtr<br />

Redaktoren, die das nicht tolerieren wollten,<br />

kritisierten Isebel noch härter als Salomo.<br />

Deshalb funktionierten sie Isebel in<br />

maßloser Übertreibung zur Verfolgerin der<br />

JHWH-Propheten um. Wenn man Kap. 18-<br />

19 genauer liest, gewinnt man den Eindruck,<br />

daß die damalige Bevölkerung in<br />

einen JHWH-gIäubigen und einen baalgläubigen<br />

Teil gespalten war. Alts (1935)<br />

These, daß diese Spaltung im Gebiet des<br />

Karmel seine historischen Gründe hatte,<br />

ist ziemlich überzeugend. In dieser Situation<br />

wollte Elija klarstellen: Man kann<br />

nicht gleichzeitig JHWH und Baal dienen.<br />

Nur JHWH ist der Gott Israels!<br />

Auf dem Karmel hat Elija die alleinige<br />

Gottschaft JHWHs bewiesen (1 Kön 18),<br />

und in der Wüste hat er eine Theophanie<br />

JHWHs erlebt (Kap. 19).<br />

Welche Bedeutung hat die betonte und<br />

zugespitzte Alternative JHWH oder Baal?<br />

War Elijas Einstellung zum JHWH-Glauben<br />

eine Wiedererinnerung der mosaischmonotheistischen,<br />

seit der Landnahme<br />

vernachlässigten Tradition oder eine Neuerung?<br />

Anders als etwa von Rad (1969, 200)<br />

und viele andere Exegeten seiner Generation<br />

halten jüngere Alttestamentler wie<br />

etwa Lang (1981) und modiftziert auch<br />

Albertz (1992) die zweite Möglichkeit für<br />

richtig. Wenn König Abab dem lyrischen<br />

Baal einen Altar stiftete, schloß er sich<br />

damit nUr einer gängigen und unbestrittenen<br />

Praxis seiner Zeit an. Auch Bar­<br />

Hadad, König von Damaskus, errichtete<br />

um die Mitte des 9. Jb.s dem lyrischen<br />

Melkart eine Stele und nannte den ausländischen<br />

Gott »seinen Herrn« (Lang<br />

1981, 58). Vermutlich wurde Baal hn damaligen<br />

israelitischen Staatsgebiet schon<br />

seit Jahrhunderten verehrt. Möglicherweise<br />

sind auf grund der offenen Politik Ababs<br />

gegenüber Tyrus auch andere frühere<br />

Baalskulte im Land, etwa auf dem Karmel,<br />

zu neuem Leben erwacht. Trotzdem<br />

ist es unwahrscheinlich, daß vom Königshaus<br />

eine aggressive Religionspolitik gegen<br />

die JHWH-Religion ausging, wie die<br />

Texte in 1 Kön behaupten. Eher hat das<br />

Königshaus ein Nebeneinander von<br />

JHWH- und Baalsverehrung gebilligt,<br />

wenn nicht sogar gefordert, und die Revitalisierung<br />

der Baalsreligion jedenfalls<br />

nicht verhindert (Albertz 1992, 232). Allem<br />

Anschein nach war !sebel eine einflußreiche<br />

und beliebte Königin in Israel,<br />

die durch den neu belebten Baalskult den<br />

Einfluß der JHWH-Priesterschaft indirekt<br />

geschmälert hat. Das haben ihr die dtr<br />

Redaktoren verübelt und sie in maßloser<br />

Übertreibung als eine Hauptflgur bei der<br />

Verfolgung von JHWH-Propheten abgestempelt,<br />

dabei aber übersehen, daß die<br />

Kinder von Isebel und Abab alle JHWHhaltige<br />

Namen tragen (Ahasja, Joram,<br />

Atalja). Solche Verfalschung der historischen<br />

Tatsachen entspricht im übrigen der<br />

Tendenz der Deuteronomisten, Frauen, die<br />

Macht besaßen, als gottlose Übeltäterinnen<br />

zu dämonisieren.<br />

Abab und !sebel bereicherten sich schnell<br />

und festigten dadurch ihr Königtum. In<br />

diesem Zusammenhang schildert die Nabotuovelle<br />

(1 Kön 21) einen wahrscheinlich<br />

typischen Konflikt. Es ist durchaus<br />

möglich, daß Isebel tatsächlich fragwürdige<br />

Schritte unternommen hat, um das<br />

absolute Königtum gegen die Besrinunungen<br />

des altisraelitischen Rechts, das die<br />

Bürger schützte, durchzusetzen. Das provozierte<br />

Kritik gegen das Königtum des<br />

Nordreiches: Das königliche Expansionsstreben<br />

kollidierte mit dem altüberliefer-<br />

,<br />

,<br />

ten Sippenreht, nach dem der Grundbesitz<br />

einer Familie als unveräußerlich galt.<br />

Die traditionlle Königskritik im Nordreich<br />

war schon irhmer virulent gewesen und<br />

durch den offensiven Aufbau der königlichen<br />

Macht sit Omri noch stärker geworden<br />

(Würthv-jein 1984, 249ft). Hinsichtlich<br />

der gescilderten gewaltsamen Enteignung<br />

Naots ist jedoch zu bedenken,<br />

daß 1 Kön 21jl-16 kein Geschichtsbericht,<br />

sondern ein Novelle ist, in der der Erzähler<br />

seine Vorstellungen vom Gang der<br />

Dinge entfalet, um die beteiligten Personen<br />

und ihle Zeit zu charakterisieren<br />

(Oeming 198p, 377ft). Die Ereignisse sind<br />

teils zu genah, teils zu vage beschrieben,<br />

um als authehtisch gelten zu können. Für<br />

die Deuteronmisten ist jedoch klar, daß<br />

lsebel als Fr,,\! an allem schuld sein mußte.<br />

Trotzdem eIingt es ihnen nicht, Isebel<br />

als Hauptsquldige erscheinen zu lassen,<br />

weil ihr Plai! ohne die Komplizenschaft<br />

der Ältesten iund des Königs Abab nicht<br />

funktioniert hätte. In 21,17-24, wo die dtr<br />

Redaktion ein JHWH-Wort durch Elija<br />

sprechen läß1, wird dann auch nicht Isebel,<br />

sonderniauch Abab als Hauptverantwortlicher<br />

gtadelt.<br />

Elija kämpft gegen die Religionspolitik<br />

der OmridenJ weil sie die israelitische Religion<br />

synkrtistisch zu verformen drohte.<br />

Eine Prophetengruppe, der u.a. Elija<br />

und Elischa I angehörten, hat unmißverständlich<br />

PrOtest erhoben, der schließlich<br />

ZUm brutaleh Abbruch der omridischen<br />

ReligionspoÜtik führte. Um diese Zeit begannen<br />

die I{önige, JHWH-haltige Namen<br />

anzunehmert. Joschafat (=JHWH richtet),<br />

der König vn Juda, und Joram (=JHWH<br />

ist erhaben)) Ahabs Sohn, waren die ersten<br />

Herrscher beider Reiche, die JHWHhaltige<br />

Narden trugen. Möglicherweise<br />

symboliSiert diese Namensgebung den<br />

damals wohl aufkommenden Gedanken<br />

einer aussch.l!eßlichen Beziehung zwischen<br />

JHWH und em Volk Israel.<br />

Das letzte I}apiteI des J. Königsbuches<br />

schildert in ßroßer Breite, daß Abab und<br />

Die Königsbücher I 139<br />

der judäische König Joschafat ein Bündnis<br />

schlossen und gegen Syrien in den<br />

Krieg zogen. 1 Kön 22,29-37 berichtet vom<br />

Tod Ababs; trotz seiner Listigkeit wurde<br />

er von einem syrischen Soldaten mit Pfeil<br />

und Bogen erschossen und in Samaria<br />

begraben. In V:38 fügt eine Glosse hinzu,<br />

daß Hunde sein Blut leckten und Huren<br />

darin badeten. Hier werden in für die Deuteronomisten<br />

bezeichnender Weise Huren<br />

und Hunde auf eine Stufe gestellt.<br />

Der Gottesmann Elischa<br />

und der Revolutionär Jehu<br />

Kap. 1 des 2. Königsbuches enthält eine<br />

Notiz über einen Krieg zwischen Israel und<br />

Moab (1,1; 3,1-21) sowie eine letzte Wundergeschlchte<br />

um Elija (1,2-17). In 2 Kön<br />

2 wird Elischa zum Nachfolger Elijas bestimmt.<br />

Die Kap. 4,1-5,27 enthalten Berichte<br />

über seine Wunder: Eine verarmte<br />

Witwe erhält Öl (4,1-7), eine klnderlose<br />

Schunernitin einen lang ersehnten Sohn<br />

(4,8-17), den Elischa nach tödlicher Krankheit<br />

zum Leben erweckt (4,18-37); eine<br />

giftige Speise wird eßbar gemacht (4,38-<br />

41), Brot vermehrt (4,42-44) und der aramäische<br />

Heerführer Naaman vom Aussatz<br />

geheilt (5,1-27). All diese Wundergeschichten<br />

haben große Älmlichkeit mit den<br />

entsprechenden Berichten über Elija; überlieferungsgeschlchtiich<br />

gehören sie zusammen.<br />

Viele Exegeten nehmen an, daß<br />

die Wundergeschichten über Elischa ursprünglicher<br />

seien als die über Elija<br />

(Smend 1978, 136). Als Gottesmann besaß<br />

Elischa übernatürliche Kraft, die Wunder<br />

bewirkte. Elija hingegen wurde nur<br />

durch redaktionelle Zusätze zum Wundertäter<br />

stilisiert, um ihn als zweiten Mose<br />

erscheinen zu lassen (Kaiser 1984, 169).<br />

Die Frauenfiguren, die in Elischas Wundergeschichten<br />

vorkommen, sind genauso<br />

arm wie die bei Elija. Entweder haben<br />

sie nichts zu essen oder sind unglücklich,<br />

weil sie keinen Sohn haben oder der Sohn<br />

todkrank wird. Wahrscheiniich konnten


'40 ! Die Königsbücher<br />

,<br />

Die Königsbücher<br />

I '4'<br />

sich die Erzähler nur diese beiden Typen<br />

von Frauen vorstellen, die eventuell ein<br />

Wunder nötig hatten. In der Geschichte<br />

von der Heilung Naamans wird erneut die<br />

Thematik der Einzigkeit JHWHs hervorgehoben:<br />

,Auf der ganzen Welt gibt es<br />

keinen Gott, außer in Israel« (5,15). Im<br />

übrigen erfahrt Naaman von der Heilkraft<br />

Elischas durch eine israelitische Sklavin,<br />

die damit gewissermaßen zur Missionarin<br />

ihres Gottes und seiner Propheten wird.<br />

Dabei taucht ein neues Problem auf: Wie<br />

kann der Ausländer Naaman am aramäischen<br />

Königshof JHWH als einzigen Gott<br />

verehren? Naaman erkundigt sich, ob er<br />

an seinen aramäischen Sitten und Gebräuchen<br />

festhalten und trotzdem JHWH dienen<br />

könne. Diese Frage war rur Proselyten<br />

von entscheidender Bedeutung. Elischas<br />

Antwort ist erstaunlich kurz: ,Geh<br />

in Frieden« {5,19}. Damit hat er Naaman<br />

die erbetene Erlaubnis gegeben. Hier wird<br />

deutlich, welche Haltung der JHWH-Prophet<br />

gegenüber anderen Kulturen hatte.<br />

Ob man diese Geschichte tUr historisch<br />

halten darf oder nicht, ist in diesem Zusammenhang<br />

unwichtig. Der Tendenz zur<br />

Universalität des Gottes JHWH entspricht<br />

die Großzügigkeit in der notwendigen<br />

kultischen Praxis. Für die heute aktueilen<br />

Probleme der Inkulturation und der Hermeneutik<br />

des biblisch begründeten Glaubens<br />

scheint dies ein Sch1üsseltext zu sein.<br />

2 Kön 9-10 berichtet über die Revolution<br />

Jehus. Auf Befehl Elischas salbte ein Prophetenjünger<br />

den israelitischen <strong>Fe</strong>ldhaupt -<br />

mann Jehu in Ramot -Gilead heimlich zum<br />

König. Jehu lehnte sich daraufhin gegen<br />

die Omriden auf und ermordete zuerst<br />

Joram (9,16-24), dann den mitJoram verbündeten<br />

König Ahasja von Juda (9,27)<br />

und schließlich [sebel (9,30-35). Darüber<br />

hinaus ließ er alle Baalspropheten umbringen<br />

und die Baalsheiligtümer zerstören<br />

(10,18-27). Diese brutale Aktion des<br />

JHWH-Eiferers Jehu hat wohl die Unterstützung<br />

der JHWH-Propheten, speziell<br />

dilger ermordet wurden, mußte<br />

Atalja aut.pmatisch die Herrschaft über<br />

das Land anireten, weil sie die Königinmutter<br />

war. :<br />

Im Zusammenhang mit Ataljas Enkel<br />

Joasch wird Joscheba erwähnt, eine<br />

Schwester Aliasjas. Sie soll Joasch aus dem<br />

Kördgspalast eschafft und ihn sechs Jahre<br />

lang heimlülh im Tempel großgezogen<br />

haben. Dochl wie hätte sie ihn unter den<br />

Augen Ataljas entfuhren und so lange hn<br />

benachbarteh Haus JHWHs verstecken<br />

können? 2 Ohr 22,11 spricht davon, daß<br />

Joscheba di Frau des Priesters Jojada<br />

gewesen seLi Als Joasch sieben Jahre alt<br />

war, unteruaJiun dieser Priester eine erfolgreiche<br />

Verschwörung gegen Atalja und ließ<br />

Joasch zum ördg ausrufen. Anschließend<br />

hat Jojada die Herrschaft in der Hand gehabt,<br />

bis Joasch selbst das Land regieren<br />

konnte. :<br />

Levin hat geeigt, daß der Bericht von 2<br />

Kön 11 nicht den historischen Tatsachen<br />

entsprechen! kann (Levin 1982, 46ff].<br />

Wahrscheinlich haben die Revolution Jehus<br />

und dd Tod des Königs Ahasja zu<br />

politischen Wirren in Juda geführt. In dieser<br />

Situatio gab es wohl zwei Parteien,<br />

die die politiche Führung beanspruchten.<br />

Eine Partei 0ar diejenige Ataljas, die als<br />

Königinmutth rechtmäßige Vertreterin des<br />

Königs sein onnte, die andere Partei opponierte<br />

gegn Atalja und wollte die Herrschaft<br />

der davidischen Dynastie selber<br />

übernehmen;. Atalja stammte aus dem<br />

Nordreich. o ihre Familie, die Omriden,<br />

clurch Jehu aMsgerottet worden waren. Sie<br />

stand allein hnd konnte keine Unterstüt-<br />

,<br />

zung aus ihter Heimat erwarten. Wahrscheinlich<br />

w;ar sie auch am Jerusalemer<br />

Tempel und in Priesterkreisen nicht gut<br />

angesehen, weil sie eine Omridin war.<br />

Trotzdem ist es Atalja gelungen, in dieser<br />

schwierigen Situation die Herrschaft über<br />

das Land zu übernehmen. Vermutlich hatte<br />

sie Freunde am Königshof gehabt und mit<br />

deren Hilfe ihre dortigen Widersacher beseitigt<br />

Daß sie ihren eigenen Enkel habe<br />

töten wollen, klingt jedoch abwegig. Eher<br />

hat sie sich in besonderer Weise um ihn<br />

gekümmert, damit er sie später als König<br />

beschützen konnte. So erscheint 2 Kön<br />

11,lf als extrem verzerrte Darstellung einer<br />

politischen Säuberungsaktion Ataljas.<br />

Objektiv gesehen war Atalja eine fähige<br />

Politikerin, der es gelang, in einer schwierigen<br />

Lage einen klaren Kopf zu behalten.<br />

Daß sie sechs Jahre an der Macht bleiben<br />

konnte, unterstreicht ihr politisches Geschick..<br />

Für die damalige Situation war es<br />

eine bemerkenswerte Leistung, daß Atalja<br />

als Frau aus dem Nordreich so lange gegen<br />

die Priestergruppe in Jerusalern standhalten<br />

konnte. In Juda wurde ihre Machtübernahme<br />

gewiß nicht gern gesehen. Die<br />

Herrschaft einer Frau, noch dazu einer<br />

Fremden, wird Erbitterung ausgelöst haben.<br />

Dann kam der Putsch von seiten Jojadas<br />

und seiner Leute, die Joasch zum König<br />

erhoben und Atalja ermordeten. V.20 sagt,<br />

daß das Volk des Landes als wesentlicher<br />

Träger des Unternehmens sich über das<br />

Gelingen freute, die Stadt Jerusalern mit<br />

ihren Höflingen und Beamten samt der<br />

Leibwache dagegen ruhig blieb. Wahrscheinlich<br />

wollte das Volk des Landes einen<br />

Davididen zum König haben. In Jerusalem<br />

hingegen wird Atalja einigermaßen<br />

beliebt gewesen sein.<br />

Wenn man die Situation in Juda nach<br />

der Revolution des Jehu bedenkt, kann<br />

man Atalja nicht als grausam oder<br />

herrschsüchtig bezeichnen. Der Bericht<br />

über sie in 2 Kön 11 wurde aus der Sicht<br />

Jojadas verfaßt. Er will suggerieren, daß<br />

die Fortdauer der davidischen Dynastie<br />

durch Ataljas Herrschaft aufs höchste


142 I Die Königsbücher<br />

Die Königsbücher I 143<br />

gefahrdet war, daß sie aber mit Gottes Hilfe<br />

durch Jojada gerettet worden sei. Mit dieser<br />

Ansicht versucht der Erzähler, wer<br />

immer er sein mag, die damalige Not zu<br />

dramatisieren (vgl. Würthwein 1984, 346).<br />

Um die Not zu steigern, hat er die Gegnerin<br />

Atalja zu einer Art Hexenfigur gestempelt.<br />

In Wahrheit dürfte sie eine fahige und<br />

einflußreiche Herrscherin gewesen sein.<br />

Die judäischen Prinzen wurden nicht von<br />

ihr, sondern von Jehu ennordet. Sie hat<br />

allenfalls einige ihrer Gegner beseitigt. Die<br />

Tatsache, daß der Erzähler Atalja als eine<br />

so böse und grausame Frau beschreibt, offenbart<br />

die Vorurteile bzw. Abneigungen,<br />

die der Erzähler ebenso wie die dtr Redaktoren<br />

gegenüber Frauen, insbesondere<br />

fremden Frauen, hatte. Es ist traurig und<br />

schade, daß sie so empfanden. Aber noch<br />

schlimmer wäre es, wenn heutige BibelleserInnen,<br />

beeinflußt durch solcherart<br />

frauenfeindliche Traditionen, unbewußt<br />

Ablehnung gegenüber Frauen in Führungspositionen<br />

entwickeln würden. Ein<br />

negatives Vorurteil schafft immer neue<br />

Vorurteile. <strong>Fe</strong>ministinnen sollten anfangen,<br />

aus diesem Teufelskreis auszubrechen.<br />

Die joschijanische Kultreform<br />

und die Prophetin Hulda<br />

Ab 2 Kön 12 wird von den Kriegen zwischen<br />

Israel und Aram und von den<br />

häufigen Thronwechseln bn Nordreich berichtet.<br />

Am Ende eroberte der assyrische<br />

König das Land und führte Israel nach<br />

Assur in die Verbannung. Der Untergang<br />

des Nordreiches wird in 17,1-23 mit Hilfe<br />

der dtr Geschichtstheologie gedeutet. Die<br />

dtr Verfasser nennen als Grunde des Untergangs<br />

die Aufrichtung von Steinmalen<br />

und Holzpfahlen (Ascheren), die Verehrung<br />

der Gestirne und des Baal, also<br />

einen Verstoß gegen die JHWH-allein­<br />

Verehrung. Im neunten Jahr des Königs<br />

Hoschea (722 v.Chr.) nahm das assyrische<br />

Heer Samaria ein; man führte die Oberschicht<br />

Israels nach Assur und ließ sie in<br />

Halach und am Habor, dem Fluß von Gosan,<br />

sowie in den Städten Mediens wohnen<br />

(17,3-6).<br />

In Juda war die Lage anders. Die Könige<br />

von Juda, nämlich Hiskija, Manasse und<br />

Amon, konnten durch Tributzahlungen<br />

an Assur eine begrenzte Unabhängigkeit<br />

des Landes aufrechterhalten. Kap. 18-20<br />

schildern ausführlich die Politik Hiskijas<br />

gegenüber Assur, die sog. Kultreform Hiskijas<br />

sowie das Auftreten des Propheten<br />

Jesaja. Anschließend kam Hiskijas Sohn<br />

Manasse an die Macht und blieb 55 Jahre<br />

König als Vasall Assurs. Ihm wird derselbe<br />

Götzendienst angelastet, durch den<br />

das Nordreich zugrunde ging (21,2-7). Er<br />

soll sogar ein Standbild der Aschera im<br />

Jerusalemer Tempel aufgestellt haben; zu<br />

seiner Zeit gehörte die Verehrung der<br />

Göttin neben JHWH anscheinend sogar<br />

zum Tempelkult. Manasse tat also alles,<br />

was JHWH Israel verboten hatte. Seine<br />

lange Regierungszeit, die auf einen fahigen<br />

Politiker verweist, ist für die dtr<br />

Redaktoren nur eine Zeit des erwachenden<br />

Zornes Gottes über sein Volk. Amon,<br />

der Sohn und Nachfolger Manasses, wurde<br />

bereits nach zwei Jahren von seinen<br />

Dienern ermordet. »Aber das Volk des<br />

Landes ('amm hä 'är"'$) erscblug alle, die<br />

sich gegen den König Amon verschworen<br />

hatten, und das Volk des Landes<br />

machte seinen Sohn Joschija zum König<br />

an seiner Statt« (21,24). Weil Joschija bei<br />

seinem Regierungsantritt erst acht Jahre<br />

alt war, hat die Vermutung yiel für sich,<br />

daß die Männer des 'amm ha 'arce gewissermaßen<br />

einen aus ihren eigenen<br />

Reihen auf den Thron gehoben haben:<br />

Würthwein (1984, 444) vermutet, daß ..<br />

hinter diesem jungen König die Sippe<br />

seiner Mutter Jedida aus Bozkat stand<br />

und darüber hinaus die Landschaft Juda,<br />

in der sie ansässig war und gewiß ihren<br />

Anhang hatte; offenbar war nämlich Joschijas<br />

Abstammung von Jedida ausschlaggebend<br />

für seine Wahl. Da die<br />

Königinmutt:er als Gebieterin eine wichtige<br />

Stellung innerhalb des Staatsgefüges<br />

besessenl haben muß, dürfte mit Jedida<br />

der Einfluß der freien judäischen<br />

Bürger auf den Jerusalemer Königshof<br />

bedeutend gwesen sein.<br />

Die Herrschaft Joschijas wird im zweiten<br />

Königsbuch ufs höchste gelobt. Er gehört<br />

zu den drei Königen, die die Deuteronomisten<br />

ais vorbildlich darstellen (David,<br />

Hiskija,1 Joschija). »Er tat, was in<br />

JHWHs Augn recht war, und wandelte<br />

ganz auf de Weg Davids, seines Vaters;<br />

nicht wich er davon ab nach rechts oder<br />

links« (22,2)1 Der Grund für sein hohes<br />

Ansehen lie in der Kultreform, die er im<br />

18. Jahr seinr Regierung in Juda durchführte.<br />

Über!Vorgang und Inhalt dieser<br />

Reform wird in 2 Kön 22,3-23,24 ausführlich<br />

berichtet; sie und ihr geschilderter<br />

Auslöser, der!IFund eines Gesetzbuches im<br />

Tempel, sind seit dem Aufkommen der<br />

historischen )cntik eines der meistdiskutierten<br />

TherlIen der alttestamentlichen<br />

Wissenscha (vgl. nur die entspr. Beiträge<br />

in Groß 1995). Weniger diskutiert und<br />

bekannt daggen ist der Umstand, daß in<br />

diesem RefoPnwerk eine Prophetin namens<br />

Hulda ine große Rolle gespielt hat.<br />

Als das Buc des Gesetzes aufgefunden<br />

und dem KÖig übergeben wurde, schickte<br />

dieser eine Delegation, JHWH zu befragen,<br />

und se gingen zur Prophetin Hulda.<br />

Sie sprach ein Orakel JHWHs aus. Daraufhin<br />

vollz6g der König mit dem Volk<br />

eine Bundesshlußzeremonie und begann,<br />

den Kult zu Eeformieren: Er ließ die Kultgegenständel!männlicher<br />

und weiblicher<br />

Gottheiten ak dem Jerusalemer Tempel<br />

schaffen und vernichten, Kulthöhen im<br />

Land außerhJub von Jerusalem ließ er beseitigen.<br />

:<br />

Aus feministischer Sicht stellen sich Frazur<br />

Pedon und Bedeutung Huldas.<br />

war die Frau Schallums, des Vef\'llalder<br />

könilichen Kleiderkammer. Die<br />

,;.. J..leJieg:'ti{)ll des Königs suchte sie in ih­<br />

Haus in der lerusalemer Neustadt<br />

auf. Ob sie als Tempelprophetin angesehen<br />

werden muß oder als »freie« Prophetin<br />

galt, läßt sich daraus nicht erschließen.<br />

Jedenfalls scheint man ihren Namen<br />

im Kultreformbericht nicht haben<br />

verschweigen können. Es ist bemerkenswert,<br />

daß in der durchweg frauenkritisehen,<br />

ja frauenfeindlichen dtrTradition<br />

das Orakel JHWHs nicht ausschließlich<br />

an männliche Mittler gebunden war<br />

(<strong>Wacker</strong> 1989, 95). Was Hulda nach<br />

22,16-20 ausspricht, ist eine Zusammenfassung<br />

der dtr Geschichtstheologie, genauer<br />

gesagt, der Theologie yon DtrP. Das<br />

bedeutet nichts Geringeres, als daß DtrP<br />

die Summe seiner Theologie von einer<br />

Frau sprechen läßt! So gesehen muß sie<br />

eine berühmte Prophetin gewesen sein -<br />

tatsächlich ist sie die einzige namentlich<br />

bekannte Prophetin der Königszeit.<br />

Leider wissen wir über Prophetinnen der<br />

Königszeit nur äußerst wenig. In les 8,3<br />

wird eine Prophetin genannt, doch ohne<br />

Namensangabe und ohne genauere Auskünfte<br />

über ihre Tätigkeit ( Jes). Ez<br />

13,17ff nennt Prophetinnen zur Zeit des<br />

babylonischen Exils ( Ez). Diese wenigen<br />

Hinweise sind in einer Tradition, die<br />

insgesamt nicht an Frauengeschichte interessiert<br />

ist, wichtige Indizien. Prophetie<br />

ist in vielen Kulturen ein Phänomen, in<br />

das Männer wie Frauen einbezogen sind.<br />

So können wir auch für die Königszeit<br />

vermuten, daß neben Hulda weitere Prophetinnen<br />

wie sie aufgetreten sind. Deshalb<br />

ist Hulda für uns eine Schlüsselfigur,<br />

die weiterer Erforschung harrt (vgl. Camp<br />

1992, 109).<br />

In 23,29f wird von Joschijas Tod bei einer<br />

kriegerischen Auseinandersetzung mit<br />

dem ägyptischen Pharao Necho berichtet.<br />

23,31-25,30 fassen die Ereignisse zusammen,<br />

die zum Untergang des Staates Juda<br />

führten: die Eroberungszüge des babylonischen<br />

Königs Nebukadnezzar, den Fan<br />

und die Zerstörung Jerusalems (587 v.Chr.)<br />

und die Deportation der judäischen Oberschicht<br />

nach Babel. Mit dem Hoffnungs-


144 1 Die Königsbücher<br />

Die Königsbücher I '45<br />

schimmer der Begnadigung Jojachins, des<br />

vorletzten Königs von Juda, im babylonischen<br />

Exil enden die Königsbücher.<br />

I Schlußbemerkungen<br />

Weil die dtr Redaktoren die Geschichte<br />

Israels und Judas einseitig nach ihrem religiösen,<br />

JHWH- und Jerusalem-zentrierten<br />

Schema darstellen, lassen sich aus den<br />

Königsbüchern nicht viele objektive Informationen<br />

über die Frauen der damaligen<br />

Zeit herauslesen. Zusammenfassend<br />

läßt sich aber festhalten: 1. Die dtr Redaktoren<br />

haben wenig Interesse an Frauen<br />

und berichten nur selten über sie. Wenn<br />

sie doch einmal über Frauen berichten, ist<br />

ihre Darstellung meist negativ oder frauenfeindlich.<br />

Für sie gibt es im Grunde nur<br />

zwei Typen von Frauen, nämlich arme<br />

oder hUflose Frauen oder solche, die grausam,<br />

herrsch- und rachsüchtig sind. Daß<br />

solche Reduktion von Frauenbildern der<br />

historischen Wirklichkeit nicht entspricht,<br />

dürfte klar sein. Viele Frauen der Königszeit<br />

waren tatsächlich einflußreich und<br />

aktiv, z.B. als g'bfräh, als Politikerin, als<br />

Prophetin. 2. !sebel und die ausländischen<br />

Frauen am Hof dürfen nicht als fremdgläubige<br />

Intrigantinnen abgestempelt<br />

werden, die den König und die Bevölkerung<br />

zum Götzendienst verführen wollten.<br />

Solche Anschuldigungen sind anachronistisch<br />

und stellen eine maßlose<br />

Übertreibung dar. In der damaligen Zeit<br />

war es offiziell erlaubt, daß ausländische<br />

Frauen am Hof die Göttinnen und Götter<br />

ihrer Heimat verehrten. 3. Am Königshof<br />

gab es auch viele unterprivilegierte Frauen,<br />

die wie z.B. Abischag von Schunem<br />

als Konkubinen leben mußten. Sie wurden<br />

als Besitztum des Königs behandelt<br />

und waren den Launen ihrer Herren und<br />

Herrinnen ausgeliefert.<br />

Heutige Frauen saUten sich von den Frauenbildem<br />

der Deuteronomisten befreien<br />

und neue Bilder zu entwerfen beginnen.<br />

Sonst wirken die negativen alten Frauenbilder<br />

unbewußt weiter und verhindern,<br />

daß Frauen ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten<br />

entfalten. Die rachsüchtige Atalja<br />

und die grausame !sebe! sind Phantome,<br />

die mit der Realität wenig zu tun haben!<br />

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