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5 Kernresonanzspektrometrie (NMR-Spektrometrie)

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Instrumentelle Analytik <strong>Kernresonanzspektrometrie</strong> <strong>NMR</strong> Seite<br />

5 <strong>Kernresonanzspektrometrie</strong> (<strong>NMR</strong>-<strong>Spektrometrie</strong>)<br />

N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 1/22<br />

Die <strong>NMR</strong>-<strong>Spektrometrie</strong> beruht auf der Wechselwirkung des Eigendrehimpulses eines Atomkerns mit<br />

einem äußeren Magnetfeld B 0 . Der mit dem Drehimpuls verbundene magnetische Dipol des Kerns<br />

wechselwirkt aber nicht nur mit dem äußeren Magnetfeld sondern auch<br />

mit den Elektronen, die das Atom umgeben chemische Verschiebung induktive Abschirmung<br />

mit den Elektronen der übrigen Atome chemische Verschiebung Entschirmung<br />

mit benachbarten Atomkernen im selben Molekül J-Kopplung Spin-Spin-Kopplung<br />

Diese verschiedenen Wechselwirkungen liefern ein sehr genaues Abbild über das Innere des Moleküls.<br />

Damit ist die <strong>NMR</strong>-<strong>Spektrometrie</strong> neben der Röntgenstrukturanalyse heute die wichtigste Methode zur<br />

Strukturaufklärung in der analytischen Chemie und Biologie.<br />

5.1 Physikalische Grundlagen<br />

Grundlage der <strong>NMR</strong>-<strong>Spektrometrie</strong> ist das Verhalten von Atomkernen in einem äußeren Magnetfeld B 0 .<br />

Atomkerne (Isotope, Symbol X) bestehen aus Protonen und Neutronen.<br />

Ordnungszahl Z = Anzahl der Protonen<br />

A 12 1<br />

Massenzahl A = Anzahl von Protonen + Anzahl Neutronen<br />

Z X z.B.: 6 C, 1H<br />

Die meisten Atomkerne besitzen einen Kerndrehimpuls, den Kernspin J. In der klassischen<br />

Vorstellung ist dieser auf die Rotation der Kerne (Protonen und Neutronen) um eine Kernachse<br />

zurückzuführen. Wie viele andere atomare Größen auch, ist der Kernspin J quantisiert.<br />

<br />

J | J | I(<br />

I 1)<br />

<br />

I ist die Kernspinquantenzahl und kann<br />

halbzahlig oder ganzzahlig sein.<br />

Da mit einer rotierenden Ladung immer auch die Erzeugung<br />

eines Magnetfeldes verbunden ist, besitzt jeder Atomkern<br />

mit dem Kernspin J ein magnetisches Moment µ.<br />

<br />

J <br />

heißt gyromagnetisches Verhältnis und ist für die<br />

einzelnen Isotope unterschiedlich.<br />

Atomkern als Kompassnadel im<br />

Magnetfeld (klassisch)<br />

Kerne mit Ι = 0 als Kernspinquantenzahl, haben keinen Drehimpuls und kein magnetisches Moment.<br />

Vom gyromagnetischen Verhältnis γ hängt die Nachweisempfindlichkeit eines Kernes für das<br />

<strong>NMR</strong>-Experiment ab. Die Messmethode wird mit steigendem γ empfindlicher.<br />

N<br />

Regel:<br />

gg I = 0<br />

ug I = halbz.<br />

gu I = halbz.<br />

uu I = ganzz.<br />

[T] = Vsm -2


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Kerne im äußeren Magnetfeld (I = ½)<br />

N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 2/22<br />

Ohne äußeres Magnetfeld sind die magnetischen Dipole der Kerne einer Probe alle<br />

zufällig ausgerichtet. In einem äußeren Magnetfelde B 0 richten sich die mag. Dipole aus.<br />

Dabei tritt Richtungsquantisierung nach den Gesetzen der Quantenmechanik auf:<br />

Die Komponente J z des Drehimpulses in Richtung des Magnetfeldes kann nur die (2I+1) Werte<br />

J z m einnehmen, wobei die magnetische Quantenzahl m = I, I-1, I-2, ... -I sein kann.<br />

J z m<br />

z m<br />

Spin ½ - Kerne (I = ½ ) haben damit zwei Einstellmöglichkeiten,<br />

parallel (m = + ½ , -Stellung) oder antiparallel (m = - ½ , -St.)<br />

1<br />

| J | <br />

2<br />

3<br />

Energie im Magnetfeld B 0<br />

Die Energie eines magnetischen Dipols in einem Magnetfeld B 0 beträgt:<br />

<br />

W <br />

B 0 cos<br />

B 0<br />

W zB<br />

m<br />

0 B 0<br />

Damit ergeben sich für einen Kern mit I = ½ zwei<br />

Energieniveaus, die sogenannten<br />

Kern-Zeeman-Niveaus, wobei die Orientierung<br />

mit der Spinquantenzahl m = +½ (parallele<br />

Ausrichtung) die energetisch günstigere ist.<br />

Der Energieunterschied der Energieniveaus beträgt:<br />

W<br />

W<br />

1/<br />

2 W1/<br />

2 B0<br />

Im Resonanzfall klappt das Proton von der<br />

“parallelen“ in die “antiparallele“ Orientierung um.<br />

Präzession im Magnetfeld<br />

Befindet sich der Atomkern mit dem mag.<br />

Moment in einem Magnetfeld, so präzediert<br />

der Vektor J und sein mag. Moment auf<br />

einem Kegelmantel um die Richtung von B 0 .<br />

<br />

dJ<br />

M Drehm. B0<br />

<br />

dt<br />

J d<br />

B<br />

<br />

sin<br />

0 sin<br />

dt<br />

B<br />

JB<br />

J<br />

0 0<br />

L B 0<br />

L<br />

Die Larmor-Präzessionsfrequenz L entspricht<br />

der Energiedifferenz W L<br />

und ist<br />

proportional zum angelegten B 0 -Feld.<br />

B 0 = 0<br />

W<br />

energiereich<br />

“antiparallel“<br />

m = - 1/2<br />

energiearm<br />

“parallel“<br />

m = + 1/2


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N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 3/22<br />

Die makroskopische Magnetisierung M<br />

Die einzelnen Kernmomente rotieren mit ihrer Larmor-Frequenz auf den beiden Kegelmänteln, jedoch<br />

mit statistisch verteilter Phase, so dass sich sämtliche transversalen Komponenten µ x und µ y der<br />

Spinvektoren senkrecht zu B 0 herausmitteln.<br />

Ebenso verhindert die Temperaturbewegung eine Einstellung aller Dipolmomente parallel zu B 0 .<br />

Im thermischen Gleichgewicht sind die beiden Zustände<br />

entsprechend der Boltzmann-Verteilung besetzt, mit einem<br />

geringfügigen Besetzungsüberschuss im energieärmeren<br />

Niveau “parallel“ zu B 0 .<br />

Nantip.; β W<br />

<br />

exp( )<br />

N<br />

kT<br />

parallel;α<br />

Zahlenbeispiel für Protonen ( 1 H): B 0 = 1,41 T<br />

Na<br />

(Ergebnis: 0, 9999904 )<br />

N p<br />

Die Addition sämtlicher mag. Dipolmomente ergibt dann<br />

eine makroskopische Magnetisierung M in Richtung<br />

von B 0. Sie resultiert aus dem geringen Besetzungsüberschuss<br />

im energieärmeren Spinniveau α.<br />

Spinanregung (Präparation des Spinzustandes)<br />

Mit einer Sendespule wird ein linear polarisiertes<br />

Wechselfeld B 1 , z.B. in x-Richtung eingestrahlt.<br />

Wenn die Frequenz des Wechselfeldes der Lamor-<br />

Frequenz L der anzuregenden Kerne entspricht,<br />

rotiert eine Komponente von B 1 genauso wie die<br />

Einzelspins der Kerne um das Feld B 0 . 1<br />

Der Vektor B 1 mit dem gleichen Drehsinn wie die<br />

Präzession der Kerne kann mit dem Vektor M in<br />

Wechselwirkung treten. Es erfolgt<br />

Resonanzabsorption ( ß), sodass sich die<br />

Population der Spins zugunsten ß verändert.<br />

Mikroskopisch werden einzelne Spins von der<br />

energiearmen Parallelstellung in die energiereichere<br />

Stellung umgeklappt und laufen<br />

synchron mit dem drehenden B 1 -Feld.<br />

Kerne werden so in einen kohärent, mit fester<br />

Phasenlage präzedierenden Zustand versetzt.<br />

Makroskopisch ist das Ergebnis ein<br />

Kippen des Magnetisierungsvektors M um<br />

den Winkel . Dadurch tritt nun auch in der<br />

transversalen xy-Ebene senkrecht zu B 0 und<br />

senkrecht zu B 1 eine Komponente auf, die<br />

sogenannte transversale Magnetisierung M xy .<br />

<br />

1 Das linear in x-Richtung oszillierende B 1 -Feld in der Spule kann man<br />

durch zwei um die z-Richtung rotierende Vektoren entgegengesetzter Drehrichtung beschreiben.


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N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 4/22<br />

Das Kippen der makroskopischen Magnetisierung M kann anschaulich auch in einem rotierenden<br />

Koordinatensystem (RKS) erklärt werden, das sich um die z-Achse mit der Larmorfrequenz dreht.<br />

Damit wird das (im Laborsystem sich drehende) B 1 -Feld<br />

im RKS zu einem statischen Magnetfeld: B 1 = const !<br />

Die transversalen Achsen bezeichnen wir dann mit x' und y'.<br />

Rotierendes System<br />

In dem mit L rotierenden System wirkt auf M ein<br />

Drehmoment M Drehm.<br />

M B1<br />

(vom angelegten B 1 -Feld).<br />

Die makroskopische Magnetisierung M erfährt eine<br />

Präzession um die rotierende x'-Achse und wird aus<br />

der senkrechten Stellung ausgelenkt.<br />

Es entsteht die transversale (Quer-)Magnetisierung M xy .<br />

Gleichzeitig wird die M z -Komponente gegenüber dem<br />

Ausgangszustand (M z = M 0 ) verkleinert.<br />

Laborsystem<br />

Insgesamt bewegt sich der Vektor M der<br />

Gesamtmagnetisierung dann im Laborsystem<br />

spiralförmig auf der Oberfläche einer Kugel.<br />

Während des B 1 -Pulses präzediert (dreht sich) M um die<br />

Richtung von B 1 (x’) für die analog gilt: ω 1 = γB 1<br />

und erreicht bis zum Pulsende den sog. Flipwinkel α<br />

(t p ist die Pulsdauer).<br />

<br />

1 1t<br />

p B1<br />

t P<br />

x’<br />

y’<br />

Ist die Pulsdauer so gewählt, dass = π/2 (90°; π/2-Puls),<br />

liegt M gerade auf der y'-Achse, d.h. es liegt eine<br />

maximale Quermagnetisierung vor, aber keine<br />

longitudinale Magnetisierung mehr. Die beiden<br />

Energiezustände sind dann gleich populiert!<br />

Free Induction Decay<br />

Schaltet man nun das B 1 -Feld (HF-Impuls) ab, so<br />

präzediert die Magnetisierung im Laborsystem weiterhin in<br />

der xy-Ebene und induziert in der Empfängerspule eine<br />

Spannung, das Kernresonanzsignal ( FID).<br />

Dies ist der Prozess, der gemessen und letztlich als<br />

<strong>NMR</strong>-Spektrum dargestellt wird.<br />

Da die Dauer t P des B 1 -Pulses nur einige µs beträgt, ist die spektrale Breite (f 1/t P ) ausreichend<br />

groß, um auch Kerne mit leicht unterschiedlichen Resonanzfrequenzen mit einem einzigen<br />

Hf-Impuls der Frequenz L anzuregen.


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Free Induction Decay FID<br />

N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 5/22<br />

Nach dem Abschalten des B 1 -Impulses läuft die synchrone Magnetisierung wieder auseinander, um<br />

letztlich in ihren Gleichgewichtszustand zurückzukehren. Die Relaxation der Quermagnetisierung M xy<br />

wird als Free Induction Decay (FID) bezeichnet und bei der <strong>NMR</strong>-<strong>Spektrometrie</strong> primär gemessen.<br />

90°-Impuls<br />

FID-Signal<br />

Die Ursache für das Abklingen des Signals sind im wesentlichen leicht unterschiedliche Umlaufzeiten<br />

der Spins aufgrund von Inhomogenitäten des lokalen B 0 -Feldes an den Kernorten ( T 2 *).<br />

Longitudinale und transversale Relaxation*<br />

Die Relaxation nach Abschalten des B 1 -Impulses wird von zwei unabhängigen Relaxationsprozessen<br />

bestimmt, der Spin-Gitter-Relaxation T 1 und der Spin-Spin-Relaxation T 2 . Die Zeitkonstanten T 1 und<br />

T 2 sind erheblich langsamer als der Puls (µs), üblicherweise 0,1 bis 100s.<br />

Es gilt: T 2 T 1 .<br />

1) Longitudinale (Spin-Gitter-) Relaxation T 1<br />

(Energie)-Relaxation ins thermodynamische Gleichgewicht entlang der z-Achse. Das ursprüngliche<br />

Boltzmann-Gleichgewicht stellt sich wieder ein.<br />

Die Überschussenergie wird als<br />

thermische Energie an die Umgebung abgegeben.<br />

Dieser Vorgang ist aber nicht direkt beobachtbar, weil<br />

er in z-Richtung, also senkrecht zum Detektor erfolgt.<br />

Die Längsrelaxationszeit T 1 ist abhängig von der sog.<br />

"Spin-Gitter"-Wechselwirkung, d.h. von der chemischen<br />

Umgebung des beobachteten Kerns.


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N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 6/22<br />

Messung von T 1<br />

Bei entsprechend doppelter Pulsdauer ist<br />

= π (180°; π-Puls).<br />

Die Boltzmannsche Spinverteilung wird<br />

damit umgekehrt und es gibt auch keine<br />

Quermagnetisierung<br />

(der ß-Zustand ist jetzt überpopuliert).<br />

M z<br />

180°-Puls<br />

M z (t)<br />

Die Zeit T 1 misst man, indem man die<br />

relaxierende Magnetisierung M zu verschiedenen<br />

Zeiten mit einem 90° -Impuls umklappt<br />

und die Stärke des transversalen FID-Signals<br />

misst. Trifft man z.B. die Zeit t = 0,693T 1 ist das FID Signal Null.<br />

t<br />

2) Transversale (Spin-Spin-) Relaxation T 2<br />

Durch den B 1 -Puls wurde die gleichmäßige Verteilung der Einzelspins auf den Kegelmänteln teilweise<br />

aufgehoben und so die Quermagnetisierung erzeugt (kohärent synchroner Umlauf der Einzelspins).<br />

Diese Störung wird beim Ausschalten des B 1 -Feldes rückgängig gemacht.<br />

Wegen der Spin-Spin-Wechselwirkung, bei der die Kerne eines Moleküls untereinander Spinenergie<br />

austauschen (Energieübertragung auf einen Nachbarspin) und aufgrund von Inhomogenitäten des<br />

B 0 -Feldes laufen die Spins mit leicht unterschiedlichen Geschwindigkeiten herum. Sie verlieren damit<br />

ihre Phasenkohärenz und laufen auseinander. Die Spins verteilen sich wieder gleichmäßig auf den<br />

Kegelmänteln.<br />

Damit verkleinert sich die transversale Magnetisierung M xy , bis sie zu Null zerfallen ist.<br />

Es ändert sich aber nicht der Besetzungsunterschied, d.h. die Magnetisierung in z-Richtung.<br />

Messung von T 2 (Spinecho)<br />

Erst wird mit einem 90°-Impuls die Magnetisierung M in die x,y-Ebene gedreht.<br />

Nach einer bestimmten Zeit t = t E /2 (t E = Echozeit) wird ein 180°-Impuls eingestrahlt, der die<br />

auseinanderlaufenden Spins um 180° umklappt. Nach der doppelten Zeit t = t E sind dann alle Spins<br />

wieder in Phase und erzeugen das Echo-Signal.


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N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 7/22<br />

Zur Messung von T 2 strahlt man nun mehrere 180°-Impulse im Abstand von t E ein.<br />

Dabei können aber die aufgrund von Spin-Spin-Relaxation die (statistisch) dephasierten Spins nicht<br />

mehr refokussiert werden. Nur die Dispersion der Umlaufzeiten aufgrund der B 0 -Inhmogenitäten wird<br />

rückgängig gemacht (refokussiert). Die Abnahme der Echo-Signale wird dann nur durch die<br />

Spin-Spin-Relaxationszeit T 2 verursacht.<br />

T 2 beschreibt damit die zeitliche Auffächerung der Quermagnetisierung nach einem<br />

Auslenkungsimpuls, die auch durch 180°-Rephasierung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.<br />

Da T 2 auf intramolekularer Spin-Spin-Wechselwirkung beruht und nicht von der Umgebung abhängt,<br />

ist sie ein wichtiger Parameter für die Strukturaufklärung. 2<br />

Ein Anwendungsbeispiel außerhalb der Analytik ist die Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT), wo<br />

Unterschiede in den Relaxationszeiten T 1 und T 2 zur Bildgebung in der modernen Medizin genutzt<br />

werden.<br />

Abb. rechts:<br />

Typische Längsrelaxationszeiten T 1 in s<br />

von menschlichem Gewebe.<br />

Da T 1 in spezifischer Weise von der Art der<br />

Bindung des Wassers (Protonen) im Gewebe<br />

abhängig ist, kann so gesundes von krankem<br />

Gewebe unterschieden werden.<br />

Primär dient die T 1 -Messung zur Kontrast<br />

steigerung in der MRT.<br />

2 Das FID-Signal fällt mit der sog T 2 *-Relaxationszeit ab.<br />

Dieser Abfall setzt sich aus zwei Beiträgen zusammen. Der erste Beitrag ist die Spin-Spin-Relaxation T 2 .<br />

Der zweite Beitrag kommt dadurch zustande, dass die einzelnen Kerne wegen der Inhomogenität B 0 des B 0 -Feldes leicht<br />

unterschiedliche Umlaufzeiten, bzw. Larmorfrequenzen besitzen.<br />

Es gilt: 1 B0<br />

1<br />

<br />

T * 2 T<br />

2<br />

2


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5.2 Messgrößen der <strong>NMR</strong>-<strong>Spektrometrie</strong><br />

Einfluss der Umgebung des betrachteten Kerns<br />

N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 8/22<br />

Bei gegebener Magnetfeldstärke B 0 ist die Resonanzfrequenz für einen bestimmten Kern festgelegt.<br />

In einem realen Atom beeinflussen jedoch die Elektronen, die einen Kern umgeben und die<br />

Elektronenverteilung der übrigen Atome im Molekül das lokale Magnetfeld am Kernort.<br />

Die Elektronenbewegung verursacht nämlich kleine magnetische Zusatzfelder.<br />

Je nachdem, ob diese Zusatzfelder dem externen Feld B 0 am Atomkern entgegenwirken oder<br />

dieses verstärken, bezeichnet man dieses Phänomen als Abschirmung oder Entschirmung.<br />

Abschirmung:<br />

Das angelegte Feld B 0 bewirkt eine kreisförmige Bewegung der Elektronen um den Kern. Diese<br />

Ringströme induzieren im Bereich des Kerns ein sekundäres Feld B Ind , das dem äußeren<br />

entgegengesetzt ist (diamagnetischer Effekt ; Lenzsche Regel).<br />

Auf diese Weise wirkt am Kernort ein<br />

verringertes Magnetfeld Abschirmung<br />

Beff B 0 B Ind<br />

B eff B0 B0<br />

)<br />

B0(1<br />

<br />

Damit ergibt sich eine Verminderung der Resonanzfrequenz.<br />

B<br />

0(1<br />

<br />

)<br />

0 <br />

B<br />

0<br />

0<br />

Atom<br />

induzierte<br />

Elektronen<br />

-<br />

Die Abschirmkonstante liegt im ppm-Bereich und ist eine typische<br />

Molekülkonstante (für einen bestimmten Kern), die durch die intramolekulare<br />

chemische Umgebung des jeweiligen Kerns bestimmt wird.<br />

ist um so größer, je größer die Elektronendichte um den Kern ist und hängt daher von den<br />

Bindungsverhältnissen ab - z.B. verstärken elektronenliefernde Nachbaratome die Abschirmung.<br />

Entschirmung:<br />

Befinden sich in der Nachbarschaft des Atomkerns elektronenziehende Gruppen (N, O, Halogene),<br />

so wird die Elektronendichte am Kern wieder verringert. Es erfolgt Entschirmung des Atoms wie man<br />

sagt und die Resonanzfrequenz wird wieder größer.<br />

Bedeutung für die Strukturanalytik:<br />

Die Kerne “spüren“ ihre intramolekulare Umgebung. Mit der genauen Lage des Resonanz-<br />

Übergangs kann man verschiedenartig gebundene Kerne derselben Sorte im Molekül<br />

unterscheiden. Deshalb ist die Methode für die Strukturaufklärung so interessant.<br />

Chemisch äquivalente Kerne<br />

Chemisch äquivalente Kerne sind Kerne mit der<br />

gleichen elektronischen Umgebung.<br />

Sie ergeben im <strong>NMR</strong>-Spektrum nur ein Signal.<br />

Beispiel: Im Tetrametylsilan (TMS) haben alle Protonen die gleiche<br />

elektronische Umgebung nur ein <strong>NMR</strong>-Signal.


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Chemisch nicht-äquivalente Kerne<br />

N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 9/22<br />

Chemisch nicht-äquivalente Kerne sind Kerne mit einer unterschiedlichen elektronischen Umgebung.<br />

Sie ergeben im <strong>NMR</strong>-Spektrum getrennte Signale.<br />

Beispiel: Methyl-methyl-sulfoxid<br />

Die Protonen der CH 3 - (rot), CH 3 - (blau) und<br />

CH 2 -Gruppe (grün) sind zueinander nicht-äquivalent,<br />

da deren elektronische Umgebung verschieden ist.<br />

CH 3 -Gruppe (rot): S(O)CH 2 -Gruppe in der Nachbarschaft<br />

CH 3 -Gruppe (blau): SCH 2 -Gruppe in der Nachbarschaft<br />

Dagegen sind die Protonen in den jeweiligen Gruppen in sich chemisch äquivalent,<br />

z.B. die 3 Protonen der CH 3 -Gruppe (rot).<br />

Im 1 H- Spektrum gibt es deshalb nur drei Signale:<br />

eins für die CH 3 -Gruppe (rot), eins für die CH 3 -Gruppe (blau) und eins für die CH 2 -Gruppe (grün).<br />

5.2.1 Chemische Verschiebung<br />

Die Frequenzverschiebung ist proportional zur Stärke des Magnetfeldes B 0 ( B 0<br />

0<br />

).<br />

Die Angabe der absoluten Frequenzverschiebung als Molekülparameter ist aber ungeeignet, da<br />

die Spektren nicht einheitlich mit einer Feldstärke B 0 gemessen werden.<br />

Deshalb wurde eine relative Größe, die chemische Verschiebung δ eingeführt.<br />

fProbe<br />

fReferenz<br />

<br />

10 6 ppm Chemische Verschiebung in ppm<br />

f<br />

Referenz<br />

δ ist die relative Frequenzdifferenz der Resonanzsignale des betrachteten Kerns in der Probe (f Probe )<br />

und in einer Referenzsubstanz (f Referenz ), geteilt durch die Referenzfrequenz f Referenz (bzw. f 0 ).<br />

TMS als Referenzsubstanz<br />

TMS (siehe Beispiel) hat aufgrund seiner chemischen Struktur (12 äquivalente Protonen) nur ein<br />

scharfes Signal, welches zudem von den meisten anderen Resonanzsignalen deutlich getrennt ist.<br />

Da die Protonen im TMS sehr stark abgeschirmt sind und es fast keine weiteren Gruppen mit derart<br />

hoher Abschirmung gibt, liegen die bekannten chemischen Verschiebungen fast alle im positiven<br />

Bereich. Die Entschirmung der Wasserstoffkerne ist hier kleiner als in den meisten anderen org.<br />

Verbindungen, da das zentrale Si-Atom eine geringe Elektronegativität besitzt.<br />

TMS wird meist der Probe beigemischt oder bei Lösungsmittelproblemen in einem Röhrchen in die<br />

Probe gebracht. Es wird deshalb als innerer Standard bezeichnet.<br />

Hinweis : chemische Verschiebung groß Abschirmung klein<br />

liegt bei der 1 H -<strong>NMR</strong> im Bereich von 0 ppm bis ca. 15 ppm.<br />

Die Frequenzverschiebung umfasst damit nur einen Bereich von 1/100000 der Messfrequenz.<br />

Hohe Anforderungen an die Messgenauigkeit.


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N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 10/22<br />

Anisotropieeffekte<br />

Ursachen für die chemische Verschiebung:<br />

• induktive Abschirmung der Elektronenhülle des Atoms (diamagnetisch Abschirmung)<br />

• Elektronegativität (polare Bindungen) der Nachbargruppen (paramagnetisch Entschirmung)<br />

Weiterer Effekt:<br />

• Richtungsabhängigkeit der chem. Verschiebung Anisotropie<br />

Protonen, die sich in bestimmten Bereichen um die π-Systeme ungesättigter Verbindungen<br />

(Alkene, Alkine, Aromaten, Carbonyl-Verbindungen) befinden, werden durch Ringströme<br />

entschirmt oder abgeschirmt.<br />

- Protonen an C = C Doppelbindungen<br />

- Protonen an C C Dreifachbindungen<br />

- Protonen an Carbonylgruppen<br />

- Protonen an Aromaten<br />

- Ringstrommodell<br />

- Abschirmkegel<br />

Anisotropie bei Benzol:<br />

Das äußere Magnetfeld B 0 induziert einen<br />

Ringstrom im aromatischen -System, der<br />

seinerseits ein Magnetfeld hervorruft.<br />

Dieses verstärkt die magnetische<br />

Flußdichte am Ort der Protonen<br />

(“Entschirmung“).<br />

Anisotropie bei Mehrfachbindungen<br />

Anisotropieeffekte führen zu einer Entschirmung der<br />

Protonen von Alkenen und Carbonylverbindungen<br />

(Aldehyden), jedoch zu einer Abschirmung im Fall von<br />

Alkinen.<br />

Atome innerhalb der Abschirmungskegel sind stärker<br />

abgeschirmt (kleinere Entschirmung).<br />

zunehmende Entschirmung<br />

zunehmende Abschirmung<br />

B eff nimmt zu<br />

B eff nimmt ab<br />

Chemische Verschiebung einiger Verbindungen


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N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 11/22<br />

Chemische Verschiebung verschiedener Arten von H-Atomen im 1 H-<strong>NMR</strong>-Spektrum<br />

Chemische Verschiebung von H-Atomen in Methylgruppen (-CH 2 -) mit unterschiedlicher<br />

Nachbarschaft<br />

Abhängigkeit der Entschirmung vom Abstand funktioneller Gruppen.


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N171_Kernresonanz<strong>Spektrometrie</strong>_c_BAneu.doc - 12/22<br />

5.2.2 Spin-Spin-Kopplung (Signalaufspaltung in Spinsystemen mit I = ½)<br />

Die benachbarten Kernspins (zu einem Kern X in Resonanz) in dem gleichen Molekül treten über die<br />

Polarisation der Bindungselektronen miteinander in Wechselwirkung (indirekte Spin-Spin-WW).<br />

Dadurch können Kopplungen über größere Abstände wirken, als durch die unmittelbare oder<br />

direkte “räumliche Spin-Spin-WW“ möglich wäre. Dies führt in einer Probe mit mehr als einer<br />

chemisch äquivalenten Kernsorte (gleiche chemische Verschiebung) zu einer Feinstrukturaufspaltung<br />

der Resonanzlinien 3 .<br />

Wegen der diskreten Einstellmöglichkeiten der Kerndipole ergeben sich nur diskrete Kombinationen<br />

von zusätzlichen Feldstärken an einem Kernort (Kern X).<br />

B eff - B A<br />

B eff + B A<br />

Kern X Kern A Kern X Kern A<br />

(in Resonanz) (nicht in Resonanz)<br />

Modellbeispiel: Aufgrund der beiden praktisch gleich wahrscheinlichen Orientierungen der Kerne A<br />

relativ zu X ist das Resonanzsignal der Kerne X in zwei Signale von gleicher<br />

Intensität aufgespalten (Dublett; gilt für I = ½).<br />

5.2.2.1 Aufspaltungsmuster von I = ½ Kernen<br />

Befinden sich nun zwei äquivalente Kerne (d.h. Kerne mit der gleichen chemischen Verschiebung,<br />

AA) in Nachbarschaft zum Kern X, so sind drei unterschiedliche Magnetfelder am Ort von X möglich.<br />

Daraus resultiert eine Aufspaltung des<br />

Resonanzsignals vom Kern X (oder untereinander<br />

äquivalenten X-Kernen) in ein Triplett.<br />

Intensitätsverhältnis 1:2:1, da gleichwertige<br />

mittlere Konfiguration doppelt so häufig ist.<br />

Für die beiden äquivalenten Kerne AA verändert<br />

sich die Situation jedoch im Vergleich zum AX-<br />

System nicht (AA-Kerne Duplett)<br />

X<br />

A A<br />

mögliche<br />

Orientierungen<br />

der Kerne A<br />

relativ zu X<br />

Bei drei koppelnden äquivalenten Kernen AAA<br />

ergibt sich ein Quartett mit dem<br />

Intensitätsverhältnis 1:3:3:1<br />

(Pascalsches Dreieck).<br />

X<br />

A A A<br />

3 Kerne eines Moleküls heißen<br />

chemisch äquivalent, wenn sie die gleiche Umgebung im Molekül besitzen.<br />

magnetisch äquivalent, wenn sie chemisch äquivalent sind und jeder Kern X in Resonanz dieselben Kopplungen zu<br />

jedem einzelnen chemisch äquivalenten Kern A im Molekül hat<br />

isochron,<br />

wenn sie dieselbe Resonanzfrequenz besitzen.


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Die direkte Spin-Spin-WW zwischen magnetisch äquivalenten Kernen (z.B. zwischen den H-Atomen<br />

in -CH 3 ) tritt im <strong>NMR</strong>-Spektrum nicht in Erscheinung (obwohl vorhanden).<br />

Aufspaltungsregeln:<br />

(N+1) Regel: Bei N benachbarten A-Kernen spaltet die X-Linie in (N+1) Niveaus auf.<br />

Äquivalente Kerne (X) mit<br />

1 benachbarten H-Atom (A)<br />

geben ein Duplett-Signal.<br />

Äquivalente Kerne (X) mit 2<br />

benachbarten, untereinander<br />

äquivalenten H-Atomen (AA)<br />

geben ein Triplett-Signal.<br />

Äquivalente Kerne (X) mit 3<br />

benachbarten, untereinander<br />

äquivalenten H-Atomen (AAA)<br />

geben ein Quartett-Signal.<br />

Beispiel:<br />

Tribrom-ethan Br-CH 2 -CHBr 2<br />

Die Methylenprotonen sind chemisch äquivalent<br />

und ergeben ein Signal bei 4,10 ppm.<br />

Das Signal des Protons der CHBr 2 -Gruppe<br />

erscheint bei 5,67 ppm<br />

Das Signal der Methylenprotonen ist ein<br />

Dublett, da sich in der Nachbarschaft eine<br />

CH-Gruppe befindet.<br />

Das Proton der CH-Gruppe ergibt ein Triplett,<br />

hervorgerufen durch die CH 2 -Gruppe.<br />

Kopplungskonstante J<br />

Der Abstand zwischen den Resonanzlinien in einem durch Spin-Spin-Kopplung hervorgerufenen<br />

Multiplett heißt Kopplungskonstante J [Dimension Hz] und ist unabhängig vom angelegten<br />

Magnetfeld B 0 .<br />

(skalare) Kopplung geminale Kopplung vacinale Kopplung Fernkopplung<br />

Kopplung über eine<br />

Bindung<br />

1 J<br />

Kopplung über zwei<br />

Bindungen<br />

2 J = -30 bis +6 Hz<br />

Kopplung über drei<br />

Bindungen<br />

3 J = 0 bis 14 Hz<br />

Kopplung über mehr<br />

als drei Bindungen<br />

n J = 0 bis 10 Hz<br />

C<br />

H<br />

H<br />

H<br />

C<br />

H<br />

C<br />

H<br />

C<br />

C<br />

C<br />

H


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Intensitätsregel<br />

Die Intensitäten der einzelnen Linien eines Multipletts lassen sich aus dem Pascalschen Dreieck<br />

herleiten. Die Intensität ergibt sich aus der Fläche unter der Resonanzlinie und ist proportional zur<br />

Anzahl der Protonen der betreffenden Sorte.<br />

Beispiel 1: Feinstruktur im 1 H-<strong>NMR</strong>-Spektrum von Ethanol in CDCl 3<br />

Ethanol :<br />

Drei Sorten verschieden gebundener H-Atome in HO-CH 2 -CH 3<br />

drei Signale plus Feinstruktur wegen J-Kopplung.<br />

Die Integration der Resonanzpeaks ergibt ein Zahlenverhältnis von 1:2:3.<br />

5.2.2.2 Spektren höherer Ordnung*<br />

Die in 5.2.2 diskutierten einfachen Spinsysteme werden AX-Systeme genannt.<br />

Es handelt sich dann um Spektren erster Ordnung.<br />

• Signalaufspaltung nach diesen einfachen Regeln nur, wenn der Unterschied der<br />

Resonanzfrequenzen (der koppelnden Kerne) f mindestens 10 mal größer ist als die<br />

Kopplungskonstante J.<br />

f<br />

( AX )<br />

10<br />

J AX<br />

• Bei zu großer Kopplungskonstante, bzw. zu kleinem Frequenzunterschied ergeben sich<br />

Spektren höherer Ordnung mit komplizierten Aufspaltungsmustern (Feinstruktur).<br />

Eine Auswertung ist dann oftmals nicht mehr einfach möglich.<br />

• Bei Kopplung eines Protons M mit zwei chemisch nicht äquivalenten Protonen A und X erhält<br />

man (vorausgesetzt Δf(MA)/J MA > 10 und Δf(MX)/J MX > 10) ein sog. AMX-System.<br />

Darin wird das Signal von M durch die Kopplung mit A zu einem Dublett aufgespalten und die<br />

beiden Linien dieses Dubletts werden durch die Kopplung mit X erneut aufgespalten.<br />

Als Resultat erhält man ein Dublett vom Dublett.


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Beispiel 2: 1 H-<strong>NMR</strong>-Spektrum von Ethylbenzol (Spektrum 1. Ordnung)<br />

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aus: Dominik, Steinhilber: Instrumentelle Analytik


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5.3 Gerätetechnik<br />

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5.3.1 CW (Continuous Wave) Spektrometer<br />

CW-<strong>NMR</strong>-Spektrometer haben nur noch geringe Bedeutung.<br />

Prinzip: Kontinuierliche Einstrahlung mit konstanter Radiofrequenz (z.B. 60 MHz für 1 H) und<br />

langsame Erhöhung der angelegten Magnetfeldstärke B 0 . Nur in dem Moment, wenn die eingestrahlte<br />

Frequenz mit der Larmorfrequenz ω L genau übereinstimmt,<br />

kommt es zur Resonanz.<br />

Detektiert wird die Absorption (Leistungsaufnahme in der<br />

hf Sender<br />

Sendespule) oder die Strahlung, die von den in Resonanz<br />

geratenen Atomen wieder emittiert wird.<br />

B-Scan:<br />

B<br />

f-Scan:<br />

5.3.2 PFT-(Puls-Fourier-Transform) <strong>NMR</strong>-<strong>Spektrometrie</strong><br />

Wichtige Kennzeichen:<br />

• homogenes Magnetfeld.<br />

(große Polschuhe)<br />

• Feldstärke ab 1-2 Tesla<br />

(supraleitend bis 18,8 T<br />

= 800 MHz für 1 H)<br />

• Probenröhrchen dreht sich,<br />

um Feldinhomogenitäten<br />

auszumitteln<br />

• Probenvolumen klein<br />

(0,5 mL)<br />

• Deuterierte Lösungsmittel<br />

oder protonenfreie<br />

Lösungsmittel<br />

(CCl 4 , CS 2 , CDCl 3 ..)<br />

Messprinzip der PFT-<strong>NMR</strong><br />

Bei konstantem Magnetfeld werden in der Probe sämtliche Kerne einer Sorte (z.B. 1 H) durch einen<br />

sehr kurzen Radiofrequenz-Impuls gleichzeitig angeregt.<br />

Durch den Anregungsimpuls werden die Kerne<br />

in einen kohärent präzedierenden Zustand versetzt<br />

und induzieren anschließend beim freien<br />

Induktionszerfall einen schwachen Wechselstrom<br />

in der Empfangsspule (A).<br />

Dieses FID-Signal wird durch mathematische<br />

FOURIER-Transformation in die entsprechende<br />

Frequenzdomäne (d.h. in das <strong>NMR</strong>-Spektrum)<br />

umgerechnet(B).


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Wenn alle Kerne in der Probe dieselbe Frequenz (chemische Verschiebung) haben, dann enthält das<br />

detektierte Signal (Wechselstrom in der Empfängerspule) nur eine einzige Frequenz, d.h. es besteht<br />

aus einer einfachen, exponentiell abklingenden Sinuskurve (Free Induction Decay FID).<br />

Wenn mehrere Kerne mit unterschiedlichen Frequenzen vorliegen (unterschiedlichen chemischen<br />

Verschiebungen), besteht der FID aus mehreren sich überlagernden Frequenzen.<br />

Verbesserung des<br />

Signal-Rauschverhältnisses<br />

Akkumulation vieler<br />

FID-Signale und dann<br />

erst Fouriertransformation.<br />

(SNR n ½ )<br />

Berechnung des B 1 -Feldes:<br />

Spektrale Breite des Anregungsimpulses<br />

Bei kurzer Pulsdauer (t P ) im<br />

µs-Bereich entsteht ein kontinuierliches<br />

Anregungsfrequenzband<br />

mit einer Breite von 1/t P .<br />

Dieses deckt das gesamte Spektrum<br />

der leicht unterschiedlichen<br />

Frequenzen der Kerne ab.<br />

( chemische Verschiebung)<br />

Vorteile der PFT-<strong>NMR</strong>-<strong>Spektrometrie</strong><br />

Das gesamte Spektrum wird gleichzeitig erhalten:<br />

Mehrere FID-Signale können summiert werden:<br />

weitergehend (nicht Inhalt der VL):<br />

Zeitgewinn!<br />

besseres Signal-Rausch-Verhältnis<br />

Gepulste <strong>NMR</strong> erlaubt mehrdimensionale Spektren: Korrelationen zwischen Signalen<br />

Mehrdimensionale Spektren (homo / heteronuklear): Strukturaufklärung von Biomolekülen


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Weitere Beispiele von 1 H-<strong>NMR</strong>-Spektren<br />

<strong>NMR</strong>-Spektrum der Propionsäure (Propansäure)<br />

Ganz rechts, im Nullpunkt der δ-Skala, das mit TMS bezeichnete Signal des Tetramethylsilans.<br />

Zur Zuordnung sind die Protonengruppen in der chemischen Formel und die entsprechenden<br />

Liniengruppen im Spektrum mit Buchstaben gekennzeichnet.<br />

<strong>NMR</strong>-Spektrum von Propionsäuremethylester


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<strong>NMR</strong>-Spektrum von Propionsäurechlorid<br />

(Warum ist die Gruppe (b) im Vergleich zur Propionsäure etwas nach links verschoben ?<br />

bewirkt durch Austausch von -OH gegen -Cl)<br />

<strong>NMR</strong>-Spektrum von Propionsäureanhydrid<br />

<strong>NMR</strong>-<strong>Spektrometrie</strong> in der Praxis:<br />

Große Tabellenwerke bzw. Datenbanken erleichtern die Zuordnung der Peaks.<br />

Ebenso sind verschiedene Computerprogramme auf dem Markt, die dieses Puzzlespiel automatisieren.<br />

Beides ersetzt jedoch nicht die Erfahrung des Analytikers!


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5.4 Grundlagen der Kernspin-Tomographie<br />

(ortsaufgelöste <strong>NMR</strong>)<br />

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Mit Hilfe eines inhomogenen Magnetfeldes erfolgt eine räumliche Zuordnung des <strong>NMR</strong>-Signals.<br />

Dem statischen Magnetfeld B 0 wird ein Gradientenfeld überlagert, das linear in x-Richtung zunimmt.<br />

B<br />

B B( x)<br />

B 0 x<br />

const.<br />

x<br />

x<br />

Die Präzessionsfrequenz bzw. die Resonanzfrequenz wird dann ortsabhängig.<br />

B<br />

L( x)<br />

( B0 x)<br />

x<br />

Links ist die Resonanzfrequenz niedriger<br />

als rechts.<br />

Es erfolgt eine räumliche Zuordnung<br />

des Signals über die Frequenz des Signals<br />

(Frequenzkodierung).<br />

Die Fouriertransformation (Frequenzanalyse)<br />

ergibt dann unmittelbar die Zuordnung der<br />

Frequenzskala auf die Ortsskala.<br />

Die Signalhöhe wird bestimmt durch die<br />

Zahl der Kernspins, die sich senkrecht zur<br />

Achse x befinden. Alle Signale aus dieser<br />

Senkrechten werden auf einen Punkt auf<br />

x-Achse projiziert.<br />

Man weiß deshalb nicht aus welcher “Tiefe“ das Signal kommt (das Signal ist eindimensional).<br />

Projektions-Rekonstruktions-Verfahren (zweidimensionales Signal)<br />

Um ein zweidimensionales Bild zu erhalten, misst man das Kernsignal über mindestens zwei<br />

Richtungen. Dazu wird das Gradientenfeld gedreht, so dass der Gradient z.B. in y-Richtung liegt.<br />

B<br />

L( y)<br />

( B0 y)<br />

y<br />

Die Signale der so erhaltenen Projektionen werden überlagert und zu einem Bild rekonstruiert. 4<br />

Phasenkodierung<br />

In modernen Kernspin-Tomographen wird mit Hilfe einer sog. Phasenkodierung des<br />

Kerninduktionssignals eine dreidimensionale Bildgebung erreicht. Dazu benutzt man Gradientenfelder<br />

in den drei Koordinatenrichtungen x, y und z .<br />

Die drei Gradientenfelder werden nacheinander kurz eingeschaltet und mit einem Hf-Impuls für jede<br />

Koordinate das richtungskodierte Kernresonanzsignal gemessen.<br />

4 Dieses sog. Projektions-Rekonstruktions-Verfahren wurde auch von der Röntgen-Computertomographie übernommen.


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Schema des Prinzips der Kernspin-Tomographie.<br />

Die Signale von vier Experimenten mit verschiedenen Feldgradienten-Richtungen (Pfeile) liefern vier<br />

verschiedene Projektionen der mit Wasser gefüllten Kapillaren. Diese spektralen Daten dienen zur<br />

Rekonstruktion einer zweidimensionalen Repräsentation.<br />

Zweidimensionales <strong>NMR</strong>-Bild, das mit der experimentellen Anordnung erhalten wurde.<br />

Zwei mit H 2 O gefüllte Kapillaren von 1 mm Durchmesser wurden in einer zylindrischen Messzelle<br />

von 4,2 mm Innendurchmesser, die als Medium eine Mischung von D 2 O und H 2 O enthielt, angebracht.


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Aufgabe <strong>NMR</strong> (AMX-System)*:<br />

Ordnen Sie die Protonensignale im Spektrum der Substanz zu.<br />

Geben Sie die chemische Verschiebung der Wasserstoffkerne in Hz an, wenn die Spektren mit einer<br />

100-MHz Anlage gemessen wurden (ein ppm ist dann genau 100 Hz).

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