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Da schau her 04/2013 - Universalmuseum Joanneum

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4 | <strong>2013</strong> 34. Jg. | Preis E 4,–<br />

DA SCHAU HER<br />

DIE KULTURZEITSCHRIFT AUS ÖSTERREICHS MITTE


INHALT<br />

Karl Glawischnig<br />

Katharina Krenn<br />

„Alles, was man mit ganzem Herzen<br />

tut, ist wert getan zu werden“.<br />

Volker Hänsel zum 70. Geburtstag<br />

Von Katharina Krenn<br />

Bergmännisches Wissen in der<br />

„Heydenischen Cronike“ des<br />

Marco Polo – eine mittelalterliche<br />

Handschrift aus dem 13. Jahrhundert<br />

in der Stiftsbibliothek Admont<br />

Von Hubert Preßlinger und<br />

Johann Tomaschek<br />

<strong>Da</strong>uerauftrag Johanneskapelle<br />

Pürgg<br />

Von Peter Schleic<strong>her</strong><br />

<strong>Da</strong>s Felsfundament der Johanneskapelle<br />

in Pürgg und seine Flora<br />

Von Harald Matz<br />

Friedrich Simony und der <strong>Da</strong>chstein.<br />

Zum 200. Geburtstag des<br />

Bergpioniers<br />

Von Gerhard W. Mandl<br />

Johann Noe Von der Null.<br />

Ein unbekannter Montanexperte<br />

im Dienste des Stiftes Admont<br />

Von Bertraud Hable<br />

Volkskulturpreisträger der Steiermark<br />

2010 – der Krippenverein<br />

Stein an der Enns stellt sich vor<br />

Von Adi Barazzutti und<br />

Gerald Gerhardter<br />

Impressum<br />

Eigentümer, Herausgeber und Verleger:<br />

Verein Schloss Trautenfels<br />

8951 Pürgg-Trautenfels 1<br />

Obmann: HR DI Karl Glawischnig,<br />

Rathausplatz 4, 8940 Liezen<br />

Schriftleitung: Wolfgang Otte,<br />

Schloss Trautenfels, <strong>Universalmuseum</strong> <strong>Joanneum</strong><br />

8951 Pürgg-Trautenfels 1<br />

Redaktionsteam:<br />

Katharina Krenn, Wolfgang Otte,<br />

Astrid Perner<br />

Bestellung und Vertrieb:<br />

trautenfels@museum-joanneum.at,<br />

Tel: 03682 22233, Fax: 03682 2223344<br />

Bankverbindung:<br />

Raiffeisenbank Gröbming,<br />

Bankstelle Trautenfels,<br />

Konto Nr.: 2.101.111, BLZ 38113<br />

Verlagsort: Trautenfels<br />

Hersteller: Medien Manufaktur Admont,<br />

JOST Druck- und Medientechnik,<br />

Döllac<strong>her</strong> Straße 17, 8940 Liezen<br />

Erscheinungstermin der 1. Ausgabe 2014:<br />

Februar 2014<br />

Redaktionsschluss: 20. Jänner 2014<br />

Titelseite:<br />

<strong>Da</strong>chstein mit Schöberl (Ausschnitt),<br />

Aquarell von Friedrich Simony, 1840<br />

Archiv der Geologischen Bundesanstalt<br />

Zu dem Beitrag auf den Seiten 16 bis 19<br />

3<br />

7<br />

11<br />

12<br />

16<br />

20<br />

23<br />

Sehr geehrte <strong>Da</strong>men<br />

und Herren!<br />

Vor wenigen Wochen feierte Dr. Volker<br />

Hänsel seinen 70. Geburtstag. Aus<br />

diesem Anlass ist es mir im Namen des<br />

Vereinsvorstandes ein besonderes Anliegen,<br />

dem Mitbegründer des „Vereins<br />

Schloss Trautenfels“ und der Zeitschrift<br />

„<strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>“ und zugleich langjährigem<br />

Geschäftsführer des Vereins die<br />

<strong>her</strong>zlichsten Glückwünsche zu übermitteln.<br />

Wie Sie auch dem nachfolgenden<br />

Beitrag von seiner Nachfolgerin als Leiterin<br />

von Schloss Trautenfels, <strong>Universalmuseum</strong><br />

<strong>Joanneum</strong>, Mag. Katharina<br />

Krenn, entnehmen können, zählten die<br />

Erhaltung von Schloss Trautenfels, die<br />

Realisierung der neuen Schausammlung<br />

des Landschaftsmuseums und<br />

die Positionierung des Schlosses als<br />

kulturelles Zentrum im Bezirk Liezen<br />

zu den Herzensanliegen des Jubilars.<br />

Vor allem seinen Bemühungen ist es<br />

zu verdanken, dass Schloss Trautenfels<br />

vor dem Verfall bewahrt wurde<br />

und jenen Stellenwert erlangte, den<br />

es heute besitzt.<br />

Ich freue mich auch, dass die letzte Ausgabe<br />

unserer Zeitschrift „<strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>“<br />

Die Verfasser:<br />

Mag. Katharina Krenn<br />

Schloss Trautenfels,<br />

<strong>Universalmuseum</strong> <strong>Joanneum</strong><br />

8951 Pürgg-Trautenfels, Trautenfels 1<br />

Univ.-Doz. Hon.-Prof. Univ.-Prof. DI<br />

Dr. mont. Hubert J. M. Preßlinger<br />

8784 Trieben, St. Lorenzen 45<br />

Dr. Johann Tomaschek, Archivar und<br />

Bibliothekar des Stiftes Admont<br />

8911 Admont, Garbenteichring 345<br />

Dechant Dr. Peter Schleic<strong>her</strong><br />

Röm.-kath. Pfarramt Stainach,<br />

8950 Stainach, Kirchengasse 230<br />

mit dem Beitrag des Stiftsarchivars und<br />

Bibliothekars Dr. Johann Tomaschek<br />

über die Wandmalereien der Johanneskapelle<br />

in Pürgg auf so großes Echo<br />

und breite Zustimmung gestoßen ist.<br />

Selten hatten wir so viele Reaktionen<br />

auf einen Beitrag wie diesmal. Gerne<br />

wollen wir auch weiterhin über die<br />

Johanneskapelle berichten und präsentieren<br />

in dieser Ausgabe Beiträge von<br />

Dechant Dr. Peter Schleic<strong>her</strong> über die<br />

bis<strong>her</strong>igen Renovierungsmaßnahmen<br />

und von OStR Mag. Harald Matz über<br />

die botanischen Besonderheiten rund<br />

um den Kapellenfelsen. Ich möchte<br />

Sie besonders auf die angeführte<br />

Möglichkeit hinweisen, mit Spenden<br />

die finanzielle Basis für die Renovierungsarbeiten<br />

zu unterstützen. Helfen<br />

Sie bitte mit, dieses kulturhistorische<br />

Kleinod und spirituelle Refugium den<br />

nachkommenden Generationen in der<br />

ganzen Schönheit zu bewahren.<br />

Ihr Karl Glawischnig<br />

Obmann<br />

Verein Schloss Trautenfels<br />

OStR Prof. Mag. Harald Matz<br />

8943 Aigen i. E., Hohenberg 61<br />

Bertraud Hable<br />

Hofrichterhaus, 8911 Admont,<br />

Obere Bachgasse Nr. 78<br />

Dr. Gerhard W. Mandl<br />

Geologische Bundesanstalt<br />

1030 Wien, Neulinggasse 38<br />

Adi Barazutti<br />

8965 Pruggern 122<br />

Gerald Gerhardter<br />

8961 Stein / Enns 152/1<br />

Gendergerechtes Schreiben erfordert Kompromisse: Alle in der Zeitschrift<br />

verwendeten Bezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen<br />

Form in gleic<strong>her</strong> Weise auf Frauen und Männer.<br />

„Alles, was man mit ganzem Herzen tut,<br />

ist wert getan zu werden“<br />

Volker Hänsel zum 70. Geburtstag<br />

Der langjährige Leiter der Abteilung<br />

Schloss Trautenfels am <strong>Universalmuseum</strong><br />

<strong>Joanneum</strong> feierte am 21. Oktober<br />

<strong>2013</strong> seinen 70. Geburtstag. Er war es,<br />

der 1983 den Verein Schloss Trautenfels<br />

und die Zeitschrift „<strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>“<br />

wesentlich mitbegründete und nicht<br />

zuletzt für die Renovierung von Schloss<br />

Trautenfels kämpfte, um dieses vor dem<br />

Verfall zu retten und umfassende Sanierungsarbeiten<br />

einzuleiten.<br />

Von Graz über Klagenfurt<br />

nach Schloss Trautenfels<br />

Volker Hänsel wurde am 21. Oktober<br />

1943 als Sohn von Ernestine Hänsel in<br />

Graz geboren und bekam mit der Verehelichung<br />

seiner Mutter mit Dr. Volkmar<br />

Hänsel ebenfalls deren neuen Familiennamen.<br />

Die Volksschule besuchte er<br />

in Anzing bei München und in Graz. <strong>Da</strong>s<br />

2. Bundesgymnasium in Graz schloss er<br />

am 14. Juni 1962 mit der Reifeprüfung<br />

ab. Ab dem Wintersemester 1962/1963<br />

inskribierte er an der Philosophischen<br />

Fakultät der Karl-Franzenes-Universität<br />

Graz die Fäc<strong>her</strong> Mathematik und Physik.<br />

In den folgenden Semestern besuchte er<br />

Vorlesungen in Psychologie, Pädagogik,<br />

Philosophie, Volkskunde, Ethnologie,<br />

Süd-Ost-Forschung und Geschichte<br />

1 Karl Haiding (1906–1985), Leiter der Abteilung Landschaftsmuseum<br />

Schloss Trautenfels von 1955 bis 1975. Der Volkskundler war in<br />

der NS-Zeit in ho<strong>her</strong> Funktion im Amt Rosenberg tätig. Vgl. Ursula<br />

Mindler, „… obwohl ich überhaupt keine Zugeständnisse gemacht<br />

bei den Professoren Weinhandl, Silva-<br />

Tarouca, Radakovic, Freundlich, Koren,<br />

Moser, Closs, Matl, Posch und Wiesflecker.<br />

Ab dem Sommersemester 1964<br />

inskribierte er Volkskunde als Hauptfach<br />

und Ethnologie als Nebenfach. Seine<br />

Dissertation mit dem Titel „Die Handweberei<br />

in der Steiermark“ wurde von Dr.<br />

Hanns Koren betreut. Am 12. Februar<br />

1969 promovierte Volker Hänsel zum<br />

Doktor der Philosophie.<br />

Während seiner Studienzeit sammelte er<br />

erste Berufserfahrungen bei der Neuaufstellung<br />

der volkskundlichen Sammlung<br />

im Stift St. Lamprecht unter der Leitung<br />

von Frau Dr. Elfriede Grabner, verfasste<br />

wissenschaftliche Beiträge zu den steirischen<br />

Landesausstellungen 1966 („Der<br />

steirische Bauer. Leistung und Schicksal<br />

von der Steinzeit bis zur Gegenwart“)<br />

und 1970 („<strong>Da</strong>s steirische Handwerk.<br />

Meisterschaft als Träger der Kultur und<br />

der Wirtschaft des Landes“) aus dem<br />

Themenkreis seiner Dissertation. Von<br />

1966 bis 1968 arbeitete er als Praktikant<br />

im Kärntner Freilichtmuseum Maria Saal<br />

– die Anstellung erfolgte über den Verein<br />

der „Freunde des Kärntner Freilichtmuseums“<br />

– in enger Zusammenarbeit mit<br />

Univ. Prof. Dr. Oskar Moser.<br />

Volker Hänsel im Jagdzimmer des Grafen Lamberg | Foto: K. Krenn<br />

Vom 1. Oktober 1969 bis 27. März 1970<br />

leistete er den ordentlichen Präsenzdienst<br />

beim Tel.Baon.II. in Klagenfurt.<br />

Am 9. Februar 1969 heiratete Volker<br />

Hänsel die aus Irdning stammende Reinhilde<br />

Hofer. Ihre gemeinsamen Kinder<br />

Martin (18. 11. 1969), Andreas (10. 11.<br />

1970), Volker (02. 03. 1973), Sebastian<br />

(21. 01. 1976), Katharina (18. 05. 1979)<br />

und Ursula (31. 08. 1981) waren und<br />

sind ihm stets eine große Freude und<br />

Inspiration.<br />

Mit 1. April 1970 wurde Volker Hänsel als<br />

Kustos für Sachvolkskunde am Kärntner<br />

Landesmuseum in den Landesdienst<br />

bestellt und war vorwiegend mit dem<br />

Aufbau des Freilichtmuseums in Maria<br />

Saal befasst.<br />

Schloss Trautenfels als neue<br />

Herausforderung oder:<br />

„Du mein Schloss Trautenfels“<br />

Ab 1. Mai 1973 begann seine Tätigkeit<br />

im wissenschaftlichen Dienst als Vertragsbediensteter<br />

im Steiermärkischen<br />

Landesmuseum <strong>Joanneum</strong>, Landschaftsmuseum<br />

Schloss Trautenfels. Am 1.<br />

Mai 1975 wurde er als Nachfolger von<br />

Dr. Karl Haiding 1 mit der Leitung der<br />

Abteilung betraut.<br />

habe und meine gesamtdeutsche Einstellung den Fachkollegen<br />

durchaus bekannt ist …“ Anmerkungen zu Karl Haiding (1906–1985).<br />

In: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde, NS Band LXIV, Heft<br />

2/2010, S. 179–202.<br />

2<br />

3


Einrichtung der Sonderausstellung „Spiel<br />

und Spielzeug aus aller Welt“, April 1977<br />

Eröffnung der Sonderausstellung „Steirisches Salz“, 5.6.1975 | Foto A. Rastl | Foto Archiv Schloss Trautenfels UMJ<br />

Sonderausstellung „Vom Leben auf der Alm“, 1989 | Foto W. Otte Abbau des Baugerüstes im kleinen Lichthof, 21.2.1992 | Foto W. Otte<br />

Mit besonders großem Einsatz erweiterte<br />

er die Sammlung unter Verfolgung<br />

moderner Strategien in den bestehenden<br />

Themenbereichen und begann sehr<br />

früh mit dem Sammeln von Objekten<br />

zur Alltagskultur des 20. Jahrhunderts.<br />

Durch die Aufbereitung spezieller Themen<br />

zu Sonderausstellungen verstand<br />

er es vorzüglich, die Forschungs-, Dokumentations-<br />

und Sammeltätigkeit<br />

zu forcieren. Sein besonderes Engagement<br />

galt aber der Renovierung von<br />

Schloss Trautenfels und seiner Tätigkeit<br />

als Geschäftsführer des Vereins Schloss<br />

Trautenfels. Durch die Renovierung des<br />

Schlosses und die enge Kooperation mit<br />

dem Verein Schloss Trautenfels erhielt<br />

das Museum mit zahlreichen, sehr gut<br />

besuchten Sonderausstellungen einen<br />

angemessenen Stellenwert auf regionaler,<br />

nationaler und internationaler<br />

Ebene.<br />

Zahlreiche Dokumentationen, Forschungsarbeiten<br />

und Nachlässe wurden<br />

dem Museum übertragen. Wertvolles<br />

Material zu den Themen Almwirtschaft,<br />

Bauen, Salinenwesen, Volksmusik und<br />

Brauchtum im Bezirk Liezen hat unter<br />

anderem Ing. Franz Stadler mit der Übergabe<br />

der „Sammlung Steirisches Salz“<br />

beigetragen. Durch den unermüdlichen<br />

Arbeitseinsatz und das Engagement<br />

von Dr. Volker Hänsel entwickelte sich<br />

Schloss Trautenfels mit dem Landschaftsmuseum<br />

zu einem überregional<br />

bedeutenden Kulturzentrum im Bezirk<br />

Liezen.<br />

<strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>! –<br />

Ein „<strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>“<br />

Mit der Gründung des neuen Arbeitskreises<br />

für Heimatpflege im Jahr 1980,<br />

als dessen Mitbegründer Volker Hänsel<br />

mit dem Obmann DI Titus Gruber fungierte,<br />

konnten die ersten Publikationen<br />

<strong>her</strong>ausgegeben werden. Im April 1980<br />

erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift<br />

„<strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>. Beiträge aus dem<br />

Kulturleben des Bezirkes Liezen“. Der<br />

kreative Name der Zeitschrift wurde<br />

von den Initiatorinnen und Initiatoren<br />

mit dem „Fühlen und dem Erleben der<br />

Zeit“ in Verbindung gebracht. Über 27<br />

Jahre arbeitete Volker Hänsel aktiv<br />

im Redaktionsteam dieser Zeitschrift<br />

mit Prof. Walter Stipperger und Heinz<br />

Lumpe, um nur einige der langjährigen<br />

Mitarbeiter zu nennen. 2<br />

Renovierung<br />

von Schloss Trautenfels<br />

„Ende 1983 konnte die Gemeinde Pürgg-<br />

Trautenfels mit Unterstützung des Landes<br />

das Schloss erwerben. Auf Initiative von<br />

Dr. Volker Hänsel wurde im Jahr 1982<br />

ein ,Kuratorium zur Rettung von Schloss<br />

Trautenfels‘ gebildet. Am 19. Dezember<br />

1983 konstituierte sich dann der ,Verein<br />

Schloss Trautenfels‘, der alle materiellen<br />

und personellen Hilfsleistungen<br />

koordinieren sollte. Dieser pachtete das<br />

Schloss von der Gemeinde und organisierte<br />

dann in jahrelanger engagierter<br />

Arbeit bis 1992 die gesamte Außen- und<br />

Innenrenovierung mit einem finanziellen<br />

Gesamtvolumen von ca. drei Millionen<br />

Euro! Obmann der ersten Stunde war HR<br />

Dr. Manfred Meier, Geschäftsführer Dr.<br />

Volker Hänsel.“ 3<br />

Im Jahr 1985 wurde Volker Hänsel zum<br />

Korrespondenten der Historischen Landeskommission<br />

für Steiermark ernannt.<br />

In dieser Funktion ist er nach wie vor<br />

tätig.<br />

Die Betreuung von Heimatmuseen in der<br />

Region des Bezirkes Liezen gehörte über<br />

viele Jahre zu seinen Aufgaben als Leiter<br />

des Museums im Schloss Trautenfels.<br />

Zahlreiche Funktionen in öffentlichen<br />

Institutionen, wie z. B. die Tätigkeit als<br />

Kassier im Österreichischen Fachverband<br />

für Volkskunde, erweiterten sein<br />

Netzwerk.<br />

Unter der Schriftleitung von Dr. Volker<br />

Hänsel wurden zahlreiche Publikationen<br />

<strong>her</strong>ausgegeben, anfänglich über den<br />

Der Chef als Eisverkäufer, Schlossfest, 7.9.1985<br />

| Foto Archiv Schloss Trautenfels UMJ<br />

„Arbeitskreis für Heimatpflege“, später<br />

über den Verein Schloss Trautenfels<br />

– Stick- und Strickmusterhefte, Ausstellungskataloge,<br />

Festschriften und<br />

Fachpublikationen. Der Erlös aus dem<br />

Verkauf dieser Publikationen wurde für<br />

die Renovierung von Schloss Trautenfels<br />

verwendet.<br />

Sonderausstellungen 4<br />

Mit Kreativität und Weitblick erarbeitete<br />

Volker Hänsel mit unterschiedlichen<br />

Projektteams Konzepte für Sonderausstellungen<br />

und organisierte Fachveranstaltungen.<br />

Sein Dienstgeber, das Land<br />

Steiermark mit dem Landesmuseum<br />

<strong>Joanneum</strong>, brachte dem Leiter der<br />

„Außenstelle“ im Ennstal großes Vertrauen<br />

entgegen. So koordinierte er die<br />

Sonderausstellungen, finanzierte diese<br />

über den Verein Schloss Trautenfels,<br />

erwirtschaftete Einnahmen und erfuhr<br />

gleichzeitig eine sehr hohe Akzeptanz<br />

in der Museumswelt, unter seinen Fachkolleginnen<br />

und -kollegen, sowie bei<br />

den Menschen in der Region.<br />

Landschaftsmuseum NEU –<br />

„Volkers Projektgruppe“<br />

Nach der Landesausstellung 1992<br />

mit dem Titel „Lust und Leid. Barocke<br />

Kunst, barocker Alltag“ wurde intensiv<br />

mit der Planung für das neue Landschaftsmuseum<br />

begonnen. Im Jahre<br />

1994 konnte unter günstigen finanziellen<br />

Voraussetzungen die Neuaufstellung<br />

der Schausammlung für das Landschaftsmuseum<br />

Schloss Trautenfels in<br />

Form eines Pilotprojektes des <strong>Joanneum</strong>s<br />

gestartet werden. Eine Gruppe<br />

von Fachleuten wurde ausgewählt,<br />

die Gestalter Knut Lohrer und Uwe<br />

Brückner, die Sieger des ausgeschriebenen<br />

Wettbewerbes, vervollständigten<br />

ab 1995 die Projektgruppe unter der<br />

Leitung von Dr. Volker Hänsel. 5<br />

Wenn man Volker Hänsel nach den<br />

Höhepunkten seines Arbeitslebens<br />

befragt, nennt er neben der Aufbereitung<br />

zahlreic<strong>her</strong> Sonderausstellungen<br />

und der Generalsanierung von Schloss<br />

Trautenfels die Neukonzeption des<br />

Landschaftsmuseums in den Jahren<br />

1994 bis 1998. Seine Idee und sein<br />

Wunsch für das neue Landschaftsmuseum<br />

war es, eine Form der <strong>Da</strong>rstellung<br />

zu finden, in der Objekte aus Kultur<br />

und Natur kombiniert sind und die<br />

Themenbereiche eine vielschichtige,<br />

interdisziplinäre Aufbereitung erfahren.<br />

In Zusammenarbeit mit Thomas<br />

Brune und Wolfgang Otte wurde in<br />

zahlreichen Gesprächen und Diskussionen<br />

ein Konzept dazu entwickelt. <strong>Da</strong>s<br />

zentrale Thema bestand und besteht<br />

darin, die Vielfalt und das Typische<br />

der Natur- und Kulturgeschichte des<br />

Bezirkes Liezen in Impressionen zu<br />

vermitteln.<br />

Ganz persönlich reflektiert er über<br />

seine Tätigkeit als Museumsleiter im<br />

Ennstal: „Als besondere Wertschätzung<br />

empfand ich die Kontakte mit den Menschen<br />

in der Region, ihr Interesse für<br />

Kultur, Natur, Geschichte und Kunst<br />

sowie ihre Aufgeschlossenheit und die<br />

Bereitschaft, gemeinsam Projekte umzusetzen.“<br />

Eng verbunden<br />

mit Schloss Trautenfels<br />

Wir kennen Volker Hänsel als einen<br />

stets bescheidenen Mann, der sich nie<br />

selbst in den Vordergrund stellte, als<br />

einen fleißigen, zurückhaltenden, kreativen<br />

und lustigen Menschen, der seine<br />

Ideen für alle wahrnehmbar und greifbar<br />

in den Raum stellte. Seine Herzlichkeit<br />

und Großzügigkeit zeichnen ihn<br />

aus, wenn er wie selbstverständlich<br />

zurücktritt, wenn seine Projektideen<br />

Umsetzung und Wertschätzung erfahren.<br />

Besonderer <strong>Da</strong>nk gebührt ihm für<br />

all seine kreative Arbeit im Hintergrund,<br />

die bis jetzt „anonym“ geblieben ist<br />

oder gar „fremdsigniert“ wurde.<br />

Schloss Trautenfels ist seit 1973 sein<br />

Platz, an dem er in verschiedenen Funktionen<br />

wirkte und wirkt. Im Jänner 2006<br />

trat er als Museumsleiter in den wohlverdienten<br />

Ruhestand. Mehrere Jahre<br />

war er im Unterausschuss Volkskultur<br />

des Landeskulturbeirates tätig.<br />

Aktuell bearbeitet Volker Hänsel die<br />

Sammlung „Steirisches Salz“ und ist<br />

somit weiterhin ein wichtiger Teil von<br />

Schloss, Museum und Verein Schloss<br />

Trautenfels.<br />

Zu seinem 70. Geburtstag wünschen<br />

wir viel Gesundheit und Freude, vor<br />

allem aber noch viel Schaffenskraft, um<br />

die geplanten, zukünftigen Vorhaben<br />

realisieren zu können.<br />

2 <strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>. Beiträge aus dem Kulturleben des Bezirkes Liezen<br />

1/1980, S. 1–2.<br />

3 Wolfgang Otte, Vom „Verein zur Erhaltung von Schloss Trautenfels“<br />

zum Kulturverein. In: <strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>. Die Kulturzeitschrift aus Österreichs<br />

Mitte 4/2007, S. 8–11, hier S. 9.<br />

4 Liste der Ausstellungen auf Seite 6, zusammengestellt von W. Otte<br />

und I. Schranz.<br />

5 Katharina Krenn, „… im Leben stehend mit dem Leben weiterwachsen<br />

…“ <strong>Da</strong>s Landschaftsmuseum in Schloss Trautenfels. Vom Heimatmuseum<br />

zu einem Museum in einer Heimat mit Zukunft. In: <strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>. Die<br />

Kulturzeitschrift aus Österreichs Mitte 4/2007, S. 3–7, hier S. 5.<br />

4<br />

5


Dr. Volker Hänsel: 61 Ausstellungen mit einer Gesamtbesuc<strong>her</strong>zahl<br />

von 2,035.148 im Schloss Trautenfels (1975 bis 2005)<br />

Hubert PreSSlinger und Johann Tomaschek<br />

Steirisc<strong>her</strong> Lebenslauf: Geburt - Tod -<br />

Hochzeit (mit Volkskundemuseum Graz),<br />

01.03.-25.05.1975, 3.702 Besuc<strong>her</strong><br />

Steirisches Salz, 06.06.-31.10.1975,<br />

14.402 Besuc<strong>her</strong><br />

Greifvögel (mit der Abteilung für Zoologie),<br />

01.03.-31.10.1976, 22.550 Besuc<strong>her</strong><br />

Altes Zinn (mit der Abteilung für Kunstgewerbe),<br />

11.09.-31.10.1976, 12.<strong>04</strong>.-31.10.1977,<br />

19.03.-27.05.1978, 32.932 Besuc<strong>her</strong><br />

Spiel und Spielzeug aus aller Welt (mit dem<br />

Museum für Völkerkunde, Wien), 12.<strong>04</strong>.-<br />

31.10.1977, 25.192 Besuc<strong>her</strong><br />

Die steirische Landwehr - einst und heute<br />

(mit dem Zeughaus und dem Militärkommando<br />

Steiermark), 01.<strong>04</strong>.-18.06.1978,<br />

5.238 Besuc<strong>her</strong><br />

Die kleine Welt des Bilderbogens (mit<br />

dem Historischen Museum der Stadt Wien),<br />

24.06.-21.10.1978, 15.485 Besuc<strong>her</strong><br />

Alte Bauernmöbel - Volkstümliche Möbel<br />

aus dem Bezirk Liezen, 07.<strong>04</strong>.-21.11.1979,<br />

33.444 Besuc<strong>her</strong><br />

Vor mehr als 1000 Jahren - Aus der Vergangenheit<br />

unserer Heimat (mit der Abteilung<br />

für Vor- u. Frühgeschichte), 29.03.-<br />

31.12.1980, 01.01.-30.11.1981,<br />

67.425 Besuc<strong>her</strong><br />

Heimische Eulen (mit der Abteilung für Zoologie),<br />

17.05.-31.12.1980, 01.01.-31.12.1981,<br />

01.01.-31.10.1982, 26.03.-31.10.1983, 30.03.-<br />

31.10.1984, 30.03.-31.10.1985,<br />

143.162 Besuc<strong>her</strong><br />

Volkstümliche Strickmuster, 26.12.-<br />

31.12.1980, 01.01.-15.02.1981, 01.<strong>04</strong>.-<br />

16.08.1981, 22.290 Besuc<strong>her</strong><br />

Bauernhäuser überleben (mit dem Verein<br />

für Heimatschutz und Heimatpflege), 03.<strong>04</strong>.-<br />

03.06.1981, 4.266 Besuc<strong>her</strong><br />

800 Jahre Land Steiermark, 01.<strong>04</strong>.-<br />

16.08.1981, 01.01.-31.10.1982,<br />

42.602 Besuc<strong>her</strong><br />

Fossilien in der Steiermark - 500 Millionen<br />

Jahre Erdgeschichte (mit der Abteilung für<br />

Geologie), 06.06.-16.08.1981,<br />

14.975 Besuc<strong>her</strong><br />

Evangelisch in der Steiermark: Glaubenskampf-Toleranz-Brüderlichkeit<br />

(mit dem<br />

Kulturreferat der Landesregierung, dem<br />

Landesarchiv u. dem LMJ), 25.08.-31.10.1981,<br />

9.601 Besuc<strong>her</strong><br />

Alte Weihnachtskrippen aus der Obersteiermark,<br />

19.12.-31.12.1981, 01.01.-21.02.1982,<br />

3.679 Besuc<strong>her</strong><br />

Alte Kunst im Bezirk Liezen, 01.07.-<br />

31.10.1982, 26.03.-31.10.1983,<br />

34.495 Besuc<strong>her</strong><br />

Alte Bauernmöbel aus dem Bezirk Liezen,<br />

16.07.-02.10.1983, 2.831 Besuc<strong>her</strong><br />

Peter Rosegger (mit dem Kulturreferat<br />

der Steiermärkischen Landesregierung u.<br />

der Landesbibliothek), 17.09.-31.10.1983,<br />

4.454 Besuc<strong>her</strong><br />

Orchideen<strong>schau</strong>, 30.03.-20.05.1984, 01.05.-<br />

30.06.1985, 22.03.-31.05.1986,<br />

26.692 Besuc<strong>her</strong><br />

Heimische Orchideen - Verbreitung und<br />

Gefährung in der Steiermark (mit dem<br />

Institut für Umweltwissenschaften und Naturschutz<br />

der Österreichischen Akademie für<br />

Wissenschaften Graz u. der Abteilung für Botanik),<br />

31.03.-31.10.1984, 01.05.-31.10.1985,<br />

22.03.-31.10.1986, 103.163 Besuc<strong>her</strong><br />

Alte Stickereien aus steirischen Sammlungen<br />

(mit der Abteilung für Kunstgewerbe),<br />

31.03.-31.10.1984, 30.03.-31.10.1985,<br />

64.225 Besuc<strong>her</strong><br />

Volksmusik im Bezirk Liezen (mit Hochschule<br />

f. Musik u. <strong>Da</strong>rstellende Kunst u. dem<br />

Institut f. Musikethnologie, Graz), 21.05.-<br />

31.10.1984, 25.675 Besuc<strong>her</strong><br />

Herbert Müller - Malerei und Graphik,<br />

30.03.-01.09.1985, 23.018 Besuc<strong>her</strong><br />

Paula Grogger, 30.03.-31.10.1985,<br />

29.556 Besuc<strong>her</strong><br />

Bunte Insektenwelt (mit der Abteilung<br />

für Zoologie), 07.09.-31.10.1985, 22.03.-<br />

31.08.1986, 38.622 Besuc<strong>her</strong><br />

Schmuck aus aller Welt (mit dem Museum<br />

für Völkerkunde, Wien und Abteilungen des<br />

LMJ), 22.03.-31.12.1986, 01.01.-31.05.1987,<br />

51.921 Besuc<strong>her</strong><br />

175 Jahre Landesmuseum <strong>Joanneum</strong> (LMJ),<br />

06.09.-31.10.1986, 9.451 Besuc<strong>her</strong><br />

<strong>Da</strong>s bunte Gefieder unserer heimischen<br />

Vögel, 01.<strong>04</strong>.-31.10.1987, 45.413 Besuc<strong>her</strong><br />

Franz Weiß - Malerei und Graphik, 05.<strong>04</strong>.-<br />

17.05.1987, 4.734 Besuc<strong>her</strong><br />

Gernot Schreyer - Plastik und Malerei,<br />

23.05.-12.07.1987, 6.706 Besuc<strong>her</strong><br />

350 Milionen Jahre Wald (mit dem Staatlichen<br />

Museum Dresden, Naturhist. Museum<br />

Wien u. d. Abteilung f. Geologie), 28.05.-<br />

<strong>04</strong>.09.1987, 26.622 Besuc<strong>her</strong><br />

Vom Leben auf der Alm, 03.07.-31.10.1987,<br />

26.03.-31.10.1988, 18.03.-31.10.1989,<br />

112.970 Besuc<strong>her</strong><br />

Handarbeiten im Bezirk Liezen - Anregungen<br />

zur Freizeitgestaltung, 12.09.-<br />

31.10.1987, 10.406 Besuc<strong>her</strong><br />

Alpenblumen im Bezirk Liezen (mit der<br />

Abteilung für Botanik), 26.03.-31.10.1988,<br />

18.03.-31.10.1989, 28.<strong>04</strong>.-30.09.1990,<br />

102.<strong>04</strong>7 Besuc<strong>her</strong><br />

August Plocek - Malerei und Graphik,<br />

26.03.-29.05.1988, 5.010 Besuc<strong>her</strong><br />

Vom Licht der Lagune - Handbedruckte<br />

Stoffe von Norelene, 01.06.-17.07.1988,<br />

12.441 Besuc<strong>her</strong><br />

Brauchtum und Masken in der Obersteiermark<br />

(mit dem Verein Schloss Trautenfels),<br />

29.07.-31.10.1988, 18.03.-15.05.1989,<br />

27.434 Besuc<strong>her</strong><br />

Bajuwaren und Slawen - Die Anfänge des<br />

Landes Steiermark (mit der Abteilung für<br />

Vor- und Frühgeschichte), 29.07.-31.10.1988,<br />

18.03.-31.10.1989, 28.<strong>04</strong>.-30.09.1990,<br />

82.531 Besuc<strong>her</strong><br />

Alpine Quarze (mit Naturhistorisches Museum<br />

Wien, Abt. f. Mineralogie, Heimatmuseum<br />

Bramberg, Sbg.), 25.05.-31.10.1989,<br />

31.938 Besuc<strong>her</strong><br />

Alte Keramik aus der Steiermark, 28.<strong>04</strong>.-<br />

30.09.1990, 30.06.-30.09.1991,<br />

35.363 Besuc<strong>her</strong><br />

Ziegel - Baustein seit Jahrtausenden (mit<br />

dem Verein Schloss Trautenfels), 30.05.-<br />

30.09.1990, 30.06.-30.09.1991,<br />

33.217 Besuc<strong>her</strong><br />

Alpenländische Zierkeramik - Made in Liezen<br />

(mit dem Verein Schloss Trautenfels),<br />

09.06.-30.09.1990, 30.06.-30.09.1991,<br />

32.169 Besuc<strong>her</strong><br />

Berta Pfister-Lex – Hinterglasgraphiken,<br />

30.06.-28.07.1991, 5.344 Besuc<strong>her</strong><br />

Antonia Brandlmayer – Photographien,<br />

01.08.-30.09.1991, 7.447 Besuc<strong>her</strong><br />

Von der Kunst eine Nadel zu führen (Handarbeitsrunde<br />

Schloß Trautenfels), 01.05.-<br />

26.10.1992, 100.000 Besuc<strong>her</strong><br />

Ein Blick ins Ausseer Land - Aus Albert<br />

Rastls Fotoalbum, 15.05.-31.10.1993,<br />

61.166 Besuc<strong>her</strong><br />

Die Zwerge kommen, 15.05.-31.10.1993,<br />

30.03.-31.10.1994, 1<strong>04</strong>.813 Besuc<strong>her</strong><br />

Mineralschätze der Steiermark - Verborgenes<br />

aus privaten u. öffentlichen Sammlungen<br />

(mit der Abteilung für Mineralogie),<br />

30.03.-31.10.1994, 43.589 Besuc<strong>her</strong><br />

Naturraum Ennstal, 17.06.-31.10.1994,<br />

31.021 Besuc<strong>her</strong><br />

<strong>Da</strong>s ganze Land ein blühender Garten<br />

- Meisterwerke der Malerei des 19. Jahrhunderts<br />

(mit dem Referat Neue Galerie),<br />

25.05.-29.09.1996, 14.034 Besuc<strong>her</strong><br />

Sehnsucht Glück - Meisterwerke der<br />

Malerei des 19. Jahrhunderts (mit dem<br />

Referat Neue Galerie), 01.05.-28.09.1997,<br />

01.05.-31.10.1998, 27.03.-31.10.1999,<br />

15.<strong>04</strong>.-31.10.2000, 55.859 Besuc<strong>her</strong><br />

w.w.w. wild wald wunder - von Bäumen,<br />

Totholz und fliegenden Förstern, 15.<strong>04</strong>.-<br />

31.10.2000, 07.<strong>04</strong>-31.10.2001,<br />

35.577 Besuc<strong>her</strong><br />

Malerei zwischen Architektur und Idylle -<br />

Josef von Arbesser zum 150. Geburtstag<br />

(mit dem Referat Neue Galerie), 15.<strong>04</strong>.-<br />

31.10.2000, 17.340 Besuc<strong>her</strong><br />

Textile Schätze - mit Liebe gestaltet,<br />

07.<strong>04</strong>.-01.05.2001, 2.215 Besuc<strong>her</strong><br />

Quo vadis, fun-tastisc<strong>her</strong> <strong>Da</strong>chstein?,<br />

07.<strong>04</strong>.-01.05.2001, 2.215 Besuc<strong>her</strong><br />

Wie es frü<strong>her</strong> war in Pürgg-Trautenfels<br />

- Die Gemeinde in alten Ansichten, 11.05.-<br />

24.06.2001, 4.922 Besuc<strong>her</strong><br />

Steinerne Welten - zur Kugel geschliffen<br />

(mit der Abteilung für Mineralogie), 06.07.-<br />

31.10.2001, 11.100 Besuc<strong>her</strong><br />

Der Drache. Eine Legende erwacht (mit<br />

dem Österreichischen Museum für Volkskunde,<br />

Wien), 22.03.-31.10.2002,<br />

39.422 Besuc<strong>her</strong><br />

Kopfreisen. Jules Verne, Karl May und<br />

andere Grenzgänger in der Kunst, 12.<strong>04</strong>.-<br />

31.10.2003, 11.349 Besuc<strong>her</strong><br />

Auf der Alm..., 03.<strong>04</strong>.-31.10.20<strong>04</strong>, 19.03.-<br />

31.10.2005, 43.686 Besuc<strong>her</strong><br />

Die Karawane Marco Polos am Weg nach Indien. Aus: Abraham Cresques, Atlas catalan, 1375<br />

Bergmännisches Wissen in<br />

der „Heydenischen Cronike“<br />

des Marco Polo<br />

– eine mittelalterliche Handschrift<br />

aus dem 14. Jahrhundert in der<br />

Stiftsbibliothek Admont<br />

Von den Autoren in <strong>her</strong>zlic<strong>her</strong> Verbundenheit Herrn Dr. Volker Hänsel<br />

zu seinem 70. Geburtstag gewidmet.<br />

1 Möller, Lenelotte; Vogel, Manuel: Die Naturgeschichte des Caius<br />

Plinius Secundus. – Marixverlag, Wiesbaden 2007.<br />

2 Cod. Admont 277+278 und Cod. Admont 700.<br />

3 Preßlinger, Hubert; Tomaschek, Johann: <strong>Da</strong>s frühmittelalterliche<br />

Wissen des Isidor von Sevilla über das Eisen und den Stahl – ein<br />

Blick in die Etymologiae des Isidor von Sevilla und in das Glossarium<br />

Salomonis. – <strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong> 32 (2011), Heft 2; S. 15 – 21.<br />

4 Bremer, Ernst; Artikel „Polo, Marco“, in: Die Deutsche Literatur des<br />

Mittelalters. Verfasserlexikon, Band 7, Berlin 1989, Sp. 771 – 775;<br />

speziell zur Überlieferung und zu den Übersetzungen Sp. 773f.<br />

Als Montanhistoriker ist man auf frühe<br />

Schriften über den Bergbau angewiesen.<br />

Aufzeichnungen über Bergbau findet<br />

man u. a. bei Plinius 1 und bei Isidor<br />

von Sevilla 2,3 . <strong>Da</strong>ss es auch im mittelalterlichen<br />

Reisebericht des Marco Polo<br />

unzählige Hinweise über Bergbau und<br />

die Verarbeitung der bergmännisch gewonnenen<br />

Rohstoffe gibt, ist wenigen<br />

Lesern bekannt. Der glückliche Zufall,<br />

dass in der Bibliothek im Stift Admont<br />

eine mittelalterliche Übersetzung der<br />

Reisebeschreibung des Marco Polo<br />

vor handen ist, erleichtert das Studium<br />

des mittelalterlichen Wissens über den<br />

Bergbau im fernen Asien.<br />

Die mitteldeutsche Übersetzung von Marco<br />

Polos Reisebeschreibung – Admonter Handschrift<br />

Cod. 5<strong>04</strong><br />

Der aus dem 14. Jahrhundert stammende<br />

Cod. 5<strong>04</strong> in der Stiftsbibliothek<br />

Admont enthält die älteste deutschsprachige<br />

Übersetzung der Reisebeschreibung<br />

des Marco Polo und stellt<br />

zugleich die einzige handschriftliche<br />

Überlieferung der mitteldeutschen (im<br />

sächsisch-thüringischen Raum entstandenen)<br />

Version dar 4,5,6 .<br />

Wann und wie der auf Pergament geschriebene<br />

und 59 Blätter umfassende<br />

Kodex nach Admont kam, ist bis<strong>her</strong><br />

nicht geklärt; er ist hier erst seit dem<br />

frühen 18. Jahrhundert sic<strong>her</strong> nachweisbar.<br />

Er war ursprünglich mit zwei<br />

anderen, ebenfalls mitteldeutschen Texten<br />

in einem Band vereinigt; die drei<br />

Teile der Handschrift wurden 1957 im<br />

Zuge einer Restaurierung getrennt und<br />

separat gebunden.<br />

Die Vorlage für die im Admonter Cod.<br />

5<strong>04</strong> überlieferte mitteldeutsche Übersetzung,<br />

die mit dem Titel „Dy heydenische<br />

Cronike“ versehen wurde,<br />

bildete eine lateinische Bearbeitung der<br />

venezianischen Version („Il Milione“);<br />

bei dieser handelt es sich ihrerseits<br />

um die italienische Übersetzung des<br />

ursprünglich in französisc<strong>her</strong> Sprache<br />

abgefassten Textes, der den Titel „Divisament<br />

du monde“ trug.<br />

5 Der mitteldeutsche Text von Cod. Admont 5<strong>04</strong> liegt bereits in einer<br />

philologisch-textkritischen Druckausgabe vor: Ed(uard) Horst von<br />

Tscharner: Der mitteldeutsche Marco Polo nach der Admonter<br />

Handschrift, Berlin 1935.<br />

6 Einen weitgehend unveränderten, allerdings mit einer Zählung der<br />

Kapitel (von I bis CXVI) versehenen Abdruck dieser Edition bietet:<br />

Steidl, Nicole: Marco Polos „Heydnische Chronik“. Die mitteldeutsche<br />

Bearbeitung des „Divisament dou monde“ nach der Admonter<br />

Handschrift Cod. 5<strong>04</strong>, Aachen 2010, S. 305 – 382.<br />

6<br />

7


Marco Polo, Nürnberg 1477 | Aus: Marco Polo,<br />

Von Venedig nach China, 1271 - 1292<br />

Reiseroute Marco Polos | Aus: Marco Polo,<br />

Von Venedig nach China, 1271 - 1292<br />

Auf derselben lateinischen Bearbeitung<br />

beruht auch eine jüngere oberdeutsche<br />

(wohl in Bayern entstandene) Übersetzung,<br />

die in zwei Inkunabel-Drucken<br />

aus den Jahren 1477 und 1481 sowie<br />

in einigen davon angefertigten frühen<br />

Abschriften überliefert ist.<br />

Lebenslauf von Marco Polo<br />

Marco Polo, geboren um 1254 in Venedig,<br />

begleitete 1271 seinen Vater<br />

Niccolo Polo und seinen Oheim Maffeo<br />

Polo, beide Juwelenhändler aus Venedig,<br />

auf deren zweiter Reise zu dem<br />

Tatarenführer Kublai-Khan 7 . Ziel dieser<br />

Reise war es wohl, die Handelsbeziehungen<br />

mit dem fernen Osten für Seide,<br />

Gewürze, Edelmetalle und Juwelen<br />

auszukundschaften. Venedig war im 14.<br />

Jahrhundert bemüht, sich zur größten<br />

Handelsmacht zu entwickeln.<br />

Die Handelsreisenden erreichten 1275<br />

Schang-tu, die Sommerresidenz des<br />

Kublai-Khan, wo sie sich unter der<br />

Obhut des Mongolen<strong>her</strong>rsc<strong>her</strong>s niederließen.<br />

Der junge Marco Polo erwarb<br />

sich am Hof des Kublai-Khans dessen<br />

Wohlwollen und wurde von ihm zu<br />

seinem Ehrenbegleiter und Präfekten<br />

ernannt. Als Präfekt von Kublai-Khan,<br />

mit Sonderaufgaben betraut, unternahm<br />

Marco Polo ausgedehnte Reisen<br />

durch das chinesische Reich. Er fertigte<br />

Notizen über das Gesehene und das<br />

Erlebte an, über Städte mit mehreren<br />

Millionen Einwohnern, über großartige<br />

Paläste, über sagenhafte Schätze und<br />

über regen Handel.<br />

Nach einer Abwesenheit von 24 Jahren<br />

kehrten die drei Polos nach Venedig zurück,<br />

wo Marco Polo ein kleines Haus<br />

erwarb, welches wegen des Reichtums<br />

Marco Polos von der Bevölkerung „La<br />

Corte del Milione“ benannt wurde.<br />

Als er bald darauf im hundertjährigen<br />

Krieg gegen Genua, an dem er<br />

als Befehlshaber einer Galeere auf der<br />

Seite Venedigs teilnahm, 1298 in der<br />

Schlacht bei Curzola in Gefangenschaft<br />

der Genuesen geriet, wurde er dort<br />

festgehalten. In dieser Gefangenschaft<br />

dik tierte er seinen ersten Reisebericht<br />

einem gewissen Rustichello da Pisa,<br />

der den Reisebericht in französisc<strong>her</strong><br />

Sprache niederschrieb. Marco Polos<br />

Reisebericht war voller Informationen<br />

über die geographische Ausdehnung<br />

Asiens, über eine dem Abendland weitest<br />

unbekannte Bevölkerung und für<br />

die Kaufleute aus Venedig über Möglichkeiten,<br />

Handelsbeziehungen mit<br />

dem fernen Osten auszubauen. 1306<br />

veranlasste Marco Polo eine neue von<br />

ihm revidierte Niederschrift dieses<br />

Reiseberichtes.<br />

Marco Polo war verheiratet, er hatte<br />

drei Töchter und starb als angesehener<br />

Bürger1324 in Venedig.<br />

Die bewohnbaren Teile der Erde und<br />

die östlichen Regionen von Asien<br />

– nach Honorius Augustodunensis<br />

(12. Jahrhundert) 8<br />

Die bewohnbare Zone (der Erde), die von<br />

uns (auch tatsächlich) bewohnt wird,<br />

ist durch das Mittelländische Meer in<br />

drei Teile gegliedert. Einer davon wird<br />

Asien, der andere Europa und der dritte<br />

Afrika genannt. Asien erstreckt sich<br />

vom Norden über das östliche Gebiet<br />

bis in den Süden; Europa dehnt sich<br />

vom Westen bis in den Norden aus und<br />

Afrika erstreckt sich vom Süden bis<br />

zum Westen.<br />

An die oben genannten (südlichen) Regionen<br />

von Asien (Indien und Vorderasien)<br />

schließen sich nach Norden die<br />

folgenden Gegenden an: <strong>Da</strong>s Kaukasus-<br />

Gebirge nimmt im Osten am Kaspischen<br />

Meer seinen Anfang und erstreckt sich<br />

nach Norden aus, wobei es sich beinahe<br />

bis Europa ausdehnt. Diese Region<br />

bewohnen die Amazonen, bei denen<br />

es sich um kriegerische Frauen und<br />

Männer handelt. Mit diesen wohnen<br />

die Massegeten, die Kolc<strong>her</strong> und die<br />

Sarmaten zusammen.<br />

Seres ist eine Stadt im Osten, nach der<br />

sowohl ein bestimmtes Gebiet als auch<br />

ein Art von Bekleidung und ein Volk<br />

benannt werden. Nach diesem kommt<br />

Baktria, das seinen Namen von dem Fluss<br />

Bacter erhalten hat. <strong>Da</strong>ran schließt sich<br />

Schematische Weltkarte aus dem 12. Jahrhundert aus Codex 278,<br />

Vorderseite Bl. 62; Stiftsbibliothek Admont | Foto: E. Reichenfelser<br />

Hyrkania, das nach dem Hyrkanischen<br />

Wald so genannt wird. Dort gibt es Vögel,<br />

deren Federn in der Nacht leuchten.<br />

Hierauf folgen die Regionen Skythia und<br />

Hirnia, wo 44 Völker leben. Dort befinden<br />

sich die Hyperboreischen Berge.<br />

Hierauf folge Albania, das wegen der<br />

weißen Farbe seiner Bewohner so genannt<br />

wird, und zwar deswegen, weil<br />

sie mit weißen Haaren geboren werden.<br />

Diesem Gebiet schließt sich Armenia an,<br />

wo sich der Berg Ara(ra)th erhebt, auf<br />

dem sich die Arche des Noe nach der<br />

Sintflut niederließ; ihr Holz ist heute<br />

noch dort zu sehen.<br />

Nachhaltige Wirkung der Reisebeschreibung<br />

des Marco Polo auf das<br />

Wissen im Spätmittelalter<br />

Für das 14. Jahrhundert war der Reisebericht<br />

des Marco Polo zu vielen Wissensgebieten<br />

überaus inhaltsreich. Er liefert<br />

Einzelheiten über die Religionszugehörigkeit,<br />

über die rituellen Gebräuche,<br />

über das soziale und familiäre Leben<br />

der Bevölkerung, über die Sprache, Kleidung<br />

und Essgewohnheiten, aber auch<br />

das Verhältnis zur Sexualität. <strong>Da</strong>rüber<br />

hinaus konnte der Westen sein Wissen<br />

in der Naturkunde bereic<strong>her</strong>n. Neben<br />

Angaben über Pflanzen und Gewürze<br />

vermittelte Marco Polo auch sein Wissen<br />

über die Tierarten.<br />

Mit dem Namen Marco Polo verbindet<br />

man als erstes die geographische<br />

Erkundung von Asien im späten 13.<br />

Jahrhundert. Einige Gelehrte nützten<br />

die Beschreibung Marco Polos über<br />

Asien, um im späten 14. Jahrhundert<br />

neue Weltkarten zu zeichnen, was das<br />

Ende der TO-Karten bedeutete (siehe<br />

abgebildete Weltkarten).<br />

Auswahl der einzelnen Inhalte der<br />

Handschrift zum Bergbau<br />

Ein weiterer Schwerpunkt im Reisebericht<br />

waren die Angaben über Bergbau<br />

(Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Antimon,<br />

Blei, Kohle, Asbest) in den einzelnen<br />

Regionen, über die Salzgewinnung aus<br />

den Lagunen, über die Erzeugung und<br />

den Handel der Metallprodukte und<br />

deren Qualität sowie über den Handel<br />

mit Juwelen und Perlen. Der Bergbau<br />

auf Gold bzw. das Goldwaschen an den<br />

Flüssen wird für 7 Örtlichkeiten wie<br />

in Tibet und Yunnan beschrieben. Als<br />

ein Beispiel für Bergbau, Verarbeitung<br />

und Verwendung von feuerfesten Mineralien<br />

wird der Abbau von Asbest im<br />

nächsten Kapitel vorgestellt.<br />

Vom Salamandra und wovon Salamandir<br />

(gemacht) wird 9<br />

Cyngincalas ist eine große Provinz und<br />

hat in der Länge 16 Tagreisen und viele<br />

Weltkarte aus dem frühen 13. Jahrhundert aus Cod. 562, Rückseite von<br />

Blatt 61, Stiftsbibliothek Admont | Foto: E. Reichenfelser<br />

Städte und viele Burgen und ist den<br />

Tataren untertan. <strong>Da</strong>s Volk dient den<br />

Abgöttern. Manche bekennen sich (zur<br />

Religion) des Mohammed, etliche sind<br />

Christen oder Nestorianer.<br />

<strong>Da</strong> ist ein Berg, der hat Gänge des Stahles<br />

und des Anidanicum und des Lazur.<br />

<strong>Da</strong> wird auch Salamandir auf solche<br />

Weise (gewonnen). <strong>Da</strong>s Salamandra<br />

ist weder Tier noch Schlange, wie man<br />

sagt. Es ist ein Gang oder eine Ader in<br />

diesem Berg, bei dem der Große Khan<br />

graben lässt, damit dort Salamandra<br />

(gewonnen) werde.<br />

Sie nehmen die Erde 10 und zerreiben<br />

sie; danach zerquetschen sie die Erde<br />

zwischen den Händen, sodass sie gerinnt.<br />

<strong>Da</strong>nach bearbeiten sie die Erde<br />

mit den Fingern, so ziehet sich der Stoff<br />

in Fäden wie die Wolle; und sie nehmen<br />

die Fäden und zerschleißen sie (in) ganz<br />

klein(e Stücke), und danach (zer)stoßen<br />

sie den Stoff und zerschleißen (ihn) so<br />

in einem Mörser. <strong>Da</strong>nach waschen sie<br />

diesen Stoff; so behandeln sie (ihn).<br />

Aber in dem Waschen ziehet sich die<br />

schädliche Erde <strong>her</strong>aus; die Fäden aber,<br />

die da (zurück)bleiben, die zwirnt man<br />

und spinnt sie wie die Wolle und (den)<br />

Flachs; aus diesem werden Tüc<strong>her</strong> und<br />

Tobele (gemacht). Wenn man die in ein<br />

brennendes Feuer legt, so werden sie<br />

weiß wie Schnee, und wenn sie des<br />

7 Steidl, Nicole: Marco Polos „Heydnische Chronik“. – Shaker Verlag,<br />

Aachen 2010.<br />

8 „De imagine mundi“ 1. Buch, 7. und 19. Kapitel; der lateinische Text<br />

ist in der Druckausgabe bei J. P. Migne, Patrologiae Latinae cursus<br />

completus, Band 172, Paris 1895, Sp. 122 und 127 zu finden.<br />

9 Übersetzung des mitteldeutschen Textes aus Cod. Admont. 5<strong>04</strong>, Bl.<br />

11ra-vb (in Tscharners Edition S. 14, Z. 23 – S. 15, Z. 11; in Steidls<br />

Abdruck Kapitel XXII, S. 320f).<br />

8<br />

9


Peter Schleic<strong>her</strong><br />

<strong>Da</strong>uerauftrag<br />

Johanneskapelle Pürgg<br />

Erschmelzung und Abguss des flüssigen Metalls im alten China<br />

Waschens bedürfen durch den Gebrauch,<br />

so werden sie (wieder) weiß<br />

im brennenden Feuer.<br />

Der Große Khan sandte dem Papst ein<br />

Tobelea, von Salamandra gemacht; und<br />

man sagt, dass er damit das Schweißtuch<br />

Jesu Christi umhüllt hat.<br />

Zum „Schweißtuch Jesu Christi“<br />

Wenn mit dem von Marco Polo im<br />

Zusammenhang mit dem Salamandra<br />

genannten „Schweißtuch Jesu Christi“<br />

tatsächlich das berühmte Grabtuch<br />

von Turin gemeint ist, dann wäre das<br />

ein bis<strong>her</strong> unbeachteter frü<strong>her</strong> Beleg<br />

für dessen Existenz: Nach dem<br />

Asbeststufe, Fundort Lärchkogel, OG Trieben | Foto E. Reichenfelser<br />

bis<strong>her</strong>igen Stand der Forschung ist<br />

diese ebenso verehrte wie umstrittene<br />

„Reliquie“ nämlich erst seit der<br />

Mitte des 14. Jahrhunderts historisch<br />

fassbar. Seit 1355 war sie in Lirey und<br />

hierauf ab 1453 in Savoyen aufbewahrt<br />

worden; seit 1578 befindet sie sich<br />

in Turin 11 .<br />

Die Entstehung des Turiner Grabtuches<br />

ist bis<strong>her</strong> (trotz zahlreic<strong>her</strong> Theorien)<br />

ungeklärt. Mehrere Indizien weisen auf<br />

eine Herkunft aus dem Vorderen Orient<br />

hin. Für das Leinen wurde mit Hilfe<br />

der Radiokarbon-Methode ein Entstehungszeitraum<br />

zwischen 1260 und 1390<br />

ermittelt. Demnach kann das Turiner<br />

Transport des flüssigen Metalls zur Gießgrube<br />

Grabtuch nicht mit einem angeblich<br />

im Jahre 12<strong>04</strong> aus Konstantinopel verschwundenen<br />

„Grabtuch Jesu“ identisch<br />

sein und schon gar nichts mit der Grablegung<br />

Jesu nach dessen Kreuzestod<br />

zu tun haben.<br />

Bei genauer Betrachtung des biblischen<br />

Befundes ist jedoch die Frage nach<br />

der „Echtheit“ des Turiner Grabtuches<br />

ohnedies hinfällig: Als der „Lieblingsjünger“<br />

Jesu am Ostermorgen in das leere<br />

Grab blickte, sah er dort „die Binden<br />

liegen und das Schweißtuch, das auf<br />

seinem (Jesu) Kopf gewesen war“ (Joh.<br />

20,6-7). Eben diese Art der mehrteiligen<br />

Umhüllung eines Leichnams wird vom<br />

selben Evangelisten auch im Bericht<br />

über die Auferweckung des Lazarus<br />

genannt (Joh. 11,44): „<strong>Da</strong> kam der Tote<br />

(Lazarus) <strong>her</strong>aus, Füße und Hände in<br />

Binden gewickelt, und sein Gesicht war<br />

mit einem Schweißtuch umbunden.“<br />

Auch bei den drei anderen Evangelisten<br />

ist von einem Grabtuch keine Rede.<br />

Dort heißt es nur ganz allgemein (Mt.<br />

27,59; Mk.15,46; Lk. 23,53), Josef von<br />

Arimathäa habe den Leichnam Jesu „in<br />

(reine) Leinwand gewickelt“.<br />

Nach dem detaillierteren Bericht des<br />

Johannes-Evangeliums war der Leichnam<br />

Jesu nicht in ein einziges großes<br />

Tuch gehüllt, sondern (entsprechend<br />

der bei den Juden damals üblichen Bestattungsweise)<br />

mit mehreren Leinenbinden<br />

umwickelt worden, während der<br />

Kopf separat mit einem Schweißtuch<br />

bedeckt wurde.<br />

Handlungsbedarf war angesagt, als im<br />

Sommer 2011 in der Johanneskapelle im<br />

Zuge einer Zustandserhebung ein durch<br />

zu hohe Raumfeuchtigkeit verursachter<br />

Befall der Malereien durch Bakterien und<br />

Pilze festgestellt werden musste. Dieser<br />

biogene Befall beeinträchtigt nicht nur<br />

die Lesbarkeit der Malereien, er gefährdet<br />

sie auch wesentlich in ihrem Bestand.<br />

<strong>Da</strong><strong>her</strong> kam es als Voraussetzung für die<br />

zu tätigenden konservatorischen und<br />

restauratorischen Arbeiten zur Erstellung<br />

eines Maßnahmenkatalogs.<br />

Noch im Sommer 2011 erfolgte die Neuverschindelung<br />

der nördlichen <strong>Da</strong>chhälfte<br />

und der Westfassade der Kapelle. Auch<br />

Ableitungen für die Oberflächenwässer<br />

wurden verlegt. Im Sommer 2012 nahmen<br />

die Restauratorinnen und Restauratoren<br />

der Werkstätten des Bundesdenkmalamtes<br />

bereits Notsic<strong>her</strong>ungsarbeiten und<br />

Proberestaurierungen vor. Gleichzeitig<br />

wurden in den Glaswerkstätten des<br />

Stiftes Schlierbach die Fenster saniert,<br />

die heuer im Sommer wieder eingebaut<br />

werden konnten.<br />

Der wichtigste Schritt zur Verbesserung<br />

des Raumklimas aber lag in der Entfernung<br />

des Fußbodens und des gesamten<br />

darunter liegenden Schüttmaterials. Unter<br />

fachlic<strong>her</strong> Begleitung der Archäologen<br />

konnte so der Felsuntergrund freigelegt<br />

werden. Nun waren für einige Wochen<br />

der Felsen und das auf ihm gebaute<br />

Fundamentmauerwerk sichtbar. Der<br />

faszinierenden Wirkung dieses Bildes<br />

konnte man sich als Betrachter kaum<br />

entziehen. Noch vor der Ferienzeit wurde<br />

die Rollierung aus grobem Kies eingebracht.<br />

Durch ein besseres Aufnehmen<br />

und Abgeben von Feuchtigkeit reagiert<br />

nun der gesamte Raum spürbar und besser<br />

auf die wechselnden und – bedingt<br />

durch die exponierte Lage der Johanneskapelle<br />

– <strong>her</strong>ausfordernden klimatischen<br />

Verhältnisse. Dem entspricht auch der<br />

neue Boden. Er besteht aus historischen<br />

Ziegeln, die aus dem Depot der Bischöflichen<br />

Bauabteilung zur Verfügung gestellt<br />

wurden und nun im Sandbett trocken und<br />

knirsch verlegt sind. Somit konnten bis<br />

Herbst dieses Jahres alle erforderlichen<br />

Maßnahmen erfüllt werden, die für den<br />

nun für Sommer 2014 geplanten Beginn<br />

der Restaurierung und Konservierung der<br />

Fresken die Voraussetzung waren.<br />

Zu danken ist an dieser Stelle den zahlreichen<br />

Wohltätern. Mit ihren Spenden<br />

zeigen sie die hilfsbereite Verbundenheit<br />

mit der Johanneskapelle. Die vor allem<br />

im Bereich des Kapellenbodens durchgeführten<br />

Arbeiten verdanken wir zur<br />

Gänze den an Arbeitszeit und Materialaufwand<br />

erbrachten Gratisleistungen.<br />

Ohne den großzügigen Einsatz wäre das<br />

Gelingen dieser Arbeiten nicht möglich<br />

gewesen. Im Namen der Pfarre Pürgg<br />

danke ich Markus Schachner, Ing. Peter<br />

Wiesenbauer und Peter Doppelhofer für<br />

den vielfältigen Einsatz. Unser aller <strong>Da</strong>nk<br />

richtet sich an die Firmen:<br />

Granit, Bauunternehmen GmbH, Haus<br />

Zörweg GmbH, Öblarn<br />

Bindlechner GmbH, Aigen<br />

Alfred <strong>Da</strong>nglmaier GmbH, Aigen<br />

Hafnermeister und Fliesenleger<br />

Langhaus- Nordwand mit nach Norden einfallenden<br />

<strong>Da</strong>chsteinkalkschichten | Foto: H. Matz<br />

Markus Pichler,<br />

Stainach - Wörschach<br />

Steinmetzbetrieb Kerstin Strodl,<br />

Stainach<br />

Gedankt sei zu guter Letzt der Schriftleitung<br />

von „<strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>“ für die Veröffentlichung<br />

der verschiedenen Beiträge.<br />

Sie machen die Johanneskapelle zum<br />

Thema.<br />

Die Johanneskapelle in Pürgg ist ein <strong>Da</strong>uerauftrag.<br />

<strong>Da</strong>s betrifft die Sorge um ihre<br />

Erhaltung, das betrifft die Geisteswelt,<br />

die sie vermittelt und der wir uns als Bewahrer<br />

und Betrachter stellen dürfen.<br />

Für die umfassenden Renovierungsarbeiten<br />

ist jede Spende eine Hilfe. Bitte<br />

unterstützen Sie mit Ihrer Spende unsere<br />

Bemühungen zur nachhaltigen Sanierung<br />

der Kapelle; dazu gibt es folgende<br />

Möglichkeiten:<br />

Steuerlich absetzbare Spende:<br />

RB Gröbming, Bankstelle Stainach:<br />

AT92 3811 3000 0616 9460<br />

Verwendungszweck: Bundesdenkmalspende<br />

Restaurierung Johanneskapelle<br />

Pürgg<br />

Direktspende an die<br />

Johanneskapelle:<br />

Röm.-kath. Pfarramt Pürgg, Johanneskapelle<br />

RB Gröbming, Bankstelle Stainach:<br />

AT79 3811 3000 0616 8918<br />

10 Für die Passage von „Sie nehmen …“ bis „… waschen sie diesen<br />

Stoff“ bietet Tscharner auf S. 14 im textkritischen Apparat zum<br />

Vergleich den Text der lateinischen Version.<br />

11 Dietz, Karlheinz: Artikel „Turiner Grabtuch“. In: Lexikon für Theologie<br />

und Kirche, 10. Band, Freiburg 2001, Sp. 309f.<br />

Schottertransport vom Parkplatz | Foto: H. Matz<br />

Helfer bringen die Rollierung in das<br />

Langschiff | Foto: H. Matz<br />

Markus Pichler beim Verlegen des Ziegelbodens<br />

| Foto: M. Schachner<br />

10<br />

11


Harald Matz<br />

<strong>Da</strong>s freigelegte Fundament aus Kalkstein mit seiner wellig-unebenen Oberfläche. Neben dem<br />

geöffneten romanischen Portal ist eine zerklüftete ebene Fläche zu erkennen | alle Fotos: H. Matz<br />

Felsfundament des rechten Eingangsbereiches<br />

mit natürlichen Klüften und einer auffallenden<br />

Einebnungsfläche<br />

„Tu es Petrus<br />

et super hanc petram aedificabo<br />

ecclesiam meam<br />

et portae inferi non praevalebunt<br />

adversus eam...“<br />

„Du bist Petrus,<br />

und auf diesen Felsen will ich meine<br />

Kirche bauen,<br />

und die Pforten der Hölle sollen sie<br />

nicht überwältigen...“<br />

Matthäus: Kapitel 16, Vers 18-19<br />

Auch wenn im Matthäus-Evangelium mit<br />

dem Begriff „Kirche“ sinngemäß die vereinigte<br />

Weltkirchengemeinde und nicht<br />

ein gemauertes Gotteshaus gemeint ist,<br />

so war und ist es doch Tradition, einen<br />

Kirchenbau stets auf einem sorgfältig<br />

ausgesuchten, stabilen und dauerhaften<br />

Gesteinsuntergrund zu errichten.<br />

Im Zuge der in den Jahren 2012/<strong>2013</strong><br />

notwendig gewordenen Sanierung und<br />

Erneuerung des Fußbodens der zu Anfang<br />

des 12. Jahrhunderts unter den<br />

Traungauern erbauten Johanneskapelle<br />

Blick auf Pürgg mit Johanneskapelle, altem Ortskern und Georgskirche, dahinter der Burgstall und das Grimmingmassiv<br />

<strong>Da</strong>s Felsfundament der Johanneskapelle<br />

in Pürgg und seine Flora<br />

1 Besonders schön aufgeschlossen in der Schlucht des Lesserbaches<br />

und bei Zlem<br />

wurde das gesamte Erdreich bis zur<br />

Freilegung des natürlichen Felsuntergrundes<br />

abgetragen und außerhalb<br />

der Kirchenmauern zwischengelagert.<br />

<strong>Da</strong>chsteinkalk<br />

Lias-Fleckenmergel<br />

Schwemmkegel<br />

Haselgebirge<br />

mit Gips<br />

Klachauer Störungslinie<br />

Hangschutt, Bergsturzmasse<br />

Plassenkalk<br />

Dies war eine gute Gelegenheit, das<br />

Gestein des Felsrückens, innerhalb und<br />

außerhalb der Kapelle, geologisch und<br />

botanisch zu untersuchen.<br />

<strong>Da</strong>chsteinkalk<br />

Geologische Karte der Umgebung von Pürgg | GIS Steiermark<br />

Gosau-Konglomerat<br />

Gosau-Konglomerat<br />

Gosauschichten i. A.<br />

Lias-Fleckenmergel<br />

2 Sie bauen z. B. die Wände des Gindlhorns und des Jungfrausturzes<br />

auf<br />

Geologische Verhältnisse des Abschnittes<br />

Pürgg-Wörschachwald<br />

Die markante Klachauer Störungslinie,<br />

die ab Girtstatt gegen Westen schwenkt,<br />

um sich am Nordfuß des Grimmings als<br />

Heilbrunnlinie fortzusetzen, lässt die triadischen<br />

<strong>Da</strong>chsteinkalkformationen des<br />

Grimmingstockes tief nach Osten und<br />

Norden in den Untergrund eintauchen.<br />

An der Ostseite der Störung, oberhalb<br />

von Untergrimming und Lessern, erheben<br />

sich jüngere Felsformationen des<br />

Mesozoikums, vor allem Fleckenmergel<br />

aus dem Schwarzjura 1 (Lias = Unterjura,<br />

etwa vor 200-174 Mio. Jahren) und<br />

Plassenkalke aus dem Weißjura 2 (Malm =<br />

Oberjura, etwa vor 163-145 Mio. Jahren),<br />

denen liegend mit dem Burgstall und<br />

der Unterburger Wand Schuppen aus<br />

<strong>Da</strong>chsteinkalk 3 (Obertrias Nor-Rhät)<br />

vorgelagert sind. Auf diesen relativ verwitterungsbeständigen<br />

Kalksteinfelsen<br />

wurden die nicht mehr erhaltene Burg<br />

Grauscharn sowie die Ortschaft Pürgg,<br />

samt Georgskirche, Pfarrhof und Johanneskapelle,<br />

errichtet.<br />

Hangend folgen nordöstlich der Johanneskapelle<br />

4 erneut Allgäuschichten mit<br />

Fleckenkalken und –mergeln aus dem<br />

Lias. Im Gebiet <strong>Da</strong>chsteinblick-Brandangerkogel-Wörschachwald<br />

liegen mächtige<br />

Ablagerungen aus der Oberkreide<br />

(Gosaukonglomerate u. a.).<br />

3 Quellen: GIS Steiermark: Digitaler Atlas/Geologie und H. W. Flügel<br />

et al.: Geol. Karte der Steiermark, 1: 200.000<br />

4 Aufschlüsse an den beiden bewachsenen Felsrücken zwischen den<br />

Anwesen Binder und Pötsch<br />

<strong>Da</strong>s Gestein des Untergrundes und<br />

seine eiszeitliche Überprägung<br />

<strong>Da</strong>s Felsfundament der romanischen<br />

Johanneskapelle besteht somit aus<br />

dunkelgrauem Kalkstein aus der oberen<br />

Trias, der von weißen Calzit-Adern<br />

durchzogen ist. Die an der Außenseite<br />

sichtbare plattige Felsoberfläche weist<br />

bis auf deutlich sichtbare Spuren von<br />

Oberflächenglättung und Trittabnutzung<br />

– die Kapelle ist ein jahrhundertealtes<br />

Prozessionsziel – sowie einige erdgefüllte<br />

und von Vegetation überzogene<br />

Felsklüfte keine besonderen Merkmale<br />

(z. B. eingravierte Zeichen) auf.<br />

Für den im Inneren vorübergehend freigelegten<br />

Felsunterbau erhob sich die Frage,<br />

ob auf seiner Oberfläche anthropogene<br />

Spuren und Spuren des würmzeitlichen<br />

Gletsc<strong>her</strong>flusses erhalten geblieben<br />

sind. Nach meinen Untersuchungen ist<br />

beides für wenige Stellen zu bejahen.<br />

Im westseitigen Eingangsbereich, gleich<br />

rechts neben dem romanischen Eingangsportal,<br />

konnte man eine eingeebnet<br />

erscheinende Fläche mit mehreren<br />

tiefen Spalten wahrnehmen. Während<br />

die kluftartigen Spalten natürlichen Ursprungs<br />

sind –Grazer Geologen führen<br />

sie auf Zerrungsvorgänge während der<br />

Alpenauffaltung zurück – ist eine exakte<br />

Deutung der mehrere Quadratmeter großen<br />

ebenen Fläche schwer möglich. Sie<br />

ist jedoch auffällig und rätselhaft, da im<br />

Gegensatz dazu der Felsuntergrund im<br />

übrigen Langhaus sehr wellig-uneben ist.<br />

Nach einer einfachen Reinigung zweier<br />

Stellen vor dem Eingang zum Altarraum<br />

kamen glatte, glänzende Gesteinsoberflächen<br />

zum Vorschein, die zahlreiche<br />

parallele, höchstwahrscheinlich glaziogen<br />

verursachte feine Schrammen (Kritzungen)<br />

aufwiesen. Diese wurden von<br />

den beiden Grazer Geologen Bernhard<br />

Hubmann und Markus Reuter 5 nach<br />

meiner Freilegung exakt eingemessen.<br />

Sie könnten sich als wichtige Zeugnisse<br />

der holozänen Erdgeschichte für dieses<br />

Gebiet im Zwickel zwischen dem Ennstal<br />

bei Trautenfels und dem Klachauer<br />

Einschnitt erweisen. An der Nordseite<br />

des Langhauses fallen die freigelegten<br />

Kalksteinschichten steil nach Norden<br />

ein und verschwinden im Untergrund.<br />

<strong>Da</strong><strong>her</strong> sind die Grundmauern hier am<br />

tiefsten verankert und die Bodenauffüllung<br />

erreichte mehr als eineinhalb<br />

Meter Höhe. Diese Senke war aber auch<br />

Ursache dafür, dass sich hier immer wieder<br />

schädliche Feuchtigkeit ansammeln<br />

konnte. (siehe Foto S. 11 oben)<br />

Die Flora auf Fels und Mauer rund<br />

um die Johanneskapelle<br />

Felsoberflächen werden im Laufe der<br />

Zeit von Pflanzen besiedelt, von Algen,<br />

Flechten und Moosen bis zu mannigfaltigen<br />

Blütenpflanzen. Der Gehalt an<br />

basischen Mineralen lässt dabei eine gewisse<br />

Artenvielfalt zu. Die mineralischen<br />

Nährstoffe werden durch Lösevorgänge<br />

sowie durch Eintrag von Humus in Risse<br />

und Spalten verfügbar gemacht.<br />

Während des feuchten Frühjahres <strong>2013</strong><br />

konnten auf dem plattig abgetretenen<br />

Fels vor der Südfront der Kapelle zarte<br />

Algenrasen entdeckt werden, die mit<br />

dem trockenen Sommer wieder spurlos<br />

verschwanden. Blau- und Grünalgen<br />

schließen sich aber mit Pilzen zu<br />

symbiotischen Lebensgemeinschaften<br />

zusammen, die als Flechten (Lichenes)<br />

allgemein bekannt sind. Die Pilze sorgen<br />

5 siehe: HUBMANN Bernhard & REUTER Markus (<strong>2013</strong>): Felsuntergrund<br />

der Johanniskapelle von Pürgg – ein spätglazialer Gletsc<strong>her</strong>schliff.<br />

– S. 1-2, mit 4 Abbildungen, Universität Graz, Institut für Erdwissenschaften<br />

12<br />

13


In Nähe des Südeingangs überzieht die orangefarbene<br />

Körnige Schönfleck-Flechte die<br />

Kalksteinoberfläche mit ihren zusammenwachsenden<br />

Lagern<br />

Oberfläche des eiszeitlichen Rundhöckers mit<br />

Vegetation<br />

für die Aufnahme von Wasser und Mineralsalzen<br />

und bilden hier das krustenförmige<br />

Lager (Thallus). Die Algen bauen<br />

durch Photosynthese Kohlenhydrate<br />

(Zucker) auf. In Mitteleuropa kommen<br />

etwa 2000 Flechtenarten vor. Weltweit<br />

sind es ca. 25.000. Nach der Wuchsform<br />

unterscheidet man Krustenflechten,<br />

Laub- oder Blattflechten, Strauchflechten<br />

(einschließlich Bartflechten) sowie<br />

Gallertflechten.<br />

Auf der Felsoberfläche vor der Johanneskapelle<br />

haben vor allem orangefarbene<br />

und graue Krustenflechten der Gattung<br />

Caloplaca Fuß gefasst.<br />

Die hier häufig anzutreffende Körnige<br />

Schönfleck-Flechte Caloplaca granulosa<br />

bevorzugt Kalkfelsen in sonniger Lage.<br />

Sie besitzt warzig bis körnig strukturierte<br />

Lager, die auffällig gelborange gefärbt<br />

sind. Die Ränder der Thalli sind gelappt.<br />

Eine zweite, auf der flachen Felsoberfläche<br />

vorkommende Art besitzt hellgraue<br />

Lager, die sich rosettenartig entwickeln<br />

und von einem weißen Saum begrenzt<br />

werden. Wenn man diese Randzone mit<br />

der Lupe untersucht, kann man zahlreiche<br />

schmale, sich zusammenschließende<br />

Läppchen erkennen. Die sporenbildenden<br />

Fruchtkörper (Apothecien) befinden<br />

sich zusammengedrängt und eingesenkt<br />

in der Lagermitte. Die Gattung Caloplaca<br />

umfasst weltweit etwa 500 Arten. Bei<br />

uns im Alpenraum unterscheidet man<br />

mehr als 75 Arten.<br />

In die engen Ritzen und Spalten der flach<br />

geneigten Felsoberfläche wird Humus<br />

eingeweht und eingespült. Hier siedeln<br />

sich neben unscheinbaren Felsmoosen<br />

auch einige gegen Trockenheit resistente<br />

Blütenpflanzen an, zum Beispiel<br />

Dickblattgewächse. Typisch für trockene<br />

und sonnige Felsfluren ist der Weiße<br />

Mauerpfeffer, auch Weiße Fetthenne<br />

Sedum album genannt. Die immergrüne<br />

sukkulente Pflanze erreicht eine Wuchshöhe<br />

von 5 bis 15 cm. Die Stängel sind<br />

kahl, vielfach nicht blühend; sie tragen<br />

wechselständige, abstehende Laubblätter<br />

von 10 bis 20 mm Länge. Diese sind<br />

länglich-lanzettlich geformt und im Querschnitt<br />

halbstielrund. Die fünfstrahligen<br />

Blüten sind stumpfweiß bis blassrosa<br />

gefärbt, mit 2 bis 4 mm langen Kronblättern.<br />

Die Blüten werden von Insekten<br />

bestäubt. Der Weiße Mauerpfeffer dient<br />

mehreren Raupenarten von Tagfaltern als<br />

Futterpflanze. Hervorzuheben sind dabei<br />

Graue, weißgesäumte Lager einer rosettenartig<br />

wachsenden Krustenflechte<br />

der Fetthennen-Bläuling Scolitantides<br />

orion und der Rote Apollo Parnassius<br />

apollo. Die Raupen des bis in subalpine<br />

Lagen (Totes Gebirge) aufsteigenden,<br />

prächtigen Falters sind auf den Weißen<br />

Mauerpfeffer und wenige andere Sedum<br />

- Arten als Futterpflanze angewiesen.<br />

Interessanterweise kommt in der nördlichen<br />

Begrenzungsmauer um die Johanneskapelle<br />

auch der silikatliebende<br />

Dickblatt-Mauerpfeffer Sedum<br />

dasyphyllum vor. Die Dickblatt- oder<br />

Buckel-Fetthenne bildet 5 bis 10 cm<br />

hohe, dicht beblätterte, nicht blühende<br />

Triebe mit gegenständig angeordneten,<br />

hell-blaugrünen Laubblättern von eiförmiger<br />

Gestalt, wobei die Oberseite flach<br />

und die Unterseite stark gewölbt ist. Den<br />

sterilen Trieben sitzen gegabelte, locker<br />

beblätterte, drüsenhaarige Blütentriebe<br />

auf. Die zwittrigen Blüten mit doppelter<br />

Blütenhülle besitzen fünf bis sechs weiße<br />

bis schwachrosafarbene Kronblätter<br />

mit einem purpurnen Mittelnerv. Die<br />

Blütezeit erstreckt sich von Juni bis August.<br />

Die Bestäubung erfolgt vorwiegend<br />

durch Hautflügler (z. B. Wildbienen) und<br />

Zweiflügler (Schwebfliegen). Die Dickblatt-Fetthenne<br />

ist deutlich seltener,<br />

Der Berg-Lauch Allium lusitanicum besitzt im<br />

Vergleich zum Schnitt-Lauch flache statt röhrige<br />

Laubblätter und besiedelt gern Kalkfelsen<br />

im Bergland<br />

als die Weiße Fetthenne. Sie kommt<br />

vom Mittelmeerraum bis in montane<br />

und subalpine Lagen der Alpen und der<br />

deutschen Mittelgebirge vor.<br />

<strong>Da</strong>s Eigentliche Frühlings-Fingerkraut<br />

oder Grüne Fingerkraut Potentilla<br />

neumanniana 6 (Synonym: P. verna, P.<br />

tabernaemontani) ist ein Rosengewächs,<br />

dessen Sippe sich in ungefähr 10 Unterarten<br />

aufspaltet. Es besiedelt gern felsige<br />

Hänge, Felsköpfe und Trockenrasen der<br />

Hügel- bis Bergstufe. Zum Unterschied<br />

vom nah verwandten Flaum-Frühlings-<br />

Fingerkraut besitzt es auf der Laubblatt-<br />

Unterseite und an den Blütenstielen nur<br />

einfache Haare und keine Sternhaare. Die<br />

Pflanze wird 5 bis 15 cm hoch und trägt<br />

spärlich behaarte, fünf- bis siebenzählige<br />

grüne, an der Oberseite glänzende<br />

Blätter. Ab Mai erscheinen zahlreiche<br />

fünfstrahlige gelbe Blüten. Die ausdauernde<br />

Art bildet hier kleine teppichartige<br />

Bestände.<br />

Neben einigen Allerweltspflanzen, wie<br />

Breit-Wegerich, Wiesen-Schafgarbe und<br />

Gewöhnlichem Löwenzahn haben sich in<br />

Spalten des Felsuntergrundes vor der<br />

Südfront Bestände des Berg-Lauchs<br />

Allium lusitanicum (Synonym: Allium<br />

montanum, A. senescens) angesiedelt.<br />

Der Berg-Lauch ist ein Liliengewächs,<br />

das zum Unterschied vom Schnitt-Lauch<br />

Allium schoenoprasum flache Laubblätter<br />

anstelle von röhrigen besitzt. Er wird 10<br />

bis 40 cm hoch und trägt hellpurpurne<br />

bis purpurlila Blüten in kugelförmigen<br />

Blütenständen. Seine Blütezeit reicht<br />

von Juni bis in den August hinein. Der<br />

sonnige Kalkfelsen bevorzugende Berg-<br />

Lauch blieb hier im Frühjahr lange Zeit<br />

Die zierliche Mauerraute Asplenium ruta-muraria<br />

mit ihren spatelförmigen Blättern in einer<br />

Nische der Begrenzungsmauer<br />

steril und konnte erst nach Ansetzen<br />

der Blütenstände im Sommer erkannt<br />

werden. Anstelle von Zwiebeln bildet<br />

er einen rhizomartigen Wurzelstock, der<br />

sich leicht in Felsspalten einfügt. Dieser<br />

niedrigwüchsige Wildlauch ist sehr trockenresistent<br />

und frosthart. So passt er<br />

gut in diese Kalkfelsenflora hinein.<br />

Auch die aus Natursteinen aufgebaute<br />

Umrandungsmauer be<strong>her</strong>bergt einen<br />

schönen und bunten Felsgarten. So lockt<br />

der Frühblühende Thymian Thymus<br />

praecox aus der artenreichen Familie<br />

der Lippenblütler mit zahlreichen hellpurpurroten<br />

Blüten ab Mai eine große<br />

Zahl von Nektar suchenden Honigbienen<br />

an. Der sich mit kriechenden Stängeln<br />

vielfach verzweigende Zwergstrauch liebt<br />

steinige Magerrasen und Kalkfelsfluren.<br />

Die verholzenden, rundum behaarten<br />

Stängel tragen terminale traubige Blütenstände.<br />

Die Laubblätter haben eine<br />

verkehrt eiförmige bis spatelige Form<br />

und sehen lederig aus. Einen komplementären<br />

Farbkontrast dazu bilden die<br />

leuchtend-gelben Blütenköpfchen des<br />

Sichelklees Medicago falcata, auch<br />

Sichel-Luzerne oder Gelbe Luzerne genannt.<br />

Dieser ausdauernde, krautige<br />

Schmetterlingsblütler, der hier nur 15 bis<br />

20 cm hoch wird, bevorzugt kalkhältige,<br />

sonnige Standorte, wie Halbtrockenrasen,<br />

Gebüschränder, Wegböschungen<br />

und trockene Mauern. Der verzweigte<br />

Stängel ist schwach aufsteigend bis<br />

niederliegend und trägt dreiteilig gefiederte<br />

Blätter. Der Sichelklee ist eine<br />

wichtige Nektarpflanze für Tagfalter, wie<br />

Weißdolch-Bläuling, Dickkopffalter und<br />

den Gemeinen Bläuling.<br />

In den schattigen Mauernischen und<br />

Fugen wächst häufig die Mauerraute<br />

(Mauer-Streifenfarn) Asplenium rutamuraria.<br />

Dieser kleine, hübsche Farn<br />

trägt etwa 3 bis 10 cm lange Blätter, die<br />

zwei- bis dreifach gefiedert sind und im<br />

Umriss dreieckig bis oval erscheinen.<br />

Die unregelmäßig rautenförmigen Fiedern<br />

geben dem Farn seinen Namen.<br />

Ursprünglich in Felsritzen der Gebirge<br />

und Mittelgebirge zu Hause, trifft man<br />

die Mauerraute häufig in Mauerfugen,<br />

sogar in den Innenstädten. Sie liebt etwas<br />

feuchte und nährstoffhaltige Standorte.<br />

<strong>Da</strong>bei toleriert sie sowohl kalkhältige wie<br />

silikatische Gesteine.<br />

Es zeigt sich, dass es sinnvoll und überaus<br />

interessant ist, ein kirchen- und<br />

kunsthistorisch bedeutendes Kulturdenkmal<br />

umfassend, also auch auf seine<br />

naturkundlichen Besonderheiten hin, zu<br />

untersuchen.<br />

Verwendete Literatur:<br />

FISCHER Manfred A., ADLER Wolfgang &<br />

OSWALD Karl (2005): Exkursionsflora für<br />

Österreich, Liechtenstein und Südtirol (2.,<br />

verbesserte und erweiterte Auflage). – Linz:<br />

Biologiezentrum der OÖ. Landesmuseen,<br />

S. 1-1380<br />

FLÜGEL Helmut W. & NEUBAUER Franz<br />

R. (1984): Erläuterungen zur geologischen<br />

Karte der Steiermark 1 : 200.000. – Geol.<br />

Bundesanstalt, Wien 1984, S. 1-127<br />

GEYER Georg (1884): Ueber jurassische<br />

Ablagerungen auf dem Hochplateau des<br />

Todten Gebirges in Steiermark. – JB. d. k.<br />

k. Geol. Reichsanstalt, Wien 1884, 34. Bd.,<br />

2. Heft, S. 335-366<br />

GEYER Georg (1915): Aus den Umgebungen<br />

von Mitterndorf und Grundlsee im Steirischen<br />

Salzkammergut. – JB. d. k. k. Geol.<br />

Reichsanstalt, Wien 1915, 65. Bd.,1. u. 3.<br />

Heft, S. 177-238<br />

HUBMANN Bernhard & REUTER Markus<br />

(<strong>2013</strong>): Felsuntergrund der Johanniskapelle<br />

von Pürgg – ein späteiszeitlic<strong>her</strong> Gletsc<strong>her</strong>schliff.<br />

– Unveröffentlichte Kurzstudie des<br />

Institutes für Erdwissenschaften der Universität<br />

Graz, S. 1-2<br />

JACOBSHAGEN Volker (1965): Die Allgäu-<br />

Schichten (Jura-Fleckenmergel) zwischen<br />

Wettersteingebirge und Rhein. – JB. Geol.<br />

Bundesanstalt, Bd. 108, Wien, Juni 1965,<br />

S. 1-114<br />

MAURER Willibald (1996, 1998, 2006): Flora<br />

der Steiermark. Bd. I, II/1, II/2. – Eching<br />

bei München: IHW-Verlag<br />

Weitere verwendete Quellen: Wikipedia,<br />

GIS Steiermark<br />

Dickblatt-Mauerpfeffer Sedum dasyphyllum mit<br />

eiförmig-gewölbten, hell- blaugrünen Blättern<br />

und endständigen, gegabelten Blütentrieben<br />

Blattmosaik des Grünen Fingerkrautes oder<br />

Frühlings-Fingerkrautes Potentilla neumanniana<br />

(Synonym: Potentilla verna)<br />

Die purpurroten Blüten des Frühblühenden<br />

Thymians Thymus praecox locken im Mai zahlreiche<br />

Honigbienen an<br />

6 An dieser Stelle bedanke ich mich bei Mag. Dr. Helmut Mayrhofer und<br />

bei Dr. Christian Scheuer vom Institut für Pflanzenwissenschaften<br />

der Universität Graz für die freundlich gewährte Bestimmungshilfe<br />

bei Krustenflechten und Gefäßpflanzen.<br />

14<br />

15


Gerhard W. Mandl<br />

„Karlseisfeld“, Aquarell, Simony 1843 | Museum Hallstatt<br />

Friedrich Simony und<br />

der <strong>Da</strong>chstein<br />

Zum 200. Geburtstag des Bergpioniers<br />

Als Friedrich Simony Ende November<br />

1813 im böhmischen Hrochowteinitz das<br />

Licht der Welt erblickte, konnte niemand<br />

ahnen, dass der <strong>Da</strong>chstein in den fernen<br />

österreichischen Alpen sein Leben bestimmen<br />

sollte.<br />

Wenngleich auch Friedrich in einfachen<br />

Verhältnissen vaterlos aufwuchs, scheinen<br />

seine Mutter T<strong>her</strong>esia und sein heiß<br />

geliebter Großvater Valentin schon früh<br />

recht breit gestreute Interessen in dem<br />

Knaben geweckt zu haben. Nach dem<br />

frühen Tod der Mutter nahm sich einer<br />

ihrer Brüder, ein Geistlic<strong>her</strong>, Friedrichs<br />

an und schickte ihn ans Piaristen-Gymnasium<br />

in Nikolsburg. Heute würde<br />

man Friedrich wohl als „hochbegabt“<br />

bezeichnen, und wie bei vielen solchen<br />

Kindern bot die Schule damals wenig<br />

Förderung für seine Talente. Er sammelte<br />

Versteinerungen, Schmetterlinge und<br />

Pflanzen und vernachlässigte die Schulfäc<strong>her</strong>.<br />

So wurde er nach der vierten<br />

Klasse ohne Abschluss des Gymnasiums<br />

zum anderen Onkel nach Trentschin<br />

geschickt, der ihn zu einem Apotheker<br />

in die Lehre gab. Dies entsprach seinen<br />

Interessen schon mehr und führte ihn<br />

anschließend weiter zu einer Laborantenstelle<br />

nach Znaim und schließlich<br />

anlässlich der Apothekerprüfung 1835<br />

mit knapp 22 Jahren in die Reichshauptstadt<br />

nach Wien.<br />

Im Zuge der Vorbereitungskurse und<br />

der glänzend bestandenen Prüfung war<br />

der damals als Arzt berühmte Professor<br />

für Botanik und Chemie Joseph Franz<br />

Frei<strong>her</strong>r von Jacquin (1766-1839) auf<br />

Simony aufmerksam geworden und riet<br />

ihm, Naturwissenschaften zu studieren.<br />

Jacquin verhalf ihm auch zu einer Audienz<br />

bei Erz<strong>her</strong>zog Ludwig, um die „Allerhöchste<br />

Genehmigung“ zum Nachholen<br />

des Gymnasiumsabschlusses zu erbitten.<br />

So wurde aus dem Apothekerlehrling ein<br />

Student an der Philosophischen Fakultät<br />

der Universität Wien. Er stürzte sich mit<br />

Eifer auf die naturwissenschaftlichen<br />

Fäc<strong>her</strong> und unternahm Exkursionen in<br />

der Umgebung Wiens. Seine erste größere<br />

Wanderung führte ihn 1837 auf<br />

Schneeberg und Rax und erschloss ihm<br />

den Nutzen der Landschaftszeichnung.<br />

Ab nun sollte ein Skizzenbuch alle seine<br />

Touren begleiten, ab 1875 begann er<br />

auch zu fotografieren.<br />

<strong>Da</strong>chstein vom Gjaidstein gesehen, Aquarell, Simony 1843 | Archiv GBA<br />

Im Sommer 1840 unternahm er mit<br />

drei Freunden zu Fuß eine große Reise<br />

durch die Alpen, die im September bei<br />

strömendem Regen vorerst in Aussee<br />

endete. Während die Freunde heimkehrten,<br />

wartete Friedrich die Wetterbesserung<br />

ab, er wollte endlich einmal<br />

Friedrich Simony in jungen Jahren<br />

| Museum Hallstatt<br />

vergletsc<strong>her</strong>tes Hochgebirge sehen.<br />

Auch wurde neuerdings in der Geologie<br />

die Idee einer vorgeschichtlichen Eiszeit<br />

heftig diskutiert und Friedrich erhoffte<br />

sich im Umfeld heutiger Gletsc<strong>her</strong><br />

neue Erkenntnisse dazu. So erreichte<br />

er schließlich Hallstatt, quartierte<br />

sich im Stadler´schen Wirtshaus ein,<br />

welches seine Studierstube für viele<br />

Sommer werden sollte, und machte<br />

die Bekanntschaft des Bergführers Johann<br />

Wallner. Schon am nächsten Tag<br />

brachen sie zu einer ersten Tour zum<br />

Hallstätter Gletsc<strong>her</strong> auf, mussten aber,<br />

kurz nachdem sie das Eis tatsächlich<br />

erreicht hatten, wegen eines Schlechtwettereinbruchs<br />

wieder nach Hallstatt<br />

zurückkehren. Erst drei Wochen später,<br />

am 17. Oktober, betrat er den Gipfel des<br />

Hohen Gjaidstein und zeichnete bei<br />

schneidend kaltem Wind zum ersten<br />

Mal die Gipfel des <strong>Da</strong>chsteinmassivs<br />

und das Karls-Eisfeld.<br />

Am 8. September 1842 wagte er dann<br />

in Begleitung Wallners seine erste Besteigung<br />

des Hohen <strong>Da</strong>chstein. Nur Wenige<br />

hatten bis<strong>her</strong> den Gipfel betreten.<br />

Der erste war 1832 Peter Gappmayer<br />

aus Filzmoos von der Gosauer Seite<br />

aus gewesen. Ein erster Aufstieg von<br />

der Hallstätter Seite gelang 1841 dem<br />

Zimmererknecht Johann Ramsauer und<br />

dem Pfannknecht Franz Linerter aus<br />

Kaltenbach bei Bad Ischl. Ihnen war<br />

nicht geglaubt worden, doch Simony<br />

konnte nach seiner Besteigung ihre<br />

Wegbeschreibungen bestätigen.<br />

Den letzten Anstieg zum Gipfel nach<br />

Überwindung der Randkluft des Gletsc<strong>her</strong>s<br />

beschreibt Simony selbst so:<br />

„Nun begann ein recht abscheuliches<br />

Klettern… Oft mussten wir uns zwischen<br />

den Wänden auf Schornsteinfegerart<br />

einklemmen, um uns so zum wechselseitigen<br />

Stützpunkt dienen zu können.<br />

So ging es Klafter für Klafter aufwärts<br />

… Als wir beiläufig 40 Klafter von der<br />

Wand erstiegen hatten, rief mir Wallner<br />

die Schreckensnachricht <strong>her</strong>ab: „Wir<br />

haben uns verstiegen, ich kann nicht<br />

weiter!“ - und die Blässe seines Gesichtes<br />

bestätigte nur zu sehr die Wahrheit<br />

seiner Aussage. An ein Zurücksteigen<br />

über die Wand aber mochten wir nicht<br />

denken, denn der Ausgang eines derartigen<br />

Versuches erschien uns höchst<br />

problematisch. Nach einer unheimlichen<br />

Pause von mehreren Minuten suchte der<br />

entschlossene Wallner den letzten möglichen<br />

Ausweg aus dieser bedrohlichen<br />

Situation, indem er um einen überhängenden<br />

Fels zur Rechten umbog und zu<br />

unserer grossen Freude bald eine Stelle<br />

entdeckte, über welche wir unseren Weg<br />

zu dem noch etwa 30 Klafter hö<strong>her</strong> liegenden<br />

Gipfel fortsetzen konnten … Ein<br />

Sturm der heftigsten, widerstreitendsten<br />

Gefühle durchbebte mein Inneres, als ich<br />

die kaum 6 Fuß breite Zinne betrat. Die<br />

Befriedigung, das scheinbar Unmögliche<br />

ausgeführt zu haben, das frohe Aufleben<br />

nach den Gefahren, in welchen ich mit<br />

Wallner geschwebt hatte, dann wieder<br />

die beängstigende Vorstellung, auf dem<br />

zurückgelegten Wege kaum mehr ohne<br />

Unfall wieder hinabgelangen zu können,<br />

... dieses Chaos wechselnder Empfindungen<br />

spannte die Saiten meines Lebens<br />

zu einer schrillen Disharmonie. Doch<br />

allmählich gewann frische Hoffnung wieder<br />

die Oberhand; das unaussprechlich<br />

entzückende und grossartige Gemälde<br />

einer Welt zu meinen Füssen verwischte<br />

die beängstigenden Bilder der jüngsten<br />

Vergangenheit und nächsten Zukunft aus<br />

meiner Seele. Es wäre eitles Versuchen,<br />

jene Herrlichkeit des Panoramas durch<br />

Worte schildern zu wollen, welches sich<br />

vor dem verklärten Blicke in weitem<br />

Länderkranze aufrollt.“<br />

Nachdem sie auch den Abstieg trotz<br />

einiger gefährlic<strong>her</strong> Momente bewältigt<br />

hatten, erreichten sie nach einer Übernachtung<br />

auf der Wiesalpe am folgenden<br />

Tag wohlbehalten Hallstatt.<br />

Der überwältigende Ausblick vom <strong>Da</strong>chsteingipfel<br />

weckte in Simony die Idee,<br />

dieses Erlebnis durch einen gesic<strong>her</strong>ten<br />

Steig auch Anderen zugänglic<strong>her</strong> zu<br />

machen. Er sandte da<strong>her</strong> einen Bericht<br />

über seine Erstbesteigung an Erz<strong>her</strong>zog<br />

Johann mit der Bitte um Unterstützung.<br />

Dieser sagte zu.<br />

Simony selbst berichtete weiters: „Im<br />

Frühsommer des Jahres 1843 suchte<br />

ich noch andere ständige Sommergäste<br />

Ischls, obenan die kaiserlichen Hoheiten,<br />

Erz<strong>her</strong>zog Ludwig und Erz<strong>her</strong>zog Franz<br />

Carl, ausserdem den Fürsten Metternich<br />

und noch einige andere Herren der hohen<br />

Aristokratie für das Unternehmen<br />

zu interessieren, und so gelang es mir<br />

schliesslich, die Summe von 260 Gulden<br />

zusammenzubringen, welche es<br />

ermöglichte, noch im August desselben<br />

Jahres den Steig in Angriff nehmen zu<br />

lassen. Sechs wetterfeste Männer, an<br />

ihrer Spitze Johann Wallner, mein Be-<br />

16<br />

17


Simonys Gipfelfotos 1885 | Panoramamontage zweier Bilder aus dem <strong>Da</strong>chsteinwerk<br />

Hotel Simony 1876 | Foto: F. Simony.<br />

Aus Penck 1898<br />

Hallstätter Gletsc<strong>her</strong>, Stand 1874 | Archiv GBA<br />

gleiter bei der ersten Besteigung, gingen<br />

rasch an die Arbeit. Zuerst wurde das<br />

seit<strong>her</strong> verfallene Refugium im Wildkar,<br />

Hotel Simony benamset, … zu einem<br />

Unterstandsort der Arbeiter für die Nacht<br />

<strong>her</strong>gerichtet, dann der Steig durch Sprengungen,<br />

Einhauen von Kerben, Anbringen<br />

von massiven Eisenzapfen und Ringen in<br />

der Wand, endlich durch das Einhängen<br />

eines zolldicken, über 80 Klafter langen<br />

Seiles <strong>her</strong>gestellt.“<br />

Diese Anlage eines gesic<strong>her</strong>ten Steiges<br />

machte eine andere Unternehmung<br />

Simonys erst möglich, seine zweimalige<br />

Übernachtung auf dem <strong>Da</strong>chsteingipfel<br />

im September 1843, die sich heuer<br />

zum 170. Mal jährt. Ein nächtliches<br />

Freudenfeuer am Gipfel sollte die Fertigstellung<br />

des Steiges den Mäzenen in<br />

Ischl verkünden.<br />

Gemeinsam mit acht Männern und einer<br />

Frau, der Sennerin Nanni, machte<br />

sich Simony am 16. September um 3<br />

Uhr früh bei Mondlicht auf den Weg,<br />

von der Wiesalm zum Eisfeld und zum<br />

Gipfel. Sie mussten erst die Leiter über<br />

die Randkluft und das bereits verlegte<br />

Seil aus dem frischen Schnee ausgraben.<br />

Es dauerte dreieinhalb Stunden,<br />

bis alle den Gipfel erreichten. Nanni<br />

betrat an diesem sonnigen Vormittag<br />

des 16. September als erste Frau den<br />

Gipfel des <strong>Da</strong>chstein. „Zwei glänzende<br />

Perlen stahlen sich aus den dunklen Augen<br />

<strong>her</strong>vor und rollten langsam über die<br />

sonnengebrannten Wangen; dann jubelte<br />

sie unausgesetzt hinab in die sie umringenden<br />

Abgründe, daß der Gletsc<strong>her</strong> gähnende<br />

Klüfte ihre Jauchzer tausendfältig<br />

nachhallten.“ So beschreibt Simony die<br />

Wirkung der überwältigenden Aussicht<br />

auf Nannis Gemüt.<br />

Nanni und drei Träger kehrten nach<br />

Hallstatt zurück, während die anderen<br />

fünf Männer an der Fertigstellung des<br />

Steiges arbeiteten. Wallner und Thalhammer<br />

wollten mit Simony am Gipfel<br />

übernachten, während die Anderen am<br />

Abend ins „Hotel Simony“ abstiegen. Ein<br />

Holzkohlenfeuer wärmte die Speisen<br />

und die drei Abenteurer, es wurde die<br />

ganze Nacht hindurch am Brennen gehalten.<br />

Die drei bestaunten ehrfürchtig<br />

die wechselnden Licht- und Farbstimmungen<br />

des schwindenden Tages und<br />

zur vereinbarten Stunde entzündete Simony<br />

das bengalische Feuer am Gipfel.<br />

Kurz darauf antworteten sieben Feuer an<br />

sieben verschiedenen Punkten im Tal.<br />

Die Nacht war sternenklar und mondhell,<br />

die Temperatur sank bis gegen<br />

Morgen auf -0,5 Grad Réaumur. <strong>Da</strong>s<br />

zusammengepferchte Sitzen zwischen<br />

seinen zwei schlafenden Begleitern, im<br />

Rücken eine kalte Schneewehe, war<br />

unbequem und so verbrachte Simony<br />

die meiste Zeit am Gipfel in Betrachtung<br />

der nächtlichen Szenerie.<br />

<strong>Da</strong>s Erwachen des Tages, die farbenprächtige<br />

Rückkehr des Lichts, bewegte<br />

Simony tief: „Wenigen mochte wohl bis<br />

jetzt der nicht gar zu leicht erringende<br />

Genuß geworden sein, auf einer fast<br />

10.000 Fuß hohen Bergspitze, die in<br />

weitem Umkreise alles be<strong>her</strong>rscht wie<br />

der <strong>Da</strong>chstein, ich möchte sagen: Die<br />

Gottheit selbst bei der Staffelei ihres<br />

täglich neu werdenden Werkes zu belauschen,<br />

wie sie das Schleiertuch der<br />

Nacht vom Bilde abrollt und allmählich<br />

mit der Prometheusfackel das Feuer<br />

des Lebens entflammt. Ich habe ihn<br />

gehabt, diesen Genuß, er schuf mir die<br />

schönste, die erhabendste Stunde meines<br />

Lebens.“<br />

Eine zweite Nacht am Gipfel verbrachte<br />

dann Simony vom 21. zum 22. September<br />

und die sollte sich dramatisch<br />

gestalten.<br />

Schon beim Aufbruch verhießen die<br />

Wolkenmassen nichts Gutes, eine<br />

Schlechtwetterfront kündigte sich an<br />

und konnte in den nächsten beiden Tagen<br />

zu einem Wettersturz führen. Simony<br />

beharrte entgegen allen Argumenten<br />

seiner Begleiter auf seinem Vorhaben. Er<br />

bemerkte Wallners Gewissensnot, sich<br />

zwischen der Verantwortung für seine<br />

Familie und seiner Bergführerpflicht zu<br />

entscheiden, und so erklärte er, diesmal<br />

die Nacht alleine am Gipfel verbringen zu<br />

wollen; die mitgebrachten Mäntel könne<br />

er so alle zu seinem Schutz gegen die<br />

Kälte verwenden. Die Männer fügten<br />

sich schließlich seinem Entschluss.<br />

„Ein unheimlic<strong>her</strong> Schauer rieselte über<br />

meinen Körper, als ich mich jetzt so<br />

plötzlich ganz allein und verlassen auf<br />

der fürchterlichen Zinne sah, viele tausend<br />

Fuß hoch über der belebten Tiefe<br />

… Die Erhaltung des Feuers machte mir<br />

jetzt schon Besorgnisse, da der Wind,<br />

der oft in Wirbeln um die Spitze brauste,<br />

stoßweise sich so auf das Feuer warf, daß<br />

die glühenden Kohlen und Funken nach<br />

allen Seiten auseinanderstoben und die<br />

vorhandenen Mäntel und die Wolldecke<br />

hart bedrohten… Diesem Übelstand<br />

suchte ich dadurch abzuhelfen, dass<br />

ich …das brennende Holz mit flachen<br />

Steinen beschwerte und eindeckte …<br />

Diesmal hatte ich nicht jenes wundervoll<br />

schöne Schauspiel des irisfarbenen Luftbildes,<br />

welches sich am 16. September<br />

bei Sonnenuntergang über dem östlichen<br />

Erdhorizonte gebildet hatte.“<br />

Wolken und Nebel ballten sich rundum<br />

zu undurchdringlichen Massen, nur<br />

Richtung Ischl war die Sicht weiterhin<br />

frei. So entzündete Simony gegen neun<br />

Uhr den Holzstoß am Gipfel um seine<br />

Anwesenheit zu bekunden.<br />

„Zu meiner nicht geringen Besorgnis<br />

warfen die Stöße des Windes die Funken<br />

und brennenden Trümmer in Massen<br />

gerade hinab in meine nächtliche Ruhestätte,<br />

so dass ich alle Augenblicke<br />

fürchten musste, meinen Holzvorrat für<br />

die Nacht in Feuer aufgehen zu sehen ...<br />

<strong>Da</strong> das Brennmaterial kein Ende nehmen<br />

wollte, so warf ich zuletzt die größten<br />

Brände über den nördlichen Abgrund<br />

und deckte den Rest mit einem Haufen<br />

von Steinen, um vor dem erstarrenden<br />

Nordwest endlich hinter meinem Felsen<br />

Schutz suchen zu können ... Von<br />

Viertelstunde zu Viertelstunde wächst<br />

indes das grause Stöhnen des tobenden<br />

Nordsturmes. Bald dröhnt es aus den<br />

hinter mir befindlichen Abgründen wie<br />

die Brandung eines empörten Meeres,<br />

wenn sich die Wogen des durch die Gosauschlucht<br />

da<strong>her</strong>brausenden Windes an<br />

den Klippen des Hochkreuzes und niederen<br />

<strong>Da</strong>chsteins brechen. <strong>Da</strong>nn wieder<br />

lastet plötzlich die Stille des Grabes auf<br />

der nur von mir belebten Zacke. Aber nur<br />

einen Augenblick währt die ängstigende<br />

Ruhe, denn gleich beginnt wieder wie<br />

ferner Donner das Rollen des Sturmes<br />

... Unter Mantelkragen und Wolldecke<br />

fährt ein heftiger Windstoß und reißt sie<br />

von mir, ein zweiter jagt mir tausend<br />

und tausend aufgewirbelte Funken aus<br />

dem sorgfältig bedeckten Feuer<strong>her</strong>de<br />

ins Gewand, während ich von der zwei<br />

Klafter hö<strong>her</strong>en Zinne mit einer ganzen<br />

Masse von Steingrus überworfen werde.<br />

Ängstlich wird beim Schein der um<strong>her</strong>jagenden<br />

Funken nach der Uhr ge<strong>schau</strong>t,<br />

der Zeiger zeigt erst die Mitternachtsstunde<br />

an; noch fünf unendlich lange<br />

Stunden müssen verfließen bis zum<br />

ersten Grauen des Morgens ... Im gleichen<br />

Augenblicke stechen mir rieselnde<br />

Eiskörner aus der Wolke ins Gesicht.<br />

Ebenso schnell durchdringt erstarrende<br />

Luft die mich umschließenden Hüllen<br />

und ein kalter Schauer schüttelt immer<br />

heftiger meinen Körper. Dicht ziehe ich<br />

den Mantel über meinen Kopf, die Augen<br />

schließend und in Ergebung mein bevorstehendes<br />

Schicksal erwartend.<br />

Bald umgaukeln wilde, ängstigende<br />

Träume meinen Geist; nur noch einmal<br />

schreckt mich der erneuerte Sturm und<br />

der prasselnde Sturz eines Felsenstückes<br />

dicht unter mir auf, aber gleich wieder<br />

schlägt die wachsende Erschöpfung ihre<br />

Fesseln um meine Sinne, ein tödlic<strong>her</strong><br />

Schlaf fängt an mich zu beschleichen,<br />

schon fliehen die Gebilde der erlahmenden<br />

Phantasie und Bewusstlosigkeit<br />

bemächtigt sich meiner, da – schlägt<br />

ein Stein mächtig auf meinen Hut und<br />

weckt mich aus der gefährlichen Lethargie.<br />

Ich wage jetzt wieder unter dem<br />

Mantel <strong>her</strong>vorzublicken, die drohende<br />

Wolke ist verschwunden und Dianens<br />

Silberhorn glänzt von Sternen umlagert<br />

am östlichen Himmel mir freundlich<br />

entgegen.<br />

Jetzt hatte ich nichts eifrigeres zu tun, als<br />

dem beinahe erloschenen Kohlenfeuer<br />

neue Nahrung zu geben, dann zündete<br />

ich mir die kleine Handlaterne an und<br />

stieg oder kroch vielmehr, da meine<br />

Glieder ganz erstarrt waren, auf den<br />

Kamm, um den Stand des T<strong>her</strong>mometers<br />

zu untersuchen. Dieser war jetzt ( um<br />

1<br />

/2 2 Uhr) bis auf -5 Grad Réaumur <strong>her</strong>abgesunken.<br />

Ich hütete mich wohl, mich<br />

noch einmal dem gefährlichen Schlafe,<br />

welc<strong>her</strong> mit immer mehr verführerisc<strong>her</strong><br />

Behaglichkeit sich meiner bemächtigen<br />

wollte, zu überlassen.“<br />

Simony hielt sich mit Kaffeekochen bis<br />

zum Morgengrauen wach. Richtung<br />

Norden konnte er schon das nahende<br />

Unwetter beobachten, das in wenigen<br />

Stunden endgültig losbrechen musste.<br />

Bald nach sieben Uhr tauchten seine<br />

beiden Begleiter am Oberrand des Eisfelds<br />

auf und antworteten freudig auf<br />

seine Rufe. Bis gegen Mittag arbeiteten<br />

sie noch an der Fertigstellung des<br />

Steiges, dann stiegen sie und Simony<br />

im einsetzenden Eisregen müde und<br />

erschöpft nach Hallstatt ab.<br />

Simony berichtete über diese und viele<br />

weitere Bergerlebnisse in renommierten<br />

Zeitungen und schuf so Aufmerksamkeit<br />

für sich und seine Unternehmungen, die<br />

im Grunde ja naturwissenschaftliche<br />

Fragen beantworten sollten. Die abenteuerlichen<br />

Aspekte verhalfen ihm aber<br />

zu breiter Bekanntheit und Respekt bis in<br />

allerhöchste gesellschaftliche Kreise, die<br />

– wie am Beispiel des <strong>Da</strong>chsteinsteiges<br />

zu sehen ist – seine Projekte schließlich<br />

finanzierten.<br />

Die wissenschaftlichen Ergebnisse<br />

seiner Arbeiten im <strong>Da</strong>chsteingebiet,<br />

zahllose Zeichnungen, Karten, Seelotungen,<br />

Gletsc<strong>her</strong>messungen, Temperaturmessreihen,<br />

Gesteine, Fossilien<br />

und Abhandlungen zu verschiedensten<br />

Themen gipfelten schließlich 1851 in der<br />

Ernennung zum ersten Professor am neu<br />

geschaffenen Geographischen Institut<br />

der Universität Wien. Sie fanden ihren<br />

Abschluss erst 1895 im hohen Alter, in<br />

Friedrich Simonys eigenhändig illustriertem<br />

Werk „<strong>Da</strong>s <strong>Da</strong>chsteingebiet. Ein<br />

geographisches Charakterbild aus den<br />

österreichischen Nordalpen“.<br />

18<br />

19


Bertraud Hable<br />

Johann Noe Von der Null<br />

Ein unbekannter Montanexperte<br />

im Dienste des Stiftes Admont<br />

Um das Roheisen für seine Hammerwerke<br />

in Stegmühl, Klamm und Trieben<br />

nicht nur teuer kaufen zu müssen, war<br />

das Stift Admont bemüht, sie auch mit<br />

stiftseigenem Rohstoff, dem so genannten<br />

Waldeisen, zu beliefern. Die hierfür<br />

in Frage kommenden Abbaustätten auf<br />

Eisen waren jene in der lang gestreckten<br />

Gebirgskette Richtung Kaiserau,<br />

rund um das Schloß Röthelstein, im<br />

Treffner-, Frantschen- und Strohsackgraben,<br />

so wie am Rothkogel, welc<strong>her</strong><br />

sich südlich von Admont erstreckt. Die<br />

Erstbelehnung für den Abbau dieses<br />

Siderit in blättriger Form, vom alten Bergbau<br />

in Aigen bei Admont<br />

Rohstoffvorkommens erfolgte 1783.<br />

Die Verhüttung des Ro<strong>her</strong>zes wurde im<br />

stiftseigenen Radwerk am Dietmannsberg<br />

(Lichtmeßberg) in Admont in der<br />

Nähe der Abbaustätten durchgeführt.<br />

Heute befindet sich dieses Gebäude in<br />

Privatbesitz und hat als Wohnhaus einen<br />

neuen Verwendungszweck gefunden.<br />

Stift Admont, Lithografie Kaiser,1823 | alle Fotos E. Reichenfelser<br />

Johann Noe Von der Null<br />

Bereits 1794 scheint erstmals Johann<br />

Noe Von der Null als Verweser des<br />

Hammerwerkes in der Klamm auf. Dieser<br />

Betrieb befand sich unterhalb der<br />

Burg Strechau. Der flämisch klingende<br />

Name wurde in den zeitgenössischen<br />

handschriftlichen Aufzeichnungen verschieden<br />

geschrieben wie z. B. Johan<br />

Noah Von der Null, oder Johann Noe<br />

Van der Nüll. Wo<strong>her</strong> dieser Montanist<br />

stammte, liegt im Dunklen. Er war in<br />

der Folge bis 1819, also 25 Jahre, im<br />

Dienste des Stiftes Admont und starb<br />

am 23 Juli 1821.<br />

Waren es religiöse Gründe welche ihn<br />

bewegten, obwohl er selbst evangelisch<br />

war, in die Bergbaugebiete der Steiermark<br />

zu ziehen und sich in die Dienste<br />

des Stiftes Admonts zu begeben, oder<br />

andere unerforschte Probleme in seinem<br />

Lebensweg? Wir wissen es nicht.<br />

So sind auch der Geburtsort und das<br />

genaue Geburtsdatum unbekannt. Es<br />

liegt vermutlich im Jahre 1743. Nach<br />

seinen eigenen Angaben, welche er in<br />

der für ihn so typischen Handschrift in<br />

einem Bericht über das Hammerwerk in<br />

Trieben niederschrieb, war er 14 Jahre<br />

als Verweser des eisenverarbeitenden<br />

Betriebes in der Klamm tätig. Seine eigenwillig<br />

anmutende Schreibweise, die<br />

vor allem bei manchen Großbuchstaben<br />

in Erscheinung tritt, lässt die Vermutung<br />

aufkommen, dass seine Muttersprache<br />

nicht Deutsch war und dass er diese<br />

Sprache so wie die Kurrentschrift erst<br />

in späteren Jahren erlernt hat.<br />

Hammerwerksverweser,<br />

Pächter und Bergbaudirektor<br />

Johann Noe Von der Null wechselte am 1.<br />

Jänner 1807 von seiner Wirkungsstätte<br />

in der Klamm, wo er als Verweser tätig<br />

war, als Pächter ins Hammerwerk nach<br />

Ein Stück Blech vom Hammer- und Blechwerk in Trieben<br />

Trieben. Dieses war der größte metallverarbeitende<br />

Betrieb des Stiftes Admont<br />

und zugleich eines der bedeutendsten<br />

derartigen Werke innerhalb des gesamten<br />

steirischen Raumes. Der Montanexperte<br />

übernahm diese unternehmerische<br />

Aufgabe gemeinsam mit Paul Zandt, dem<br />

frü<strong>her</strong>en Administrator dieses Betriebes.<br />

Vom 31. Dezember 1812 bis zum 31.Oktober<br />

1814 hatte Von der Null das Werk<br />

alleine als Pächter inne.<br />

Ein von ihm selbst verfasster Text beschreibt<br />

einerseits die Entwicklung<br />

dieses Werkes und andererseits die<br />

reiche Produktpalette der Erzeugnisse,<br />

welche der Betrieb aus dem stiftseigenen<br />

Eisen <strong>her</strong>stellte. Er beendete dieses<br />

Schriftstück, welches sich heute noch<br />

im Archiv des Stiftes Admont befindet,<br />

mit der vom 10. Februar 1814 datierten<br />

Unterschrift „Johan Noah Von der Nüll,<br />

Admontisc<strong>her</strong> Berg - Schmelz -und Hammerwerksdirektor<br />

im 71. Jahre“.<br />

Ab 1810 war er zusätzlich als Werksdirektor<br />

des Radwerkes in Admont sowie<br />

als Direktor des gesamten Bergbauwesens<br />

des Stiftes Admont tätig. Diesen<br />

Titel behielt er bis zu seinem Tode am<br />

23. Juli 1821.<br />

Ausschnitt aus dem Kathaster von 1824 mit<br />

dem Blahaus (Schmelzhütte)<br />

1814 übergab Johann Noe Von der Null<br />

die Leitung des Hammerwerkes in<br />

Trieben an den neuen Pächter Joseph<br />

Thaddäus Raspor und konzentrierte sich<br />

auf seine Position als Werksdirektor<br />

des Radwerkes in Admont, sowie als<br />

Bergbaudirektor des Stiftes über die<br />

gesamten Bergbaue, welche dem Stifte<br />

unterstanden und diesem abgabepflichtig<br />

waren.<br />

Hier im Radwerk Admont gab es in den<br />

Jahren 1817/18 technische sowie wirtschaftliche<br />

schwer wiegende Probleme.<br />

Der Schmelzofen im Admonter Radwerk<br />

war mehrere Monate betriebsunfähig,<br />

weil die inneren Ofensteine ausgebrannt<br />

waren und erneuert werden mussten.<br />

Dies bedeutete einen großen Produktionsausfall<br />

des hier erzeugten Waldeisens,<br />

der sich über mehrere Monate<br />

hinzog und sich in der Jahresabrechnung<br />

von 1818 mit 2101 Gulden 15 Kreuzer als<br />

Negativausgaben niederschlug. Weiters<br />

bezeugt eine handgeschriebene Anmerkung<br />

des Werksdirektors Johann Noe<br />

Von der Null aus dem Jahre 1818, dass<br />

der Preis für einen Zentner Waldeisen<br />

von 14 Gulden per Zentner auf 8 Gulden<br />

gefallen war und dieser Preissturz weitere<br />

wirtschaftliche Schwierigkeiten nach<br />

sich zog. Zusätzlich gab es Probleme mit<br />

dem Kohlholz, beziehungsweise dem<br />

Mangel an Holzkohle. Um nicht teure<br />

Kohle von Hieflau aus dem Innerberger<br />

Gebiet zuführen zu müssen, traf er<br />

eine Vereinbarung mit dem vom Stift<br />

Admont angestellten Forstmeister Trittenwein,<br />

um aus stiftseigenen Wäldern<br />

von Selzthal doch etwas preisgünstiger<br />

anzukaufen können, um den Betrieb im<br />

Radwerk aufrecht zu erhalten.<br />

All diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten,<br />

aber auch das hohe Alter von<br />

76 Jahren bewogen Johann Noe Van<br />

der Null, in den Ruhestand zu treten.<br />

Der neue Pächter des Hammerwerkes<br />

Eigenhändige Unterschrift der Werksbeschreibung von Johann Noe Von<br />

der Null, 10. Februar 1814<br />

in Trieben so wie des Radwerkes in<br />

Admont, Kajethan Harl, musste sich<br />

verpflichten, dem nun pensionierten<br />

Werksdirektor Johann Noe Von der Null<br />

für die <strong>Da</strong>uer der achtjährigen Laufzeit<br />

seines neu übernommenen Pachtvertrages,<br />

jährlich 600 Gulden Pension<br />

zu bezahlen. Weiters war Kajethan Harl<br />

verpflichtet, nach dem Ableben des<br />

Werksdirektors auch an dessen Witwe<br />

Josefa Von der Null 320 Gulden jährlich<br />

zu bezahlen.<br />

Harl wird bei den späteren Nachlassverhandlungen<br />

in einem Schreiben als<br />

Schwager des verstorbenen Werkdirektors<br />

erwähnt. Worin dieses Verwandtschaftsverhältnis<br />

zwischen Johann<br />

Noe Von der Null und Kajethan Harl<br />

genauerhin bestand und wie es zustande<br />

gekommen war, konnte noch nicht<br />

Erfahrung gebracht werden und bedarf<br />

weiterer Forschungsarbeiten.<br />

Am 23. Juli 1821 verstarb Johann Noe<br />

Von der Null an Altersschwäche im Alter<br />

von 78 Jahren und wurde am 25. Juli<br />

1821 in Admont begraben. Er hatte bis<br />

dahin mit seiner Familie in Admont im<br />

Haus Hauptstraße Nr. 7 gelebt. Heute<br />

ist in diesem Hause die Backstube der<br />

Siegel von Johann Noe Von der Null<br />

20<br />

21


Konditorei Stockhammer untergebracht,<br />

die nunmehr von der Familie Planitzer<br />

betrieben wird.<br />

Die Familie des Johann Noe<br />

Von der Null<br />

Um 1810 war die Familie Van der Null<br />

bereits in Admont wohnhaft. Aus den<br />

Matriken des katholischen Pfarramtes<br />

in Admont geht <strong>her</strong>vor, dass in diesem<br />

Jahr am 6. Dezember ein Sohn des Bergbaudirektors<br />

mit den Namen Fritz im<br />

Alter von neun Jahren an „Gallfieber“<br />

verstarb. Die Familie hatte ihre Wohnung<br />

zu diesem Zeitpunkt im Haus Admont<br />

Nr. 46, ehemals Lebzelter genannt, am<br />

linken Ufer des Lichtmeßbaches.<br />

Die Gattin des Werksdirektors namens<br />

Josefa, geborene Kofler (möglic<strong>her</strong>weise<br />

stammte sie aus Eisenerz), kaufte am 28.<br />

Juni 1814 offenbar aus eigenen Mitteln<br />

das oben genannte, damals als Willhelm<br />

Schneider Haus bezeichnete Anwesen<br />

Admont Nr. 7 um 3750 Gulden.<br />

Johann Noe Von der Null hatte drei Kinder.<br />

Es waren dies die Söhne Fritz und<br />

Gotthard, sowie die Tochter Barbara.<br />

Fritz verstarb als Kind mit neun Lebensjahren.<br />

Gotthard war Kadett in der k. k.<br />

Armee und noch minderjährig (also noch<br />

nicht 24 Jahre alt) als sein Vater 1821<br />

verstarb. Die Tochter Barbara war zum<br />

Todeszeitpunktes ihres Vaters bereits<br />

mit Joseph Schnitzer, „Concipient der<br />

K.K. Hauptgewerkschafts Direktion“ in<br />

Eisenerz, verheiratet.<br />

Kurz nach dem Ableben ihres Ehegatten<br />

am 2. Oktober 1821 verkaufte Josefa<br />

Von der Null das große Haus im Markt<br />

Nr. 7 an das Ehepaar Leopold und T<strong>her</strong>esia<br />

Degrinis um 3000 Gulden und<br />

70 Gulden Leihkauf. Laut Kaufvertrag,<br />

der sich heute im Landesarchiv in Graz<br />

befindet, musste die Witwe Josefa Von<br />

der Null bereits am darauf folgenden<br />

Tag den Besitz verlassen und nahm nur<br />

„einen langen und einen kleinen Tisch<br />

und 10 Klafter Brennholz im Werte von<br />

30 Gulden mit“. Wohin Josefa Von der<br />

Null gezogen ist, oder ob sie sich wieder<br />

verehelicht hatte ist unbekannt.<br />

Ihr Name wurde bei den sehr intensiv<br />

geführten Nachlassverhandlungen nicht<br />

mehr erwähnt.<br />

Radwerk (Blahaus) in der Krumau bei Admont,<br />

heute ein Wohnhaus<br />

Der Nachlass des Bergbaudirektors<br />

Johann Noe Von der Null<br />

Mehr als ein halbes Jahr nach dem Tod<br />

des ehemaligen Bergbaudirektors wurde<br />

am 1. Februar 1822 im Hofgericht des<br />

Stiftes Admont ein ausführliches Liquidationsprotokoll<br />

verfasst, nachdem<br />

am 28.Jänner ein schwerer Schneesturm<br />

eine geplante Abhandlung der<br />

Verlassenschaft des verstorbenen Herrn<br />

Werksdirektors Johann Noe Von der<br />

Null verhindert hatte; dieses Schriftstück<br />

dokumentiert uns heute noch,<br />

mit welchen Problemen man sich dabei<br />

auseinandersetzen musste.<br />

Zu dieser Verhandlung hatten sich von<br />

Seiten des Stiftes der Prior P. Leo Kaltenegger<br />

als Stellvertreter des Abtes von<br />

Rein in dessen Funktion als Administrator<br />

von Admont, der Administrations-<br />

Sekretär P. Erenbert Sirk, der Hofrichter<br />

Josef Gatterer in seiner Eigenschaft als<br />

„Amtsrichter“ und der Notar Emanuel<br />

Schagl eingefunden. Als Vertreter der<br />

Gegenseite und Einbringer einer auf 3000<br />

Gulden lautenden Verlassenschaftsforderung<br />

gegenüber dem Stift Admont war<br />

der bereits erwähnte Joseph Schnitzer,<br />

Konzipient der K.K- Hauptgewerkschafts-<br />

Direktion in Eisenerz, anwesend. Er vertrat<br />

als gerichtlich bestellter Vormund<br />

den noch minderjährigen Gotthard Von<br />

der Null und dessen Schwester Barbara,<br />

verehelichte Schnitzer, und damit seine<br />

eigene Ehefrau.<br />

Johann Von der Null war vermutlich mittellos<br />

gestorben. Josef Schnitzer hatte<br />

allerdings beim Aufarbeiten der Nachlasspapiere<br />

eine Bilanz aus dem Jahre<br />

1819 über die finanzielle Gebarung des<br />

Radwerkes in Admont gefunden, wonach<br />

dem Erblasser noch eine ausstehende<br />

Forderung von 3000 Gulden zustand.<br />

Es kam zu einer langwierigen Verhandlung,<br />

in deren Verlauf keine der beiden<br />

Seiten den eindeutigen Beweis erbringen<br />

konnte, ob diese Forderung zu Recht<br />

bestand, oder ob Johann Noe Von der<br />

Null auf Grund seines hohen Alters die<br />

Buchführung vielleicht nicht vollständig<br />

und ordnungsgemäß geführt hatte.<br />

Um dies endgültig zu klären, hätte es<br />

vermutlich eines Gerichtsverfahrens<br />

bedurft. Um die hiermit voraussichtlich<br />

verbundenen hohen Kosten zu vermeiden,<br />

bat der Vormund im Namen der<br />

beiden Erben um den Abschluss der<br />

Nachlassverhandlung. Die gesetzlichen<br />

Erben hatten eine nur bedingte Erbeserklärung<br />

niedergelegt; auf diese Weise<br />

konnten sie weitere Kosten ersparen,<br />

weil die Erbmasse ihres verstorbenen<br />

Vaters erschöpft war.<br />

Mit dem Revers, welc<strong>her</strong> erst am 22.<br />

Juli 1822 in Graz vom Prior und vom<br />

Administrations-Sekretär unterzeichnet<br />

wurde, verschwindet der Name Johann<br />

Noe Von der Null aus den schriftlichen<br />

Aufzeichnungen. Er hatte als Berg-<br />

Schmelz- und Hammerwerksdirektor<br />

durch ein Vierteljahrhundert dem Stift<br />

Admont in verantwortungsvollen Positionen<br />

gedient, wobei es manche große<br />

wirtschaftliche, aber auch technische<br />

Probleme zu lösen gab. Über sein Wirken<br />

als Montanist berichten heute noch die<br />

einschlägigen Archivalien des Stiftes<br />

Admont. In seinem Siegel mit den ineinander<br />

verschlungenen Initialen J N V<br />

D N, welches sich im Übergabeakt des<br />

Radwerkes Admont befindet, hinterließ<br />

Johann Noe Von der Null der Nachwelt<br />

ein individuell gestaltetes Erinnerungsstück.<br />

Quellennachweise:<br />

Stiftsarchiv Admont<br />

Bergbau-Akten 1783-1829 (F-85).<br />

J. N. Von der Null, Beschreibung des<br />

Hammerwerkes Trieben von 1814 (H-<br />

218).<br />

Kaufbrief-Protokoll des Hofgerichtes<br />

1812-1817 (Xx-183/c).<br />

Urban Ecker, Elenchus officialium<br />

monasterii Admontensis (Verzeichnis<br />

der geistlichen und weltlichen<br />

Amtsträger des Stiftes Admont), 1841<br />

(A-114).<br />

Matriken der katholischen Pfarre Admont,<br />

Sterbebuch 5, 1784 -1829.<br />

Steiermärkisches Landesarchiv<br />

Graz<br />

Grundbuch Markt Admont (GbNR BG<br />

Liezen Nr. 2)<br />

Literaturhinweis<br />

Jakob Wichner, Kloster Admont und<br />

seine Beziehungen zum Bergbau und<br />

zum Hüttenbetrieb. In: Berg- und hüttenmännisches<br />

Jahrbuch 39 (1891)<br />

Adi Barazzutti und Gerald Gerhardter<br />

Volkskulturpreisträger<br />

der Steiermark 2010<br />

Der Krippenverein Stein an der Enns<br />

stellt sich vor …<br />

Blick in die Krippenaustellung, 2011 | Fotos: Krippenverein<br />

Gründung und Aufgaben<br />

des Vereines:<br />

Der Verein wurde am 13. Mai 1999 mit<br />

13 Mitgliedern gegründet. Seine Aufgabe<br />

besteht darin, das alte Kunsthandwerk<br />

des „Krippenbauers“ zu erhalten und<br />

zu verbreiten. Die Weihnachtskrippe,<br />

die in keiner christlichen Familie fehlen<br />

sollte, steht im Mittelpunkt des Vereinsgeschehens.<br />

Die insgesamt 108<br />

Mitglieder stammen vorwiegend aus<br />

dem Ennstal, aus Salzburg und Oberösterreich,<br />

Obmann ist Gerald Gerhardter<br />

aus Stein/Enns. Die erste Werkstätte<br />

war ein eigens sanierter Kohlenkeller<br />

der Volksschule Stein/Enns. Im Jahr<br />

2003 stellte die Gemeinde Großsölk<br />

Räumlichkeiten im oberen Stock der<br />

Volksschule – in denen bis heute Kurse<br />

abgehalten werden – zur Verfügung.<br />

Von den ca. 800 Kursteilnehmern und<br />

Vereinsmitgliedern wurden bereits über<br />

1000 Krippen gebaut.<br />

Kursangebot des Krippenvereines:<br />

Seit November 2000 werden unter der<br />

Leitung von Obmann Gerald Gerhardter<br />

und Krippenbaumeister Adi Barazzutti<br />

Krippenbaukurse für Kinder (im August<br />

und November) abgehalten. Pro Kurs<br />

bauen ca. 10 Kinder im Alter zwischen<br />

8 und 16 Jahren heimatliche und orientalische<br />

Krippen. Aufgrund der umfangreichen<br />

und fachkundigen Vorbereitung<br />

durch die beiden Kursbetreuer ist es<br />

Mesnerhütte auf der Tuchmoaralm,<br />

Krippe von M. Atzlinger<br />

möglich, in den 4 mal 4 Stunden beeindruckende<br />

Werke zu schaffen.<br />

Unter der Leitung von Adi Barazzutti<br />

werden seit Frühjahr 2001 bis zu 4 Krippenbaukurse<br />

jährlich für Erwachsene<br />

abgehalten. <strong>Da</strong>bei werden von den Teilnehmern<br />

in ca. 60 Stunden heimatliche<br />

und orientalische Krippen in allen Arten,<br />

Bauweisen und Größen gebaut. Besonderer<br />

Beliebtheit erfreut sich der Nachbau<br />

von Bauernhäusern, Almen, Kapellen<br />

und sonstiger Gebäude (bis jetzt ca.<br />

70 Objekte), die dazu beitragen, das<br />

bäuerliche Kulturgut und alte Bauweisen<br />

zu erhalten. Die selbst gebauten Krippen<br />

– meist mit schönen Erinnerungen<br />

verbunden – vermitteln ein besonders<br />

schönes und emotionales Erlebnis.<br />

Im Rahmen von Hintergrundmalkursen<br />

unserer Schriftführerin Renate Schaffer<br />

werden mit Pigmentfarben (Bindemittel<br />

Leim) heimatliche oder orientalische<br />

Landschaften gemalt, wodurch<br />

die Krippen mehr Tiefe bekommen. An<br />

zwei Tagen bietet Elfriede Meisinger<br />

aus Linz Kurse für „Klosterarbeiten“ an.<br />

<strong>Da</strong>bei werden mit viel Geduld, Geschick<br />

und Feingefühl sakrale Gegenstände<br />

und wertvoller Christbaumschmuck<br />

angefertigt.<br />

Ausstellungen:<br />

Neben vielen kleineren Ausstellungen<br />

(Schladming, Ramsau, Kleinsölk,<br />

Aich…..) findet heuer im Turnsaal<br />

der HS Stein/Enns wieder die große<br />

Krippen- u. geschmückte Christbaumausstellung<br />

des Vereines statt – eine<br />

wunderbare, besinnliche Einstimmung<br />

auf das schönste Fest im Jahr.<br />

Nur alle 2 Jahre wird diese aufwendige<br />

Ausstellung, die wahrscheinlich<br />

die größte Krippenausstellung der<br />

Steiermark ist, veranstaltet.<br />

Krippen- u.<br />

Christbaumausstellung<br />

vom 06. – 08. Dezember <strong>2013</strong> im<br />

Turnsaal der HS Stein/Enns<br />

Freitag, 06. Dez.<br />

15.00 Uhr Eröffnungsfeier mit Segnung<br />

der Krippen | Musik: Klarinettenduo<br />

Zettler/Schattleitner aus Öblarn |<br />

Mag. Christina Lugstein-Kirschgasser<br />

aus Radstadt – Harfe | geöffnet bis<br />

20.00 Uhr<br />

Samstag, 07. Dez.<br />

geöffnet von 10.00 – 19.00 Uhr<br />

ab 13.30 Uhr Familienmusik Moosbrugger<br />

aus Aich<br />

Sonntag, 08. Dez.<br />

geöffnet von 10.00 – 18.00 Uhr<br />

ab 13.30 Uhr K&K Vierg`sang aus<br />

der Kleinsölk<br />

ca. 125 Aussteller präsentieren:<br />

ca. 200 Weihnachtskrippen (alle<br />

Kurskrippen und Krippen der Mitglieder)<br />

ca. 30 verschieden geschmückte<br />

Christbäume<br />

Nachbauten unserer Heimat, kunstvolle<br />

Klosterarbeiten, Schnitzarbeiten,<br />

Rauschgoldengel, Bilder (Acryl,<br />

Aquarell, …)<br />

Tageseintritt: Erwachsene E 5,–;<br />

Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre<br />

sind frei!<br />

Auf Ihren geschätzten Besuch freut<br />

sich der Krippenverein Stein/Enns!<br />

22<br />

23


Rückblick | Einblick | Ausblick<br />

<strong>Da</strong>nk für langjährige Zusammenarbeit<br />

mit Dr. Johann Tomaschek<br />

Am Donnerstag, den 17. Oktober hielt Dr. Johann Tomaschek<br />

mit seiner Gattin Ottilie im Schloss Trautenfels den Vortrag<br />

„Begegnungen mit Peter K. Rosegger“. Der große Publikumszuspruch<br />

zeugte von der Beliebtheit und Kompetenz<br />

des Admonter Archivars und Bibliothekars, der bereits über<br />

zwanzig Jahre das Veranstaltungsprogramm im Schloss<br />

Trautenfels bereic<strong>her</strong>t. <strong>Da</strong>rüber hinaus hat er seit 1987 die<br />

Zeitschrift „<strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>“ mit seinen vielfältigen kulturgeschichtlichen<br />

Beiträgen maßgeblich mitgeprägt. Unter<br />

dem ehemaligen Museumsleiter Dr. Volker Hänsel ist diese<br />

erfolgreiche Zusammenarbeit initiiert worden. Anlässlich des<br />

bevorstehenden Ruhestandes von Dr. Tomaschek dankten ihm<br />

Mag. Katharina Krenn für das <strong>Universalmuseum</strong> <strong>Joanneum</strong><br />

und Wolfgang Otte für den Verein Schloss Trautenfels für die<br />

langjährige freundschaftliche Kooperation und drückten ihre<br />

Hoffnung aus, dass die Familie Tomaschek auch weiterhin<br />

dem Schloss Trautenfels verbunden sein möge.<br />

Dr. Volker Hänsel, Ottilie und Dr. Johann Tomaschek, Wolfgang Otte |<br />

Foto K. Krenn<br />

Liezen im Zeitenwandel<br />

Im Herbst 2000 hatte sich eine Gruppe historisch interessierter<br />

Personen zum Arbeitskreis Stadtmuseum Liezen zusammengefunden,<br />

um Vorarbeiten für ein solches Museum zu leisten. So<br />

wurde die lokale Geschichte aufgearbeitet und veröffentlicht (in<br />

50 Beiträgen), bestehende Sammlungen und Sehenswürdigkeiten<br />

bekannt gemacht, Fundstücke und Gegenstände gesammelt und<br />

geeignete Räume für ein Museum (leider ergebnislos) gesucht.<br />

Mit einer sehenswerten Ausstellung und der Präsentation des<br />

Liezen-Buches, nämlich der 50 – mit der Stadtzeitung veröffentlichten<br />

– Beiträge zur Geschichte von Liezen möchte sich der<br />

Arbeitskreis, nach 13-jähriger Tätigkeit, von der Bevölkerung<br />

verabschieden.<br />

Historische Ausstellung<br />

mit Dia-Schau und Buchpräsentation<br />

Eröffnung: Do 14.11., 19.00 Uhr<br />

Ort: Kulturhaus Liezen, kleiner Saal und Sitzungszimmer<br />

<strong>Da</strong>uer der Ausstellung: Do 14.11. bis Di 19.11.<strong>2013</strong><br />

Zeit: Fr 15.11. bis So 17.11.: 10.00 - 12.00 und 14.00 - 16.00 Uhr<br />

Fr 15.11.: auch von 18.00 - 20.00 Uhr<br />

Mo 18.11. und Di 19.11.: reserviert für Schulen<br />

Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz:<br />

DA SCHAU HER erhält sich aus den Mitglieds- und Abonnementsbeiträgen, Förderungen sowie Spenden. Die Kassengebarung wird<br />

alljährlich bei der Generalversammlung des Vereins den Mitgliedern vorgelegt. Im Sinne der Vereinsstatuten dient DA SCHAU HER der<br />

Unterstützung kultureller Tätigkeiten und der Förderung heimatkundlic<strong>her</strong> Forschungen.<br />

Die von den Autorinnen und Autoren gezeichneten Texte müssen nicht der Meinung der Redaktion von „<strong>Da</strong> <strong>schau</strong> <strong>her</strong>“ entsprechen.<br />

Wir freuen uns immer über interessante Beiträge aus den Bereichen Kultur und Natur im Bezirk Liezen und angrenzenden Gebieten. Nehmen Sie bitte mit<br />

uns Kontakt auf oder senden Sie Ihren Bericht an den Verein Schloss Trautenfels, Email: trautenfels@museum-joanneum.at, oder direkt an Wolfgang Otte,<br />

Email: wolfgang.otte@museum-joanneum.at. Die Berichte sollten einen Umfang von vier A4-Seiten Text inklusive Fotos nicht überschreiten.

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