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14. Zukünftige Entwicklungstendenzen

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<strong>14.</strong> Zukünftige <strong>Entwicklungstendenzen</strong><br />

Sowohl der SF 6 -Schalter im Hochspannungsbereich als auch der Vakuumschalter in der Mittelspannung<br />

haben sich auf breiter Front durchgesetzt, und es ist nicht zu erkennen, dass sie in<br />

naher Zukunft durch andere Löschprinzipien abgelöst werden. Dennoch wird intensiv über alternative<br />

Schalter, insbesondere für spezielle Anwendungen, nachgedacht. Teilweise befinden<br />

sich auch Versuchsmuster oder Prototypen in der Erprobung.<br />

Folgende Entwicklungen werden heute verfolgt:<br />

- Konventioneller Schalter mit intelligenter Steuerung und Überwachung<br />

- Halbleiterschalter<br />

- Supraleitender Schalter.<br />

<strong>14.</strong>1 Konventionelle Schalter mit intelligenter Steuerung und Überwachung<br />

Die Steuerung und Überwachung eines Leistungsschalters stellt vom Ablauf her einen<br />

Prozess dar. Dieser lässt sich mit den heutigen Methoden der Prozess- und<br />

Automatisierungstechnik sinnvoll und effizient bearbeiten. Unterschiedliche Varianten<br />

können mit der gleichen Hardwarekonfiguration und gewissen Softwaremodifikationen<br />

verwirklicht werden. Zusätzlich kann dieses System aber auch Diagnosefunktionen einschl.<br />

Eigendiagnose übernehmen. In Bild <strong>14.</strong>1.1 sind die wesentlichen Elemente eines solchen<br />

Steuerungs-, Überwachungs- und Diagnosesystem dargestellt. Es besteht aus einem<br />

Mikroprozessor-System, welches die Funktionen Steuerung, Überwachung und Diagnose<br />

Sensoren<br />

Antrieb<br />

(Motor, N 2 ,<br />

Hydr.-Druck,<br />

Federsp.)<br />

Stell.-Meld.<br />

Weg/Zeit<br />

SF 6<br />

-Dichte<br />

Strom<br />

Spg.<br />

Laptop<br />

Visualisierung<br />

Mikroprozessor<br />

Steuerung<br />

Schwellwerte Störwerte<br />

Kinematische<br />

Antrieb<br />

Kette<br />

Überwachung<br />

Selbstüberwachung<br />

Schaltvorgang SF 6 -Dichte<br />

Kinematische<br />

Antrieb<br />

Kette<br />

Diagnose<br />

Interface<br />

SF 6 -Dichte<br />

Schaltfeld<br />

Antriebssteuer.<br />

Ein-,<br />

Auslöser<br />

Konvent.<br />

Stör- & Warnmeld.<br />

Trends<br />

Vorwarnungen<br />

lBild <strong>14.</strong>1.1:<br />

oKonzept und wesentliche<br />

Elemete eines Mikroprozessor<br />

gesteuerten Steuerungs-,<br />

Überwachungs- und<br />

Diagnosesystems für Hochspannungs-Leistungsschalter<br />

ausführt.<br />

Der Steuerungsteil übernimmt die EIN- und AUS-Schaltung und das Laden des Energiespeichers.<br />

Als Eingangsgrößen stehen verschiedene Meldungen in Form von Schalterstellungsrückmeldungen,<br />

Schwellwerten und Störmeldungen zur Verfügung. Der Überwachungsteil<br />

wird von verschiedensten Sensoren mit Messwerten versorgt. Als Messgrößen werden erfasst<br />

Temperatur, Weg-Zeit-Kurve der Schaltbewegung, SF 6 -Dichte bzw. SF 6 -Druck und -Temperatur,<br />

Antriebsenergie und darüber hinaus Strom und Spannung.<br />

183


Der Diagnoseteil erhält vom Überwachungsteil, aber auch vom Steuerungsteil Daten und<br />

Messwerte und verarbeitet diese mit Hilfe von Algorithmen und Software-Routinen. Dabei<br />

wird auch auf Daten aus der Vergangenheit bzw. auf Ursprungsdaten zurückgegriffen. So<br />

kann das Erreichen von Grenzwerten ermittelt werden, und es lassen sich Trendanalysen<br />

durchführen. Beispielsweise können Schaltgeschwindigkeit, Weg-Zeit-Verhalten und Gasdichte,<br />

aber auch Antriebsenergie und Kurzschluss-Summenstrom, permanent überwacht und<br />

analysiert werden. Daneben ist jederzeit eine aktuelle Statusabfrage möglich.<br />

Auf Grund der Leistungsfähigkeit des Mikroprozessorsystems können auch komplexe Zusammenhänge<br />

bearbeitet und bei der Analyse berücksichtigt werden. So müssen beispielsweise<br />

bei der EIN- und AUS-Schaltbewegung Ladezustand des Antriebs, SF 6 -Gasdruck und Temperatur<br />

als Einflussgrößen bekannt sein. Dazu werden als Beispiel die in Bild <strong>14.</strong>1.2 dargestellten<br />

Urkurven des Weg-Zeitverlaufes in Abhängigkeit des Hydraulikdruckes im Speicher abgelegt<br />

und bei einem Schaltvorgang in die Analyse der aktuellen Weg-Zeit-Kurve<br />

einbezogen.<br />

Dieses Steuerungs-, Überwachungs- und Diagnosesystem ist so aufgebaut, dass der<br />

Leistungsschalter autark arbeitet. Alle Leistungsschalter-spezifischen Funktionen werden von<br />

diesem System ausgeführt, überwacht und analysiert. Für die Weiterverarbeitung stehen dem<br />

Anwender dann vorverarbeitete Daten zur Verfügung. Diese Informationen müssen an einer<br />

geeigneten Schnittstelle übergeben werden. Die an den heutigen Schaltgeräten vorhandenen<br />

Schnittstellen sind nur mit gewissen Einschränkungen für eine solche Kommunikation<br />

geeignet. Daraus ergibt sich die Aufgabe, eine Schnittstelle auf digitaler Basis zu entwickeln,<br />

die die Kommunikation mit der modernen Leittechnik ermöglicht. Erst, wenn diese<br />

Schnittstelle vorhanden ist, können die Möglichkeiten „intelligenter Betriebsmittel“ in voller<br />

Breite genutzt werden.<br />

Die intelligente Steuerung kann auch zum zeitgesteuerten bzw. synchronen Schalten verwendet<br />

werden (Bild <strong>14.</strong>1.3). Hierzu wird das Einschalt- bzw. Auslösekommando aus den Eingangsgrößen<br />

und den Schaltereigenzeiten ermittelt. Durch das synchrone Schalten können<br />

zum einen die Beanspruchungen des Schalters, zum anderen die Beanspruchungen der angeschlossenen<br />

Betriebsmittel verringert werden. Beispielsweise kann beim Schalten von Kurzschluss-Strömen<br />

die Kontakttrennung des Schalters so vorgenommen werden, dass dieser mit<br />

kürzester Lichtbogenzeit schaltet. Auf diese Weise lässt sich der Kontaktabbrand deutlich<br />

reduzieren. Beim Schalten von kapazitiven Strömen werden Ausschaltungen mit kurzen<br />

Lichtbogenzeiten verhindert, um ausreichenden Kontaktabstand sicherzustellen und damit ein<br />

rückzündungsfreies Schalten zu garantieren. Die Einschaltung erfolgt im Spannungsnulldurchgang,<br />

so dass transiente Ausgleichsvorgänge weitgehend vermieden werden. Ebenso<br />

184<br />

Bild <strong>14.</strong>1.2:<br />

Weg-Zeitverlauf bei Einschaltung<br />

in Abhängigkeit<br />

des Hydraulikdruckes


lassen sich die Beanspruchung beim Einschalten von Transformatoren und Drosselspulen beeinflussen.<br />

Bild <strong>14.</strong>1.3:<br />

Prozess-Steuergerät zum<br />

synchronen Schalten<br />

<strong>14.</strong>2 Halbleiter-Schalter<br />

Der Halbleiter-Schalter ist ein lichtbogenfreier Schalter. Auf die Eigenschaften des Wechselstrom-Lichtbogens<br />

als ideales Synchronisiermittel mit guter Energieabfuhr muss bei diesem<br />

Schalter verzichtet werden, an Stelle dessen wird der Gleichrichtereffekt und die<br />

Impulsbelastbarkeit des Leistungshalbleiters - auf Grund der thermischen Kapazität - genutzt.<br />

In Bild <strong>14.</strong>2.1 a, b sind verschiedene Realisierungsmöglichkeiten des Halbleiter-Schalters<br />

dargestellt.<br />

Bei der einfachsten Ausführung mit antiparallelgeschalteten Thyristoren ist neben der ausreichenden<br />

Spannungsfestigkeit auch die Verlustleistung von einigen 100 kW im Nenn-<br />

Strombetrieb zu berücksichtigen (Bild <strong>14.</strong>2.1 a). Der isolationstechnische Aufwand kann<br />

durch einen Reihen-Trennschalter deutlich reduziert werden, die Verlustleistung bei Betriebsstrombelastung<br />

ist nach wie vor relativ hoch. Diese könnte durch Parallelschalten eines<br />

Kommutierungsschalters reduziert werden.<br />

Thyristor-Schalter<br />

HT<br />

Thyristor-Schalter<br />

mit Trennschalter HT<br />

KT<br />

HT<br />

Thyristor-Schalter mit<br />

Trennschalter HT und<br />

Kommutierungs-Schalter KT<br />

Bild <strong>14.</strong>2.1 a:<br />

Halbleiterschalter mit gesteuerten<br />

Ventilen<br />

185


Mit zwei in Reihe geschalteten Schnelltrennschaltern könnten an Stelle der Thyristoren<br />

einfache Dioden verwendet werden (Bild <strong>14.</strong>2.1 b). In diesem Fall würde sich der angeführte<br />

Schaltablauf ergeben.<br />

S1<br />

S2<br />

Dioden-Schalter mit<br />

Trennschalter S1 & S2 und<br />

Kommutierungs-Schalter K<br />

K<br />

Bild <strong>14.</strong>2.1 b:<br />

Halbleiterschalter mit Dioden<br />

Solche Halbleiter-Schalter können zur (Kurzschluss-)Strombegrenzung oder zum schnellen<br />

Schalten von induktiven bzw. kapazitiven Lasten im Falle von Parallel- oder<br />

Serienkompensatoren genutzt werden.<br />

Bild <strong>14.</strong>2.2 zeigt das Beispiel eines Strombegrenzers (FCL-TCI). Der in Reihe geschaltete<br />

LC-Kreis kann so gewählt werden, dass die Stromsteilheit di/dt das Löschvermögen des<br />

Thyristors nicht überschreitet.<br />

Bild <strong>14.</strong>2.2: Thyristor gesteuerter Strombegrenzer<br />

Andere Anwendungsfälle sind in Bild <strong>14.</strong>2.3 dargestellt. Bild <strong>14.</strong>2.3 a zeigt das Schaltbild<br />

eines statischen Kompensators (SVC), der aus einer mit Thyristoren geschalteten Kondensatorbank<br />

(TSC), einer thyristorgesteuerten Spule (TCR) und einem Filterkreis zur zusätzlichen<br />

Spannungsstützung und Ausfilterung von Oberschwingen besteht. Der Kompensator<br />

wird mit einer Betriebsspannung von 14 kV betrieben und über einen Transformator an das<br />

400-kV-Netz geschaltet.<br />

186


14 kV<br />

S N<br />

=<br />

150 MVA<br />

400 kV, 50 Hz<br />

TCR<br />

115 Mvar<br />

Filter<br />

40 Mvar<br />

TSC<br />

110 Mvar<br />

Bild <strong>14.</strong>2.3 a:<br />

Statischer Blindleistungskompensator;<br />

SVC<br />

Typische Anwendungen für statische Kompensatoren sind:<br />

- Verbesserte Netzstabilität<br />

- Schnelle Spannungsstützung<br />

- Regelung der induktiven Blindleistung<br />

- Dämpfung von Leistungspendelungen.<br />

In Bild <strong>14.</strong>2.3 b ist ein kontinuierlich geregelter Serienkompensator (ASC) dargestellt. Seine<br />

Aufgabe ist es den Energiefluss über die angeschaltete Leitung kontinuierlich zu steuern. Im<br />

vorliegenden Fall wurde ein konventioneller Serienkompensator durch ein Modul mit<br />

Leistungselektronik erweitert.<br />

Bild <strong>14.</strong>2.3 b:<br />

Geregelter Serienkompensator (ASC)<br />

Typische Anwendungen für solche kontinuierlich geregelten Serienkompensatoren sind:<br />

- Verbesserung der Netzstabilität<br />

- Direkte, kontinuierliche Lastfluss-Steuerung<br />

- Fehlerstrombegrenzung<br />

- Verminderung subsynchroner Resonanzen<br />

- Dämpfung von Leistungspendelungen.<br />

187


<strong>14.</strong>3 Supraleitende Schalter<br />

Supraleiter haben die Eigenschaft bei Überschreiten einer bestimmten Stromdichte bzw. magnetischen<br />

Induktion, der sog. kritischen Stromdichte J c bzw. kritischem B c vom supraleitenden<br />

in den normalleitenden Zustand überzugehen (Bild <strong>14.</strong>3.1). Die supraleitenden<br />

Eigenschaften liegen aber nur unterhalb einer gewissen Temperatur, der sog. kritischen<br />

Temperatur T c vor.<br />

Bild <strong>14.</strong>3.1:<br />

Grundsätzliche Widerstandscharakteristik<br />

eines Supraleiters<br />

Supraleiter bieten sich daher zur Realisierung von strombegrenzenden Schaltern an. Insbesondere<br />

die Fortschritte auf dem Gebiet der Hochtemperatur-Supraleitung (HTC) mit kritischen<br />

Temperaturen von z. B. 77 K für Bi (2223) forcieren derartige Überlegungen.<br />

Entsprechend den oben beschriebenen physikalischen Eigenschaften können supraleitende<br />

Strombegrenzer (SFCL) auf resistiver und induktiver Basis verwirklicht werden (Bild <strong>14.</strong>3.2).<br />

Rp<br />

I<br />

SFCL<br />

AS<br />

AS<br />

SFCL<br />

resistiv<br />

Kryostat<br />

induktiv<br />

Kryostat<br />

Bild <strong>14.</strong>3.2:<br />

Grundprinzipien supraleitender<br />

Strombegrenzer<br />

Ein supraleitender resistiver Strombegrenzer lässt sich in vier Grundvarianten realisieren<br />

(Bild <strong>14.</strong>3.3).<br />

188


SFCL<br />

R p<br />

Kryostat<br />

SFCL<br />

a)<br />

b)<br />

Kryostat<br />

c)<br />

d)<br />

X p<br />

Kryostat<br />

SFCL<br />

X p<br />

Kryostat<br />

SFCL<br />

Bild <strong>14.</strong>3.3:<br />

Prinzipien eines supraleitenden<br />

resistiven Strombegrenzers<br />

Der auf der resistiven Basis verwirklichte Strombegrenzer (a) ist im Normalbetrieb im<br />

supraleitenden Zustand und der Strom fließt durch das Element nahezu verlustfrei. Im Falle<br />

eines Fehlerstromes, d. h. eines Kurzschluss-Stromes, wird die kritische Stromdichte J c<br />

überschritten und der Supraleiter geht in den normalleitenden Zustand über. Er wirkt somit als<br />

strombegrenzender Widerstand. In diesem Fall muss die entstehende Verlustwärme vom<br />

supraleitenden Element aufgenommen werden, was eine große Wärmekapazität erfordert.<br />

Dieser Nachteil kann überwunden werden, wenn eine Parallelimpedanz (b - d) verwendet<br />

wird. Zur Kommutierung des Stromes auf die Parallelimpedanz muss der Widerstand des<br />

supraleitenden Elementes im normalleitenden Zustand eine Größenordnung höher liegen als<br />

die Parallelimpedanz. Als Parallelimpedanz lässt sich auch eine supraleitende Spule (d) als<br />

strombegrenzende Impedanz einsetzen.<br />

Eine mögliche konstruktive Ausführung eines resistiven supraleitenden Strombegrenzers ist<br />

in Bild <strong>14.</strong>3.4 dargestellt.<br />

Durchführungen<br />

Flüssig-<br />

Stickstoff<br />

Supraleiter<br />

Kryostat<br />

Bild <strong>14.</strong>3.4:<br />

Konstruktiver Aufbau eines<br />

resistiven supraleitenden<br />

Strombegrenzers<br />

Bild <strong>14.</strong>3.5 zeigt den konstruktiven Aufbau und das Funktionsprinzip eines induktiven<br />

supraleitenden Strombegrenzers. Der Supraleiter ist in einem Sekundärteil eines Transformators<br />

angeordnet und somit nicht Teil des Primärkreises. Unter normalen Betriebsbedingungen<br />

ist der Sekundärkreis durch den Supraleiter kurzgeschlossen und erzeugt somit nur einen<br />

geringen Spannungsabfall im Primärkreis. Im Kurzschlussfall geht der Supraleiter in den<br />

normalleitenden Zustand über. Der entsprechende Widerstand – mit dem Übersetzungsverhältnis<br />

auf die Primärseite transformiert – begrenzt so den Strom im Primärkreis.<br />

189


a)<br />

Supraleiter<br />

Kryostat<br />

Durchführung<br />

Isolieröl<br />

normal leitende<br />

Wicklung<br />

Eisenkern<br />

a) Konstruktiver Aufbau<br />

b)<br />

b) Funktionsprinzip<br />

Bild <strong>14.</strong>3.5:<br />

Induktiver supraleitender Strombegrenzer<br />

Die Supraleitertechnologie und damit auch supraleitende Kurschlussstrombegrenzer bieten<br />

Möglichkeiten, die mit konventionellen Schaltgeräten nicht bereitgestellt werden können. Die<br />

Vorteile müssen unter Systemgesichtpunkten und nicht nur auf das Schaltgerät bezogen<br />

gesehen werden.<br />

Das erste Beispiel zeigt eine aus dem 110-kV-Netz gespeiste Mittelspannungsanlage, bei der<br />

die beiden Sammelschienen über einen supraleitenden Strombegrenzer gekuppelt sind und zusätzlich<br />

Transformatoren mit niedriger Kurzschlussspannung in Reihe mit Strombegrenzern<br />

eingesetzt sind (Bild <strong>14.</strong>3.6). Zurzeit sind die Transformatoren so ausgelegt, dass die Kurzschlussleistung<br />

in der Mittelspannungsstation auf 250 MVA begrenzt ist. Die zulässige Kurzschlussleistung<br />

der Station ist zwar 350 MVA, doch Netzstationen mit einer Kurzschlussleistung<br />

von nur 250 MVA, die direkt an die Mittelspannungssammelschiene angeschlossen<br />

sind, erfordern eine entsprechende Begrenzung. Darüber hinaus muss die Anlage mit zwei<br />

getrennten Sammelschienen betrieben werden. Durch den Einsatz von Strombegrenzern in<br />

den Einspeisefeldern und in der Kupplung kann die Kurzschlussleistung von 250 MVA auf<br />

800 MVA mehr als verdreifacht werden. Durch diese Maßnahme lässt sich aber auch im<br />

Normalbetrieb der geringe Innenwiderstand des Netzes vorteilhaft nutzen; denn in diesem<br />

Fall führen selbst größere Laststöße, z. B. durch Verbraucher im Impulsbetrieb, nur zu<br />

geringen Spannungsschwankungen. So können auch "unruhige" Verbraucher in der<br />

Mittelspannungsebene angeschlossen werden und der Anschluss an eine höhere<br />

Spannungsebene kann ggf. entfallen.<br />

190


40 MVA<br />

u k = 10.0 %<br />

S sc = 400<br />

MVA<br />

110 kV<br />

S sc = 400<br />

MVA<br />

40 MVA<br />

u k = 10.0 %<br />

10 kV<br />

SFCL<br />

Ring main units<br />

S sc max = 250 MVA<br />

SFCL<br />

S sc max = 350 MVA<br />

SFCL<br />

Perturbing<br />

customer,<br />

high loadings<br />

Bild <strong>14.</strong>3.6:<br />

Systemtechnische Vorteile<br />

durch Einsatz von SFCLs;<br />

Einsatz von SFCLs im Kuppelfeld<br />

und in Trafofeldern<br />

Eine ähnliche Situation existiert beim Anschluss von dezentralen Erzeugungsanlagen an das<br />

Mittelspannungsnetz (Bild <strong>14.</strong>3.7). Hier wird es immer schwieriger, die entsprechenden Generatoren<br />

ohne Kurzschlussstrombegrenzung anzuschalten. Meist wird der maximale Kurzschlussstrom<br />

bereits durch einspeisende Transformatoren aus dem überlagerten Netz erreicht,<br />

so dass kein Spielraum mehr für zusätzliche Kurzschlussstrombeiträge von dezentralen Energieerzeugungsanlagen<br />

ist. Daher müssen diese Generatoren heute über Generatortransformatoren<br />

an das 110-kV-Netz geschaltet werden. Mit Hilfe von Kurzschlussstrombegrenzern<br />

können diese Generatoren jedoch ans Mittelspannungsnetz angeschlossen werden.<br />

110 kV<br />

Maschinen-<br />

Transformator<br />

vorhandener<br />

Netztransformator<br />

SFCL<br />

10 kV<br />

G<br />

5...50 MVA<br />

10-kV-Netz<br />

Bild <strong>14.</strong>3.7:<br />

Einbindung von dezentralen<br />

Energieerzeugungsanlagen<br />

mittels SFCL<br />

Ein weiteres Beispiel beschäftigt sich mit der Kupplung von 110-kV-Netzgruppen<br />

(Bild <strong>14.</strong>3.8). Das 110-kV-Netz ist unterteilt in verschiedene Netzgruppen, um den<br />

Bemessungs-Kurzschlussstrom von 31,5 kA nicht zu überschreiten. Der heutige Zustand für<br />

zwei Netzgruppen kann aus Bild <strong>14.</strong>3.8 a entnommen werden. Bei der Auslegung der<br />

einspeisenden Transformatorkapazität wird das (n-1)-Kriterium zu Grunde gelegt, d.h. der<br />

Ausfall eines Transformators muss berücksichtigt werden.<br />

191


a)<br />

Karn<br />

Die einspeisende Transformatorkapazität 380 kV kann erheblich reduziert werden, wenn zwei Netzgruppen<br />

über Strombegrenzer gekuppelt Huellen werden (Bild <strong>14.</strong>3.8 b). Bei einem<br />

Nordl<br />

Transformatorausfall in einer Netzgruppe kann 380 kV die Reserveleistung von der anderen<br />

380 kV<br />

Netzgruppe geliefert werden. Im Kurzschlussfall begrenzt der Strombegrenzer den<br />

Gelsenb<br />

Kurzschluss-Strom Bp auf zulässige Ge Werte. Im vorliegenden Fall sind die Kosteneinsparungen<br />

220 kV<br />

für zwei 380/110-kV-Transformatoren einschl. der dazugehörenden Schaltfelder in der<br />

Thyssen<br />

Eiberg<br />

Größenordnung von 10 Mio. € zu erwarten. Unter Voraussetzung einer Kostenrelation<br />

220 kV<br />

220 kV<br />

zwischen konventionellem Leistungsschalter und supraleitendem Strombegrenzer von 1:10<br />

bis 1:20 könnte eine<br />

380<br />

sehr<br />

kV<br />

wirtschaftliche Lösung durch die a) Installation des Strombegrenzers<br />

erreicht werden.<br />

Rosend<br />

He<br />

b)<br />

SFCL<br />

Nordl<br />

380 kV<br />

Thyssen<br />

220 kV<br />

Bild <strong>14.</strong>3.8:<br />

Karnap<br />

380 kV<br />

Bp<br />

Ge<br />

Huellen<br />

380 kV<br />

Gelsenb<br />

220 kV<br />

Eiberg<br />

220 kV<br />

380 kV<br />

Rosend<br />

Betrieb von 110-kV-Netzgruppen<br />

b) Kupplung der Netzgruppen mit<br />

supraleitenden Strombegrenzern<br />

Aufbau und Auslegung eines 10-kV-Strombegrenzers (Demonstrator „CURL 10“)<br />

Die wesentlichen Abmessungen und Materialeigenschaften sowie der Aufbau eines 10-kV-<br />

Strombegrenzers, der als Demonstrator im Projekt „CURL 10“ realisiert wurde, gehen aus<br />

Bild <strong>14.</strong>3.9 hervor.<br />

BSCC 2212-Modul Hersteller NEXANS<br />

l coil : 30 cm<br />

Ø coil : 5 cm<br />

l cond : 5,4 m A cond : 0,24 cm 2<br />

T : 66 K Jc : 3600 A/cm 2<br />

Emax : 1 V/cm<br />

Stabilisierung<br />

BSCCO 2212<br />

(Faserverstärktes<br />

Epoxi-Rohr)<br />

gelötet<br />

Isolation<br />

Shunt<br />

CuNi-Legierung<br />

192<br />

Bild <strong>14.</strong>3.9:<br />

Materialeigenschaften,<br />

Abmessungen und Aufbau eines<br />

Strombegrenzer-Moduls


Dieser dreiphasige Strombegrenzer besteht aus 3 x 30 rohrförmigen Modulen des Supraleitermaterials<br />

BSCC 2212. Die 30cm langen Rohre sind als bifilare Spulen ausgebildet mit<br />

einer Leiterlänge von 5,4 m. Das Supraleiterrohr wird durch ein faserverstärktes Epoxydharz-<br />

Rohr gestützt. Auf dem Supraleiter ist ein Shunt aus einer CuNi-Legierung aufgelötet. Die<br />

Spalte zwischen den Windungen und die Oberfläche sind mit Isoliermaterial überzogen.<br />

a)<br />

Rohrverb. für<br />

Flüssigstickst.<br />

b)<br />

bifilare<br />

Spulen<br />

30 Elemente in<br />

Reihe / Phase<br />

Die gesamte Anordnung befindet sich in einem mit flüssigem Stickstoff gefüllten Kryostaten<br />

(Bild <strong>14.</strong>3.11). Der Kryostat wird von zwei Kältemaschinen versorgt, die redundant ausgelegt<br />

sind. Die Kühlleistung ist mit 1450 W so bemessen, dass die Wärmeverluste der Kältemaschine,<br />

die AC Verluste der Supraleitermodule und die ohmschen Verluste in den Kupfer-<br />

Durchführungen<br />

Kupferverbindungen<br />

Montageplatte<br />

Bild <strong>14.</strong>3.10:<br />

Aufbau des dreiphasigen Strombegrenzers<br />

a) Strombegrenzermodule<br />

b) Kompletter Strombegrenzer ohne Kryostat<br />

thermische<br />

Isolation<br />

BSCCO 2212<br />

Elemente<br />

Die Strombegrenzermodule sind auf einer Isolierstoffplatte hängend und stehend montiert<br />

(Bild <strong>14.</strong>3.10a). Pro Phase werden 30 Module über Kupferverbindungen in Reihe geschaltet.<br />

Bild <strong>14.</strong>3.10b zeigt die gesamte Einheit außerhalb des Kryostat-Kessels. Die Strombegrenzer-<br />

Module hängen am Deckel des Kryostaten, an dem auch die Stormdurchführungen und die<br />

Verbindungsleitungen für den flüssigen Stickstoff angebracht sind.<br />

Sicherheitseinrichtung<br />

Rohrverb. für<br />

Flüssigstickst.<br />

Durchführungen<br />

Kryokühlmaschine<br />

Sicherheitseinr.<br />

Rohrverb. für<br />

Flüssigstickst.<br />

Kryostat;<br />

Flüssig- N 2<br />

Kryokühlmaschine<br />

Durchführungen<br />

Kryostat;<br />

Flüssig-N 2<br />

Bild <strong>14.</strong>3.11: Vollständiger supraleitender Strombegrenzer<br />

193


verbindungen der Module gedeckt werden können. Dielektrisch ist das System für eine<br />

Bemessungs-Stehwechselspannung von 28 kV und eine Bemessungs-Stehblitzstoßspannung<br />

von 75 kV zwischen den Phasen und gegen den geerdeten Kessel ausgelegt. Für den Havariefall<br />

(Lichtbogen im Inneren des Kryostaten) ist der für einen Überdruck von 10 bar ausgelegte<br />

Kessel mit einer Sicherheitseinrichtung ausgerüstet.<br />

Prüfungen an Modulen und am Demonstrator<br />

Laborversuche an Modulen<br />

Jedes Modul wurde in Vorversuchen mit einer spezifischen Spannung von 0,68 V/cm, gut<br />

10% über der Bemessungsspannung, geprüft. Der prospektive Strom betrug bis zu 10 kA,<br />

welches einer Leistung von > 130 kVA pro Modul entspricht.<br />

Vor den abschließenden Versuchen am vollständigen Strombegrenzer wurde in einem<br />

Zwischenschritt ein Mehrkomponenten-Test durchgeführt.<br />

Ziel dieser Versuche war es:<br />

• die zuverlässige Begrenzung<br />

• die Spannungsfestigkeit bei Blitzüberspannung<br />

• das Verhältnis Betriebsstrom zu Begrenzungsstrom<br />

zu überprüfen.<br />

Bild <strong>14.</strong>3.12 zeigt ein Beispiel der Strombegrenzung. Der prospektive Kurzschlussstrom von<br />

17,2 kA Scheitelwert wurde auf den Scheitelwert von 7,3 kA begrenzt. Nach Überprüfung der<br />

AC-Verluste nach jedem Versuch konnte eine Degradation an den Modulen ausgeschlossen<br />

werden.<br />

a) b)<br />

Strom / kA<br />

prospektiver<br />

Kurzschl.-Str.<br />

Spannung / kV<br />

Spannung / V<br />

t / ms<br />

Strom- & Spannungsverlauf<br />

t / ms<br />

Spannungsverteilung an den<br />

verschiedenen Komponenten<br />

Bild <strong>14.</strong>3.12: Komponententest<br />

a) Strombegrenzung Prospektiver Strom 18 kA (Scheitelwert)<br />

b) Spannungsverteilung über Module<br />

Um den Einfluss eines Folgeblitzes während eines Begrenzungsvorganges zu simulieren,<br />

wurde eine Blitzüberspannung mit 75 kV Scheitelwert dem 4. Maximum des begrenzten<br />

Kurzschlussstromes überlagert. Dabei ist zu bedenken, dass die Spannungsfestigkeit des<br />

umgebenden flüssigen Stickstoffs durch den Quenchvorgangs gemindert ist. Bei diesen<br />

Versuchen wurde jedoch kein Überschlag oder keine Entladung beobachtet. Damit wurde<br />

auch eine ausreichende Spannungsfestigkeit bei Blitzüberspannungen während der Strombegrenzung<br />

nachgewiesen.<br />

194


Laborversuche am vollständigen Demonstrator<br />

Nach Montage des dreipoligen Gerätes wurden einphasige und dreiphasige Kurzschlussversuche<br />

im Labor durchgeführt. Die Betriebstemperatur des Strombegrenzers wurde mit den<br />

zwei Stirlingmaschinen auf 66 K gehalten. Zum Nachweis der einwandfreien dielektrischen<br />

Festigkeit nach Montage erfolgte zuvor eine Spannungsprüfung am vollständigen Gerät mit<br />

28 kV Wechselspannung zwischen den Phasen und gegen den geerdeten Kryostaten.<br />

Bild <strong>14.</strong>3.13:<br />

Dreiphasige Kurzschlussstrombegrenzung<br />

Für die Kurzschlussversuche wurde ein Strom von 10 kA, 17 kA und 18 kA und eine Stromflussdauer<br />

von 60 ms eingestellt. Bild <strong>14.</strong>3.13 zeigt die transienten Ströme. Der erste Scheitelwert<br />

erreicht max. 7,2 kA. In der letzten Halbwelle beträgt der Strom etwa 2,1 kAeff.<br />

Feldversuche am Demonstrator<br />

Im März 2004 wurde der Demonstrator in der 10-kV-Anlage Netphen für einen<br />

Langzeitversuch installiert. Der Strombegrenzer ist hier zu Kupplung der beiden<br />

Sammelschienen eingesetzt (Bild <strong>14.</strong>3.14).<br />

Einsatz des Demonstrators in 10-kV-SS-Kupplung<br />

der UA Netphen<br />

15 MVA<br />

k = 12,5 %<br />

110 kV<br />

S k = 125 MVA<br />

Wesentliche Daten:<br />

Spannung 12 kV<br />

Strom<br />

600 A<br />

Begrenz.-Zeit 60 ms<br />

Max. Strom 8,75 kA<br />

Temperatur 65 K<br />

Max. E-Feld 0.6 V/cm<br />

MCP-BSCCO2212 bifilare Spule<br />

10 kV<br />

SSB<br />

X<br />

Unruhige Verbraucher,<br />

hohe Lasten<br />

Photo: ACCEL, Germany<br />

Bild <strong>14.</strong>3.13: Feldversuch mit Demonstrator, Versuchschaltung<br />

Der Strom über die Kupplung kann bis zu 600 A betragen, liegt aber im Normalbetrieb wegen<br />

der gleichmäßig ausgelasteten Sammelschienen unter 200 A. Die Anlage ist in das ländliche<br />

Freileitungsnetz eingebunden, so dass Kurzschlüsse durch Blitzeinschläge in die<br />

Freileitungen erwartet wurden. Bei gekuppeltem Betrieb ergibt sich eine Kurzschlussleistung<br />

entsprechend der Kurzschlussspannung der beiden Transformatoren von 2 x 125 MVA = 250<br />

195


MVA, was bei einem Sammelschienen nahen Fehler einem Kurzschlussstrom von 2 x 7 kA =<br />

14 kA entspricht. Durch den Strombegrenzer kann ein Teilstrom auf ca. 8 kA (Scheitelwert)<br />

begrenzt werden. Da der Strombegrenzer für eine max. Begrenzungszeit von 60 ms ausgelegt<br />

ist, wird ein konventioneller Leistungsschalter in Reihe geschaltet. Dieser Leistungsschalter<br />

wird beim Ansprechen des Strombegrenzers ausgelöst und schützt somit den Strombegrenzer<br />

vor thermischer Überlastung.<br />

Währende der Betriebszeit von ca. einem Jahr trat nur ein Kurzschluss in einem Leitungsabzweig<br />

auf. Der folgende Begrenzungsvorgang wurde allerdings wegen Überreaktion des<br />

Schutzes unselektiv durch den Leistungsschalter in der Kupplung abgeschaltet.<br />

Nach der einjährigen Betriebszeit wurde das Alterungsverhalten durch Messung der AC-Verluste<br />

überprüft. Der Vergleich mit den Werten vor Inbetriebnahme zeigt keine<br />

Abweichungen, so dass eine Materialalterung während des Betriebes ausgeschlossen werden<br />

kann.<br />

AC -Verluste / W<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

Bei Inbetriebnahme, 03-2004<br />

CURL10, 11. März 04, Netphen<br />

L1-I niedrig<br />

c<br />

L2-I mittel<br />

c<br />

L3-I hoch<br />

c<br />

100<br />

65 K<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

Strom / A<br />

AC -Verluste / W<br />

1050<br />

900<br />

750<br />

600<br />

450<br />

300<br />

150<br />

Nach Feldversuch, 08-2005<br />

Date: 09.08.05<br />

Phase-1<br />

Phase-2<br />

Phase-3<br />

File: ph1-66.5K<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500 600<br />

Strom / A<br />

Bild <strong>14.</strong>3.14: AC-Verluste vor Inbetriebnahme und nach Abschluss des<br />

Feldversuches<br />

Die Entwicklung eines 110-kV-Demonstratores zum Einsatz in einer 110-kV-<br />

Sammelschienen-Kupplung, der unter wirtschaftlichen Gesichtspunktion von besonderem<br />

Interesse ist, zeigte, dass eine Lösung mit den Modulen des 10-kV-Demonstrators zu<br />

aufwändig ist. Um dieses Ziel zu erreichen, muss eine Bauweise für die Module gefunden<br />

werden, die eine höhere Auslastung der Module erlaubt. Die Entwicklungsarbeiten werden<br />

z. Z. fortgesetzt.<br />

196

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