Shell BDH Hauswärme-Studie - HWWI
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44<br />
3.3 Szenaretten<br />
Zusätzlich zum Trendszenario wird im Folgenden eine Reihe von Maßnahmen-Paketen im Rahmen von Mini-Szenarien (Szenaretten)<br />
untersucht. Die untersuchten Szenaretten bauen grundsätzlich auf der Entwicklung des Trendszenarios auf. Im Rahmen eines<br />
zeitlich befristeten Maßnahmen-Programms wird die Modernisierung eines Energieträgers bzw. einer Heiztechnik (vorübergehend)<br />
deutlich beschleunigt; alle übrigen Sanierungs- und Modernisierungsaktivitäten bleiben gegenüber dem Trendszenario<br />
unverändert.<br />
Konkret werden die folgenden Maßnahmen-Pakete analysiert:<br />
1. Sanierungsprogramm: baulicher Wärmeschutz.<br />
2. Modernisierungsprogramm: Heiztechnik.<br />
3. Programm zur Integration von Strom- und Wärmeversorgung.<br />
4. Programm zur Stärkung von Holzheizungen.<br />
5. Programm zur Stärkung der Solarthermie.<br />
Für Nah- und Fernwärme werden gegenüber dem Trend kaum noch<br />
zusätzliche Potenziale erwartet, so dass hier kein weiteres Maßnahmen-Programm<br />
betrachtet wird. Feste fossile Brennstoffe (Kohle)<br />
sind im Hausbrand heute schon nahezu bedeutungslos, so dass ein<br />
beschleunigter Abgang kaum Auswirkungen hätte.<br />
Als Bioenergie wird nur der weitere Ausbau der festen Biomasse<br />
(Holz) betrachtet. Biogas und Bioöl bzw. deren Zumischung zu Erdgas<br />
und Heizöl ist eine weitere Möglichkeit, den Anteil der erneuerbaren<br />
Energien im <strong>Hauswärme</strong>mix zu erhöhen. Sie sind jedoch in Regel nicht<br />
direkt mit Investitionen in Heiztechnik verbunden und werden daher<br />
an dieser Stelle nicht weiter beleuchtet.<br />
Die Programme laufen jeweils in den Jahren 2014 bis 2017. In dieser<br />
Zeit erfordern sie Investitionen. Durch die Investitionen werden wiederum<br />
Einsparungen beim Endenergieverbrauch erreicht. Diese können<br />
baulicher Wärmeschutz<br />
Die erste Szenarette setzt auf beschleunigte<br />
Verbesserung des baulichen Wärmeschutzes<br />
(ohne weitere Veränderungen der jeweiligen<br />
Heiztechnik gegenüber dem Trendszenario).<br />
In der Regel handelt es sich um verbesserte<br />
Gebäudedämmung und Fenster im Wohnungsbestand.<br />
Im Neubau sind die Standards<br />
für baulichen Wärmeschutz inzwischen so<br />
hoch, dass hier nur noch geringe Einsparungen<br />
zu erreichen sind (BMVBS 2012 c); außerdem<br />
würde eine weitere Szenario-Variation<br />
anhand noch strengerer Neubaustandards<br />
auch aufgrund des geringen Neubauanteils<br />
bis 2030 nur geringe Auswirkungen haben.<br />
Dagegen können durch baulichen Wärmeschutz<br />
im Wohnungsbestand erhebliche<br />
weitere Energieeinsparungen erzielt werden;<br />
so kann der spezifische Endenergieverbrauch<br />
bei gleicher Heiztechnik in vollsanierten<br />
Gebäuden oftmals um rund 40% gegenüber<br />
unsanierten gesenkt werden. Die Sanierung<br />
des Wohnungsbestandes durch Wärmeschutzmaßnahmen<br />
ist jedoch mit hohen Investitionskosten<br />
verbunden; bei Ein- und Zweifamilienhäusern<br />
sind für einfache Sanierungen<br />
der Gebäudehülle gut 40.000 € und bei<br />
Vollsanierungen Kosten von rund 70.000 €<br />
zu veranschlagen, bei Mehrfamilienhäusern<br />
68.000 € bzw. rund 118.000 €.<br />
Hierbei handelt es sich grundsätzlich um<br />
Vollkosten, die auch tatsächlich anfallen.<br />
Allerdings ist im Sanierungsfall oftmals<br />
ohnehin ein Teil der Kosten für notwendige<br />
Instandhaltungsmaßnahmen fällig, so dass<br />
nur ein Teil der Kosten (auch Mehrkosten)<br />
energetisch bedingt sind. Den Investitionskosten<br />
für Wärmeschutzmaßnahmen stehen<br />
die Einsparungen durch einen geringeren<br />
Energieverbrauch gegenüber.<br />
zu einer Verminderung der Heizkosten führen und zu einer Reduktion<br />
des CO 2 -Außstoßes beitragen.<br />
Die Wirkungen der Maßnahmen werden in den einzelnen Szenaretten<br />
wiederum anhand eines einheitlichen Kriterien-Rasters analysiert.<br />
Zu den Kriterien gehören im Einzelnen:<br />
■ Die zu erwartenden Investitionskosten der jeweiligen Modernisierungsmaßnahmen,<br />
berechnet auf Basis technikspezifischer Investitionskosten;<br />
■ Der Endenergieverbrauch, insbesondere „gekaufte Energie“ (Brennstoffe,<br />
Strom, Fernwärme) bzw. erreichte Energieeinsparungen;<br />
■ Voraussichtlich eingesparte laufende Energiekosten; hierbei werden<br />
zwei Preispfade für Heizenergieträger bis 2030 zugrunde gelegt:<br />
zum einen verhalten sich alle künftigen Heizenergiepreise real konstant,<br />
im anderen Fall steigen sie um jeweils 3% pro Jahr; letzteres<br />
entspricht einem Preisanstieg um 75% bis 2030;<br />
■ Die Treibhausgasemissionen – jeweils absolut pro Jahr und<br />
kumuliert über den gesamten Zeitraum 2010 bis 2030 sowie ihre<br />
Entwicklung gegenüber dem Trendpfad.<br />
In einer Synopse werden die Szenaretten anhand der vorgenannten<br />
Kenngrößen verglichen. Abschließend wird hieraus ein ambitioniertes<br />
Alternativszenario erstellt.<br />
Im Folgenden wird angenommen, dass es<br />
gelingt, im Rahmen eines Sanierungsprogramms<br />
die Sanierungsquoten für Gebäude<br />
in den Jahren 2014 bis 2017 von 1% auf 2%<br />
zu steigern. Sanierungen erfolgen immer vom<br />
unsanierten Zustand in die sanierte (WSchVO<br />
95) oder vollsanierte (EnEV 2016) Klasse.<br />
Aufgrund der höheren Sanierungsraten<br />
würde der Anteil der unsanierten Gebäude<br />
deutlich schneller zurückgehen als im<br />
Trendszenario. Im Jahr 2020 läge er bei 59%<br />
(im Trendszenario 63%) und 2030 bei 45%<br />
(Trendszenario 49%).<br />
Insgesamt würden etwas über 616.000 Einoder<br />
Zweifamilienhäuser und fast 124.000<br />
Mehrfamilienhäuser zusätzlich saniert. Bei<br />
Ein- und Zweifamilienhäusern bedeutete dies<br />
einen Wechsel von über 177.000 Gebäuden<br />
von unsaniertem zu vollsaniertem und<br />
439.000 Gebäuden von unsaniertem zu<br />
saniertem Zustand. Die zusätzliche Sanierung<br />
der Mehrfamilienhäuser führte zu einem<br />
Wechsel von knapp 36.000 Gebäuden in<br />
die vollsanierte und 88.000 Gebäuden in<br />
die sanierte Klasse. Damit würden insgesamt<br />
zusätzliche 38 Mio. m 2 Wohnfläche vollsaniert<br />
und über 94 Mio. m 2 saniert. Wie im<br />
Trendszenario finden keine Sanierungen von<br />
der sanierten zur vollsanierten Klasse statt.<br />
Im Trendszenario werden in den Jahren 2014<br />
bis 2017 jeweils etwas über 10 Mrd. € für<br />
den baulichen Wärmeschutz ausgegeben.<br />
Da die Maßnahmen verdoppelt werden, verdoppeln<br />
sich auch die Investitionskosten auf<br />
dann 21 Mrd. € pro Jahr. Insgesamt belaufen<br />
sich die zusätzlichen Investitionskosten in der<br />
Szenarette auf 42,2 Mrd. €.<br />
Durch die Sanierungsmaßnahmen geht der<br />
Endenergieverbrauch zurück. Im ersten Jahr<br />
nach Abschluss des vierjährigen Sanierungsprogramms<br />
liegt der Endenergieverbrauch<br />
6 Mrd. kWh unter dem im Trendszenario.<br />
Im Zeitverlauf holt der Trend dann leicht auf:<br />
Hier zeigt sich, dass zunächst die Maßnahmen<br />
mit den höchsten Effekten durchgeführt<br />
werden. Je tiefer ein Gebäude bereits saniert<br />
wurde, desto geringer sind die zusätzlichen<br />
Einsparungen im Sanierungsfall. Insgesamt<br />
liegt der jährliche Verbrauch aufgrund des<br />
baulichen Sanierungsprogramms im Jahr<br />
2030 bei 436 Mrd. kWh und damit um 4,5<br />
Mrd. kWh unter dem Trendverbrauch. Die<br />
über die Jahre 2014 bis 2030 kumulierte<br />
zusätzliche Einsparung von Endenergie liegt<br />
bei 84 Mrd. kWh.<br />
Mit dem Verbrauchsrückgang sind auch Einsparungen<br />
bei den Betriebskosten verbunden.<br />
Nach Abschluss des Sanierungsprogramms<br />
liegen die jährlichen Verbrauchseinsparungen<br />
bei etwa 600 Mio. €. Steigen die (Heiz)-<br />
Energiepreise, steigen auch die Einsparungen<br />
aus Brennstoffen im Zeitverlauf. Bei konstanten<br />
Preisen würden sich die aufsummierten<br />
Einsparungen bis 2030 auf 6,23 Mrd. €<br />
belaufen, bei jährlich um 3% steigenden<br />
Energiepreisen auf über 9 Mrd. €.<br />
Mit dem gesunkenen Verbrauch reduziert sich<br />
auch der jährliche Ausstoß von Treibhausgasen<br />
im Sanierungs-Szenario im Vergleich zum<br />
Trend signifikant. Bis zum Jahr 2030 sinken<br />
die jährlich emittierten Treibhausgase um<br />
22,7% und damit 1% mehr als im Trendszenario<br />
(21,7%).<br />
Diese Reduktion spiegelt sich auch in der<br />
letztlich klimarelevanten Größe der kumulierten<br />
Treibhausgaseinsparung wider. Im Vergleich<br />
zum Trendszenario werden 22 Mio. t<br />
Treibhausgase bis zum Jahr 2030 weniger<br />
emittiert.<br />
<strong>Shell</strong> <strong>BDH</strong> <strong>Hauswärme</strong>-<strong>Studie</strong><br />
45<br />
Szenaretten<br />
ANZAHL UND SANIERUNGSGRAD DER EIN- UND<br />
ZWEIFAMILIENHÄUSER<br />
35/Anzahl ANZAHL UND und Sanierungsgrad SANIERUNGSGRAD der Ein- DER und EIN- Zweifamilienhäuser<br />
UND<br />
Mio.<br />
ZWEIFAMILIENHÄUSER<br />
18<br />
Trendszenario Sanierungsprogramprogramm<br />
Trendszenario Sanierungs-<br />
Mio.<br />
1816<br />
Trendszenario Sanierungsprogramm<br />
Vollsaniert<br />
programm<br />
Trendszenario Sanierungs-<br />
Vollsaniert<br />
1614<br />
Vollsaniert Vollsaniert<br />
Saniert<br />
Vollsaniert Vollsaniert<br />
1412<br />
Saniert Saniert Vollsaniert Vollsaniert<br />
Saniert<br />
1210<br />
Saniert Saniert<br />
Saniert Saniert<br />
108<br />
Saniert Saniert<br />
Unsaniert<br />
86<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
64<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
42<br />
Unsaniert<br />
20<br />
0<br />
2011 2020 2030<br />
Quelle: HHWI<br />
2011 2020 2030<br />
Quelle: HHWI<br />
36/Anzahl ANZAHL UND und Sanierungsgrad SANIERUNGSGRAD der Mehrfamilienhäuser<br />
DER<br />
MEHRFAMILIENHÄUSER<br />
ANZAHL UND SANIERUNGSGRAD DER<br />
Mio.<br />
MEHRFAMILIENHÄUSER<br />
4,0<br />
Mio.<br />
4,0 3,5<br />
Trendszenario Sanierungsprogramprogramm<br />
Trendszenario Sanierungs-<br />
3,5 3,0<br />
Trendszenario<br />
Vollsaniert<br />
Sanierungsprogramm<br />
Vollsaniert programm Vollsaniert<br />
Trendszenario Sanierungs-<br />
Vollsaniert<br />
Saniert<br />
3,0 2,5<br />
Vollsaniert Saniert Vollsaniert Saniert<br />
Saniert<br />
Vollsaniert Vollsaniert<br />
2,5 2,0<br />
Saniert<br />
Saniert<br />
Saniert<br />
Saniert<br />
2,0 1,5 Unsaniert<br />
Saniert<br />
Saniert<br />
Unsaniert Unsaniert<br />
1,5 1,0 Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert Unsaniert<br />
1,0,5<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
0,50<br />
0<br />
2011 2020 2030<br />
Quelle: HHWI<br />
2011 2020 2030<br />
GESAMTVERBRAUCH AN HEIZENERGIE IN DEUTSCHLAND<br />
Quelle: HHWI<br />
37/Endenergieverbrauch TREND VS. SANIERUNGSanierungsprogramm vs. Trend<br />
Mrd. kWh<br />
520<br />
510<br />
500<br />
490<br />
Trendszenario<br />
480<br />
470<br />
Sanierungsprogramm<br />
460<br />
450<br />
440<br />
430<br />
2011 2015 2020 2025 2030<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong>