Shell BDH Hauswärme-Studie - HWWI
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30<br />
<strong>Shell</strong> <strong>BDH</strong> <strong>Hauswärme</strong>-<strong>Studie</strong><br />
Trendszenario<br />
31<br />
werden kann, werden Nachfrageüberschüsse<br />
zu steigenden Mieten und Preisen führen und<br />
mit Verzögerung tendenziell den Bau neuer<br />
Wohneinheiten induzieren. Die relativen<br />
Preise von Ein- und Zweifamilienhäusern auf<br />
der einen und Mehrfamilienhäusern auf der<br />
anderen Seite beeinflussen die relative Bedeutung<br />
der Gebäudetypen im Neubau. Darüber<br />
hinaus ist ein Großteil der Neubauten aber<br />
nicht auf einen Mehrbedarf zurückzuführen,<br />
sondern dient dem Ersatz baufälliger oder<br />
nicht mehr marktgängiger Wohnungen. Dabei<br />
wird für die Abgänge vom Wohnbestand<br />
kalkulatorisch angenommen, dass jedes Jahr<br />
durchschnittlich 0,3% der Wohneinheiten<br />
abgerissen werden. Diese Abgangsquote stellt<br />
– im Einklang mit zahlreichen anderen <strong>Studie</strong>n<br />
– lediglich eine Approximation dar, da die<br />
amtliche Statistik Abgänge nur unzureichend<br />
erfasst und somit eine auf quantitativen Methoden<br />
basierende und gleichzeitig belastbare<br />
Ermittlung nicht möglich ist (vgl. etwa BBSR<br />
2010 und Just 2009).<br />
2010 wurden 40,3 Mio. Wohneinheiten im<br />
Bundesgebiet statistisch erfasst. Insgesamt<br />
kommt es in der Projektion auf Basis des<br />
<strong>HWWI</strong>-Wohnungsmodells im Zeitraum<br />
2010 bis 2030 zu einem Neubau von 4,1<br />
Mio. Wohneinheiten. Dies entspricht einem<br />
durchschnittlichen Neubauvolumen von<br />
197.000 Wohneinheiten pro Jahr. Davon<br />
dienen 2,5 Mio. und damit knapp zwei Drittel<br />
der neugebauten Wohneinheiten dem Ersatz<br />
alter Wohnungen. Das verbleibende Drittel,<br />
rund 1,6 Mio. Wohneinheiten, erhöhen den<br />
Bestand. Durch diesen Nettoneubau wird der<br />
Wohnungsbestand Ende 2030 bei 41,9 Mio.<br />
Wohneinheiten liegen.<br />
Damit übersteigt der Nettoneubau in dieser<br />
Projektion in einzelnen Jahren den Zuwachs<br />
bei den Haushaltszahlen, was ein höheres<br />
Leerstandsrisiko von Wohnimmobilien in<br />
einzelnen Regionen zur Folge hat. Dies<br />
bedeutet aber nicht, dass Neubauten eine<br />
Fehlinvestition darstellen. Leerstände am<br />
Immobilienmarkt treten schon deshalb auf,<br />
da sowohl die Suchaktivität der Wohnungsmarktteilnehmer<br />
als auch der gelegentlich<br />
bestehende Renovierungsbedarf bei Altbauten<br />
zu Friktionen führen. Da die regionale<br />
Haushalts- und Nachfrageentwicklung nicht<br />
überall monoton verläuft, können vorübergehende<br />
Nachfrageanstiege aber regional zu<br />
Neubauaktivitäten führen, die den Bestand<br />
über das langfristig vermittelbare Maß hinaus<br />
ansteigen lassen.<br />
Die Zusatzerhebung im Mikrozensus 2010<br />
zur Wohnsituation zeigt eine stichtagsbezo-<br />
22/Anzahl der Neubauten<br />
ANZAHL DER NEUBAUTEN<br />
160.000<br />
140.000<br />
120.000<br />
100.000<br />
80.000<br />
60.000<br />
40.000<br />
20.000<br />
gene Leerstandsquote von fast 10% (StaBu<br />
2012 MZ). Dabei ist jedoch nicht deutlich,<br />
wie lange die jeweiligen Wohnungen leer stehen<br />
und wie diese beheizt werden. Damit ist<br />
auch unklar, was der Leerstand für den Wärmemarkt<br />
bedeutet. Während dauerhaft leer<br />
stehende Gebäude, deren Abriss langfristig<br />
geplant ist, wohl nicht oder kaum beheizt werden,<br />
wird bei einem kurzfristigen Leerstand<br />
aufgrund von Fluktuationen teilweise weiter<br />
geheizt. Im Folgenden wird der Wärmebedarf<br />
dennoch an einem um 10% korrigierten<br />
Gebäudebestand geschätzt. Tendenziell führt<br />
dies zu einer leichten Überschätzung des<br />
spezifischen Energieverbrauchs bewohnter<br />
Wohnungen.<br />
Wie Abbildung 22 zeigt, dürfte die Neubauaktivität<br />
von 2010 bis 2020 – und damit der<br />
Haushaltsentwicklung folgend – stärker ausfallen<br />
als in dem darauf folgenden Jahrzehnt.<br />
Die Modell-Projektion wird auch durch die<br />
aktuelle Entwicklung im Bausektor unterstützt;<br />
so nähert sich die Entwicklung in den Jahren<br />
2011 und 2012 den Modellprojektionen<br />
an und könnte diese aufgrund aufgestauten<br />
Nachholbedarfs sogar zeitweise übertreffen.<br />
Der modellierte Verlauf der Neubauaktivität<br />
kann sich aber aufgrund der teils langwierigen<br />
und nicht prognostizierbaren Genehmigungs-,<br />
Planungs- und Bauprozesse auch<br />
anders über die Jahre als hier dargestellt<br />
verteilen. Weitere Prognoserisiken bestehen<br />
ferner in einer anderen als der vom BBSR<br />
prognostizierten Haushaltsentwicklung,<br />
substanziellen Änderungen des Wohnverhaltens<br />
der Marktteilnehmer sowie Änderungen<br />
des makroökonomischen Umfelds. Neben der<br />
guten Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt<br />
Mehrfamilienhäuser<br />
Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
0<br />
2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023 2025 2027 2029<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong><br />
und steigenden Realeinkommen dürfte die<br />
aktuell gestiegene Neubautätigkeit auch auf<br />
die günstigen Finanzierungsbedingungen und<br />
damit auf Vorzieheffekte zurückzuführen sein.<br />
Entwicklung des Wohnungsbestands<br />
Hinsichtlich des künftigen Energieverbrauchs<br />
ist auch die Verteilung der neugebauten<br />
Wohneinheiten auf die unterschiedlichen<br />
Gebäudetypen von Bedeutung. Grundlage<br />
für die Projektion der neugebauten Wohneinheiten<br />
in Ein- und Zweifamilienhäusern<br />
sowie im Geschosswohnungsbau ist eine<br />
Fortschreibung des bisherigen regionalen<br />
Bauverhaltens. Eine Fortschreibung dieser Entwicklung<br />
birgt den Vorteil, dass die regional<br />
differenzierten Entwicklungspfade bei der<br />
Haushalts- und Wohneinheitenentwicklung<br />
auch im Hinblick auf die erstellten Gebäudetypen<br />
berücksichtigt werden können. Die<br />
Aufteilung der Fertigstellungen von Wohneinheiten<br />
in Ein- und Zweifamilienhäusern und im<br />
Geschosswohnungsbau wird entsprechend<br />
der durchschnittlichen Entwicklung der<br />
letzten Jahre fortgeschrieben. Das <strong>HWWI</strong>-<br />
Wohnungsmarktmodell zeigt eine weiterhin<br />
fortschreitende Zunahme des Anteils der<br />
Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern<br />
(vgl. Abbildung 23).<br />
Die Verteilung der Wohneinheiten auf unterschiedliche<br />
Gebäudetypen wirkt sich ferner<br />
auf die durchschnittliche Größe pro Wohneinheit<br />
aus. Die Quadratmeter pro Wohneinheit<br />
werden demnach von rund 85 m 2 im Jahre<br />
2010 (StaÄBL 2013) auf knapp 89 m 2 im<br />
Jahre 2030 steigen. Hauptursache für den<br />
Anstieg ist der Umstand, dass ältere, kleinere<br />
Wohneinheiten künftig durch neuere, größere<br />
BESTAND 23/Bestand DER der WOHNGEBÄUDE Wohngebäude in IN Deutschland DEUTSCHLAND<br />
Tsd.<br />
16.400<br />
16.200<br />
16.000<br />
15.800<br />
15.600<br />
15.400<br />
15.200<br />
15.000<br />
14.800<br />
14.600<br />
14.400<br />
ersetzt werden. Dabei werden vor allem<br />
aktuell fertiggestellte Häuser im Randgebiet<br />
der urbanen Zentren zu dieser Steigerung<br />
beitragen. Sie liegen mit durchschnittlich 140<br />
m 2 pro Wohneinheit deutlich über der durchschnittlichen<br />
Größe des heutigen Bestands.<br />
Da außerdem noch die durchschnittliche<br />
Personenzahl je Haushalt sinkt, steigt der<br />
Flächenbedarf je Kopf noch stärker als die<br />
gesamte Wohnfläche.<br />
Energetische Qualität des<br />
Wohnungsbestands<br />
Der Energieverbrauch von Gebäuden<br />
wird wesentlich durch deren energetische<br />
Qualität bestimmt. Energetische Standards<br />
Mio.<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
Mehrfamilienhäuser<br />
2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong><br />
Saniert<br />
Unsaniert<br />
Vollsaniert<br />
Saniert<br />
Unsaniert<br />
Vollsaniert<br />
Saniert<br />
Unsaniert<br />
2011 2020 2030<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong><br />
2030<br />
Tsd.<br />
3.200<br />
3.180<br />
3.160<br />
3.140<br />
3.120<br />
3.100<br />
3.080<br />
3.060<br />
3.040<br />
3.020<br />
3.000<br />
trifft grundsätzlich Gebäude im unsanierten<br />
Zustand. Neue Gebäude erfüllen mindestens<br />
den jeweils gültigen EnEV-Standard. Für das<br />
Modell wird neben dem Wärmestandard der<br />
WSchVO 95 eine weitere Sanierungsklasse<br />
eingeführt: Gebäude, die den im Entwurf<br />
vorliegenden Standard der gegenüber EnEV<br />
2014 noch mal verschärften EnEV 2016<br />
erfüllen, werden als vollsaniert bezeichnet.<br />
Im Trendszenario wird angenommen, dass im<br />
Jahr 2011 die Hälfte des Neubaus den höheren<br />
Gebäudestandard EnEV 2016 (Entwurf)<br />
erfüllt. Bis 2016 steigt diese Quote dann auf<br />
100%, so dass der gesamte Neubau diesem<br />
Standard entspricht. Die Projektion des<br />
Wohnungsmarkts zeigt, dass bis 2030 etwa<br />
14% des derzeitigen Bestands an Ein- und<br />
Zweifamilienhäusern neu gebaut und 6% des<br />
derzeitigen Bestandes abgerissen werden.<br />
Bei den Mehrfamilienhäusern werden 6% neu<br />
gebaut und 5% abgerissen.<br />
für den Neubau wurden zunächst in den<br />
Wärmeschutzverordnungen 1978, 1984<br />
und 1995 und dann in den EnEV-Standards<br />
2002 und 2009 festgelegt. Derzeit wird an<br />
einem neuen Standard gearbeitet, der wahrscheinlich<br />
2014 umgesetzt wird (vgl. EnEV<br />
Online 2013). Für das Modell wird hier eine<br />
ANZAHL zusammengefasste UND Klassifikation SANIERUNGSGRAD verwendet. DER EINFAMILIENHÄUSER<br />
Mio. Gebäude, die den Wärmestandard der<br />
18 WSchVO 95 erfüllen, werden als saniert<br />
16 bezeichnet, Gebäude die diesen Standard<br />
nicht erfüllen als unsaniert. Derzeit befinden<br />
sich Saniert 78% der Gebäude im unsanierten<br />
14<br />
Vollsaniert<br />
Vollsaniert<br />
12<br />
Saniert<br />
Zustand (BMVBS 2012 a). Die energetische<br />
10<br />
Saniert<br />
Qualität des Wohnungsbestands ändert<br />
sich 8 durch Abriss und Neubau. Der Abriss<br />
6 Unsaniert<br />
4<br />
2<br />
Neben Abriss und Neubau führt auch die<br />
Sanierung des Gebäudebestands zur Verbesserung<br />
der energetischen Qualität. Dabei<br />
werden unter einer Sanierung Maßnahmen<br />
verstanden, die der baulichen Verbesserung<br />
eines Bauwerks dienen und mit denen Schäden<br />
beseitigt oder der Wohnstandard erhöht<br />
werden (vgl. dazu auch die Energieszenarien<br />
von Prognos/EWI/GWS 2010, S. 68). Insofern<br />
geht eine Sanierung über die Instandhaltung<br />
und Instandsetzung hinaus. Bei der energetischen<br />
Sanierung besteht das Hauptziel in<br />
einer Senkung des Energieverbrauchs und/<br />
oder der energiebedingten Emissionen.<br />
Es wird angenommen, dass wie in der<br />
Vergangenheit, 1% des Gebäudebestands<br />
baulich saniert wird (IWU/BEI 2010). Dabei<br />
wird für Ein- und Zweifamilienhäuser die<br />
gleiche Sanierungsquote unterstellt wie für<br />
Mehrfamilienhäuser. Unter dieser Annahme<br />
wird auch 1% der Wohnfläche saniert. Im<br />
Trendszenario wird angenommen, dass ab<br />
dem Jahr 2010 25% der Sanierungen und<br />
die Hälfte des Neubaus den höheren Gebäu-<br />
ANZAHL UND SANIERUNGSGRAD DER MEHRFAMILIENHÄUSER<br />
Mio.<br />
destandard EnEV 2016 (Entwurf) erfüllt. Ab<br />
4<br />
2016 steigt der Anteil der Sanierungen, die<br />
diesen Standard erfüllen, schrittweise an,<br />
so dass 2021 50%, im Jahr 2025 75% und<br />
3<br />
2030 alle Sanierungen diesen Standard<br />
Saniert<br />
Vollsaniert<br />
Saniert<br />
erfüllen. Der Neubau hat diesen Standard ab<br />
2<br />
Saniert dem Jahr 2016.<br />
1<br />
0<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
0<br />
2011 2020 2030<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong><br />
Anzahl und Sanierungsgrad der<br />
Mehrfamilienhäuser<br />
24/Anzahl und Sanierungsgrad der<br />
Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
ANZAHL UND SANIERUNGSGRAD DER EINFAMILIENHÄUSER<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
Unsaniert<br />
2011 2020 2030<br />
Quelle: <strong>HWWI</strong><br />
Bis 2030 wird sich noch immer etwa die<br />
Hälfte der Gebäude im unsanierten Zustand<br />
befinden. Die andere Hälfte wurde saniert.<br />
Bei den Ein- und Zweifamilienhäusern erfüllen<br />
23%, bei den Mehrfamilienhäusern 16% den<br />
Standard EnEV 2016.<br />
ANZAHL UND SANIERUNGSGRAD DER MEHRFAMILIENHÄUSER