HGB-Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen nach IDW ... - Aon
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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft | Aufsatz<br />
Geilenkothen/Krönung/Lucius · <strong>HGB</strong>-<strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Altersteilzeitverpflichtungen</strong> <strong>nach</strong> <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. – Update zu BB 2012, 2103<br />
stuft werden mussten. Pauschal verweist der HFA auf den Grundsatz<br />
der Stetigkeit, <strong>nach</strong> dem eine einmal vorgenommene Klassifizierung<br />
für die Zukunft beizubehalten sei. Dadurch soll vermieden werden,<br />
dass Unternehmen bilanzgestaltend und je <strong>nach</strong> Bedarf eine Einordnung<br />
als Abfindungs- oder als Entlohnungscharakter vornehmen<br />
können. Da diesbezüglich bislang allerdings kein Entscheidungsspielraum<br />
gegeben war und Aufstockungsleistungen in der Vergangenheit<br />
generell Abfindungscharakter zugeschrieben wurde, kann hieraus<br />
nicht gefolgert werden, dass alle bestehenden Altersteilzeitverhältnisse<br />
auch zukünftig weiterhin gemäß der bislang herrschenden Charakterisierung<br />
zu bilanzieren sind. Wenn die <strong>Bilanzierung</strong> einer ATZ-Regelung<br />
als eine Vereinbarung mit Entlohnungscharakter insgesamt ein<br />
verbessertes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens<br />
vermittelt, muss <strong>nach</strong> Ansicht der Verf. bei erstmaliger Anwendung<br />
des <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. eine Korrektur des bisherigen Ansatzes<br />
möglich sein. Eine Verpflichtung zur Umstellung der bisherigen<br />
Klassifizierung besteht allerdings nicht. Leider hat der HFA diesbezüglich<br />
keine entsprechende Klarstellung in Tz. 11 seiner Stellungnahme<br />
vorgenommen.<br />
Im Falle einer Umklassifizierung müssen die entsprechenden Rückstellungsminderungen,<br />
anders als Effekte, die aus der erstmaligen Anwendung<br />
des neuen IAS 19 (2011) resultieren, nicht erfolgsneutral im Eigenkapital,<br />
sondern erfolgswirksam (als sonstiger betrieblicher Ertrag,<br />
ggf. auch als Minderung der Personalaufwendungen) erfasst werden.<br />
Im Ergebnis ist für die künftige betriebliche Praxis <strong>nach</strong> Ansicht der<br />
Verf. da<strong>von</strong> auszugehen, dass ATZ-Aufstockungen in der deutschen<br />
Handelsbilanz zu einem gewissen Teil weiterhin als Abfindungsleistungen<br />
klassifiziert werden und sich somit hinsichtlich der <strong>Bilanzierung</strong><br />
gegenüber dem Status Quo keine Änderungen ergeben. Da sich<br />
der Charakter <strong>von</strong> ATZ-Vereinbarungen mittlerweile allerdings immer<br />
mehr vom reinen Abfindungscharakter weg bewegt hat, wird erwartet,<br />
dass zum überwiegenden Teil eine (Um-)Klassifizierung in<br />
Leistungen mit Entlohnungscharakter erfolgen wird.<br />
2. Ansammlungsverfahren und<br />
Ansammlungszeitraum<br />
Die Verpflichtung zur Zahlung <strong>von</strong> Aufstockungsleistungen begründet<br />
<strong>nach</strong> Auffassung des HFA eine Schuld, die als Rückstellung zu<br />
passivieren ist (Tz. 12). Die Schuld entsteht dabei regelmäßig mit Abschluss<br />
einer individualvertraglichen Regelung oder einer anspruchsbegründenden<br />
kollektivrechtlichen Vereinbarung 6 (Tz. 13). Der Zeitraum,<br />
über den die Rückstellung im Fall <strong>von</strong> ATZ-Aufstockungen mit<br />
Entlohnungscharakter anzusammeln ist, ist abhängig <strong>von</strong> den Dienstzeiten,<br />
in denen „vereinbarungsgemäß die zusätzliche Entlohnung in<br />
Form der Aufstockungsbeträge erdient wird“ (Tz. 21). Lässt sich dieser<br />
Zeitraum – wie bei ATZ-Vereinbarungen üblich – nicht explizit<br />
ableiten, so ist der pragmatische und begrüßenswerte Ansatz vorgesehen,<br />
dass der Ansammlungszeitraum vom Abschluss der individuellen<br />
bzw. kollektiven Vereinbarung bis zum Ende der Beschäftigungsphase<br />
dauert (Tz. 22), so dass der Zeitpunkt der erstmaligen Passivierung<br />
sowie des Ansammlungsbeginns zeitlich zusammenfallen. Dies<br />
schließt allerdings nicht aus, dass bei Vorliegen <strong>von</strong> Hinweisen auf einen<br />
abweichenden Erdienenszeitraum in Analogie zum DRSC AH 1<br />
(IFRS) der Ansammlungsbeginn vor dem Zeitpunkt der rechtlichen<br />
Entstehung der Verpflichtung liegen kann und insofern ein vergangenheitsbezogener<br />
Einmalaufwand bei Abschluss einer ATZ-Vereinbarung<br />
handelsrechtlich erforderlich ist, wenn hiermit auch bereits vergangene<br />
Dienstzeiten entlohnt werden, z.B. im Zusammenhang mit<br />
sog. Mindestbetriebszugehörigkeiten.<br />
Zur Ansammlungs- und damit Bewertungsmethode enthält die HFA-<br />
Stellungnahme keine konkreten Vorgaben, während verschiedene andere<br />
Aspekte wie die Berücksichtigung <strong>von</strong> Inanspruchnahme-Wahrscheinlichkeiten<br />
bei Anspruchsaltersteilzeitlern (Tz. 14), der Wegfall<br />
der Verpflichtung aufgrund biometrischer Ereignisse wie Tod oder Invalidität<br />
(Tz. 16) oder die Abzinsung der Rückstellungen (Tz. 18) im<br />
Detail ausgeführt werden. Bemerkenswert erscheint, dass bei der Endfassung<br />
des <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. für den Fall einer ATZ-Vereinbarung<br />
mit Entlohnungscharakter in der Formulierung, dass „eine Rückstellung<br />
[…] ratierlich anzusammeln“ sei, das Wort „ratierlich“ ersatzlos<br />
gestrichen wurde (Tz. 21). Die Verf. interpretieren diese Änderung gegenüber<br />
der Entwurfsfassung dahingehend, dass damit praktisch alle<br />
Verfahren, die einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung genügen,<br />
handelsrechtlich zulässig sind. 7 Insbesondere sind hier zu nennen:<br />
1. Verfahren, bei denen die ATZ-Aufstockungsleistungen in Höhe eines<br />
periodengerecht abgegrenzten, anteiligen Barwerts auf der<br />
Grundlage eines besten Schätzwertes („best estimate“) passiviert<br />
werden („Erfüllungsbetrag“). Dazu zählt grundsätzlich die aus der<br />
Pensionsbilanzierung bekannte degressiv-ratierliche m/n-tel Methode,<br />
bei der jede Aufstockungszahlung linear bis zu ihrer Fälligkeit<br />
angesammelt wird (und zwar unabhängig <strong>von</strong> den Modalitäten<br />
der Rückabwicklung der ATZ-Vereinbarung im Störfall). Aber<br />
auch die anderen im DRSC AH 1 (IFRS) beschriebenen, für die<br />
IFRS-Rechnungslegung zulässigen <strong>Bilanzierung</strong>s- und Bewertungsansätze,<br />
namentlich die sog. FiFo-Methode sowie die Prepaid-Methode<br />
sollten handelsrechtlich nicht zu beanstanden sein. 8<br />
2. Geeignete Teilwertverfahren mit einer Gleichverteilung des Aufwands.<br />
Dies eröffnet den bilanzierenden Unternehmen durchaus wünschenswerte<br />
Handlungsspielräume, 9 kann in der Praxis aber auch zu Verunsicherungen<br />
führen, da möglicherweise nicht alle in Frage kommenden<br />
Bewertungsverfahren uneingeschränkt <strong>von</strong> allen Wirtschaftsprüfern<br />
akzeptiert werden. So ist fraglich ist, ob auch solche Verfahren handelsrechtlich<br />
zulässig sind, die vom Wortlaut des <strong>IDW</strong> RS HFA 3 nicht ohne<br />
Weiteres gedeckt sind. Hierunter fallen z.B. die übliche Methodik der<br />
<strong>Bilanzierung</strong> <strong>nach</strong> US-GAAP sowie der alternative Ansatz für die IFRS-<br />
<strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> Kühne/Böckem/Czupalla. 10 Da<strong>nach</strong> werden im Ergebnis<br />
Rückstellungen ausschließlich für die Aufstockungen während der<br />
Passivphase gebildet. Die sonstigen Aufstockungen werden bei Fälligkeit<br />
als Personalaufwand berücksichtigt. Der Ansammlungszeitraum<br />
der Rückstellung erstreckt sich gem. US-GAAP dabei <strong>von</strong> der individuellen<br />
Vertragsunterzeichnung bis zum Ende der Beschäftigungsphase,<br />
während beim Alternativansatz <strong>von</strong> Kühne/Böckem/Czupalla die<br />
Ansammlung erst mit der Beschäftigungsphase beginnt. Im Gegensatz<br />
zum Wortlaut der HFA-Stellungnahme sehen die Verfahren insofern<br />
andere Erdienenszeiträume bzw. – wie das US-GAAP-Verfahren – un-<br />
6 Hierunter wird eine Vereinbarung verstanden, die einem bestimmten Mitarbeiterkreis ein Anrecht auf<br />
ein ATZ-Verhältnis einräumt, dem sich der Arbeitgeber nicht entziehen kann.<br />
7 Vgl. hierzu eine entsprechende Anmerkung des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen<br />
für Altersversorgung (IVS) unter www.idw.de/idw/download/<strong>IDW</strong>ERSHFA3nF_IVS.pdf?id=627528&-<br />
property=Datei (Abruf 8.7.2013).<br />
8 Diese Sichtweise entspricht auch der in HFA 30 geäußerten Auffassung des <strong>IDW</strong> bzgl. Altersversorgungsverpflichtungen<br />
(und im Analogschluss auch bzgl. vergleichbarer anderer langfristig fälliger Verpflichtungen),<br />
für die jeweils das <strong>nach</strong> IAS 19 maßgebliche Bewertungsverfahren (Anwartschaftsbarwert gemäß<br />
„projected unit credit method“) uneingeschränkt auch für handelsbilanzielle Zwecke zulässig ist.<br />
Da die genannten Methoden – trotz der unter Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2013, 299 ff., genannten<br />
Kritik – allesamt als IAS 19-konform anerkannt sind, müssen sie auch <strong>nach</strong> <strong>HGB</strong> anerkennungsfähig sein.<br />
9 Vgl. Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2012, 2103 ff.<br />
10 Vgl. hierzu Kühne/Böckem/Czupalla, DB 2013, 525 ff.<br />
1900 Betriebs-Berater | BB 32.2013 | 5.8.2013