HGB-Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen nach IDW ... - Aon
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Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft<br />
Dr. André Geilenkothen, Dr. Rafael Krönung und Dr. Friedemann Lucius<br />
<strong>HGB</strong>-<strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Altersteilzeitverpflichtungen</strong><br />
<strong>nach</strong> <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. –<br />
Update zu BB 2012, 2103<br />
Nach IAS 19 (2011) können Aufstockungen im Rahmen <strong>von</strong> Vereinbarungen<br />
zur Altersteilzeit (ATZ) in der internationalen <strong>Bilanzierung</strong> nicht<br />
mehr als Abfindungsleistungen klassifiziert werden (vgl. Geilenkothen/<br />
Krönung/Lucius, BB 2012, 2103ff., sowie Geilenkothen/Krönung/Lucius,<br />
BB 2013, 299ff.). Der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer<br />
(<strong>IDW</strong>) hat dies zum Anlass genommen, seine Stellungnahme<br />
zur Rechnungslegung <strong>von</strong> ATZ-Verpflichtungen, den <strong>IDW</strong> RS<br />
HFA 3 aus dem Jahr 1998, zu überarbeiten. In der HFA-Sitzung am<br />
19.6.2013 wurde die Neufassung mit dem Titel „<strong>IDW</strong> Stellungnahme zur<br />
Rechnungslegung: Handelsrechtliche <strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> Verpflichtungen<br />
aus Altersteilzeitregelungen (<strong>IDW</strong> RS HFA 3)“ verabschiedet. Da<strong>nach</strong><br />
besteht, anders als in der internationalen Rechnungslegung, <strong>nach</strong> deutschem<br />
Handelsrecht die Möglichkeit, ATZ-Aufstockungsleistungen nicht<br />
nur als ratierlich anzusammelnde Verpflichtungen mit Entlohnungscharakter<br />
zu klassifizieren, sondern auch die bisherige <strong>Bilanzierung</strong> der<br />
Aufstockungen als Leistungen mit Abfindungscharakter fortzuführen.<br />
Im Folgenden werden die Änderungen dargestellt und analysiert, die<br />
sich gegenüber dem Entwurf des <strong>IDW</strong> ERS HFA 3 vom 10.7.2012 und den<br />
diesbezüglichen Erläuterungen in Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB<br />
2012, 2103 ergeben haben. Zudem zeigt der Beitrag die wichtigsten<br />
Bewertungs- und Ermessensspielräume auf, die der <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F.<br />
eröffnet, und nimmt Stellung zu praxisrelevanten <strong>Bilanzierung</strong>sfragen;<br />
er richtet sich insofern primär an Ersteller und Nutzer <strong>von</strong> Jahresabschlüssen<br />
<strong>nach</strong> deutschem Handelsrecht.<br />
I. Einleitung<br />
Mit Verabschiedung des Entwurfs einer Neufassung der <strong>IDW</strong>-Stellungnahme<br />
zur Rechnungslegung „Handelsrechtliche <strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> Verpflichtungen<br />
aus Altersteilzeitregelungen (<strong>IDW</strong> ERS HFA 3 n.F.)“ am<br />
10.7.2012 hatte der HFA der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit<br />
der Kommentierung der Neufassung dieser Stellungnahme<br />
bis zum 25.1.2013 eingeräumt. Auf Basis der eingegangenen Kommentierungen<br />
1 sowie eines Fachgesprächs mit interessierten Parteien<br />
am 18.4.2013 hat der HFA den Entwurf <strong>IDW</strong> ERS HFA 3 n.F. überarbeitet<br />
und in seiner Sitzung am 19.6.2013 verabschiedet. Die Veröffentlichung<br />
erfolgte im Rahmen der regelmäßigen Fach<strong>nach</strong>richten<br />
des <strong>IDW</strong> am 8.7.2013. 2 Die <strong>nach</strong>folgenden Ausführungen und etwaige<br />
Angaben zu Textziffern beziehen sich jeweils auf diese Fassung.<br />
Wie auch schon in <strong>IDW</strong> ERS HFA 3 n.F. adressiert der HFA mit seiner<br />
vorliegenden Stellungnahme nur noch Fragestellungen <strong>nach</strong> deutschem<br />
Handelsrecht und hat seine bisherigen Ausführungen zur <strong>Bilanzierung</strong><br />
gemäß IAS 19 ersatzlos gestrichen. Die im Vergleich zur<br />
Entwurfsfassung vorgenommenen Änderungen sind überwiegend redaktioneller<br />
Natur. Insbesondere hat der HFA darauf verzichtet, weitere<br />
Konkretisierungen und Klarstellungen vorzunehmen. Somit bleiben<br />
in der Praxis durchaus offene Fragen, aber auch Ermessensspielräume<br />
bestehen. Insbesondere bleibt unklar, welche Auffassung der<br />
HFA bezüglich jener <strong>Bilanzierung</strong>s- und Bewertungsansätze für ATZ-<br />
Aufstockungen vertritt, die im einschlägigen Anwendungshinweis des<br />
Deutschen Rechnungslegungs Standard Committees (DRSC), dem<br />
DRSC AH 1 (IFRS) 3 , sowie im Schrifttum 4 als IFRS-konform beschrieben<br />
werden.<br />
II.<br />
<strong>Bilanzierung</strong> und Bewertung <strong>von</strong><br />
ATZ-Aufstockungsleistungen<br />
1. Klassifizierung <strong>von</strong> ATZ-Vereinbarungen<br />
Der <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. unterscheidet zwischen Vereinbarungen mit<br />
Abfindungscharakter, bei denen der Arbeitgeber mit den Aufstockungszahlungen<br />
die Einwilligung des Arbeitnehmers in den gleitenden<br />
Übergang in den Ruhestand erreichen will (Tz. 8), sowie Vereinbarungen<br />
mit Entlohnungscharakter, bei denen er ganz oder teilweise<br />
die langjährige Betriebszugehörigkeit honorieren oder Anreize zur<br />
Verlängerung der Lebensarbeitszeit geben will (Tz. 9). Maßgeblich für<br />
die Klassifizierung sei „der wirtschaftliche Charakter der Vereinbarung<br />
im konkreten Einzelfall“ (Tz. 7). Diese differenzierte Betrachtungsweise<br />
hebt sich positiv <strong>von</strong> der eindimensionalen Sichtweise des<br />
IAS 19 ab, bei der aufgrund der formalen Abhängigkeit der Aufstockungen<br />
<strong>von</strong> zukünftigen Dienstzeiten der Abfindungscharakter unabhängig<br />
vom wirtschaftlichen Sachverhalt prinzipiell verneint wird. 5<br />
Des Weiteren ist zu begrüßen, dass Kriterien aufgezeigt werden, anhand<br />
derer eine Klassifizierung leicht möglich ist. So deuten z.B.<br />
Mindestbetriebszugehörigkeiten, aber auch tarifvertragliche Regelungen<br />
zur kollektiven Beteiligung der Arbeitnehmerschaft an der Finanzierung<br />
<strong>von</strong> ATZ-Vereinbarungen auf den Entlohnungscharakter <strong>von</strong><br />
ATZ-Aufstockungen hin.<br />
Wie auch schon der <strong>IDW</strong> ERS HFA 3 n.F. enthält die endgültige<br />
HFA-Stellungnahme keine klare Regelung, wie zukünftig mit bestehenden<br />
ATZ-Vereinbarungen umzugehen ist, die einen eindeutigen<br />
Entlohnungscharakter aufweisen, allerdings <strong>nach</strong> den Regelungen des<br />
bisherigen <strong>IDW</strong> RS HFA 3 dennoch als Abfindungsleistungen einge-<br />
1 Vgl. www.idw.de/idw/portal/n281334/n281114/n414788/index.jsp#_595988 (Abruf: 8.7.2013).<br />
2 <strong>IDW</strong>-FN 7/2013, 309 ff.<br />
3 DRSC AH 1 (IFRS) „Einzelfragen zur <strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> ATZ-Verhältnissen <strong>nach</strong> IFRS“, veröffentlicht am<br />
11.12.2012, abrufbar unter www.drsc.de/docs/press_releases/2012/121211_DRSC_AH1_(IFRS)_ATZ _FV.<br />
pdf (Abruf: 8.7.2013). Für weitere Details vgl. Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2012, 2103 ff., sowie Geilenkothen/Krönung/Lucius,<br />
BB 2013, 299 ff.; ergänzend auch Thaut, DB 2013, 241 ff., sowie Hagemann/<br />
Lieb/Neumeier, KoR 2013, 293 ff.<br />
4 Vgl. z. B. Kühne/Böckem/Czupalla, DB 2013, 525 ff.<br />
5 Vgl. die im Januar 2012 veröffentlichte Agenda Decision „IAS 19 Employee Benefits – Applying the definition<br />
of termination benefits to Altersteilzeit’ plans“ des IFRS Interpretations Committee unter www.ifrs.org/Updates/IFRIC-Updates/Documents/IFRICUpdateJan12.pdf<br />
(Abruf: 8.7.2013).<br />
,<br />
Betriebs-Berater | BB 32.2013 | 5.8.2013 1899
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft | Aufsatz<br />
Geilenkothen/Krönung/Lucius · <strong>HGB</strong>-<strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Altersteilzeitverpflichtungen</strong> <strong>nach</strong> <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. – Update zu BB 2012, 2103<br />
stuft werden mussten. Pauschal verweist der HFA auf den Grundsatz<br />
der Stetigkeit, <strong>nach</strong> dem eine einmal vorgenommene Klassifizierung<br />
für die Zukunft beizubehalten sei. Dadurch soll vermieden werden,<br />
dass Unternehmen bilanzgestaltend und je <strong>nach</strong> Bedarf eine Einordnung<br />
als Abfindungs- oder als Entlohnungscharakter vornehmen<br />
können. Da diesbezüglich bislang allerdings kein Entscheidungsspielraum<br />
gegeben war und Aufstockungsleistungen in der Vergangenheit<br />
generell Abfindungscharakter zugeschrieben wurde, kann hieraus<br />
nicht gefolgert werden, dass alle bestehenden Altersteilzeitverhältnisse<br />
auch zukünftig weiterhin gemäß der bislang herrschenden Charakterisierung<br />
zu bilanzieren sind. Wenn die <strong>Bilanzierung</strong> einer ATZ-Regelung<br />
als eine Vereinbarung mit Entlohnungscharakter insgesamt ein<br />
verbessertes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens<br />
vermittelt, muss <strong>nach</strong> Ansicht der Verf. bei erstmaliger Anwendung<br />
des <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. eine Korrektur des bisherigen Ansatzes<br />
möglich sein. Eine Verpflichtung zur Umstellung der bisherigen<br />
Klassifizierung besteht allerdings nicht. Leider hat der HFA diesbezüglich<br />
keine entsprechende Klarstellung in Tz. 11 seiner Stellungnahme<br />
vorgenommen.<br />
Im Falle einer Umklassifizierung müssen die entsprechenden Rückstellungsminderungen,<br />
anders als Effekte, die aus der erstmaligen Anwendung<br />
des neuen IAS 19 (2011) resultieren, nicht erfolgsneutral im Eigenkapital,<br />
sondern erfolgswirksam (als sonstiger betrieblicher Ertrag,<br />
ggf. auch als Minderung der Personalaufwendungen) erfasst werden.<br />
Im Ergebnis ist für die künftige betriebliche Praxis <strong>nach</strong> Ansicht der<br />
Verf. da<strong>von</strong> auszugehen, dass ATZ-Aufstockungen in der deutschen<br />
Handelsbilanz zu einem gewissen Teil weiterhin als Abfindungsleistungen<br />
klassifiziert werden und sich somit hinsichtlich der <strong>Bilanzierung</strong><br />
gegenüber dem Status Quo keine Änderungen ergeben. Da sich<br />
der Charakter <strong>von</strong> ATZ-Vereinbarungen mittlerweile allerdings immer<br />
mehr vom reinen Abfindungscharakter weg bewegt hat, wird erwartet,<br />
dass zum überwiegenden Teil eine (Um-)Klassifizierung in<br />
Leistungen mit Entlohnungscharakter erfolgen wird.<br />
2. Ansammlungsverfahren und<br />
Ansammlungszeitraum<br />
Die Verpflichtung zur Zahlung <strong>von</strong> Aufstockungsleistungen begründet<br />
<strong>nach</strong> Auffassung des HFA eine Schuld, die als Rückstellung zu<br />
passivieren ist (Tz. 12). Die Schuld entsteht dabei regelmäßig mit Abschluss<br />
einer individualvertraglichen Regelung oder einer anspruchsbegründenden<br />
kollektivrechtlichen Vereinbarung 6 (Tz. 13). Der Zeitraum,<br />
über den die Rückstellung im Fall <strong>von</strong> ATZ-Aufstockungen mit<br />
Entlohnungscharakter anzusammeln ist, ist abhängig <strong>von</strong> den Dienstzeiten,<br />
in denen „vereinbarungsgemäß die zusätzliche Entlohnung in<br />
Form der Aufstockungsbeträge erdient wird“ (Tz. 21). Lässt sich dieser<br />
Zeitraum – wie bei ATZ-Vereinbarungen üblich – nicht explizit<br />
ableiten, so ist der pragmatische und begrüßenswerte Ansatz vorgesehen,<br />
dass der Ansammlungszeitraum vom Abschluss der individuellen<br />
bzw. kollektiven Vereinbarung bis zum Ende der Beschäftigungsphase<br />
dauert (Tz. 22), so dass der Zeitpunkt der erstmaligen Passivierung<br />
sowie des Ansammlungsbeginns zeitlich zusammenfallen. Dies<br />
schließt allerdings nicht aus, dass bei Vorliegen <strong>von</strong> Hinweisen auf einen<br />
abweichenden Erdienenszeitraum in Analogie zum DRSC AH 1<br />
(IFRS) der Ansammlungsbeginn vor dem Zeitpunkt der rechtlichen<br />
Entstehung der Verpflichtung liegen kann und insofern ein vergangenheitsbezogener<br />
Einmalaufwand bei Abschluss einer ATZ-Vereinbarung<br />
handelsrechtlich erforderlich ist, wenn hiermit auch bereits vergangene<br />
Dienstzeiten entlohnt werden, z.B. im Zusammenhang mit<br />
sog. Mindestbetriebszugehörigkeiten.<br />
Zur Ansammlungs- und damit Bewertungsmethode enthält die HFA-<br />
Stellungnahme keine konkreten Vorgaben, während verschiedene andere<br />
Aspekte wie die Berücksichtigung <strong>von</strong> Inanspruchnahme-Wahrscheinlichkeiten<br />
bei Anspruchsaltersteilzeitlern (Tz. 14), der Wegfall<br />
der Verpflichtung aufgrund biometrischer Ereignisse wie Tod oder Invalidität<br />
(Tz. 16) oder die Abzinsung der Rückstellungen (Tz. 18) im<br />
Detail ausgeführt werden. Bemerkenswert erscheint, dass bei der Endfassung<br />
des <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. für den Fall einer ATZ-Vereinbarung<br />
mit Entlohnungscharakter in der Formulierung, dass „eine Rückstellung<br />
[…] ratierlich anzusammeln“ sei, das Wort „ratierlich“ ersatzlos<br />
gestrichen wurde (Tz. 21). Die Verf. interpretieren diese Änderung gegenüber<br />
der Entwurfsfassung dahingehend, dass damit praktisch alle<br />
Verfahren, die einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung genügen,<br />
handelsrechtlich zulässig sind. 7 Insbesondere sind hier zu nennen:<br />
1. Verfahren, bei denen die ATZ-Aufstockungsleistungen in Höhe eines<br />
periodengerecht abgegrenzten, anteiligen Barwerts auf der<br />
Grundlage eines besten Schätzwertes („best estimate“) passiviert<br />
werden („Erfüllungsbetrag“). Dazu zählt grundsätzlich die aus der<br />
Pensionsbilanzierung bekannte degressiv-ratierliche m/n-tel Methode,<br />
bei der jede Aufstockungszahlung linear bis zu ihrer Fälligkeit<br />
angesammelt wird (und zwar unabhängig <strong>von</strong> den Modalitäten<br />
der Rückabwicklung der ATZ-Vereinbarung im Störfall). Aber<br />
auch die anderen im DRSC AH 1 (IFRS) beschriebenen, für die<br />
IFRS-Rechnungslegung zulässigen <strong>Bilanzierung</strong>s- und Bewertungsansätze,<br />
namentlich die sog. FiFo-Methode sowie die Prepaid-Methode<br />
sollten handelsrechtlich nicht zu beanstanden sein. 8<br />
2. Geeignete Teilwertverfahren mit einer Gleichverteilung des Aufwands.<br />
Dies eröffnet den bilanzierenden Unternehmen durchaus wünschenswerte<br />
Handlungsspielräume, 9 kann in der Praxis aber auch zu Verunsicherungen<br />
führen, da möglicherweise nicht alle in Frage kommenden<br />
Bewertungsverfahren uneingeschränkt <strong>von</strong> allen Wirtschaftsprüfern<br />
akzeptiert werden. So ist fraglich ist, ob auch solche Verfahren handelsrechtlich<br />
zulässig sind, die vom Wortlaut des <strong>IDW</strong> RS HFA 3 nicht ohne<br />
Weiteres gedeckt sind. Hierunter fallen z.B. die übliche Methodik der<br />
<strong>Bilanzierung</strong> <strong>nach</strong> US-GAAP sowie der alternative Ansatz für die IFRS-<br />
<strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> Kühne/Böckem/Czupalla. 10 Da<strong>nach</strong> werden im Ergebnis<br />
Rückstellungen ausschließlich für die Aufstockungen während der<br />
Passivphase gebildet. Die sonstigen Aufstockungen werden bei Fälligkeit<br />
als Personalaufwand berücksichtigt. Der Ansammlungszeitraum<br />
der Rückstellung erstreckt sich gem. US-GAAP dabei <strong>von</strong> der individuellen<br />
Vertragsunterzeichnung bis zum Ende der Beschäftigungsphase,<br />
während beim Alternativansatz <strong>von</strong> Kühne/Böckem/Czupalla die<br />
Ansammlung erst mit der Beschäftigungsphase beginnt. Im Gegensatz<br />
zum Wortlaut der HFA-Stellungnahme sehen die Verfahren insofern<br />
andere Erdienenszeiträume bzw. – wie das US-GAAP-Verfahren – un-<br />
6 Hierunter wird eine Vereinbarung verstanden, die einem bestimmten Mitarbeiterkreis ein Anrecht auf<br />
ein ATZ-Verhältnis einräumt, dem sich der Arbeitgeber nicht entziehen kann.<br />
7 Vgl. hierzu eine entsprechende Anmerkung des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen<br />
für Altersversorgung (IVS) unter www.idw.de/idw/download/<strong>IDW</strong>ERSHFA3nF_IVS.pdf?id=627528&-<br />
property=Datei (Abruf 8.7.2013).<br />
8 Diese Sichtweise entspricht auch der in HFA 30 geäußerten Auffassung des <strong>IDW</strong> bzgl. Altersversorgungsverpflichtungen<br />
(und im Analogschluss auch bzgl. vergleichbarer anderer langfristig fälliger Verpflichtungen),<br />
für die jeweils das <strong>nach</strong> IAS 19 maßgebliche Bewertungsverfahren (Anwartschaftsbarwert gemäß<br />
„projected unit credit method“) uneingeschränkt auch für handelsbilanzielle Zwecke zulässig ist.<br />
Da die genannten Methoden – trotz der unter Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2013, 299 ff., genannten<br />
Kritik – allesamt als IAS 19-konform anerkannt sind, müssen sie auch <strong>nach</strong> <strong>HGB</strong> anerkennungsfähig sein.<br />
9 Vgl. Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2012, 2103 ff.<br />
10 Vgl. hierzu Kühne/Böckem/Czupalla, DB 2013, 525 ff.<br />
1900 Betriebs-Berater | BB 32.2013 | 5.8.2013
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Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft<br />
Geilenkothen/Krönung/Lucius · <strong>HGB</strong>-<strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Altersteilzeitverpflichtungen</strong> <strong>nach</strong> <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. – Update zu BB 2012, 2103<br />
terschiedliche Behandlungen für die Aufstockungsleistungen der Aktivund<br />
Passivphase vor. Allerdings sind keine zwingenden Argumente erkennbar,<br />
warum diese Verfahren dem allein maßgeblichen Kriterium<br />
der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nicht genügen sollten,<br />
so dass sie <strong>nach</strong> Ansicht der Verf. handelsrechtlich nicht zu beanstanden<br />
sind.<br />
Für die praktische Umsetzung ist zu erwarten, dass die Unternehmen,<br />
die bereits <strong>nach</strong> IFRS bilanzieren und bei denen die ATZ Entlohnungscharakter<br />
hat, mehrheitlich die in der jeweiligen IFRS-Bilanz<br />
der Unternehmen verwendeten Bewertungsansätze gemäß DRSC<br />
AH 1 (IFRS) – ggf. unter Verwendung abweichender Rechnungszinssätze<br />
– auch für die deutsche Handelsbilanz übernehmen werden.<br />
3. Sonstige Regelungen<br />
Des Weiteren beschäftigt sich der <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. mit der <strong>Bilanzierung</strong><br />
<strong>von</strong> Erfüllungsrückständen aus ATZ-Vereinbarungen sowie<br />
<strong>von</strong> ggf. bestehenden Erstattungsansprüchen gegenüber der Bundesagentur<br />
für Arbeit; hierbei wird die bisherige bilanzielle Praxis uneingeschränkt<br />
bestätigt.<br />
Abschließend werden noch einige Hinweise zu Ausweisfragen gegeben.<br />
So sind Vermögensgegenstände i.S.d. § 246 Abs. 2 <strong>HGB</strong> als saldierungspflichtiges<br />
Deckungsvermögen „mit den Rückstellungen für<br />
Altersteilzeit zu verrechnen“ (Tz. 28). 11 Da an dieser Stelle nur pauschal<br />
<strong>von</strong> Rückstellungen für Altersteilzeit die Rede ist und nicht <strong>nach</strong><br />
Rückstellungen für Erfüllungsrückstände und für Aufstockungen differenziert<br />
wird, könnte die gewählte Formulierung dahingehend<br />
missverstanden werden, dass trotz einer fehlenden konkreten Zweckbindung<br />
solches Deckungsvermögen, das allein zur Insolvenzsicherung<br />
der Erfüllungsrückstände vorgesehen ist, im Falle einer Überdeckung<br />
der Erfüllungsrückstände auch mit den Rückstellungen für<br />
Aufstockungen verrechnet werden könnte. Nach Ansicht der Verf. ist<br />
eine solche Sichtweise allerdings nicht mit dem Sinn und Zweck der<br />
handelsrechtlichen Vorschriften zum Deckungsvermögen vereinbar,<br />
da die Saldierungspflicht u.a. eng an die Zweckexklusivität der Vermögensgegenstände<br />
geknüpft ist. Somit kommt eine Verrechnung<br />
<strong>von</strong> Deckungsvermögen mit Rückstellungen für ATZ-Aufstockungen<br />
wohl nur in Frage, wenn eine konkrete Zweckbindung auch für diese<br />
Leistungen vorgesehen ist.<br />
In der Gewinn- und Verlustrechnung schließlich sind die Zinsaufwendungen<br />
im Rahmen der Rückstellungszuführungen sowie die Erträge<br />
aus etwaigem Deckungsvermögen zu verrechnen. Die operativen Aufwendungen<br />
aus der Zuführung zu den ATZ-Rückstellungen sind dagegen<br />
da<strong>nach</strong> zu unterscheiden, ob es sich um ATZ-Vereinbarungen<br />
mit Entlohnungscharakter handelt (Erfassung als Personalaufwand)<br />
oder um Abfindungsleistungen (Erfassung als sonstiger betrieblicher<br />
Aufwand).<br />
Allerdings wäre es aus Sicht der Anwender (bilanzierende Unternehmen,<br />
Aktuare und Wirtschaftsprüfer) wünschenswert gewesen,<br />
wenn einige – auch in der Kommentierung angerissene – Detailfragen<br />
durch den HFA klarer beantwortet worden wären.<br />
3. Hinsichtlich der Klassifizierung <strong>von</strong> ATZ-Vereinbarungen sollte es<br />
bei erstmaliger Anwendung der Grundsätze der Neufassung des<br />
<strong>IDW</strong> RS HFA 3 handelsrechtlich nicht zu beanstanden sein, wenn<br />
ATZ-Vereinbarungen mit Entlohnungscharakter mit Blick auf einen<br />
verbesserten Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage<br />
des Unternehmens umklassifiziert werden, obwohl sie bislang<br />
(zwingend) <strong>nach</strong> <strong>IDW</strong> RS HFA 3 a.F. als Abfindungsleistungen eingestuft<br />
wurden. Die Umstellungseffekte sind sofort erfolgswirksam<br />
zu erfassen. In der Zukunft ist eine einmal gewählte Klassifizierung<br />
<strong>nach</strong> <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. <strong>nach</strong> dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit<br />
beizubehalten.<br />
4. Die aus dem DRSC AH 1 bekannten Bewertungsverfahren für<br />
ATZ-Vereinbarungen mit Entlohnungscharakter müssen auch für<br />
die <strong>Bilanzierung</strong> gemäß <strong>HGB</strong> als uneingeschränkt zulässig anzusehen<br />
sein, da beide <strong>Bilanzierung</strong>swelten bezüglich der Zielsetzung<br />
der Ermittlung eines periodengerecht abgegrenzten, anteiligen Barwerts<br />
auf der Basis bester Schätzwerte grundsätzlich übereinstimmen.<br />
Darüber hinaus bietet der <strong>IDW</strong> RS HFA 3 n.F. aber auch die<br />
Möglichkeit der Anwendung anderer sachgerechter Bewertungsverfahren,<br />
die unter formalen Gesichtspunkten gemäß IFRS ggf. nicht<br />
verwendet werden können. Allerdings ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass<br />
im Falle einer Einstufung <strong>von</strong> ATZ-Aufstockungen als Leistungen<br />
mit Entlohnungscharakter auch für handelsbilanzielle Zwecke das<br />
jeweils in der IFRS-<strong>Bilanzierung</strong> verwendete Bewertungsverfahren<br />
Anwendung finden wird.<br />
5. Die bisherige <strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> Erfüllungsrückständen aus ATZ-<br />
Vereinbarungen sowie <strong>von</strong> ggf. bestehenden Erstattungsansprüchen<br />
gegenüber der Bundesagentur für Arbeit bleibt durch die Neufassung<br />
des <strong>IDW</strong> RS HFA 3 unberührt.<br />
Dr. André Geilenkothen, Aktuar DAV und IVS-Sachverständiger,<br />
ist Senior Consultant bei <strong>Aon</strong> Hewitt. Fachliche<br />
Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind u.a. Grundsatzfragen der<br />
Bewertung und <strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong> Arbeitnehmerleistungen.<br />
Dr. Rafael Krönung, Aktuar DAV und IVS-Sachverständiger,<br />
ist Senior Consultant bei <strong>Aon</strong> Hewitt. Schwerpunkte seiner<br />
Tätigkeit liegen insbes. in den Bereichen der Pensionskassen<br />
und der Lebensarbeitszeitmodelle.<br />
III.<br />
Zusammenfassung<br />
1. Die Neufassung des <strong>IDW</strong> RS HFA 3 befasst sich nur noch mit Fragestellungen<br />
der bilanziellen Abbildungen <strong>von</strong> ATZ-Vereinbarungen<br />
<strong>nach</strong> deutschem Handelsrecht und gibt keine Hinweise mehr<br />
zur ATZ-<strong>Bilanzierung</strong> gemäß IAS 19.<br />
2. Begrüßenswert sind die seitens des <strong>IDW</strong> eingeräumten Ermessensspielräume<br />
sowohl in der Klassifizierung <strong>von</strong> <strong>Altersteilzeitverpflichtungen</strong><br />
als auch in der Auswahl des Bewertungsverfahrens.<br />
Dr. Friedemann Lucius, Aktuar DAV und IVS-Sachverständiger,<br />
ist Mitglied des Vorstands der HEUBECK AG mit dem<br />
Beratungsschwerpunkt Bewertung und <strong>Bilanzierung</strong> <strong>von</strong><br />
Arbeitnehmerleistungen <strong>nach</strong> handelsrechtlichen und<br />
internationalen Grundsätzen.<br />
11 So auch bereits <strong>IDW</strong> RS HFA 30.<br />
Betriebs-Berater | BB 32.2013 | 5.8.2013 1901